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107,043 | bfh-2011-04-12-vii-r-2007 | 6 | Bundesfinanzhof | bfh | Bundesrepublik Deutschland | Bundesgericht | VII R 20/07 | 2011-04-12 | 2018-11-25 08:30:04 | 2019-01-18 00:28:30 | Urteil | ## Tatbestand\n\n1\n\n \n\nI. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) führte im Januar 2003 eine\nSendung "Drosselspulen mit einer Induktivität von nicht mehr als 62 mH" unter\nAngabe des Taric-Codes 8504 50 80 300 und unter Inanspruchnahme der für Waren\ndieser Art bestehenden Zollaussetzung (Verordnung (EG) Nr. 1255/96 des Rates\nvom 27. Juni 1996 zur zeitweiligen Aussetzung der autonomen Zollsätze des\nGemeinsamen Zolltarifs für bestimmte gewerbliche und landwirtschaftliche Waren\nsowie Fischereierzeugnisse, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften\n--ABlEG-- Nr. L 158/1, in der seinerzeit geltenden Fassung) in das Zollgebiet\nder Gemeinschaft ein. Die Warensendung wurde wie angemeldet zum freien Verkehr\nabgefertigt.\n\n \n\n2\n\n \n\nBei der Ware handelt es sich um einen auf einer Kunststoffplatte befestigten\nringförmigen Spulenkern aus Metall, der mit zwei voneinander getrennten\nWicklungen aus Kupferdraht mit jeweils der gleichen Anzahl von Windungen\nversehen ist, deren Enden zu Anschlussstiften an der Unterseite der\nKunststoffplatte führen, so dass sich insgesamt vier Anschlüsse ergeben.\n\n \n\n3\n\n \n\nDie Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) kam aufgrund der\nUntersuchung einer der Sendung entnommenen Probe zu dem Ergebnis, dass die\nWare in die Unterpos. 8548 90 90 der Kombinierten Nomenklatur (KN) in Anhang I\nder Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die\nzolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif\n(ABlEG Nr. L 256/1) in der Fassung des Anhangs der Verordnung (EG) Nr.\n1832/2002 der Kommission vom 1. August 2002 (ABlEG Nr. L 290/1) einzureihen\nsei, woraufhin der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--)\nden auf die Warensendung entfallenden Zoll nach einem Zollsatz von 2,7 %\nnacherhob. Im anschließenden Einspruchsverfahren änderte die ZPLA ihre\nTarifauffassung, indem sie die Ware als einen elektrischen Transformator ansah\nund in die Unterpos. 8504 32 90 KN einreihte. Das HZA wies daraufhin --nach\nAnkündigung einer entsprechenden Verböserung-- den Einspruch der Klägerin mit\nder Maßgabe zurück, dass der Zoll nach einem Zollsatz von 3,7 % nachzuerheben\nsei.\n\n \n\n4\n\n \n\nDas Finanzgericht (FG) wies die hiergegen erhobene Klage aus den in der\nZeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern (ZfZ) 2008, Beilage 2, 21\nveröffentlichten Gründen ab.\n\n \n\n5\n\n \n\nMit ihrer Revision macht die Klägerin unter Beifügung eines Kurzgutachtens\neines Ingenieurs, dessen Ausführungen sie sich in vollem Umfang zu eigen\nmacht, geltend, dass die Auffassung des FG, dass Drosselspulen und andere\nSelbstinduktionsspulen aus einer einzigen stromleitenden Wicklung bestünden,\nunzutreffend sei. Anders als das FG meine, stehe es der Einordnung der\nstreitigen sog. stromkompensierten Drosseln als Drosselspulen auch nicht\nentgegen, dass durch sie lediglich asymmetrische Ströme gedrosselt würden. Als\nTransformatoren könnten stromkompensierte Drosseln nicht angesehen werden,\nweil Transformatoren zwei oder mehr Spulen besäßen, deren Wicklungen\nverschiedenartig angeordnet seien und die Wechselstrom in einem festgelegten\noder regelbaren Verhältnis in Wechselstrom anderer Stärke oder Spannung\numwandelten, was hinsichtlich der streitigen Ware nicht zutreffe.\n\n \n\n6\n\n \n\nDas HZA trägt vor, dass eine Drosselspule bzw. Selbstinduktionsspule zwar auch\nmehrere Wicklungen aufweisen könne, die aber --wie auch in dem von der\nKlägerin vorgelegten Kurzgutachten ausgeführt-- in Reihe geschaltet seien;\ndies sei bei den streitigen Waren nicht der Fall. Nach den Erläuterungen zum\nHarmonisierten System (ErlHS) zur Pos. 8504 würden von dieser Position alle\nTransformatoren erfasst, unabhängig davon, ob sie verschiedenartige oder\ngleichartige Wicklungen aufwiesen. Dies sei technikkonform, da es verschiedene\nAnwendungen gebe, bei denen ein Übersetzungsverhältnis von 1:1 verwendet\nwerde.\n\n \n\n7\n\n \n\nDie Klägerin hat im Revisionsverfahren in anderen Mitgliedstaaten der Union\nerteilte verbindliche Zolltarifauskünfte vorgelegt, aus denen sich ergibt,\ndass der streitigen Ware vergleichbare Waren in der Union bisher\nunterschiedlich zolltariflich eingereiht wurden. Die deutsche Zollverwaltung\nhat die uneinheitlich beantwortete Tariffrage deshalb über das\nBundesministerium der Finanzen der Kommission vorgelegt, damit diese Maßnahmen\nzur Gewährleistung einer unionseinheitlichen Anwendung des Zolltarifs treffe.\nDaraufhin hat der beschließende Senat das Ruhen des vorliegenden\nRevisionsverfahrens bis zum Abschluss des zolltariflichen Klärungsverfahrens\nangeordnet.\n\n \n\n8\n\n \n\nJenes Verfahren wurde durch die am 14. Dezember 2010 in Kraft getretene\nVerordnung (EU) Nr. 1076/2010 (VO Nr. 1076/2010) der Kommission vom 22.\nNovember 2010 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte\nNomenklatur (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 308/3) abgeschlossen, mit\nder Waren, deren in der Verordnung beschriebene Beschaffenheitsmerkmale denen\nder im vorliegenden Fall streitigen Ware entsprechen, in die Unterpos. 8504 50\n95 KN (entspricht der Unterpos. 8504 50 80 KN im Streitjahr 2003) eingereiht\nworden sind.\n\n \n\n9\n\n \n\nDie Klägerin sieht ihre Tarifauffassung durch die VO Nr. 1076/2010 bestätigt.\n\n \n\n10\n\n \n\nDas HZA verweist darauf, dass die VO Nr. 1076/2010 keine Rückwirkung entfalte\nund für den Streitfall daher nicht verbindlich sei.\n\n \n\n## Entscheidungsgründe\n\n11\n\n \n\nII. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der\nVorentscheidung sowie des angefochtenen Einfuhrabgabenbescheids in Gestalt der\nEinspruchsentscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung\n--FGO--). Dieser Verwaltungsakt ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in\nihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), denn der für die Einfuhrwaren\ngeschuldete Abgabenbetrag ist bei der Einfuhr in zutreffender Weise buchmäßig\nerfasst worden. Die eingeführten Waren sind zu Recht als Drosselspulen mit\neiner Induktivität von nicht mehr als 62 mH des Taric-Codes 8504 50 80 300\nangemeldet und abgefertigt worden. Für Waren dieser Art waren die Zölle\nseinerzeit ausgesetzt.\n\n \n\n12\n\n \n\n1\\. Der Senat folgt nicht der Ansicht des FG, dass eine Ware der vorliegenden\nArt als Transformator entweder in die Unterpos. 8504 31 90 KN oder die\nUnterpos. 8504 32 90 KN einzureihen sei, sondern schließt sich der mit der VO\nNr. 1076/2010 vertretenen Tarifauffassung der Kommission an, wonach eine Ware\nder im Anhang der VO Nr. 1076/2010 beschriebenen Art, welche --was zwischen\nden Beteiligten nicht im Streit ist-- der Einfuhrware des Streitfalls\nentspricht, als andere Drossel- bzw. Selbstinduktionsspule in die Pos. 8504 50\n80 KN (in der damaligen Fassung, jetzt Pos. 8504 50 95 KN) einzureihen ist.\n\n \n\n13\n\n \n\nEinreihungsverordnungen der Kommission dürfen zwar grundsätzlich nicht analog\nbei der Einreihung von Waren angewendet werden, die vor ihrem Inkrafttreten\neingeführt worden sind. Sofern sie jedoch wie im Regelfall lediglich zur\nKlarstellung der Rechtslage zum Zweck der einheitlichen Anwendung der KN und\nnicht zur Änderung des bestehenden Rechts ergehen, bestehen keine Bedenken,\nsolche Verordnungen als Indiz zur Bestätigung tariflicher Einreihungen\nheranzuziehen, sofern die Warenbeschreibung --wie im Streitfall-- in ihren\nwesentlichen Punkten mit derjenigen der einzureihenden Ware übereinstimmt\n(vgl. Senatsurteil vom 11. März 2004 VII R 20/01, BFH/NV 2004, 1305, m.w.N.).\nDie Einreihungs-VO Nr. 1076/2010 steht im Einklang mit dem Wortlaut der\nPositionen und Unterpositionen des Gemeinsamen Zolltarifs und verändert diesen\nnicht.\n\n \n\n14\n\n \n\nWie das FG zutreffend erkannt hat, lassen sich dem Wortlaut der Pos. 8504 KN\nund ihrer Unterpositionen sowie den Anmerkungen zum Abschnitt XVI oder zu Kap.\n85 KN keine Anhaltspunkte für die Abgrenzung elektrischer Transformatoren von\nDrossel- und anderen Selbstinduktionsspulen entnehmen. Die vom FG als weiteres\nErkenntnismittel herangezogenen ErlHS sind zwar keine verbindlichen\nRechtsnormen, tragen aber erheblich zur Auslegung der einzelnen\nTarifpositionen bei, (vgl. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union\n--EuGH-- vom 12. Januar 2006 C-311/04 --Algemene Scheeps Agentuur Dordrecht--,\nSlg. 2006, I-609, ZfZ 2006, 89; vom 5. Juni 2008 C-312/07 --JVC France--, Slg.\n2008, I-4165).\n\n \n\n15\n\n \n\nNach den ErlHS zur Pos. 8504 Rz 02.0, auf die auch die Kommission ihre\nEinreihungsverordnung Nr. 1076/2010 gestützt hat, sind Transformatoren Geräte,\ndie mit Hilfe verschiedenartiger Wicklungen um einen Eisenkern Wechselstrom\ndurch Induktion in einem festgelegten oder regelbaren Verhältnis in\nWechselstrom anderer Stärke oder Spannung umwandeln. Diese Voraussetzungen,\ndie sich zum Teil bereits aus der Übersetzung des Wortes "transformieren"\nergeben, erfüllt die im Streitfall zu tarifierende Ware nicht. Ihre beiden auf\ndem Spulenkern vorhandenen Wicklungen sind nicht verschiedenartig, sondern von\ngleicher Anzahl. Selbst wenn man also eine solche Spule derart in einen\nStromkreislauf einschaltete, dass zwei voneinander getrennte Stromkreise\nentstehen und der Strom durch Induktion vom Primärstromkreis der einen\nWicklung auf den Sekundärstromkreis der anderen Wicklung übertragen wird,\nentstünde eine 1:1-Übertragung und keine Umwandlung in einen Strom anderer\nStärke oder Spannung. Nach den ErlHS zur Pos. 8504 in Rz 04.0 (jetzt: Rz 04.1)\ngehören zur Pos. 8504 zwar Transformatoren aller Art ohne Rücksicht auf ihre\nBauart und ihren Verwendungszweck; jedoch fußt diese ErlHS auf der\nvorgenannten Definition des Transformators in der ErlHS zur Pos. 8504 Rz 02.0.\nEs mag zwar --wie das HZA geltend macht-- für bestimmte Anwendungen als\n"1:1-Transformatoren" bezeichnete Spulen mit zwei gleichartigen Wicklungen\ngeben, jedoch handelt es sich hierbei nicht um Transformatoren im\nzolltariflichen Sinn.\n\n \n\n16\n\n \n\nDa sich den Vorschriften des Zolltarifs --wie ausgeführt-- keine Anhaltspunkte\nentnehmen lassen, durch welche Beschaffenheitsmerkmale sich Transformatoren\nvon stromkompensierten Drosselspulen unterscheiden lassen, bestehen keine\nBedenken, die ErlHS zu diesem Zweck heranzuziehen. Die auf die genannten ErlHS\ngestützte Auslegung der Tarifpositionen ist tarifrechtlich zulässig, weil der\nInhalt der ErlHS mit den Bestimmungen der KN in Einklang steht und deren\nBedeutung nicht verändert (vgl. EuGH-Urteil vom 18. Juli 2007 C-142/06\n--Olicom--, Slg. 2007, I-6675, ZfZ 2007, 268, Rz 31).\n\n \n\n17\n\n \n\n2\\. Eine Einreihung in die Unterpos. 8504 31 KN oder die Unterpos. 8504 32 KN\nließe sich im Streitfall auch dann nicht rechtfertigen, wenn man die erwähnten\n"1:1-Transformatoren" mit zwei gleichartigen Wicklungen als Transformatoren im\nzolltariflichen Sinn ansähe und davon ausginge, dass das für einen\nTransformator charakteristische Merkmal allein das Vorhandensein zwei oder\nmehr galvanisch getrennter, d.h. nicht durch eine elektrisch leitfähige\nVerbindung, sondern allein induktiv miteinander verbundener, auf magnetisch\nleitfähigem Material angebrachter Spulen ist, so dass bei Einschaltung in\neinen Stromkreis eine der Spulen den sog. Primärstromkreis bildet, der im Wege\nder Induktion elektrische Energie auf den sog. Sekundärstromkreis bzw. die\nSekundärstromkreise überträgt.\n\n \n\n18\n\n \n\nDrosselspulen oder Selbstinduktionsspulen haben demgegenüber --wie sich aus\nder ErlHS zur Pos. 8504 Rz 37.0 ergibt-- nur eine stromleitende Wicklung, was\n--worüber zwischen den Beteiligten Einigkeit besteht-- im Sinne von "nur einen\nStromkreis bildend" zu verstehen ist, weil Drosselspulen oder\nSelbstinduktionsspulen zwar durchaus mehrere (Teil-) Wicklungen aufweisen\nkönnen, die aber --wie sich aus dem auf das vorgelegte Kurzgutachten\ngestützten Vorbringen der Revision sowie dem Vortrag des HZA ergibt--\nausnahmslos in Reihe geschaltet sind, so dass durch diese Wicklungen nur ein\nStrom fließt und sie deshalb auch nur wie eine Wicklung wirken.\n\n \n\n19\n\n \n\nDass die streitige Ware lediglich eines dieser vorgenannten Merkmale aufweist\n--entweder dasjenige eines "1:1-Transformators" oder dasjenige einer Drossel-\noder Selbstinduktionsspule--, lässt sich allerdings nicht feststellen, weil in\ndem Zustand, in dem die Ware eingeführt wurde, die insgesamt vier Anschlüsse\nder beiden Wicklungen auf dem Spulenkern nicht beschaltet waren. Welche\nFunktion eine Ware der vorliegenden Art ausführt, ergibt sich daher erst aus\nder Art und Weise ihrer elektrischen Beschaltung und Verwendung in einem\nbestimmten Gerät. Werden die Anschlüsse so beschaltet, dass die beiden\nWicklungen zu voneinander getrennten Stromkreisen gehören, der Strom von der\neinen auf die andere Wicklung somit durch Induktion übertragen wird, handelt\nes sich um einen "1:1-Transformator". Liegt dagegen eine Beschaltung vor, die\ndazu führt, dass sich beide Wicklungen in einem Stromkreis befinden und durch\nsie nur ein Strom fließt, handelt es sich um eine Drosselspule.\n\n \n\n20\n\n \n\nBei dieser Betrachtungsweise hätte die streitige Ware sowohl die objektiven\nBeschaffenheitsmerkmale eines Transformators als auch einer Drosselspule und\nließe sich daher gleichermaßen in die Unterpos. 8504 31 KN (bzw. bei größerer\nLeistung die Unterpos. 8504 32 KN) als auch in die Unterpos. 8504 50 KN\neinreihen. In einem solchen Fall ist eine Ware gemäß der Allgemeinen\nVorschrift für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (AV) 6 Satz 1 i.V.m.\nAV 3 Buchst. c (die AV 3 Buchst. a und b scheiden aus) der in der KN zuletzt\ngenannten Unterposition zuzuweisen.\n\n \n\n21\n\n \n\n3\\. Dass die streitige Ware als Drosselspule der Unterpos. 8504 50 80 KN die\nübrigen Voraussetzungen für eine Zollaussetzung des Taric-Codes 8504 50 80 300\nerfüllt, ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit.\n\n |
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107,073 | bfh-2011-04-04-viii-b-9610 | 6 | Bundesfinanzhof | bfh | Bundesrepublik Deutschland | Bundesgericht | VIII B 96/10 | 2011-04-04 | 2018-11-25 08:30:05 | 2019-01-18 00:28:59 | Beschluss | ## Gründe\n\n1\n\n \n\nDie Beschwerde ist unbegründet. Zwar stellt es nach ständiger Rechtsprechung\neinen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung\n(FGO) dar, wenn über eine in Wahrheit zulässige Klage nicht zur Sache, sondern\ndurch Prozessurteil entschieden wird (vgl. nur Beschluss des Bundesfinanzhofs\n--BFH-- vom 17. November 2003 XI B 213/01, BFH/NV 2004, 514, m.w.N.). Im\nStreitfall hat das Finanzgericht (FG) die Klage mit der Begründung als\nunzulässig abgewiesen, der Gegenstand des Klagebegehrens sei --trotz\nmehrfacher Verlängerung der dafür vom Gericht bestimmten Ausschlussfrist-- vom\nKläger und Beschwerdeführer (Kläger) nicht hinreichend bezeichnet worden. Die\nEntscheidung hält indes rechtlicher Nachprüfung stand. Der geltend gemachte\nVerfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegt nicht vor.\n\n \n\n2\n\n \n\n1\\. Der Kläger hat den Gegenstand des Klagebegehrens nicht ausreichend\nbezeichnet.\n\n \n\n3\n\n \n\na) Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO muss die Klage u.a. den Gegenstand des\nKlagebegehrens bezeichnen. Eine ausreichende Bezeichnung erfordert zumindest\ndie substantiierte und schlüssige Darlegung, was der Kläger begehrt und worin\ner eine Rechtsverletzung sieht; dadurch soll das Gericht in die Lage versetzt\nwerden, die Grenzen seiner Entscheidungsbefugnis zu bestimmen (§ 96 Abs. 1\nSatz 2 FGO). Fehlt der Klage diese Voraussetzung, ist sie als unzulässig\nabzuweisen. Wie weit ein Klagebegehren zu substantiieren ist, hängt von den\nUmständen des Einzelfalls ab, insbesondere von dem Inhalt des angefochtenen\nVerwaltungsakts, der Steuerart und der Klageart. Entscheidend ist, ob das\nGericht durch die Angaben des Klägers in die Lage versetzt wird, zu erkennen,\nworin die den Kläger treffende Rechtsverletzung nach dessen Ansicht liegt\n(BFH-Urteil vom 13. Juni 1996 III R 93/95, BFHE 180, 247, BStBl II 1996, 483;\nBFH-Beschluss vom 17. Januar 2002 VI B 114/01, BFHE 198, 1, BStBl II 2002,\n306).\n\n \n\n4\n\n \n\nb) Für den Fall, dass sich der Kläger mit der Anfechtungsklage gegen einen\nGewinnfeststellungsbescheid wendet, in dem der Gewinn geschätzt worden ist,\nreicht es aus, wenn der Kläger sein mit der Klage verfolgtes Begehren durch\ndie Angabe des Gewinns präzisiert (vgl. BFH-Urteil vom 17. April 1996 I R\n91/95, BFH/NV 1996, 900) oder wenn er einen bezifferten Antrag stellt und der\nSachverhalt, um den gestritten wird, in groben Zügen aus der\nEinspruchsentscheidung oder einer Einspruchsbegründung, auf die Bezug genommen\nwird, erkennbar ist (BFH-Urteile vom 17. Oktober 1990 I R 118/88, BFHE 162,\n534, BStBl II 1991, 242; vom 5. Juni 1997 IV R 74/96, BFH/NV 1998, 37). Der\nGegenstand des Klagebegehrens kann auch durch die Bezugnahme auf eine bei dem\nFinanzamt nachträglich eingereichte Steuererklärung bezeichnet werden (BFH-\nUrteile vom 16. März 1988 I R 93/84, BFHE 153, 290, BStBl II 1988, 895, und\nvom 2. Juli 1997 I R 28/97, BFH/NV 1998, 175). Nicht ausreichend ist\nallerdings die bloße Ankündigung einer noch einzureichenden Steuererklärung\n(BFH-Beschlüsse vom 22. Februar 2005 III S 17/04 (PKH), BFH/NV 2005, 1124; vom\n16. August 2005 XI B 235/03, BFH/NV 2005, 2239) oder die Behauptung, die\nBesteuerungsgrundlagen seien zu hoch geschätzt (BFH-Urteile vom 8. Juli 1998 I\nR 23/97, BFHE 186, 309, BStBl II 1998, 628; in BFH/NV 1998, 37).\n\n \n\n5\n\n \n\nc) Der Senat kann letztlich offenlassen, welche Anforderungen im Streitfall an\ndie hinreichende Bezeichnung des Klagebegehrens gestellt werden müssen und wie\nder Umstand zu berücksichtigen ist, dass der Kläger nach der Beschlagnahme\nsämtlicher Akten durch die Staatsanwaltschaft nur unter wesentlich erschwerten\nBedingungen in der Lage gewesen ist, die ausstehende Steuererklärung zu\nfertigen. Die Angaben des Klägers in der Klageschrift und im\nfinanzgerichtlichen Verfahren reichen zur hinreichenden Bezeichnung des\nKlagebegehrens ungeachtet dieser tatsächlichen Besonderheiten jedenfalls nicht\naus.\n\n \n\n6\n\n \n\nDie Klageschrift enthält lediglich die Anträge, das Vorverfahren für notwendig\nzu erklären und im Fall der Klageabweisung die Revision zuzulassen. Im Übrigen\nwird darin auf eine nachzureichende Begründung verwiesen, die jedoch bis zum\nSchluss der mündlichen Verhandlung nicht eingereicht worden ist. Auch die\nEinspruchsentscheidung enthält keinen Hinweis auf den Gegenstand des\nKlagebegehrens, da der Kläger den Einspruch ebenfalls nicht begründet hatte.\nIm Verlauf des Prozesses hat der Kläger in Bezug auf den Gegenstand des\nKlagebegehrens lediglich behauptet, der Gewinn sei zu hoch geschätzt. Er werde\ndie Steuererklärung abgeben, sobald die beschlagnahmten Unterlagen wieder zur\nVerfügung stünden. Im Übrigen hat der Kläger nur ausgeführt, dass die\nAuswertung von 60 bis 100 beschlagnahmten Aktenordnern im Wege der\nAkteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft unmöglich sei.\n\n \n\n7\n\n \n\nBei dieser Sachlage konnte das FG den Gegenstand des Klagebegehrens selbst bei\nder gebotenen Auslegung der Klage anhand sämtlicher zur Verfügung stehender\nUnterlagen (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung,\nFinanzgerichtsordnung, § 65 FGO Rz 14; Schallmoser in\nHübschmann/Hepp/Spitaler, § 65 FGO Rz 64) nicht hinreichend sicher bestimmen.\nDemgegenüber ist davon auszugehen, dass dem Kläger auch ohne vollständige\nAuswertung sämtlicher beschlagnahmter Akten eine hinreichend genaue\nBezeichnung der geltend gemachten Rechtsverletzung in der zur Verfügung\nstehenden Zeit möglich gewesen wäre, selbst wenn man berücksichtigt, dass der\nGewinnfeststellungsbescheid keine Begründung für die Höhe der Schätzung\nenthält.\n\n \n\n8\n\n \n\nd) Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Kläger für\nVorauszahlungszwecke im Streitjahr unter Vorlage einer\nBetriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA) eine erklärungsgemäße Festsetzung\ndes Gewinns erwirkt hatte. Den Gewinn aus der BWA hat der Kläger im\nvorliegenden Verfahren weder ausdrücklich noch sinngemäß durch Bezugnahme zum\nGegenstand des Verfahrens gemacht, sondern stets auf eine noch zu erstellende\nGewinnermittlung verwiesen. Der Senat kann deshalb offenlassen, ob die\nBezugnahme auf eine in einem anderen Verfahren (Herabsetzung der\nBesteuerungsgrundlagen für Vorauszahlungszwecke) eingereichte BWA zur\nBezeichnung des Klagebegehrens unter den Umständen des Streitfalls ausreichen\nkönnte.\n\n \n\n9\n\n \n\n2\\. Unerheblich ist schließlich, ob das FG unter den Umständen des Streitfalls\nsein Ermessen zur Bestimmung einer Ausschlussfrist (§ 65 Abs. 2 Satz 2 FGO)\nrechtsfehlerfrei ausgeübt hat oder ob es nach der Beschlagnahme sämtlicher\nUnterlagen des Klägers auf die damit verbundenen Erschwernisse für den Kläger\nmehr Rücksicht hätte nehmen müssen. Auf die Wirksamkeit der Ausschlussfrist\nkäme es nur an, wenn der Kläger das Klagebegehren nach Fristablauf, aber noch\nvor der Entscheidung des Gerichts bezeichnet hätte. Das war jedoch nicht der\nFall.\n\n |
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108,034 | bfh-2011-02-14-xi-b-3210 | 6 | Bundesfinanzhof | bfh | Bundesrepublik Deutschland | Bundesgericht | XI B 32/10 | 2011-02-14 | 2018-11-25 20:30:08 | 2019-01-18 00:34:22 | Beschluss | ## Gründe\n\n1\n\n \n\nDie Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wegen\nNichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.\n\n \n\n2\n\n \n\nDie geltend gemachten Revisionszulassungsgründe liegen nicht vor. Weder hat\ndie Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der\nFinanzgerichtsordnung --FGO--) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder\ndie Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des\nBundesfinanzhofs (BFH) im Streitfall (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).\n\n \n\n3\n\n \n\na) Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, wenn die\nRechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer\nRechtssache zu, wenn die für ihre Beurteilung maßgebliche Rechtsfrage das\nabstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und\nHandhabung des Rechts berührt. Dies ist nur der Fall, wenn die für bedeutsam\ngehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im\nStreitfall klärbar ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom\n17. Juni 2010 XI B 88/09, BFH/NV 2010, 1875, m.w.N.).\n\n \n\n4\n\n \n\nAn der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der\ngesetzlichen Grundlagen oder der bereits vorliegenden Rechtsprechung\nbeantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die\neine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den BFH geboten\nerscheinen lassen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV\n2010, 1875, m.w.N.).\n\n \n\n5\n\n \n\naa) Die von der Klägerin sinngemäß für grundsätzlich bedeutsam gehaltene\nRechtsfrage, ob der Erlass einer Steuer gemäß § 227 der Abgabenordnung (AO)\neine geeignete Vorschrift nach nationalem Recht ist, eine bestandskräftige\nVerwaltungsentscheidung zu überprüfen, um der mittlerweile vom Gerichtshof der\nEuropäischen Union (EuGH) vorgenommenen Auslegung einschlägiger Bestimmungen\nRechnung zu tragen, ist nicht klärungsbedürftig.\n\n \n\n6\n\n \n\nEs ist bereits geklärt, dass eine bestandskräftig festgesetzte Steuer, die im\nWiderspruch zu einer später entwickelten oder geänderten Rechtsprechung steht,\nallein keinen Steuererlass nach § 227 AO rechtfertigt (vgl. BFH-Beschluss vom\n5. Juni 2009 V B 52/08, BFH/NV 2009, 1593, m.w.N., die gegen diesen Beschluss\nerhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen,\nBeschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 16. Februar 2010 1 BvR\n2218/09, nicht veröffentlicht). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind\nbestandskräftig festgesetzte Steuern nur dann im Billigkeitsverfahren nach §\n227 AO zu erlassen, wenn die Steuerfestsetzung offensichtlich und eindeutig\nunrichtig ist und es dem Steuerpflichtigen nicht zuzumuten war, sich hiergegen\nin dem dafür vorgesehenen Festsetzungsverfahren rechtzeitig zu wehren (vgl.\nz.B. Beschluss vom 3. August 2010 XI B 104/09, BFH/NV 2010, 2308, m.w.N.).\nFerner ist bereits geklärt, dass es für die Beurteilung auf den Zeitpunkt der\nletzten Verwaltungsentscheidung und nicht auf einen späteren Zeitpunkt ankommt\n(vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 1593, m.w.N.).\n\n \n\n7\n\n \n\nNeue Gesichtspunkte, die eine erneute Prüfung dieser Rechtsprechung erfordern\nwürde, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Soweit sie sich hierzu auf den\nBeschluss des BVerfG vom 4. September 2008 2 BvR 1321/07 (BFH/NV 2009, 110)\nbezieht, vermag der Senat ihr nicht zu folgen. Das BVerfG sieht es unter\nBezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH zur Bestandskraft als Instrument\nder Rechtssicherheit nicht als unvertretbar an, einen generellen\nunionsrechtlichen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens nach\nFeststellung eines Verstoßes gegen Unionsrecht abzulehnen, und stellt auf die\nRücknahmebefugnis nach nationalem Recht ab. Eine erneute Prüfung der\nvorgenannten Rechtsprechung des BFH erfordert dies nicht. Entgegen der Ansicht\nder Klägerin haben sich aus dem Revisionsverfahren XI R 11/10 ebenfalls keine\nneuen Gesichtspunkte für eine erneute Prüfung der Rechtsprechung ergeben. Die\nRevision gegen das Urteil des Finanzgerichts Schleswig-Holstein vom 25. März\n2010 4 K 29/10 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1549) wurde durch\nBeschluss des erkennenden Senats vom 31. Januar 2011 nach § 126a FGO als\nunbegründet zurückgewiesen.\n\n \n\n8\n\n \n\nbb) Die ferner von der Klägerin sinngemäß aufgeworfene Rechtsfrage, ob es mit\ndem Unionsrecht zu vereinbaren ist, ein vor der später entwickelten oder\ngeänderten Rechtsprechung offenkundig aussichtsloses Rechtsbehelfs- und\nKlageverfahren durchzuführen, ist ebenfalls nicht klärungsbedürftig.\n\n \n\n9\n\n \n\nDieser Frage kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Nach der Rechtsprechung\ndes BFH stellt es keinen Ausnahmefall dar, dass Rechtsauffassungen und\nGesetzesinterpretationen der Verwaltung, auch wenn sie durch Rechtsprechung\noder Kommentierung abgesichert sind, durch die Gerichte korrigiert werden.\nDiese Chance, eine Korrektur zu erreichen, kann jeder Steuerpflichtige unter\nÜbernahme des Kostenrisikos wahrnehmen. Es ist grundsätzlich Sache des\nSteuerpflichtigen, seine Rechte durch Einlegung von Einsprüchen selbst zu\nwahren (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 1593, m.w.N.).\n\n \n\n10\n\n \n\nNeue Gesichtspunkte, die eine erneute Prüfung dieser Rechtsprechung erfordern\nwürde, sind weder dargetan noch ersichtlich.\n\n \n\n11\n\n \n\ncc) Die Revision ist nicht im Hinblick auf eine mögliche Vorabentscheidung des\nEuGH wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.\n\n \n\n12\n\n \n\nEine Rechtssache hat nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO grundsätzliche Bedeutung und\nführt zur Zulassung der Revision, wenn die nicht entfernte Möglichkeit\nbesteht, dass im angestrebten Revisionsverfahren eine Vorabentscheidung des\nEuGH einzuholen sein wird. Dies ist nicht der Fall, wenn keine vernünftigen\nZweifel an der Auslegung oder der Gültigkeit einer Bestimmung des Unionsrechts\nbestehen können (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 1875, m.w.N.).\n\n \n\n13\n\n \n\nDie Klägerin hat nicht dargetan, welche Bestimmung des Unionsrechts\nzweifelhaft sein könnte. Im Übrigen vermag der Senat nicht zu erkennen,\nweshalb eine Vorabentscheidung des EuGH in einem künftigen Revisionsverfahren\neinzuholen wäre. Die Voraussetzungen, unter denen eine Korrektur\nbestandskräftiger Steuerbescheide auf Grundlage der Rechtsprechung des EuGH in\nder Rechtssache "Kühne & Heitz" (EuGH-Urteil vom 13. Januar 2004 Rs. C-453/00,\nSlg. 2004, I-837) in Betracht kommt, sind bereits geklärt. Eine Pflicht zur\nEinholung einer Vorabentscheidung des EuGH besteht für den Senat daher nicht\n(vgl. BFH-Urteil vom 16. September 2010 V R 57/09, BFHE 230, 504, m.w.N.).\n\n \n\n14\n\n \n\nb) Die Revision ist nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO zur\nFortbildung des Rechts zuzulassen.\n\n \n\n15\n\n \n\nDer Zulassungsgrund für eine Revision zur Fortbildung des Rechts ist gegeben,\nwenn über bisher ungeklärte abstrakte Rechtsfragen zu entscheiden ist,\ninsbesondere, wenn der Streitfall im allgemeinen Interesse Veranlassung gibt,\nLeitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts\noder des Verfahrensrechts aufzustellen, Gesetzeslücken auszufüllen oder wenn\ngegen eine bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung Argumente vorgetragen\nwerden, die der BFH noch nicht erwogen hat (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa\nBFH-Beschluss vom 17. Juni 2009 II B 33/08, BFH/NV 2010, 42, m.w.N.). Für\ndiesen Zulassungsgrund gilt, wie für den der grundsätzlichen Bedeutung gemäß §\n115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, dass es sich um eine klärungsbedürftige und im\nStreitfall klärbare Rechtsfrage handeln muss (vgl. BFH-Beschluss vom 15.\nDezember 2004 X B 48/04, BFH/NV 2005, 698, m.w.N.).\n\n \n\n16\n\n \n\nDie von der Klägerin sowohl zum Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung\nals auch zur Fortbildung des Rechts identisch aufgeworfenen Rechtsfragen sind,\nwie bereits ausgeführt, nicht klärungsbedürftig.\n\n \n\n17\n\n \n\nc) Soweit die Klägerin die Zulassung der Revision auch nach § 115 Abs. 2 Nr. 2\nAlternative 2 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung begehrt,\nhat sie die Voraussetzungen dieses Zulassungsgrundes nicht ansatzweise i.S.\ndes § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargetan.\n\n |
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108,360 | bfh-2011-02-07-vii-s-711-pkh | 6 | Bundesfinanzhof | bfh | Bundesrepublik Deutschland | Bundesgericht | VII S 7/11 (PKH) | 2011-02-07 | 2018-11-26 00:30:03 | 2019-01-18 00:36:38 | Beschluss | ## Tatbestand\n\n1\n\n \n\nI. Mit Beschluss vom 26. Juli 2011 VII S 7/11 (PKH) wurde dem Antragsteller\nProzesskostenhilfe (PKH) bewilligt und Rechtsanwalt X als\nProzessbevollmächtigter beigeordnet. Mit Schreiben vom 13. September 2011\nteilte Rechtsanwältin Y dem Bundesfinanzhof mit, sie sei vom Antragsteller mit\nder Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt worden; zugleich beantragte sie\ndie Aufhebung der Beiordnung des bisherigen Prozessvertreters und ihre eigene\nBeiordnung. Mit Schreiben vom selben Tag hat der Antragsteller mitgeteilt, er\nwerde nicht mehr von Rechtsanwalt X vertreten, da es zu massiven\nMeinungsverschiedenheiten hinsichtlich des Umgangs und der geschäftlichen\nVorbereitung auch in anderen Sachen gekommen sei. Dies habe zu einem\nunüberwindbaren Vertrauensbruch geführt. Auf eine entsprechende Anfrage der\nGeschäftsstelle des VII. Senats vom 4. Oktober 2011 hat der Antragsteller in\nseinen Schreiben vom 21. Oktober und 3. November 2011 die Gründe für sein\nMisstrauen gegenüber dem beigeordneten Prozessvertreter näher erläutert und\nden dringenden Wunsch nach einer Aufhebung der Beiordnung bekräftigt.\nInsbesondere beanstandet der Antragsteller, sein Prozessvertreter sei\nunfreundlich und aggressiv aufgetreten und habe abredewidrig einen\nSchriftsatzentwurf in einer Werklohnsache nicht gefertigt sowie eine\nRücksprache verweigert, zu der er, der Antragsteller, 45 km angereist sei.\nZudem habe er maßgebliche Dinge übersehen und sein als unerträglich\nempfundenes Verhalten nicht entschuldigt. Im Schreiben vom 3. November 2011\nhat der Antragsteller zugleich darauf hingewiesen, Frau Rechtsanwältin Y habe\nmitgeteilt, sie stehe nicht mehr zur Verfügung. Der beigeordnete\nProzessvertreter des Antragstellers hat mit Schreiben vom 10. Oktober 2011 der\nAufhebung der Beiordnung widersprochen und ausgeführt, ein unüberwindbarer\nVertrauensbruch liege nicht vor.\n\n \n\n2\n\n \n\nMit E-Mail vom 17. November 2011 hat der Antragsteller mitgeteilt, er habe\nnunmehr Frau Rechtsanwältin Z, die ihn bereits in anderen Rechtssachen\nvertreten würde, mit seiner Vertretung beauftragt. Mit Schreiben vom 29.\nNovember 2011 hat Frau Z die sofortige Niederlegung des Mandats angezeigt.\nDaraufhin hat der Antragsteller mit Schreiben vom 8. Januar 2012 die\nBeiordnung von Herrn Rechtsanwalt R, beantragt. Am 16. Januar 2012 hat der\nAntragsteller nach Aufforderung durch die Geschäftsstelle des VII. Senats eine\nauf Herrn Rechtsanwalt R ausgestellte Prozessvollmacht vorgelegt.\n\n \n\n## Entscheidungsgründe\n\n3\n\n \n\nII. Antragsgemäß wird die Beiordnung von Rechtsanwalt X aufgehoben und dem\nAntragsteller Rechtsanwalt R beigeordnet.\n\n \n\n4\n\n \n\n1\\. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof (BGH) kann bei einer\nnachhaltigen und tiefgreifenden Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen\nAnwalt und Mandant eine im Rahmen der Gewährung von PKH erfolgte Beiordnung\naufgehoben werden. Ein Anspruch auf Beiordnung eines neuen Rechtsanwalts\nbesteht jedoch dann nicht, wenn das Vertrauensverhältnis zu dem beigeordneten\nAnwalt durch sachlich nicht gerechtfertigtes und mutwilliges Verhalten der\nPartei zerstört worden ist und dies eine Entpflichtung des Anwalts nach § 48\nAbs. 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung verursacht hat (BGH-Beschluss vom 31.\nOktober 1991 XII ZR 212/90, Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-\nReport Zivilrecht 1992, 189).\n\n \n\n5\n\n \n\n2\\. Aufgrund der vom Antragsteller dargelegten Gründe gelangt der\nbeschließende Senat zu der Auffassung, dass das Vertrauensverhältnis zwischen\ndem Antragsteller und dem beigeordneten Prozessvertreter nachhaltig gestört\nist. Dessen Auftreten hat der Antragsteller als selbstherrlich und\nunerträglich empfunden. Nach Lage der Dinge erscheint eine weitere\nvertrauensvolle Zusammenarbeit --zumindest aus der Sicht des Antragstellers--\nunmöglich. Demgegenüber hat der beigeordnete Prozessvertreter lediglich\nunsubstantiiert behauptet, ein unüberwindbarer Vertrauensbruch liege nicht\nvor, weshalb die PKH-Vergütung auszuzahlen sei. Unter Berücksichtigung aller\nUmstände und der Interessenlage der Beteiligten war die Beiordnung von\nRechtsanwalt X aufzuheben. Von einem mutwilligen Verhalten des Antragstellers\nkann nicht ausgegangen werden. Antragsgemäß war Herr Rechtsanwalt R\nbeizuordnen. Als Zeitpunkt seiner Beiordnung und Aufhebung der bisherigen\nBeiordnung bestimmt der Senat den Tag des Eingangs der Prozessvollmacht,\nmithin den 16. Januar 2012.\n\n \n\n6\n\n \n\n3\\. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.\n\n |
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110,102 | bverwg-2010-06-08-8-b-12709 | 5 | Bundesverwaltungsgericht | bverwg | Bundesrepublik Deutschland | Verwaltungsgerichtsbarkeit | Bundesgericht | 8 B 127/09 | 2010-06-08 | 2018-11-26 12:30:06 | 2019-01-18 15:07:28 | Beschluss | ## Gründe\n\n1\n\n \n\nDie auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte\nBeschwerde hat keinen Erfolg.\n\n2\n\n \n\nDie Divergenzrüge ergibt eine die Revision eröffnende Abweichung im Sinne von\n§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht; denn eine solche wird nicht hinreichend\nbezeichnet (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2\nNr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3\nVwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten,\ndie angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem\ndie Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des\nGemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des\nBundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen deren Entscheidung\ntragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat\n(Beschluss vom 21. Juni 1995 - BVerwG 8 B 61.95 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr.\n18). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von\nRechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht oder das\nBundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den\nZulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht (Beschluss vom 17. Januar\n1995 - BVerwG 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342).\n\n3\n\n \n\nHinsichtlich des geltend gemachten Zulassungsgrundes wird die Beschwerde den\ndargelegten Anforderungen nicht gerecht. Ohne einen Rechtssatzwiderspruch\nherauszuarbeiten, rügt sie pauschal, dass sich das Oberverwaltungsgericht an\ndie zitierte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des\nBundesverwaltungsgerichts nicht gehalten habe und gibt ihre Rechtsmeinung\nwieder, dass § 4a RöV keine hinreichende gesetzliche Grundlage darstelle, um\ndie Bestellung von Sachverständigen zu reglementieren. Die auszugsweise\nWiedergabe von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des\nBundesverwaltungsgerichts zu Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG ohne\nHerstellung eines hinreichenden Bezugs zur angefochtenen Entscheidung zeigt\nkeine Divergenz im dargelegten Sinne auf. Genauso wenig reicht es aus, auf die\nvom Verwaltungsgericht in seinem Urteil (S. 11 ff.) zitierte Rechtsprechung zu\nverweisen, um eine Divergenz plausibel zu machen. Die Beschwerde verkennt,\ndass es nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts ist, anhand von Zitaten einen\neventuellen Rechtssatzwiderspruch aufzudecken.\n\n4\n\n \n\nDessen ungeachtet ist das Oberverwaltungsgericht mit seiner Entscheidung nicht\nvon den zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und der\nEntscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen. Die von der Klägerin\nzitierten angeblichen Divergenzentscheidungen stellen keinen Rechtssatz auf,\nder im Widerspruch zu tragenden abstrakten Rechtssätzen des Berufungsurteils\nstünde. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht auf der Annahme, die\nErmessensermächtigung zur Bestellung eines Sachverständigen für die technische\nPrüfung von Röntgeneinrichtungen nach § 4a RöV vermittle auch unter\nBerücksichtigung der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG nicht jedem\nausreichend qualifizierten Bewerber einen Anspruch auf Bestellung, sondern\nlasse es zu, die Bestellung von einer Bedürfnisprüfung abhängig zu machen.\nDies widerspricht nicht den tragenden Rechtssätzen der von der Klägerin\nzitierten bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidungen zu geschlossenen\nBewerberlisten für die Bestellung zum Insolvenzverwalter (BVerfG, Beschluss\nvom 23. Mai 2006 - 1 BvR 2530/04 - BVerfGE 116, 1) und zur angemessenen\nBerücksichtigung von Qualifikationsmerkmalen bei der Bestellung neben- oder\nhauptamtlicher Notare (BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01\nu.a. - BVerfGE 110, 304 und Kammerbeschluss vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02\nu.a. - NJW-RR 2005, 998).\n\n5\n\n \n\nIn der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Mai 2006 a.a.O. ging\nes um die Rechtsschutzmöglichkeit eines Rechtsanwalts gegen eine ihn nicht\nberücksichtigende gerichtliche Entscheidung über die Bestellung zum\nInsolvenzverwalter. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht\nausgeführt, dass die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller\nBewerber und die Bestellung zum Insolvenzverwalter im konkreten Fall eine der\nSicherung des chancengleichen Zugangs zum Auswahlverfahren angemessene\nVerfahrensgestaltung fordert. Soweit Auswahllisten geführt werden, bleibe den\nFachgerichten deren Gestaltung überlassen. Zu beachten sei jedoch, dass das\nModell einer "geschlossenen Liste", nach dem die Zahl der aufgenommenen\nBewerber begrenzt ist und nur bei Ausscheiden einer bereits geführten Person\nein neuer Bewerber in den Kreis möglicher Insolvenzverwalter aufgenommen wird,\nder Chancengleichheit der Bewerber nicht hinreichend Rechnung trägt. Eine\nListe sei daher so zu führen, dass in sie jeder Bewerber aufgenommen wird, der\ndie grundsätzlich zu stellenden Anforderungen an eine generelle, von der\nTypizität des einzelnen Insolvenzverfahrens gelöste Eignung für das Amt des\nInsolvenzverwalters erfüllt.\n\n6\n\n \n\nEntgegen der Auffassung der Klägerin können die Ausführungen des\nBundesverfassungsgerichts, dass das Modell einer "geschlossenen Liste" der\nChancengleichheit der Bewerber nicht hinreichend Rechnung trägt (Beschluss vom\n23. Mai 2006 a.a.O. S. 17), nicht auf die "Liste" der bereits bestellten\nSachverständigen, sondern nur auf das Auswahlverfahren unter den Bewerbern\nübertragen werden, das durchzuführen wäre, sofern ein Bedürfnis für die\nBestellung von Sachverständigen besteht. Insoweit hat das\nOberverwaltungsgericht, das diesen Unterschied als maßgeblich angesehen hat,\nkeinen abweichenden Rechtssatz zu der Entscheidung des\nBundesverfassungsgerichts aufgestellt. Es hat zu Recht die Auffassung\nvertreten, dass sich aus dieser Entscheidung kein Verbot der Bedürfnisprüfung\nfür die Bestellung von Sachverständigen, die der entscheidende Grund für die\nAblehnung der Klägerin war, herleiten lasse. Ebenso wenig ist dem Beschluss\ndes Bundesverfassungsgerichts zu entnehmen, dass schon die ausreichende\nQualifikation einen Anspruch auf Auswahl und Bestellung vermittle. Das\nBundesverfassungsgericht hat sich (allein) mit der Frage befasst, von welchen\nVoraussetzungen die Aufnahme in den Kreis der für eine künftige\nAuswahlentscheidung in Frage kommenden Bewerber abhängig gemacht werden darf\n(Beschluss vom 23. Mai 2006 a.a.O. S. 16).\n\n7\n\n \n\nDer Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 a.a.O. hat die\nAuswahl unter mehreren Bewerbern beim Zugang zum Beruf des Notars (im\nNebenamt) zum Gegenstand. Beanstandet wurde die Auslegung und Anwendung der\neinschlägigen Vorschriften, weil sie eine konkrete und einzelfallbezogene\nBewertung der fachlichen Leistungen des Bewerbers vermissen ließen. Die\nKlägerin führt als Rechtssätze aus dieser Entscheidung die Ausführungen des\nBundesverfassungsgerichts zum Grundrecht Art. 12 Abs. 1 GG auf freie\nBerufswahl, insbesondere zum Recht, mehrere Berufe zu wählen und gleichzeitig\nnebeneinander auszuüben, an und hebt hervor, dass an die Bestimmtheit und\nErkennbarkeit der gesetzlichen Einschränkungen der Freiheit der Berufswahl\nstrengere Anforderungen zu stellen sind als an Regelungen, die nur die\nFreiheit der Berufsausübung betreffen. Einen Widerspruch zu diesen\nRechtssätzen sieht die Klägerin darin, dass es in der Röntgenverordnung an\njeglichen gesetzlichen Regelungen für die Auswahl unter geeigneten Bewerbern\nfehle und eine Bedürfnisprüfung mit der sich aus Art. 3 und 12 GG ergebenden\nVerpflichtung der Beklagten nicht vereinbar sei, jeden, der geeignet ist, zum\nSachverständigen zu bestellen (Beschwerdebegründung, S. 6). Eine Divergenz zu\nden Rechtssätzen des Bundesverfassungsgerichts scheidet aus, weil hier, wie\ndargelegt, die Bestimmung der Klägerin zur Sachverständigen nicht im Rahmen\neiner Auswahlentscheidung unter mehreren Bewerbern, sondern allein deshalb\nabgelehnt worden ist, weil kein Bedarf für die Bestellung eines weiteren\nSachverständigen bestehe. Ob die Voraussetzungen für eine sachgerechte Auswahl\nunter Bewerbern gegeben waren, war mithin nicht entscheidungserheblich. Mit\nder verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Bedürfnisprüfung hat sich das\nBundesverfassungsgericht nicht befasst.\n\n8\n\n \n\nDies gilt in gleicher Weise auch für den Kammerbeschluss des\nBundesverfassungsgerichts vom 28. April 2005 a.a.O., der sich mit der\nsogenannten "Landeskinderklausel" in § 7 Abs. 1 Bundesnotarordnung bei der\nBerufung von Bewerbern zu hauptberuflichen Notaren befasst. Auch insoweit\nlässt sich keine Divergenz feststellen. Das Bundesverfassungsgericht hat einen\nverfassungswidrigen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG durch die angegriffene\nVorschrift verneint, weil die "Landeskinderklausel" dem öffentlichen Interesse\nan einer geordneten Rechtspflege dient. Einschränkend hat es hinzugefügt, dass\ndie Gewährleistung der Berufsfreiheit der Notare in Art. 12 Abs. 1 GG eine\nschematische Berufung auf den Regelvorrang für "Landeskinder" bei der\nEntscheidung für einen Bewerber nicht zulasse. Der Entscheidung des\nOberverwaltungsgerichts ist nicht einmal ansatzweise eine schematische\nBetrachtungsweise zu entnehmen.\n\n9\n\n \n\nDer Beschwerde ist schließlich keine Divergenz zum Urteil des\nBundesverwaltungsgerichts vom 13. Mai 2004 - BVerwG 3 C 45.03 - (BVerwGE 121,\n23 = Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 106) zu entnehmen. Diese\nEntscheidung geht davon aus, dass eine Regelung zur Beschränkung der Förderung\n(ambulanter Pflegedienste) auf einen von mehreren Konkurrenten eine\nberufsregelnde Tendenz hat und, wenn sie ihre Intensität nach einer objektiven\nBerufszulassungsschranke gleichkommt, nur durch überragend gewichtige\nGemeinschaftsgüter gerechtfertigt werden kann, und andernfalls zumindest eine\nRechtfertigung durch Gründe von erheblichem Gewicht verlangt (Urteil vom 13.\nMai 2004 a.a.O. S. 28). Dem widersprechen die das Berufungsurteil tragenden\nrechtsgrundsätzlichen Erwägungen nicht. Mit der Anknüpfung an das einschlägige\nUrteil vom 21. Februar 1989 - BVerwG 1 C 73.86 - (Buchholz 451.26\nSachverständige Nr. 8 S. 4 ff.) gibt das Oberverwaltungsgericht vielmehr zu\nerkennen, dass es die Ermessensermächtigung zur Bedürfnisprüfung bei der\nBestellung zum Sachverständigen für die technische Prüfung von\nRöntgeneinrichtungen, die es aus § 4a der RöV ableitet, nicht als objektive\nSchranke der Zulassung zu einem selbstständigen Beruf versteht, sondern als\nbloße auf die "Erweiterung der Berufstätigkeit" bezogene Beschränkung der\nBerufsausübung. Damit widerspricht es nicht den in der Rechtsprechung\nentwickelten Anforderungen an die Rechtfertigung objektiver\nBerufszulassungsschranken, sondern hält diese aufgrund einer Subsumtion der\neinfach-gesetzlichen Ermächtigung unter den Begriff der objektiven\nBerufszulassungsschranke für nicht einschlägig. Ob eine Einordnung zutrifft,\nist keine Frage rechtsgrundsätzlich abweichender Definition der objektiven\nBerufszulassungsschranke oder ihrer verfassungsmäßigen Rechtfertigung, sondern\neine Frage zutreffender Anwendung dieser Grundsätze im Einzelfall, die nicht\nGegenstand der Divergenzrüge sein kann.\n\n10\n\n \n\nEs kann offenbleiben, ob mit der Beschwerde trotz der Beschränkung der\nAusführungen auf die Divergenzrüge - sinngemäß - auch eine Zulassung der\nRevision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1\nVwGO) begehrt wird. Denn dieser Zulassungsgrund setzt jedenfalls die\nFormulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die\nRevisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus.\nDaran fehlt es hier, weil sich die Ausführungen der Klägerin im Wesentlichen\nmit dem Auswahlverfahren und dazu ergangenen Entscheidungen befassen, ohne\neine für klärungsbedürftig gehaltene entscheidungserhebliche konkrete\nRechtsfrage zu bezeichnen; auf das Auswahlverfahren kam es im vorliegenden\nVerfahren nicht an, weil die Bestimmung der Klägerin zur Sachverständigen\nbereits wegen fehlenden Bedarfs abgelehnt wurde. Zur Bezeichnung des\nZulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO)\nhätte es darüber hinaus der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der\nRechtsfrage bedurft (Beschlüsse vom 15. September 1981 - BVerwG 8 B 210.81 -\nBuchholz 401.5 GewStG Nr. 2 und vom 11. August 2006 - BVerwG 1 B 105.06 -\nBuchholz 310 § 133 VwGO Nr. 84). Auch hieran fehlt es. Insbesondere setzt\nsich die Klägerin nicht mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts\nund des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage der Klärungsbedürftigkeit z.B. der\nin Betracht kommenden Frage der Vereinbarkeit einer Bedürfnisprüfung mit dem\nGrundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG auseinander. Hierzu hätte insbesondere\ndeshalb Anlass bestanden, weil das Urteil der Vorinstanz sich zur Zulässigkeit\neiner solchen Bedürfnisprüfung ausdrücklich auf das Urteil des\nBundesverwaltungsgerichts vom 21. Februar 1989 a.a.O. bezogen hat.\n\n |
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110,251 | bverwg-2010-04-29-5-c-409 | 5 | Bundesverwaltungsgericht | bverwg | Bundesrepublik Deutschland | Verwaltungsgerichtsbarkeit | Bundesgericht | 5 C 4/09 | 2010-04-29 | 2018-11-26 13:30:05 | 2019-01-18 15:09:03 | Urteil | ## Tatbestand\n\n1\n\n \n\nDer in der Republik Moldau lebende Kläger begehrt die Feststellung, deutscher\nStaatsangehöriger zu sein.\n\n2\n\n \n\nDer Kläger wurde im Jahre 1961 in der ehemaligen Sowjetunion (Kasachische SSR,\nJasnaja Poljana) geboren. Im September 1999 beantragte er die Ausstellung\neines Staatsangehörigkeitsausweises. Seine deutsche Staatsangehörigkeit\nleitete der Kläger von seinem am 1. August 1931 in M. (Ukraine) geborenen\nVater J. H. her, der am 14. Mai 1944 in den deutschen Staatsverband\neingebürgert worden sei. Der Vater des Klägers ist im Jahre 1992 als\nAussiedler in das Bundesgebiet eingereist. Der Kläger gab weiter an, er sei\nseit dem 7. Mai 1998 russischer Staatsangehöriger; er legte unter anderem\neinen für ihn vom russischen Konsulat in Moldawien unter dem 17. März 1999\nausgestellten Pass der Russischen Föderation vor. Mit Schreiben vom 19. März\n2004 teilte das Bundesverwaltungsamt dem Kläger mit, es beabsichtige den\nAntrag auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises abzulehnen, weil\nnicht festgestellt werden könne, dass der Kläger die deutsche\nStaatsangehörigkeit besitze.\n\n3\n\n \n\nDer Kläger hat am 10. Juli 2004 Klage auf Feststellung der deutschen\nStaatsangehörigkeit erhoben, die das Verwaltungsgericht abgewiesen hat, weil\nder Kläger seine nach § 4 Abs. 1 RuStAG erworbene deutsche Staatsangehörigkeit\ndurch den auf seinen Antrag hin erfolgten Erwerb der Staatsangehörigkeit der\nRussischen Föderation am 7. Mai 1998 gemäß § 25 Abs. 1 RuStAG verloren habe.\n\n4\n\n \n\nDie hiergegen gerichtete Berufung hat das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss\nvom 20. Juli 2007 unter Bestätigung des Staatsangehörigkeitsverlustes nach §\n25 Abs. 1 RuStAG zunächst zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 15. Februar 2008 -\nBVerwG 5 B 196.97 - hat das Bundesverwaltungsgericht diesen Beschluss wegen\neines Verfahrensfehlers in Bezug auf den vom Oberverwaltungsgericht bejahten\nAntragserwerb der russischen Staatsangehörigkeit aufgehoben und die Sache an\ndas Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Mit dem angegriffenen Urteil vom\n19. Dezember 2008 hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufung des Klägers\ndas Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und festgestellt, dass der Kläger\ndeutscher Staatsangehöriger ist. Er habe die deutsche Staatsangehörigkeit\ngemäß § 4 Abs. 1 RuStAG durch eheliche Geburt von seinem Vater erworben und\nnicht gemäß § 25 Abs. 1 RuStAG verloren. Zwar habe der Kläger nach der\nÜberzeugung des Gerichts im Mai 1998 auf seinen Antrag bzw. seine Erklärung\nhin im Registrierungsverfahren nach Art. 18 Buchst. d) des Gesetzes über die\nStaatsbürgerschaft der Russischen Föderation die Staatsangehörigkeit der\nRussischen Föderation erworben. Der gesetzliche Verlust der deutschen\nStaatsangehörigkeit nach § 25 Abs. 1 RuStAG setze aber voraus, dass dem\nBetroffenen im Zeitpunkt des Antragserwerbs der ausländischen\nStaatsangehörigkeit der Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit bekannt\ngewesen sei oder hätte bekannt sein müssen. Letzteres bedeute, dass die\nUnkenntnis von der deutschen Staatsangehörigkeit nicht auf grober\nFahrlässigkeit beruhen dürfe. Grob fahrlässige Unkenntnis sei anzunehmen, wenn\nsich der Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit dem Betroffenen geradezu\naufdrängen musste. Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen könne hier auch - oder\ngerade - bei Anlegung des Maßstabes eines lediglich laienhaften Verständnisses\nder konkreten Umstände nicht ausgegangen werden.\n\n5\n\n \n\nGegen dieses Urteil richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene\nRevision der Beklagten. Sie rügt eine Verletzung des § 25 Abs. 1 Satz 1\nRuStAG.\n\n6\n\n \n\nDer Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.\n\n## Entscheidungsgründe\n\n7\n\n \n\nDie Revision der Beklagten ist unbegründet. Das angefochtene Urteil ist zwar\nmit Bundesrecht insoweit nicht vereinbar (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), als das\nBerufungsgericht für das tatbestandliche Erfordernis des § 25 Abs. 1 Satz 1\nStAG, dass dem Kläger der Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit "hätte\nbekannt sein müssen", nicht auf eine normative Zurechenbarkeit abstellt,\nsondern dieses als Synonym für "grob fahrlässige Unkenntnis" versteht (1.).\nDie Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich jedoch im Ergebnis als\nrichtig (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil dem Kläger auf der Grundlage der zum Maßstab\nder "groben Fahrlässigkeit" getroffenen Feststellungen im Zeitpunkt des\nErwerbs der Staatsangehörigkeit der Russischen Föderation die Unkenntnis nicht\nzuzurechnen war (2.).\n\n8\n\n \n\n1\\. Das Berufungsgericht hat im rechtlichen Ansatz zutreffend darauf\nabgestellt, § 25 Abs. 1 Satz 1 StAG sei verfassungskonform dahingehend\nauszulegen, dass ein Deutscher danach seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb\neiner ausländischen Staatsangehörigkeit auf seinen Antrag oder den Antrag des\ngesetzlichen Vertreters nur verliert, wenn ihm im Zeitpunkt des Antragserwerbs\nder ausländischen Staatsangehörigkeit der Besitz der deutschen\nStaatsangehörigkeit bekannt war oder hätte bekannt sein müssen. Dies\nentspricht der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 10. April 2008 - BVerwG 5\nC 28.07 - BVerwGE 131, 121 ff.), an der er festhält.\n\n9\n\n \n\nZu den Anforderungen, die an das für einen Verlust nach § 25 Abs. 1 Satz 1\nStAG vorausgesetzte "Kennenmüssen" der deutschen Staatsangehörigkeit zu\nstellen sind, hat der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tage in der\nVerwaltungsstreitsache BVerwG 5 C 5.09, das einen im entscheidungserheblichen\nKern vergleichbaren Sachverhalt betrifft, Folgendes ausgeführt:\n\n \n\n"Für die Beurteilung, ob den Klägern ihre deutsche Staatsangehörigkeit hätte\nbekannt sein müssen - eine positive Kenntnis hat das Berufungsgericht nach\nMaßgabe des § 137 Abs. 2 VwGO bindend verneint -, ist das Berufungsgericht in\nÜbereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats auch davon ausgegangen, dass\nan dieses \'Kennenmüssen\' hohe Anforderungen zu stellen sind. Mit Bundesrecht\nnicht im Einklang steht allerdings der hieraus gezogene Schluss, dass dieses\n\'Kennenmüssen\' gleichbedeutend mit \'grob fahrlässiger Unkenntnis\' sei. Das vom\nSenat in seinem Urteil vom 10. April 2008 (a.a.O.) aus den grundrechtlichen\nAnforderungen des Art. 16 Abs. 1 GG an die gesetzliche Ausgestaltung von\nVerlustgründen hergeleitete, allerdings nicht näher erläuterte Erfordernis des\n\'Kennenmüssens\' bezeichnet vielmehr einen normativen Zurechnungszusammenhang,\nder der positiven Kenntnis nach Art und Gewicht objektiv gleichkommt. Es\nhandelt sich nicht um ein (ungeschriebenes) subjektives, auf die Schuldformen\nVorsatz und Fahrlässigkeit bezogenes Tatbestandsmerkmal, weshalb sich auch die\nFrage einer etwaigen Nachforschungsobliegenheit nicht stellt. Es geht vielmehr\ndarum, unter welchen Voraussetzungen die Rechtsfolge des Verlustes der\ndeutschen Staatsangehörigkeit in Anwendung des § 25 Abs. 1 Satz 1 StAG\neintritt und verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist, wenn der - wie hier im\nAusland geborene und lebende - Betroffene seine deutsche Staatsangehörigkeit\nnicht kennt. Das \'Kennenmüssen\' bildet im vorliegenden\nstaatsangehörigkeitsrechtlichen Zusammenhang eine eng zu verstehende Ausnahme\nvom Gebot der (positiven) Kenntnis. Erfasst werden die Fälle, in denen\nzwischen dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit auf Antrag und dem\ninsoweit nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StAG gesetzlich angeordneten Verlust der\ndeutschen Staatsangehörigkeit eine Verbindung besteht, aufgrund derer es unter\nBerücksichtigung der grundrechtlichen Anforderungen des Art. 16 Abs. 1 GG\nzulässig ist, einem Deutschen den Verlust seiner Staatsangehörigkeit\nungeachtet seiner Unkenntnis zuzurechnen. Eine derartige Zurechnung ist\nverfassungsrechtlich nur unbedenklich, wenn der deutsche Staatsangehörige den\nEintritt der gesetzlichen Rechtsfolge auf zumutbare Weise beeinflussen kann\n(s.a. BVerfGE 116, 24 <44>). Hierfür muss er auf der Grundlage eines freien\nWillensentschlusses selbstverantwortlich auch darüber bestimmen können, dass\nmit der Entscheidung für den antragsabhängigen Erwerb einer ausländischen\nStaatsangehörigkeit die daran geknüpfte gesetzliche Rechtsfolge des Verlustes\nder deutschen Staatsangehörigkeit eintritt. Nur dann bringt der Antrag auf\nErwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit objektiv die - die gesetzliche\nVerlustfolge legitimierende - selbstverantwortliche Entscheidung für die\nHinwendung zu einer fremden Staatsanghörigkeit zum Ausdruck (Urteil vom 10.\nApril 2008 a.a.O. S. 126). Mit Rücksicht darauf ist die Kenntnis von der\ndeutschen Staatsangehörigkeit grundsätzlich Voraussetzung dafür, dass ein den\nErwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit beantragender deutscher\nStaatsangehöriger auf den Verlust seiner Staatsangehörigkeit Einfluss nehmen\nkann. Das Wissen um die deutsche Staatsangehörigkeit setzt ihn in die Lage,\nvon der ihm in § 25 Abs. 2 Satz 1 StAG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch zu\nmachen, die Erteilung einer Beibehaltungsgenehmigung zu beantragen und bis zu\nderen Erhalt auf den Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit zu\nverzichten oder im Falle der Ablehnung der Beibehaltungsgenehmigung seinen\nSchritt noch einmal zu überdenken.\n\n \n\nDieser im Regelfall erforderlichen (positiven) Kenntnis von der deutschen\nStaatsangehörigkeit steht ausnahmsweise gleich, wenn ihr Besitz bei einer\n(be-)wertenden Gesamtbetrachtung des konkreten Lebenssachverhalts im Zeitpunkt\ndes Antragserwerbs der ausländischen Staatsangehörigkeit aufgrund\ntatsächlicher und rechtlicher Anhaltspunkte von hinreichendem Gewicht und\nhinreichender Dichte offensichtlich sowie ihre Anerkennung ohne Weiteres zu\nerwarten ist. Fehlen ernsthafte Anhaltspunkte dafür, dass die Bundesrepublik\nDeutschland das Bestehen der deutschen Staatsangehörigkeit verneint, ist deren\nVerlust als gesetzliche Folge des beantragten Erwerbs einer ausländischen\nStaatsangehörigkeit im Sinne der verfassungsrechtlichen Anforderungen (noch)\nhinreichend erkennbar, um ihn dem Bereich der selbstverantwortlichen\nEntscheidung des Betroffenen normativ zuzurechnen. Für die Frage der\nOffensichtlichkeit ist - auch in Bezug auf die Eindeutigkeit der Rechtslage -\nauf das Erkenntnisvermögen und die Erkenntnismöglichkeiten eines\nunvoreingenommenen, mit den in Betracht kommenden Umständen des konkreten\nFalles vertrauten und verständigen Beobachters in der Lebenssituation des\nAntragserwerbers abzustellen. Hätte dieser in der damaligen Situation ohne\nWeiteres angenommen, deutscher Staatsangehöriger zu sein, ist eine\ntatsächliche Unkenntnis auch unter dem Aspekt der Verlässlichkeit und\nGleichheit des Zugehörigkeitsstatus staatsangehörigkeitsrechtlich\nunbeachtlich. Der Antragserwerber muss sich in diesem Fall vielmehr\nausnahmsweise so behandeln lassen, als hätte er im Zeitpunkt des\nAntragserwerbs der ausländischen Staatsangehörigkeit Kenntnis von seiner\ndeutschen Staatsangehörigkeit gehabt. Ob hiernach der Behauptung, der Besitz\nder deutschen Staatsangehörigkeit sei nicht bekannt gewesen, zu folgen oder\ndie Unkenntnis der deutschen Staatsangehörigkeit unter dem Gesichtspunkt der\nZurechenbarkeit im Einzelfall der Kenntnis gleichzustellen ist, obliegt der\ntatrichterlichen Würdigung und ist insoweit revisionsgerichtlicher Prüfung\nentzogen."\n\n10\n\n \n\nDiese Erwägungen gelten gleichermaßen im vorliegenden Verfahren.\n\n11\n\n \n\n2\\. Der Senat kann in der Sache selbst abschließend entscheiden, da das\nBerufungsgericht ausreichende tatsächliche Feststellungen getroffen hat, um\nden für den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 25 Abs. 1 Satz 1\nStAG im Fall der Unkenntnis erforderlichen Zurechnungszusammenhang im\nZeitpunkt des Antragserwerbs der Staatsangehörigkeit der Russischen Föderation\nim Mai 1998 zu verneinen.\n\n12\n\n \n\nNach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat gemäß\n§ 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatrichterlichen Feststellungen des\nBerufungsgerichts ist das Vorbringen des Klägers nicht zu widerlegen, er habe\nKenntnis von seiner eigenen deutschen Staatsangehörigkeit erst nach dem Erwerb\nder Staatsangehörigkeit der Russischen Föderation durch eine Mitteilung des\nDeutschen Roten Kreuzes erlangt.\n\n13\n\n \n\nAuf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen\nFeststellungen ist auch nicht davon auszugehen, dass dem Kläger zum\nmaßgeblichen Zeitpunkt im Sinne eines normativen Zurechnungszusammenhangs\nseine eigene deutsche Staatsangehörigkeit hätte bekannt sein müssen. Zwar hat\ndas Berufungsgericht - zugunsten der Beklagten - unterstellt, dass der Kläger\nim Zeitpunkt des Antragserwerbs am 7. Mai 1998 sowohl von der im Jahre 1944\nerfolgten Einbürgerung seines Vaters in das Deutsche Reich als auch von dem\nAufnahmeverfahren seines Vaters sowie den Einbürgerungsverfahren seiner\nSchwestern wusste und sich hieraus für ihn hinreichend deutliche Anhaltspunkte\nfür die Einleitung eines Verfahrens auf Feststellung der eigenen deutschen\nStaatsangehörigkeit ergeben hätten. Das Berufungsgericht weist aber zutreffend\ndarauf hin, dass sich der Erklärungsgehalt der Einbürgerungsentscheidungen\nzugunsten des Vaters und der Schwestern des Klägers, die sich im Zeitpunkt\nihrer Einbürgerung bereits im Bundesgebiet aufhielten, auf deren Verfahren\nbeschränke. Mit Rücksicht darauf liegt für Personen, die sich - wie der Kläger\n- nicht im Bundesgebiet aufhalten, die Erkenntnis, auch ohne Aufnahme oder\nrechtmäßigen Daueraufenthalt im Bundesgebiet deutscher Staatsangehöriger\ngeworden zu sein, nicht gleichsam auf der Hand. Es ist revisionsgerichtlich\nnicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht aus dem Umstand, dass selbst\ndas Bundesverwaltungsamt als Fachbehörde noch im Jahr 2004 im Verfahren des\nBruders V. des Klägers die Ausstellung eines deutschen\nStaatsangehörigkeitsausweises mit der Begründung verweigerte, dass trotz der\nbereits erfolgten Einbürgerungen des Vaters und der Schwestern des Klägers der\nNachweis des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit vom Vater des Klägers\ndurch Geburt nicht als erbracht anzusehen sei, darauf schließt, dass die\nBehörde eine entsprechende Haltung auch im Jahr 1998 in Bezug auf den Kläger\neingenommen hätte und demzufolge ein "Kennenmüssen" der deutschen\nStaatsangehörigkeit verneint. Zwar knüpft die Bewertung des Berufungsgerichts\nan Vorgänge an, die dem Kläger im Mai 1998 noch nicht bekannt sein konnten.\nSie hält sich aber mangels zulässig und begründet gerügter Fehler der\nTatsachenwürdigung im Rahmen der das Revisionsgericht bindenden Feststellung\nund Würdigung des entscheidungserheblichen Sachverhalts. Die Angriffe der\nRevision erschöpfen sich der Sache nach darin, der Wertung des\nBerufungsgerichts eine eigene entgegenzusetzen. Mit Rücksicht auf die\nSchlussfolgerung des Berufungsgerichts kann dem Kläger als\nstaatsangehörigkeitsrechtlichem Laien, der im Ausland geboren ist und lebt, im\nRahmen der Prüfung eines Verlustes der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 25\nAbs. 1 Satz 1 StAG keine andere ("bessere") Erkenntnis als die der Fachbehörde\nzugerechnet und entgegengehalten werden.\n\n |
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110,876 | bverwg-2010-01-20-1-b-109 | 5 | Bundesverwaltungsgericht | bverwg | Bundesrepublik Deutschland | Verwaltungsgerichtsbarkeit | Bundesgericht | 1 B 1/09 | 2010-01-20 | 2018-11-26 18:30:05 | 2019-01-18 15:16:14 | Beschluss | ## Gründe\n\n \n\nI.\n\n \n\n1\n\n \n\nDer Kläger, der Landkreis H., erstrebt von dem beklagten Land Kostenerstattung\nfür die Unterbringung von Ausländern im Zeitraum von 1993 bis 2003, deren\nAsylverfahren bestandskräftig abgeschlossen waren, die aber aus\n"asylverfahrensabhängigen Gründen" geduldet wurden. Er hat mit seiner Klage\ndie Feststellung begehrt, dass der Beklagte dem Grunde nach verpflichtet sei,\nihm für diesen Personenkreis von Ausländern eine Kostenerstattung gemäß der\njeweils maßgeblichen Fassung des niedersächsischen Gesetzes über die Aufnahme\nvon Flüchtlingen (Aufnahmegesetz - AufnG) zu leisten, hilfsweise ihm die\nAufwendungen für diesen Personenkreis - aufgrund der Vorschriften über die\nGeschäftsführung ohne Auftrag bzw. eines öffentlichrechtlichen\nErstattungsanspruchs - zu ersetzen. Das Niedersächsische\nOberverwaltungsgericht hat - unter Zurückstellung von Bedenken gegen die\nZulässigkeit der Feststellungsklage - in der Sache eine\nKostenerstattungspflicht des Beklagten für den genannten Personenkreis\naufgrund der seinerzeit geltenden Aufnahmegesetze verneint, weil die\nErstattungsregelung für Asylbewerber in § 3 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 AufnG\n1982/1997 sich nicht auf Ausländer beziehe, deren Asylverfahren bereits\nbestandskräftig negativ abgeschlossen sei. Mit der Unterbringung dieser\nAusländer habe der Kläger auch kein fremdes Geschäft, sondern eine eigene\nAufgabe wahrgenommen, so dass auch der Hilfsantrag jedenfalls unbegründet sei.\nDagegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung\nder Revision.\n\n \n\nII.\n\n \n\n2\n\n \n\nDie Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten\nRevisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132\nAbs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegen, soweit\nsie überhaupt im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt sind, jedenfalls\nnicht vor.\n\n3\n\n \n\n1\\. Hinsichtlich der Behandlung des Hauptantrags (betreffend die\nKostenerstattung nach dem Aufnahmegesetz 1982/1997) rügt die Beschwerde\nzunächst, dass das Berufungsurteil von dem Beschluss des\nBundesverwaltungsgerichts vom 24. Februar 1993 - BVerwG 7 B 155.92 - (Buchholz\n11 Art. 28 GG Nr. 89 S. 27) i.V.m. dem Beschluss vom 30. Mai 1990 - BVerwG 9 B\n223.89 - (Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 108 S. 16) und dem Urteil vom 31. März\n1992 - BVerwG 9 C 155.90 - (Buchholz 402.25 § 22 AsylVfG Nr. 4 S. 4) abweiche\n(§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Nach der erstgenannten Entscheidung ende die\nstaatliche Unterbringungsverpflichtung aus Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG (a.F.)\ni.V.m. Art. 83, 84 GG gerade nicht mit dem Abschluss des förmlichen\nAsylverfahrens, sondern erst dann, wenn die aufenthaltsrechtliche Abwicklung\nerfolgt sei. Das Bundesverwaltungsgericht habe darin unter Bezugnahme auf\nseinen Beschluss vom 30. Mai 1990 (a.a.O.) ausgeführt, dass die Unterbringung\nvon Asylbewerbern wegen ihres unmittelbaren Bezugs zum Asylgrundrecht aus Art.\n16 Abs. 2 Satz 2 GG (a.F.) nicht zu den von den Gemeinden zu erledigenden\nAngelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 GG\ngehöre, sondern dem Bund und den Ländern obliege. Die mit dem vorläufigen\nBleiberecht der Asylbewerber korrespondierende staatliche\nUnterbringungsverpflichtung bestehe danach nur während des Laufs eines\nAsylverfahrens. Das Asylverfahren ende nach der Rechtsprechung zu § 22 AsylVfG\n(Urteil vom 31. März 1992 a.a.O.), wenn der Asylbewerber im Anschluss an die\nendgültige Ablehnung seines Asylbegehrens aus dem Bundesgebiet ausreise oder\nwenn ihm ungeachtet der Ablehnung seines Asylantrags der Aufenthalt in der\nBundesrepublik Deutschland ermöglicht werde. Demgegenüber vertrete das\nBerufungsgericht in dem angefochtenen Urteil die Auffassung, dass die\nstaatliche Unterbringungsverpflichtung des Landes gegenüber dem Bund aus Art.\n16a GG i.V.m. Art. 83, 84 GG mit dem Abschluss des förmlichen Asylverfahrens\nende.\n\n4\n\n \n\nOb die behauptete Divergenz ausreichend dargelegt ist, kann dahinstehen; sie\nliegt jedenfalls nicht vor. Voraussetzung dafür wäre, dass dem angefochtenen\nUrteil ein entscheidungstragender abstrakter Rechtssatz zugrunde liegt, der\nvon einem ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz der angegebenen\nhöchstrichterlichen Entscheidung in Anwendung derselben Vorschrift des\nrevisiblen Rechts abweicht. Das ist hier nicht der Fall:\n\n5\n\n \n\nDen genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich ein\nentscheidungstragender Rechtssatz mit dem von der Beschwerde behaupteten\nInhalt nicht entnehmen. Das von ihr angeführte Urteil des\nBundesverwaltungsgerichts vom 31. März 1992 betrifft die Geltungsdauer der\ngemäß § 22 Abs. 1 und 5 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) vom 16. Juli 1982\n(BGBl I S. 946) für die "Dauer des Asylverfahrens" ergehenden\nZuweisungsentscheidung. Es ist damit zu einer Rechtsnorm ergangen, die für das\nBerufungsurteil keine Rolle spielte und die überdies mit dem Gesetz zur\nNeuregelung des Asylverfahrens vom 26. Juni 1992 (BGBl I 1126) außer Kraft\ngetreten ist. Der von der Beschwerde ferner angeführte Beschluss des\nBundesverwaltungsgerichts vom 24. Februar 1993 betrifft zwar die Dauer der -\naus dem Asylgrundrecht fließenden - staatlichen Unterbringungsverpflichtung\nund nimmt zu deren Bestimmung auf das zu § 22 AsylVfG a.F. ergangene Urteil\nBezug. Ob sich diesem Beschluss tatsächlich der Rechtssatz entnehmen lässt,\ndass die mit dem vorläufigen Bleiberecht korrespondierende staatliche\nUnterbringungsverpflichtung in bestimmten Fällen über die bestandskräftige\nAblehnung des Asylantrags hinaus fortdauern kann, kann indes offen bleiben.\nEin solcher Rechtssatz wäre entgegen der Annahme der Beschwerde jedenfalls für\ndie Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht tragend. Denn den dort in\nRede stehenden Personen war der weitere Aufenthalt durch Erteilung einer\nAufenthaltsbefugnis oder Duldung seitens der Ausländerbehörde ermöglicht\nworden, wodurch ihnen nach der dort vertretenen Auffassung die Eigenschaft als\nAsylbewerber genommen wurde. Die Ausführungen zur Dauer der mit dem\nAsylgrundrecht verbundenen staatlichen Unterbringungsverpflichtung waren daher\nnur insoweit entscheidungstragend, als sie die Aussage enthalten, dass diese\nVerpflichtung (jedenfalls) mit der Billigung des weiteren Aufenthalts durch\ndie Ausländerbehörde endet. Darüber, ob die Unterbringungsverpflichtung auch\nbei Fehlen einer solchen ausländerbehördlichen Entscheidung über die\nbestandskräftige Ablehnung des Asylantrags hinaus fortdauert, war in dem\nBeschluss vom 24. Februar 1993 nicht zu befinden. Nur ergänzend sei bemerkt,\ndass sich diesem Beschluss Anhaltspunkte für eine Differenzierung nach den\nGründen, aus denen die Ausländerbehörde den weiteren Aufenthalt etwa durch\nErteilung einer Duldung billigt, nicht entnehmen lassen.\n\n6\n\n \n\nAuf die - ebenfalls zweifelhafte - Frage, ob das Berufungsurteil seinerseits\nmit seiner Auslegung der landesrechtlichen Bestimmungen des Aufnahmegesetzes\nüberhaupt einen entscheidungstragenden widersprechenden Rechtssatz in\nAnwendung derselben Vorschrift des revisiblen Rechts aufgestellt hat, kommt es\ndanach nicht mehr an.\n\n7\n\n \n\n2\\. Die Revision ist hinsichtlich des Hauptantrags auch nicht wegen\ngrundsätzlicher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Eine\nRechtssache ist nur dann im Sinne dieser Vorschrift grundsätzlich bedeutsam,\nwenn eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des\nrevisiblen Rechts im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts\nrevisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Eine solche Rechtsfrage legt die\nBeschwerde nicht dar.\n\n8\n\n \n\na) Grundsätzlichen Klärungsbedarf sieht die Beschwerde zunächst in Bezug auf\ndie Dauer der staatlichen Unterbringungsverpflichtung. In diesem Zusammenhang\nstelle sich die Frage, ob die staatliche, aus Art. 16a GG i.V.m. Art. 83, 84\nGG abgeleitete Unterbringungsverpflichtung zeitlich an die Geltungsdauer der\nZuweisungsentscheidung gebunden sei mit der Folge, dass diese erst beendet\nsei, wenn nach negativ bestandskräftigem Abschluss des Verfahrens auch die\naufenthaltsrechtliche Abwicklung des Asylverfahrens erfolgt sei. Diese Frage\nsei entscheidungserheblich, weil das Berufungsgericht bei seiner an Sinn und\nZweck der gesetzlichen Regelung der § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 AufnG orientierten\nAuslegung zutreffend darauf abgestellt habe, dass der Landesgesetzgeber die\nPflicht zur Erstattung der Unterbringungskosten gegenüber den Gemeinden - bzw.\nzunächst die entsprechende Aufgabenübertragung - an die dem Land gegenüber dem\nBund obliegende Verpflichtung zur Aufnahme von Asylbewerbern geknüpft habe.\n\n9\n\n \n\nMit diesem Vortrag wird eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne\ndes § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO aus mehreren Gründen nicht aufgezeigt. Es ist\nbereits nicht erkennbar, dass die von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage\nin einem Revisionsverfahren entscheidungserheblich wäre. Die im Mittelpunkt\ndes Verfahrens stehende Frage, ob der Kläger vom Beklagten für die Zeit von\n1993 bis zum 31. Dezember 2003 gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. § 3 AufnG 1982 bzw.\n1997 eine Kostenerstattung für die Unterbringung von Ausländern verlangen\nkann, die nach bestandskräftig negativem Abschluss ihres Asylverfahrens aus\nbestimmten Gründen geduldet werden, ist eine solche des irrevisiblen\nLandesrechts. Das Bundesrecht enthält dafür keine verbindlichen Vorgaben.\nHiervon ist das Berufungsgericht auch nicht ausgegangen. Es hat vielmehr die\nmaßgeblichen landesrechtlichen Normen zunächst anhand von Wortlaut,\nEntstehungsgeschichte und Systematik ausgelegt und ist dabei zu dem Ergebnis\ngelangt, dass der Begriff "Asylbewerber" in § 1 Abs. 1 Nr. 1 AufnG 1982 bzw.\n1997 den vom Kläger näher umrissenen Personenkreis unanfechtbar abgelehnter\nAsylbewerber nicht erfasst. Die dabei angestellten Erwägungen sind ausnahmslos\ndem nicht revisiblen Landesrecht zuzuordnen. Bei der Auslegung nach Sinn und\nZweck der aufnahmerechtlichen Regelungen hat das Berufungsgericht sodann\nergänzend den vom Kläger betonten Bezug zum Asylgrundrecht und dem damit\nverbundenen vorläufigen Bleiberecht hergestellt. Zieht das Berufungsgericht\nindes eine Norm des Bundesrechts - wie hier - lediglich als Auslegungshilfe\noder zur Bekräftigung heran, um den maßgeblichen Inhalt der allein\neinschlägigen irrevisiblen Norm zu ermitteln, wendet es damit kein Bundesrecht\nan (vgl. Urteile vom 30. Januar 1996 - BVerwG 1 C 9.93 - Buchholz 430.2\nKammerzugehörigkeit Nr. 7 S. 1 <3 f.> und vom 20. März 1996 - BVerwG 6 C 4.95\n- BVerwGE 100, 346 <349>).\n\n10\n\n \n\nDie Auslegung der genannten Normen des niedersächsischen Aufnahmegesetzes\ndurch das Berufungsgericht wäre daher in einem Revisionsverfahren nicht zu\nüberprüfen, sondern vom Revisionsgericht bis zur Grenze der Willkür (vgl.\nBeschluss vom 7. Januar 2008 - BVerwG 9 B 81.07 - Buchholz 401.0 § 171 AO Nr.\n1 Rn. 8) hinzunehmen. Für eine Überschreitung dieser Grenze zeigt der Kläger\ndurchgreifende Anhaltspunkte nicht auf.\n\n11\n\n \n\nBundesrechtlicher Klärungsbedarf besteht insoweit im Übrigen auch deshalb\nnicht, weil das Aufnahmegesetz 1997 mit Wirkung vom 1. Januar 2004 durch das\ngänzlich anders gefasste "Gesetz zur Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen\nund zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes" vom 11. März 2004\n(Nds. GVBl 2004, 100) abgelöst worden ist und es sich deshalb um die Auslegung\nausgelaufenen Rechts handelt. Nach ständiger Rechtsprechung des\nBundesverwaltungsgerichts haben Rechtsfragen, die ausgelaufenes Recht\nbetreffen, trotz anhängiger Fälle regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung\nmehr, da die Zulassungsvorschrift des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur eine Klärung\nfür die Zukunft herbeiführen soll (vgl. etwa Beschlüsse vom 30. März 2005 -\nBVerwG 6 B 3.05 - juris Rn. 5 f. und vom 13. Juli 2007 - BVerwG 3 B 16.07 -\nBuchholz 451.511 § 6 MOG Nr. 9 Rn. 9, jeweils m.w.N.). Dies gilt auch bei der\nRüge der Nichtbeachtung von Bundesrecht im Rahmen der Auslegung ausgelaufenen\nLandesrechts (Beschluss vom 26. November 2009 - BVerwG 6 B 33.09 - juris Rn.\n11).\n\n12\n\n \n\nUnabhängig davon bedarf die von der Beschwerde aufgeworfene bundesrechtliche\nFrage nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Denn in der\nRechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist bereits geklärt, dass das\nGrundrecht auf Asyl dem Asylbewerber ein vorläufiges Bleiberecht nur bis zum\nunanfechtbaren (negativen) Abschluss seines Asylverfahrens gewährleistet\n(BVerfG, Beschlüsse vom 2. Mai 1984 - 2 BvR 1413/83 - BVerfGE 67, 43 <56> und\nvom 2. Februar 1988 - 2 BvR 702/84, 2 BvR 1106/84, 2 BvR 702 und 1106/84 -\nBVerfGE 78, 7 <18>; Urteile vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1516/93 - BVerfGE 94, 166\n<190> und - 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 - BVerfGE 94, 115 <142>; vgl. auch\nBVerwG, Urteil vom 19. Mai 1981 - BVerwG 1 C 168.79 - BVerwGE 62, 206 <211\nf.>). Entfällt das vorläufige Bleiberecht aber mit der unanfechtbaren\nAblehnung des Asylantrags, gilt Gleiches auch für eine daraus abgeleitete\nstaatliche Unterbringungsverpflichtung. Die von der Beschwerde angesprochenen\n"sicherheitspolitischen Aspekte", die die Möglichkeit eines "besonderen\nZugriffs" auf abgelehnte Asylbewerber, deren Abschiebung nur vorübergehend\nausgesetzt wird, erfordern sollen, führen zu keinem anderen Ergebnis.\nInwieweit diese Erwägungen eine Fortdauer des vorläufigen Bleiberechts aus\nArt. 16a Abs. 1 GG über die bestandskräftige Ablehnung des Asylantrags hinaus\ngebieten könnten, ist weder dargelegt noch nachvollziehbar. Diesem\nsicherheitspolitischen Anliegen wird vielmehr auf der Ebene des einfachen\nGesetzes durch die Fortgeltung der Zuweisungsentscheidung für die Zeit der\naufenthaltsrechtlichen Abwicklung (Urteil vom 31. März 1992 - BVerwG 9 C\n155.90 - a.a.O. S. 9 f. zu § 22 AsylVfG a.F., vgl. jetzt § 50 AsylVfG)\nRechnung getragen, welche ersichtlich keine Konkretisierung des\nAsylgrundrechts darstellt.\n\n13\n\n \n\nb) Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass auch die von der Beschwerde\nweiter aufgeworfene Frage, in welchen Fällen eine "asylverfahrensabhängige\nDuldung" im Sinne der Rechtsauffassung der Beschwerde vorliegt\n(Beschwerdebegründung S. 15), nicht die Zulassung der Revision wegen\ngrundsätzlicher Bedeutung rechtfertigt. Diese Rechtsfrage knüpft an die\nPrämisse an, dass Art. 16a GG eine staatliche Unterbringungspflicht auch für\nbestimmte unanfechtbar abgelehnte Asylbewerber begründet. Das trifft nach den\nobigen Ausführungen aber nicht zu.\n\n14\n\n \n\n3\\. Das Vorbringen der Beschwerde zur Behandlung des Hilfsantrags (betreffend\neinen Aufwendungsersatz wegen Geschäftsführung ohne Auftrag oder einen\nöffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch) rechtfertigt ebenfalls nicht die\nZulassung der Revision wegen Divergenz oder grundsätzlicher Bedeutung.\n\n15\n\n \n\na) Nach Auffassung der Beschwerde beruhen auch die Ausführungen des\nBerufungsurteils zum Hilfsantrag auf einer Abweichung von den Entscheidungen\ndes Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Mai 1990 und vom 24. Februar 1993\n(jeweils a.a.O.). Danach gehöre die Unterbringung von Asylbewerbern wegen\nihres unmittelbaren Bezugs zum Asylgrundrecht nämlich nicht zu den von der\nGemeinde zu erledigenden Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art.\n28 Abs. 2 GG, sondern obliege dem Bund und den Ländern. Im Beschluss vom 30.\nMai 1990 habe das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass die Unterbringung\nTeil der Aufgaben des Staates bleibe, soweit nicht Landesgesetze die\nUnterbringung den Gemeinden verpflichtend auferlegten. Insoweit habe es die\nEntscheidung der Vorinstanz bestätigt, wonach sich die Zuständigkeit zur\nUnterbringung von Asylbewerbern auch nicht aus sozialhilferechtlichen\nVorschriften ableiten lasse. Dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung\nwiderspreche es, wenn das Berufungsgericht sich durch Bezugnahme auf das\nerstinstanzliche Urteil der dort vertretenen Auffassung anschließe, wonach\nsich aus der Durchführung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) bzw. aus dem\nAsylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ergebe, dass der Kläger eine eigene\nAufgabe erfüllt habe.\n\n16\n\n \n\nMit diesem Vorbringen ist eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO\nnicht dargetan. Der Rechtssatz im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom\n30. Mai 1990 a.a.O. S. 20, nach dem die aus Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG (a.F.)\ni.V.m. Art. 83 und 84 Abs. 1 GG während des Laufs eines Asylverfahrens\nabzuleitende Unterbringungspflicht dem Staat obliegt, soweit nicht\nLandesgesetze die Unterbringung den Gemeinden verpflichtend auferlegen,\nbezieht sich nicht auf unanfechtbar abgelehnte Asylbewerber. Schon deshalb\nkonnte sich das Berufungsurteil, das sich ausweislich des Klageantrags allein\nmit diesem Personenkreis zu befassen hatte, hierzu nicht in Widerspruch\nsetzen. Das Bundesverwaltungsgericht hat diesen Rechtssatz im Beschluss vom\n24. Februar 1993 auch nicht in entscheidungstragender Weise auf einen wie auch\nimmer zu definierenden Teil des Personenkreises bestandskräftig abgelehnter\nAsylbewerber erweitert (s.o. Rn. 5).\n\n17\n\n \n\nb) Die Revision ist schließlich nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der\nFrage zuzulassen, ob "die Übertragung der Aufgabe \'Durchführung des AsylbLG\'\ndurch den Landesgesetzgeber auch zur Aufgabenübertragung in Bezug auf die\nstaatliche Unterbringungsverpflichtung aus Art. 16a GG" führt. Sie würde sich\nin einem Revisionsverfahren nicht stellen, weil Art. 16a Abs. 1 GG für die\nhier nur in Rede stehenden Fälle unanfechtbar abgelehnter Asylbewerber eine\nstaatliche Unterbringungspflicht nach den obigen Ausführungen offensichtlich\nnicht begründet.\n\n |
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111,646 | bfh-2010-09-23-xi-b-9709 | 6 | Bundesfinanzhof | bfh | Bundesrepublik Deutschland | Bundesgericht | XI B 97/09 | 2010-09-23 | 2018-11-27 02:30:07 | 2019-01-18 15:24:33 | Beschluss | ## Gründe\n\n1\n\n \n\nDie Beschwerde ist unbegründet.\n\n \n\n2\n\n \n\nNach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur\nzuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2\nNr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen\nRechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115\nAbs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt,\nauf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Rüge\nfehlerhafter Rechtsanwendung vermag eine Zulassung der Revision gemäß § 115\nAbs. 2 FGO demnach nicht zu begründen (vgl. Gräber/Ruban,\nFinanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 24 und § 116 Rz 34, jeweils m.w.N).\n\n \n\n3\n\n \n\nNach § 116 Abs. 3 FGO müssen die Voraussetzungen für die Zulassung der\nRevision innerhalb der Begründungsfrist dargelegt werden.\n\n \n\n4\n\n \n\n1\\. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) macht zwar geltend, das\nFinanzgericht (FG) habe den Sachverhalt unzureichend ermittelt und das\nrechtliche Gehör verletzt. Diese geltend gemachten Verfahrensmängel liegen\njedoch nicht vor.\n\n \n\n5\n\n \n\na) Das FG genügt seiner Verpflichtung, den Beteiligten rechtliches Gehör (Art.\n103 Abs. 1 des Grundgesetzes) im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu\ngewähren, in der Regel dadurch, dass es eine mündliche Verhandlung anberaumt,\ndie Beteiligten ordnungsgemäß lädt und die mündliche Verhandlung zu dem\nfestgesetzten Zeitpunkt durchführt (vgl. BFH-Beschluss vom 9. Mai 2005 VI B\n187/04, BFH/NV 2005, 1364). Der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt nicht,\ndass das Gericht den Beteiligten die einzelnen für die Entscheidung\nerheblichen Gesichtspunkte, Schlussfolgerungen oder das Ergebnis einer\nGesamtwürdigung im Voraus anzudeuten oder mitzuteilen hat (BFH-Beschluss vom\n14. Oktober 2009 IX B 86/09, BFH/NV 2010, 222).\n\n \n\n6\n\n \n\nEs stand dem fachkundig vertretenen Kläger frei, die bei dem Erörterungstermin\nam 20. August 2009 erkennbar gewordenen Erinnerungslücken von sich aus zum\nAnlass zu nehmen, eine Begutachtung des Erinnerungsvermögens des Klägers durch\neinen Sachverständigen bis zur mündlichen Verhandlung am 1. Oktober 2009 zu\nbeantragen, wenn es hierfür aus seiner Sicht Anhaltspunkte gegeben haben\nsollte. Das FG war nicht verpflichtet anzudeuten, welche Bedeutung es dem\nUmstand ggf. beimessen werde, dass sich der Kläger an für das von ihm\nvorgeblich geführte Unternehmen zentral wichtige und leicht zu merkende\nGesichtspunkte bereits nach zwei Jahren nicht mehr erinnern konnte.\n\n \n\n7\n\n \n\nb) Die weitere Rüge des Klägers, das FG habe den Sachverhalt unter Verletzung\nseiner Pflicht zur Ermittlung von Amts wegen nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO\nunzureichend aufgeklärt, kann keinen Erfolg haben, weil sie entweder schon\nnicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO\nbegründet worden oder nicht gegeben ist.\n\n \n\n8\n\n \n\naa) Soweit vorgetragen wird, das FG hätte eine sachverständige Begutachtung\ndes Erinnerungsvermögens des Klägers veranlassen müssen, hätte u.a. dargelegt\nwerden müssen,\n\n \n\n \n\n\\- warum der fachkundig durch einen Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger\nnicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat,\n\n \n\n \n\n\\- warum sich andererseits dem FG diese Beweiserhebung auch ohne besonderen\nAntrag hätte aufdrängen müssen,\n\n \n\n \n\n\\- welches Ergebnis die Begutachtung aller Voraussicht nach gehabt hätte und\n\n \n\n \n\n\\- inwieweit die als unterlassen gerügte Ermittlungsmaßnahme nach der insoweit\nmaßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung des FG zu einer anderen\nEntscheidung durch dieses hätte führen können (vgl. BFH-Beschluss vom 22.\nJanuar 2008 X B 185/07, BFH/NV 2008, 603; vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz\n48, § 120 Rz 66 ff., m.w.N.).\n\n \n\n9\n\n \n\nbb) Entsprechendes gilt, soweit der Kläger rügt, das FG hätte die\nvollständigen Gewerbeunterlagen beiziehen müssen. Es fehlt insbesondere an der\nnotwendigen Substantiierung, um welche Unterlagen es sich hierbei gehandelt\nhaben sollte, die dem Gericht noch nicht vorlagen, ob deren Vorhandensein\numstritten war und welche Schlussfolgerungen das FG aus diesen Unterlagen im\nEinzelnen hätte ziehen können.\n\n \n\n10\n\n \n\ncc) Das FG war schließlich auch nicht verpflichtet, den im Ausland ansässigen\nZeugen A zu vernehmen. Aus der Sitzungsniederschrift über die mündliche\nVerhandlung vom 1. Oktober 2009 geht hervor, dass das FG den Zeugen nicht\nvernommen hat, weil er vom Kläger zur mündlichen Verhandlung nicht gestellt\nworden ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein im Ausland ansässiger Zeuge\nvom FG nicht zu laden, sondern vom Beteiligten, der die Vernehmung beantragt,\nnach § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung zu stellen.\nKommt der Beteiligte, der sich auf einen im Ausland lebenden Zeugen beruft,\nseiner erhöhten Mitwirkungspflicht nicht nach, darf das FG ohne\nBerücksichtigung dieses Beweismittels den ihm vorliegenden Sachverhalt nach\nfreier Überzeugung (§ 96 Abs. 1 FGO) würdigen (BFH-Beschluss vom 6. November\n2006 V B 107/05, BFH/NV 2007, 467, m.w.N.).\n\n \n\n11\n\n \n\n2\\. Mit seinem Vortrag, das FG hätte angesichts der vorliegenden Unterlagen\nund unter Berücksichtigung der auf den Kläger ausgestellten Ausfuhrgenehmigung\nnicht zu der Auffassung gelangen dürfen, das Unternehmen sei nicht von ihm,\nsondern von seinem Schwager geführt worden, und das Gericht habe für seine\nAnsicht auch keinen überzeugenden Grund benannt, wendet sich der Kläger gegen\ndie Sachverhaltswürdigung und tatrichterliche Überzeugungsbildung des FG bzw.\ngegen die Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts durch das FG. Die\nRüge materiell-rechtlicher Mängel der Vorentscheidung führt aber --selbst wenn\nsolche vorliegen sollten-- nach § 115 Abs. 2 FGO nicht zur Zulassung der\nRevision.\n\n |
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113,606 | bfh-2010-06-30-ii-r-1109 | 6 | Bundesfinanzhof | bfh | Bundesrepublik Deutschland | Bundesgericht | II R 11/09 | 2010-06-30 | 2018-11-28 00:30:06 | 2019-01-18 15:47:54 | Urteil | ## Tatbestand\n\n1\n\n \n\nI. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein rechtsfähiger Verein, der\nin Deutschland lebenden Menschen islamischen Glaubens die Möglichkeit zu ihrer\nReligionsausübung bietet. Nach seiner Satzung dient er ausschließlich und\nunmittelbar gemeinnützigen Zwecken im Sinne der Abgabenordnung (AO).\n\n \n\n2\n\n \n\nDer Kläger erwarb im Jahr 1998 ein in X gelegenes Grundstück, für das auf den\nHauptfeststellungszeitpunkt des 1. Januar 1964 ein Einheitswert in Höhe von\n34.500 DM festgestellt worden und das gemäß Bescheid vom 22. August 1988\n(Zurechnungsfortschreibung auf den 1. Januar 1988) dem Grundstücksverkäufer\nzugerechnet worden war. Auf dem Grundstück waren vom Kläger bereits in den\nJahren 1989 und 1991 umfangreiche Um- und Anbaumaßnahmen zur Errichtung eines\nislamischen Kulturzentrums vorgenommen worden. Mit seiner Erklärung zur\nFeststellung des Einheitswerts auf den 1. Januar 1999 legte der Kläger zum\nNachweis seiner Gemeinnützigkeit einen Freistellungsbescheid für 1994 bis 1996\nsowie eine Freistellungsbescheinigung für 1999 bis 2001 seines Sitzfinanzamts\nvor. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) rechnete dem\nKläger mit Bescheid vom 6. Dezember 1999 (Zurechnungsfortschreibung auf den 1.\nJanuar 1999) das Grundstück zu; der bisherige Einheitswert blieb mit 34.500 DM\nunverändert. In die Berechnung des Einheitswerts bezog das FA lediglich die\nvom Kläger vermieteten und als Gaststätte genutzten Räume ein; die übrige\nNutzfläche blieb gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b des\nGrundsteuergesetzes (GrStG) unberücksichtigt. Mit weiterem Bescheid vom 6.\nDezember 1999 teilte das FA mit, eine Wertfortschreibung auf den 1. Januar\n1999 komme nicht in Betracht, weil die Wertfortschreibungsgrenze nicht\nerreicht sei; denn die sich durch die Um- und Anbaumaßnahmen ergebende\nErhöhung des Einheitswerts würde durch die gewährte teilweise\nGrundsteuerbefreiung weitgehend kompensiert.\n\n \n\n3\n\n \n\nIm Jahr 2006 wurde dem FA durch eine Kontrollmitteilung bekannt, dass der\nKläger aufgrund des Ergebnisses einer bei ihm durchgeführten Außen- und\nFahndungsprüfung bereits ab 1997 nicht mehr ausschließlich gemeinnützig tätig\nwar und deshalb ab 1997 die Voraussetzungen für die Grundsteuerbefreiung gemäß\n§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b GrStG nicht mehr erfüllte. Verantwortliche\ndes Klägers hatten gegenüber dem Sitzfinanzamt und dem für die\nEinheitsbewertung zuständigen FA die für die Aberkennung der Gemeinnützigkeit\nmaßgeblichen Tatsachen (fehlende ordnungsmäßige Aufzeichnungen im Zusammenhang\nmit der Veranstaltung von Pilgerreisen, der Unterhaltung eines Sterbefonds\nsowie Lebensmittelverkäufen; Vorhandensein inoffizieller Kassenaufzeichnungen\nsowie nicht der Besteuerung unterworfener Lohnzahlungen) verschwiegen.\nDaraufhin stellte das FA durch Bescheid vom 12. November 2007 über die Wert-\nund Artfortschreibung auf den 1. Januar 1999 den Einheitswert auf 60.690 € und\ndie Grundstücksart "sonstiges bebautes Grundstück" fest.\n\n \n\n4\n\n \n\nEinspruch und Klage, mit denen der Kläger nunmehr die Steuerbefreiung des § 3\nAbs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG beanspruchte, blieben erfolglos. Das Finanzgericht\n(FG) sah die Voraussetzungen einer gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 169\nAbs. 2 Satz 2 AO auf zehn Jahre verlängerten Feststellungsfrist als erfüllt\nan. Verantwortliche des Klägers hätten gegenüber dem FA durch Vorlage der\nFreistellungsbescheinigung unrichtigerweise erklärt, die für die\nGemeinnützigkeit erforderlichen Voraussetzungen zu erfüllen, und dadurch\nGrundsteuer verkürzt. Die subjektiven Voraussetzungen der Steuerhinterziehung\nlägen vor, weil die Vorstandsmitglieder hinsichtlich der Voraussetzungen der\nGemeinnützigkeit ab 1997 eine objektiv falsche steuerrechtliche Beurteilung\ndes FA zumindest billigend in Kauf genommen hätten. Das FG nahm ferner im Wege\nder Umdeutung (§ 128 AO) an, das FA habe durch den angefochtenen Bescheid über\ndie Wert- und Artfortschreibung auf den 1. Januar 1999 den (negativen)\nWertfortschreibungsbescheid vom 6. Dezember 1999 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO\ngeändert; diese Änderungsvoraussetzungen seien auch erfüllt.\n\n \n\n5\n\n \n\nMit der Revision rügt der Kläger fehlerhafte Anwendung von § 169 Abs. 2 Satz 2\nAO und § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO sowie § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG.\n\n \n\n6\n\n \n\nDer Kläger beantragt, die Vorentscheidung sowie den Einheitswertbescheid vom\n12. November 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. April 2008\naufzuheben.\n\n \n\n7\n\n \n\nDas FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.\n\n \n\n## Entscheidungsgründe\n\n8\n\n \n\nII. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2\nder Finanzgerichtsordnung --FGO--).\n\n \n\n9\n\n \n\n1\\. Das FA konnte den Einheitswert für das Grundstück des Klägers nach § 22\ndes Bewertungsgesetzes (BewG) durch den angefochtenen Bescheid vom 12.\nNovember 2007 auf den 1. Januar 1999 fortschreiben. Der Umdeutung (§ 128 AO)\ndieses Bescheids in einen Änderungsbescheid gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, wie\nvom FG angenommen, bedurfte es nicht.\n\n \n\n10\n\n \n\na) Nach § 22 Abs. 1 BewG findet wegen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse\neine Wertfortschreibung statt, wenn der nach § 30 BewG abgerundete Wert, der\nsich für den Beginn eines Kalenderjahres ergibt, vom Einheitswert des letzten\nFeststellungszeitpunkts in näher bestimmtem Umfang nach oben oder unten\nabweicht.\n\n \n\n11\n\n \n\nIm Streitfall haben sich die für die Einheitswertfeststellung maßgeblichen\ntatsächlichen Verhältnisse nach der Feststellung des Einheitswerts auf den\nHauptfeststellungszeitpunkt des 1. Januar 1964 gemäß Bescheid vom 20.\nSeptember 1972 sowie des Zurechnungsfortschreibungsbescheids vom 22. August\n1988, der den Einheitswert unverändert ließ, geändert. Dies beruhte auf den\nvom Kläger in den Jahren 1989 bis 1991 vorgenommenen Um- und Anbaumaßnahmen.\nDass einer Fortschreibung des Einheitswerts jedenfalls bis 1996 die teilweise\nNutzung des Gebäudes zu gemeinnützigen Zwecken entgegenstand, hindert das FA\nnicht, nach Wegfall der Voraussetzungen für die Grundsteuerbefreiung eine\nWertfortschreibung wegen früherer Veränderungen an der Bausubstanz\nvorzunehmen.\n\n \n\n12\n\n \n\nb) Bei einer Fortschreibung wegen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ist\nFortschreibungszeitpunkt der Beginn des Kalenderjahres, das auf die Änderung\nfolgt (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BewG). Danach hätte die Wertfortschreibung\nwegen der Um- und Anbaumaßnahmen frühestens mit Beginn des Kalenderjahres, das\nauf den Abschluss der Bauarbeiten folgte, d.h. auf den 1. Januar 1992,\nvorgenommen werden können, soweit nicht wegen teilweiser Grundsteuerbefreiung\ndie Fortschreibungsgrenzen verfehlt wurden. Letzteres ist jedenfalls ab dem 1.\nJanuar 1997 nicht mehr der Fall, weil der Kläger ab diesem Zeitpunkt seinen\nGemeinnützigkeitsstatus verloren hatte. Die vorliegende Wertfortschreibung auf\nden 1. Januar 1999 ist daher unter dem Gesichtspunkt des frühestens möglichen\nFortschreibungszeitpunkts rechtlich unbedenklich.\n\n \n\n13\n\n \n\nc) Der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Wertfortschreibungsbescheids steht\nauch nicht der vom FA erlassene negative Wertfortschreibungsbescheid vom 6.\nDezember 1999 entgegen; dessen Regelungsgehalt erschöpfte sich in der\nEntscheidung, eine Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1999 nicht\nvorzunehmen. Durch die Bestandskraft dieses Bescheids war das FA demgemäß\nnicht gehindert, eine Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1999 noch zu einem\nspäteren Zeitpunkt vorzunehmen, in dem --wie im Streitfall-- nach Wegfall der\nzunächst angenommenen Grundsteuerbefreiung die Wertfortschreibungsgrenze wegen\nfrüherer Veränderungen an der Bausubstanz überschritten war. Für eine\nUmdeutung des angegriffenen Bescheids in einen Änderungsbescheid gemäß § 173\nAbs. 1 Nr. 1 AO, wie vom FG angenommen, ist daher kein Raum.\n\n \n\n14\n\n \n\n2\\. Dem angefochtenen Wertfortschreibungsbescheid auf den 1. Januar 1999 stand\nFeststellungsverjährung nicht entgegen.\n\n \n\n15\n\n \n\na) Die Feststellungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, auf dessen\nBeginn die Fortschreibung des Einheitswerts vorzunehmen ist (§ 181 Abs. 3 Satz\n1 AO). Fortschreibungszeitpunkt war hier nach § 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BewG\nder 1. Januar 1999. Die Feststellungsfrist begann daher mit Ablauf des Jahres\n1999 und endete regulär nach vier Jahren mit Ablauf des Jahres 2003. Im\nStreitfall verlängerte sich jedoch die Feststellungsfrist wegen Hinterziehung\nder Grundsteuer auf zehn Jahre (§ 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 2\nAO).\n\n \n\n16\n\n \n\nb) Eine Steuerhinterziehung begeht u.a., wer den Finanzbehörden über\nsteuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht\nund dadurch Steuern verkürzt (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO).\n\n \n\n17\n\n \n\naa) Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des FG haben die\nVerantwortlichen des Klägers gegenüber dem FA über steuererhebliche Tatsachen\nunrichtige Angaben gemacht und damit den objektiven Tatbestand einer\nSteuerhinterziehung durch aktives Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) erfüllt. Sie\nhaben durch Vorlage des Freistellungsbescheids für 1994 bis 1996 und der\nFreistellungsbescheinigung 1999 bis 2001 beim FA erwirkt, dass dieses in der\nAnnahme der --ab 1997 unstreitig nicht mehr gegebenen-- Gemeinnützigkeit des\nKlägers die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b GrStG als\nerfüllt ansah und demgemäß einen zu niedrigen Einheitswert mit der Folge\nfeststellte, dass Grundsteuer aufgrund des zu niedrig festgestellten\nGrundsteuermessbetrags verkürzt wurde.\n\n \n\n18\n\n \n\nbb) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Annahme des FG, die\nsubjektiven Voraussetzungen einer Steuerverkürzung seien erfüllt. Ob eine\nSteuerhinterziehung i.S. des § 370 AO vorliegt, ist im Wesentlichen Tatfrage.\nDie hierzu getroffenen Feststellungen des FG hinsichtlich des subjektiven\nTatbestands können in der Revisionsinstanz grundsätzlich nur darauf überprüft\nwerden, ob der Rechtsbegriff des vorsätzlichen Handelns richtig erkannt wurde\nund ob die Würdigung der Verhältnisse hinsichtlich dieses individuellen\nVerschuldens den Denkgesetzen und Erfahrungssätzen entspricht (Urteil des\nBundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Oktober 1994 II R 84/91, BFH/NV 1995, 476;\nvgl. auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 26). Das FG\nist zutreffend davon ausgegangen, dass es für ein vorsätzliches Handeln\nausreicht, wenn der Täter die Verwirklichung der Merkmale des objektiven\nTatbestands zumindest billigend in Kauf nimmt und im Wege einer\n"Parallelwertung in der Laiensphäre" erkennt (Urteil des Bundesgerichtshofs\nvom 24. September 1953 5 StR 225/53, BGHSt 4, 347). Entgegen der Auffassung\ndes Klägers bedurfte es insoweit im Zeitpunkt der Vorlage der\nFreistellungsbescheinigung beim FA keiner positiven Kenntnis seiner\nVorstandsmitglieder, dass die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit nicht\nvorlagen.\n\n \n\n19\n\n \n\nAuf dieser Grundlage konnte das FG die festgestellten Tatsachen dahin\nwürdigen, die Verantwortlichen des Klägers hätten bei Vorlage des\nFreistellungsbescheids und der Freistellungsbescheinigung gegenüber dem FA\nbilligend die Erlangung der Grundsteuerbefreiung in Kauf genommen. An diese\nFeststellungen ist der BFH gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden. Das Vorbringen des\nKlägers, die vom FG insoweit getroffenen Feststellungen seien unzureichend,\nbeseitigt diese Bindung nicht.\n\n \n\n20\n\n \n\n3\\. Das FG ist auch ohne Rechtsverstoß davon ausgegangen, dass § 19 Abs. 4\nBewG dem Erlass des angefochtenen Einheitswertbescheids nicht entgegenstand.\nDanach dürfen Feststellungen nur dann erfolgen, wenn und soweit sie für die\nBesteuerung von Bedeutung sind. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die\nFeststellung des Einheitswerts im Streitfall für die Grundsteuer von\nBedeutung, weil der Grundbesitz des Klägers nicht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4\noder § 4 Nr. 1 GrStG grundsteuerbefreit ist. Zur näheren Begründung wird auf\ndie Gründe unter II.3. des Senatsurteils II R 12/09 (BFHE 230, 93) vom\nheutigen Tage Bezug genommen.\n\n |
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114,171 | bfh-2010-05-04-viii-b-6309 | 6 | Bundesfinanzhof | bfh | Bundesrepublik Deutschland | Bundesgericht | VIII B 63/09 | 2010-05-04 | 2018-11-28 08:30:07 | 2019-01-18 15:54:44 | Beschluss | ## Gründe\n\n1\n\n \n\nDie Beschwerde ist nicht begründet.\n\n \n\n2\n\n \n\nDie von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend gemachten\nGründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung\n--FGO--) liegen nicht vor.\n\n \n\n3\n\n \n\nDie von ihr aufgeworfene Frage, ob ein nachträglich zum Arbeitszimmer\nausgebauter Dachgeschossraum in einem 6-Familienhaus ein häusliches\nArbeitszimmer der zwei Stockwerke tiefer gelegenen Wohnung im ersten\nObergeschoss ist, ist bei wörtlichem Verständnis wegen ihrer Ausrichtung auf\ndie tatsächlichen Besonderheiten des Einzelfalls nicht von grundsätzlicher Art\n(§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und auch nicht geeignet, der Rechtsfortbildung zu\ndienen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Ob ein Raum als häusliches Arbeitszimmer\nanzusehen ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur aufgrund einer\nGesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls entscheiden (Urteil des\nBundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Oktober 2002 XI R 89/00, BFHE 201, 27, BStBl\nII 2003, 185), wobei die Tatsachenfeststellung und -würdigung in erster Linie\nden Finanzgerichten obliegt.\n\n \n\n4\n\n \n\nGeht man anhand der weiteren Ausführungen der Klägerin zur\nBeschwerdebegründung davon aus, dass sie grundsätzlich geklärt wissen möchte,\nob ein Raum "stets und immer" nur häusliches und niemals außerhäusliches\nArbeitszimmer sein kann, wenn er zum Sondereigentum einer Eigentumswohnung\ngehört, erscheint diese Frage andererseits zu allgemein gestellt, um in einem\nRevisionsverfahren klärungsfähig zu sein.\n\n \n\n5\n\n \n\nBezogen auf die tatsächlichen Umstände des Streitfalls ist sie jedenfalls\nnicht klärungsbedürftig, weil der BFH bereits entschieden hat, dass\nZubehörräume zur privaten Wohnung des Steuerpflichtigen --wie Keller- und\nSpeicherräume-- grundsätzlich in dessen häusliche Sphäre eingebunden sind und\nein dort befindliches Arbeitszimmer deshalb ein "häusliches" ist (BFH-Urteil\nvom 26. Februar 2003 VI R 130/01, BFHE 202, 114, BStBl II 2004, 74; vgl. auch\nBFH-Urteil vom 18. August 2005 VI R 39/04, BFHE 211, 447, BStBl II 2006, 428).\n\n \n\n6\n\n \n\nDie Auffassung des Finanzgerichts, dass der Sondereigentum bildende\nDachgeschossraum wegen seiner rechtlichen Zuordnung zur Eigentumswohnung und\nder daraus folgenden Nutzbarkeit zu eigenen Zwecken in diesem Sinne\nZubehörraum war, weicht hiervon nicht ab. Sie lässt keinen Rechtsfehler\nerkennen und wirft keine weiteren Fragen von rechtssystematischer Bedeutung\nauf, deren Beantwortung im allgemeinen Interesse läge oder geeignet wäre, der\nRechtsfortbildung zu dienen.\n\n |
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115,039 | bfh-2010-04-28-i-r-8109 | 6 | Bundesfinanzhof | bfh | Bundesrepublik Deutschland | Bundesgericht | I R 81/09 | 2010-04-28 | 2018-11-28 13:30:03 | 2019-01-18 15:58:07 | Urteil | ## Tatbestand\n\n1\n\n \n\nI. Die Beteiligten streiten darüber, ob Zinserträge einer US-amerikanischen\nPersonengesellschaft durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik\nDeutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der\nDoppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der\nSteuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29.\nAugust 1989 in dessen für das Streitjahr (1995) geltender Fassung --DBA-USA\n1989 a.F.-- (BGBl II 1991, 355, BStBl I 1991, 95) von der deutschen\nBesteuerung freigestellt sind.\n\n \n\n2\n\n \n\nDie Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) zu 1. ist eine US-amerikanische\nPersonengesellschaft. Ihre unbeschränkt haftende Gesellschafterin (General\nPartner) war im Streitjahr die S-Inc. Beschränkt haftende Gesellschafter der\nKlägerin zu 1. waren die Klägerin zu 3. und die X-KG. Die X-KG ist die\nRechtsvorgängerin der Klägerin zu 2.; ihre Gesellschafter waren die S-GmbH als\nKomplementärin und die S-KG --die Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 6.-- als\nalleinige Kommanditistin. Die Klägerin zu 3. war eine US-amerikanische\nPersonengesellschaft, an der die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen\nKläger zu 4. und 5. beteiligt waren.\n\n \n\n3\n\n \n\nDie Klägerin zu 1. erzielte im Streitjahr Einkünfte aus der Vermietung und\nVerpachtung von in den USA belegenen gewerblich genutzten Immobilien. Außerdem\nlegte sie bei der Vermietung entstandene Einnahmeüberschüsse verzinslich an,\nwodurch sie Zinseinnahmen erzielte.\n\n \n\n4\n\n \n\nDie X-KG erklärte ihren Anteil an den Zinserträgen als in Deutschland\nsteuerbefreite Einkünfte. Davon abweichend erließ der Beklagte und\nRevisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) einen Feststellungsbescheid, in dem\ner die Zinseinkünfte als der deutschen Steuer unterliegend behandelte. Auf die\nKlage der Klägerin zu 2. hin hob das Finanzgericht (FG) diesen Bescheid auf.\nDas Urteil des FG wurde seinerseits vom erkennenden Senat aufgehoben, da es an\neinem vorgreiflichen Feststellungsbescheid gegenüber der Klägerin zu 1.\nmangelte (Senatsurteil vom 9. Juli 2003 I R 5/03, BFH/NV 2004, 1). Das FA\nerließ daraufhin einen solchen Bescheid, den das FG bestätigte; während des\nfinanzgerichtlichen Verfahrens hatte das FA u.a. einen geänderten\nFeststellungsbescheid vom 21. Oktober 2004 erlassen, der einen Hinweis auf den\nAblauf der Feststellungsfrist und auf § 181 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO)\nenthielt. Der erkennende Senat hob das Urteil des FG sowie die ihm\nvoraufgegangene Einspruchsentscheidung jedoch aus verfahrensrechtlichen\nGründen auf (Senatsurteil vom 24. April 2007 I R 33/06, BFH/NV 2007, 2236).\n\n \n\n5\n\n \n\nIm weiteren Verlauf zog das FA die Kläger(innen) zu 2. bis 6. zu dem bis dahin\nnur von der Klägerin zu 1. geführten Einspruchsverfahren hinzu. Sodann wies es\nden Einspruch zurück. Die Einspruchsentscheidung wurde von allen Klägern mit\nverschiedenen Klagen angegriffen. Das FG verband die einzelnen Klageverfahren\nmiteinander und wies die Klagen ab.\n\n \n\n6\n\n \n\nMit ihren Revisionen rügen die Kläger eine Verletzung materiellen Rechts. Sie\nbeantragen sinngemäß, das Urteil des FG und ihm voraufgegangene\nFeststellungsbescheide aufzuheben. Hilfsweise beantragen sie --ebenfalls\nsinngemäß-- eine Änderung des Feststellungsbescheids vom 21. Oktober 2004 in\nder Weise, dass die in den USA gezahlte Steuer als auf die deutsche Steuer\nanrechenbar festgestellt wird.\n\n \n\n7\n\n \n\nDas FA beantragt, die Revisionen zurückzuweisen.\n\n \n\n## Entscheidungsgründe\n\n8\n\n \n\nII. Die Revisionen sind unbegründet und deshalb gemäß § 126 Abs. 2 der\nFinanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht entschieden,\ndass die im Feststellungsbescheid erfassten Zinseinkünfte nach dem DBA-USA\n1989 a.F. in Deutschland besteuert werden dürfen und dass eine darauf in den\nUSA erhobene Steuer nicht nach § 34c des Einkommensteuergesetzes (EStG 1990)\nauf die deutsche Steuer anzurechnen ist.\n\n \n\n9\n\n \n\n1\\. Nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO werden einkommensteuerpflichtige und\nkörperschaftsteuerpflichtige Einkünfte gesondert festgestellt, wenn an ihnen\nmehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich\nzuzurechnen sind. Eine Feststellung nach Maßgabe dieser Vorschrift scheidet\naus, wenn und soweit es um Einkünfte geht, die nach einem\nDoppelbesteuerungsabkommen nicht in die Bemessungsgrundlage der deutschen\nSteuer einbezogen werden dürfen. Solche Einkünfte können lediglich auf der\nGrundlage des § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO gesondert festgestellt werden.\n\n \n\n10\n\n \n\n2\\. Die im Streitfall zu beurteilenden Einkünfte der Klägerin zu 1. sind nicht\nin der genannten Weise von der deutschen Steuer befreit. Vielmehr handelt es\nsich aus abkommensrechtlicher Sicht um Zinsen, die nach dem DBA-USA 1989 a.F.\nin Deutschland besteuert werden dürfen.\n\n \n\n11\n\n \n\na) Nach Art. 11 Abs. 1 DBA-USA 1989 a.F. können Zinsen, die eine in einem\nVertragstaat ansässige Person als Nutzungsberechtigter bezieht, nur in diesem\nStaat besteuert werden. Diese Vorschrift greift im Streitfall ein.\n\n \n\n12\n\n \n\naa) Der in Art. 11 DBA-USA 1989 a.F. verwendete Ausdruck "Zinsen" umfasst u.a.\nEinkünfte aus Forderungen jeder Art (Art. 11 Abs. 2 Satz 1 DBA-USA 1989 a.F.).\nDer Begriff "Einkünfte aus Forderungen" ist im DBA-USA nicht näher definiert\nund deshalb gemäß Art. 3 Abs. 2 DBA-USA 1989 a.F. nach dem Recht des\njeweiligen Rechtsanwenderstaates auszulegen (Senatsurteil vom 17. Oktober 2007\nI R 5/06, BFHE 219, 518, BStBl II 2009, 356; Wolff in Debatin/Wassermeyer,\nDoppelbesteuerung, Art. 11 USA Rz 5). Er umfasst daher für Zwecke der\ndeutschen Besteuerung insbesondere die in § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG 1990\ngenannten Einkünfte (ebenso Wolff in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 11 USA\nRz 35). Zu diesen zählen u.a. die Erträge aus Guthaben bei Kreditinstituten,\num die es im Streitfall geht.\n\n \n\n13\n\n \n\nDieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass Art. 11 Abs. 2 Satz 1 DBA-USA\n1989 a.F. in seinem letzten Teilsatz zur Bedeutung des Begriffs "Zinsen" auf\ndas Recht desjenigen Vertragstaats verweist, aus dem die Einkünfte stammen.\nDenn diese Verweisung bezieht sich nur auf die im Abkommenstext unmittelbar\nzuvor angesprochenen "sonstigen Einkünfte", nicht aber auf die im ersten\nTeilsatz erwähnten "Einkünfte aus Forderungen" (ebenso Wolff in\nDebatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 11 USA Rz 41). Daher sind die im Streit\nstehenden Einkünfte "Zinsen" i.S. des Art. 11 Abs. 1 DBA-USA 1989 a.F.\n\n \n\n14\n\n \n\nbb) Die Zinsen "stammen" i.S. des Art. 11 Abs. 1 DBA-USA 1989 a.F. aus den\nUSA. Das DBA-USA 1989 a.F. enthält zwar --anders als das Musterabkommen der\nOrganisation for Economic Cooperation and Development zur Vermeidung der\nDoppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen\n(OECD-MustAbk)-- keine Umschreibung der Voraussetzungen dafür, dass Zinsen aus\neinem Vertragstaat "stammen". Jedoch ist in Übereinstimmung mit Art. 11 Abs. 5\nSatz 1 OECD-MustAbk davon auszugehen, dass es insoweit grundsätzlich auf die\nAnsässigkeit des Zinsschuldners ankommt.\n\n \n\n15\n\n \n\nIm Streitfall geht es nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2\nFGO) um Zinszahlungen, die von in den USA ansässigen Kreditinstituten\ngeleistet worden sind. Anhaltspunkte dafür, dass die Zahlungen mit nicht in\nden USA belegenen Betriebstätten der Schuldner zusammenhängen (vgl. dazu Art.\n11 Abs. 5 Satz 2 OECD-MustAbk), sind weder dem angefochtenen Urteil zu\nentnehmen noch von den Klägern benannt worden.\n\n \n\n16\n\n \n\ncc) Schließlich sind die in Rede stehenden Zinsen aus abkommensrechtlicher\nSicht an in Deutschland ansässige Personen gezahlt worden. Denn da die\nKlägerin zu 1. als Personengesellschaft nicht zu den "Personen" i.S. des DBA-\nUSA 1989 a.F. zählt (vgl. Art. 3 Abs. 1 Buchst. d und e DBA-USA 1989 a.F.),\nist für Zwecke der Anwendung des Abkommens sowohl bei der Bestimmung des\nSubjekts der Einkunftserzielung als auch im Hinblick auf dessen Ansässigkeit\nauf ihre Gesellschafter abzustellen. Gehört zu den Gesellschaftern einer\nPersonengesellschaft eine weitere Personengesellschaft, so kommt es in beiden\nPunkten auf deren Gesellschafter an. Dazu ist dem angefochtenen Urteil zu\nentnehmen, dass alle im Feststellungsbescheid erfassten Einkünfte auf in\nDeutschland ansässige Personen entfallen. Das ist zwischen den Beteiligten\nunstreitig, weshalb der Senat auf weitere Ausführungen hierzu verzichtet.\nDasselbe gilt insoweit, als die Empfänger der Zinszahlungen diese "als\nNutzungsberechtigte" i.S. des Art. 11 Abs. 1 DBA-USA 1989 a.F. erhalten haben.\n\n \n\n17\n\n \n\nb) Der Anwendung des Art. 11 Abs. 1 DBA-USA 1989 a.F. auf die hier zu\nbeurteilenden Einkünfte steht nicht Art. 11 Abs. 3 DBA-USA 1989 a.F. entgegen.\nNach dieser Vorschrift ist zwar Art. 11 Abs. 1 DBA-USA 1989 a.F. nicht\nanzuwenden, wenn der in einem Vertragstaat ansässige Nutzungsberechtigte im\nanderen Vertragstaat eine gewerbliche Tätigkeit durch eine dort gelegene\nBetriebstätte ausübt und die Zinsen für eine Forderung gezahlt werden, die\nBetriebsvermögen dieser Betriebstätte ist (Art. 11 Abs. 3 Satz 1 DBA-USA 1989\na.F.); dann ist Art. 7 DBA-USA 1989 a.F. anzuwenden (Art. 11 Abs. 3 Satz 2\nDBA-USA 1989 a.F.). Ein solcher Sachverhalt liegt aber im Streitfall nicht\nvor, da die in Rede stehenden Zinsen nicht im Rahmen einer "gewerblichen\nTätigkeit" i.S. des Art. 11 Abs. 3 Satz 1 DBA-USA 1989 a.F. erzielt worden\nsind.\n\n \n\n18\n\n \n\naa) Der Ausdruck "gewerbliche Tätigkeit" wird --ebenso wie der in Art. 7 Abs.\n1 Satz 1 DBA-USA 1989 a.F. verwendete Ausdruck "gewerbliche Gewinne eines\nUnternehmens"-- im DBA-USA 1989 a.F. nicht definiert. Daher ist er für Zwecke\nder deutschen Besteuerung nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts auszulegen,\nsofern nicht der Abkommenszusammenhang eine andere Deutung erfordert oder die\nzuständigen Behörden sich nach Art. 25 DBA-USA 1989 a.F. auf eine gemeinsame\nAuslegung geeinigt haben (Art. 3 Abs. 2 DBA-USA 1989 a.F.).\n\n \n\n19\n\n \n\nbb) Das deutsche Steuerrecht spricht zwar, was die Einteilung von Einkünften\nin Einkunftsarten angeht, weder von einer "gewerblichen Tätigkeit" noch von\n"gewerblichen Gewinnen eines Unternehmens". Es kennt aber die Einkunftsart\n"Einkünfte aus Gewerbebetrieb" (§ 15 EStG 1990). Solche liegen zum einen dann\nvor, wenn die Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen erzielt werden (§\n15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG 1990); ein solches besteht, wenn die in § 15 Abs.\n2 Satz 1 EStG 1990 genannten Merkmale des Gewerbebetriebs gegeben sind.\nDarüber hinaus gilt die Tätigkeit einer Personengesellschaft, die nicht § 15\nAbs. 2 EStG 1990 unterfällt, unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls als\nGewerbebetrieb (§ 15 Abs. 3 EStG 1990). Letzteres gilt u.a. für\nPersonengesellschaften, bei denen ausschließlich eine oder mehrere\nKapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter und nur diese oder\nPersonen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (§\n15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG 1990). Eine solche "gewerblich geprägte\nPersonengesellschaft" erzielt mithin nach deutschem Recht stets Einkünfte aus\nGewerbebetrieb.\n\n \n\n20\n\n \n\ncc) Sowohl das FG als auch die Beteiligten gehen davon aus, dass es sich bei\nder Klägerin zu 1. um eine "gewerblich geprägte Personengesellschaft" i.S. des\n§ 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG 1990 handelt. Das ist aus revisionsrechtlicher\nSicht nicht zu beanstanden. Denn das FG hat zum einen festgestellt, dass die\nTätigkeit der Klägerin zu 1. sich in der Vermietung von Grundbesitz und der\nAnlage von Kapital erschöpfte; beide Tätigkeitsformen sind nicht gewerblicher\nNatur, sondern dem nicht gewerblichen Bereich der Vermögensverwaltung\nzuzuordnen. Zum anderen hat das FG festgestellt, dass die einzige persönlich\nhaftende Gesellschafterin der Klägerin zu 1. im Streitjahr die S-Inc. war und\ndass es sich bei dieser um eine Kapitalgesellschaft handelte. Es hat zwar\nnicht ausdrücklich festgestellt, dass die beschränkt haftenden Gesellschafter\nder Klägerin zu 1. bei dieser nicht zur Geschäftsführung befugt waren. In den\nGründen seines Urteils heißt es aber, dass die Klägerin zu 1. eine gewerblich\ngeprägte Personengesellschaft gewesen sei. Angesichts dessen entnimmt der\nSenat dem angefochtenen Urteil, dass im Hinblick auf die\nGeschäftsführungsbefugnis bei der Klägerin zu 1. alle Voraussetzungen des § 15\nAbs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG 1990 erfüllt sind. Dass die S-Inc. eine\nKapitalgesellschaft US-amerikanischen Rechts ist, hindert die gewerbliche\nPrägung der Klägerin zu 1. nicht, da diese auch durch eine ausländische\nKapitalgesellschaft vermittelt werden kann (Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.\nMärz 2007 XI R 15/05, BFHE 217, 438, BStBl II 2007, 924).\n\n \n\n21\n\n \n\ndd) Vor diesem Hintergrund machen die Kläger geltend, dass die in den USA\nentfaltete Tätigkeit der Klägerin zu 1. als "gewerbliche Tätigkeit" i.S. des\nArt. 11 Abs. 3 Satz 1 DBA-USA 1989 a.F. anzusehen sei. Dem ist das FG zu Recht\nnicht gefolgt.\n\n \n\n22\n\n \n\nOb die in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG 1990 getroffene Regelung in der Weise auf das\nAbkommensrecht durchschlägt, dass eine gewerblich geprägte\nPersonengesellschaft stets "Gewinne eines Unternehmens" im\nabkommensrechtlichen Sinne (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 OECD-MustAbk) --bzw. im Fall\ndes DBA-USA 1989 a.F. "gewerbliche Gewinne eines Unternehmens" i.S. des Art. 7\nAbs. 1 Satz 1 DBA-USA 1989 a.F. oder Einkünfte aus "gewerblicher Tätigkeit"\n(Art. 11 Abs. 3 DBA-USA 1989 a.F.)-- erzielt, ist allerdings streitig. Die\nFinanzverwaltung (Bundesministerium der Finanzen --BMF--, Schreiben vom 24.\nDezember 1999, BStBl I 1999, 1076 Tz. 1.1.5.1; vom 16. April 2010, BStBl I\n2010, 354 Tz. 2.2.1; s. auch zum Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung\nmit Ungarn, Schreiben vom 24. September 1999, Internationales Steuerrecht\n--IStR-- 1999, 627) und ein Teil des Schrifttums bejahen diese Frage (vgl.\nSchmidt/Dendorfer, IStR 2000, 46; Krabbe, IStR 2002, 145, 148; Wolff in\nGocke/Gosch/ Lang [Hrsg.], Körperschaftsteuer, Internationales Steuerrecht,\nDoppelbesteuerung, Festschrift für Wassermeyer, 2005, S. 647, 653 f.; ders. in\nDebatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 7 USA Rz 11, 48, 85; Schönweiß/Eisenack,\nIStR 2009, 738); überwiegend wird sie aber --wenn auch mit unterschiedlicher\nBegründung-- verneint (z.B. FG Düsseldorf, Urteil vom 28. April 2009 17 K\n1070/07 F, IStR 2009, 733; FG Hamburg, Urteil vom 12. Juni 2003 VI 6/01, IStR\n2004, 205 m. zust. Anm. Lüdicke; FG Hamburg, Urteil vom 22. August 2006 7 K\n255/04, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2007, 105; FG Köln, Urteil\nvom 13. August 2009 15 K 2900/05, EFG 2009, 1819; Oenings/ Seitz in\nWassermeyer/Richter/Schnittker, Personengesellschaften im Internationalen\nSteuerrecht, 2010, Rz 12.59 ff.; Kempermann, daselbst, Rz 3.68;\nLemaitre/Lüdemann, daselbst, Rz 7.28; Strunk/Kaminski, IStR 2003, 181, 182;\nHaun/Reiser, GmbH-Rundschau 2007, 915, 916; Kroppen in Gosch/Kroppen/\nGrotherr, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 7 OECD-MA Rz 46; Niehaves in Haase,\nAußensteuergesetz, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 7 MA Rz 31 f.;\nStrunk/Kaminski in Strunk/Kaminski/ Köhler, Außensteuergesetz,\nDoppelbesteuerungsabkommen, Art. 7 OECD-MA Rz 29 f.; Wassermeyer in\nDebatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 7 MA Rz 16a; ders. in\nWassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebstätten-Handbuch, Rz 7.3, m.w.N.; Hoheisel,\nInternationale Wirtschaftsbriefe Fach 10 Gruppe 2, 2009, 2012; Vogel in\nVogel/Lehner, DBA, 5. Aufl., Art. 3 Rz 41; differenzierend allerdings\nHemmelrath, daselbst, Art. 7 Rz 30 ff., Rz 57). Der überwiegend vertretenen\nAuffassung des Schrifttums hat sich auch die Vorinstanz angeschlossen. Der\nSenat pflichtet dem bei.\n\n \n\n23\n\n \n\nDenn wenn ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung wie Art. 7 Abs. 1\nDBA-USA 1989 a.F. von "gewerblichen Gewinnen eines Unternehmens" spricht,\nmeint es damit erkennbar Einkünfte aus einer ihrer Art nach\n"unternehmerischen" Tätigkeit. In diesem Zusammenhang mag es der Anweisung in\nArt. 3 Abs. 2 DBA-USA 1989 a.F. entsprechen, für Zwecke der deutschen\nBesteuerung an die Definition der "Einkünfte aus Gewerbebetrieb" in § 15 Abs.\n2 EStG 1990 anzuknüpfen. Doch umfasst der abkommensrechtliche Begriff\n"gewerbliche Gewinne eines Unternehmens" nicht Einkünfte aus einer Tätigkeit,\ndie inhaltlich zum Bereich der Vermögensverwaltung gehört und im\ninnerstaatlichen Recht nur im Wege einer Fiktion dem Bereich der\nGewerblichkeit zugewiesen wird. Insoweit fordert vielmehr der in Art. 3 Abs. 2\nDBA-USA 1989 a.F. genannte abkommensspezifische "Zusammenhang" eine vom\nnationalen Recht losgelöste Einordnung. Dafür spricht zum ersten, dass die\nabkommensrechtliche Aufteilung der Besteuerungshoheit sich in erster Linie an\nder Art der Einkunftserzielung ausrichtet und der systematischen Einordnung\nder Einkünfte im nationalen Recht insoweit nur eine Hilfsfunktion zuweist. Zum\nzweiten trägt nur ein derartiges Verständnis der in Art. 7 Abs. 6 DBA-USA 1989\na.F. bestimmten prinzipiellen Subsidiarität von Art. 7 Abs. 1 DBA-USA 1989\na.F. gegenüber den spezielleren Art. 10, 11 und 12 DBA-USA 1989 a.F. Rechnung;\ndie spezielleren Einkunftsarten sind danach gegenüber den Unternehmensgewinnen\nvorrangig, es sei denn, jene Einkünfte unterfallen infolge ihrer tatsächlichen\nZugehörigkeit zu einer im anderen Vertragstaat belegenen Betriebstätte\nwiederum den Unternehmensgewinnen. Letzteres ist bei fiktiven gewerblichen\nEinkünften nach Maßgabe des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG 1990 jedoch nicht der Fall.\nSchließlich --und drittens-- würde ein anderes Verständnis ohne hinreichenden\nGrund die Gefahr fördern, dass das Abkommen in den einzelnen Vertragstaaten\nunterschiedlich ausgelegt wird, und damit der im Grundsatz angestrebten\nEntscheidungsharmonie entgegenwirken. Daher sind auch unter Berücksichtigung\ndes Art. 3 Abs. 2 DBA-USA 1989 a.F. als "gewerbliche Gewinne eines\nUnternehmens" (Art. 7 Abs. 1 DBA-USA 1989 a.F.) oder als Produkt einer\n"gewerblichen Tätigkeit" (Art. 11 Abs. 3 DBA-USA 1989 a.F.) nicht diejenigen\nEinkünfte anzusehen, die nach deutschem Recht nicht Einkünfte aus\nGewerbebetrieb "sind", sondern nur als solche "gelten". Darum handelt es sich\naber bei den in § 15 Abs. 3 EStG 1990 genannten Einkünften, weshalb diese aus\nabkommensrechtlicher Sicht nicht zum "unternehmerischen" oder "gewerblichen"\nBereich gehören.\n\n \n\n24\n\n \n\n3\\. Die sich hiernach ergebende Anwendbarkeit des Art. 11 Abs. 1 DBA-USA 1989\na.F. und das daraus folgende ausschließliche Besteuerungsrecht Deutschlands\nwerden, wie das FG ebenfalls zutreffend erkannt hat, nicht durch Art. 6 DBA-\nUSA 1989 a.F. gehindert. Denn nach dieser Vorschrift können zwar Einkünfte,\ndie eine in einem Vertragstaat ansässige Person aus im anderen Vertragstaat\nbelegenem unbeweglichen Vermögen bezieht, in jenem anderen Vertragstaat\nbesteuert werden (Art. 6 Abs. 1 DBA-USA 1989 a.F.). Doch gilt dies nur für\nEinkünfte aus der unmittelbaren Nutzung, der Vermietung oder Verpachtung oder\njeder anderen Art der Nutzung des unbeweglichen Vermögens (Art. 6 Abs. 3 DBA-\nUSA 1989 a.F.). Um solche Einkünfte geht es im Streitfall nicht.\n\n \n\n25\n\n \n\nEs kann unbeantwortet bleiben, unter welchen Voraussetzungen Einkünfte der in\nArt. 6 Abs. 3 DBA-USA 1989 a.F. enthaltenen Begriffsbestimmung unterfallen.\nDenn die in Rede stehenden Zinsen beruhen zwar auf der Anlage von Kapital, das\naus Überschüssen aus der Vermietung in den USA belegenen Grundvermögens stammt\nund nach dem Vortrag der Kläger im weiteren Verlauf zur Deckung von\nMietausfällen sowie zu Maßnahmen an den Mietobjekten verwendet worden ist. Sie\nhängen deshalb mit der Vermietung jener Objekte zusammen. Dieser Zusammenhang\nist aber nur ein mittelbarer. Der unmittelbar zu den Zinseinkünften führende\nVorgang ist die Überlassung des Kapitals an die Zinsschuldner. Dieser Vorgang\nführt aus abkommensrechtlicher Sicht zu "Zinsen" i.S. des Art. 11 DBA-USA 1989\na.F. Angesichts dessen geht diese Vorschrift unter den Gegebenheiten des\nStreitfalls der Anwendung des Art. 6 DBA-USA 1989 a.F. vor.\n\n \n\n26\n\n \n\n4\\. Das FG hat nicht ausdrücklich festgestellt, ob die in Rede stehenden\nZinsen in den USA besteuert worden sind. Das führt aber nicht dazu, dass der\nRechtsstreit zwecks Klärung dieser Frage an das FG zurückverwiesen werden\nmuss. Denn eine etwa in den USA erhobene Steuer kann jedenfalls nicht im\nRahmen des Steuerfestsetzungsverfahrens auf die deutsche Steuer angerechnet\nwerden.\n\n \n\n27\n\n \n\na) Nach § 34c EStG 1990 ist unter bestimmten Voraussetzungen eine im Ausland\nfestgesetzte und gezahlte Steuer auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen\n(§ 34c Abs. 1 EStG 1990) oder bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen (§\n34c Abs. 2 und 3 EStG 1990). Über die hiernach vorgesehene Steueranrechnung\n(oder den Steuerabzug) ist, wenn Einkünfte gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a\nAO gesondert festgestellt werden, im Rahmen dieser Feststellung zu entscheiden\n(Senatsurteil vom 18. Juli 1990 I R 115/88, BFHE 161, 499, BStBl II 1990, 951;\nGosch in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 34c Rz 37; Wagner in Blümich,\nEinkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 34c\nEStG Rz 72, m.w.N.).\n\n \n\n28\n\n \n\nb) Eine Anrechnung ausländischer Steuer nach § 34c Abs. 1 oder Abs. 3 EStG\n1990 scheidet indessen im Grundsatz aus, wenn die im Ausland besteuerten\nEinkünfte aus einem Staat stammen, mit dem ein Doppelbesteuerungsabkommen\nbesteht (§ 34c Abs. 6 Satz 1 EStG 1990). Ein solcher Sachverhalt liegt hier\nvor.\n\n \n\n29\n\n \n\nc) Nach § 34c Abs. 6 Satz 3 EStG 1990 sind zwar § 34c Abs. 1 und 2 EStG 1990\nentsprechend anzuwenden, wenn ein bestehendes Abkommen zur Vermeidung der\nDoppelbesteuerung die Doppelbesteuerung nicht beseitigt oder sich nicht auf\neine Steuer vom Einkommen des jeweils anderen Vertragstaats bezieht. Beide\nVoraussetzungen sind aber im Streitfall nicht erfüllt.\n\n \n\n30\n\n \n\nInsbesondere geht es nicht um einen Sachverhalt, bei dem das einschlägige DBA-\nUSA 1989 a.F. die "Doppelbesteuerung nicht beseitigt". Das gilt erneut\nunabhängig davon, ob die Zinseinkünfte tatsächlich in den USA besteuert worden\nsind. Denn zur Beantwortung der Frage, ob ein Abkommen zur Vermeidung der\nDoppelbesteuerung i.S. des § 34c Abs. 3 EStG 1990 die "Doppelbesteuerung\nbeseitigt", ist allein auf die Sicht des deutschen Rechts abzustellen. Aus\ndieser Sicht beseitigt indessen das DBA-USA 1989 a.F. eine Doppelbesteuerung\nder Zinseinkünfte, indem es Deutschland insoweit ein ausschließliches\nBesteuerungsrecht zugesteht (Art. 11 Abs. 1 DBA-USA 1989 a.F.). Sofern die USA\njene Einkünfte auf Grund einer abweichenden Auslegung des Abkommens gleichwohl\nbesteuert haben sollten, könnte dies nicht zur Anwendung des § 34c Abs. 6 Satz\n3 EStG 1990 und damit des § 34c Abs. 1 oder Abs. 2 EStG 1990 führen.\n\n \n\n31\n\n \n\nd) Schließlich lässt sich eine Anrechnung US-amerikanischer Steuer nicht auf\nNr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. aa des Protokolls zum DBA-USA 1989 vom 29.\nAugust 1989 (BStBl I 1991, 107) stützen. Die dort getroffene Regelung sieht\nzwar --insoweit inhaltlich übereinstimmend mit Art. 23 Abs. 4 Buchst. a der\nNeufassung des DBA-USA 1989 (BStBl I 2008, 611, BStBl I 2008, 784) durch das\nProtokoll vom 1. Juni 2006 (BStBl I 2008, 803)-- eine solche Anrechnung u.a.\nfür Fälle vor, in denen in den Vertragstaaten Einkünfte unterschiedlichen\nAbkommensbestimmungen zugeordnet werden und dieser Konflikt sich nicht durch\nein Verfahren nach Art. 25 DBA-USA 1989 a.F. regeln lässt und wenn ferner auf\nGrund der unterschiedlichen Zurechnung die betreffenden Einkünfte doppelt\nbesteuert würden. Das FG hat jedoch zu Recht entschieden, dass die genannten\nVoraussetzungen im Streitfall nicht vollständig erfüllt sind. Es fehlt nämlich\nan einer hinreichend gesicherten Basis für die Annahme, dass eine etwa\neingetretene Doppelbesteuerung nicht im Wege eines Verständigungsverfahrens\n(Art. 25 DBA-USA 1989 a.F.) beseitigt werden kann.\n\n \n\n32\n\n \n\nDie Kläger machen dazu geltend, ihnen sei von Seiten des BMF telefonisch\nmitgeteilt worden, dass ein Verzicht der USA auf ein dort wahrgenommenes\nBesteuerungsrecht ausgeschlossen sei. Es kann indessen offenbleiben, ob das\nbehauptete --vom FG nicht festgestellte-- Telefonat im Revisionsverfahren\nberücksichtigt werden kann. Denn jedenfalls kann die von den Klägern\nbehauptete Auskunft nicht Grundlage einer Steueranrechnung nach Maßgabe der\ngenannten Protokollbestimmung sein.\n\n \n\n33\n\n \n\nIn diesem Zusammenhang muss nicht entschieden werden, ob jene Bestimmung nur\ndann eingreift, wenn tatsächlich ein Verfahren nach Art. 25 DBA-USA 1989 a.F.\nohne Erfolg geblieben ist (so z.B. Arthur Andersen & Co. GmbH,\nDoppelbesteuerungsabkommen Deutschland-USA, Art. 23 Rz 39; Schnitger in\nEndres/Jacob/ Gohr/Klein, DBA Deutschland/USA-Doppelbesteuerungsabkommen, Art.\n23 Rz 73; a.A. Wolff in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 23 USA Rz 293,\nm.w.N.). Denn auch wenn diese Frage zu verneinen ist, setzt eine\nSteueranrechnung nach Maßgabe der Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. aa des\nProtokolls zumindest voraus, dass sich die Aussichtslosigkeit eines\nVerständigungsverfahrens in einer förmlichen Entscheidung einer für ein\nsolches Verfahren zuständigen Behörde niederschlägt. So könnte es dafür\ngenügen, dass das Bundeszentralamt für Steuern (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 5 des\nGesetzes über die Finanzverwaltung) im konkreten Fall die Durchführung eines\nVerständigungsverfahrens abgelehnt hat; ein solcher oder ein damit\nvergleichbarer Sachverhalt ist jedoch weder vom FG festgestellt noch von den\nKlägern geltend gemacht worden. Eine telefonische Auskunft aus dem BMF kann\nhingegen schon deshalb nicht Grundlage einer Steueranrechnung sein, weil es\nihr erkennbar an einer Verbindlichkeit mangelt.\n\n \n\n34\n\n \n\n5\\. Das FG hat zu Recht angenommen, dass der angefochtene Bescheid vor Ablauf\nder Feststellungsfrist ergangen ist. Sein Urteil enthält dazu nähere\nAusführungen, denen die Revision nicht entgegengetreten ist. Der Senat, der\ndiese Ausführungen für zutreffend hält, verzichtet deshalb insoweit auf eine\nvertiefte Begründung.\n\n \n\n35\n\n \n\n6\\. Im Streitfall kann nicht darüber befunden werden, ob eine der von den\nKlägern begehrten Rechtsfolgen im Billigkeitswege (§ 163 Satz 1 AO) angeordnet\nwerden kann. Denn über Billigkeitsmaßnahmen ist nicht im Rahmen der\nSteuerfestsetzung oder der Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, sondern in\neinem gesonderten Verfahren zu entscheiden (Senatsurteile vom 28. Juni 2000 I\nR 89/99, BFHE 192, 513, BStBl II 2001, 261; vom 26. Mai 2004 I R 54/03, BFHE\n206, 332, BStBl II 2004, 767, m.w.N.).\n\n |
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115,548 | bfh-2010-03-17-ii-r-4608 | 6 | Bundesfinanzhof | bfh | Bundesrepublik Deutschland | Bundesgericht | II R 46/08 | 2010-03-17 | 2018-11-28 20:30:02 | 2019-01-18 16:01:02 | Urteil | ## Tatbestand\n\n1\n\n \n\nI. Der 1938 geborene Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde durch notariell\nbeurkundeten Adoptionsvertrag vom 31. Oktober 1950 von seinem Onkel und dessen\nEhefrau CB an Kindes statt angenommen. Der Kindesannahmevertrag wurde mit\nnotariell beurkundetem und vormundschaftsgerichtlich genehmigtem Vertrag vom\n18. September 1959 wieder aufgehoben.\n\n \n\n2\n\n \n\nIn einem 1995 errichteten gemeinschaftlichen Testament setzten sich die\nEheleute gegenseitig zum Erben ein und bestimmten, dass der Kläger Erbe des\nzuletzt Versterbenden werden sollte. CB, die ihren Ehemann überlebt hatte,\nverstarb am 16. Februar 2004.\n\n \n\n3\n\n \n\nDer Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid\nvom 4. Juli 2005 gegenüber dem Kläger Erbschaftsteuer in Höhe von 43.171 €\nfest, wobei davon ausgegangen wurde, dass der Kläger zur Steuerklasse III\ngehört.\n\n \n\n4\n\n \n\nDer Einspruch, mit dem der Kläger als ehemaliger Adoptivsohn die Zuordnung zur\nSteuerklasse I, hilfsweise zur Steuerklasse II begehrte, hatte nur\nhinsichtlich des Hilfsantrags Erfolg. Die Erbschaftsteuer wurde im geänderten\nBescheid vom 23. August 2005 auf 31.042 € herabgesetzt.\n\n \n\n5\n\n \n\nDie Klage wurde abgewiesen. Zur Begründung führte das Finanzgericht (FG) in\ndem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 1647 veröffentlichten Urteil\naus, der Kläger sei zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr Adoptivsohn der\nErblasserin und damit kein Kind i.S. von § 15 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und\nSchenkungsteuergesetzes in der für den Streitfall maßgebenden Fassung (ErbStG)\ngewesen. § 15 Abs. 1a ErbStG gelte nicht für ehemalige Adoptionsverhältnisse.\n\n \n\n6\n\n \n\nMit der Revision rügt der Kläger die fehlerhafte Anwendung des § 15 Abs. 1a\nErbStG. Nach dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang des Gesetzes sei die\nVorschrift dahin zu verstehen, dass ein ehemaliges Adoptivkind die\nSteuerklasse I beanspruchen könne, obwohl nach Aufhebung der Adoption\nzivilrechtlich eine Verwandtschaft zu den Adoptiveltern nicht mehr bestehe.\n\n \n\n7\n\n \n\nDer Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den\nErbschaftsteuerbescheid vom 23. August 2005 in Gestalt der\nEinspruchsentscheidung vom 29. März 2006 dahin zu ändern, dass ein Freibetrag\nvon 205.000 € berücksichtigt und die Erbschaftsteuer auf 0 € festgesetzt wird.\n\n \n\n8\n\n \n\nDas FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.\n\n \n\n## Entscheidungsgründe\n\n9\n\n \n\nII. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2\nder Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Entscheidung des FG, dem Kläger als\nehemaligem Adoptivkind nicht den für Kinder maßgeblichen Freibetrag zu\ngewähren, ist rechtmäßig. § 15 Abs. 1a ErbStG gilt nicht für ein Adoptivkind,\ndessen Verwandtschaft zum Erblasser bereits vor dem Erbfall durch Aufhebung\ndes Annahmeverhältnisses erloschen ist.\n\n \n\n10\n\n \n\n1\\. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG bleibt in den Fällen des § 2 Abs. 1 Nr. 1\nErbStG der Erwerb der Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 in Höhe von\n205.000 € steuerfrei. Zu dieser Steuerklasse gehören die Kinder und\nStiefkinder (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Die Steuerklassen I und II Nr. 1 bis 3\ngelten auch dann, wenn die Verwandtschaft durch Annahme als Kind bürgerlich-\nrechtlich erloschen ist (§ 15 Abs. 1a ErbStG).\n\n \n\n11\n\n \n\n2\\. § 15 Abs. 1a ErbStG begünstigt Erwerber in den Fällen, in denen die\nAnnahme als Kind bürgerlich-rechtlich zum Erlöschen der Verwandtschaft geführt\nhat, die Annahme als Kind also den Erlöschensgrund darstellt. Dafür spricht\nneben dem Wortlaut vor allem die Entstehungsgeschichte der Regelung.\n\n \n\n12\n\n \n\na) § 15 Abs. 1a ErbStG wurde durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung\ndes Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze vom 18. August 1980 (BGBl I\n1980, 1537) eingefügt. Nach der Begründung zum Gesetzentwurf der\nBundesregierung war die Änderung eine Folge des neuen Adoptionsrechts\n(BTDrucks 8/3688, S. 23).\n\n \n\n13\n\n \n\nIm Adoptionsgesetz (AdG) vom 2. Juli 1976 (BGBl I 1976, 1749) wurden die §§\n1741 bis 1772 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) mit Wirkung ab 1. Januar 1977\nvöllig neu gefasst. Bis zu dieser Neuregelung erlangte ein Kind durch die\nAnnahme an Kindes statt zwar die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes\ndes Annehmenden (§ 1757 Abs. 1 BGB in der vor dem 1. Januar 1977 geltenden\nFassung --BGB a.F.--), wobei sich die Wirkungen der Annahme nicht auf die\nVerwandten des Annehmenden erstreckten (§ 1763 Satz 1 BGB a.F.); als\nAdoptivkind gehörte es nach § 15 Abs. 1 I Nr. 2 Buchst. b ErbStG a.F. zur\nSteuerklasse I. Nach § 1764 BGB a.F. blieben aber die Rechte und Pflichten,\ndie sich aus dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Kinde und seinen\nVerwandten ergaben, durch eine Annahme an Kindes statt grundsätzlich\nunberührt. Das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu seinen leiblichen\nEltern und den bisherigen Verwandten blieb weiterhin bestehen und war\ndemzufolge auch erbschaftsteuerrechtlich nach § 15 Abs. 1 ErbStG für die\nSteuerklasse zu berücksichtigen.\n\n \n\n14\n\n \n\nDagegen erlöschen nach Inkrafttreten der Neuregelungen im AdG bei der Annahme\nMinderjähriger gemäß § 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB das Verwandtschaftsverhältnis\ndes Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten und die sich\ndaraus ergebenden Rechte und Pflichten. Um zu verhindern, dass sich das\nErlöschen des bürgerlich-rechtlichen Verwandtschaftsverhältnisses in\nerbschaftsteuerrechtlicher Hinsicht nachteilig auswirkt, bestimmt § 15 Abs. 1a\nErbStG, dass die Steuerklassen I und II Nr. 1 bis 3 auch hier gelten (vgl.\nKapp/Ebeling, § 15 ErbStG, Rz 30, 30.1; Längle in Fischer/Jüptner/Pahlke,\nErbStG, 1. Aufl., § 15 Rz 45, 46; Knobel in Viskorf/Knobel/Schuck,\nErbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 3. Aufl., § 15\nErbStG Rz 39; Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar,\n15. Aufl., § 15 Rz 17, 18; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 15 Rz\n49; Götz/ Ohletz in Wilms/Jochum, ErbStG, § 15 Rz 82; Tiedtke/Wälzholz in\nTiedtke, ErbStG, 2009, § 15 Rz 16; Högl in Gürsching/ Stenger, BewG und\nErbStG, § 15 ErbStG Rz 34). Bereits vor dem Inkrafttreten des § 15 Abs. 1a\nErbStG war aufgrund von Verwaltungsanweisungen entsprechend verfahren worden\n(vgl. Niedersächsisches Finanzministerium, Erlass vom 13. Dezember 1979 - S\n3820 - 10 R - 34, Der Betrieb 1980, 139).\n\n \n\n15\n\n \n\nAuch der Bundesfinanzhof geht im Urteil vom 14. Mai 1986 II R 37/84 (BFHE 146,\n471, BStBl II 1986, 613) davon aus, dass die Neuregelung des § 15 Abs. 1a\nErbStG Sachverhalte betrifft, in denen die bürgerlich-rechtliche\nVerwandtschaft mit den leiblichen Eltern erloschen ist.\n\n \n\n16\n\n \n\nb) § 15 Abs. 1 und Abs. 1a ErbStG haben zur Folge, dass bei der Adoption\nMinderjähriger die Steuerklassen I und II Nr. 1 bis 3 sowohl bei Erwerben im\nbisherigen Verwandtschaftskreis als auch bei Erwerben in dem durch die Annahme\nals Kind neu begründeten Verwandtschaftskreis Anwendung finden, also eine\nDoppelbegünstigung eintritt. Dies lässt sich nach dem Gesetzeszweck damit\nrechtfertigen, dass erbschaftsteuerrechtlich das durch die Annahme als Kind\nerloschene Verhältnis zu den leiblichen Verwandten dem kraft Gesetzes\nentstandenen Verwandtschaftsverhältnis zu dem Annehmenden und dessen\nVerwandten für die Zuordnung des Erwerbers zu einer Steuerklasse\ngleichzustellen ist.\n\n \n\n17\n\n \n\nc) Ein ehemaliges Adoptionsverhältnis fällt entgegen der Auffassung des\nKlägers nicht in den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1a ErbStG (vgl.\nKapp/Ebeling, § 15 ErbStG, Rz 30.1; Längle, a.a.O., § 15 Rz 47).\n\n \n\n18\n\n \n\nZwar wäre es nach dem Wortlaut der Vorschrift möglich, sie dahin zu verstehen,\ndass die Steuerklassen I und II Nr. 1 bis 3 auch dann gelten sollen, wenn eine\nVerwandtschaft, die durch Annahme als Kind begründet worden ist, bürgerlich-\nrechtlich erloschen ist. Das Tatbestandsmerkmal "Annahme als Kind" würde in\ndiesem Fall nicht --wie bei dem durch die Annahme als Kind bedingten Erlöschen\ndes Verwandtschaftsverhältnisses zur leiblichen Verwandtschaft-- den Grund für\ndas Erlöschen der Verwandtschaft bezeichnen, sondern den Grund für das\nEntstehen der Verwandtschaft. Dies würde aber dazu führen, das\nTatbestandsmerkmal "Annahme als Kind" innerhalb der Vorschrift in\nunterschiedlicher Weise zu verstehen, was dem gesetzgeberischen Willen nicht\nentspricht. Der Gesetzgeber hat die Vorschrift als Folge des neuen\nAdoptionsrechts geschaffen und damit dessen nachteilige Auswirkungen auf die\nSteuerklassen im Erbschaftsteuerrecht ändern wollen. Für eine in diesem\nZusammenhang beabsichtigte Begünstigung ehemaliger Adoptionsverhältnisse sind\nkeinerlei Anhaltspunkte ersichtlich.\n\n \n\n19\n\n \n\nDie Anwendung der Steuerklassen I und II Nr. 1 bis 3 auf einen Erwerber,\ndessen Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser durch eine Annahme als Kind\nbegründet und noch vor Eintritt des Erbfalls durch Aufhebung des\nAnnahmeverhältnisses wieder erloschen ist, ist auch nicht aus\nerbschaftsteuerrechtlicher Sicht zwingend geboten. Es gibt keinen sachlichen\nGrund dafür, die durch Aufhebung der Adoption erloschenen\nVerwandtschaftsverhältnisse hinsichtlich der Steuerklasse ebenso zu behandeln\nwie Verwandtschaftsbeziehungen zu den leiblichen Verwandten, die seit der\nNeuregelung des Adoptionsrechts gemäß § 1755 Abs. 1 BGB durch die Annahme als\nKind erlöschen. Allein ein möglicherweise weiter bestehendes persönliches\nVerhältnis des ehemaligen Adoptivkindes zu seinen früheren Adoptiveltern\nreicht hierfür nicht aus.\n\n |
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115,715 | bfh-2010-02-09-viii-b-3209 | 6 | Bundesfinanzhof | bfh | Bundesrepublik Deutschland | Bundesgericht | VIII B 32/09 | 2010-02-09 | 2018-11-28 22:30:03 | 2019-01-18 16:01:42 | Beschluss | ## Gründe\n\n1\n\n \n\nDie Beschwerde ist nicht begründet.\n\n \n\n2\n\n \n\nDer geltend gemachte Verfahrensfehler führt nicht zur Zulassung der Revision.\n\n \n\n3\n\n \n\na) Zwar darf, worauf der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) zu Recht\nhinweist, eine ohne Belehrung nach § 101 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung\nerteilte Auskunft eines Angehörigen vom Gericht nicht verwertet werden (vgl.\nUrteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 31. Oktober 1990 II R 180/87, BFHE\n163, 103, BStBl II 1991, 204; Schuster in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 101 AO\nRz 28; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 101 AO Rz\n14; Klein/Brockmeyer, AO, 10. Aufl., § 101 Rz 5; ferner: Anwendungserlass zur\nAbgabenordnung vom 15. Juli 1998 Tz 2 zu § 101). Es kann im Streitfall jedoch\ndahinstehen, ob und ggf. in welchem Zeitpunkt das Finanzgericht (FG) den Sohn\ndes Klägers in Bezug auf dessen für die X-GmbH & Co. KG abgegebene Erklärung\nüber sein Auskunftsverweigerungsrecht hätte belehren müssen.\n\n \n\n4\n\n \n\nb) Der mögliche Verfahrensmangel der Verwertung eines unzulässigen\nBeweismittels ist jedenfalls durch die rügelose Einlassung des\nKlägervertreters in der mündlichen Verhandlung entsprechend § 295 der\nZivilprozessordnung (ZPO) geheilt (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19.\nJanuar 1984 III ZR 93/82, Neue Juristische Wochenschrift 1985, 1158). Der\nsachkundig vertretene Kläger hat sein diesbezügliches Rügerecht (§ 155 der\nFinanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 295 ZPO) dadurch verloren (vgl. BFH-\nBeschluss vom 27. September 2007 IX B 19/07, BFH/NV 2008, 27).\n\n \n\n5\n\n \n\naa) Ein Verstoß gegen das aus der Verletzung der Belehrungspflicht bei\nAngehörigen sich ergebende Beweisverwertungsverbot gehört zu den\nVerfahrensmängeln, auf deren Einhaltung die Beteiligten verzichten können\n(vgl. Münchener Kommentar ZPO/Damrau, § 383 Rz 41; Musielak/Huber, ZPO, 7.\nAufl., § 383 Rz 8; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 295 Rz 43;\nWieczorek/Schütze/Assmann, 3. Aufl., § 295, ZPO, Rz 18). Bei verzichtbaren\nVerfahrensmängeln geht das Rügerecht nicht nur durch ausdrückliche oder\nkonkludente Verzichtserklärung gegenüber dem FG verloren, sondern auch durch\nrügelose Verhandlung zur Sache und damit durch das bloße Unterlassen einer\nrechtzeitigen Rüge (vgl. BFH-Beschlüsse vom 29. Oktober 2002 IV B 98/01,\nBFH/NV 2003, 326; vom 24. Juli 2003 IX B 24/03, BFH/NV 2004, 55; vom 17. März\n2008 IX B 102/07, BFH/NV 2008, 1179; vom 1. September 2008 IV B 4/08, BFH/NV\n2009, 35, jeweils m.w.N.).\n\n \n\n6\n\n \n\nbb) Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 20. November 2008 hat der\nVertreter des Klägers in der mündlichen Verhandlung zur Sache verhandelt, ohne\ndie Unzulässigkeit der Verwertung der Zeugenaussage des Sohnes des Klägers zu\nrügen. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist auch nicht\ndargelegt, warum in der mündlichen Verhandlung eine Rüge des behaupteten\nVerfahrensverstoßes unterblieben ist.\n\n |
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118,017 | lagrlp-2011-11-22-3-sa-45811 | 899 | Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz | lagrlp | Rheinland-Pfalz | Arbeitsgerichtsbarkeit | 3 Sa 458/11 | 2011-11-22 | 2018-12-27 19:16:18 | 2019-02-14 11:47:34 | Urteil | ECLI:DE:LAGRLP:2011:1122.3SA458.11.0A | #### Tenor\n\n \n\n \n\nAuf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das\nUrteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.07.2011 - 1 Ca 247/11 - teilweise\nabgeändert und wie folgt neu gefasst:\n\n \n\n \n\nDie Beklagte wird verurteilt, der Übertragung der Elternzeit für das Kind J.\nL. auf den Zeitraum vom 27.12.2011 bis 20.01.2012 zuzustimmen.\n\n \n\n \n\nDie Beklagte wird verurteilt, dem Antrag der Klägerin auf Verringerung und\nVerteilung der wöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin ab dem 27.12.2011 bis\nzum 20.01.2012 während bestehender Elternzeit wie folgt zuzustimmen:\n\n \n\nDie wöchentliche Arbeitszeit beträgt 20 Stunden die Woche, verteilt auf zwei\nTage á acht Stunden und einen Vormittag á vier Stunden.\n\n \n\n \n\nIm Übrigen wird die Klage abgewiesen.\n\n \n\n \n\nIm Übrigen werden die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der\nKlägerin zurückgewiesen.\n\n \n\n \n\nDie Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) tragen die Klägerin zu 14/15\nund die Beklagte zu 1/15.\n\n \n\n \n\nDie Revision wird nicht zugelassen.\n\n#### Tatbestand\n\n \n\n1\n\n \n\nDie Parteien streiten im vorliegenden Verfahren über einen von der Klägerin -\nvorsorglich - gestellten Antrag auf Elternteilzeit für die Zeit vom 7. Februar\n2011 bis 26. Dezember 2011, Übertragung nicht in Anspruch genommener\nElternzeit auf den Zeitraum vom 27. Dezember 2011 bis 06. Februar 2012 und\nElternteilzeit auch für diesen Zeitraum.\n\n \n\n2\n\n \n\nVor Einleitung des vorliegenden Verfahrens hat die Klägerin bereits eine Klage\ngegen die Beklagte beim Arbeitsgericht Mainz (Az: 1 Ca 1610/10) erhoben, mit\nder sie Elternteilzeit für die Zeit vom 28. Dezember 2010 bis 26. Dezember\n2011 begehrt. In diesem vorangegangenen Verfahren zwischen den Parteien vor\ndem Arbeitsgericht Mainz hat das Arbeitsgericht die Klage mit Urteil vom 21.\nApril 2011 (Az: 1 Ca 1610/10) aus formalen Gründen abgewiesen. Hiergegen hat\ndie Klägerin Berufung eingelegt. Diese weitere Berufungsverfahren zwischen den\nParteien (Parallelverfahren) ist ebenfalls beim erkennenden Berufungsgericht\nunter dem Aktenzeichen 3 Sa 305/11 anhängig; im Übrigen wird auf den gesamten\nAkteninhalt der beigezogenen Verfahrensakte des Parallelverfahrens\n(Arbeitsgericht Mainz - 1 Ca 1610/10 - LAG Rheinland-Pfalz - 3 Sa 305/11 -)\nverwiesen.\n\n \n\n3\n\n \n\nDie Klägerin ist bei der Beklagten, die Produkte für die Reinigung und Pflege\nim Haushalt sowohl für den Endverbraucher als auch für professionelle\nGroßverbraucher in der Gebäudereinigung sowie in Großküchen herstellt, seit\n01. Dezember 2001 tätig. Sie war vor Beginn der Elternzeit im Internationalen\nMarketing als sog. Internationale Brand Managerin in Vollzeit beschäftigt und\nfür die Betreuung einer globalen Dachmarke zuständig. Die Abteilung\nInternationales Marketing umfasst drei verschiedene Ressorts, die sich an den\nProduktreihen der Beklagten orientieren, nämlich Schuhpflege,\nWohnraumpflegeprodukte sowie ökologische Putz- und Reinigungsmittel. Jedes\ndieser drei Ressorts wird von je einem Internationalen Brand Manager in\nVollzeit geführt. Im Bereich der ökologischen Putz- und Reinigungsmittel ist\nferner eine weitere Brand Managerin in Vollzeit tätig. Zudem arbeitet in\ndieser Abteilung eine weitere Mitarbeiterin, die das Thema Marktforschung und\nneue Geschäftsfelder (Development Management) betreut. Leiter der Abteilung\nist der Internationale Marketing Director, Herr B. M., der eine Assistentin\nhat. Jeder der drei Internationalen Brand Manager hat die Aufgabe, die\njeweilige Produktpalette einer Marke bzw. eines Markendaches in der\nVermarktung zu begleiten. Hierzu arbeitet der Internationale Brand Manager mit\nden sieben nationalen Marketingabteilungen (sog. business units: Deutschland,\nÖsterreich, Frankreich und Belgien, Polen, Spanien und Export) zusammen, denen\njeweils ein Leiter (Marketing Director oder Marketing Manager) vorsteht, dem\ndie für die Umsetzung der Marketingstrategien und Konzepte des Internationalen\nBrand Managers zuständigen Produktmanager zuarbeiten.\n\n \n\n4\n\n \n\nNach der Geburt ihres Sohnes am 02. März 2007 war die Klägerin in Elternzeit.\nAm 27. Dezember 2008 wurde ihr zweites Kind, ihre Tochter J. L., geboren.\nUnter dem 13. Januar 2009 (Bl. 126 d. A.) übersandte die Klägerin der\nBeklagten folgendes Schreiben:\n\n \n\n5\n\n \n\n„**Antrag auf Elternzeit wegen der Geburt von J. L. S.**\n\n \n\n6\n\n \n\nSehr geehrter Herr E.,\n\n \n\n7\n\n \n\nhiermit beantrage ich Elternzeit zunächst zusammenhängend bis zur Vollendung\ndes 2. Lebensjahres meiner Tochter, J. L. S., geb. am 00.00..2008. Die\nElternzeit möchte ich direkt im Anschluß an die Mutterschutzfrist, die am\n21.02.2009 endet, in Anspruch nehmen.\n\n \n\n8\n\n \n\nDie Elternzeit von mind. 2 Jahren möchte ich auf die folgenden Zeitabschnitte\nverteilen:\n\n \n\n9\n\n \n\nZeitabschnitt: vom 22.02.2009 bis 31.05.2010\n\n10\n\n \n\nIm ersten Zeitabschnitt möchte ich mich ausschließlich der Erziehung meiner\nTochter widmen.\n\n \n\n11\n\n \n\nZeitabschnitt: vom 01.05.2010 bis 27.12.2010\n\n12\n\n \n\nAb dem 01.06.2010 bis einschließlich 27.12.2010 möchte ich in Teilzeit an\nmeinen Arbeitsplatz zurück kehren.\n\n13\n\n \n\nDie Teilzeittätigkeit möchte ich im Umfang von 16 Wochenstunden ausüben. Den\ngenauen Zeitrahmen würde ich ggf. März/April 2010 in Rücksprache mit dem\nVorgesetzten festlegen wollen.\n\n \n\n14\n\n \n\nDen verbleibenden 3. Zeitabschnitt bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres\nmeiner Tochter (28.12.2010 bis 27.12.2011) möchte ich heute noch gern flexibel\nhalten. Die genaue Anzahl der möglichen Arbeitsstunden pro Woche im 3.\nLebensjahr würde ich Ihnen dann im 4. Quartal 2010 final mitteilen.\n\n \n\n15\n\n \n\nWegen der Übertragung des restlichen Anteils aus der dreijährigen Elternzeit\n(1 Jahr) meines Sohnes T. auf die Zeit nach seinem dritten Geburtstag möchte\nich mich heute ebenfalls noch flexibel halten. Den genauen Zeitrahmen, d. h.\nwann und in welchem Umfang ich diesen nehmen möchte, würde ich Ihnen dann zum\nspäteren Zeitpunkt mitteilen.\n\n \n\n16\n\n \n\nFür Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit gern zur Verfügung."\n\n \n\n17\n\n \n\nDarauf antwortete die Beklagte mit folgendem Schreiben vom 11. Februar 2009\n(Bl. 127 d.A.):\n\n \n\n18\n\n \n\n„**Geburt Ihrer Tochter J. L.** \n**Ihr Antrag auf Elternzeit**\n\n \n\n19\n\n \n\n(…)\n\n \n\n20\n\n \n\nGleichzeitig bestätigen wir den Eingang Ihres Schreibens vom 13.01.2009, zu\ndem wir wie folgt Stellung nehmen:\n\n \n\n21\n\n \n\n1) Wir bestätigen Ihnen die Inanspruchnahme der Elternzeit direkt im Anschluss\nan die am 21.02.2009 endende Mutterschutzfrist bis zum 31.05.2010.\n\n \n\n22\n\n \n\n2) Ihrem Antrag auf eine Teilzeittätigkeit vom 01.06.2010 bis zum 27.12.2010\nfür 16 Wochenstunden sowie vom 28.12.2010 bis zum 27.12.2011 können wir nach\neingehender Prüfung aus dringenden betrieblichen Gründen nicht entsprechen,\ndenn in Ihrer Tätigkeit als Senior Brand Manager ist Ihre volle Erreichbarkeit\nfür die Vertriebskollegen zur kurzfristigen Bearbeitung von Kundenanfragen\nsowie die zügige Abstimmung mit den Internationalen Kollegen essentiell.\n\n \n\n23\n\n \n\nWie Ihnen bereits von Herrn M. am 6. Februar 2009 mitgeteilt, möchten wir\njedoch gerne mit Ihnen persönlich darüber sprechen.\n\n \n\n24\n\n \n\n(…)"\n\n \n\n25\n\n \n\nNach einem persönlichen Gespräch am 23. März 2010 lehnte die Beklagte mit\nSchreiben vom 28. April 2010 (Bl. 128 d. A.) das Teilzeitbegehren der Klägerin\nerneut ab. In dem Schreiben heißt es u.a.:\n\n \n\n26\n\n \n\n"Sehr geehrte Frau C.,\n\n \n\n27\n\n \n\nin unserem persönlichen Gespräch am 23.03.2010 gemeinsam mit Herrn M. haben\nwir Sie bereits darüber informiert, dass wir Ihnen aus dringenden\nbetrieblichen Gründen leider kein Angebot für eine Teilzeittätigkeit im\nInternationalen Marketing während Ihrer Elternzeit unterbreiten können und das\ngilt auch für den Zeitraum ab dem 27.12.2010.\n\n \n\n28\n\n \n\n(…)"\n\n \n\n29\n\n \n\nDaraufhin teilte die Klägerin der Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 25.\nJuni 2010 (Bl. 129, 130 d. A.) u.a. folgendes mit:\n\n \n\n30\n\n \n\n"(…)\n\n \n\n31\n\n \n\nUnsere Mandantin hat uns Ihr Schreiben vom 28.04.2010 vorgelegt. Hierin\nbringen Sie zum Ausdruck, dass Sie einer Reduzierung der Arbeitszeit nicht\nzustimmen. Gegenwärtig prüfen wir die gerichtliche Geltendmachung des\nmandantenseitigen Teilzeitbegehrens, die Zeit ab dem 01.06.2010 betreffend.\n\n \n\n32\n\n \n\nVorsorglich beantragen wir aber schon jetzt namens und in Vollmacht unserer\nMandantin die Reduzierung der Arbeitszeit ab dem 28.12.2010.\n\n \n\n33\n\n \n\nUnsere Mandantin begeht die Reduzierung der Arbeitszeit auf 20 Stunden die\nWoche. Nach ihrer Vorstellung könnte sie an zwei Tagen zu je 8 Stunden vor Ort\ntätig sein. An einem dritten Tag würde sie vormittags für vier Stunden von zu\nHause aus arbeiten können.\n\n \n\n34\n\n \n\n(…)"\n\n \n\n35\n\n \n\nAuf dieses Schreiben der Klägerin vom 25. Juni 2010 antwortete die Beklagte\nmit Schreiben vom 26. Juli 2010 (Bl. 131 d. A.) wie folgt:\n\n \n\n36\n\n \n\n"(…)\n\n \n\n37\n\n \n\nNach Prüfung aller Möglichkeiten teilen wir Ihnen mit, dass wir den Antrag aus\nbetrieblichen Gründen vollumfänglich ablehnen, d. h. sowohl hinsichtlich des\ngewünschten Umfangs der Verringerung als auch hinsichtlich der Verteilung der\nArbeitszeit. In dem am 23.03.2010 geführten Gespräch mit Ihrer Mandantin\nwurden dieser die Gründe bereits ausführlich erläutert.\n\n \n\n38\n\n \n\nNach unserer Kenntnis läuft die 2-jährige Elternzeit am 26.12.2010 ab."\n\n \n\n39\n\n \n\nVor Einleitung des vorliegenden Verfahrens hat die Klägerin bereits eine Klage\ngegen die Beklagte beim Arbeitsgericht Mainz (Az: 1 Ca 1610/10) erhoben und in\nder Klageschrift vom 19. August 2010 (Bl. 122 - 125 d. A.), die der Beklagten\nam 26. August 2010 zugestellt worden ist, zunächst folgenden Antrag\nangekündigt:\n\n \n\n40\n\n \n\n"Die Beklagte wird verurteilt, der Verringerung und Verteilung der\nwöchentlichen Arbeitszeit wie folgt zuzustimmen:\n\n \n\n41\n\n \n\nDie wöchentliche Arbeitszeit beträgt 20 Stunden die Woche, verteilt auf zwei\nTage á 8 Stunden und einen Vormittag á vier Stunden".\n\n \n\n42\n\n \n\nIn dem vorgenannten Parallelverfahren hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 25.\nNovember 2010 (Bl. 132 - 136 d. A.), der am 29. November 2010 beim\nArbeitsgericht Mainz eingegangen und der Beklagten am 02. Dezember 2010\nzugegangen ist, erklärt, dass sie für die Zeit ab dem 28. Dezember 2010 die\nbeantragte Arbeitszeitverringerung und -verteilung während fortdauernder\nElternzeit begehre, und hierzu unter Ziff. 3 d folgendes ausgeführt:\n\n \n\n43\n\n \n\n"Die Klägerin hat mit Schreiben vom 13. Januar 2009 und 25. Juni 2010 die\nVerringerung der Arbeitszeit bei fortwährender Elternzeit zum 28. Dezember\n2010 begehrt, somit weit mehr als sieben Wochen vor dem Beginn der geltend\ngemachten Reduzierung. Den diesem Begehren innewohnenden Antrag auf\nVerlängerung der Elternzeit vom 28. Dezember 2010 bis 27. Dezember 2011 hat\ndie Beklagte bis heute nicht förmlich abgelehnt, ihm aber auch nicht\nausdrücklich entsprochen. Höchst vorsorglich wird hiermit nochmals ein\nentsprechender Antrag gestellt."\n\n \n\n44\n\n \n\nIn diesem Parallelverfahren vor dem Arbeitsgericht Mainz (Az.: 1 Ca 1610/10)\nhat die Beklagte im Kammertermin vom 15. Dezember 2010 erklärt, dass die\nKlägerin für den Fall, dass diese sich nicht über den 28. Dezember 2010 in\nElternteilzeit befinde, bis einschließlich 31. Januar 2011 von ihrer\nVerpflichtung zur Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung ohne\nFortzahlung der Vergütung freigestellt werde. In diesem Termin hat die\nKlägerin den Antrag aus der Klageschrift vom 19. August 2010 mit folgender\nMaßgabe gestellt:\n\n \n\n45\n\n \n\n"Die Beklagte wird verurteilt, der Verringerung und Verteilung der\nwöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin ab dem 28. Dezember 2010 bis\neinschließlich 26. Dezember 2011 während bestehender Elternzeit wie folgt\nzuzustimmen:\n\n \n\n46\n\n \n\nDie wöchentliche Arbeitszeit beträgt 20 Stunden die Woche, verteilt auf zwei\nTage á acht Stunden und einen Vormittag á vier Stunden."\n\n \n\n47\n\n \n\nMit anwaltlichem Schreiben vom 17. Dezember 2010 (Bl. 11, 12 d. A.) teilte die\nKlägerin der Beklagten folgendes mit:\n\n \n\n48\n\n \n\n"Sehr geehrte Damen und Herren,\n\n \n\n49\n\n \n\nIhnen ist bekannt, dass wir anwaltlich die rechtlichen Interessen Ihrer\nArbeitnehmerin, Frau C., H.-H.-Str. 1, C-Stadt, vertreten.\n\n \n\n50\n\n \n\nGrundsätzlich gehen wir von einer fortwährenden Elternzeit, beansprucht für\ndas Kind J. L. C. (*00.00.2008), über den 26.12.2010 hinaus und damit bis zum\n26.12.2011 aus.\n\n51\n\n \n\nAuch gehen wir von einer ordnungsgemäßen Artikulation des mandantenseitigen\nTeilzeitbegehrens aus, welches Gegenstand des beim Arbeitsgericht Mainz\nanhängigen Verfahrens ist.\n\n \n\n52\n\n \n\nDa sich am Bestand der Elternzeit und mit ihr an einem wirksamen\nTeilzeitbegehren aber im Rahmen der letzten Verhandlung Zweifel erhoben,\nstellen wir vorsorglich unter Bezugnahme auf die im Original beifügte\nVollmacht nachfolgende Anträge:\n\n \n\n53\n\n \n\nUnsere Mandantin begehrt ab dem 07.02.2011 für die Zeit bis zum 26.12.2011,\ndem Tag vor dem dritten Geburtstag des Kindes J. L. **Elternzeit**.\n\n54\n\n \n\nDie Inanspruchnahme der Elternzeit bestätigen Sie bitte.\n\n \n\n55\n\n \n\nVorsorglich beantragen wir auch die Zustimmung zur **Übertragung** der\nvermeintlich in der Zeit vom 27.12.2010 bis zum 06.02.2011 nicht als\nElternzeit in Anspruch genommenen Elternzeit auf die Zeit ab Vollendung des\ndritten Lebensjahres des Kindes J. L..\n\n56\n\n \n\nFür den Fall der Zustimmung erklären wir jetzt schon für unsere Mandantin die\nInanspruchnahme ab dem 27.12.2011 bis zum 06.02.2012.\n\n \n\n57\n\n \n\nFür die Elternzeit vom 07.02.2011 bis zum 26.12.2011 beantragen wir gleichsam\ndie **Reduzierung der Arbeitszeit** auf 20 Stunden pro Woche. Diese 20 Stunden\nsollten auf 2 Tage á acht Stunden und einen Vormittag á vier Stunden verteilt\nwerden.\n\n58\n\n \n\nFür den Fall der Übertragung (vgl. Ziffer 2) beantragen wir auch für diesen\nZeitraum die Reduzierung im vorgenannten Umfang.\n\n \n\n59\n\n \n\nBitte merken Sie uns bezüglich der Bescheinigung und Entscheidung als\nZustellungsbevollmächtigter vor.\n\n \n\n60\n\n \n\nSofern Sie am Inhalt der Erklärungen und Anträge Anlass zu Richtigstellungen,\nErgänzungen oder Korrekturen sehen, ersuchen wir unter Hinweis auf die Ihnen\nals Arbeitgeberin obliegende Sorgfaltspflicht um unverzüglichen Hinweis.\n\n \n\n61\n\n \n\nLetztlich bestätigen Sie uns bitte vorsorglich, dass Einigkeit darüber\nbesteht, dass für den Fall des Nichtbestandes einer Elternzeit in dem Zeitraum\n01.02.2011 bis 06.02.2011 die gegenseitigen arbeitsvertraglichen Pflichten\nruhen, mithin unsere Mandantin nicht zur Arbeitsleistung und Sie nicht zur\nLohnzahlung verpflichtet sind."\n\n \n\n62\n\n \n\nDarauf antwortete die Beklagte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom\n27. Dezember 2010 (Bl. 13, 14 d. A.) wie folgt:\n\n \n\n63\n\n \n\n"Sehr geehrter Herr Kollege K.,\n\n \n\n64\n\n \n\nunser Mitgliedsunternehmen, die Firma A., hat uns gebeten, auf Ihr Schreiben\nvom 17.12.2010 zu antworten. Bereits im Schriftsatz vom 25.11.2010, uns\nzugegangen am 02.12.2010, hatten Sie für Ihre Mandantin Frau C. eine\nVerlängerung der ihr bis zum 27.12.2010 gewährten Elternzeit ab dem 28.12.2010\nbis zum 27.12.2011 beantragt. Im Gütetermin vom 15.12.2010 wurde mündlich von\nIhnen klargestellt, dass von Ihrer Mandantin eine Teilzeitbeschäftigung in\nElternzeit vom 28.12.2010 bis 26.12.2011 gewünscht ist.\n\n \n\n65\n\n \n\nNunmehr beantragen Sie erneut mit Schreiben vom 17.12.2010, unserem\nMitgliedsunternehmen zugegangen am gleichen Tag, unter Einhaltung der\ngesetzlichen Ankündigungsfrist von 7 Wochen, für Ihre Mandantin eine\nVerlängerung der laufenden Elternzeit ab dem 07.02.2011 bis zum 26.12.2011,\nvorsorglich eine Übertragung der nicht genommenen Elternzeit in der Zeit\n27.12.2010 bis zum 06.02.2011 auf die Zeit vom 27.12.2011 bis zum 06.02.2012\nsowie eine Reduzierung der Arbeitszeit auf 20 Stunden/Woche vom 07.02.2011 bis\n26.12.2011 mit einer gewünschten Verteilung auf zwei Tage á acht Stunden und\neinen Vormittag á vier Stunden, im Falle der Übertragung der Elternzeit ebenso\nin der Zeit vom 27.12.2011 bis zum 06.02.2012.\n\n \n\n66\n\n \n\nNach unserer Auffassung wurde die Verlängerung der Elternzeit über das zweite\nLebensjahr der Tochter J. L. nicht fristgerecht unter Einhaltung der\nsiebenwöchigen Mindestfrist des § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG beantragt. Daher endet\ndie bisher laufende Elternzeit am 28.12.2010, so dass ab diesem Tag\ngrundsätzlich eine Arbeitspflicht seitens Ihrer Mandantin bestehen würde.\nJedoch wurde von unserer Seite aus am 15.12.2010 zu Protokoll erklärt, dass\nIhre Mandantin bis zum 31.01.2011 von der Verpflichtung zur Erbringung der\narbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung ohne Fortzahlung der Vergütung\nfreigestellt wird.\n\n \n\n67\n\n \n\nDas Verhältnis der beiden Anträge vom 25.11.2010 und 17.12.2010 ist uns nicht\nganz klar, da zwei unterschiedliche Zeitpunkte für den gewünschten Beginn des\nzweiten Abschnitts der Elternzeit genannt werden: einmal der 28.12.2010 und\nein anderes Mal der 07.02.2011. Wir gehen jedoch davon aus, dass nunmehr der\nAntrag vom 17.12.2010 der einzig verbindliche Antrag sein soll.\n\n \n\n68\n\n \n\nNamens unseres Mitgliedsunternehmens bescheinigen wir daher Ihrer Mandantin\ndie Inanspruchnahme von Elternzeit in der Zeit vom 07.02.2011 bis 26.12.2011.\nWir weisen darauf hin, dass eine vorzeitige Beendigung nur mit Zustimmung\nunseres Mitgliedsunternehmens möglich ist.\n\n \n\n69\n\n \n\nDem gleichzeitig gestellten Antrag auf Zustimmung zur Übertragung angeblich\nnicht genommener Elternzeit in der Zeit vom 27.12.2010 bis 06.02.2011 auf den\nZeitraum 27.12.2011 bis zum 06.02.2012 kann nicht entsprochen werden. Da nicht\nrechtzeitig in Anspruch genommene Elternzeit verfällt, gibt es keinen Anspruch\nauf Elternzeit, der übertragen werden könnte.\n\n \n\n70\n\n \n\nWie bereits mit Schreiben vom 28.04.2010 und 26.07.2010 mitgeteilt, stehen der\nVerringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit dringende betriebliche\nGründe entgegen. Daher teilen wir Ihnen namens unseres Mitgliedsunternehmens\nmit, dass wir dem im Namen Ihrer Mandantin gestellten Antrag auf Verringerung\nder Arbeitszeit während der Elternzeit vom 07.02.2011 bis 26.12.2011 nicht\nstattgeben können. Dem Anspruch stehen folgende dringende betrieblichen Gründe\nentgegen, die Sie bitte dem beigefügten Schreiben unseres\nMitgliedsunternehmens vom 22.12.2010 entnehmen. Höchst vorsorglich weisen wir\ndarauf hin, dass auch der gewünschten Verteilung der Arbeitszeit dringende\nbetriebliche Gründe entgegenstehen.\n\n \n\n71\n\n \n\nWir sind damit einverstanden, dass in der Zeit vom 01.02.2011 bis 06.02.2011\ndie beiderseitigen Pflichten ruhen und Ihre Mandantin keine\narbeitsvertraglichen Pflichten zu erbringen hat, weswegen dieser auch keine\nEntgeltansprüche für diese Zeit zustehen.\n\n \n\n72\n\n \n\n(…)"\n\n \n\n73\n\n \n\nMit Schriftsatz vom 07. Februar 2011, der beim Arbeitsgericht Mainz am\ngleichen Tag eingegangen und der Beklagten am 14. Februar 2011 zugestellt\nworden ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage (Az.: 1 Ca 247/11) erhoben,\nmit der sie den von ihr mit Schreiben vom 17. Dezember 2010 - vorsorglich -\ngestellten Antrag auf Elternteilzeit für die Zeit ab dem 07. Februar 2011 bis\nzum 26. Dezember 2011, Übertragung nicht genommener Elternzeit auf den\nZeitraum vom 27. Dezember 2011 bis 06. Februar 2012 und Elternteilzeit auch\nfür diesen Zeitraum weiterverfolgt.\n\n \n\n74\n\n \n\nDie Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, sie habe im Hinblick darauf,\ndass im Parallelverfahren Zweifel daran geäußert worden seien, dass für die\nZeit ab dem 27. Dezember 2010 Elternzeit bestehe, vorsorglich einen neuen\nAntrag auf Elternzeit für die Zeit ab dem 7. Februar 2011 gestellt. Falls sich\ndie Zweifel bewahrheiten sollten, dass in der Zeit vom 27. Dezember 2010 bis\nzum 06. Februar 2011 keine Elternzeit bestanden habe, so hätte sie in dieser\nZeit die ihr zustehende Elternzeit nicht in Anspruch genommen. Mit ihrem\nKlageantrag zu 2 a) begehre sie die von der Beklagten verweigerte Zustimmung\nzur Übertragung des vermeintlich nicht als Elternzeit in Anspruch genommenen\nZeitraums. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei die nicht in Anspruch\ngenommene Elternzeit aufgrund ihres bereits vor dem zweiten Geburtstag ihrer\nTochter gestellten Antrages vom 17. Dezember 2010 nicht verfallen.\nNachvollziehbare Gründe für die Ablehnung der Zustimmung habe die Beklagte\nnicht vorgetragen. Für die auf den Zeitraum vom 27. Dezember 2011 bis zum 06.\nFebruar 2012 übertragene Elternzeit begehre sie mit dem Antrag zu 2 b)\nebenfalls die Verringerung ihrer Arbeitszeit im angegebenen Umfang. Bei der\nVerlängerung bzw. Übertragung der Elternzeit gelte die Frist des § 16 Abs. 1\nSatz 1 BEEG nicht. Soweit die Beklagte allein auf ihren mit Schreiben vom 17.\nDezember 2010 gestellten Antrag abstelle, sei auch noch der Antrag zu\nberücksichtigen, der in ihrem Schriftsatz vom 25. November 2010 im\nParallelverfahren der Parteien enthalten sei. Ihrem Antrag auf Elternteilzeit\nstünden keine dringenden betrieblichen Gründe entgegen. Vielmehr sei eine\nTeilzeittätigkeit mit ihrer Tätigkeit als "Senior Brand Manager" im\ninternationalen Marketing vereinbar. Im Rahmen der Reduzierung der Arbeitszeit\nwäre es zum Beispiel denkbar, dass sie zunächst mit der Betreuung einer Marke\noder eines Segments für ein oder mehrere Länder beauftragt würde oder sie die\nvon ihr begonnene Etablierung der Marke emsal für die Möbelpflege weiter\nbetreibe. Entgegen der Darstellung der Beklagten seien Teilzeitstellen im\nMarketingbereich möglich. Dabei sei zu berücksichtigen, dass im Professional-\nBereich eine Kollegin im Marketing mit vergleichbarem Tätigkeitsbereich nach\nRückkehr aus der Elternzeit in Teilzeit weiterbeschäftigt worden sei. Auch im\nnationalen Marketing arbeite eine Kollegin in Teilzeit mit 30 Wochenstunden.\nIhre Erreichbarkeit wäre problemlos zu gewährleisten, weil sie telefonisch\nauch über ihr Handy immer erreichbar sei. Die Reisetätigkeit sei nicht so\numfangreich, wie die Beklagte glauben machen wolle. Sie habe in der Zeit von\n2003 bis 2006 insgesamt zwölf Dienstreisen angetreten, die auch zu\nMarktbeobachtungen dienen sollten, während die sonstige Marktbeobachtung über\nE-Mail und Telefon laufe. In jedem der jeweiligen Länder würden\nGeschäftsführer als Ansprechpartner für den zuständigen Brand Manager zur\nVerfügung stehen, wobei der Kontakt ausschließlich innerhalb der sog.\nbusiness-units bestehe und die Kommunikation zum allergrößten Teil über\nE-Mail-Kontakt laufe. Entgegen der Darstellung der Beklagten würden lediglich\nbei Einführung eines neuen Produktes oder sonstigen speziellen Projekten große\nKonferenzen stattfinden. Das Vorbringen der Beklagten, die Aufgabe eines\nInternationalen Brand Managers sei nicht auf mehrere Personen aufteilbar, weil\nansonsten eine einheitliche Vermarktung einer Marke gefährdet werde, sei\nunhaltbar. Selbstverständlich würde eine einheitliche Vermarktung gewahrt\nbleiben, weil die Internationalen Brand Manager nicht autark fungierten,\nsondern Änderungen in der Vermarktung abstimmen müssten. Ebenso wie derartige\nAbstimmungen in der Hierarchie nach oben und unten stattfänden, wären auch\nentsprechende Absprachen unter gleichermaßen ausgebildeten und spezialisierten\nMitarbeitern auf einer Ebene möglich. Ausweislich des von ihr vorgelegten\nStellenangebotes vom 25. November 2010 (Anlage K 6 zum Schriftsatz vom 25.\nNovember 2010) über eine zum 01. Januar 2011 ausgeschriebene Stelle als\n"International Brand Manager" bestehe bei der Beklagten nach wie vor im\nBereich Marketing Personalbedarf. Nach Beginn ihrer Elternzeit sei sie durch\ndie Mitarbeiterin Frau S. K. ersetzt worden, die dann in die Schuhpflege\ngewechselt sei und nach Beginn ihrer Elternzeit ihrerseits durch Frau J. B.\nersetzt worden sei, die wiederum zum Ende des Jahres 2010 ausgeschieden sei.\nBei der vakanten Stelle handele es sich um die ausgeschriebene Stelle, die die\nMitarbeiterin S. K. ab dem 01. Januar 2011 in Teilzeit mit einer halben Stelle\nhabe übernehmen wollen, was von der Beklagten abgelehnt worden sei. Die\nMitarbeiterin K. und sie könnten sich sehr gut vorstellen, die ausgeschriebene\nStelle übergangsweise jeweils zur Hälfte auszuüben. Soweit die Beklagte\nangeführt habe, dass die Stelle eines Senior Brand Managers nicht teilbar sei,\nweil eine Vertretung nicht möglich wäre, sei dies nicht nachvollziehbar. In\nihrem Fall sei ihre Stelle nach ihrem mutterschutzbedingten Ausscheiden knapp\nein Jahr vakant gewesen und habe nicht besetzt werden können. In dieser Zeit\nsei sie von ihrem Vorgesetzten, dem als International Marketing Director\ntätigen Herrn M., vertreten worden. Ihre längere Vertretung durch den\nVorgesetzten spräche gegen die von der Beklagten behauptete Unteilbarkeit der\nStelle. Vielmehr könnten die anfallenden Arbeiten durchaus delegiert und\numverteilt werden. Anders habe es der sie für ein Jahr vertretende Herr M.\nauch nicht gemacht. Dementsprechend müsse dies auch künftig möglich sein. Dass\nStörungen in dieser Zeit ihrer Vertretung aufgetreten seien, habe die Beklagte\nnicht aufgezeigt. Unabhängig davon werde nach der gesetzlichen Regelung vom\nArbeitgeber erwartet, dass er die mit der Elternteilzeit verbundenen\nbetrieblichen Schwierigkeiten bewältige und die erforderlichen\nÜberbrückungsmaßnahmen treffe.\n\n \n\n75\n\n \n\n**Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt** :\n\n76\n\n \n\n1\\. Die Beklagte wird verurteilt, der Verringerung und Verteilung der\nwöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin ab dem 07.02.2011 bis einschließlich\n26.12.2011 während bestehender Elternzeit wie folgt zuzustimmen:\n\n77\n\n \n\nDie wöchentliche Arbeitszeit beträgt 20 Stunden die Woche, verteilt auf zwei\nTage à acht Stunden und einen Vormittag à vier Stunden.\n\n \n\n78\n\n \n\n2\\. a) Die Beklagte wird verurteilt, der Übertragung von für das Kind Jasmin\nLara nicht in Anspruch genommener Elternzeit auf den Zeitraum vom 27.12.2011\nbis zum 06.02.2012 zuzustimmen.\n\n \n\n79\n\n \n\n2\\. b) Die Beklagte wird verurteilt, der Verringerung und Verteilung der\nwöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin ab dem 27.12.2011 bis zum 06.02.2012\nwährend bestehender Elternzeit wie folgt zuzustimmen:\n\n80\n\n \n\nDie wöchentliche Arbeitszeit beträgt 20 Stunden die Woche, verteilt auf zwei\nTage à acht Stunden und einen Vormittag à vier Stunden\n\n \n\n81\n\n \n\n**Die Beklagte hat beantragt** ,\n\n82\n\n \n\ndie Klage abzuweisen.\n\n \n\n83\n\n \n\nDie Beklagte hat vorgetragen, dem Verringerungswunsch der Klägerin stünden\ndringende betriebliche Gründe entgegen. Ein dringender betrieblicher Grund\nliege insbesondere dann vor, wenn der Arbeitsplatz aufgrund des betrieblichen\nOrganisationskonzepts nicht teilbar sei, was hier der Fall sei. Sie habe ein\nbetriebliches Organisationskonzept, aufgrund dessen jeder Internationale Brand\nManager die Marken international in einem einheitlichen Markenauftritt\npräsentiere, so dass die Tätigkeit nur in Vollzeit ausgeübt werden könne. Für\ndas Erreichen der optimalen Verkaufserfolge sei erforderlich, dass für eine\nbestimmte Marke die Fäden in einer Hand zusammenliefen, weil nur so eine\nsinnvolle Koordination der an der Sortimentspflege/Gestaltung des\nProduktportfolios sowie Kommunikationsstrategie beteiligten Personen möglich\nsei. Sie habe daher die unternehmerische Entscheidung getroffen, dass\nInternationale Brand Manager grundsätzlich in Vollzeit tätig seien, um eine\neinheitliche Marketingstrategie für die Dachmarke sicherzustellen. Dies liege\nauch darin begründet, dass der Markt der Putz- und Reinigungsmittel zu den\n"fast moving consumer goods" zu zählen sei und die Schnelligkeit der Märkte\neine permanente Erreichbarkeit voraussetze. Die Aufgaben eines Internationalen\nBrand Managers seien nicht auf mehrere Personen aufteilbar, weil ansonsten die\neinheitliche Vermarktung einer Marke gefährdet wäre. Es handele sich um eine\nstrategische Tätigkeit mit einer Schnittstellenfunktion, die ein hohes Maß an\nAbstimmung mit den Einheiten nationales Marketing, Controlling, Forschung und\nEntwicklung sowie Produktion erfordere. Die Tätigkeit sei mit regelmäßigen\nMeetings, engen Terminvorgaben und nicht unerheblicher Reisetätigkeit\nverbunden. Auch wenn sich die vielfältigen Aufgaben eines Internationalen\nBrand Managers durch einen hohen Grad der Selbständigkeit auszeichnen würden,\nwerde selbstverständlich das Marketing der Dachmarken koordiniert. Einmal\nwöchentlich fänden Teammeetings mit den anderen Internationalen Brand Managern\nstatt, um übergeordnete Themen zu besprechen. Daneben gebe es ein- bis zweimal\nwöchentlich Marken-Jour-Fixe zwischen dem Internationalen Brand Manager und\ndem Abteilungsleiter Herrn M.. Ferner würden regelmäßig große Konferenzen mit\nden Ansprechpartnern der anderen Einheiten wie Controlling, Produktion,\nForschung und Entwicklung sowie Einkauf stattfinden. Der Internationale Brand\nManager beobachte europaweit die Entwicklungen der ihn betreffenden\nWarengruppen und analysiere diese auf Relevanz für seine Marke, was u.a.\nregelmäßig Storechecks in ganz Europa umfasse. Er sei alleine für die\nEntwicklung seiner Marken verantwortlich und quasi der "Geschäftsführer" einer\nMarke. Die nationalen Verkaufsbüros seien nach der Unternehmensphilosophie\nKunden und würden durch das Konzept "one-face-to-the-customer" betreut. Die\nFunktion eines Internationalen Brand Managers sei mit erheblicher\nReisetätigkeit in die jeweiligen Vertriebsländer verbunden, wobei aktuell ein\nbis zwei Reisen pro Monat von jeweils einem bis zwei Tagen üblich seien. Das\nTeilzeitverlangen der Klägerin stehe ihrer Arbeitszeitregelung entgegen, die\nsich aus dem Organisationskonzept ergebe. Bei einer Reduzierung der\nArbeitszeit der Klägerin müsste sie die Aufgaben des Internationalen Brand\nManagers einer Dachmarke auf mehrere Personen aufteilen, weil der\nArbeitsbedarf 20 Wochenstunden übersteige. Folglich könnte das von ihr\ngewollte Konzept, nämlich die Markenbetreuung durch eine Person für alle\nProdukte einer Sparte, nicht mehr eingehalten werden. Nach ihrem\nOrganisationskonzept setze die Position des Internationalen Brand Managers\nzwingend eine Vollzeittätigkeit voraus. Da jeder Internationale Brand Manager\nfür ein bestimmtes Ressort zuständig sei und vielfältige komplexe Aufgaben\nhabe, sei eine ganztägige Anwesenheit in ihrem Betrieb erforderlich. Ihr\nOrganisationskonzept beim Internationalen Brand Manager sei eine "one-face-to-\nthe-customer"-Strategie, so dass diese Tätigkeit nur in Vollzeit ausgeübt\nwerden könnte. Sie habe sich dafür entschieden, alle Produkte einer Marke bzw.\neines Markendachs in die Hand einer Person zu geben, die dafür verantwortlich\nsei, diese Produkte im Markt in Absatz zu bringen und zu bewerben.\nDementsprechend sei die Klägerin während ihrer Elternzeit durch eine\n(befristete) Vollzeitkraft ersetzt worden, was ein deutliches Zeichen für die\ntatsächliche Umsetzung ihres Konzepts sei. Im Consumer-Bereich gebe es keinen\nanderen Internationalen Brand Manager, der in Teilzeit arbeite. In der\nAbteilung Marketing würde lediglich die Leiterin des internationalen Marketing\nfür den Professional-Bereich in Teilzeit mit 80 % arbeiten. Diese Position mit\neinem wöchentlichen Arbeitsvolumen von meist über 32 Wochenstunden betreffe\neine andere hierarchische Ebene und sei mit einem Internationalen Brand\nManager nicht vergleichbar. Der ausschließlich von ihrem Sitz aus geführte\nBereich Professional umfasse nur eine Marke. Die Abstimmung in nationalen\nMarketingabteilungen erfolge gänzlich anders. Hier sei die\nEntscheidungsstruktur top-down, so dass der Kommunikationsbedarf deutlich\ngeringer sei. Zudem sei das Geschäftsfeld "Professional" durch deutlich\ngrößere Reaktionszeiten gekennzeichnet, da der Markt nicht zu den "fast-\nmoving" gehöre. Soweit die Klägerin eine ehemalige Teilzeitkraft erwähne, die\nals Produktmanagerin im Bereich Consumer tätig gewesen sei, ergebe sich\nhieraus nichts anderes. Die Tätigkeit eines Produktmanagers unterscheide sich\nebenfalls von einem Internationalen Brand Manager. Produktmanager seien im\nnationalen Marketing angesiedelt und für die Umsetzung der Marketingstrategien\nund Konzepte des Internationalen Brand Managers zuständig. So sei eine\nProduktreihe, die ausschließlich auf dem deutschen Markt angeboten werde, von\ndieser Mitarbeiterin betreut worden. Jedoch habe sich auch hier erwiesen, dass\nselbst bei einer Produktmanagerin keine Teilzeit möglich sei. Es sei zu\nerheblichen Betriebsablaufstörungen gekommen, so dass diese Lösung vor drei\nJahren aufgegeben worden sei. Die Urlaubsvertretung eines Internationalen\nBrand Managers gestalte sich so, dass der Urlaub frühzeitig allen relevanten\nAnsprechpartnern mitgeteilt und versucht werde, die Projekte darauf\nabzustimmen. Falls während der Urlaubsabwesenheit nicht aufschiebbare\nEntscheidungen zu treffen seien, übernehme dies entweder ein anderer\nInternationaler Brand Manager oder aber der Leiter der Abteilung, Herr M..\nDiese seien aufgrund der wöchentlichen Meetings ungefähr über den jeweiligen\nArbeitsstand informiert und daher hierzu in der Lage. Aus den dargestellten\nbetrieblichen Gründen werde zusammenhängender Urlaub nur für maximal zwei\nWochen gewährt. Eine dauerhafte Übertragung von Aufgaben scheide aus, weil die\nanderen Internationalen Brand Manager und der Abteilungsleiter mit ihren\nAufgaben bereits selbst voll ausgelastet seien. Herr Melzer habe die Klägerin\nentgegen ihrer Darstellung nicht knapp ein Jahr nach der Geburt ihres ersten\nKindes vertreten. Für die seit 23. Februar 2007 in Mutterschutz/Elternzeit\nbefindliche Klägerin sei als Vertreterin am 26. Februar 2007 Frau K. in\nVollzeit eingesetzt worden. Diese habe vom 26. Februar bis 30. September 2007\nunter der Anleitung von Herrn M. das Markendach "emsal" betreut. Frau K. sei\nseinerzeit Trainee gewesen und ab Oktober 2007 für sieben Monate in Spanien\neingesetzt worden. Eine Nachfolgerin für die Wohnraumpflege habe erst für\nJanuar 2008 gefunden werden können. Die Zeit vom 01. Oktober bis 31. Dezember\n2007 sei für die Marken der Wohnraumpflege dergestalt überbrückt worden, dass\nFrau K. größere Themen und Projekte durch Vorarbeit erledigt hätte, neue\nAufgaben auf Januar 2008 verschoben oder von den nationalen business units\nausgeführt worden seine, soweit dies möglich und sinnvoll gewesen sei. Den\nGroßteil der Aufgaben habe der Internationale Marketing Director, Herr M.,\nübernommen, wodurch sich dessen Arbeitsbelastung in diesen drei Monaten stark\nerhöht habe. Diese Aufteilung zur Überbrückung eines nur kurzen Zeitraums habe\njedoch zu Betriebsstörungen geführt. Der Arbeitsplatz eines Internationalen\nBrand Managers sei nicht teilbar, und zwar weder nach Ländern, Marken oder\nAufgaben noch durch eine echte Arbeitsplatzteilung. Zahlreiche Projekte und\nAufgaben seien länderübergreifend. Ein Internationaler Brand Manager solle\ngerade eine einheitliche Markenkommunikation sicherstellen, was bei einer\nAufteilung nach Ländern nicht gewährleistet wäre. Zudem hätten dann die von\nder Klägerin betreuten Länder und die anderen Einheiten an 2,5 Tagen in der\nWoche keinen Ansprechpartner, was den Abschluss des Projekts zwangsläufig\nverzögern würde. Da es gemäß den Vorgaben im Einzelhandel meist nur drei\nTermine im Jahr gebe, zu denen neue Produkte lanciert werden könnten, hätte\neine Verzögerung erhebliche Umsatzeinbußen und bei Produktverbesserungen ggf.\ndie Auslistung des Produkts im Einzelhandel zur Folge. Ein Internationaler\nBrand Manager sei für eine Dachmarke zuständig, für deren Produkte ein\neinheitlicher Auftritt gewollt sei. In Bezug auf den von der Klägerin vor\nihrer Elternzeit betreuten Bereich Wohnraumpflege (emsal) ließen sich die\nhiervon umfassten Bodenpflegeprodukte nicht sinnvoll aufteilen. Die\nerforderlichen Kenntnisse des Wettbewerbs- und Marktumfelds würden eine\neinheitliche Betreuung gebieten. Die in der Pflege des Produktportfolios und\nder Kommunikation liegenden Schwerpunkte der Tätigkeit eines Internationalen\nBrand Managers ließen sich nicht auf zwei oder mehr Personen aufteilen. Der\nAbstimmungsbedarf wäre enorm. Die Unteilbarkeit des Arbeitsplatzes ergebe sich\nauch im Hinblick auf die Reisetätigkeit, die ein bis zwei Geschäftsreisen pro\nMonat umfassen könne. Auch eine echte Abeisplatzteilung in dem Sinne, dass\njede Teilzeitkraft sämtliche Aufgaben eines Internationalen Brand Managers\nübernehmen würde, hätte erhebliche Reibungsverluste zur Folge. Es sei\nunmöglich, alle Informationen und Entscheidungen immer vollständig an die\nandere Person weiterzugeben. Dies könne man nur sicherstellen, in dem die\nzweite Person zum Beispiel alle Mails zumindest in Kopie erhalten würde, jede\nder beiden an allen Meetings teilnehme und mündliche Informationen oder\ngetroffene Entscheidungen dokumentiert werden müssten, was mit einem\nerheblichen zusätzlichen Arbeitsaufwand verbunden wäre, der nicht zumutbar\nsei. Zudem wäre die Einstellung einer weiteren Kraft mit unverhältnismäßigen\nKosten verbunden, weil zur Aneignung des Wissens, welches ein Internationaler\nBrand Manager für die Betreuung der Dachmarke benötige, eine Einarbeitungszeit\nvon ca. einem Jahr erforderlich sei. Jede Variante einer Arbeitsplatzteilung\nerfordere erhebliche Abstimmungsprozesse, die ca. vier Wochenstunden pro\nPerson benötigen würden. Hinzu komme, dass jede der beiden Teilzeitkräfte zwei\nStunden pro Woche für ein Jour fixe mit dem Internationalen Marketingdirektor\nverwenden müsste, um diesen über den jeweiligen Projektstand zu informieren\nund offene Punkte zu klären. Auch wäre die Teilnahme an den Abteilungsmeetings\nmit je eineinhalb Stunden pro Woche erforderlich. Für sie würden durch eine\nTeilung der Stelle somit unverhältnismäßige Mehrkosten für effektiv ca. zwölf\nWochenstunden anfallen. Da der Arbeitsplatz eines Internationalen Brand\nManagers nicht teilbar sei und zudem eine Teilung unverhältnismäßig Kosten\nverursachen würde, stünden dem Teilzeitwunsch gewichtige betriebliche Gründe\nentgegen. Die Anträge zu 2 a) und b) seien unbegründet, weil die Klägerin die\nVerlängerung der Elternzeit über das zweite Lebensjahr ihrer Tochter nicht\nfristgerecht unter Einhaltung der siebenwöchigen Mindestfrist des § 16 Abs. 1\nSatz 1 BEEG beantragt habe. Da nicht rechtzeitig in Anspruch genommene\nElternzeit verfalle, gebe es keinen Anspruch auf Elternzeit, der übertragen\nwerden könnte. Sie habe auch nicht auf die Einhaltung der Antragsfrist\nverzichtet.\n\n \n\n84\n\n \n\nDas Arbeitsgericht Mainz hat mit Urteil vom 15. Juli 2011 (AZ: 1 Ca 247/11)\nder Klage in Bezug auf die mit dem Klageantrag zu 1) beanspruchte\nElternteilzeit für die Zeit vom 07. Februar 2011 bis 26. Dezember 2011\nstattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt,\ndie Beklagte habe dem Elternzeitbegehren der Klägerin in dem hier in Rede\nstehenden Zeitraum vom 07. Februar 2011 bis 26. Dezember 2011 entsprochen,\nwomit die für den Anspruch auf Elternteilzeit nötige Elternzeit im\nAnspruchszeitraum bestanden habe. Dem Anspruch der Klägerin auf Elternteilzeit\nstünden keine dringenden betrieblichen Gründe im Sinne von § 15 Abs. 7 Satz 1\nNr. 4 BEEG entgegen. Gehe es um die Unteilbarkeit des Arbeitsplatzes oder die\nUnvereinbarkeit der gewünschten Teilzeit mit dem betrieblichen\nArbeitszeitmodell sei das vom Bundesarbeitsgericht entwickelte Prüfungsschema\nfür die betrieblichen Ablehnungsgründe im Sinne von § 8 TzBfG anzuwenden. Das\nbetriebliche Organisationskonzept und daraus abgeleitete Arbeitszeitregelungen\nseien dagegen regelmäßig bedeutungslos, wenn sich der Arbeitgeber darauf\nberufe, er habe für den Arbeitnehmer keine Beschäftigungsmöglichkeit, weil der\nnur zur Vertretung befristet eingestellte Mitarbeiter nicht zu einer\nArbeitszeitreduzierung bereit sei. Der Verringerungswunsch müsse dann nicht\nmit den betrieblichen Abläufen in Einklang gebracht werden. Vorliegend habe\ndie Beklagte zwar vorgetragen, sie habe als Vertreterin für die Klägerin eine\nVollzeitkraft eingestellt. Sie habe aber weder behauptet, diese sei nur\nbefristet für den Zeitraum der Vertretung eingestellt worden, noch, dass diese\nMitarbeiterin zu einer Arbeitszeitreduzierung nicht bereit sei. Es bedürfe\ndaher der weitergehenden Prüfung. Die Beklagte habe sich hier vorrangig auf\ndie Unteilbarkeit des Arbeitsplatzes berufen, so dass ihr Vorbringen anhand\ndes für § 8 TzBfG entwickelten dreistufigen Prüfungsschemas zu überprüfen sei.\nVorliegend könne letztendlich offen gelassen werden, ob auf der ersten\nPrüfungsstufe ein durchgeführtes betriebliches Organisationskonzept\nfestzustellen sei, das die behauptete Arbeitszeitgestaltung bedinge. Die\ngeltend gemachten Gründe hätten für die hier allein in Rede stehende\nElternteilzeit von etwas mehr als zehn Monaten auf der dritten Prüfungsebene\njedenfalls nicht das erforderliche Gewicht. Entgegen der Ansicht der Beklagten\nwerde noch kein Organisationskonzept dargelegt, wenn der Arbeitgeber\nvorbringe, die Aufgaben sollten nach seiner unternehmerischen Zielsetzung von\neiner Vollzeitkraft, hier einer vollzeitbeschäftigten Internationalen\nBrandmanagerin erledigt werden, was auch für Leitungsfunktionen gelte. Zwar\nhabe die Beklagte vorgetragen, dass die Urlaubsvertretung eines\nInternationalen Brandmanagers sich so gestalte, dass der Urlaub frühzeitig\nallen Ansprechpartnern mitgeteilt und versucht werde, die Projekte darauf\nabzustimmen. Weiterhin habe die Beklagte angeführt, dass aus den von ihr\ngeschilderten betrieblichen Gründen den Internationalen Brandmanagern in\ndiesem Bereich zusammenhängender Urlaub nur für maximal zwei Wochen gewährt\nwerde. Abgesehen von der Rechtsfrage, ob und ggf. wie diese Art der\nUrlaubsgewährung mit den Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes in Einklang\nstehe, stelle sich auch die Frage, wie die Beklagte mit einem jederzeit\ndenkbaren längerfristigen Ausfall eines Arbeitnehmers, etwa infolge einer\nschwerwiegenden und länger andauernden Erkrankung, umzugehen gedenke. Die\nweiteren Fragen der ersten Stufe könnten vorliegend im Ergebnis jedoch auf\nsich beruhen. Die geltend gemachten betrieblichen Gründe seien jedenfalls für\ndie hier in Rede stehende Zeit von nur etwas mehr als zehn Monaten nicht\ngewichtig genug, um dem Anspruch der Klägerin auf Elternteilzeit\nentgegenzustehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seien an\ndas Gewicht der Ablehnungsgründe bei einem Begehren nach Elternteilzeit\nerhebliche Anforderungen zu stellen. Jedenfalls dieses erhebliche Gewicht\nwürden die mit der hier allein in Rede stehenden Abwesenheit der Klägerin von\netwas mehr als zehn Monaten verbundenen Koordinationsprobleme sowie die\ndadurch ggf. nötige Delegation von Aufgaben nicht aufweisen. Bei ihnen handele\nes sich um Schwierigkeiten, die mit einer Elternteilzeit regelmäßig verbunden\nseien. Die gesetzgeberische Zielvorstellung, die in der Dringlichkeit der\nentgegenstehenden betrieblichen Gründe zum Ausdruck komme, verlange dem\nArbeitgeber erhebliche Anstrengungen ab, um derartige Schwierigkeiten zu\nüberwinden. Insoweit habe die Beklagte im Wesentlichen vorgetragen, die von\nder Klägerin begehrte Arbeitsplatzteilung erfordere in jeder Variante\nerhebliche Abstimmungsprozesse, wofür die angegebenen zusätzlichen Zeiten mit\nentsprechenden Mehrkosten anfallen würden. Die Kammer verkenne nicht, dass\njede Variante der Aufgabenteilung tatsächlich "Reibungsverluste" zur Folge\nhaben dürfte. Diese reichten jedoch für das zeitlich begrenzte\nElternzeitbegehren unter Berücksichtigung der von der Rechtsprechung\naufgestellten Grundsätze nicht aus. Insoweit bestünden bereits Bedenken an der\nausreichenden Substantiierung des diesbezüglichen Vortrags, insbesondere in\nzeitlicher Hinsicht. Auch das Rechenwerk der Beklagten sei für das Gericht\nnicht in Gänze nachvollziehbar. Entgegen dem Vortrag der Beklagten sei es\njedenfalls im Hinblick auf die modernen Kommunikationsmöglichkeiten nicht\nnachvollziehbar, weshalb es schlechterdings unmöglich sein solle, alle\nInformationen und Entscheidungen jeweils vollständig an die andere Person\nweiterzugeben. So sei es technisch ohne Weiteres und auch ohne Zeitaufwand\nmöglich, der zweiten Person alle erhaltenen und versandten Mails per "cc"\nweiterzuleiten. Außerdem sei nicht ersichtlich, dass tatsächlich jeder der\nbeiden Teilzeitbeschäftigten an allen Meetings teilnehmen müsste, zumal über\nden Inhalt und das Ergebnis wichtiger Meetings und sonstiger Gespräche auch\nProtokolle erstellt würden, die dann dem abwesenden Mitarbeiter zur Verfügung\ngestellt werden könnten. Bei besonders wichtigen Veranstaltungen bestehe zudem\ndie Möglichkeit einer Telekonferenz, die mit einem zumutbaren technischen\nAufwand verbunden sei und keine unverhältnismäßigen Kosten verursache.\nAbgesehen davon, dass die Klägerin ihre grundsätzliche Bereitschaft hierzu,\nauch außerhalb ihrer dann bestehenden Arbeitszeit, glaubhaft bekundet habe,\nwäre sie auch gesetzlich hierzu in einem angemessenen Rahmen (Überstunden)\nverpflichtet. Zudem sei zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen, dass diese\nder Beklagen hinsichtlich der Wochentage, an denen sie ihre Arbeitsleistung\nerbringen solle, weitgehend freie Hand gelassen habe und es der Beklagten\ndamit möglich sei, die Klägerin unter Berücksichtigung der betrieblichen\nBelange so einzusetzen, dass möglichst wenig Reibungsverluste entstünden.\nDanach habe die Beklagte keine durchgreifenden Tatsachen im Sinne von\ndringenden betrieblichen Gründen dafür vorgebracht, dass die Aufgaben der\nKlägerin auch unter Berücksichtigung der nach der gesetzlichen Regelung und\nder Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erforderlichen erheblichen\nAnstrengungen der Beklagten - jedenfalls im Rahmen einer ca. zehnmonatigen\nElternteilzeit - nicht teilbar seien. Soweit der Klageantrag zu 2) in Rede\nstehe, sei dessen Begründetheit zunächst von der Entscheidung des\nLandesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz im Verfahren 3 Sa 305/11 beeinflusst. Im\nÜbrigen sei auf § 15 Abs. 2 S. 4 BEEG bzw. § 16 Abs. 3 BEEG zu verweisen.\n\n \n\n85\n\n \n\nGegen das ihr am 01. August 2011 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat\ndie Beklagte mit Schriftsatz vom 02. August 2011, beim Landesarbeitsgericht\nRheinland-Pfalz am 03. August 2011 eingegangen, Berufung eingelegt und diese\nmit Schriftsatz vom 30. September 2011, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-\nPfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet. Die Berufungsbegründung der\nBeklagten ist der Klägerin am 06. Oktober 2011 zugestellt worden. Mit\nSchriftsatz vom 04. November 2011, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz\nam gleichen Tag eingegangen, hat die Klägerin Anschlussberufung eingelegt und\ndiese zugleich begründet.\n\n \n\n86\n\n \n\nDie Beklagte trägt vor, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht dem Antrag der\nKlägerin auf Verringerung ihrer Arbeitszeit stattgegeben, weil dem Antrag\ndringende betriebliche Gründe entgegenstünden. Auf ihre umfangreichen und\nkonkreten Darlegungen, weshalb jede Form der Arbeitsplatzteilung zu\nerheblichen betrieblichen Störungen führen würde, sei das Arbeitsgericht nicht\nnäher eingegangen. Zudem sei nicht nachvollziehbar, warum die Gewichtung der\nGründe auf der dritten Stufe des vom Bundesarbeitsgericht entwickelten\nPrüfungsschemas zu ihren Lasten ausfalle. Bereits durch das Dreistufenschema\ndes Bundesarbeitsgerichts sei der Arbeitgeber übermäßig beeinträchtigt, weil\ner sich gegen den Änderungsanspruch des Arbeitnehmers wehren müsse, während\nnach der Systematik der Arbeitnehmer seine gewünschte Vertragsänderung als für\nden Arbeitgeber realisierbar darlegen müsste. Vorliegend wäre sie aufgrund der\nEntscheidung des Arbeitsgerichts zu einer grundlegenden Änderung ihres\nOrganisationskonzepts gezwungen. Der Arbeitszeitwunsch der Klägerin greife\nspürbar in ihr Arbeitskonzept im Bereich des Internationalen Marketings ein.\nIhre Entscheidung, die Position im Internationalen Marketing als\nSchnittstellenfunktion auszugestalten und für alle Ansprechpartner nur "ein\nGesicht" zu haben, sei nur auf Missbrauch zu überprüfen. Das Arbeitsgericht\nhabe verkannt, dass keine zeitlichen Aspekte zu berücksichtigen seien, sondern\nausschließlich tatsächliche Gründe. Auch wenn der Arbeitnehmer aus\nnachvollziehbaren Gründen seine Arbeitszeit verringern wolle, könne er dies\nnicht beanspruchen, wenn dem wie hier dringende betriebliche Gründe\nentgegenstünden. Soweit das Arbeitsgericht ausgeführt habe, dass sie zur\nErsatzkraft nicht ausreichend vorgetragen hätte, sei offenbar ihr Vortrag\nübersehen worden, wonach die Klägerin während ihrer Elternzeit durch eine\nbefristete Vollzeitkraft ersetzt worden sei, die sämtliche Aufgaben der\nKlägerin übernommen habe und ebenfalls AT-Angestellte sei. Bezüglich der vom\nArbeitsgericht aufgeworfenen Frage, ob die Art der Urlaubsgewährung mit dem\nBundesurlaubsgesetz vereinbar wäre, sei darauf zu verweisen, dass die von ihr\ngeschilderte Urlaubspraxis nicht gegen den Grundsatz der Unteilbarkeit des\nUrlaubs verstoße, sondern im Gegenteil ein gewichtiges Indiz für die\nUnteilbarkeit der Stelle sei. § 7 BurlG erlaube aus dringenden betrieblichen\nGründen ein Abweichen vom Teilungsverbot. Aufgrund der dargelegten\nSchnittstellenfunktion eines Internationalen Brandmanagers würde eine längere\nAbwesenheit die betrieblichen Abläufe erheblich beeinträchtigen. Auch die\nFrage, wie sie mit einer längeren Erkrankung eines Internationalen\nBrandmanagers umzugehen gedenke, sei rein hypothetisch, weil die von ihr\ndargelegten tatsächlich aufgetretenen Fehlzeiten anderweitige Dispositionen\nnicht erforderlich gemacht hätten. Die angeführten Krankheits- und\nUrlaubsvertretungen seien äußere Umstände, die sie nicht beeinflussen könne.\nDie Begründung des Arbeitsgerichts laufe darauf hinaus, dass allein deshalb,\nweil Arbeitnehmer zwingend Anspruch auf Urlaub hätten und krankheitsbedingt\nausfallen könnten, jeder Arbeitsplatz teilbar wäre. Mit ihren ausführlichen\nArgumenten und Darlegungen der betrieblichen Beeinträchtigungen habe sich das\nArbeitsgericht nicht näher auseinandergesetzt, sondern nur ausgeführt, dass\njede Form der Aufgabenteilung tatsächlich Reibungsverluste zur Folge haben\ndürfte. Es fehle jedoch an einer ausführlichen Begründung, warum diese dem\nArbeitgeber zumutbar seien. Die Beeinträchtigung ihres Organisationskonzeptes\nwäre so gravierend und tiefgreifend, dass dies den Kern des Konzeptes\nbeeinträchtige. Mit der Arbeitszeitverringerung könnten die Dachmarken nicht\nmehr durch eine Person betreut werden, sondern müssten auf zwei Personen\naufgeteilt werden. Nach der Rechtsprechung seien pädagogische\nBetreuungskonzepte, die eine möglichst durchgängige Betreuung sicherstellen\nwollten, ebenso als dringender betrieblicher Grund anerkannt wie das Konzept\n"one-face-to-the-customer". Durch die Teilzeittätigkeit könnte die Klägerin\nnicht an jedem Meeting teilnehmen, welches neben der Informationsweitergabe\nauch dem Erfahrungsaustausch diene. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen,\ndass die Aufgaben eines Internationalen Brandmanagers vielfältig seien und\nEntscheidungen vor allem schnell getroffen werden müssten. Dazu bedürfe es\neines umfassenden Sach- und Kenntnisstandes. Im Hinblick darauf, dass es\nschlicht nicht möglich sei, jedes Wort und jeden Gedanken weiterzugeben, würde\nimmer ein Informationsverlust eintreten. Die angeführten organisatorischen\nMöglichkeiten einer Arbeitsplatzteilung würden den zeitlichen Aufwand\nverkennen, der erforderlich sei, um sämtliche E-Mails und Protokolle zu lesen.\nSoweit das Arbeitsgericht Bedenken an der ausreichenden Substantiierung ihres\numfangreichen Vortrags zu den durch eine zweite Kraft entstehenden Kosten\ngeäußert habe, seien diese für sie nicht nachvollziehbar. Auch die Anträge zu\n2 a) und 2 b) seien abzuweisen, weil die nicht rechtzeitig in Anspruch\ngenommene Elternzeit verfallen sei.\n\n \n\n87\n\n \n\n**Die Beklagte beantragt** ,\n\n88\n\n \n\ndas Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 15. Juli 2011 - 1 Ca 247/11 -\nabzuändern, soweit der Klage stattgegeben wurde, und die Klage insgesamt\nabzuweisen.\n\n \n\n89\n\n \n\n**Die Klägerin beantragt** ,\n\n90\n\n \n\ndie Berufung der Beklagten zurückzuweisen.\n\n \n\n91\n\n \n\n**Die Klägerin beantragt im Wege der Anschlussberufung** ,\n\n92\n\n \n\ndas Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 15. Juli 2011 - 1 Ca 247/11 -\nabzuändern, soweit die Klage abgewiesen wurde, und\n\n \n\n93\n\n \n\ndie Beklagte zu verurteilen, der Übertragung für das Kind J. L. nicht in\nAnspruch genommener Elternzeit vom 27. Dezember 2011 bis 06. Februar 2012\nzuzustimmen,\n\n \n\n94\n\n \n\ndie Beklagte zu verurteilen, der Verringerung und Verteilung der wöchentlichen\nArbeitszeit der Klägerin ab dem 27. Dezember 2011 bis zum 06. Februar 2012\nwährend bestehender Elternzeit wie folgt zuzustimmen:\n\n \n\n95\n\n \n\nDie wöchentliche Arbeitszeit beträgt 20 Stunden die Woche, verteilt auf zwei\nTage á acht Stunden und einen Vormittag á vier Stunden.\n\n \n\n96\n\n \n\n**Die Beklagte beantragt** ,\n\n97\n\n \n\ndie Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.\n\n \n\n98\n\n \n\nDie Klägerin erwidert, das Arbeitsgericht habe der Klage zu Recht\nstattgegeben. Die Berufungsbegründung der Beklagten enthalte keine neuen\nArgumente, die zu einer Abänderung des Urteils führen könnten. Das\nArbeitsgericht habe zu Recht festgestellt, dass die mit ihrer teilweisen\nAbwesenheit verbundenen Koordinationsprobleme und nötige Delegation von\nAufgaben nicht das erforderliche Gewicht aufweisen würden, weil es sich hier\num Schwierigkeiten handele, die regelmäßig mit Elternteilzeit verbunden seien.\nDer diesbezügliche Vortrag der Beklagten sei bereits nicht ausreichend\nsubstantiiert. Die Beklagte habe nicht aufgezeigt, wie sie zu der Erkenntnis\ngelangt sei, dass eine Abstimmung zwischen den beiden Teilzeitbeschäftigten\nnur in vier Stunden zu bewältigen wäre und warum beide Mitarbeiter an den\nMeetings teilnehmen müssten. Weiterhin habe die Beklagte nicht aufgezeigt,\nwarum der Informationsaustausch zwischen den Mitarbeitern nicht durch\nEinsichtnahme in Protokolle hätte erfolgen können. Der Vortrag der Beklagten\nhinsichtlich des von ihr angeführten betrieblichen Organisationskonzepts sei\nnicht ausreichend und bereits unsubstantiiert. In diesem Zusammenhang sei zu\nberücksichtigen, dass die ihr als Internationale Brandmanagerin obliegende\nAufgaben für über neun Monate von ihrem Vorgesetzten Herrn M. kommissarisch\nmitbearbeitet worden seien. Diese längere Vertretung durch ihren Vorgesetzten\nzeige auf, dass das von der Beklagten behauptete betriebliche\nOrganisationskonzept tatsächlich nicht durchgeführt worden sei. Ihr\nvollzeitbeschäftigter Vorgesetzter habe ihre Position als Internationale\nBrandmanagerin wegen seiner übrigen Aufgaben nicht in Vollzeit ausfüllen\nkönnen. Es sei demnach unumgänglich gewesen, einzelne Aufgaben an ihm\nunterstellte Arbeitnehmer zu delegieren, Besprechungen und Dienstreisen auf\nbestimmte Tage zu konzentrieren. Es mangele insoweit auch an der Umsetzung des\nvon der Beklagten unsubstantiiert vorgetragenen Organisationskonzepts. Soweit\ndas Bundesarbeitsgericht einen substantiierten Vortrag eines Kindergartens,\nnach dem drei- bis sechsjährige Kinder möglichst durch eine Bezugsperson\nbetreut werden sollten, nicht beanstandet habe, sei ein solches pädagogisches\nBetreuungskonzept mit dem von der Beklagten als "one-face-to-the-customer"\nbenannten unsubstantiierten Konzept nicht vergleichbar, weil die\nInternationalen Brandmanager ausschließlich Kollegen, d.h. Mitarbeiter der\nBeklagten betreuten. Hinsichtlich der von der Beklagten angeführten\nunverhältnismäßigen Zusatzkosten sei darauf zu verweisen, dass die Beklagte\nselbst vorgetragen habe, dass die Einarbeitung eines Brandmanagers nahezu ein\nJahr benötige. Dies bedeute im Umkehrschluss, dass die Beklagte im Falle der\nvon ihr begehrten Beschäftigung als Teilzeitkraft einen wirtschaftlichen\nVorteil hätte. Mit ihrer Anschlussberufung verfolge sie ihren vom\nArbeitsgericht zu Unrecht abgewiesenen Anspruch auf Übertragung der nicht in\nAnspruch genommenen Elternzeit auf den Zeitraum vom 27. Dezember 2011 bis 06.\nFebruar 2012 und auf Gewährung von Elternteilzeit auch für diesen Zeitraum\nweiter (Anträge zu 2 a und b). Soweit das Arbeitsgericht darauf verwiesen\nhabe, dass die Begründetheit der Anträge zu 2 a) und b) von der Entscheidung\ndes Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz im Verfahren 3 Sa 305/11 abhängig\nsei, habe es verkannt, dass es sich um eine Rechtsfrage handele, die\nentscheidungsreif gewesen sei. Andernfalls hätte das Arbeitsgericht das\nVerfahren aussetzen müssen. Den Hinweis des Arbeitsgerichts auf § 15 Abs. 2\nSatz 4 BEEG bzw. § 16 Abs. 3 BEEG rechtfertige ebenfalls nicht die Abweisung\ndes Antrags zu 2). Sie habe gemäß § 15 Abs. 2 Satz 4 BEEG unter Einhaltung der\nFrist einen Antrag auf Übertragung der Elternzeit für nicht verbrauchte\nElternzeit gestellt. Die Beklagte habe keine Gründe zur Ablehnung des Antrags\nvorgebracht und verkannt, dass die Elternzeit erst nach Ablauf des dritten\nLebensjahres ihrer Tochter verfallen sein könne, so dass der Antrag\nrechtzeitig erfolgt sei. Gründe, welche gegen ihre Teilzeitbeschäftigung\nsprechen könnten, seien von der Beklagten auch insoweit nicht vorgetragen\nworden.\n\n \n\n99\n\n \n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die\nSchriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug\ngenommen. Die Verfahrensakte 3 Sa 305/11, auf deren gesamten Akteninhalt Bezug\ngenommen wird, wurde beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung\ngemacht.\n\n#### Entscheidungsgründe\n\n \n\n100\n\n \n\nDie gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung der Beklagten\nist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die hiernach\nzulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klage ist in Bezug auf die\nmit dem Antrag zu 1) begehrte Elternteilzeit für die Zeit vom 07. Februar 2011\nbis 26. Dezember 2011 gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO unzulässig, weil dieser\nStreitgegenstand bereits von der zuvor rechtshängig gemachten Klage\n(Parallelverfahren der Parteien: Arbeitsgericht Mainz - 1 Ca 1610/10 - LAG\nRheinland-Pfalz - 3 Sa 305/11) mit umfasst ist.\n\n \n\n101\n\n \n\nDie gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 524 ZPO statthafte Anschlussberufung der\nKlägerin ist innerhalb der Frist für die Berufungsbeantwortung (§ 66 Abs. 1\nSatz 3 ArbGG) formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6 ArbGG\ni.V.m. § 524 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 ZPO). Die hiernach ebenfalls zulässige\nAnschlussberufung der Klägerin, mit der sie die vom Arbeitsgericht\nabgewiesenen Anträge zu 2 a) und b) weiterverfolgt, hat für die Zeit vom 27.\nDezember 2011 bis 20. Januar 2012 Erfolg und ist im Übrigen unbegründet.\n\n \n\n \n\n**I.**\n\n102\n\n \n\nDie gegen die stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts hinsichtlich des\nKlageantrages zu 1) gerichtete Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klage\nist in Bezug auf den Antrag zu 1) wegen des bestehenden Prozesshindernisses\nder anderweitigen Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) unzulässig.\n\n \n\n103\n\n \n\n**1.** Nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO kann während der Rechtshängigkeit die\nStreitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden. Danach ist\ndie später rechtshängig gewordene Klage zwischen denselben Parteien über den\ngleichen Streitgegenstand von Amts wegen aufgrund des bestehenden\nProzesshindernisses als unzulässig abzuweisen (_Thomas/Putzo ZPO 31. Aufl. §\n261 Rn. 15_). Die Identität des Streitgegenstandes besteht auch in den Fällen,\nin denen ein Streitgegenstand einen anderen mit umfasst, weil dieser ein\nqualitatives Weniger ist (_Thomas/Putzo aaO. § 261 Rn. 13_).\n\n \n\n104\n\n \n\n**2.** Die zuvor rechtshängig gewordene Klage im Parallelverfahren der\nParteien hat den von der Klägerin gestellten Antrag auf Elternteilzeit für die\nZeit vom 28. Dezember 2010 bis 26. Dezember 2011 zum Streitgegenstand, der als\nMinus einen späteren Beginn der Elternzeit ab dem 07. Februar 2011 bis zum 26.\nDezember 2011 gemäß dem vorliegenden Klageantrag zu 1) mit umfasst. Die\nUnterschreitung bzw. zeitliche Verschiebung des Beginns der nach dem\nKlageantrag im Parallelverfahren verlangten Dauer der Elternteilzeit ist kein\nAliud, sondern nur ein Minus (_vgl. BAG 21. April 2009 - 9 AZR 391/08 - Rn.\n51, NZA 2010, 155; LAG Rheinland-Pfalz 13. September 2007 - 11 Sa 244/07 -\n[juris]_). Dementsprechend hat sich die Klägerin auch ausdrücklich darauf\nberufen, dass ihre Elternzeit ggf. zu einem späteren Zeitpunkt begonnen habe\nund im Zeitpunkt der anstehenden Entscheidung des Arbeitsgerichts die\nVoraussetzungen für ihren Antrag auf Elternteilzeit erfüllt seien.\n\n \n\n105\n\n \n\nDie Nichteinhaltung der Ankündigungsfrist von sieben Wochen gemäß §§ 16 Abs. 1\nSatz 1, 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BEEG führt nicht zur Unwirksamkeit des Antrags\ninsgesamt, sondern lediglich dazu, dass sich der Arbeitgeber erst zu dem\ngesetzlich vorgesehenen Zeitpunkt mit der Elternteilzeit einverstanden zu\nerklären braucht; demgemäß umfasst auch der entsprechende Klageantrag bei\nNichteinhaltung der Ankündigungsfrist eine zeitliche Verschiebung des Beginns\nder begehrten Elternteilzeit (_LAG Rheinland-Pfalz 13. September 2007 - 11 Sa\n244/07 - [juris]_).\n\n \n\n106\n\n \n\nDie Klägerin hat im Parallelverfahren ihren Antrag aus der Klageschrift vom\n19. August 2010 mit ihrem Schriftsatz vom 25. November 2010, der der Beklagten\nam 02. Dezember 2010 zugegangen ist, in einer den Anforderungen des § 253\nAbs.2 Nr. 2 ZPO entsprechenden Weise konkretisiert und in der nachfolgenden\nmündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2010 vor dem Arbeitsgericht einen\nentsprechenden Klageantrag auf Elternzeit für die Zeit vom 28. Dezember 2010\nbis 26. Dezember 2011 gestellt. Erst nach Rechtshängigkeit dieser Klage\n(Parallelverfahren) hat die Klägerin - vorsorglich - mit Schriftsatz vom 07.\nFebruar 2011, der der Beklagten am 14. Februar 2011 zugestellt worden ist, die\nvorliegende Klage erhoben. Im Hinblick darauf, dass der Streitgegenstand des\nim vorliegenden Verfahren gestellten Klageantrags zu 1) von der zuvor\nrechtshängig gewordenen Klage mit umfasst ist, war die vorliegende Klage in\nBezug auf den Antrag zu 1) wegen des von Amts wegen zu beachtenden\nProzesshindernisses der anderweitigen Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1\nZPO) als unzulässig abzuweisen.\n\n \n\n \n\n**II.**\n\n107\n\n \n\nDie Anschlussberufung, mit der die Klägerin ihre erstinstanzlich abgewiesenen\nAnträge zu 2 a) und b) weiterverfolgt, ist teilweise in Bezug auf den Zeitraum\nvom 27. Dezember 2011 bis 20. Januar 2012 begründet. Im Übrigen war die\nAnschlussberufung zurückzuweisen, weil sich die Klägerin bereits seit dem 21.\nJanuar 2011 wieder in Elternzeit befunden hat und deshalb nur für den Zeitraum\nvom 27. Dezember 2010 bis 20. Januar 2011 noch eine nicht verbrauchte\nRestelternzeit besteht, die übertragbar ist.\n\n \n\n108\n\n \n\n**1.** Die Klägerin hat sich aufgrund ihres im Parallelverfahren mit\nSchriftsatz vom 25. November 2010 gestellten Antrags, der der Beklagten am 02.\nDezember 2010 zugegangen ist, nach Ablauf der siebenwöchigen Ankündigungsfrist\n(§ 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG) ab dem 21. Januar bis zum 26. Dezember 2011 mit\nZustimmung der Beklagten in Elternzeit befunden.\n\n \n\n109\n\n \n\nDie Klägerin hat mit ihrem Schreiben vom 13. Januar 2009 Elternzeit nur bis\nzur Vollendung des zweiten Lebensjahres ihrer Tochter, mithin bis zum 26.\nDezember 2010 verlangt. Eine Inanspruchnahme der Elternzeit für das\nverbleibende dritte Jahr ergibt sich weder aus ihrem Schreiben vom 13. Januar\n2009 noch aus ihrem anwaltlichen Schreiben vom 25. Juni 2010. Vielmehr hat die\nKlägerin erstmals im Parallelverfahren mit ihrem Schriftsatz vom 25. November\n2010, der der Beklagten am 02. Dezember 2010 zugegangen ist, verbindlich\nElternzeit für das dritte Jahr beantragt, so dass die Ankündigungsfrist des §\n16 Abs. 1 Satz 1 BEEG am 20. Januar 2011 geendet hat und die verlangte\nElternzeit daher erst am 21. Januar 2011 beginnen konnte. Die Beklagte hat im\nParallelverfahren (Az.: 3 Sa 305/11) im Termin vom 22. November 2011 vor der\nBerufungskammer erklärt, dass sie für den Fall, dass im Hinblick auf den\nSchriftsatz der Klägerin vom 25. November 2010 bereits ein Antrag auf\nElternzeit nach Ablauf der Siebenwochenfrist ab dem 21. Januar 2011 anzunehmen\nsein sollte, der beantragten Elternzeit (bis zum 26. Dezember 2011) zustimme,\nnicht aber der begehrten Teilzeit. Es kann daher offen bleiben, ob nach einer\nzweijährigen Elternzeit die Inanspruchnahme von Elternzeit im dritten Jahr\nüberhaupt einer Zustimmung des Arbeitgebers bedarf. Die erkennende\nBerufungskammer hat der Klägerin mit Urteil vom gleichen Tag (22. November\n2011) im Parallelverfahren der Parteien (Az.: 3 Sa 305/11) den von ihr geltend\ngemachten Anspruch auf Elternteilzeit für die Zeit ab dem 21. Januar bis zum\n26. Dezember 2011 zuerkannt; wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf\ndas im Parallelverfahren ergangene Urteil verwiesen.\n\n \n\n110\n\n \n\n**2.** Die Beklagte ist gemäß §§ 15 Abs. 2 Satz 4 BEEG i.V.m. § 315 Abs. 3 BGB\nverpflichtet, der Übertragung des nicht verbrauchten Anteils der Elternzeit\nvom 27. Dezember 2010 bis 20. Januar 2011 auf die Zeit vom 27. Dezember 2011\nbis 20. Januar 2012 zuzustimmen.\n\n \n\n111\n\n \n\n**a)** Nach § 15 Abs. 2 Satz 4 BEEG ist ein Anteil der Elternzeit von bis zu\nzwölf Monaten mit Zustimmung des Arbeitgebers auf die Zeit bis zur Vollendung\ndes achten Lebensjahres übertragbar. Das setzt voraus, dass die Arbeitnehmerin\nfür dieses Kind noch eine nicht verbrauchte Restelternzeit zur Verfügung hat\n(_BAG 21. April 2009 - 9 AZR 391/08 - Rn. 12, NZA 2010, 155_).\n\n \n\n112\n\n \n\nVorliegend hat sich die Klägerin gemäß den obigen Ausführungen in der Zeit vom\n27. Dezember 2010 bis 20. Januar 2011 nicht in Elternzeit befunden. Die\ninsoweit nicht verbrauchte Restelternzeit ist nach Maßgabe des § 15 Abs. 2\nSatz 4 BEEG übertragbar. Die Ankündigungsfrist des § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG\ngilt nicht für eine Übertragung nach § 15 Abs. 2 Satz 4 BEEG, die an eine\nZustimmung des Arbeitgebers gebunden ist, sondern erst für die Inanspruchnahme\ndes übertragenen Anteils der Elternzeit.\n\n \n\n113\n\n \n\n**b)** Die Beklagte war verpflichtet, der Übertragung der Restelternzeit der\nKlägerin auf den Zeitraum nach Vollendung des dritten Lebensjahres ihrer\nTochter zuzustimmen.\n\n \n\n114\n\n \n\nDie Klägerin hat mit ihrem Schreiben vom 17. Dezember 2010 die Zustimmung der\nBeklagten zur Übertragung des vermeintlich in der Zeit vom 27. Dezember 2010\nbis zum 06. Februar 2011 nicht in Anspruch genommenen Anteils der Elternzeit\nauf die Zeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres ihrer Tochter beantragt.\nDie von der Beklagten mit Schreiben vom 27. Dezember 2010 erfolgte\nVerweigerung der Zustimmung zur Übertragung der Restelternzeit entspricht\nnicht billigem Ermessen im Sinne von § 315 BGB.\n\n \n\n115\n\n \n\n**aa)** Nach § 15 Abs. 2 Satz 4 BEEG ist die Übertragung der Elternzeit von\nbis zu zwölf Monaten nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich. Aus dem\nGesetz ergibt sich nicht, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber die\nZustimmung verweigern darf oder erteilen muss. Hieraus folgt nicht, dass die\nEntscheidung über die Zustimmung im freien Belieben des Arbeitgebers steht.\nAusgehend vom Gesetzeszweck setzt die Ablehnung eine Interessenabwägung gemäß\n§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB voraus. Die flexibilisierte Elternzeit soll nach dem\nWillen des Gesetzgebers zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf\nbeitragen und die berufliche Motivation junger Eltern erhöhen. Allerdings ist\ngesehen worden, dass die Übertragung auf einen späteren Zeitraum nach der\nVollendung des dritten Lebensjahres des Kindes mit betrieblichen Interessen\nkollidieren kann. Der Gesetzgeber hat deshalb durch das Zustimmungserfordernis\nsicherstellen wollen, dass die beiderseitigen Interessen angemessen\nberücksichtigt werden. Das schließt eine ungebundenes, freies Ermessen aus.\nDer Arbeitgeber hat vielmehr bei seiner Entscheidung auch das Interesse der\nEltern an der Betreuung ihrer Kleinkinder zu berücksichtigen (_BAG 21. April\n2009 - 9 AZR 391/08 - Rn. 45, NZA 2010, 155_).\n\n \n\n116\n\n \n\n**bb)** Die Weigerung der Beklagten, der Übertragung zuzustimmen, entsprach\nnicht billigem Ermessen.\n\n \n\n117\n\n \n\nDie Grenzen billigen Ermessens sind gewahrt, wenn der Arbeitgeber bei seiner\nEntscheidung die wesentlichen Umstände des Einzelfalls abgewogen und die\nbeiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat. Ob die Entscheidung\ndes Arbeitgebers billigem Ermessen entspricht, unterliegt der gerichtlichen\nKontrolle nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Hierfür gilt ein objektiver Maßstab.\nDer Arbeitgeber hat alle Umstände zu berücksichtigen, die zu dem Zeitpunkt\nvorliegen, zu dem er die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Soweit die\nEntscheidung ermessensfehlerhaft ist, tritt entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2\nBGB an ihre Stelle das Urteil des Gerichts (_BAG 21. April 2009 - 9 AZR 391/08\n- Rn. 47, NZA 2010, 155_).\n\n \n\n118\n\n \n\nDie Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, die einer Übertragung der\nElternzeit entgegenstehen, so dass ihre ablehnende Entscheidung im Hinblick\nauf das von ihr zu berücksichtigende Interesse der Klägerin an der Betreuung\nihrer Kleinkinder als ermessensfehlerhaft zu bewerten ist.\n\n \n\n119\n\n \n\n**c)** Nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB ist die Zustimmung zur Übertragung des\nnicht verbrauchten Anteils der Elternzeit vom 27. Dezember 2010 bis 20. Januar\n2011 auf den Zeitraum vom 27. Dezember 2011 bis zum 20. Januar 2012 zu\nerteilen. Die Unterschreitung der verlangten Dauer ist kein Aliud, sondern nur\nein Minus (_BAG 21. April 2009 - 9 AZR 391/08 - Rn. 51, NZA 2010, 155_).\n\n \n\n120\n\n \n\n**3.** Die Klägerin hat für diesen Übertragungszeitraum gemäß § 15 Abs. 6 und\n7 BEEG einen Anspruch auf die begehrte Elternteilzeit.\n\n \n\n121\n\n \n\nDer Arbeitnehmer darf den Antrag auf Verringerung und Neuverteilung seiner\nArbeitszeit gleichzeitig mit dem Elternzeitverlangen stellen (_BAG 15.\nDezember 2009 - 9 AZR 72/09 - Rn. 33, NZA 2010, 447_). Die Klägerin hat in\nihrem Schreiben vom 17. Dezember 2010 die Inanspruchnahme der Elternzeit für\nden Übertragungszeitraum erklärt und zugleich die Verringerung und\nNeuverteilung ihrer Arbeitszeit auch für diesen Zeitraum verlangt. Die\nAnkündigungsfrist (§§ 16 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BEEG) ist in\nBezug auf die für den Übertragungszeitraum verlangte Elternteilzeit vom 27.\nDezember 2011 bis 20. Januar 2012 gewahrt. Im Übrigen sind die allgemeinen\nVoraussetzungen eines Anspruchs auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 15\nAbs. 7 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BEEG unstreitig erfüllt.\n\n \n\n122\n\n \n\nDem Anspruch der Klägerin standen im Zeitpunkt der Ablehnung ihres Antrags\ndurch die Beklagte mit Schreiben vom 27. Dezember 2010 auch keinen dringenden\nbetrieblichen Gründe im Sinne von §§ 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BEEG entgegen.\n\n \n\n123\n\n \n\n**a)** An das objektive Gewicht der Ablehnungsgründe nach § 15 Abs. 7 Satz 1\nNr. 4 BEEG sind erhebliche Anforderungen zu stellen. Das verdeutlicht der\nBegriff "dringend". Mit ihm wird ausgedrückt, dass eine Angelegenheit\nnotwendig, erforderlich oder sehr wichtig ist. Die entgegenstehenden\nbetrieblichen Interessen müssen zwingende Hindernisse für die beantragte\nVerkürzung der Arbeitszeit sein. Zwar sind die entgegenstehenden dringenden\nbetrieblichen Gründe in den Katalog der Anspruchsvoraussetzungen des § 15 Abs.\n7 Satz 1 BEEG aufgenommen worden. Dennoch hat der Arbeitgeber die Tatsachen,\naus denen sich die negative Anspruchsvoraussetzung der entgegenstehenden\ndringenden betrieblichen Gründe ergeben soll, dazulegen und zu beweisen. Der\nArbeitnehmer genügt seiner Darlegungslast schon dann, wenn er behauptet,\nsolche Gründe bestünden nicht. Inhalt und Umfang der vom Arbeitgeber\ndarzulegenden Tatsachen, aus denen sich die dringenden betrieblichen\nAblehnungsgründe ergeben sollen, richten sich nach dem Lebenssachverhalt, auf\nden er die Zustimmungsverweigerung stützt (_BAG 15. Dezember 2009 - 9 AZR\n72/09 - Rn. 45 - 47, NZA 2010, 447_).\n\n \n\n124\n\n \n\nGeht es um die Unteilbarkeit des Arbeitsplatzes oder die Unvereinbarkeit der\ngewünschten Teilzeitarbeit mit den betrieblichen Arbeitszeitmodellen ist\naufgrund der vergleichbaren Interessenlage das Prüfungsschema anzuwenden, dass\ndas Bundesarbeitsgericht für die betrieblichen Ablehnungsgründe im Sinne von §\n8 TzBfG entwickelt hat:\n\n \n\n125\n\n \n\nDanach ist zunächst festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich\nangesehenen Arbeitszeitregelung überhaupt ein bestimmtes betriebliches\nOrganisationskonzept zugrunde liegt (erste Stufe). In der Folge ist zu\nuntersuchen, inwieweit die Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen\ntatsächlich entgegensteht (zweite Stufe). Schließlich ist in einer dritten\nStufe das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen. Dabei\nist die Frage zu klären, ob das betriebliche Organisationskonzept oder die\nzugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung durch die vom Arbeitnehmer\ngewünschte Abweichung wesentlich beeinträchtigt werden. Dieser Prüfungsmaßstab\ngilt nicht nur für die Verringerung der Arbeitszeit, sondern auch für ihre\nNeuverteilung. Ob (dringende) betriebliche Gründe vorliegen, beurteilt sich\nnach dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber den Arbeitzeitwunsch ablehnt (_BAG\n15. Dezember 2009 - 9 AZR 72/09 - Rn. 48 und 51, NZA 2010, 447_).\n\n \n\n126\n\n \n\n**b)** Die Beklagte hat die Ablehnung des Elternteilzeitantrags der Klägerin\nin erster Linie auf die Unteilbarkeit des Arbeitsplatzes gestützt. Den mit\nSchreiben der Klägerin vom 17. Dezember 2010 gestellten Antrag auf\nElternteilzeit hat die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 27. Dezember 2010\nabgelehnt.\n\n \n\n127\n\n \n\nIm Streitfall kann offen bleiben, ob auf der ersten Prüfungsstufe ein\ndurchgeführtes betriebliches Organisationskonzept festzustellen ist, das die\nbehauptete Arbeitszeitgestaltung bedingt. Die geltend gemachten Gründe haben\nauf der dritten Prüfungsstufe jedenfalls nicht das erforderliche Gewicht.\n\n \n\n128\n\n \n\n**aa)** Zunächst ist zu berücksichtigen, dass noch kein Organisationskonzept\ndargelegt wird, wenn der Arbeitgeber vorbringt, die Aufgaben sollten nach\nseiner unternehmerischen Zielsetzung von einer Vollzeitkraft, hier einer\nvollzeitbeschäftigten Internationalen Brand Managerin, erledigt werden. Das\ngilt auch für Leitungsfunktionen. Sonst könnte der Arbeitgeber jedem\nTeilzeitverlangen mit dem Argument entgegnen, er wolle nur\nVollzeitarbeitnehmer beschäftigen (_BAG 15. Dezember 2009 - 9 AZR 72/09 - Rn.\n54, NZA 2010, 447_).\n\n \n\n129\n\n \n\nDie Beklagte hat diesbezüglich vorgetragen, sie habe die unternehmerische\nEntscheidung getroffen, dass Internationale Brand Manager grundsätzlich in\nVollzeit tätig seien, um eine einheitliche Marketingstrategie für die\nDachmarke sicherzustellen. Dies liege auch darin begründet, dass der Markt der\nPutz- und Reinigungsmittel zu den "fast moving consumer goods" zu zählen sei\nund die Schnelligkeit der Märkte eine permanente Erreichbarkeit voraussetzen\nwürde. Die Aufgaben eines Internationalen Brand Managers seien nicht auf\nmehrere Personen aufteilbar, weil ansonsten die einheitliche Vermarktung einer\nMarke gefährdet wäre. Ihr Organisationskonzept beim Internationale Brand\nManager sei eine "one-face-to-the-customer-Strategie", so dass diese\nTätigkeiten nur in Vollzeit ausgeübt werden könnten. Sie habe sich dafür\nentschieden, alle Produkte einer Marke bzw. eines Markendaches in die Hand\neiner Person zu geben, die dafür verantwortlich sei, diese Produkte im Markt\nin Absatz zu bringen und zu bewerben. Die Urlaubsvertretung eines\nInternationalen Brand Managers gestalte sich so, dass dessen Lage frühzeitig\nallen relevanten Ansprechpartnern mitgeteilt und versucht werde, die Projekte\ndarauf abzustimmen. Falls während der Urlaubsabwesenheit nicht aufschiebbare\nEntscheidungen zu treffen seien, übernehme dies je nach den konkreten\nUmständen entweder ein anderer Internationaler Brand Manager oder aber der\nLeiter der Abteilung, Herr M.. Diese seien aufgrund der wöchentlichen Meetings\nüber den jeweiligen Arbeitsstand informiert und daher hierzu in der Lage.\nZudem werde aus den dargestellten betrieblichen Gründen zusammenhängender\nUrlaub nur für maximal zwei Wochen gewährt. Dies alles sei aber nur möglich,\nweil es sich um eine maximal zwei Wochen andauernde Abwesenheit handele. Eine\ndauerhafte Übertragung von Aufgaben scheide aus, weil die anderen\nInternationalen Brand Manager und deren Abteilungsleiter mit ihren Aufgaben\nbereits selbst voll ausgelastet seien. Ein deutliches Zeichen dafür, dass\ndieses Konzept auch von ihr umgesetzt werde, sei der Umstand, dass die\nKlägerin während ihrer Elternzeit durch eine (befristete) Vollzeitkraft\nersetzt worden sei, die sämtliche Aufgaben der Klägerin übernommen habe und\nebenfalls AT-Angestellte sei.\n\n \n\n130\n\n \n\nDie Klägerin hat darauf entgegnet, dass entgegen der nicht nachvollziehbaren\nDarstellung der Beklagten sehr wohl eine Vertretung möglich sei. Zur\nBegründung einer Teilbarkeit ihrer Stelle hat sie vorgetragen, dass ihre\nStelle nach ihrem mutterschutzbedingten Ausscheiden knapp ein Jahr vakant\ngewesen sei und nicht habe besetzt werden können. In dieser Zeit sei sie von\nihrem Vorgesetzten, Herrn M., vertreten worden. Ihre längere Vertretung durch\nden Vorgesetzten spreche gegen die seitens der Beklagten behaupteten\nUnvertretbarkeit. Die anfallenden Arbeiten könnten durchaus delegiert und\numverteilt werden. Anders habe es der sie für ein Jahr vertretende Vorgesetzte\nauch nicht gemacht. Die Beklagte könne wohl kaum behaupten, dass Herr M. zwei\nVollzeitstellen ohne Hilfe über ein Jahr ausgeübt habe. Im Hinblick darauf,\ndass ihr Aufgabenbereich schon zu früheren Zeiten auf andere Mitarbeiter\nverteilt worden sei, müsste dies auch nun möglich sein. Störungen, welche in\ndieser Zeit ihrer Vertretung aufgetreten seien, habe die Beklagten nicht\naufgezeigt.\n\n \n\n131\n\n \n\nDie Beklagte hat ergänzend vorgetragen, dass für die seit 23. Februar 2007 in\nMutterschutz/Elternzeit befindliche Klägerin als Vertreterin am 26. Februar\n2007 Frau K. in Vollzeit eingesetzt worden sei. Diese habe vom 26. Februar bis\n30. September 2007 unter der Anleitung von Herrn M. das Markendach "emsal"\nbetreut. Frau K. sei seinerzeit Trainee gewesen und ab Oktober 2007 für sieben\nMonate in Spanien eingesetzt worden. Eine Nachfolgerin für die Wohnraumpflege\nhabe erst für Januar 2008 gefunden werden können. Die Zeit vom 01. Oktober bis\n31. Dezember 2007 sei für die Marken der Wohnraumpflege dergestalt überbrückt\nworden, dass Frau K. größere Themen und Projekte durch Vorarbeit erledigt\nhätte, neue Aufgaben auf Januar 2008 verschoben oder von den nationalen\nbusiness units ausgeführt worden seine, soweit dies möglich und sinnvoll\ngewesen sei. Den Großteil der Aufgaben habe der Internationale Marketing\nDirector, Herr M., übernommen, wodurch sich dessen Arbeitsbelastung in diesen\ndrei Monaten stark erhöht habe. Diese Aufteilung zur Überbrückung eines nur\nkurzen Zeitraums habe jedoch zu Betriebsstörungen geführt.\n\n \n\n132\n\n \n\nAufgrund dieser von der Beklagten selbst eingeräumten Vertretung der Klägerin\nvon Ende Februar bis Ende Dezember 2007 ist bereits zweifelhaft, ob das von\nihr behauptete Organisationskonzept auch tatsächlich in der Weise durchgeführt\nwird, dass der Arbeitsplatz der Klägerin unteilbar ist. Frau K. kann als sog.\n"Trainee" allenfalls einzelne Aufgaben der Klägerin wahrgenommen haben. Der in\nVollzeit beschäftigte Leiter der Abteilung Internationales Marketing, Herr M.,\nist nach der Darstellung der Beklagten mit seinen Aufgaben selbst voll\nausgelastet und konnte daher die Position der Klägerin nicht in Vollzeit\nausfüllen. Es war demnach unumgänglich, einzelne Aufgaben an ihm unterstellte\nArbeitnehmer zu delegieren, Besprechungen und Dienstreisen auf bestimmte Tage\nzu konzentrieren (_vgl. hierzu auch BAG 15. Dezember 2009 - 9 AZR 72/09 - Rn.\n55, NZA 2010, 447_). Diesbezüglich hat die Beklagte selbst eingeräumt, dass\ndie Zeit vom 01. Oktober bis 31. Dezember 2007 dergestalt überbrückt worden\nsein soll, dass Frau K. u.a. größere Themen und Projekte durch Vorarbeit\nerledigt und Aufgaben von den nationalen business units ausgeführt worden\nseien. Auch während des zuvor erfolgten Einsatzes von Frau K. "unter der\nAnleitung von Herrn M." mussten notwendigerweise Überbrückungsmaßnahmen zur\nVerteilung der zu erledigenden Aufgaben erfolgen, weil diese als sog. Trainee\nallenfalls einzelne Aufgaben der Klägerin übernommen haben kann.\n\n \n\n133\n\n \n\n**bb)** Die Fragen der ersten Prüfungsstufe können letztendlich dahingestellt\nbleiben, weil die von der Beklagten geltend gemachten betrieblichen Gründe\njedenfalls nicht gewichtig genug sind, um dem Anspruch der Klägerin auf\nElternteilzeit entgegenzustehen.\n\n \n\n134\n\n \n\nDer Arbeitgeber hat im Falle der Elternzeit jede dem Gesetz entsprechende\nEntscheidung des Arbeitnehmers zu respektieren. Von ihm wird erwartet, dass er\ndie mit einer elternzeitbedingten Abwesenheit des Arbeitnehmers verbundenen\nSchwierigkeiten bewältigt und die aus seiner Sicht erforderlichen\nÜberbrückungsmaßnahmen trifft. Das gilt grundsätzlich auch für\nBeeinträchtigungen, die eine vom Arbeitnehmer während der Elternzeit\ngewünschte Teilzeitarbeit mit sich bringt, wie § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG\nverdeutlicht. Der Arbeitgeber darf den Verlängerungswunsch lediglich aus\n"dringenden betrieblichen" Gründen ablehnen, während der allgemeine\nVerringerungsanspruch aus § 8 TzBfG schon aus "betrieblichen" Gründen\nabgelehnt werden kann. An das Gewicht der Ablehnungsgründe sind daher\nerhebliche Anforderungen zu stellen (_BAG 15. Dezember 2009 - 9 AZR 72/09 -\nRn. 57, NZA 2010, 447_).\n\n \n\n135\n\n \n\nDieses erhebliche Gewicht kommt den mit einer Elternteilzeit der Klägerin\nverbundenen Problemen bei der Koordination sowie Abstimmung und der nötigen\nDelegation von einzelnen Aufgaben nicht zu. Bei ihnen handelt es sich um\nSchwierigkeiten, die mit Elternteilzeit regelmäßig verbunden sind. Die\ngesetzgeberische Zielvorstellung, die in der Dringlichkeit der\nentgegenstehenden betrieblichen Gründe zum Ausdruck kommt, verlangt dem\nArbeitgeber erhebliche Anstrengungen ab, um derartige Schwierigkeiten zu\nüberwinden (_BAG 15. Dezember 2009 - 9 AZR 72/09 - Rn. 58, NZA 201, 447_).\n\n \n\n136\n\n \n\nDie Beklagte hat lediglich pauschal darauf verwiesen, dass die vorgenommene\nAufteilung der Aufgaben während der "Vertretung" der Klägerin durch Frau K.\nsowie durch Herrn M. zu Betriebsstörungen geführt habe. Welche\n"Betriebsstörungen" während der nahezu ein Jahr erforderlichen Umverteilung\nvon Aufgaben aufgetreten sein sollen, hat die Beklagte - trotz des Bestreitens\nder Klägerin - nicht vorgetragen. Allein die Absicht, den Arbeitsplatz der\nKlägerin bzw. die hiermit verbundenen Aufgaben nicht teilen zu wollen, genügt\nnicht (_vgl. BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 910/08 - Rn. 27, NZA 2010, 339_).\nDie Beklagte hat nicht nachvollziehbar begründet, inwieweit ihr\nunternehmerisches Konzept während der praktizierten Vertretung der Klägerin\nvon nahezu einem Jahr durch die vorgenommene Aufgabenverteilung tatsächlich\nbeeinträchtigt worden ist und welche konkreten Störungen im Falle einer\nerneuten Vornahme derartiger Überbrückungsmaßnahmen zur Ermöglichung der von\nder Klägerin begehrten Elternteilzeit zu erwarten sein sollen.\n\n \n\n137\n\n \n\nMithin lässt sich nicht feststellen, dass die von der Beklagten angeführten\nSchwierigkeiten bei der erforderlichen Abstimmung und Koordination sowie der\nnötigen Delegation von Aufgaben, die mit der teilweisen Abwesenheit der\nKlägerin verbunden sind, derart gewichtig sein sollen, dass sie dem Anspruch\nder Klägerin auf Elternteilzeit entgegenstehen.\n\n \n\n138\n\n \n\n**c)** Die Beklagte hat sich ferner darauf berufen, dass die Einstellung einer\nweiteren Kraft zur Abdeckung des im Falle der begehrten Elternteilzeit\nverbleibenden Arbeitsbedarfs mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden wäre. Um\nsich das von einem Internationalen Brand Manager für die Betreuung der\nDachmarke benötigte Wissen anzueignen, sei eine Einarbeitungszeit von ca.\neinem Jahr erforderlich. Dies bedeute, dass sie erst nach einem Jahr die volle\nWertschöpfung aus der Arbeitskraft eines Internationalen Brand Managers ziehen\nkönne. Die bis dahin entstehenden Kosten seien erheblich, weil diese Stelle im\naußertariflichen Bereich angesiedelt sei.\n\n \n\n139\n\n \n\nDem steht bereits entgegen, dass die Mitarbeiterin S. K., die bis zu Beginn\nihrer Elternzeit ebenfalls als Internationale Brand Managerin tätig war, auch\nin Teilzeit mit einer halben Stelle tätig sein wollte und daher die Abdeckung\ndes Arbeitsbedarfs durch eine bereits eingearbeitete Mitarbeiterin möglich\ngewesen wäre. Die Klägerin hat diesbezüglich auf die von der Beklagten zum 01.\nJanuar 2011 ausgeschriebene Stelle als Internationaler Brand Manager\nverwiesen, auf die sich die ebenfalls in Elternzeit befindliche Mitarbeiterin\nS. K. mit ihrem Teilzeitbegehren beworben hatte. Die Beklagte hat dieses\nTeilzeitbegehren der Mitarbeiterin K. ebenso wie das der Klägerin unstreitig\nabgelehnt. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass sich die\nMitarbeiterin K. und sie selbst sehr gut vorstellen könnten, die Stelle\nübergangsweise jeweils zur Hälfte auszuüben. Danach wäre es der Beklagten\nmöglich gewesen, den vorhandenen Arbeitsbedarf dadurch abzudecken, dass sie\nzwei in Elternzeit befindliche Mitarbeiterinnen, die beide zuvor als\nInternationale Brand Manager tätig waren und dementsprechend auch\neingearbeitet sind, jeweils mit einer halben Stelle gemäß deren\nTeilzeitbegehren beschäftigt und damit die erforderliche Einarbeitungszeit von\neinem Jahr nach einer Neueinstellung vermeidet. Auch wenn die zwischen zwei\nTeilzeitbeschäftigten erforderlichen Abstimmungsprozesse zusätzliche Kosten\nbeinhalten, kann in Anbe-tracht der entfallenden Einarbeitungszeit von einem\nJahr eine unverhältnismäßige Mehrbelastung mit zusätzlichen Kosten nicht\nangenommen werden.\n\n \n\n140\n\n \n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.\n\n141\n\n \n\nEine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die\ngesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.\n\n |
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118,153 | lagrlp-2011-10-10-5-sa-24411 | 899 | Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz | lagrlp | Rheinland-Pfalz | Arbeitsgerichtsbarkeit | 5 Sa 244/11 | 2011-10-10 | 2018-12-27 19:18:01 | 2019-02-14 11:57:00 | Urteil | ECLI:DE:LAGRLP:2011:1010.5SA244.11.0A | \n\n#### Tenor\n\n \n\n \n\nDie Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom\n24.01.2011 - Az: 3 Ca 2866/09 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.\n\n \n\nDie Revision wird nicht zugelassen.\n\n \n\nDer Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 12.747,05 € festgesetzt.\n\n#### Tatbestand\n\n \n\n1\n\n \n\nDie Parteien des vorliegenden Rechtstreits streiten darüber, ob das zwischen\ndem Kläger und der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer\nordentlichen betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung sein Ende gefunden hat, ob\nzwischen ihr und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis besteht und darüber\nhinaus darüber, ob im Falle des Obsiegens die Beklagte verpflichtet ist, ihn\nweiterzubeschäftigen.\n\n2\n\n \n\nDer am 17.02.1954 geborene Kläger ist seit 02.04.2002 bei der\nBetriebsvorgängerin der Beklagten, bei welcher mehr als zehn Arbeitnehmer in\nVollzeit beschäftigt sind, als Fahrer beschäftigt. Der Kläger ist verheiratet.\nDer monatliche Verdienst des Klägers belief sich nach eigenen Angaben zuletzt\nauf Euro 2.819,95 brutto.\n\n3\n\n \n\nDie Beklagte ging aus der Firma C. GmbH hervor, nachdem es 2002 zu einem\nZusammenschluss mit dem Hause A. aus A.-Stadt gekommen war. Während zunächst\nnoch die Annahme von Obst, Herstellung von Obstsäften, Vertrieb, Verkauf und\nBelieferung von Kunden von der Beklagten von T-Stadt aus getätigt wurden,\nwurde zum 31.03.2009 die Produktionsabteilung stillgelegt. Nach diesem\nZeitpunkt verfügte die Beklagte nur noch über die Abteilungen Fuhrpark, Lager\nund Verwaltung.\n\n4\n\n \n\nAm 29.09.2009 traf die Geschäftsleitung der Beklagten die Entscheidung, den\ngesamten Betrieb in T-Stadt zum 28.02.2010 stillzulegen.\n\n5\n\n \n\nNach Beendigung der Abschluss- und Ausräumarbeiten werden in der\nBetriebsstätte T-Stadt keine betrieblichen Tätigkeiten mehr durchgeführt.\n\n6\n\n \n\nDienstleistungsverträge, die seitens der Beklagten bestanden hatten, waren\naufgekündigt worden. Das Mietverhältnis wurde beendet. Der Vertrag bzgl. der\nden Mitarbeitern zur Verfügung gestellten Handys wurde gekündigt. Gleiches\ngilt für die Verträge bzgl. Mietwäsche und den Flüssiggaslieferungsvertrag.\n\n7\n\n \n\nMit Schreiben vom 26.11.2009 hat die Beklagte daraufhin das mit dem Kläger\nbestehende Arbeitsverhältnis zum 28.02.2010 gekündigt.\n\n8\n\n \n\nDagegen wendet sich der Kläger mit der rechtzeitig erhobenen\nKündigungsschutzklage.\n\n9\n\n \n\nDie Beklagte wurde mit Wirkung vom 22.09.2010 mit der A. Vertriebsgesellschaft\nmbH verschmolzen. Letztere wurde sodann in C. umfirmiert.\n\n10\n\n \n\nAufgrund Säumnis des Klägers im Kammertermin vom 28.04.2010 hat das\nArbeitsgericht auf Antrag der Beklagten die Klage durch Versäumnisurteil\nabgewiesen. Gegen dieses, seinem Prozessbevollmächtigten am 17.05.2010\nzugestellte Urteil, hat der Kläger am 19.05.2010 Einspruch eingelegt.\n\n11\n\n \n\nDer Kläger hat vorgetragen, die ihm gegenüber durch die Beklagte\nausgesprochene Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Es sei nicht zu einer\nBetriebsstilllegung gekommen. Vielmehr habe die Geschäftsleitung der Beklagten\ndie Fortführung des Betriebs mit der S-Stadt Konzerntochter, der S. GmbH,\nbeschlossen. Die Aufkündigung der von der Beklagten angesprochenen Verträge\nbestreite sie mit Nichtwissen.\n\n12\n\n \n\nDer Rheinpfalz gegenüber habe der Mitgeschäftsführer der Beklagten, Herr M.,\nals der für den Vertrieb verantwortliche Geschäftsführer von C. der R.\ngegenüber erklärt, dass der Standort von T-Stadt nach A-Stadt verlagert werde\nund alle Arbeitnehmer sowie Teile des Fuhrparks usw.. übernommen werden\nsollten und nach der Betriebsversammlung mit 5 C-Mitarbeitern schon Gespräche\ngeführt worden seien.\n\n13\n\n \n\nInzwischen sei der Vertrieb von C. über die T-Stadt GmbH angelaufen, zum\n01.03.2010 seien drei Mitarbeiter nach Angebot abweichender Arbeitsverträge\ndort tätig.\n\n14\n\n \n\nFolglich sei der Betrieb der Beklagten auf die T-Stadt GmbH übergegangen.\n\n15\n\n \n\nEs treffe nicht zu, dass Betriebsmittel der Beklagten vom Konzern übernommen\nworden seien bzw. zum Verkauf stünden.\n\n16\n\n \n\nDer Kläger hat beantragt,\n\n17\n\n \n\n**das Versäumnisurteil des erkennenden Gerichtes vom 28.04.2010 – 3 Ca\n2866/2009 – aufzuheben und** \n**festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch\ndie Kündigung der Beklagten vom 2009-11-26, übergeben am 2009-11-27, aufgelöst\nist.** \n**hilfsweise für den Fall des Obsiegens,** \n**die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 2010-02-28 hinaus als Fahrer\nweiter zu beschäftigen.**\n\n18\n\n \n\nDie Beklagte beantragt,\n\n19\n\n \n\n**das Versäumnisurteil vom 28.04.2010 aufrecht zu erhalten.**\n\n20\n\n \n\nDie Beklagte hat vorgetragen, sie habe nach Schließung der\nProduktionsabteilung nur noch über die Abteilungen Fuhrpark, Lager und\nVerwaltung in T-Stadt verfügt. Da dies nicht kostendeckend gewesen sei, habe\ndie Geschäftsleitung beschlossen, den Betrieb insgesamt stillzulegen.\n\n21\n\n \n\nSoweit es um den Vertrieb der Marke C. gehe, obliege dieser nicht der\nBeklagten sondern allein der Firma A. Vertriebsgesellschaft mbH.\n\n22\n\n \n\nNur sie sei von den der Beklagten erbrachten Tätigkeiten und damit von der\nBetriebsstilllegung betroffen worden. Der Vertrieb durch die\nVertriebsgesellschaft erfolge weiter, wenn auch nunmehr auf anderem Wege.\n\n23\n\n \n\nDa alle Arbeitsverhältnisse betriebsbedingt gekündigt worden seien, habe keine\nSozialauswahl durchgeführt werden müssen. Ein Betriebsübergang sei nicht\ngegeben.\n\n24\n\n \n\nZwar führe die T-Stadt GmbH nunmehr eine eingeschränkte Logistikleistung für\ndie Marke C. aus. Daneben seien damit aber - was die Klägerin nicht bestritten\nhat - auch die Firmen Q. GmbH & Co. KG, 123456 Q-GmbH, die Firma P. GmbH,\n12555 P-Stadt, die Firma O. OHG, 12454 O-Stadt sowie die Firma N. GmbH & Co.\nKG, 12444 N-Stadt beauftragt.\n\n25\n\n \n\nBetriebsmittel habe keine dieser Firmen von der Beklagten übernommen.\n\n26\n\n \n\nAuch habe die T-Stadt GmbH keine Teile des Fuhrparks der Beklagten zu 1.\nübernommen.\n\n27\n\n \n\nDa die T-Stadt GmbH an qualifizierten Mitarbeitern interessiert gewesen sei,\nsei allerdings durchaus Arbeitnehmern der Beklagten angeboten worden, neue\nArbeitsverträge mit ihr abzuschließen.\n\n28\n\n \n\nDas Arbeitsgericht Ludwigshafen hat daraufhin durch Urteil vom 24.01.2011 - 3\nCa 2866/09 - das Versäumnisurteil vom 28.04.2010 aufrechterhalten.\nHinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl.\n135 - 149 d. A. Bezug genommen.\n\n29\n\n \n\nGegen das ihm am 26.04.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am\n29.04.2011 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz\nBerufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 04.07.2011 beim\nLandesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem zuvor auf\nseinen begründeten Antrag hin durch Beschluss vom 04.05.2011 die Frist zur\nEinreichung der Berufungsbegründung bis zum 20.07.2011 einschließlich\nverlängert worden war.\n\n30\n\n \n\nDer Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere\nhervor, zwischen der Beklagten und der T-Stadt GmbH sei es in mehreren\nSchritten zu einem Betriebsübergang im Zusammenhang mit der zum Teil\nvollzogenen Schließung des Standorts der Beklagten gekommen. Die T-Stadt GmbH\nhabe zur Logistikplattform für Firma C. gemacht werden, alle Arbeitnehmer der\nBeklagten sowie Teile des Fuhrparks übernommen werden sollen. Auch ein\nBetriebsübergang, der im Kündigungszeitpunkt nur "greifbare Formen" angenommen\nhabe, könne zum Eingreifen des Kündigungsverbots nach § 613a Abs. 4 BGB\nführen. Die T-Stadt GmbH habe aufgrund der beabsichtigten Übernahme aller\nMitarbeiter der Beklagten die Übernahme der Know-hows gewollt, wobei eine\nspätere abweichende Entscheidung bezüglich der Arbeitnehmer tatsächlich und\nrechtlich außer Betracht zu bleiben haben. Die Annahme, die Übernahme aller\nsonstigen sachlichen Betriebsmittel, die für den Betrieb der Beklagten zu 1.\nerforderlich gewesen seien, sei insoweit nicht ausreichend, sei\nrechtsfehlerhaft.\n\n31\n\n \n\nZur weiteren Darstellung der Auffassung des Klägers wird auf die\nBerufungsbegründungsschrift vom 01.07.2011 (Bl. 165 f d. A.) nebst Anlagen\n(Bl. 184 f d. A.) Bezug genommen.\n\n32\n\n \n\nDer Kläger beantragt,\n\n33\n\n \n\n**festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der\nBeklagten nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 26.11.2009, zugegangen\nam 27.11.2009, aufgelöst worden ist.**\n\n34\n\n \n\nDie Beklagte beantragt,\n\n35\n\n \n\n**die Berufung zurückzuweisen.**\n\n36\n\n \n\nDie Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres\nerstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, sämtliche\nBetriebsmittel der Beklagten seien auf Dritte und nicht auf die T-Stadt GmbH\nübertragen worden. Auch habe diese nicht den Hauptteil der Belegschaft der\nBeklagten übernommen. Neben der T-Stadt GmbH seien schließlich noch weitere\nvier Firmen, wie bereits dargestellt, beauftragt worden, Distributionen der\nMarke C. vorzunehmen. Ein Betriebsübergang sei nicht gegeben; von einem\nÜbergang einer wirtschaftlichen Einheit könne keine Rede sein.\n\n37\n\n \n\nZur weiteren Darstellung der Auffassung der Beklagten wird auf die\nBerufungserwiderungsschrift vom 06.09.2011 (Bl. 193-197 d. A.) Bezug genommen.\n\n38\n\n \n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den\nvorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der\nmündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke\nverwiesen.\n\n39\n\n \n\nSchließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 10.10.2011.\n\n#### Entscheidungsgründe\n\n \n\n40\n\n \n\n**I.** Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft.\nDie Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§\n518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.\n\n41\n\n \n\n**II.** Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.\nDas Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht\ndavon ausgegangen, dass die streitgegenständliche ordentliche betriebsbedingte\nKündigung der Beklagten das zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehende\nArbeitsverhältnis wegen Betriebsstilllegung beendet hat.\n\n42\n\n \n\nDenn die ordentliche Kündigung der Beklagten wegen Betriebsstilllegung ist\nsozial gerechtfertigt (§ 1 KSchG). Denn der Betrieb der Beklagten wurde zum\n28.02.2010 vollständig eingestellt. Allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern\nwurde betriebsbedingt gekündigt. Der Kläger hat die von der Beklagten\ndargestellte Betriebsstilllegung nicht substantiiert bestritten. Unstreitig\nist die gewerbliche Tätigkeit am Betriebssitz der Beklagten seit Ende Februar\n2010 bis auf kurzfristige Abwicklungsarbeiten beendet worden.\n\n43\n\n \n\nMit dem Arbeitsgericht ist auch davon auszugehen, dass die\nstreitgegenständliche Kündigung weder wegen Betriebsübergangs (§ 613a Abs. 4\nBGB) ausgesprochen worden, noch wegen eines nach Kündigungszugangs erfolgten\nBetriebsübergangs von der Beklagten zu 1. auf die T-Stadt GmbH rechtsunwirksam\nist.\n\n44\n\n \n\nDabei ist im Tatsächlichen zu berücksichtigen, dass nicht die Beklagte die von\nihr wahrgenommenen Aufgaben an die T-Stadt GmbH ganz oder teilweise übertragen\nhat, sondern eine dritte Rechtspersönlichkeit, die Firma C.\nVertriebsgesellschaft mbH. Dieser hat die T-Stadt GmbH - teilweise - mit\nAufgaben betraut, die zuvor von der Beklagten zu 1. durchgeführt wurden. Vor\ndiesem Hintergrund kommt das Vorliegen eines Betriebsübergangs i. S. d. § 613a\nBGB nur dann in Betracht, wenn unter dem Gesichtspunkt der\n"Funktionsnachfolge" bei Beauftragung durch einen Dritten an einen anderen -\nneuen - Auftragnehmer die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs vorliegen.\n\n45\n\n \n\nInsoweit gelten folgende Grundsätze:\n\n46\n\n \n\nEine reine Funktionsnachfolge bzw. Aufgabenübertragung begründet keinen\nBetriebsübergang. Neben der Aufgabe muss stets auch die zugrundeliegende\nOrganisation bzw. wirtschaftliche Einheit übertragen - wobei die Beibehaltung\nder organisatorischen Selbständigkeit nicht unbedingt notwendig ist - und\nfortgesetzt werden (BAG 13.11.1997, EzA § 613a BGB Nr. 154;\nDörner/Luczak/Wildschütz, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 9. Auflage\n2011, S. 1160 ff.). Denn der Schutz der betroffenen Arbeitnehmer ist nur da\ngeboten, wo die betriebliche Einheit fortbesteht. Die Neuvergabe eines\nAuftrags (Funktionsnachfolge) ist zunächst nur die Folge des Wettbewerbs auf\neinem freien Dienstleistungsmarkt (BAG 28.05.2009, AP BGB § 613a BGB Nr. 370;\n22.01.2009 EzA § 613a BGB 2002 Nr. 107). Dies gilt auch dann, wenn der\nDienstleistungsauftrag der einzige Auftrag eines Betriebes ist (BAG 28.05.2009\nund 22.01.2009, jeweils a. a. O.). Der Übergang einer wirtschaftlichen Einheit\nsetzt also neben einer etwaigen Auftragsnachfolge die Feststellung\nzusätzlicher Umstände voraus, die in der Gesamtwürdigung die Annahme des\nFortbestandes der wirtschaftlichen Einheit rechtfertigen. Eine Tätigkeit\nallein ist noch keine wirtschaftliche Einheit (BAG 14.08.2007, EzA § 613a BGB\n2002 Nr. 74). Zwar kann der Wegfall des einzigen Auftraggebers für ein\nUnternehmen und seine Arbeitsplätze existenzvernichtend sein. Der Übergang\neiner wirtschaftlichen Einheit setzt gleichwohl den Fortbestand der\norganisatorischen Zusammenfassung und ihrer funktionellen Verknüpfung voraus.\nEine bloße Auftragsnachfolge erfüllt diese Voraussetzung nicht (BAG 28.05.2009\nund 22.01.2009 a. a. O.).\n\n47\n\n \n\nFür die Beurteilung der Frage, ob die bloße Funktionsnachfolge den\nAnforderungen an einen Betriebsübergang nach § 613a BGB genügt, können deshalb\ndie insoweit entwickelten allgemeinen Kriterien unter Berücksichtigung des\noben skizzierten abweichenden Prüfungsmaßstabes angewendet werden. Ein\nBetriebsübergang liegt folglich dann vor, wenn ein neuer Rechtsträger die\nwirtschaftliche Einheit unter Wahrung von deren Identität fortführt. Ob ein im\nWesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit "Betrieb"\nbei dem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des\nkonkreten Einzelfalles. Zu den maßgeblichen Tatsachen zählen insoweit\ninsbesondere die Art des betreffenden Betriebes, der Übergang der materiellen\nBetriebsmittel, die Gebäude und beweglichen Güter sowie deren Wert und\nBedeutung, die Übernahme der immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen\nOrganisation, der Grad der Ähnlichkeit mit der Betriebstätigkeit des\nbisherigen Inhabers, in betriebsmittelarmen Betrieben die Weiterbeschäftigung\nder Hauptbelegschaft, der Übergang von Kundschaft, die vorhandenen Beziehungen\nund die Dauer einer evtl. Unterbrechung des Betriebstätigkeit (EuGH\n11.03.1997, EzA § 613 a BGB, Nr. 145; BAG 05,.02.2004, EzA § 613 a BGB 2002,\nNr. 23).\n\n48\n\n \n\nDamit wird für die notwendige Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalles die\nPrüfung folgender Kriterien gefordert:\n\n49\n\n \n\nArt des betreffenden Betriebes oder Unternehmens; \nÜbergang der materiellen Betriebsmittel; \nÜbernahme der immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation; \nWeiterbeschäftigung der Hauptbelegschaft durch den Erwerber; \nÜbernahme der Kundschaft und Lieferantenbeziehungen; \nGrad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten\nTätigkeiten; \nDauer einer evtl. Unterbrechung dieser Tätigkeiten.\n\n50\n\n \n\nDiese Kriterien sind lediglich Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung.\nBeim Vorliegen eines Betriebsüberganges kommt es nicht darauf an, ob alle\nMerkmale gleichzeitig gegeben sind. Vielmehr können je nach Sachlage einzelne\nMerkmale besonderes Gewicht besitzen (Müller-Glöge, NZA 1999, 449; vgl. LAG\nRheinland-Pfalz, Urteil vom 16.05.2011 - 5 Sa 558/10 -).\n\n51\n\n \n\nUnter Berücksichtigung des tatsächlichen Vorbringens der Parteien in beiden\nRechtszügen im vorliegenden Rechtstreit ist davon auszugehen, dass weder die\nVoraussetzungen einer Rechtsunwirksamkeit der ordentlichen betriebsbedingten\nKündigung gemäß § 613a Abs. 4 BGB ("wegen eine Betriebsübergangs") gegeben\nsind, noch die Voraussetzungen des § 613a Abs. 1 BGB für die Annahme eines\nBetriebsübergangs von der Beklagten auf die T-Stadt GmbH, ggfls. während des\nLaufs der ordentlichen Kündigungsfrist, mit der Folge, dass unter Umständen\nauch daraus die Rechtsunwirksamkeit der ordentlichen betriebsbedingten\nBeendigungskündigung resultieren könnte.\n\n52\n\n \n\nDenn allein der Umstand, dass durchgeführte Tätigkeiten einander ähnlich oder\nauch teilidentisch sind, lässt nicht auf die Wahrung der Identität einer\nwirtschaftlichen Einheit schließen. Hinzu kommt, dass - unstreitig - letztlich\njedenfalls die Hauptbelegschaft der Beklagten und der T-Stadt GmbH nicht\nübernommen worden ist. Nach dem im Berufungsverfahren nicht bestrittenen\nSachvortrag ist lediglich ein Arbeitnehmer der Beklagten nunmehr Mitarbeiter\nder T-Stadt GmbH. Im Übrigen fehlt es, insoweit folgt die Kammer ausdrücklich\ndem Arbeitsgericht, an einer nachvollziehbaren Darstellung des Übergangs der\nArbeitsorganisation und Betriebsmethoden der Beklagten auf die T-Stadt GmbH.\nHinzu kommt, dass die Tätigkeiten der Beklagten - wiederum unstreitig - nicht\nallein auf die T-Stadt GmbH, sondern auf vier weitere Vertragspartner\nübertragen wurden. Dies spricht ausschlaggebend dafür, dass gerade keine\nwirtschaftliche Identität übergangen ist, sondern eine solche gerade\nzerschlagen worden ist. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Darstellung der\nT-Stadt GmbH insoweit unzutreffend sein könnte, ebenso die Darstellung der\nBeklagten, lassen sich dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers nicht im\nAnsatz entnehmen. Insbesondere kann substantiierter Tatsachenvortrag insoweit\nnicht durch Bekundungen, Interesseerklärungen ersetzt werden; auch dies hat\ndas Arbeitsgericht zutreffend angenommen.\n\n53\n\n \n\nAuch das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende\nBeurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält\nkeinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen\nsubstantiierte Tatsachenbehauptungen, die die Annahme rechtfertigen könnten,\ndass entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts, der die Kammer voll\ninhaltlich folgt, trotz einer bloßen Funktionsnachfolge die gesetzlichen\nVoraussetzungen für einen Betriebsübergang gemäß § 613a Abs. 1 BGB gegeben\nsein könnten. Von daher sind weitere Ausführungen nicht veranlasst; die\nordentliche betriebsbedingte Beendigungskündigung der Beklagten ist sozial\ngerechtfertigt.\n\n54\n\n \n\nNach alledem war die Berufung zurückzuweisen.\n\n55\n\n \n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.\n\n56\n\n \n\nFür eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des\n§ 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.\n\n \n\n |
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118,190 | ovgrlp-2011-09-28-1-c-1021611 | 910 | Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz | ovgrlp | Rheinland-Pfalz | Verwaltungsgerichtsbarkeit | 1 C 10216/11 | 2011-09-28 | 2018-12-27 19:18:31 | 2019-02-14 11:59:12 | Urteil | ECLI:DE:OVGRLP:2011:0928.1C10216.11.0A | \n\n \n\nDie Anträge werden abgelehnt.\n\n \n\nDie Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.\n\n \n\nDas Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.\n\n \n\nDie Revision wird nicht zugelassen.\n\n#### Tatbestand\n\n \n\n1\n\n \n\nDie Antragstellerin wendet sich mit ihren Normenkontrollantrag gegen die\nSatzung der Antragsgegnerin über eine Veränderungssperre für das\nBebauungsplangebiet „Gewerbepark an der A 61/B 262“, die am 26. August 2010\nvom Stadtrat beschlossen und am 01. September 2010 ortsüblich bekannt gemacht\nworden ist.\n\n \n\n2\n\n \n\nDiese Veränderungssperre dient der Sicherung des am gleichen Tage gefassten\nAufstellungsbeschlusses über die 3. Änderung des Bebauungsplanes „Gewerbepark\nan der A 61/B 262“, in dessen räumlichen Geltungsbereich sich Grundstücke\nbefinden, die im Eigentum der Antragstellerin stehen. Mit der 3. Änderung soll\ndie Art der baulichen Nutzung im Planbereich eingeschränkt werden. Die\nBeschränkung betrifft Einzelhandelsbetriebe mit bestimmten, in einer\nNegativliste näher bezeichneten innenstadtrelevanten Sortimenten.\n\n \n\n3\n\n \n\nAuslöser für die Änderung des Bebauungsplanes und den Erlass der\nVeränderungssperre waren Bauvoranfragen privater Investoren zur Errichtung von\ninsgesamt acht Einzelhandelsbetrieben mit unterschiedlichen\ninnenstadtrelevanten Sortimenten auf den im räumlichen Geltungsbereich des\nBebauungsplanes befindlichen Grundstücken der Antragstellerin. Dies hatte zu\neiner ausdrücklichen Aufforderung durch das Ministerium des Inneren und für\nSport geführt, zur Vermeidung von landesplanerischen und städtebaulich\nunerwünschten Fehlentwicklungen, die oben genannten bauleitplanerischen\nMaßnahmen zu ergreifen.\n\n \n\n4\n\n \n\nNachdem der Stadtrat der Antragsgegnerin dementsprechend den vorgenannten\nAufstellungsbeschluss gefasst und die hier angegriffene Veränderungssperre\nbeschlossen hatte, hob dieser die am 26. August 2010 gefassten Beschlüsse\ndurch Beschlüsse vom 26. Oktober 2010 wieder auf.\n\n \n\n5\n\n \n\nDie Kommunalaufsichtsbehörde bei der Kreisverwaltung Mayen-Koblenz ordnete\ndaraufhin mit Bescheid vom 28. Oktober 2010 an, dass eine amtliche\nBekanntmachung über die Beschlüsse vom 26. Oktober 2010 zu unterbleiben habe.\nDurch Bescheid vom 12. November 2010 wurden ferner die Beschlüsse des\nStadtrates vom 26. Oktober 2010 gemäß § 121 GemO beanstandet und die\nAntragsgegnerin aufgefordert, die beanstandeten Beschlüsse bis zum 30.\nNovember 2010 aufzuheben.\n\n \n\n6\n\n \n\nGegen beide kommunalaufsichtlichen Bescheide, die mit einer\nSofortvollzugsanordnung versehen waren, legte die Antragsgegnerin jeweils\nWiderspruch ein und stellte beim Verwaltungsgericht Anträge auf\nWiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, die sie jedoch später\nzurücknahm.\n\n \n\n7\n\n \n\nDa die Antragsgegnerin die beanstandeten Beschlüsse innerhalb der gesetzten\nFrist nicht aufhob, verfügte die Kommunalaufsichtsbehörde unter dem 01.\nDezember 2010 die Aufhebung der beanstandeten Beschlüsse gemäß § 123 GemO.\nAuch hiergegen legte die Antragsgegnerin Widerspruch ein.\n\n \n\n8\n\n \n\nDie Antragstellerin macht nunmehr zur Begründung ihres am 02. Februar 2011 bei\nGericht eingegangenen Normenkontrollantrages im Wesentlichen geltend:\n\n9\n\n \n\nDie Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre lägen nicht vor.\nErforderlich sei ein wirksam gefasster und ordnungsgemäß bekanntgegebener\nAufstellungsbeschluss. Diesen habe zwar der Stadtrat der Antragsgegnerin am\n26. August 2010 gefasst. Der Stadtrat habe aber zu diesem Zeitpunkt seine\nPlanungshoheit nicht ausüben können, weil die Antragsgegnerin zu diesem\nZeitpunkt bereits von der obersten Landesplanungsbehörde ultimativ\naufgefordert worden sei, den Bebauungsplan zu ändern und im Hinblick auf die\nVorgaben des LEP IV Einzelhandelsbetriebe mit innenstadtrelevanten Sortimenten\nauszuschließen.\n\n \n\n10\n\n \n\nDarüber hinaus könne die beschlossene Veränderungssperre nicht mehr die\nerforderliche Sicherungsfunktion bieten, da die Antragsgegnerin am 26. Oktober\n2010 die Aufhebung des Änderungsbeschlusses sowie des Beschlusses über die\nVerhängung der Veränderungssperre vom 26. August 2010 beschlossen habe. Daraus\nfolge, dass nachträglich das Sicherungsbedürfnis entfallen sei. Daran ändere\nauch nichts, dass aufgrund einer Anordnung nach § 122 GemO eine öffentliche\nBekanntmachung dieser Beschlüsse bisher unterblieben sei. Auch belege die\nTatsache, dass die Antragsgegnerin selbst die maßgeblichen Gewerbegrundstücke\nveräußert habe, dass die Antragsgegnerin zu keinem Zeitpunkt das Ziel verfolgt\nhabe, welches durch den zwischenzeitlich aufgehobenen Änderungsbeschluss zum\nAusdruck gekommen sei.\n\n \n\n11\n\n \n\nFalls der Senat in Anlehnung an das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom\n17. September 2003 dazu tendiere, eine durch eine Veränderungssperre\nsicherbare Verdichtung des Planungsermessens anzunehmen, müsse festgestellt\nwerden, dass eine solche Planungspflicht hier nicht bestehe, da das im LEP IV\nenthaltene Ziel Z 61 rechtswidrig und damit unwirksam sei. Die Wirksamkeit\ndieses Ziels und letztlich die Rechtmäßigkeit der Weisung müsse der erkennende\nSenat inzident prüfen. Diese Prüfung werde ergeben, dass das Ziel Z 61\nunwirksam sei und daher die kommunalaufsichtliche Verfügung hierauf nicht\ngestützt werden könne.\n\n \n\n12\n\n \n\nDie Antragstellerin beantragt,\n\n \n\n13\n\n \n\ndie Antragsgegnerin entsprechend ihrem Anerkenntnis zu verurteilen,\n\n \n\n14\n\n \n\nhilfsweise,\n\n \n\n15\n\n \n\ndie am 26. August 2010 beschlossene Satzung der Antragsgegnerin über den\nErlass einer Veränderungssperre für das Bebauungsplangebiet „Gewerbepark an\nder A 61/B 262“ für unwirksam zu erklären.\n\n \n\n16\n\n \n\nDie Antragsgegnerin, die ihr Anerkenntnis erklärt, darüber hinaus jedoch\nkeinen Antrag stellt, trägt insbesondere vor:\n\n \n\n17\n\n \n\nSie habe keinen echten planerischen Willen, an der Veränderungssperre\nfestzuhalten, sondern werde dazu lediglich durch eine kommunalaufsichtliche\nAnordnung des Landkreises vom 12. November 2010 gezwungen. Diese Anordnung\nhalte sie allerdings für rechtswidrig, da zum einen ein kommunalaufsichtliches\nVorgehen wegen der Spezialität des Landesplanungsgesetzes unzulässig sei und\nzum anderen wegen Unwirksamkeit der raumordnerischen Zielvorgabe Z 61 des LEP\nIV kein Verstoß der beanstandeten Beschlüsse gegen dieses Ziel abgeleitet\nwerden könne. Insoweit sei beim Verwaltungsgericht Koblenz ein Klageverfahren\nunter dem Aktenzeichen 1 K 265/11.KO anhängig.\n\n \n\n18\n\n \n\nZwischenzeitlich ist die Klage gegen die kommunalaufsichtliche Anordnung vom\n12. November 2010 durch Urteil des VG Koblenz (Az. 1 K 265/11.KO) abgewiesen\nworden.\n\n \n\n19\n\n \n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug\ngenommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen\nSatzungsaufstellungsunterlagen der Antragsgegnerin (1 Aktenordner). Diese\nUnterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.\n\n#### Entscheidungsgründe\n\n \n\n20\n\n \n\nDie Anträge der Antragstellerin haben keinen Erfolg.\n\n \n\n21\n\n \n\nHinsichtlich der Zulässigkeit der von der Antragstellerin verfolgten\nNormenkontrolle betreffend die am 28. August 2010 beschlossene\nVeränderungssperre bestehen keine Bedenken. Sie ist gemäß § 47 Abs. 2 VwGO\nantragsbefugt, da sie Eigentümerin von im Satzungsgebiet gelegener Grundstücke\nist, die durch die Veränderungssperre betroffen sind.\n\n \n\n22\n\n \n\nAuch das Rechtsschutzinteresse liegt vor, da die Veränderungssperre wegen der\nfehlenden gemäß § 16 Abs. 2 BauGB erforderlichen öffentlichen Bekanntmachung\ndes Aufhebungsbeschlusses vom 26. Oktober 2010 noch nicht wirksam aufgehoben\nist.\n\n \n\n23\n\n \n\nIn der Sache selbst vermag die Antragstellerin jedoch nicht durchzudringen.\n\n \n\n24\n\n \n\nSoweit die Antragstellerin zunächst mit ihrem Hauptantrag ein\nAnerkenntnisurteil im vorliegenden anhängigen Normenkontrollverfahren\nerstrebt, muss dieses Begehren erfolglos bleiben. Zwar ist ein\nAnerkenntnisurteil im Verwaltungsprozess gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 307 ZPO\nmöglich, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten\nder Verwaltungsgerichtsordnung und der Zivilprozessordnung dies nicht\nausschließen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1981, BVerwGE 62, 18, wonach\n§ 307 ZPO im Anfechtungsprozess nicht entsprechend anwendbar ist). Im\nNormenkontrollverfahren ist ein Anerkenntnisurteil aber schon vom\nStreitgegenstand her nicht möglich. Die Unwirksamkeit einer Satzung kann nach\n§ 47 VwGO mit Allgemeinverbindlichkeit nur das Oberverwaltungsgericht, ggf.\ndas BVerwG oder das BVerfG, feststellen, wenn es zu der Überzeugung gelangt,\ndass die Norm ungültig ist. Eine Verständigung über die Wirksamkeit der\nSatzung durch die Beteiligten eines Normenkontrollverfahrens ist daher nicht\nmöglich. Solange die Satzung nicht durch förmliche Aufhebung oder durch die\nEntscheidung des Gerichts in einem Normenkontrollverfahren "beseitigt" ist,\nstellt sie geltendes Recht dar.\n\n25\n\n \n\nEin Anerkenntnisurteil kommt hier aber auch aus anderen Gründen nicht in\nBetracht:\n\n26\n\n \n\nZum einen ist ein Anerkenntnis - wenn man die vorstehend aufgeführten Gründe\naußer Betracht ließe - nur möglich, soweit die Dispositionsbefugnis der\nBeteiligten reicht (BVerwGE 104, 27 f; BGH, NJW-RR 2010, 783f). Hier hatte\naber die Kreisverwaltung Mayen-Koblenz als Kommunalaufsichtsbehörde den\nBeschluss vom 26. August 2010, mit dem die Veränderungssperre aufgehoben\nwerden sollte, beanstandet und die Antragsgegnerin aufgefordert, diesen\nBeschluss bis zum 30. November 2010 aufzuheben. Da die Beanstandungsverfügung\nmit Sofortvollzug versehen ist, ist sie trotz des eingelegten Widerspruchs,\nsolange die Beanstandungsverfügung nicht aufgehoben oder die aufschiebende\nWirkung des dagegen gerichteten Widerspruchs wiederherstellt wird, wirksam.\nDie Wirksamkeit der Beanstandungsverfügung bezieht sich zwar nur auf das\nVerwaltungsrechtsverhältnis zwischen der Antragstellerin und der\nKommunalaufsichtsbehörde. Darüber hinaus ist jedoch gemäß Art. 20 Abs. 3 GG\ndie Tatbestandswirkung jeder nicht nichtigen Entscheidung von allen\nStaatsorganen zu beachten und ihren Entscheidungen als gegeben zugrunde zu\nlegen. Die Überprüfung einer wirksamen Beanstandungsverfügung im Rahmen der\nNormenkontrolle einer Veränderungssperre scheidet angesichts der von dieser\nEntscheidung ausgehenden Bindungswirkung aus. Infolge der wirksamen\nBeanstandung ist die Antragsgegnerin an § 121 S. 3 GemO gebunden, wonach der\nBeschluss vom 26. Oktober 2010 über die Aufhebung der Veränderungssperre vom\n26. August 2010 nicht ausgeführt werden darf. Sie ist daher nicht befugt, den\nBeschluss vom 26. Oktober 2010, in welcher Form auch immer, zur Wirksamkeit zu\nverhelfen. Daher fehlt der Antragsgegnerin auch die Befugnis, - soweit dies\nüberhaupt möglich sein sollte - den beanstandeten Beschluss im Wege eines\ngerichtlichen Anerkenntnisses in Normenkontrollverfahren wirksam werden zu\nlassen. Selbst wenn man dem nicht folgen wollte, wäre die Erklärung der\nAnerkenntnis aber auch deshalb nicht möglich, weil hier die Antragsgegnerin\nund der Antragsteller durch kollusives Zusammenwirken versuchen, die\nkommunalaufsichtlichen Maßnahmen zu konterkarieren.\n\n27\n\n \n\nIm Übrigen waren weder der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin, noch\nder in der mündlichen Verhandlung anwesende Erste Beigeordnete befugt, über\nden Streitgegenstand, die Unwirksamkeit der Veränderungssperre vom 26. August\n2010 zu verfügen. Sollte es möglich sein, dass eine Gemeinde eine von ihr\nerlassene Satzung, ohne einen actus contrarius, rückgängig machen oder deren\nWirksamkeit beseitigen kann - wovon der Senat nicht ausgeht -, läge die\nOrgankompetenz für eine solche Entscheidung ausschließlich beim Stadtrat. Ohne\neinen entsprechenden Beschluss des Stadtrates muss auch aus diesem Aspekt ein\nAnerkenntnis von vornherein ausscheiden.\n\n28\n\n \n\nKann mithin das begehrte Anerkenntnisurteil im vorliegenden Fall nicht\nergehen, so scheitert der hilfsweise gestellte Antrag, die in Rede stehende\nVeränderungssperre für unwirksam zu erklären, an dem Umstand, dass die\nformellen Voraussetzungen des § 16 BauGB für den Erlass der Veränderungssperre\nbeachtet worden sind und auch die materiellen Voraussetzungen der §§ 14 ff.\nBauGB gegeben sind.\n\n \n\n29\n\n \n\nDabei ist unstreitig, dass die von der Veränderungssperre zu sichernde Planung\n- wie sie sich aus dem Aufstellungsbeschluss zur 3. Änderung des\nBebauungsplanes „Gewerbepark an der A 61/B 262“ vom gleichen Tage ergibt - im\nZeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre bereits einen Stand erreicht\nhat, der ein Mindestmaß dessen erkennen ließ, was Inhalt des zukünftigen\nBebauungsplanes sein sollte (zu diesen Voraussetzungen s. u.a. BVerwG, Urteil\nvom 10. September 1976, BverwGE 51, 121, 128 und Beschluss vom 10. Oktober\n2007, BauR 2008, 228).\n\n \n\n30\n\n \n\nDer Wirksamkeit des der Veränderungssperre zugrunde liegende\nAufstellungsbeschlusses vom 26. August 2010 steht aber auch nicht entgegen,\ndass nach Ansicht der Antragstellerin der Stadtrat angeblich seine\nPlanungshoheit nicht habe ausüben können, weil ihm diese durch die ultimative\nAufforderung der obersten Planungsbehörde genommen worden sei. Dies ist\noffensichtlich unzutreffend, da der Stadtrat den in Rede stehenden Beschluss\nnicht hätte fassen müssen. Vielmehr hätte der Stadtrat auch ohne weiteres ohne\nBeschlussfassung das weitere Vorgehen der obersten Planungsbehörde bzw. der\nKommunalaufsicht abwarten können. Dass der Stadtrat durchaus in der Lage war,\nseine Planungshoheit auch entgegen entsprechender Aufforderungen auszuüben,\nzeigt der Umstand, dass zwei Monate später unter Missachtung der Aufforderung\nder obersten Planungsbehörde und der Kommunalaufsicht der Stadtrat einen\ndiesen Aufforderungen widersprechenden Aufhebungsbeschluss gefasst hat.\n\n \n\n31\n\n \n\nWar daher im Zeitpunkt der Beschlussfassung vom 26. August 2010 hinsichtlich\nder Veränderungssperre eine zusichernde Planungsabsicht vorhanden, so ist\ndiese nicht durch den späteren Aufhebungsbeschluss bezüglich des\nAufstellungsbeschlusses vom 26. August 2010 weggefallen. Denn dieser\nAufhebungsbeschluss wurde von der Kommunalaufsichtsbehörde unter Anordnung des\nSofortvollzuges beanstandet und daher ist eine Bekanntmachung des\nAufhebungsbeschlusses unterblieben, sodass letzterer nicht förmlich wirksam\nwerden konnte.\n\n \n\n32\n\n \n\nEine andere Bewertung lässt sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin\nnicht aus dem Umstand herleiten, dass es zwar derzeit an einem wirksamen\nAufhebungsbeschluss fehlt, indes der Aufhebungsbeschluss zu erkennen gibt,\ndass an der Planungsabsicht vom August 2010 (Einzelhandelsbeschränkung) nicht\nmehr festgehalten, sondern diese vielmehr rückgängig gemacht werden soll.\nAllerdings hat die Antragstellerin in diesem Zusammenhang auf eine\nRechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes hingewiesen, wonach eine\nVeränderungssperre ex nunc auch ohne förmlichen Aufhebungsakt unwirksam werden\nkann, wenn die Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre während\nihrer Geltungsdauer endgültig entfallen (s. BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober\n2007 – 4 BN 36/07 – juris). Unter welchen Voraussetzungen davon auszugehen\nist, dass die Kommune ihre ursprünglichen Planungsabsichten endgültig\naufgegeben hat, bestimmt sich jedoch nach den jeweiligen Gegebenheiten des\nEinzelfalles (BVerwG, Beschlüsse vom 9. April 2003 – 4 B 75.02 – und vom 26.\nMai 2008 – 4 B 31.08 – beide in juris). Im vorliegenden Fall kann ohne\nAufhebung der Beanstandungsanordnung nicht angenommen werden, dass die\nPlanungsabsichten (Einzelhandelsbeschränkung) endgültig aufgegeben worden\nsind. Davon kann erst dann ausgegangen werden, wenn die Rechtsmittel der\nAntragstellerin gegen die kommunalaufsichtlichen Verfügungen Erfolg haben und\ndiese rechtskräftig aufgehoben worden sind. Denn solange die Verfügungen\nbestehen, vermag die Antragstellerin ihre nunmehr anderweitigen\nPlanungsvorstellungen nicht durchzusetzen. Von daher kann bei der hier zu\nbeurteilenden Situation nicht von einer endgültigen Aufgabe der ursprünglichen\nVeränderungssperre zugrunde liegende Planungsabsichten die Rede sein. Eine\nandere Bewertung würde der in § 117 ff. GemO normierten kommunalaufsichtlichen\nRechtsaufsicht und damit der Rechtsordnung widersprechen.\n\n \n\n33\n\n \n\nIn diesem Zusammenhang kann die Antragstellerin auch nicht mit ihrem Einwand\ngehört werden, für die Beurteilung der endgültigen Aufgabe der\nPlanungsabsichten könne nicht allein auf das Vorhandensein von entsprechenden\nBeanstandungsverfügungen abgestellt werden, sondern deren Rechtmäßigkeit müsse\nim vorliegenden Normenkontrollverfahren betreffend die Veränderungssperre\ninzident geprüft werden. Solange nämlich die kommunalaufsichtlichen\nAnordnungen nicht rechtskräftig aufgehoben worden sind, ist die\nAntragsgegnerin gehindert, ihre durch Beschluss vom 26. Oktober 2010\nmanifestierten Planungsabsichten (endgültige Aufgabe der Durchführung der am\n26. August 2010 beschlossenen 3. Planänderung) zu verwirklichen. Dies ist\nunabhängig von der Frage, ob die oben genannten Verfügungen der\nKommunalaufsicht rechtswidrig sind oder nicht. Nur wenn diese Anordnungen\nnichtig wären, könnte etwas anderes gelten. Dies ist aber hier weder\nersichtlich noch von der Antragstellerin geltend gemacht worden. Gegen das\nVorliegen eines offenkundigen und besonders schweren Fehlers im Sinne von § 44\nVwVfG spricht im Übrigen auch der Umstand, dass das Verwaltungsgericht\ninzwischen die Anfechtungsklage gegen die Anordnungen der Kommunalaufsicht im\nVerfahren 1 K 265/11.KO abgewiesen hat.\n\n \n\n34\n\n \n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.\n\n \n\n35\n\n \n\nDie Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der\nKosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.\n\n \n\n36\n\n \n\nDie Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO\ngenannten Art nicht vorliegen.\n\n37\n\n \n\n**Beschluss**\n\n38\n\n \n\nDer Wert des Streitgegenstandes wird für das Verfahren auf 10.000,00 €\nfestgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG).\n\n |
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118,343 | lagrlp-2011-08-08-5-sa-21611 | 899 | Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz | lagrlp | Rheinland-Pfalz | Arbeitsgerichtsbarkeit | 5 Sa 216/11 | 2011-08-08 | 2018-12-27 19:21:47 | 2019-01-17 11:39:36 | Urteil | ECLI:DE:LAGRLP:2011:0808.5SA216.11.0A | #### Tenor\n\n \n\n \n\nDie Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern\nvom 15.03.2011 - 8 Ca 71/11 - wird auf ihre Kosten zuruckgewiesen.\n\n \n\nDie Revision wird nicht zugelassen.\n\n#### Tatbestand\n\n \n\n1\n\n \n\nDie Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten - im Berufungsverfahren\nnur noch - daruber, ob der Klager die Entlohnung auf der Basis der\nEingruppierung in die Beforderungsstelle C-7a/E verlangen kann.\n\n \n\n2\n\n \n\nDer 1952 geborene Klager ist seit 1983 bei den US-Stationierungsstreitkraften,\nzuletzt als Elektrotechniker, bei einer Eingruppierung in die Vergutungsgruppe\nC-7 E beschaftigt. Er ist Mitglied der ortlichen Betriebsvertretung und im\nVorstand der Hauptbetriebsvertretung tatig. Als Vorstandsmitglied der\nHauptbetriebsvertretung ist er seit dem Februar 2010 von seiner Verpflichtung\nzur Arbeitsleistung freigestellt.\n\n \n\n3\n\n \n\nIm Herbst 2010 erfolgte in der Dienststelle des Klagers eine\nStellenausschreibung 608/2010 (vgl. Bl. 7 d. A.). Auf die dort ausgeschriebene\nStelle hat sich der Klager beworben.\n\n \n\n4\n\n \n\nDer Klager erklarte zunachst in den Vorstellungsgesprachen, er werde auf seine\nFreistellung als Mitglied der Hauptbetriebsvertretung verzichten. Nachdem sich\ndie zustandigen Gremien des Arbeitgebers fur seine Beforderung entschieden\nhatten und die Betriebsvertretung bereits der Beforderung zugestimmt hatte,\nerklarte der Klager sodann am 10.12.2010, dass er doch nicht auf seine\nFreistellung verzichte. Das Besetzungsverfahren wurde daraufhin vom\nArbeitgeber des Klagers abgebrochen und ein neues eingeleitet.\n\n \n\n5\n\n \n\nIn einem "Memorandum fur Herrn C.", bei diesem eingegangen am 03.01.2011,\nheißt es dazu wie folgt:\n\n \n\n6\n\n \n--- \n"Sehr geehrter Herr C., \nIn der vorbezeichneten Angelegenheit teile ich Ihnen mit, dass wir das\nAuswahlverfahren zur Ausschreibung Nr. 608/2010 abgebrochen und die Position\nals Aufsichtsfuhrender Sachbearbeiter (Arbeitsplanung) erneut ausgeschrieben\nhaben. \nWahren des Auswahlprozesses außerten Sie sich dahingehend, dass sie bereit\nseien, auf Ihre Freistellung als Mitglied der Hauptbetriebsvertretung zu\nverzichten und die Position tatsachlich anzutreten. Nach erfolgter Auswahl\nhalten sie nun aber an Ihrer Freistellung fest und sind nicht mehr bereit, die\nPosition tatsachlich auszufullen. \nAngesichts der Große des Betriebsteils und der Anzahl der auf dem\nEinsiedlerhof beschaftigten Arbeitnehmer hat die Dienststelle ein dringendes\nInteresse daran, dass die Position des Aufsichtsfuhrenden Sachbearbeiters\n(Arbeitsplanung) 786 CES tatsachlich ausgefullt wird. \nDie von Ihnen beabsichtigte weitere Inanspruchnahme der Freistellung erfordert\neine erneute Ausschreibung der fraglichen Position, da die Unwagbarkeiten\nIhrer weiteren Freistellung einer dauerhaften Besetzung dieser wichtigen\nPosition zuwider laufen. Da auch der einzige weitere geeignete Mitbewerber\nseine Bewerbung zuruckgezogen hat, ist eine neuerliche Ausschreibung zwingend\nnotwendig." \n \n \n\n7\n\n \n\nIn diesem Verfahren hat sich der Klager erneut beworben; er wurde nicht zu\neinem Vorstellungsgesprach eingeladen. Die Stelle wurde in dem neuen\nBesetzungsverfahren mit dem Arbeitnehmer Z, der sich zuvor nicht beworben\nhatte, besetzt.\n\n \n\n8\n\n \n\nDer Klager hat vorgetragen:\n\n \n\n9\n\n \n\nIm Gesprach am 05.11. habe der Klager auf die Frage, ob er auf die\nFreistellung verzichte, geaußert: "Sie treffen ihre Entscheidung; ich treffe\nmeine".\n\n \n\n10\n\n \n\nAm 23.11.2010 habe dann Frau Y dem Klager erklart, dass er verzichten musse.\nDer Klager habe sich Bedenkzeit ausgebeten und noch gefragt, ob seine\nBewerbung Aussicht auf Erfolg habe. Als man das bejaht habe, habe er Zweifel\ngeaußert, ob ein Verlangen des Verzichts auf die Freistellung zulassig sei.\nFrau Y habe ihm erklart, dies sei gestattet. Der Klager habe dann erklart,\ndass er auf die Freistellung verzichte.\n\n \n\n11\n\n \n\nÜber das Wochenende habe er dann allerdings nachgedacht und montags erklart,\ndass er doch nicht verzichten werde. Er sei allein aufgrund der Freistellung\nals Personalrat nicht auf die hoher dotierte Stelle "befordert" worden. Seine\nberufliche Entwicklung sei jedenfalls darauf hinausgelaufen, dass er die\nBeforderungsstelle ansonsten erhalten hatte.\n\n \n\n12\n\n \n\nDer Klager hat, soweit fur das Berufungsverfahren noch von Belang, beantragt,\n\n13\n\n \n\n**die Beklagte zu verurteilen, den Kl ager ab dem 01. Januar 2011 in die\ntarifliche Gehaltsgruppe C-7a/E einzugruppieren und ihn nach dieser\nGehaltsgruppe zu verguten.**\n\n \n\n14\n\n \n\nDie Beklagte hat beantragt,\n\n15\n\n \n\n**die Klage abzuweisen.**\n\n \n\n16\n\n \n\nDie Beklagte hat vorgetragen:\n\n \n\n17\n\n \n\nDer Klager habe keinen Anspruch auf Übertragung der streitgegenstandlichen\nPosition. Er habe im Bewerbungsgesprach am 15.11.2010 erklart, er sei bereit,\nauf die Freistellung zu verzichten. Dem Arbeitgeber sei es aus sachlichen\nGrunden besonders wichtig, dass der Arbeitsplatz auch tatsachlich besetzt\nwerde. Es bestehe ein legitimes Interesse daran, zu wissen, ob die benotigte\nArbeitskraft auf der fraglichen Stelle auch tatsachlich zur Verfugung stehe\noder aber nicht. Wenn ein Arbeitnehmer im Vorfeld insoweit luge, dann zeige es\nsich, dass er fur die Stelle nicht geeignet sei. Erst als der Klager sich\nsicher geglaubt habe, dass er die Stelle nicht mehr verlieren konne, habe er\ndie Zusage, auf die Freistellung zu verzichten, ruckgangig gemacht. Die\nDienststelle habe keinerlei Druck auf den Klager ausgeubt. Er sei es im\nÜbrigen als erfahrenes Personalvertretungsmitglied auch durchaus gewohnt, dass\nunterschiedliche Rechtsauffassungen bestunden.\n\n \n\n18\n\n \n\nDas Arbeitsgericht Kaiserslautern hat daraufhin, soweit fur das das\nBerufungsverfahren von Belang, durch Urteil vom 15.03.2011 - 8 Ca 71/11 - die\nBeklagte verurteilt, den Klager ab dem 01.01.2011 in die tarifliche\nGehaltsgruppe C-7a/E einzugruppieren und ihn nach dieser Gehaltsgruppe zu\nverguten.\n\n \n\n19\n\n \n\nHinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgrunden wird auf Bl.\n86-92 d. A. Bezug genommen.\n\n \n\n20\n\n \n\nGegen das ihr am 30.03.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am\n13.04.2011 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz\nBerufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 30.05.2011 beim\nLandesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begrundet.\n\n \n\n21\n\n \n\nDie Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere\nhervor, seit Herbst 2010 sei ein Nachfolger fur die Position\n"Aufsichtsfuhrender Sachbearbeiter (Arbeitsplanung)" gesucht worden. Es handle\nsich um eine Leitungsfunktion, die in die Gehaltsgruppe C-7a eingruppiert sei.\nDer bisherige Stelleninhaber sei von seiner Ausbildung her Elektrotechniker\ngewesen. Die Stationierungsstreitkrafte hatten deshalb zunachst diese\nQualifikation auch fur den Nachfolger gewunscht. Folglich sei in der\nAusschreibung ein entsprechendes Anforderungsprofil niederlegt worden. Von den\nBewerbern habe der Klager im Vorstellungsgesprach den besten Eindruck\nhinterlassen, sodass er ausgewahlt worden sei. Am 23.11.2011 sei ihm eroffnet\nworden, dass die Stelle ihm ubertragen werden solle. Nachdem er sodann nach\nder Zustimmung der Betriebsvertretung am 10.12.2010 mitgeteilt habe, dass er\nnun doch nicht auf die Freistellung verzichte, und der zweite geeignete\nBewerber seine Bewerbung zuruckgezogen habe, habe am 10.12.2010 festgestanden,\ndass es ein neues Auswahlverfahren geben musse. Die zustandige Dienststelle\nhabe daraufhin festgestellt, dass eine Qualifikation als Elektrotechniker fur\ndie zu besetzende Leitungsfunktion gar nicht erforderlich sei. Das\nAnforderungsprofil sei folglich korrigiert worden; im Rahmen des erneuten\nStellenbesetzungsverfahrens sei als bestgeeigneter Bewerber Herr Z ausgewahlt\nworden.\n\n \n\n22\n\n \n\nEine Benachteiligung des Klagers wegen seiner Freistellung im Rahmen seiner\npersonalvertretungsrechtlichen Amtstatigkeit sei dadurch nicht gegeben. Denn\ndas Auswahlverfahren sei abgebrochen worden, bevor es habe abgeschlossen\nwerden konnen. Dazu sei die Arbeitgeberin berechtigt gewesen. Im Rahmen des\nerneuten Bewerbungsverfahrens habe sich herausgestellt, dass der Klager eben\nnicht mehr der am besten geeignete Bewerber gewesen sei. Der Umstand, dass er\nnicht berucksichtigt worden sei, bedeute insoweit keine Benachteiligung;\nvielmehr ware fur den Fall der Auswahl des Klagers eine unzulassige\nBegunstigung gegeben gewesen.\n\n \n\n23\n\n \n\nAuch sei davon auszugehen, dass der Klager die Dienststelle durch sein\nVerhalten getauscht und damit seine fehlende Eignung deutlich dokumentiert\nhabe, indem er zunachst erklart habe, auf seine Freistellung verzichten zu\nwollen, um sodann von dieser Erklarung nach Zustimmung der zustandigen\nBetriebsvertretung wiederum Abstand zu nehmen.\n\n \n\n24\n\n \n\nZur weiteren Darstellung der Auffassung der Beklagten wird auf die\nBerufungsbegrundungsschrift vom 30.05.2011 (Bl. 111-118 d. A.) sowie den\nSchriftsatz vom 05.08.2011 (Bl. 156-160 d. A.) Bezug genommen.\n\n \n\n25\n\n \n\nDie Beklagte beantragt,\n\n26\n\n \n\n**das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 15.03.2011, AZ: 8 Ca 71/11\n- abzu andern und die Klage abzuweisen.**\n\n \n\n27\n\n \n\nDer Klager beantragt,\n\n28\n\n \n\n**die Berufung zur uckzuweisen.**\n\n \n\n29\n\n \n\nDer Klager verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung seines\nerstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, der Umstand, dass\nim Rahmen des zweiten Ausschreibungsverfahrens ein geandertes\nAnforderungsprofil aufgestellt und vorgegeben worden sei, habe nichts mit\neiner angeblichen "Fehlerhaftigkeit" des der ersten Ausschreibung zugrunde\nliegenden Anforderungsprofils zu tun. Dieser Umstand sei vielmehr der Tatsache\ngeschuldet, dass im Rahmen des zweiten Ausschreibungsverfahrens in der\nDienststelle um jeden Preis ein tauglicher Bewerber habe gefunden werden\nsollen/mussen. Von einer Fehlerkorrektur konne also keine Rede sein.\n\n \n\n30\n\n \n\nZur weiteren Darstellung der Auffassung des Klagers wird auf die\nBerufungserwiderungsschrift vom 26.07.2011 (Bl. 142-154 d. A.) Bezug genommen.\n\n \n\n31\n\n \n\nIn diesem Rahmen hat der Klager - erstmals im Berufungsverfahren - ein\nSchreiben des Leiters des Non-US Personalwesen, Herrn X, an die\nBetriebsvertretung RAB II vom 14.01.2010 vorgelegt, das folgenden Wortlaut\nhat:\n\n \n\n32\n\n \n--- \n"Innerbetriebliche Stellenausschreibung Nr. 608/2010, Aufsichtsfuhrender\nSachbearbeiter 786 CES \nSehr geehrte Frau W, sehr geehrte Mitglieder der Betriebsvertretung, \nin der vorbezeichneten Angelegenheit teile ich Ihnen mit, dass die\nDienststellenleitung von der Besetzung der Position mit Herrn C. Abstand\ngenommen hat. \nHerr C. hat sich nach erfolgter Auswahl entschieden, an seiner Freistellung\nfestzuhalten und ist nicht mehr bereit, die Position tatsachlich auszutreten.\nAngesichts der Große des Betriebsteils und der Anzahl der auf dem\nEinsiedlerhof beschaftigten Arbeitnehmer hat die Dienststelle ein dringendes\nInteresse daran, dass diese Tatigkeit in der 786 CES tatsachlich und dauerhaft\nausgeubt wird. Da auch der einzige weitere geeignete Mitbewerber, Herr V,\nseine Bewerbung zuruckgezogen hat, ist eine neuerliche Ausschreibung\nerforderlich." \n \n \n\n33\n\n \n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den\nvorgetragenen Inhalt der Schriftsatze der Parteien, die Gegenstand der\nmundlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstucke\nverwiesen.\n\n \n\n34\n\n \n\nSchließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 08.08.2011.\n\n#### Entscheidungsgrunde\n\n \n\n \n\n**I.**\n\n35\n\n \n\nDas Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die\nBerufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518,\n519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begrundet worden.\n\n \n\n \n\n**II.**\n\n36\n\n \n\nDas Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.\n\n \n\n37\n\n \n\nDenn das Arbeitsgericht hat die Beklagte letztlich zu Recht dazu verurteilt,\nden Klager ab dem 01.01.2011 in die tarifliche Gehaltsgruppe C-7a/E\neinzugruppieren und ihn nach dieser Gehaltsgruppe zu verguten.\n\n \n\n38\n\n \n\nGemaß § 8 BPersVG durfen Personen - wie der Klager - die Aufgaben oder\nBefugnisse nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz wahrnehmen, nicht\nbehindert und wegen ihrer Tatigkeit nicht benachteiligt oder begunstigt\nwerden; dies gilt auch fur ihre berufliche Entwicklung.\n\n \n\n39\n\n \n\nAls Benachteiligungen kommen insoweit vornehmlich Handlungen des Arbeitgebers\nin Betracht, z. B. die Zuweisung minderbezahlter, harterer, unangenehmerer,\nzeitlich oder ortlich ungunstiger liegender Arbeit, aber auch Versetzungen mit\nVerschlechterung des Arbeitsentgelts oder des Arbeitsgebiets oder Veranderung\ndes Berufsbildes oder Entzugs einer Fuhrung- oder Vorgesetztenposition; dazu\ngehort auch der Ausschluss von allgemeinen Sonderzuwendungen u. a.\nVergunstigungen. Benachteiligungen konnen aber auch die weitere berufliche\nEntwicklung betreffen, insbesondere wenn ein freigestelltes Mitglied der\nPersonalvertretung oder Hauptbetriebsvertretung wegen dieser Tatigkeit nicht\nbefordert wird (vgl. BAG 11.12.1991 NZA 1993, 909, 15.01.1992 EzA § 37 BetrVG\n1972 Nr. 110, jew. zu § 78 BetrVG).\n\n \n\n40\n\n \n\nDiese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben; davon ist letztlich auch das\nArbeitsgericht zu Recht ausgegangen.\n\n \n\n41\n\n \n\nDie Benachteiligung als solche und insbesondere auch ihre Kausalitat fur die\nPersonalentscheidung der zustandigen Dienststelle sind nach dem\nwechselseitigen Vorbringen der Parteien in beiden Rechtszugen grundsatzlich\ngegeben; dem damit gegebenen Anspruch des Klagers steht auch nicht sein\nwiderspruchliches Verhalten im Hinblick auf die freiwillige Aufgabe der\nFreistellung entgegen.\n\n \n\n42\n\n \n\nDie zustandige Dienststelle hat autonom im Rahmen der - auch an den Klager\ngerichteten - Ausschreibung der "Beforderungsstelle" das Anforderungsprofil\nfur in Betracht zu ziehende Kandidaten festgelegt. Anhaltspunkte dafur, dass\ndies offensichtlich unsachlich oder willkurlich erfolgt sein konnte, bestehen\nerkennbar nicht. Die zustandige Dienststelle ist davon ausgegangen, dass nach\nden sodann eingegangenen Bewerbungen der Klager derjenige war, dem die Stelle\nubertragen werden sollte; dies wird letztlich besonders augenscheinlich durch\nden Umstand, dass die zustandige Betriebsvertretung nach Maßgabe der\npersonalvertretungsrechtlichen Vorschriften bereits beteiligt worden war und\ndieser arbeitsrechtlichen Maßnahme zugestimmt hatte. Noch im an die\nBetriebsvertretung RAB II gerichteten Schreiben vom 14.01.2010 hat das\nPersonalburo des Flugplatzes U unzweideutig mitgeteilt, dass von einer\nÜbertragung der Position auf den Klager allein deshalb Abstand genommen wurde,\nweil der Klager nach erfolgter Auswahl sich entschieden hatte, an seiner\nFreistellung festzuhalten und nicht bereit war, die Position tatsachlich\nanzutreten. Allein dieses Schreiben zeigt eindeutig, dass ausschließliche\nUrsache fur die Nichtubertragung der Tatigkeit die Weigerung des Klagers war,\nseine Freistellung zur personalvertretungsrechtlichen Tatigkeit aufzugeben;\nware er dem dahingehenden Wunsch der Dienststelle nachgekommen, ware ihm ohne\nWeiteres die "Beforderungsstelle" ubertragen worden. Dies ist aufgrund des\nVorbringens beider Parteien in beiden Rechtszugen als unstreitig anzusehen.\n\n \n\n43\n\n \n\nEtwas anderes ergibt sich zunachst nicht aus dem Berufungsvorbringen der\nBeklagten. Soweit dort darauf abgestellt wird, das Anforderungsprofil sei nach\nder Weigerung des Klagers, die Freistellung zu beenden, uberdacht, uberpruft\nund neu festgelegt worden, mit dem Ergebnis, dass die Tatigkeit inzwischen auf\nHerrn Z ubertragen worden sei, fuhrt dies zu keinem abweichenden Ergebnis.\nDenn zum einen belegt das Schreiben des Personalsburos vom 14.01.2010\neindeutig, dass ausschließliche Ursache fur die Nichtubertragung der Tatigkeit\nund auch fur die Neuprofilierung der Beforderungsstelle "im Rahmen der\nerneuten Ausschreibung" allein die Weigerung des Klagers war, die Freistellung\naufzugeben. Von einem Abbruch des Bewerbungsverfahrens kann insoweit keine\nRede sein, es war nach der Zustimmung der zustandigen Personalvertretung\nfaktisch schlicht abgeschlossen. Dass dem noch eine schriftliche\nVertragsanderung oder dergleichen hatte hinzutreten mussen, mag zwar sein,\nandert am hier gefundenen Ergebnis aber gleichwohl nichts. Die\nNeuausschreibung mit verandertem Anforderungsprofil erfolgte folglich allein\ndeshalb, weil die zustandige Dienststelle schlicht nicht in der Lage war,\neinen geeigneten Bewerber mit dem gewunschten Anforderungsprofil, das der\nKlager aufweist, zur Stellenbesetzung zu finden.\n\n \n\n44\n\n \n\nDem Anspruch des Klagers steht auch nicht § 242 BGB entgegen. Zwar mag sein\nVerhalten widerspruchlich erscheinen, indem er zunachst - unstreitig - erklart\nhatte, im Falle der Besetzung der Stelle mit seiner Person von der inne\ngehabten Freistellung Abstand zu nehmen. Zu berucksichtigen ist aber, dass\nbereits das Drangen der zustandigen Dienststelle, diesen Schritt zu gehen,\npersonalvertretungsrechtlich im Hinblick auf das Benachteiligungsverbot nicht\nunbedenklich erscheint. Hinzu kommt, dass der Klager typischerweise, nachdem\ner die Freistellung, die er nicht selbst veranlasst hat, sondern die auf einer\nEntscheidung des zustandigen Gremiums beruht, in einen Loyalitatskonflikt\ngeraten ist, denn nach einer Aufgabe der Freistellung hatte das Gremium ein\nanderes Mitglied insoweit freistellen mussen. Wenn der Klager deshalb nach\neiner zunachst erklarten Bereitschaft zur Aufgabe der Freistellung,\nschließlich dann doch davon Abstand genommen hat, kann dies nicht als per se\ntreuwidrig und als geeignet angesehen werden, das Vertrauen in die Loyalitat\ndes Klagers zu erschuttern.\n\n \n\n45\n\n \n\nFolge des damit gegebenen Verstoßes des Benachteiligungsverbots im Hinblick\nauf die berufliche Entwicklung des Klagers ist, dass er, nachdem er nur in\nFolge seiner Personalvertretungstatigkeit und der in diesem Zusammenhang\nerfolgten Freistellung nicht in eine Position mit hoherer Vergutung\naufgestiegen ist (vorliegend ist der Kausalitatsnachweis entgegen der zuvor\nzitierten Entscheidungen des BAG nach der hier vertretenen Auffassung gerade\ngegeben), dass der Klager die Beklagte unmittelbar auf Zahlung der hoheren\nVergutung in Anspruch nehmen kann. Auch dies hat das Arbeitsgericht letztlich\nzutreffend erkannt.\n\n \n\n46\n\n \n\nDas Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt insoweit keine abweichende\nBeurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts; es enthalt uber die\nbereits zuvor dargestellten und erorterten Gesichtspunkte hinaus keine neuen,\nnach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte\nTatsachenbehauptungen oder Rechtsbehauptungen, die ein abweichendes Ergebnis\nrechtfertigen konnten. Weitere Ausfuhrungen sind folglich nicht veranlasst.\n\n \n\n47\n\n \n\nNach alledem war die Berufung zuruckzuweisen.\n\n \n\n48\n\n \n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.\n\n \n\n49\n\n \n\nFur eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des\n§ 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.\n\n |
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118,519 | olgkobl-2011-05-20-10-u-121610 | 909 | Oberlandesgericht Koblenz | olgkobl | Rheinland-Pfalz | Oberlandesgericht | 10 U 1216/10 | 2011-05-20 | 2018-12-27 19:23:27 | 2019-02-12 09:10:31 | Urteil | ECLI:DE:OLGKOBL:2011:0520.10U1216.10.0A | #### Tenor\n\n \n\nDie Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des\nLandgerichts Koblenz vom 6. Oktober 2010 wird zuruckgewiesen.\n\n \n\n \n\nDie Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.\n\n \n\n \n\nDas Urteil ist vorlaufig vollstreckbar.\n\n#### Grunde\n\n \n\n**I.**\n\n \n\n1\n\n \n\nDie Parteien streiten um die Zulassigkeit der Zwangsvollstreckung aus einer\nnotariellen Urkunde und den Bestand einer der Urkunde zugrunde liegenden\nForderung des Beklagten.\n\n \n\n2\n\n \n\nDer Beklagte, Vater der Klagerin, ubertrug mit notarieller Urkunde des Notars\nDr. A. vom 12. Mai 1997 (Urkundenrolle Nr. .../1997, Bl. 12 bis 19 d. A.)\nanlasslich der Trennung von seiner damaligen Ehefrau B. C. zwei Grundstucke zu\nje 1/3-Eigentumsanteil an diese im Wege der ehebezogenen Zuwendung sowie an\ndie gemeinsamen Kinder D. C. und die Klagerin in der Form eines Kaufvertrages.\nAls Kaufpreis fur die 2/3-Miteigentumsbruchteile der Kinder wurden 40.000 DM\npro Kind vereinbart; dabei wurde ein Kaufpreisanteil von jeweils 10.000 DM mit\neiner Zahlungsverpflichtung des Beklagten aus einer anderen notariellen\nUrkunde verrechnet. Der Kaufpreisrestbetrag von jeweils 30.000 DM (entspricht\n15.338,76 €) war fallig und bis dahin zinslos zahlbar an den Beklagten\nspatestens zum 31. Mai 1997, danach mit Verzugszinsen in Hohe von 10 %. Wegen\nder Zahlungsverpflichtungen aus dieser Urkunde unterwarfen sich die Kinder des\nBeklagten wegen des Restkaufpreises von jeweils 30.000 DM der sofortigen\nZwangsvollstreckung aus der Urkunde.\n\n \n\n3\n\n \n\nZwischen den Parteien ist streitig, ob der Restkaufpreis von den Kindern an\nden Beklagten gezahlt wurde.\n\n \n\n4\n\n \n\nUnter dem 14. August 2003 gab der Beklagte eine eidesstattliche Versicherung\nuber sein Vermogen ab (Bl. 7 bis 10 d. A.), wobei er die\nRestkaufpreisforderung gegen die Klagerin und/oder seinen Sohn D. C. nicht\nangab.\n\n \n\n5\n\n \n\nAm 10. November 2008 ließ der Beklagte die notarielle Urkunde in Form einer\nvollstreckbaren Ausfertigung der Klagerin zustellen.\n\n \n\n6\n\n \n\nNachdem Frau B. C. durch Pfandungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts\nNeuwied - 5 M 1835/09 - den in der notariellen Urkunde .../97 titulierten\nAnspruch des Beklagten gegen die Klagerin gepfandet und sich zur Einziehung\nhatte uberweisen lassen, begehrte die Klagerin mit ihrer\nVollstreckungsgegenklage die Feststellung, dass die Zwangsvollstreckung aus\nder notariellen Urkunde .../97 gegen die Klagerin unzulassig ist. Dies hat der\nBeklagte anerkannt, so dass am 24. Juni 2009 insoweit ein\nTeilanerkenntnisurteil des Landgerichts Koblenz erging (Bl. 53 bis 54 d. A.).\n\n \n\n7\n\n \n\nMit seiner Widerklage verfolgt der Beklagte den sich aus der notariellen\nUrkunde ergebenden Restkaufpreisanspruch von 15.338,76 €, zahlbar an Frau B.\nC..\n\n \n\n8\n\n \n\nDer Beklagte hat vorgetragen,\n\n \n\n9\n\n \n\ndie sich aus der notariellen Urkunde ergebende Forderung sei nicht erfullt\nworden.\n\n \n\n10\n\n \n\nDer Beklagte hat beantragt,\n\n \n\n11\n\n \n\ndie Klagerin zu verurteilen, 15.338,76 € nebst Zinsen in Hohe von 10 % seit\ndem 1. Januar 2006 an Frau B. C. zu zahlen,\n\n \n\n12\n\n \n\nhilfsweise festzustellen, dass die Schuld der Klagerin, begrundet durch\nnotarielle Urkunde, Urkundennummer .../97 vom 12. Mai 1997, errichtet vor dem\nNotar Dr. A., mit Amtssitz in X., auf Seite 5 der Urkunde in Hohe von 30.000\nDM, zuzuglich Zinsen in Hohe von 10 % jahrlich seit dem 1. Januar 2006, nicht\nerloschen ist.\n\n \n\n13\n\n \n\nDie Klagerin hat beantragt,\n\n \n\n14\n\n \n\ndie Widerklage abzuweisen.\n\n \n\n15\n\n \n\nSie hat vorgetragen,\n\n \n\n16\n\n \n\nder Beklagte sei nicht aktivlegitimiert, da die Forderung bereits durch\nErfullung erloschen sei. Sie habe als Erfullung dem Beklagten verschiedene\nSicherheiten gewahrt. Der Beklagte habe gegenuber D. C. telefonisch erklart,\nihm sei das Erloschen der Zahlungsanspruche bekannt, gleichwohl verfolge er\ndiese, um Frau B. C. hinsichtlich der gegen ihn betriebenen\nZwangsvollstreckung zum Einlenken zu bewegen. Das Erloschen der titulierten\nForderung ergebe sich auch daraus, dass in der eidesstattlichen Versicherung\ndes Beklagten ein gegen die Klagerin bestehender Anspruch nicht angegeben sei.\nDie von dem Beklagten geltend gemachte Forderung sei jedenfalls verwirkt.\n\n \n\n17\n\n \n\nDas Landgericht hat die Widerklage abgewiesen, weil der sich aus der\nnotariellen Urkunde ergebende Restkaufpreisanspruch aus § 433 Abs. 2 BGB\njedenfalls verwirkt sei und deshalb die streitige Erfullung dahinstehen konne.\nDas fur die Annahme einer Verwirkung notwendige „Zeitmoment" liege vor, da die\nbereits 1997 begrundete Forderung von dem Beklagten bis November 2008 nicht\ngeltend gemacht worden sei. Auch das weitere, fur die Verwirkung erforderliche\n„Umstandsmoment" sei erfullt. Denn die Klagerin habe insbesondere im Rahmen\ndes familiaren Verhaltnisses davon ausgehen konnen, dass der Beklagte nach\nVerstreichenlassen vieler Jahre seinen sich aus der notariellen Urkunde\nergebenden Anspruch nicht weiter verfolgen werde. Es sei durchaus\nnachvollziehbar, dass die Klagerin nach Ablauf einer solchen Zeitspanne keine\nBelege fur die behauptete Erfullung gesichert habe, insbesondere auch im\nHinblick darauf, dass es sich bei dem Beklagten um den Vater der Klagerin\nhandele. Auch die Nichtangabe eines gegen die Klagerin bestehenden Anspruchs\nin der eidesstattlichen Versicherung des Beklagten belege, dass der Beklagte\ndie sich aus der notariellen Urkunde ergebende Forderung gegenuber der\nKlagerin nicht mehr habe geltend machen wollen.\n\n \n\n18\n\n \n\nHiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerecht\neingelegten und begrundeten Berufung, mit der er geltend macht, es liege eine\nunzulassige Überraschungsentscheidung vor, da das Landgericht in der\nmundlichen Verhandlung der Klagerin Gelegenheit zu erganzendem Sachvortrag zur\nErfullung gegeben habe, sich mit diesem Aspekt in dem Urteil dann aber nicht\nbefasst habe.\n\n \n\n19\n\n \n\nErganzend tragt der Beklagte vor, das Landgericht sei auf die Erklarung des\nBeklagten in der mundlichen Verhandlung, er habe 2003 nicht mehr gewusst, dass\ner eine Forderung gegen seine Tochter besitze, nicht eingegangen. Der Beklagte\nhabe die Urkunde erst am 8. September 2008 bei seinem Sohn D. C.\nwiedergefunden. Das „Umstandsmoment" sei nicht gegeben. Die Klagerin habe in\neinem von Frau B. C. gegen den Beklagten eingeleiteten Strafverfahren wegen\nAbgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung und wegen Vereitelns der\nZwangsvollstreckung gegen den Beklagten ausgesagt. Das ihr ubereignete\nGrundstuck besitze die Klagerin heute noch. Der Verzicht auf eine beweismaßige\nSicherung stelle keine Vermogensdisposition dar. Die familiare Verbundenheit\nstehe regelmaßig einer zwangsweisen Geltendmachung einer Forderung entgegen.\nDie Klagerin habe in dem zwischen dem Beklagten und D. C. wegen dessen\nRestkaufpreisschuld gefuhrten Rechtsstreit als Zeugin unwahre Angaben zu den\nUmstanden des Vertragsschlusses am 12. Mai 1997 gemacht; das Landgericht sei\nsodann in dem dortigen Urteil auch nicht von einer Verwirkung ausgegangen.\n\n \n\n20\n\n \n\nDer Beklagte beantragt,\n\n \n\n21\n\n \n\ndas Urteil des Landgerichts abzuandern und die Klagerin zu verurteilen,\n15.338,76 € nebst Zinsen in Hohe von 10 % seit dem 1. Januar 2006 an Frau B.\nC. zu zahlen.\n\n \n\n22\n\n \n\nDie Klagerin beantragt,\n\n \n\n23\n\n \n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n \n\n24\n\n \n\nSie verteidigt das landgerichtliche Urteil, wiederholt und vertieft ihren\nerstinstanzlichen Sachvortrag und bestreitet den in der Berufungsbegrundung\ngehaltenen Sachvortrag des Beklagten.\n\n \n\n25\n\n \n\nHinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zu den Akten\ngereichten Schriftsatze nebst Anlagen Bezug genommen.\n\n \n\n \n\n**II.**\n\n \n\n26\n\n \n\nDie zulassige Berufung ist nicht begrundet.\n\n \n\n27\n\n \n\nDas Landgericht hat die Widerklage zu Recht und mit zutreffender Begrundung\nabgewiesen.\n\n \n\n28\n\n \n\nDem Beklagten steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines\nRestkaufpreises von 15.338,76 € aus der notariellen Urkunde vom 12. Mai 1997\nnicht zu, da der Anspruch jedenfalls verwirkt ist. Auf die zwischen den\nParteien streitige Frage, ob die Forderung durch Erfullung erloschen ist,\nkommt es daher nicht an. Es ist deshalb auch nicht zu beanstanden, dass sich\ndas Landgericht nicht mit dem hierzu gehaltenen Sachvortrag der Parteien\nauseinandergesetzt hat.\n\n \n\n29\n\n \n\nZutreffend hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung ausgefuhrt,\ndass ein Recht verwirkt ist, wenn der Berechtigte es langere Zeit hindurch\nnicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat\nund nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten\ndurfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde. Zu Recht hat\ndas Landgericht diese Voraussetzungen vorliegend als gegeben angesehen. Zur\nVermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Entscheidungsgrunde\ndes landgerichtlichen Urteils Bezug genommen, denen der Senat sich\nvollumfanglich anschließt.\n\n \n\n30\n\n \n\nDie Berufung verweist ohne Erfolg auf die Erklarung des Beklagten, im Jahre\n2003 nicht mehr gewusst zu haben, dass er eine Forderung gegen seine Tochter\nbesitze und die notarielle Urkunde erst am 8. September 2008 wieder\naufgefunden zu haben. Diese Umstande stehen der Annahme der Verwirkung nicht\nentgegen.\n\n \n\n31\n\n \n\nZunachst erscheint bereits fraglich, dass dem Beklagten die ihm gegen die\nKlagerin zustehende Forderung im Jahre 2003 nicht mehr erinnerlich gewesen\nsein soll. Der Beklagte befand sich damals, wie sich aus der Abgabe der\neidesstattlichen Versicherung ergibt, in beengten wirtschaftlichen\nVerhaltnissen. In einer derartigen Situation ist nicht nachvollziehbar, dass\neine doch so erhebliche Forderung in Hohe von 15.338,76 € vergessen worden\nsein soll. Gleichwohl wurde auch ein Vergessen des Anspruchs einer Verwirkung\nnicht entgegenstehen. Maßgeblich ist namlich nicht die fortdauernde Kenntnis\ndes Berechtigten von der Forderung; es genugt vielmehr, dass der Berechtigte\nbei objektiver Beurteilung Kenntnis hatte haben konnen (Palandt-Gruneberg,\nBGB, 70. Aufl. 2011, § 242 Rdnr. 94 m. w. N.).\n\n \n\n32\n\n \n\nDie Verwirkung eines Anspruchs ist ein Fall der unzulassigen Rechtsausubung\nund schließt die illoyal verspatete Geltendmachung eines Rechtes aus. Dabei\nkommt es nicht auf den Willen des Berechtigten an. Verwirkung kann auch gegen\nden Willen des Berechtigten eintreten, da die an Treu und Glauben\nausgerichtete objektive Beurteilung, nicht aber der Willensentschluss des\nBerechtigten entscheidend ist. Verwirkung kann daher selbst dann eintreten,\nwenn der Berechtigte keine Kenntnis von seiner Berechtigung hat (BGH NJW 2007,\n2183 mit weiterem Rechtsprechungsnachweis).\n\n \n\n33\n\n \n\nNotwendig fur die Verwirkung ist jedoch immer, dass sich der Verpflichtete mit\nRucksicht auf das Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet hat, dass\ndieser das ihm zustehende Recht nicht mehr geltend machen werde, dass es mit\nTreu und Glauben nicht zu vereinbaren ist, dass der Berechtigte spater doch\nmit dem ihm zustehenden Recht hervortritt und dass unter diesem Gesichtspunkt\ndie Leistung fur den Verpflichteten unzumutbar ist. Entscheidend sind dabei\ndie Umstande des Einzelfalls, wobei der Art und Bedeutung des Rechts, um\ndessen Verwirkung es geht, besondere Bedeutung zukommt (BGH a. a. O. m. w.\nN.).\n\n \n\n34\n\n \n\nDem hier geltend gemachten Zahlungsanspruch kommt - anders als regelmaßig dem\nHerausgabeanspruch des Eigentumers - keine so uberragende Bedeutung zu, dass\nseine Verwirkung nur in Ausnahmefallen angenommen werden konnte. Auch die\nweiteren Umstande des vorliegenden Einzelfalls fuhren zu einer Annahme einer\nVerwirkung des titulierten Zahlungsanspruchs. Von besonderer Bedeutung ist\ninsoweit, dass fur den Restkaufpreisanspruch ein Zahlungsziel bis zum 31. Mai\n1997 und damit von nur 19 Tagen vereinbart wurde mit einem anschließenden\nVerzugszins von 10 % jahrlich. Gerade diese kurze Zahlungsfrist in Verbindung\nmit einem doch erheblichen Verzugszins zeigt, dass dem Beklagten an einer\nkurzfristigen Befriedigung seines Anspruchs gelegen war. Dementsprechend war\nbei nicht fristgerechter Erfullung der Forderung mit einer zeitnahen\nGeltendmachung des Anspruchs durch den Beklagten zu rechnen.\n\n \n\n35\n\n \n\nDem steht auch nicht die familiare Beziehung des Beklagten zu der Klagerin\nentgegen. Die familiare Verbundenheit fuhrte nicht zu einer großzugigen\nErfullungsfrist oder sehr niedrigen Verzugszinsen, so dass auch nicht davon\nausgegangen werden kann, der Beklagte habe aus familiarer Verbundenheit heraus\nzunachst von der Geltendmachung seines Kaufpreisanspruchs abgesehen.\n\n \n\n36\n\n \n\nDie Klagerin konnte und durfte sich deshalb darauf einrichten, dass der\nBeklagte den Restkaufpreisanspruch nicht mehr gegen sie geltend machen wurde,\nnachdem er uber viele Jahre hinweg die Klagerin weder wegen dieser Forderung\nangesprochen noch sonstwie zu erkennen gegeben hat, dass er den Anspruch noch\nrealisieren wolle. Zu Recht hat das Landgericht in der angefochtenen\nEntscheidung ausgefuhrt, dass die fehlende Sicherung von Belegen zum Nachweis\nder Erfullung eine Vertrauensinvestition des Verpflichteten in diesem Sinne\ndarstellen kann (vgl. Palandt-Gruneberg, a. a. O., Rdnr. 95 mit\nRechtsprechungsnachweisen).\n\n \n\n37\n\n \n\nUnerheblich ist, dass die Klagerin in dem Strafverfahren gegen den Beklagten\nund in dem Rechtsstreit zwischen dem Beklagten und seinem Sohn D. C. jeweils\ngegen den Beklagten ausgesagt hat. Das Rechtsinstitut der Verwirkung erfordert\nkein Wohlverhalten des Verpflichteten gegenuber dem Berechtigten des Rechts.\nEine Verwirkung kommt jedoch nicht in Betracht, wenn sich der Verpflichtete\nunredlich verhalten und dadurch die verspatete Geltendmachung des gegen ihn\ngerichteten Rechts veranlasst hat (BGH in BGHZ 25, 47; Palandt-Gruneberg, a.\na. O., Rdnr. 95 m. w. N.). Die zu Lasten des Beklagten erfolgten\nZeugenaussagen der nunmehrigen Klagerin stellen indes kein unredliches\nVerhalten in diesem Sinne dar. Der Beklagte behauptet selbst nicht, dass die\nZeugenaussage der Klagerin in dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren\nunzutreffend gewesen sei. Vielmehr ergibt sich vorliegend aus der\nGeltendmachung des Restkaufpreisanspruchs gegen die Klagerin die Unrichtigkeit\nder von dem Beklagten abgegebenen eidesstattlichen Versicherung, die unter\nanderem den Tatvorwurf des gegen ihn betriebenen Strafverfahrens bildete.\nDahinstehen kann, ob die Klagerin in dem Rechtsstreit des D. C. mit dem Klager\nbei ihrer Zeugenvernehmung am 7. Juli 2010 unzutreffende Angaben zum\nVertragsschluss und zu einer Erfullung der dem Beklagten gegen seine Kinder\nzustehenden Restkaufpreisanspruche gemacht hat, da diese Aussage keinen\nEinfluss auf die erst im Jahre 2008 und damit verspatete Geltendmachung des\nRestkaufpreisanspruchs des Beklagten haben konnte.\n\n \n\n38\n\n \n\nNicht maßgeblich ist zudem, dass die Klagerin das ihr mit der notariellen\nUrkunde ubereignete Grundstuck immer noch im Besitz hat. Es ist dem\nRechtsinstitut der Verwirkung immanent, dass im Falle seines Eingreifens der\nBerechtigte eines Rechts dieses verliert und damit die von ihm aufgrund eines\ngegenseitigen Vertrages erbrachte Gegenleistung bei dem Vertragspartner\nverbleibt.\n\n \n\n39\n\n \n\nEiner Verwirkung des Restkaufpreisanspruchs steht auch nicht entgegen, dass in\ndem zwischen dem Beklagten und D. C. gefuhrten Rechtsstreit das Landgericht\nkeine Verwirkung angenommen hat. Wie bereits ausgefuhrt, sind fur die Frage\nder Verwirkung jeweils die Umstande des Einzelfalls maßgebend.\n\n \n\n40\n\n \n\nDie Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.\n\n \n\n41\n\n \n\nDie Revision wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des\n§ 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.\n\n \n\n42\n\n \n\nDer Streitwert fur das Berufungsverfahren wird auf 15.338,76 € festgesetzt.\n\n |
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118,776 | polgzwe-2011-03-16-3-w-2811 | 911 | Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken | polgzwe | Rheinland-Pfalz | Oberlandesgericht | 3 W 28/11 | 2011-03-16 | 2018-12-27 19:29:26 | 2019-02-12 09:10:40 | Beschluss | ECLI:DE:POLGZWE:2011:0316.3W28.11.0A | \n\n**I.** Die weitere Beschwerde wird als unzulassig verworfen.\n\n \n\n**II.** Der Geschaftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf\n3.000,-- EUR festgesetzt.\n\n#### Grunde\n\n \n\nI.\n\n1\n\n \n\nDie Antragstellerin hat die im Betreff genannten Grundstucke im Wege der\nZwangsversteigerung erworben. Zu Lasten der Grundstucke ist im Grundbuch ein\nVorkaufsrecht „fur den ersten Verkaufsfall" zugunsten der Antragsgegnerin\neingetragen. In der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung heißt es: „Die\nKauferin bestellt der Verkauferin am Vertragsgegenstand ein Vorkaufsrecht fur\nden ersten Verkaufsfall, welches so lange besteht, bis es erstmals ausgeubt\nwerden kann und insoweit auch gegen Rechtsnachfolger im Eigentum wirkt, aber\nerlischt, wenn es ausgeubt werden konnte und nicht ausgeubt wird.\n\n2\n\n \n\nDie Antragstellerin hat die Loschung des Vorkaufsrechts im Grundbuch\nbeantragt. Das Grundbuchamt hat ihr im Wege der Zwischenverfugung die\nBeibringung einer Bewilligung der Loschung durch die Antragsgegnerin\nausgegeben. Auf die hiergegen gerichtet Beschwerde hat das Landgericht die\nZwischenverfugung mit der Begrundung aufgehoben, die Beibringung einer\nBewilligung sei nicht tauglicher Gegenstand einer Zwischenverfugung. Im\nWeiteren hat die Kammer „fur das weitere Verfahren" zusatzliche\nRechtsausfuhrungen gemacht, wonach der Loschungsantrag der Antragstellerin\nabweisungsreif sei, weil das Vorkaufsrecht durch die Zwangsversteigerung nicht\nerloschen sei.\n\n3\n\n \n\nHiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Antragstellerin, die\nbefurchtet, dass das Amtsgericht an die Rechtsausfuhrungen der Kammer gebunden\nsein konne, weshalb sie durch die Entscheidung beschwert sei.\n\n \n\nII.\n\n4\n\n \n\n1\\. Auf das vorliegende Verfahren finden gemaß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG\nweiterhin die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in\nFamiliensachen und in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit\ngeltenden Vorschriften Anwendung, weil der das Verfahren einleitende\nLoschungsantrag der Beteiligten zu 1) am 14. Juli 2009 bei dem Grundbuchamt\neingegangen ist. Dies gilt auch fur den Rechtsmittelzug und das\nRechtsmittelverfahren in Grundbuchsachen (OLG Koln, FGPrax 2009, 240).\n\n5\n\n \n\n2\\. Die weitere Beschwerde ist somit nach § 78 Abs. 1 GBO a.F. statthaft,\nmangels Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) aber unzulassig, weil sie\nbereits mit ihrer Erstbeschwerde einen vollen Erfolg erzielt hat. Die Kammer\nhat auf die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) hin die angegriffene\nZwischenverfugung antragsgemaß aufgehoben. Damit fehlt es an einer formellen\nBeschwer der Beteiligten zu 1) durch die angegriffene Entscheidung.\n\n6\n\n \n\nEine solche liegt auch nicht in der Begrundung der Beschwerdeentscheidung\ndurch die Kammer. Dabei kann dahin stehen, ob in der Begrundung der\nBeschwerdeentscheidung durch die Kammer eine mit der Rechtsbeschwerde\nangreifbare Beschwer dann lage, wenn diese Begrundung fur das letztlich\nangestrebte Ziel der Beteiligten zu 1) hinderlich und das Amtsgericht an die\nrechtliche Beurteilung durch die Kammer gebunden ware. Es fehlt namlich\njedenfalls an der Bindungswirkung der rechtlichen Ausfuhrungen der Kammer,\nsoweit diese dem Begehren der Beteiligten zu 1) entgegen stehen. Nach dem\nbereits vor Inkrafttreten des FamFG als allgemeinem Rechtsgrundsatz\nanerkannten und nunmehr in § 69 Abs. 1 Satz 4 FamFG ausdrucklich normierten\nPrinzip der Bindungswirkung von Entscheidungen im Instanzenzug besteht namlich\nkeine Bindung an rechtliche Hinweise fur die Weiterfuhrung des Verfahrens, auf\ndenen die Aufhebung der angegriffenen Entscheidung nicht beruht (BayObLGZ\n1988, 86; Sternal in Keidel, FamFG, 16. Aufl. § 69 Rn. 28; Abramenko in\nPrutting/Helms, FamFG, § 69 Rn. 15; Bumiller/Winkler, FGG § 25 Rn 8). So liegt\nder Fall hier. Die Kammer hat die angegriffene Zwischenverfugung aus einem\nformalen Grund aufgehoben und in einem „obiter dictum" ihre Rechtsansicht zur\nrechtlichen Beurteilung des Loschungsantrages geaußert. Die Entscheidung der\nKammer ware nicht anders ausgefallen, wenn sie insoweit die gegenteilige\nRechtsansicht vertreten hatte, also der Auffassung gewesen ware, der\nLoschungsantrag der Beteiligten zu 1) sei ohne weiteres begrundet. Ihr „obiter\ndictum" entfaltet daher keine Bindungswirkung fur das Grundbuchamt bei der\nEntscheidung uber den noch offenen Loschungsantrag.\n\n7\n\n \n\n3\\. In derselben Weise - namlich ebenfalls ohne Bindungswirkung fur die\nVorinstanzen - weist der Senat darauf hin, dass er den zusatzlichen\nrechtlichen Ausfuhrungen der Kammer nicht folgt. Das Vorkaufsrecht der\nBeteiligten zu 2) ist vielmehr erloschen.\n\n8\n\n \n\nNach § 471 BGB, der uber § 1098 Abs. 1 BGB auch fur das dingliche\nVorkaufsrecht gilt, ist das Vorkaufsrecht ausgeschlossen, wenn der Verkauf im\nWege der Zwangsvollstreckung erfolgt. Mit anderen Worten liegt zwar in der\nZwangsversteigerung ein „Verkaufsfall" im Sinne des Vorkaufsrechts, aber eben\nkein solcher, der das Vorkaufsrecht auslost. Ist das Vorkaufsrecht nur fur\neinen einzigen Verkaufsfall bestellt - dies ist der vom Gesetz in § 1097 BGB\nangenommene Regelfall - so erlischt es mithin durch den Zuschlag in der\nZwangsversteigerung (Schermaier in Staudinger, BGB, Stand November 2008, §\n1097 Rn 14; Westermann in MuKo/BGB, 5. Aufl., § 1097 Rn 5; Alpmann in jurisPK-\nBGB, 5. Aufl., § 1097Rn 20). Mit der Zwangsversteigerung ist namlich der eine\nVerkaufsfall, fur den das Vorkaufsrecht bestellt ist, verbraucht. § 471 BGB\nist zwingendes Recht (Mader in Staudinger, BGB, Stand Februar 2004, § 471 Rn.\n3). Die Parteien konnen deshalb abweichend von § 471 BGB nicht vereinbaren,\ndass die Zwangsversteigerung einen Vorkaufsfall darstellen soll.\n\n9\n\n \n\nAllerdings konnen die Parteien das Vorkaufsrecht auch fur mehrere\nVerkaufsfalle bestellen, wie § 1097 HS 2 BGB zeigt. Ist das Vorkaufsrecht fur\nmehrere Verkaufsfalle bestellt, so erlischt es durch Zwangsversteigerung nur,\nwenn es den schlechteren Rang als dasjenige Recht hat, aus dem der Glaubiger\ndie Zwangsvollstreckung betreibt. Hat es - wie hier - den besseren Rang, so\nfallt es in das geringste Gebot (§ 44 ZVG) und bleibt bestehen (Westermann in\nMuKo/BGB, 5. Aufl., § 1097 Rn 5). Die Zwangsversteigerung ist dann nur ein -\naus Rechtsgrunden - fur die Ausubung des Vorkaufsrechts verstrichener\nVerkaufsfall. Fur nachfolgende Verkaufsfalle bleibt es, seinem vereinbarten\nInhalt entsprechend, bestehen.\n\n10\n\n \n\nIm hier zu entscheidenden Fall haben die Parteien ein Vorkaufsrecht begrundet,\nwelches zwar nur fur einen ersten Verkaufsfall gelten soll, allerdings bis zu\neinem solchen ersten Verkaufsfall, bei dem das Vorkaufsrecht auch tatsachlich\nausgeubt werden kann, unabhangig davon, ob noch der Besteller oder ein\nRechtsnachfolger Verkaufer des Grundstuckes ist (zur Zulassigkeit einer\nsolchen Vereinbarung vgl. Westermann in MuKo/BGB, 5. Aufl., § 1097 Rn 2\nm.w.N.).\n\n11\n\n \n\nIn Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob ein Vorkaufsrecht dieses\nInhalts seiner Art nach ein solches fur nur einen einzigen Verkaufsfall (KG\nOLGE 41, 21; Westermann in MuKo/BGB, 5. Aufl., § 1097 Rn 2) oder aber ein\nsolches fur mehrere Verkaufsfalle ist (so Schermaier in Staudinger, BGB, Stand\nNovember 2008, § 1097 Rn 13). Die Beantwortung dieser Frage kann nach Ansicht\ndes Senats offen bleiben. Jedenfalls hat ein mit diesem Inhalt vereinbartes\nVorkaufsrecht in der Zwangsversteigerung nach § 471 BGB keinen Bestand. Zweck\ndieser Regelung ist insbesondere der Schutz der am\nZwangsvollstreckungsverfahren Beteiligten, in erster Linie der staatliche\nGlaubigerschutz (Mader in Staudinger, BGB, Stand Februar 2004, § 471 Rn 1).\nDer Glaubiger soll nicht auf den vom eintretenden Berechtigten zu zahlenden\nErlos angewiesen sein. Der Vorkaufsberechtigte, der oft ein besonderes\nInteresse am Erwerb des Grundstucks hat, soll zudem nicht als moglicher Bieter\nin der Zwangsversteigerung ausfallen, um so die Interessen der an der\nZwangsversteigerung Beteiligten auf Erzielung eines moglichst hohen\nVersteigerungserloses zu wahren (Alpmann in jurisPK-BGB, 5. Aufl., § 471 Rn\n1). In der Zwangsversteigerung liegt fur den Berechtigten zugleich eine\nErwerbsmoglichkeit, die seinem durch das Vorkaufsrecht gesicherten Interesse\nentspricht. Es liegt alleine an dem Berechtigten, das Grundstuck durch Abgabe\ndes hochsten Gebotes zu ersteigern. Ihm eine weitere Erwerbsmoglichkeit uber\ndas Zwangsversteigerungsverfahren hinaus offen zu halten, obwohl auch das\nVorkaufsrecht ihm doch nur die einmalige Moglichkeit des Erwerbs eroffnen\nsollte, ist mit Blick auf den beschriebenen Schutzzweck des § 471 BGB nicht\ngeboten (vgl. BGHZ 141, 194 zum Vorkaufsrecht des Mieters). Hat der fur einen\ndas Vorkaufsrecht auslosenden Verkaufsfall berechtigte Vorkaufsberechtigte die\nErwerbsmoglichkeit in der Zwangsversteigerung verstreichen lassen, gebuhrt den\nInteressen der am Zwangsversteigerungsverfahren Beteiligten nach Ansicht des\nSenats der Vorzug, weshalb das Vorkaufsrecht mit dem Zuschlag erlischt.\n\n12\n\n \n\n4\\. Die Festsetzung des Geschaftswertes fur das Verfahren der weiteren\nBeschwerde beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 Satz 2 KostO.\n\n |
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118,846 | olgkobl-2011-02-24-2-ss-3011 | 909 | Oberlandesgericht Koblenz | olgkobl | Rheinland-Pfalz | Oberlandesgericht | 2 Ss 30/11 | 2011-02-24 | 2018-12-27 19:30:10 | 2019-02-12 09:10:43 | Beschluss | ECLI:DE:OLGKOBL:2011:0224.2SS30.11.0A | ### ![weitere\nFundstellen einblenden](/jportal/cms/technik/media/img/prodjur/icon/plusRed.gif)weitere\nFundstellen ...\n\n#### Tenor\n\n \n\nAuf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 6. Strafkammer des\nLandgerichts Koblenz vom 20. Oktober 2010 mit den Feststellungen aufgehoben.\n\n \n\n \n\nDie Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch uber die Kosten der\nRevision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Koblenz\nzuruckverwiesen.\n\n#### Grunde\n\n \n\n**I.**\n\n1\n\n \n\nDas Amtsgericht Betzdorf verurteilte den Angeklagten am 29. April 2010 wegen\nBeleidigung zu einer Geldstrafe in Hohe von 40 Tagessatzen zu je 20 €. Seine\nBerufung hat die 6. Strafkammer des Landgerichts Koblenz mit Urteil vom 20.\nOktober 2010 mit der Maßgabe als unbegrundet verworfen, dass sie die Hohe des\nTagessatzes auf 15 € herabgesetzt hat.\n\n \n\n2\n\n \n\nZur Sache hat die Strafkammer nachfolgende Feststellungen getroffen:\n\n \n\n3\n\n \n\nDer Angeklagte nutzt den weißen Transporter KLW Ford, geschlossener Kasten,\nzulassiges Gesamtgewicht 2800 kg mit dem amtlichen Kennzeichen: … uberwiegend\nberuflich, aber auch zu privaten Fahrten. Am Freitag, den 01. Januar 2010\nbefuhr der Angeklagte mit diesem Fahrzeug, dessen Halter er auch ist, zwischen\nG. und B. die L 280, die in B. „F.straße" heißt. In einer Linkskurve uberholte\nder Zeuge R.T. mit seinem grunen PKW Peugeot 106, amtliches Kennzeichen: …,\nden Angeklagten, wobei der Seitenabstand wahrend des Überholvorganges relativ\ngering war, ohne dass es zu einer Gefahrdung gekommen ware. In B. musste der\nZeuge T. an der Ampel, die sich an der Kreuzung F.straße/S. Straße befindet,\nanhalten; der Zeuge wollte geradeaus weiterfahren. In der Linksabbiegerspur\ndaneben kam vor der Ampel der Angeklagte mit seinem Fahrzeug zum Stehen. Da er\nsich uber das kurz zuvor vom Zeugen T. durchgefuhrte Überholmanover geargert\nhatte, zeigte er dem Zeugen, um diesen in seiner Ehre herabzusetzen, den\ngestreckten Mittelfinger der rechten Hand. Dabei sah der Angeklagte den Zeugen\nnicht an, sondern hielt seinen Blick geradeaus gerichtet, obwohl der Zeuge T.\nbei geoffnetem Fahrerfenster so laut zum Angeklagten hinuber rief und dabei\nwild gestikulierte, um ihn wegen der Geste, die er als beleidigend empfand,\nzur Rede zu stellen, dass der Angeklagte dies bemerkte. Als der Angeklagte auf\ndiese Versuche der Kontaktaufnahme durch den Zeugen T. nicht reagierte und die\nAmpel grun wurde, fuhr der Zeuge T. ein Stuck nach vorne und merkte sich das\nKennzeichen des vom Angeklagten gesteuerten Fahrzeugs. Dann fuhr er sogleich\nzur Polizei, wo er um 12.42 Uhr Anzeige wegen Beleidigung erstattete und einen\nStrafantrag stellte. Den Fahrer des von ihm als weißen Kleinbus bezeichneten\nFahrzeugs beschrieb er dabei als „50 bis 60 Jahre alt, graue Haare,\nGeheimratsecken, Hangewangen weiß, gerotet, trug eine schwarze Jacke." Der\nAngeklagte und der Zeuge T. kannten sich nicht.\n\n \n\n4\n\n \n\nGegen das Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt, mit der er die\nVerletzung sachlichen und formellen Rechts geltend macht und Freispruch\nerstrebt.\n\n \n\n**II.**\n\n5\n\n \n\nDas zulassige Rechtsmittel hat in der Sache einen jedenfalls vorlaufigen\nErfolg.\n\n \n\n6\n\n \n\nZutreffend hat das Landgericht das Zeigen des gestreckten Mittelfingers als\nvulgare Kundgabe der Missachtung gegenuber dem Zeugen R.T. und damit als\nBeleidigung im Sinne des § 185 StGB gewertet (vgl. BayObLG, Beschluss vom 23.\nFebruar 2000 - 5 StRR 30/00 -). Ungeachtet des vorausgegangenen Verhaltens des\nZeugen konnte der Angeklagte sich nicht auf den Rechtfertigungsgrund der\nWahrnehmung berechtigter Interessen im Sinne des § 193 StGB berufen. Seinen\nInteressen war vielmehr mit der Moglichkeit einer Anzeige gegen den Zeugen\nGenuge getan. Zu einer Art Selbstjustiz war er nicht berechtigt.\n\n \n\n7\n\n \n\nUngepruft gelassen hat das Landgericht jedoch die Vorschrift des § 199 StGB,\nwonach der Richter dann, wenn eine Beleidigung auf der Stelle erwidert wird,\nbeide Beleidiger oder einen derselben fur straffrei erklaren kann. Die\nFeststellung der Strafkammer, dass der uber die beleidigende Geste des\nAngeklagten aufgebrachte Zeuge diesen bei geoffnetem Fahrerfenster laut und\nwild gestikulierend „zur Rede stellen wollte", lasst die Annahme nicht\nfernliegend erscheinen, dass der Zeuge dabei seinerseits den Angeklagten als\nReaktion auf dessen Verhalten verbal beleidigt haben konnte. Das Urteil\nerweist sich insoweit als luckenhaft, als es den Wortlaut der Äußerungen des\nZeugen bzw. zumindest deren Sinngehalt nicht mitteilt.\n\n \n\n8\n\n \n\nFur die Straffreiheit wechselseitiger Beleidigungen nach § 199 StGB kommt es\nnicht auf deren zeitliche Abfolge an. Entscheidend ist allein, dass es sich um\nwechselseitige, d. h. unmittelbar aufeinanderfolgende, in einem spezifischen\nZusammenhang stehende Beleidigungen handelt. Dem entsprechend kann auch\nderjenige, auf dessen Beleidigung der Beleidigte mit einer eben solchen\nreagiert hat, nach § 199 StGB fur straffrei erklart werden. Das Gericht hat\ndaher von Amts wegen in einer Gesamtbewertung aller die Tat und den Tater\nbetreffenden Umstande nach pflichtgemaßem Ermessen zu prufen, ob der Tater\ndurch die korrespondierende Tat des anderen bereits eine Art „Strafe" erhalten\nhat und es deshalb einer weiteren Bestrafung von Seiten des Gerichts nicht\nmehr bedarf (vgl. KG, Beschluss vom 23. Januar 2009 (3) 1 Ss 545/08 - 2/09 -).\nDass die Gegenbeleidigung ihrerseits erwiesen ist, ist fur die Anwendbarkeit\ndes § 199 StGB keine notwendige Voraussetzung. Insoweit gilt der allgemeine\nGrundsatz, dass mogliche Milderungsgrunde, die zwar nicht feststellbar, aber\nauch nicht auszuschließen sind, zugunsten des Angeklagten wirken (vgl. BGHSt\n10, 373).\n\n \n\n9\n\n \n\nDa das Gericht im Rahmen des § 199 StGB eine Gesamtbewertung aller die Tat und\nden Tater betreffenden Umstande, so etwa der Motive der beteiligten Personen,\ndes zeitlichen Ablaufs sowie der Dauer und der Intensitat der gegenseitigen\nBeleidigung, vorzunehmen hat, hat der Senat das angefochtene Urteil nicht nur\nim Rechtsfolgenausspruch (so KG, a. a. O.), sondern zur Vermeidung sich\ngegebenenfalls widersprechender Feststellungen insgesamt aufgehoben.\n\n \n\n10\n\n \n\nSollte die neu mit der Sache befasste Strafkammer die Voraussetzungen des §\n199 StGB bejahen, stunde es in ihrem Ermessen, ob sie den Angeklagten fur\nstraffrei erklart. Gezwungen hierzu ist der Richter nicht (vgl. BGH, a. a.\nO.). Bei Anwendung der Vorschrift ergeht kein Freispruch. Vielmehr ist der\nTater schuldig zu sprechen, verbunden mit der Straffreierklarung (vgl.\nLenckner/Eisele in Schonke/Schroder, StGB, 28. Aufl., § 199 Rdn 10).\n\n \n\n11\n\n \n\nGemaß § 354 Abs. 2 StPO hat der Senat die Sache zu neuer Verhandlung und\nEntscheidung an die Vorinstanz zuruckverwiesen.\n\n |
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119,000 | ovgrlp-2011-01-21-8-c-1085010 | 910 | Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz | ovgrlp | Rheinland-Pfalz | Verwaltungsgerichtsbarkeit | 8 C 10850/10 | 2011-01-21 | 2018-12-27 19:31:57 | 2019-01-17 11:40:13 | Urteil | ECLI:DE:OVGRLP:2011:0121.8C10850.10.0A | \n\n#### Tenor\n\n \n\n \n\nDer am 17. Marz 2009 als Satzung beschlossene Bebauungsplan „Stadtteil\nOberemmel, Teilgebiet Dreikopf" der Antragsgegnerin wird fur unwirksam\nerklart.\n\n \n\nDie Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen mit Ausnahme der\naußergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragt.\n\n \n\nDas Urteil ist wegen der Kosten vorlaufig vollstreckbar. Der Antragsgegnerin\nwird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Hohe der\nfestzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Antragstellerin zuvor in\ngleicher Hohe Sicherheit leistet.\n\n \n\nDie Revision wird nicht zugelassen.\n\n#### Tatbestand\n\n \n\n1\n\n \n\nDie Antragstellerin, die Windenergieanlagen errichtet und betreibt, wendet\nsich gegen den Bebauungsplan fur das Teilgebiet „Dreikopf" im Stadtteil\nOberemmel der Antragsgegnerin, mit dem Anzahl und Hohe der im Plangebiet\nzulassigen Windenergieanlagen beschrankt und Betriebszeiteneinschrankungen\nvorgesehen wurden.\n\n2\n\n \n\nDas Plangebiet ist im Regionalen Raumordnungsplan Region Trier\n-Teilfortschreibung Kapitel Energieversorgung/Teilbereich Windenergie - vom\nJuni 2004 als Vorranggebiet fur die Windenergienutzung „Konz 1" ausgewiesen.\nIm Flachennutzungsplan der Verbandsgemeinde Konz ist der Bereich als\nSonderbauflache fur Windkraftanlagen mit einer Beschrankung auf 3 Anlagen und\neiner Nabenhohe von maximal 60 m vorgesehen. Westlich des Plangebietes\nbefindet sich eine Teilflache des FFH-Gebietes „Wiltinger Wald". Im\nPlanbereich sind derzeit bereits drei Windkraftanlagen mit Hohen von 99,70 m\ngenehmigt. Zwei dieser Genehmigungen wurden der Antragstellerin erteilt.\n\n3\n\n \n\nIn seiner Sitzung vom 31. August 2004 beschloss der Stadtrat der\nAntragsgegnerin die Aufstellung eines Bebauungsplanes, um die geordnete\nEntwicklung der Windenergienutzung in diesem Bereich zu gewahrleisten.\nAufgrund eines weiteren Beschlusses des Stadtrates vom 15. April 2008 erfolgte\ndie Beteiligung der Behorden und sonstigen Trager offentlicher Belange, die\nmit Schreiben vom 26. Juni 2008 eingeleitet wurde. Am 9. September 2008\nbeschloss der Stadtrat, die Errichtung von Windkraftanlagen nicht lediglich\nauf den ostlichen Teil des Plangebietes zu beschranken, wie dies im vorherigen\nEntwurf vorgesehen war, und die Behorden und Trager offentlicher Belange\nerneut sowie die Öffentlichkeit zu beteiligen. In der Zeit vom 24. November\n2008 bis zum 5. Januar 2009 wurde der Bebauungsplanentwurf offengelegt. Mit am\n5. Januar 2009 der Antragsgegnerin zugegangenem Schreiben nahm die\nAntragstellerin zu dem Bebauungsplanentwurf Stellung und fuhrte an, dass die\nin dem Planentwurf vorgesehenen Einschrankungen hinsichtlich der Zahl der\nzugelassenen Anlagen, der Anlagenhohe sowie der Betriebszeiten im Hinblick auf\ndie Ausweisung eines Vorranggebietes im Raumordnungsplan unzulassig seien. Der\nPrivilegierung derartiger Anlagen werde nicht ausreichend Rechnung getragen,\nwenn der Bebauungsplan eine Einschrankung der Anlagenzahl vornehme. Die hierzu\nherangezogenen Argumente seien bereits in die dem Raumordnungsplan zugrunde\nliegende Abwagung eingeflossen. Weder naturschutzrechtliche Gesichtspunkte\nnoch Aspekte des Schutzes des Landschaftsbildes konnten die vorgenommenen\nEinschrankungen rechtfertigen. In seiner Sitzung vom 17. Marz 2009 beschloss\nder Stadtrat der Antragsgegnerin den Bebauungsplan als Satzung und nahm zu den\nerhobenen Einwendungen Stellung. Am 7. November 2009 erfolgte die\nBekanntmachung des Bebauungsplanes.\n\n4\n\n \n\nDer Bebauungsplan ermoglicht im gesamten Plangebiet die Errichtung von\nWindenergieanlagen. Deren Anzahl wird allerdings auf maximal drei beschrankt.\nZudem darf eine Gesamthohe von 100 m nicht uberschritten werden. Unter der\nÜberschrift „Hinweise/Empfehlungen" ist im Bebauungsplan eine Einschrankung\nder Betriebszeiten vorgesehen. Hiernach ist der Betrieb der Anlagen von Ende\nJuli bis Anfang Oktober bei Windgeschwindigkeiten von weniger als 9 m/sec\njeweils eine Stunde vor Sonnenuntergang bis eine Stunde nach Sonnenaufgang zum\nSchutz streng geschutzter Fledermausarten einzustellen. In der Zeit vom 20.\nSeptember bis 10. Oktober ist die Einstellung des Betriebes zum Schutz streng\ngeschutzter Greifvogelarten ebenfalls vorgesehen. Zu den von der\nAntragstellerin erhobenen Einwendungen fuhrte der Stadtrat aus, dass mit der\nvorgesehenen Hochstzahl von maximal drei Anlagen eine Feinsteuerung der\nraumordnerischen Vorgaben vorgenommen werde. Die im Entwurf vorgesehene\nHohenbeschrankung sei insoweit abgeandert worden, als der Rat lediglich die\nGesamthohe der Anlage festgesetzt habe. Die Beschrankung der Betriebszeiten\nsei nicht als verbindliche Festsetzung in den Bebauungsplan aufgenommen\nworden, sondern als Hinweis an die Genehmigungsbehorde zu verstehen. Das\nLandschaftsbild werde entgegen der Ansicht der Antragstellerin durch weitere\nWindkraftanlagen beeintrachtigt.\n\n5\n\n \n\nEinen Antrag der Antragstellerin, im Plangebiet eine etwa 139 m hohe\nWindkraftanlage zu errichten, lehnte die Kreisverwaltung Trier-Saarburg im\nHinblick auf die Festsetzungen des Bebauungsplanes mit Bescheid vom 26. Januar\n2010 ab.\n\n6\n\n \n\nAm 21. Juli 2010 hat die Antragstellerin ihren Normenkontrollantrag gestellt.\n\n7\n\n \n\nSie fuhrt an, dass die im Bebauungsplan vorgesehenen Einschrankungen bei der\nErrichtung und dem Betrieb von Windkraftanlagen abwagungsfehlerhaft seien. Sie\ntrugen der Privilegierung von Windkraftanlagen nicht ausreichend Rechnung.\nTechnisch sei es moglich, drei weitere Anlagen in dem Gebiet zu errichten.\nSoweit die Beschrankungen auf artenschutzrechtliche Erwagungen abgestutzt\nseien, verkenne die Antragsgegnerin, dass entsprechende Untersuchungen bereits\nim Rahmen der Raumordnungsplanung durchgefuhrt worden seien. Der\nRaumordnungsplan gehe davon aus, dass in den einzelnen Vorranggebieten\nmindestens funf Windkraftanlagen errichtet werden konnten.\n\n8\n\n \n\nWeiterhin sei zu berucksichtigen, dass es sich um die einzige\nWindkraftausweisung im Bereich der Verbandsgemeinde Konz handele. Die\nWindkraft sei daher auf dem Gebiet der Verbandsgemeinde unterprivilegiert.\nErweise sich die Einschrankung der Windenergienutzung im Bebauungsplan als\nunzulassig, so gelte dies auch fur die entsprechenden Vorgaben des\nFlachennutzungsplanes, so dass dieser einem Genehmigungsantrag nicht\nentgegengehalten werden konne. Die Planung der Antragsgegnerin stelle eine\nunzulassige Negativplanung dar. Sie verfolge die Absicht, unter dem Vorwand\nder Feinsteuerung von Windkraftanlagen Maßnahmen vorzusehen, mit denen solche\nAnlagen tatsachlich verhindert wurden. Der Gesichtspunkt der Beeintrachtigung\nder Fledermauspopulation sei bereits im Rahmen der Raumordnungsplanung\nuntersucht worden. Dem Greifvogelschutz sei bislang durch Auflagen im\nGenehmigungsverfahren Rechnung getragen worden. Die zahlenmaßige Begrenzung\nvon Windkraftanlagen sei rechtlich nicht zulassig. Hinreichende stadtebauliche\nGrunde fur eine Rechtfertigung der vorgenommenen Beschrankung der Anzahl der\nWindkraftanlagen ließen sich der Begrundung des Bebauungsplanes nicht\nentnehmen. Die vorgesehene Hohenbeschrankung berucksichtige nicht, dass die\nWirtschaftlichkeit der Anlagen hierdurch nicht mehr gewahrleistet sei.\n\n9\n\n \n\nDie Antragstellerin beantragt,\n\n10\n\n \n\nden Bebauungsplan der Antragsgegnerin, Stadtteil Oberemmel, Teilgebiet\n„Dreikopf" vom 7./8. November 2009 fur unwirksam zu erklaren.\n\n11\n\n \n\nDie Antragsgegnerin beantragt,\n\n12\n\n \n\nden Antrag abzulehnen.\n\n \n\n13\n\n \n\nSie ist der Auffassung, dass der Antragstellerin bereits das\nRechtsschutzinteresse fur ihren Antrag fehle, da auch bei Unwirksamkeit des\nBebauungsplanes keine weiteren Windkraftanlagen zugelassen werden konnten. Ein\nsolches Vorhaben widerspreche den Darstellungen des Flachennutzungsplanes.\nZudem stunden Belange des Natur- und Landschaftsschutzes entgegen. Die\nFestsetzungen des Bebauungsplanes verstießen nicht gegen die Pflicht zur\nAnpassung an die Ziele der Raumordnung. Der Antragsgegnerin stehe vielmehr die\nMoglichkeit einer Feinsteuerung zu. Zudem bestehe deshalb keine Zielbindung,\nweil lediglich eine Teilfortschreibung des Raumordnungsplanes und kein\ngesamtraumliches Planungskonzept vorliege. Der Bebauungsplan werde auch dem\nAbwagungsgebot gerecht. Die Antragsgegnerin habe neben stadtebaulichen Grunden\nBelange des Artenschutzes, landespflegerische Belange, den Schutz des\nLandschaftsbildes sowie forstwirtschaftliche Belange in die Abwagung\neingestellt. Dass auch Belange der Antragstellerin berucksichtigt worden\nseien, werde daraus ersichtlich, dass die Gesamthohe auf 100 m beschrankt\nworden und keine Festlegung der hochstzulassigen Nabenhohe auf 50 m\nvorgenommen worden sei, wie dies aus Grunden des Artenschutzes und des\nSchutzes des Landschaftbildes eigentlich erforderlich gewesen ware.\n\n14\n\n \n\nDer Bebauungsplan lasse eine hinreichende planerische Konzeption erkennen und\nstelle damit nicht lediglich eine unzulassige Negativplanung dar. Die\nzahlenmaßigen Begrenzung der zulassigen Windenergieanlagen entspreche der\nRechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach eine an quantitativen\nKriterien orientierte Beschrankung als Festlegung der Art der baulichen\nNutzung fur zulassig erachtet worden sei. Die Antragsgegnerin sei zur\nFeinsteuerung der Zulassigkeit der Windenergieanlagen in der\nKonzentrationszone berechtigt gewesen. Auch der Festlegung der Gesamthohe\nliege eine ordnungsgemaße Abwagung zugrunde.\n\n15\n\n \n\nDie Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.\n\n16\n\n \n\nSie verweist darauf, dass im Regionalen Raumordnungsplan fur das\nVerbandsgemeindegebiet nur der Standort „Dreikopf" als Vorranggebiet fur die\nWindenergienutzung festgelegt worden sei. Hinsichtlich des Planvorbehaltes in\n§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB musse in diesem Zusammenhang auf die gesamte Region\nabgestellt werden. In diesem Bereich sei es aber in den vorhandenen\nVorranggebieten moglich, bis zu 78 % des regionalen Strombedarfs durch\nWindenergienutzung zu decken. Seitens der Regionalplanung bestehe die\nIntention, die ausgewiesenen Vorranggebiete moglichst optimal zu nutzen. Im\nVorranggebiet „Konz 1" sei es technisch moglich, vier bis funf Anlagen\nunterzubringen, wobei als Anhaltspunkt fur die Erwagungen bei Erstellung des\nRegionalen Raumordnungsplanes der Windpark „Hinzert-Polert 1/Reinsfeld 1"\nherangezogen werden konne, in dem sich neun 1,5-MW-Anlagen mit 85 m Naben- und\n120 m Gesamthohe befanden. Der Regionalplanung liege ein umfassender\nKriterienansatz zugrunde, bei dem auch die Belange der Landespflege und\nnaturschutzfachliche Belange berucksichtigt worden seien. Insbesondere sei\nseitens der Fachbehorden ein Abstand von 200 m zu benachbarten FFH- oder EU-\nVogelschutzgebieten als ausreichend angesehen worden. Das Vorranggebiet „Konz\n1" befinde sich in einem Abstand von 650 m zum nachstgelegenen FFH-Gebiet.\nBeeintrachtigungen dieses Gebietes seien nicht zu erwarten. Seitens der fur\nden Naturschutz zustandigen Fachbehorden seien gegen die Raumordnungsplanung\nkeine Bedenken erhoben worden. Ungeachtet dessen stehe der Antragsgegnerin die\nMoglichkeit offen, im Rahmen ihrer Planungshoheit die Vorgaben des\nRaumordnungsplanes zu konkretisieren.\n\n17\n\n \n\nWegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsatze\nder Beteiligten sowie die beigezogenen Planaufstellungsunterlagen (4 Ordner)\nverwiesen, die samtlich Gegenstand der mundlichen Verhandlung waren.\n\n#### Entscheidungsgrunde\n\n \n\n18\n\n \n\nDer zulassige Normenkontrollantrag der Antragstellerin hat in der Sache\nErfolg. Fur die in Nr. 2 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes\nerfolgte Beschrankung der Anzahl der im Plangebiet insgesamt zulassigen\nWindenergieanlagen auf drei fehlt es an der erforderlichen gesetzlichen\nErmachtigung, so dass sich der Bebauungsplan als unwirksam erweist.\n\n \n\n**I.**\n\n19\n\n \n\nDer Normenkontrollantrag ist zulassig.\n\n20\n\n \n\n1\\. Die Antragstellerin ist als Eigentumerin eines im Plangebiet gelegenen\nGrundstucks nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt (BVerwG, Urteil vom 10.\nMarz 1998, NVwZ 1998, 732 und juris, Rn. 11). Ihre Eigentumerposition an dem\nim Plangebiet gelegenen Grundstuck Flur ... Flurstuck ... hat die\nAntragstellerin in der mundlichen Verhandlung durch Vorlage eines\nGrundbuchauszuges sowie durch Auszuge aus dem Handelsregister belegt, die die\nUmwandlung der als Grundstuckseigentumerin eingetragenen Gesellschaft mit\nbeschrankter Haftung in eine Aktiengesellschaft nachvollziehbar werden lassen.\n\n21\n\n \n\nIm Übrigen kann sie ihre Antragsbefugnis auch aus dem Umstand ableiten, dass\nsie mit ihrem Antrag auf Erteilung einer Genehmigung fur die Errichtung einer\nweiteren Windkraftanlage wegen der Festsetzungen des Bebauungsplans erfolglos\ngeblieben ist. Eine hieraus herzuleitende Antragsbefugnis setzt voraus, dass\nder Antragsteller der Normenkontrolle die ernsthafte Absicht und zu gegebener\nZeit gesicherte Moglichkeit verfolgt, im Plangebiet eine Windenergieanlage zu\nerrichten und zu betreiben (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2001, NVwZ\n2001, 1038 und juris, Rn. 15; OVG RP, Urteil vom 9. April 2008, LKRZ 2008, 235\nund juris, Rn. 13). Neben der durch die Antragstellung im\nGenehmigungsverfahren hinreichend konkretisierten Absicht, eine weitere\nWindenergieanlage zu errichten, hat die Antragstellerin in der mundlichen\nVerhandlung - von der Antragsgegnerin unwidersprochen - darauf verwiesen, dass\nsie sich die Nutzungsmoglichkeit an den im Plangebiet noch fur die Errichtung\nvon Windenergieanlagen in Betracht kommenden Flachen umfassend gesichert habe.\n\n22\n\n \n\n2\\. Der Antragstellerin steht auch das fur die Durchfuhrung des\nNormenkontrollverfahrens erforderliche Rechtsschutzbedurfnis zu. Das\nErfordernis eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses soll vermeiden, dass die\nGerichte in eine Normprufung eintreten mussen, deren Ergebnis fur den\nAntragsteller wertlos ist. Er muss durch die Unwirksamerklarung des\nBebauungsplanes in die Lage versetzt werden, seine Rechtsstellung zu\nverbessern. Dies ist dann nicht der Fall, wenn unabhangig von dem Ausgang des\nNormenkontrollverfahrens keine reale Chance besteht, das eigentliche Ziel zu\nerreichen (BVerwG, Urteil vom 23. April 2002, NVwZ 2002, 1126 und juris, Rn.\n10). Im Falle der Antragstellerin ist indessen eine Verbesserung ihrer\nRechtsposition bei Unwirksamkeit des angefochtenen Bebauungsplanes nicht von\nvornherein ausgeschlossen.\n\n23\n\n \n\nDie Antragsgegnerin halt dem entgegen, dass die Genehmigung einer weiteren\nWindenergieanlage auf der Grundlage von § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB deshalb nicht\nmoglich sei, weil diesem Vorhaben als offentlicher Belang entgegenstehe, dass\ndie Anlage den Darstellungen des Flachennutzungsplanes widerspreche, der fur\ndas Plangebiet eine Sonderbauflache fur Windkraftanlagen mit einer\nBeschrankung auf drei Anlagen und eine maximale Nabenhohe von 60 m vorsieht.\n\n24\n\n \n\nZwar kann sich eine Privilegierung gegenuber einem die verbindliche Planung\nerst vorbereitenden Flachennutzungsplan nicht durchsetzen, wenn dieser eine\nsachlich und raumlich eindeutige, der Zulassigkeit des Vorhabens\nentgegenstehende standortbezogene Aussage enthalt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.\nJanuar 1984, NVwZ 1984, 367 und juris, Rn. 19; Krautzberger, in:\nBattis/Krautzberger/Lohr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 35 Rn. 50). Diese\nAusschlusswirkung greift indessen nur bei einem Flachennutzungsplan, der sich\nals wirksam erweist (vgl. Sofker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger,\nBauGB, 94. Aufl. 2010, § 35 Rn. 80). Hiervon kann jedoch bezuglich des fur das\nPlangebiet maßgeblichen Flachennutzungsplans nicht ohne weiteres ausgegangen\nwerden. Die von der Antragstellerin gegen die Gultigkeit des Bebauungsplans\nvorgebrachten Bedenken hinsichtlich der fehlenden Ermachtigungsgrundlage und\nder Verletzung des Anpassungsgebots des § 1 Abs. 4 BauGB wurden - so sie\nbegrundet sind - auch gegen die entsprechenden Darstellungen im\nFlachennutzungsplan durchschlagen. Die Leitfunktion des Flachennutzungsplanes\nkommt nur solchen Darstellungen zu, die den bindenden raumordnerischen\nZielaussagen nicht entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2003,\nBRS 66 Nr. 9 und juris, Rn. 20; OVG RP, Urteil vom 9. April 2008, a.a.O. und\njuris, Rn. 30).\n\n25\n\n \n\nSoweit die Antragsgegnerin weiterhin annimmt, einer Verwirklichung weiterer\nWindenergieanlagen stunden die Belange des Naturschutzes und der\nLandschaftspflege sowie der Umstand, dass das Landschaftsbild verunstaltet\nwerde, entgegen (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB), kann eine derartige\nSchlussfolgerung nicht ohne weiteres getroffen werden. Die Beurteilung dieser\nFrage ist namlich von der konkreten Ausgestaltung einer moglichen weiteren\nWindenergieanlage abhangig und lasst sich nicht pauschal beantworten. Gegen\ndie Annahme, dass der Zulassigkeit eines weiteren Vorhabens Belange des\nNaturschutzes oder eine Verunstaltung des Landschaftsbildes entgegenstehen\nkonnten, spricht im Übrigen der Umstand, dass die bislang im Plangebiet\nerrichteten Anlagen auf der Grundlage von § 35 BauGB genehmigt wurden und\ndamit der bauplanungsrechtlichen Zulassigkeit der Vorhaben gerade nicht\nentsprechende Belange entgegengehalten wurden.\n\n \n\n**II.**\n\n26\n\n \n\nDer Normenkontrollantrag ist auch begrundet.\n\n27\n\n \n\n1\\. Fur die Festlegung der Anzahl der im Plangebiet maximal zulassigen\nWindenergieanlagen, wie sie in Nr. 2 der textlichen Festsetzungen des\nBebauungsplanes erfolgt ist, fehlt es an der erforderlichen\nErmachtigungsgrundlage.\n\n28\n\n \n\nDer Katalog moglicher Festsetzungen eines Bebauungsplanes ist in § 9 BauGB\nabschließend umschrieben. Diese Vorschrift bringt zum Ausdruck, was im\nBebauungsplan an bodenrechtlich verbindlichen Regelungen der\nGrundstucksnutzung auch im Hinblick darauf, dass der Bebauungsplan als\nsozialbindende Norm im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zu bewerten ist,\ngetroffen werden darf (Sofker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger,\nBauGB, 94. Aufl. 2010, § 9 Rn. 6 f.). Über den in § 9 BauGB abschließend\numschriebenen Katalog moglicher bauplanungsrechtlicher Festsetzungen hinaus\nsteht der Gemeinde kein Festsetzungsfindungsrecht zu (BVerwG, Urteil vom 11.\nFebruar 1993, BVerwGE 92, 56 und juris, Rn. 30).\n\n29\n\n \n\na. Die Antragsgegnerin selbst ordnet die entsprechende Festlegung den\nFestsetzungen uber das Maß der baulichen Nutzung zu. Fur die von der\nAntragsgegnerin vorgenommene Festsetzung der Anzahl von Windenergieanlagen\nenthalt § 9 BauGB indessen weder eine spezielle, das Maß der baulichen Nutzung\nbetreffende Moglichkeit noch findet sie sich in der nach § 9 a BauGB erganzend\nheranzuziehenden Baunutzungsverordnung. Denn in § 16 Abs. 2 BauNVO sind die\nmoglichen Ausgestaltungen des Maßes der baulichen Nutzung abschließend\nkonkretisiert. Hiernach kann im Bebauungsplan das Maß der baulichen Nutzung\nnur bestimmt werden durch Festlegung der Grundflachenzahl oder der Große der\nGrundflachen der baulichen Anlagen (Nr. 1), der Geschossflachenzahl oder der\nGroße der Geschossflache, der Baumassenzahl oder der Baumasse (Nr. 2), der\nZahl der Vollgeschosse (Nr. 3) sowie der Hohe baulicher Anlagen (Nr. 4) (vgl.\nSofker, a.a.O., § 35 Rn. 33). Die Vorgaben des Baugesetzbuches und der\nBaunutzungsverordnung erlauben hiernach keine das Maß der baulichen Nutzung\numschreibende Festlegung der zulassigen Anlagenzahl innerhalb eines\nBaugebietes.\n\n30\n\n \n\nGegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den von der Antragsgegnerin ins Feld\ngefuhrten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und der Obergerichte,\nin denen der planenden Gemeinde in Nutzung ihres durch die Vorgaben der\nRaumordnung nach § 1 Abs. 4 BauGB eingeraumten Spielraumes ausdrucklich die\nMoglichkeit eroffnet wird, die Anzahl der Windenergieanlagen zu beschranken.\nDie Festlegung der Anzahl zulassiger Anlagen soll namlich nicht abstrakt durch\neine auf das gesamte Plangebiet bezogene Vorgabe erfolgen, vielmehr sehen die\nentsprechenden Entscheidungen vor, dass die Anzahl der im Plangebiet\nzulassigen Anlagen - mittelbar - durch Festlegung der hierfur vorgesehenen\nStandorte in Form von Baufenstern bestimmt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom\n25. November 2003, BRS 66 Nr. 115 und juris, Rn. 8; OVG NRW, Urteil vom 4.\nJuni 2003, BRS 66 Nr. 116 und juris, Rn. 27; OVG MV, Urteil vom 20. Mai 2009 -\n3 K 24/05 -, juris Rn. 74).\n\n31\n\n \n\nb. In der Festschreibung der im Gebiet hochstzulassigen Anzahl von\nWindenergieanlagen kann auch keine Festsetzung der Art der baulichen Nutzung\ngesehen werden.\n\n32\n\n \n\nSoweit die Antragsgegnerin insoweit auf Falle verweist, in denen das\nBundesverwaltungsgericht quantitative Kriterien als zulassige\nDifferenzierungsmerkmale im Rahmen der Festlegung der Art der baulichen\nNutzung anerkannt habe, unterscheiden sich die entsprechenden Festsetzungen\ngrundlegend von der Festlegung der Anzahl der in einem Baugebiet zulassigen\nAnlagen. Die Antragsgegnerin bezieht sich insoweit auf die Festsetzung fur ein\nSondergebiet fur landwirtschaftliche Betriebe, mit der die Zahl der zu\nhaltenden Tiere zwecks Vermeidung schadlicher Geruchsbelastigungen begrenzt\nworden war (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2002, NVwZ 2002, 1114 und\njuris). Diese Festsetzung erfolgte indes nicht gebiets-, sondern\nanlagenbezogen. Auch im Rahmen der Festsetzung der Art der baulichen Nutzung\nnach der Baunutzungsverordnung ist eine vorhabenunabhangige quantitative\nBeschrankung von Nutzungsoptionen nicht zulassig. Eine derartige Festsetzung\nwiderspricht dem der Baugebietstypologie der Baunutzungsverordnung zugrunde\nliegenden Ansatz, dass im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes prinzipiell\njedes Grundstuck fur jede nach der jeweiligen Baugebietsvorschrift zulassige\nNutzung in Betracht kommen soll. So hat das Bundesverwaltungsgericht\nerlautert, dass den Gemeinden bei der Festsetzung des Charakters eines\nSondergebietes (Zweckbestimmung und Nutzungsart) nach § 11 Abs. 2 Satz 1\nBauNVO zwar ein großerer Spielraum eingeraumt wird. Jedoch sei es ihnen nicht\ngestattet, das System der vorhabenbezogenen Typisierung zu verlassen, auf dem\ndie Vorschriften der Baunutzungsverordnung zur Art der Nutzung beruhten (vgl.\nBVerwG, Urteil vom 3. April 2008, BVerwGE 131, 86 und juris, Rn. 16). Eine auf\ndas Sondergebiet insgesamt bezogene Kontingentierung wurde das Prinzip des\nersten Zugriffs („Windhundrennen") eroffnen mit der Folge, dass\nGrundeigentumer nach Erschopfung des Kontingentes von der Moglichkeit einer\nNutzung ausgeschlossen waren, die im Gebiet prinzipiell zulassig ist (vgl.\nBVerwG, Urteil vom 3. April 2008, a.a.O., juris, Rn. 17). Soweit die\nAntragsgegnerin den Gesichtspunkt des Erstzugriffs als stadtebaulich durchaus\nvertraglich ansieht, andert dies nichts an der grundlegenden Erwagung, dass §\n11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO bei systematischer Interpretation die Festsetzung\ngebietsbezogener, vorhabenunabhangiger Nutzungskontingente verbietet.\n\n33\n\n \n\nc. Erweist sich hiernach die zahlenmaßige Beschrankung der im Plangebiet\nzulassigen Windenergieanlagen als rechtswidrig, so folgt hieraus die\nUnwirksamkeit des Bebauungsplanes insgesamt. Ein lediglich auf die\nbeanstandete Festsetzung beschrankter Ausspruch der Teilunwirksamkeit der\nSatzung kam nicht in Betracht. Dies wurde voraussetzen, dass die verbleibenden\nBestimmungen des Planes noch eine sinnvolle stadtebauliche Regelung bewirken\nkonnen und dass mit der gebotenen Sicherheit angenommen werden kann, dass die\nAntragsgegnerin einen Bebauungsplan dieses eingeschrankten Inhalts beschlossen\nhatte (vgl. BVerwG, Beschluss v. 18.07.1989, BVerwGE 82, 225 und juris, Rn.\n20). Vorliegend ist jedenfalls das zuletzt genannte Kriterium nicht erfullt.\nDa der Festlegung der Anzahl der zulassigen Anlagen im Bebauungsplan eine\nzentrale Bedeutung zukommt, kann nicht angenommen werden, dass der Stadtrat\nder Antragsgegnerin ohne diese Bestimmung den Bebauungsplan im Übrigen\nunverandert beschlossen hatte.\n\n34\n\n \n\n2\\. Im Hinblick auf eine von der Antragsgegnerin moglicherweise beabsichtigte\nerneute Überplanung des Vorranggebietes sieht sich der Senat zu folgenden\nerganzenden Anmerkungen veranlasst:\n\n35\n\n \n\na. Einem die Zulassigkeit von Windkraftanlagen beschrankenden Bebauungsplan in\ndem durch den Regionalen Raumordnungsplan als Vorranggebiet fur die\nWindenergienutzung ausgewiesenen Bereich kann ein Planerfordernis nach § 1\nAbs. 3 BauGB nicht von vorneherein abgesprochen werden. Nach dieser Vorschrift\nhaben die Gemeinden die Bauleitplane aufzustellen, sobald und soweit es fur\ndie stadtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist.\n\n36\n\n \n\nOb ein derartiges Planungserfordernis besteht, bestimmt sich maßgeblich nach\nder jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde. Welche stadtebaulichen\nZiele sie verfolgt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Die Erforderlichkeit\nder Planung kann dann nicht angenommen werden, wenn es sich lediglich um eine\nNegativplanung handelt, bei der die getroffenen Festsetzungen nicht in ihrer\npositiven Zielsetzung gewollt und erforderlich sind, sondern nur vorgeschoben\nwerden, um einen Bauwunsch zu durchkreuzen (vgl. zum Vorstehenden: BVerwG, BRS\n62 Nr. 19 und juris, Rn. 4 f.; Beschluss vom 18. Dezember 1990, BRS 50 Nr. 9\nund juris, Rn. 16; Sofker/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger,\nBauGB, 94. Aufl. 2010, § 1 Rn. 32). Soweit die Antragsgegnerin darauf\nabstellt, dass sie mit der Planung eine Feinsteuerung moglicher\nWindkraftanlagen unter stadtebaulichen und naturschutzfachlichen\nGesichtspunkten verfolgt, kann hierin ein legitimes Planungsinteresse gesehen\nwerden. Ihre Absicht, innerhalb des Vorranggebietes fur Windenergienutzung\neine stadtebauliche Feinsteuerung vorzunehmen, kann nicht von vornherein als\nvorgeschoben angesehen werden.\n\n37\n\n \n\nb. Zudem ist es der Antragsgegnerin auch in einem durch die Raumordnung als\nVorranggebiet ausgewiesenen Bereich nicht grundsatzlich verwehrt,\nEinschrankungen der Windenergienutzung auf naturschutzrechtliche, insbesondere\nartenschutzrechtliche Belange oder den Gesichtspunkt der Beeintrachtigung des\nLandschaftsbildes zu stutzen. Insofern ist der Planungsspielraum der Gemeinde\nallerdings eingeschrankt.\n\n38\n\n \n\naa. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des sich aus § 1 Abs. 4 BauGB\nergebenden Gebotes, den Bebauungsplan an die Ziele der Raumordnung anzupassen.\n\n39\n\n \n\nDem Erfordernis des § 1 Abs. 4 BauGB ist Genuge getan, wenn die Gemeinde bei\nder Aufstellung eines Bebauungsplanes die Ziele der Raumordnung unter\nBerucksichtigung standortlicher Interessen konkretisiert oder ausgestaltet,\nsich aber nicht uber sie im Wege der Abwagung hinwegsetzt. Konflikte mit\nanderen stadtebaulichen Belangen mussen so gelost werden, dass (jedenfalls\nauch) die Ziele der Raumordnung verwirklicht werden konnen (vgl. OVG RP,\nUrteil vom 9. April 2008, LKRZ 2008, 23 und juris, Rn. 17 m.w.N.). Die\nGemeinde muss die raumordnerische Entscheidung des Regionalen\nRaumordnungsplans im Grundsatz akzeptieren und sich auf eine „Feinsteuerung"\nzum Ausgleich der innerhalb und außerhalb des Plangebietes konkurrierenden\nInteressen in solchen Bereichen beschranken, die die Raumordnung\nunberucksichtigt gelassen oder ausdrucklich der Bauleitplanungsebene\nuberantwortet hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. November 2003, BRS 66 Nr.\n115 und juris, Rn. 8; OVG MV, Urteil vom 20. Mai 2009 - 3 K 24/05 -, juris Rn.\n74).\n\n40\n\n \n\nbb. Soweit die Antragsgegnerin unter dem Gesichtspunkt des gebotenen\ngesamtraumlichen Plankonzeptes Bedenken an der Wirksamkeit der\nraumplanerischen Zielfestlegung außert, folgt der Senat dem nicht. Selbst wenn\ndie Ausweisung von Vorranggebieten fur die Windenergienutzung lediglich in\neiner Teilfortschreibung des Regionalen Raumordnungsplans enthalten ist,\ngenugt dieses Vorgehen den Anforderungen an ein gesamtraumliches\nPlanungskonzept. Dies setzt voraus, dass der Trager der Landes- oder\nRegionalplanung eine umfassende Abwagungsentscheidung fur samtliche Flachen\ndes Plangebiets getroffen hat (BVerwG, Urteil vom 13. Marz 2003, BRS 66 Nr. 11\nund juris, Rn. 20). Die Beigeladene hat hinsichtlich der Ausweisung von\nKonzentrationszonen fur Windenergieanlagen ihr gesamtes Gebiet in die\nBetrachtung einbezogen und einer umfassenden Abwagung unterworfen. Insoweit\nkonnte sie sich hinsichtlich der Windenergienutzung der Moglichkeit des § 9\nAbs. 3 Landesplanungsgesetz - LPlG - bedienen und eine fachlich begrenzte\nTeilplanung aufstellen.\n\n41\n\n \n\ncc. Der Raumordnungsplan selbst eroffnet den Gemeinden die Moglichkeit einer\nFeinsteuerung. So lasst es Ziffer 2 der Begrundung (S. II.4) ausdrucklich zu,\nder Regionalplanung entzogene standortliche Regelungstatbestande wie\nAnlagenzahl oder -hohe, Sicherheitsabstande zu anderen (technischen)\nInfrastrukturen, Grenzabstande etc. im Rahmen des Bauleitplanverfahrens zu\nprufen. Damit soll insbesondere moglichen Besonderheiten und\nAusnahmetatbestanden Rechnung getragen werden. Speziell zu\nartenschutzrechtlichen Fragen merkt der Raumordnungsplan an, dass ein im\nEinzelfall erforderlicher Mindestabstand zwischen Windenergieanlagen und den\nFlugbahnen der Fledermause im Rahmen der Bauleitplanung oder des\nGenehmigungsverfahrens erfolgen musse. Die Beeintrachtigungswirkung sei im\nkonkreten Zulassungsfall zu prufen und gegebenenfalls Maßnahmen festzusetzen\n(S. IV.4).\n\n42\n\n \n\ndd. Hinsichtlich der Reichweite des der Gemeinde zustehenden\nAusgestaltungsspielraums ist zu berucksichtigen, dass bei der Ausweisung von\nKonzentrationszonen zur Windenergienutzung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3\nBauGB eine verengte Anpassungspflicht an die Ziele der Raumordnung besteht.\nMit dieser Planung wird bewirkt, dass Windenergievorhaben grundsatzlich nur in\nden Konzentrationszonen zulassig und im ubrigen Plangebiet ausgeschlossen\nsind. Ein solcher Ausschluss ist nur dann gerechtfertigt, wenn und soweit der\nWindenergie in den hierfur festgesetzten Vorranggebieten in substantieller\nWeise Raum geschaffen wird. Die Moglichkeit einer Feinsteuerung besteht nur,\nsoweit uberwiegende sonstige stadtebauliche Belange Festsetzungen uber die\nnahere Ausgestaltung der Windenergienutzung rechtfertigen (vgl. OVG RP, Urteil\nvom 9. April 2008, a.a.O. und juris, Rn. 18; BVerwG, Urteil vom 17. Dezember\n2002, BVerwGE 117, 287 und juris, Rn. 28).\n\n43\n\n \n\nee. Ein moglicher eigener Spielraum steht der Antragsgegnerin allerdings nicht\nzu, soweit die Frage der Beeintrachtigung von FFH-Gebieten nach § 7 Abs. 6\nRaumordnungsgesetz - ROG - bereits bei der Aufstellung des Raumordnungsplans\nabschließend gepruft und fehlerfrei entschieden wurde, etwa dergestalt, dass\nVorkehrungen zum Schutz vor derartigen Beeintrachtigungen getroffen wurden.\nDie Beigeladene hat den Aspekt des FFH-Gebietsschutzes bei der\nRaumordnungsplanung umfassend berucksichtigt und abgewogen. In Bezug auf das\nFFH-Gebiet „Wiltinger Wald", in dessen Nahe sich das Vorranggebiet „Konz 1"\nbefindet, ist die Beigeladene zu dem Ergebnis gekommen, dass hinsichtlich der\nin diesem Gebiet zu schutzenden Fledermausarten Bechsteinfledermaus, Großes\nMausohr und Große Hufeisennase aufgrund des Abstandes sowohl zu deren\nHabitaten als auch zu den bevorzugten Leitstrukturen fur die Wanderungen eine\nerhebliche Beeintrachtigung des FFH-Gebietes ausgeschlossen werden kann.\n\n44\n\n \n\nff. Ein Ansatzpunkt fur eine Feinsteuerung ergibt sich hingegen insofern, als\nder Raumordnungsplan den Gemeinden bei ihrer Bauleitplanung die\nBerucksichtigung von artenschutzrechtlichen Besonderheiten der jeweiligen\nStandorte ausdrucklich ermoglicht. Da zu den bei der Abwagung nach § 1 a Abs.\n3 BauGB zu berucksichtigenden Bestandteilen des Naturhaushaltes nach § 1 Abs.\n6 Nr. 7 BauGB insbesondere die Auswirkungen auf Tiere gehoren, kann der\nBebauungsplan auch Vorkehrungen vorsehen, um die ansonsten drohende\nVerwirklichung eines artenschutzrechtlichen Verbotes nach § 44 Abs. 1 BNatSchG\nzu vermeiden oder einen zu erwartenden Eingriff auszugleichen (OVG NW, Urteil\nvom 30. Januar 2009, BRS 74 Nr. 33 und juris, Rn.190; Sofker, a.a.O., § 1\nBauGB Rn. 144 f). Eine erhebliche Beeintrachtigung der Leistungs- und\nFunktionsfahigkeit des Naturhaushaltes im Sinne des § 1 a Abs. 3 BauGB kann in\ndiesem Zusammenhang regelmaßig dann nicht angenommen werden, wenn Verstoße\ngegen artenschutzrechtliche Verbotsbestimmungen nicht zu erwarten sind (OVG\nNW, a.a.O., juris Rn. 191).\n\n45\n\n \n\nBei der hiernach der Antragsgegnerin eroffneten Moglichkeit,\nartenschutzrechtliche Belange im Rahmen der Feinsteuerung zu berucksichtigen,\nist jedoch die in der Privilegierung der Windenergie in § 35 Abs. 1 Nr. 5\nBauGB zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Grundentscheidung zu beachten,\ndass entsprechende Anlagen vorrangig im Außenbereich zulassig sind. Hiermit\nhat der Gesetzgeber solche Beeintrachtigungen geschutzter Arten in Kauf\ngenommen, die außenbereichstypisch sind und daher letztlich an jedem\npotentiellen Standort von Windenergieanlagen eintreten konnen. Eine erhebliche\nBeeintrachtigung kann hiernach nur dann angenommen werden, wenn aufgrund der\nBesonderheiten des einzelnen Standortes mit einem erhohten Risiko von\nVerlusten oder Storungen zu rechnen ist. Dementsprechend ist das\nartenschutzrechtliche Totungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, das etwa\nbei Schlagschaden in Betracht zu ziehen ist, nur dann verwirklicht, wenn das\nKollisionsrisiko fur die betroffenen Tierarten sich in signifikanter Weise\nerhoht und nicht in einem Risikobereich verbleibt, der mit der Errichtung\neiner Windenergieanlage im Außenbereich immer verbunden ist und der mit dem\nallgemeinen Risiko fur das Individuum vergleichbar ist, Opfer eines\nNaturgeschehens zu werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 09. Juli 2008, BVerwGE 131,\n274 und juris, Rn. 91; VGH Baden-Wurttemberg, Urteil vom 12. Oktober 2010 - 3\nS 1873/09 -, juris Rn. 56; Gatz, Rechtsfragen der Windenergienutzung, DVBl.\n2009, 737). Die Moglichkeit einer Einschrankung der Nutzung der Windenergie\nunter artenschutzrechtlichen Gesichtspunkten besteht hiernach nur bei einer\ndrohenden Beeintrachtigung einer geschutzten Art, die uber das allgemeine\nKollisions- und Vertreibungsrisiko hinausgeht.\n\n46\n\n \n\nWas die tatsachlichen Grundlagen einer derartigen Einschatzung angeht, so\nbedarf es einer Bestandsaufnahme, die das Vorkommen geschutzter Tierarten\nnachvollziehbar belegt und ein erhohtes Beeintrachtigungsrisiko schlussig\nherleitet und bewertet. Die bloße Vermutung eines Vorkommens oder das\nalleinige Abstellen auf Erfahrungswerte ist hierfur nicht ausreichend. Zudem\nbedarf es der exakten raumlichen Abgrenzung moglicher Bereiche, in denen mit\neinem erhohten Beeintrachtigungsrisiko gerechnet werden muss. Angesichts der\nraumordnerischen Entscheidung, wonach der Windkraft in dem betroffenen Bereich\ngrundsatzlich Vorrang einzuraumen ist, muss sich eine Untersuchung, bevor eine\nEinschrankung der Windenergie erwogen wird, auch mit moglichen Vermeide- sowie\nmit in Betracht kommenden Ausgleichsmaßnahmen auseinandersetzen.\n\n47\n\n \n\nAls mogliche bauplanerische Festsetzungen zur Berucksichtigung\nartenschutzrechtlicher Gesichtspunkte kommen die Festlegung von Baufenstern\nund eine Hohenfestsetzung in Betracht, wobei etwa hinsichtlich des\nKollisionsrisikos auch der von der Antragstellerin in der mundlichen\nVerhandlung angesprochene Aspekt, dass ab einer gewissen Hohe der Anlagen\nwieder mit abnehmenden Schlagopferwahrscheinlichkeiten gerechnet werden kann,\nBerucksichtigung finden sollte.\n\n48\n\n \n\ngg. Auch eine Feinsteuerung, mit der eine voraussichtlich erhebliche\nBeeintrachtigung des Landschaftsbildes ausgeglichen und vermieden werden soll\n(§ 1 a Abs. 3 BauGB) ist nicht von vorneherein ausgeschlossen. Von einer\nBeeintrachtigung des Landschaftsbildes ist auszugehen, wenn eine Veranderung\nvon einem fur die Schonheiten der naturlich gewachsenen Landschaft\naufgeschlossenen Durchschnittsbetrachter als nachteilig empfunden wird. Dabei\nbraucht eine Verunstaltung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB nicht\nvorzuliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 1990, BVerwGE 85, 348 und\njuris Rn. 35). Indessen kann nicht jede Beeintrachtigung des Landschaftsbildes\nzu einer Einschrankung der Windenergienutzung im Vorranggebiet fuhren. Dabei\nist einerseits wiederum auf die mit der Privilegierung der Windenergieanlagen\nin § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB verfolgte vorrangige Errichtung im Außenbereich zu\nverweisen. Andererseits dient die Konzentration von Windkraftanlagen nach § 35\nAbs. 3 Satz 3 BauGB gerade der Schonung des Landschaftsbildes, da hierdurch\neiner ungeordneten „Verspargelung" der Landschaft entgegengewirkt werden soll.\nZudem hat die Beigeladene insoweit eine das Landschaftsbild betreffende\nGrundentscheidung getroffen, als sie im Regionalen Raumordnungsplan lediglich\nfur den Schutz des Landschaftsbildes bedeutsame Raume nach der\nLandschaftsrahmenplanung und Gebiete, die fur das Landschaftsbild und die\nlandschaftsgebundene Erholung von regionaler Bedeutung sind, als Taburaume fur\neine Windenergieanlagennutzung ansieht. Hiernach bedarf es hinsichtlich des\nLandschaftsbildschutzes einer sich im Einzelfall ergebenden besonderen\nGewichtung dieses Belangs, um eine Einschrankung der Windenergienutzung zu\nrechtfertigen. Zu denken ist hier an ein in erhohtem Maße schutzwurdiges\nLandschaftsbildmerkmal oder eine ungewohnlich intensive Beeintrachtigung, die\neiner Verunstaltung nahe kommt.\n\n \n\n49\n\n \n\nDie Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 162 Abs. 3 VwGO.\n\n50\n\n \n\nDer Ausspruch zur vorlaufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten\nergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.\n\n51\n\n \n\nDie Revision war nicht zuzulassen, da keiner der hierfur in § 132 Abs. 2 VwGO\ngenannten Grunde vorliegt.\n\n52\n\n \n\n**Beschluss**\n\n53\n\n \n\nDer Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1,\n63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs fur die\nVerwaltungsgerichtsbarkeit [NVwZ 2004,1327]).\n\n |
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119,109 | fg-des-landes-sachsen-anhalt-2010-05-06-5-k-171208 | 1,019 | Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt | fg-des-landes-sachsen-anhalt | des Landes Sachsen-Anhalt | Sachsen-Anhalt | Finanzgerichtsbarkeit | 5 K 1712/08 | 2010-05-06 | 2018-12-27 19:37:26 | 2019-01-17 11:40:18 | Urteil | ECLI:DE:FGST:2010:0506.5K1712.08.0A | #### Tatbestand\n\n1\n\n \n\nIm Jahre 2006 stellte die Klagerin ein Wasserkraftwerk zur Erzeugung von Strom\nfertig und begann mit Stromlieferungen an die Firma A. Komplementarin ist die\n…-Kraftwerke Beteiligungs GmbH, Kommanditist ist Herr J. A. junior.\n\n2\n\n \n\nBereits im Oktober 1994 zeigte die Klagerin der Stadtverwaltung C. den Beginn\nder angemeldeten Tatigkeit „Betreiben von Wasserkraftanlagen zur Erzeugung von\nElek-troenergie" an. Der Beklagte erließ fur die Jahre 1995-1999 antragsgemaß\nGewerbesteuermessbetragsbescheide und Bescheide uber die gesonderte\nFeststellung des vor-tragsfahigen Gewerbeverlustes zum 31.12.1995, 31.12.1996,\n31.12.1997, 31.12.1998 und 31.12.1999. Ebenso erließ das Finanzamt T., welches\nzwischenzeitlich aufgrund einer Sitzverlegung zustandig wurde, antragsgemaß\nBescheide fur die Jahre 2000 bis 2003. Alle Bescheide sind bestandskraftig. Es\nwurden jeweils Verluste aus Gewerbebetrieb festgestellt.\n\n3\n\n \n\nFur das Jahr 2004 und nachfolgend ist der Beklagte aufgrund erneuter\nSitzverlegung fur die Besteuerung zustandig geworden. Mit Bescheid vom 05.\nOktober 2005 lehnte der Beklagte nunmehr die Festsetzung eines\nGewerbesteuermessbetrages fur 2004 ab, da aus den vorliegenden Unterlagen\nersichtlich sei, dass der Gewerbebetrieb noch nicht in Gang gesetzt worden\nsei, sondern lediglich Bauarbeiten an der Wasserkraftanlage erfolgt seien.\nIntern wurde vermerkt, dass vortragsfahige Gewerbesteuerverluste weiterhin\nfestzustellen seien, da bezuglich der bereits in den Vorjahren festgestellten\nvortragsfahigen Gewerbesteuerverluste keine Änderungsmoglichkeit bestande. Mit\nBescheid vom 10. November 2005 stellte der Beklagte den vortragsfahigen\nGewerbeverlust auf den 31.12.2004 auf 67.762 € fest. Der Beklagte lehnte\nebenso fur das Jahr 2005 eine Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages ab und\nsetzte erneut mit Bescheid vom 29. August 2006 den vortragsfahigen\nGewerbeverlust auf den 31.12.2005 auf 67.762 € fest. Fur das Jahr 2006 setzte\nder Beklagte mit Bescheid vom 18. November 2008 den Gewerbesteuermessbetrag\nauf 0,- € fest. Den vortragfahige Gewerbeverlust auf den 31.12.2006 reduzierte\nder Beklagte mit Bescheid vom 18. November 2008 auf 14.976 €. Erstmalig im\nJahre 2007 setzte der Beklagte einen Gewerbesteuermessbetrag mit Bescheid vom\n05. August 2008 in Hohe von 13.420 € fest, da nunmehr die vortragsfahigen\nGewebeverluste verrechnet waren.\n\n4\n\n \n\nIn den Jahren zuvor hatte die Klagerin rechtzeitig Einspruche gegen die\nAblehnungen der Festsetzung der Gewerbesteuermessbetrage 2004, 2005, 2006 und\n2007 sowie uber die gesonderte Feststellung des vortragsfahigen\nGewerbeverlustes auf den 31.12.2005 und auf den 31.12.2006 eingelegt und um\nantragsgemaße Bescheidung gebeten. Im Zuge des Einspruchsverfahrens gegen den\nGewerbesteuermessbetragsbescheid fur 2006 wurde der Bescheid uber die\ngesonderte Feststellung des vortragsfahigen Gewerbeverlustes auf den\n31.12.2006 mit Datum vom 18. November 2008 auf 14.976 € geandert. Aufgrund\ndessen wurde der Bescheid uber den Gewerbesteuermessbetrag fur 2007 ebenfalls\nmit Datum vom 18. November 2008 nach § 164 Abs. 2 AO geandert. Der auf den\n31.12.2006 festgestellte vortragsfahige Gewerbeverlust wurde vollstandig in\nHohe von 14.976 € angerechnet. Der Gewerbesteuermessbetrag wurde auf 16.060 €\nfestgesetzt. Mit Einspruchsbescheiden vom 24. November 2008 wies der Beklagte\ndie Einspruche als unbegrundet zuruck, da der Bau der Wasserkraftanlage noch\nnicht die sachliche Gewerbesteuerpflicht begrunde.\n\n5\n\n \n\nHiergegen richtet sich die Klage vom 01. Dezember 2008. Aufgrund der\nBestimmung des Abschnitts 21 Abs. 1 Satz 5 GewStR 1990 und des\nNichtanwendungserlasses des Finanzministeriums Baden-Wurttemberg zu der\nEntscheidung des BFH vom 20. November 1995 (VIII R 44/92, BStBl 1995 II, 900)\nbegrundeten bereits die Vorbereitungshandlungen eine sachliche\nGewerbesteuerpflicht. Daher habe der Beklagte auch fur die Jahre 1998 und 1999\nbereits eine Gewerbesteuerpflicht der Klagerin bejaht. An diese\nRechtsauffassung sei er auch fur die Folgejahre gebunden, zumal die Klagerin\nhierauf vertraut habe. Sie habe keinerlei wirtschaftliche Vorsorgemaßnahmen\ngetroffen, so wie es eventuell andere Energieversorger getan hatten.\n\n6\n\n \n\nDie Klagerin beantragt, unter Aufhebung des Bescheides vom 16. Juni 2006 und\nder hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 24. November 2008 den\nvortragsfahigen Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 2004 entsprechend der\nErklarung vom 18. Mai 2005 festzustellen, unter Aufhebung des Bescheides vom\n29. August 2006 unter Änderung des Bescheides uber die gesonderte Feststellung\ndes vortragsfahigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2005 vom 29. August\n2006 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 24. November 2008\nden vortragsfahigen Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 2005 entsprechend der\nErklarung vom 11. Juni 2006 festzustellen, unter Aufhebung des\nGewerbesteuermessbetragsbescheides 2006 vom 19. Dezember 2007 in Gestalt der\nBescheide vom 08. Februar 2008 und 18. November 2008 sowie der hierzu\nergangenen Einspruchsentscheidung vom 24. November 2008 sowie unter Änderung\ndes Bescheides vom 08. Februar 2008 in Gestalt des Bescheides vom 18. November\n2008 uber die gesonderte Feststellung des vortragsfahigen Gewerbeverlustes auf\nden 31. Dezember 2006 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 24.\nNovember 2008 den vortragsfahigen Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 2006\nentsprechend der Erklarung vom 14. August 2007 festzustellen und unter\nÄnderung des Gewerbesteuermessbetrages fur 2007 in Gestalt der\nEinspruchsentscheidung vom 24. November 2008 den Gewerbesteuermessbetrag\nentsprechend der Erklarung vom 11. April 2008 festzustellen.\n\n7\n\n \n\nDer Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.\n\n8\n\n \n\nDer Beklagte bezieht sich auf die Ausfuhrungen in seinen\nEinspruchsentscheidungen.\n\n9\n\n \n\nDem Gericht haben die vom Beklagten fur die Klagerin gefuhrten Akten\n(Bilanzen, Vertrage, Gewerbesteuer ab 2002 bis 2007 und Rechtsbehelfe)\nvorgelegen.\n\n \n\n#### Entscheidungsgrunde\n\n10\n\n \n\nDie Klage ist zulassig, jedoch unbegrundet.\n\n11\n\n \n\nNach § 2 Abs. 1 Satz 1 Gewerbesteuergesetz - GewStG - unterliegt der\nGewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben\nwird. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des EStG\nzu verstehen, § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG. Gewerbebetrieb ist nach § 15 Abs. 2\nEinkommensteuergesetz - EStG - die selbstandige nachhaltige Betatigung, die\nmit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung\nam allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, die weder als Ausubung von\nLand- und Forstwirtschaft noch von selbstandiger Arbeit oder eines freien\nBerufes anzusehen ist und den Rahmen privater Vermogensverwaltung\nuberschreitet. Bei endgultiger Entscheidung zur Öffnung eines Gewerbebetriebs\nbeginnt die Gewerblichkeit fur die Einkommensteuer bereits mit den ersten\nvorbereitenden Maßnahmen, die mit dieser in unmittelbarem wirtschaftlichem\nZusammenhang stehen (Urteil des BFH vom 10. Dezember 1992 XI R 45/88, BStBl\n1993 II, 583). Die Gewerbesteuerpflicht beginnt jedoch erst dann, wenn\nsamtliche tatbestandlichen Merkmale eines Gewerbebetriebs erfullt sind und der\nGewerbebetrieb in Gang gesetzt ist. Gewerbesteuerlich liegt ein Gewerbebetrieb\nalso erst mit Beginn der werbenden Tatigkeit vor; bloße\nVorbereitungshandlungen genugen nicht (Urteile des BFH vom 15. Januar 1998 IV\nR 8/97, BStBl 1998 II, 478; vom 05. Marz 1998 IV R 23/07, BStBl 1998 II, 745).\nEntscheidend ist somit, wann die Voraussetzungen fur die erforderliche\nBeteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr tatsachlich erfullt sind,\nso dass das Unternehmen sich mit eigenen gewerblichen Leistungen beteiligen\nkann. Der Zeitpunkt des Beginns bzw. der Einstellung der werbenden Tatigkeit\nkann nicht generell definiert werden. Er ist vielmehr unter Berucksichtigung\nder Verkehrsauffassung nach den jeweiligen Umstanden des Einzelfalls zu\nermitteln und kann fur die verschiedenen Betriebsarten ebenfalls\nunterschiedlich zu bestimmen sein. Diese Grundsatze gelten gleichermaßen fur\nEinzelgewerbetreibende wie fur Personengesellschaften, und zwar unabhangig von\nder Rechtsform ihrer Gesellschafter (Urteil des BFH vom 22. November 1994 VIII\nR 44/92, BStBl 1995 II, 900 [901]).\n\n12\n\n \n\nDer Umstand, dass die Tatigkeit der Komplementarin der Klagerin nach der\nRegelung des § 2 Abs. 2 GewStG stets als Betrieb eines Gewerbes gilt, vermag\nden Zeitpunkt des Beginns der sachlichen Gewerbesteuerpflicht der Klagerin\nnicht vorzuverlegen. Denn fur die Klagerin kommt unabhangig von der Rechtsform\nihrer Komplementarin die Vorschrift des § 2 Abs. 1 GewStG zur Anwendung.\n\n13\n\n \n\nDer Gewerbebetrieb der Klagerin ist im Jahre 2006 in Gang gesetzt worden, denn\ndie Fertigstellung der Wasserkraftanlage erfolgte im Marz 2006, die ersten\nUmsatze wurden im 3. Quartal 2006 angemeldet. Mithin hatte die sachliche\nGewerbesteuerpflicht in den Jahren zuvor noch nicht begonnen. Da in den Jahren\nzuvor die Klagerin aufgrund des langen Genehmigungsverfahrens und der langen\nBautatigkeit das Wasserkraftwerk noch nicht fertig gestellt hatte, war sie in\nden Vorjahren noch nicht zur Stromerzeugung bereit. Sie hatte sich noch nicht\nmit eigenen gewerblichen Leistungen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr\nbeteiligt. Denn die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr setzt\nnicht nur die Herstellung des Wasserkraftwerkes voraus, sondern dessen\nInbetriebnahme, um die zum Verkauf vorgesehene elektrische Energie erzeugen zu\nkonnen.\n\n14\n\n \n\nAuch eine Bindung des Beklagten nach Treu und Glauben, seine bisherige\nunrichtige Sachbehandlung fur die vorliegenden Zeitraume beizubehalten,\nbesteht nicht. Sie bestunde nur, wenn der Beklagte diesbezuglich eine Zusage\noder zumindest eine Auskunft erteilt hatte, der eine Rechtsbindung an die\nbisherige Sachbehandlung auch fur die Zukunft entnommen werden kann (Urteil\ndes BFH vom 04. August 1961 VI 269/60 S, BStBl 1961 III 562; Urteil des FG\nMunchen vom 23. Januar 1995 7 K 2218/90, Haufe-Index 1097234). Dies ist hier\nnicht geschehen. Weder der Beklagte in den Vorjahren noch das Finanzamt\nTraunstein nachfolgend haben Zusagen oder Auskunfte erteilt. Im Übrigen\nbewirkt die Beurteilung in einem fruheren Veranlagungszeitraum durch den\nBeklagten und/oder dem Finanzamt Traunstein nach dem Grundsatz der\nAbschnittsbesteuerung keine Bindung des Beklagten fur kunftige\nSteuerabschnitte. Denn der Beklagte war verpflichtet, fur jeden\nErhebungszeitraum die Voraussetzungen der Festsetzung des einheitlichen\nGewerbesteuermessbetrages erneut zu prufen. Dabei ist der Beklagte an fruhere\nRechtsauffassungen selbst dann nicht gebunden gewesen, wenn die Klagerin im\nVertrauen auf diese disponiert hat (Urteil des BFH vom 21. Juli 1988 V R\n97/83, BFH/NV 1989, 356). Letzteres ist aber von der Klagerin noch nicht\neinmal behauptet worden. Auch der Aspekt, wie von dem Prozessvertreter in der\nmundlichen Verhandlung behauptet, dass die Klagerin auf die rechtliche\nAnwendung des Beklagten vertraut habe und insofern keinerlei wirtschaftliche\nVorsorgemaßnahmen getroffen habe, rechtfertigt keine andere rechtliche\nBeurteilung. Allein das Vertrauen darauf, keine bzw. erst deutlich spater\nGewerbesteuern zahlen zu mussen, stellt keine wirtschaftliche Disposition in\nForm von finanziellen Belastungen wie z. B. durch Investitionen dar.\n\n15\n\n \n\nDes Weiteren hatte der Beklagte bei seiner Rechtsentscheidung die\nGewerbesteuerrichtlinien - GewStR - 1998 zu beachten. Durch die Neufassung der\nGewStR 1998 findet Abschnitt 21 Abs. 1 Satz 5 der GewStR 1990 keine Anwendung\nmehr. Wahrend nach der alten Regelung bereits die Aufnahme jeglicher mit\nEinkunfteerzielungsabsicht unternommene Tatigkeit die Gewerbesteuerpflicht\nbegrundete, beginnt entsprechend Abschnitt 18 Abs. 1 Satz 5 GewStR 1998 die\nGewerbesteuerpflicht nunmehr erst, wenn der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt\nworden ist. Steuerpflichtige konnten lediglich bis einschließlich des\nErhebungszeitraumes 1998 noch nach Abschnitt 21 Abs. 1 Satz 5 GewStR 1990\nverfahren, Abschnitt 18 Abs. 1 Satz 6 GewStR. Damit war auch zwischenzeitlich\nder Nichtanwendungserlass des Finanzministeriums Baden-Wurttemberg und der\nweiteren obersten Finanzbehorden der Lander vom 20. November 1995 zur\nEntscheidung des BFH vom 22. November 1994 uberholt, der ein weiteres\nVerfahren nach Abschnitt 21 Abs. 1 Satz 5 GewStR 1990 vorsah.\n\n16\n\n \n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.\n\n \n\n |
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119,201 | olgnaum-2010-04-15-1-ss-bz-1409 | 1,027 | Oberlandesgericht Naumburg | olgnaum | Sachsen-Anhalt | Oberlandesgericht | 1 Ss (Bz) 14/09 | 2010-04-15 | 2018-12-27 19:38:26 | 2019-01-17 11:40:22 | Beschluss | #### Tenor\n\n \n\nDie Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Zeitz\nvom 12. November 2008 (9 OWi 721 Js 201532/08) wird als unbegrundet verworfen.\n\n \n\nDer Betroffene hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.\n\n#### Grunde\n\n1\n\n \n\nDas Amtsgericht hat den Betroffenen wegen - fahrlassigen - Fuhrens eines\nKraftfahrzeuges bei Überschreitung des zulassigen Gesamtgewichts von 40.000 kg\nzu einer Geldbuße von 60,- Euro verurteilt.\n\n2\n\n \n\nDagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die\nVerletzung materiellen Rechts rugt.\n\n3\n\n \n\nDer Einzelrichter des Bußgeldsenats hat nach Zulassung der Rechtsbeschwerde\nzur Fortbildung des Rechts die Sache mit Beschluss vom 29. Marz 2010 dem\nBußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern ubertragen (§ 80a Abs. 3 S. 1\nOWiG).\n\n4\n\n \n\nDas gemaß §§ 79 Abs. 1 S. 2, 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG, 341 ff. StPO zulassige\nRechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.\n\n5\n\n \n\nNach den Feststellungen des Amtsgerichts fuhrte der Betroffene am 26.\nSeptember 2007 das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen R - … - eine\nSattelzugmaschine - und einen (Sattel-)Anhanger mit dem amtlichen Kennzeichen\nR - … von Munchen kommend in Richtung Großposna. Dabei hatte der Betroffene\nFracht geladen, die im kombinierten Verkehr aus Italien bis Munchen im\nSchienenverkehr und von dort ab vom Betroffenen zum Weitertransport per Lkw\nzum Bestimmungsort Großposna ubernommen wurde. Aus Anlass einer mobilen\nVerkehrskontrolle auf dem Rasthof Droßig und einer ihm dabei vorgeworfenen\nÜberladung wurde das Fahrzeuggesamtgewicht mittels einer geeichten Waage in\nHohe von 44.500 kg festgestellt. Unter Berucksichtigung eines Toleranzabzuges\nin Hohe von 100 kg ergab sich damit ein Gesamtgewicht von 44.400 kg.\n\n6\n\n \n\nDem Transportunternehmen, fur welches der Betroffene mit dem gewogenen\nFahrzeug den Transport durchfuhrte, wurde vom Bundesamt fur Guterverkehr am\n12. Juli 2007 eine Bescheinigung mit der Nr. D-1207 gemaß § 14 Abs. 2 der\nVerordnung uber den grenzuberschreitenden Guterkraftverkehr und den\nKabotageverkehr (GuKGrKabotageV) erteilt, wonach fur Beforderungen von und\nnach Italien in Verbindung mit Vor- bzw. Nachlaufen u. a. nach Sachsen-Anhalt\nund Sachsen der Bahnhof Munchen-Riem zum nachstgelegenen geeigneten Bahnhof\nbestimmt wird. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts ist der Bahnhof\nLeipzig fur Großposna der nachstgelegene und fur die Umschlagart und Ladung\ngeeignete Bahnhof.\n\n7\n\n \n\nDas Amtsgericht hat zu Recht im festgestellten Sachverhalt einen Verstoß des\nBetroffenen gegen § 34 Abs. 3 StVZO i. V. m. § 34 Abs. 6 Nr. 5 StVZO gesehen,\nder eine Ordnungswidrigkeit gemaß § 69a Abs. 3 Nr. 4 StVZO i. V. m. § 24 StVG\nerfullt. Die Überprufung der Entscheidung aufgrund der Sachruge deckt\nRechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht auf.\n\n8\n\n \n\nDies gilt zunachst fur die Auslegung der Vorschrift des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1\n1. Alt. der 53. Verordnung uber Ausnahmen von den Vorschriften der\nStraßenverkehrsordnung (StVZO AusnV 53) durch das Amtsgericht.\n\n9\n\n \n\nNach dieser Vorschrift darf abweichend von § 34 Abs. 6 Nr. 6 StVZO u. a. das\nzulassige Gesamtgewicht bei Fahrzeugkombinationen (Zuge und\nSattelkraftfahrzeuge) mit mehr als vier Achsen unter Beachtung der\nVorschriften fur Achslasten und Einzelfahrzeuge bei Fahrten im kombinierten\nVerkehr Schiene/Straße zwischen Be- oder Entladestelle und nachstgelegenem\ngeeigneten Bahnhof 44,00 t nicht uberschreiten. Damit wird der\nAnwendungsbereich von § 34 Abs. 6 Nr. 6 StVZO von Sattelkraftfahrzeugen,\nbestehend aus dreiachsiger Sattelzugmaschine mit zwei- oder dreiachsigem\nSattelanhanger, die im kombinierten Verkehr im Sinne der Richtlinie 92/106/EWG\neinen ISO-Container von 40 Fuß befordern, auf die vorgenannten\nFahrzeugkombinationen mit mehr als vier Achsen, die sonstige Container und\nWechselbehalter bis maximal 40 Fuß im kombinierten Verkehr befordern,\nerweitert.\n\n10\n\n \n\nDabei ist der Begriff des nachstgelegenen geeigneten Bahnhofs nach objektiven\nKriterien zu bestimmen. Auf die individuellen Verhaltnisse des Fahrzeugfuhrers\noder des Transportunternehmens kommt es dagegen nicht an.\n\n11\n\n \n\nBereits nach dem Wortlaut des Begriffs wird dieser lediglich von zwei\nobjektiven Kriterien bestimmt, namlich der Eignung des Bahnhofes fur den\nkombinierten Verkehr und die dabei notwendigen Umschlagsart sowie einer durch\ndie Wortwahl „nachstgelegen" zum Ausdruck gebrachte besondere raumlichen Nahe\ndes Bahnhofes zu den Be- und Entladestellen. Eine solche Nahe kann dabei nur\nals die kurzeste, verkehrsubliche Straßenverbindung zwischen der Be- bzw.\nEntladestelle und dem Ort des Beginns der Gleisbenutzung verstanden werden.\nDie Berucksichtigung subjektiver Verhaltnisse, wie dies etwa bei der\nBestimmung des nachstgelegenen geeigneten Bahnhofs im Sinne des § 14 Abs. 2\nGuKGrKabotageV durch das Bundesamt fur Guterkraftverkehr der Fall sein kann,\nist dagegen den vom Wortlaut allein vorgegebenen Kriterien nicht zu entnehmen.\nEine solche Ausnahmeregelung ist in den Vorschriften der StVZO AusnV 53 nicht\nenthalten. Daher konnen Belange des Fahrzeugfuhrers, etwa das Interesse auf\nden Fahrten zur Be- oder Entladestelle Zwischenhalte einzulegen, zum Beispiel\num die eigene Wohnung aufzusuchen, was zu einer von der kurzesten,\nverkehrsublichen Straßenverbindung abweichenden Fahrtstrecke fuhren konnte,\nkeine Rolle spielen. Dies gilt gleichfalls fur die Belange des ihn\nbeschaftigenden Transportunternehmens, welche beispielsweise den aufgrund\ntransportlogistischer Überlegungen gewahlten Standort der Kraftfahrzeuge,\nderen moglichst hohe Auslastung auf allen Fahrten und andere zumeist\nbetriebswirtschaftliche Überlegungen betreffen, was ebenso zu einer von der\nkurzesten Straßenverbindung abweichenden Auswahl fur die Zu- oder\nAblaufstrecken fuhren kann.\n\n12\n\n \n\nEine extensive Auslegung dahingehend, dass ein Bahnhof als nachstgelegen i. S.\nd. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 1. Alt. StVZO AusnV 53 anzusehen ware, der zu den Be-\nund Entladestellen nicht die kurzeste Straßenverbindung aufweist, ist auch\nnicht durch Sinn und Zweck dieser Regelung geboten.\n\n13\n\n \n\nNach der Begrundung zur StVZO AusnV 53 (VkBl 1997, 514f.) besteht Sinn und\nZweck dieser Regelung vor allem darin, eine wesentliche Erleichterung fur die\nTeilnahme am kombinierten Verkehr zu bewirken, die Verlagerung von\nStraßenguterverkehr auf die umweltfreundlichen Verkehrstrager Schiene und\nBinnenwasserstraße zu begunstigen und eine erhebliche Verwaltungsvereinfachung\nherbeizufuhren. Die wesentliche Erleichterung der Teilnahme am kombinierten\nVerkehr wurde durch die Einbeziehung der Beforderung auch sonstiger Container\nund Wechselbehalter bis 40 Fuß uber die bis dahin ausschließlich zulassigen 40\nFuß ISO-Container hinaus und die Moglichkeit des Einsatzes weiterer\nKraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugkombinationen neben den in § 34 Abs. 6 Nr. 6\ngenannten dreiachsigen Sattelzugmaschinen erreicht. Das Ziel, die Verlagerung\nvon Straßenguterverkehr auf die umweltfreundlichen Verkehrstrager Schiene und\nBinnenwasserstraße zu begunstigen, fuhrt dazu, dem Wortlaut gemaß die kurzeste\nStraßenverbindung als fur das Kriterium „nachstgelegen" allein maßgebend\nzugrundezulegen.\n\n14\n\n \n\nHinzu kommt, dass der Verordnungsgeber keine der Vorschrift des § 14 Abs. 2\nGuKGrKabotageV vergleichbare Ausnahmeregelung vorgesehen hat. Dies ist als\nIndiz dafur zu werten, dass die StVZO AusnV 53 mit der darin enthaltenen\nVergunstigung eines im Vergleich zur Vorschrift des § 34 Abs. 6 Nr. 5 StVZO um\n10 % hoheren zulassigen Gesamtgewichts fur Transporte im kombinierten Verkehr\nmoglichst eng gefasst sein sollte. Des Weiteren ist zu berucksichtigen, dass\ndie in § 34 StVZO geregelten Achslast- und Gesamtgewichtsgrenzen dem Zweck der\nStraßenschonung dienen und hohere Fahrgewichte generell geeignet sind, Schaden\nan den Fahrbahnen in Gestalt von Spurrillen und Rissen zu verursachen. Dies\ngilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Straßenschaden nicht linear,\nalso in gleichem Maße wie die Achslast eines Fahrzeugs, sondern\nuberproportional zunehmen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Mai 2006 - 8 A\n1388/05 m. w. Nw.).\n\n15\n\n \n\nIn die gleiche Richtung zielen die Erwagungen der Regelung des kombinierten\nVerkehrs zwischen den Mitgliedstaaten der Europaischen Gemeinschaft in Form\nder Richtlinie 92/106/EWG vom 07. Dezember 1992, die innerstaatlich durch § 34\nAbs. 6 Nr. 6 StVZO sowie die StVZO AusnV 53 umgesetzt worden ist. Die in der\nRichtlinie enthaltene Definition des kombinierten Verkehrs verwendet ebenfalls\ndas Begriffspaar „nachstgelegen" und „geeignet". Im Sinne des Art. 1 dieser\nRichtlinie gelten als kombinierter Verkehr bestimmte Guterbeforderungen\nzwischen Mitgliedsstaaten, bei denen der Straßenzu- oder -ablauf fur die\nZulaufstrecke zwischen dem Ort, an dem die Guter geladen werden und dem\nnachstgelegenen geeigneten Umschlagbahnhof bzw. fur die Ablaufstrecke zwischen\ndem nachst gelegenen geeigneten Bahnhof und dem Ort, an dem die Guter entladen\nwerden, erfolgt. Aus den Erwagungen des Rates geht hervor, dass angesichts der\nzunehmenden Probleme im Zusammenhang mit der Überlastung der Straßen, dem\nUmweltschutz und der Sicherheit im Straßenverkehr es im allgemeinen Interesse\nnotwendig ist, den kombinierten Verkehr als Alternative zum Straßenverkehr\nweiter auszubauen. Weiter heißt es, damit der kombinierte Verkehr zu einer\nwirklichen Entlastung der Straßen fuhrt, sollte die Liberalisierung - die\nAufhebung aller mengenmaßigen Beschrankungen sowie verschiedener einengender\nVerwaltungsvorschriften - auf Straßentransporte unterhalb einer bestimmten\nSteckenlange beschrankt werden. Diesen Erwagungen ist zu entnehmen, dass der\nRichtliniengeber insbesondere bestrebt war, die auf der Straße zuruckzulegende\nStrecke zwischen den Be- und Entladestellen und dem Ort der Schienenbenutzung\nso gering wie moglich zu halten. Dieses Ziel einer effizienten Entlastung der\nStraßen durch Verlagerung des Guterverkehrs auf umweltvertraglichere\nVerkehrstrager hat in dem Begriff des nachstgelegenen geeigneten Bahnhofs\nseinen Niederschlag gefunden.\n\n16\n\n \n\nDass der Gutertransport unter Einsatz von Fahrzeugkombinationen mit einem\nGesamtgewicht von uber 40 t uber weite Straßenstrecken (hier von Munchen-Riem\nnach Großposna bei einer Straßenentfernung von ca. 430 km - recherchiert bei\nwww.falk.de), nicht den dargestellten Absichten sowohl des Gesetz- als auch\ndes Verordnungsgebers entspricht, wenn sich noch dazu der tatsachlich\nnachstgelegene geeignete Bahnhof in einer Straßenentfernung von ca. 30 km\nbefindet, liegt auf der Hand.\n\n17\n\n \n\nDie Feststellung, dass hier der Bahnhof Leipzig der im Hinblick auf die\nkurzeste, verkehrsubliche Straßenverbindung nachstgelegene sowie fur den\nkombinierten Verkehr technisch eingerichtete und daher geeignete Bahnhof ist,\nhat das Amtsgericht rechtsfehlerfrei getroffen.\n\n18\n\n \n\nAuch die in § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 2. Alt., Nrn. 2 u. 3 StVZO AusnV 53 erfolgte\nBestimmung der jeweiligen Maximalentfernung von 150 km Luftlinie zwischen der\nBe- oder Entladestelle und dem fur den gleitenden kombinierten Verkehr\n(Rollende Landstraße) geeigneten Bahnhof bzw. dem Binnenhafen beim\nkombinierten Verkehr Binnenwasserstraße/Straße oder dem Seehafen beim\nkombinierten Verkehr ins Seehafenhinterland rechtfertigt keine andere als die\noben begrundete Auslegung des Merkmals „nachstgelegen". Die in der\nRechtsbeschwerde ausgefuhrte Erwagung, da der Verordnungsgeber nur fur diese\nFalle des kombinierten Verkehrs eine Hochstentfernungsgrenze bestimmt habe,\ngelte im gesamten ubrigen kombinierten Verkehr keine Entfernungsgrenze, tragt\njedenfalls nicht die Annahme, dass es sich dann bei den Strecken zwischen Be-\noder Entladestelle und nachstgelegenem geeigneten Bahnhof auch nicht um die\nkurzeste, verkehrsubliche Straßenverbindung handeln musste. Die Umsetzung der\ndargelegten Intensionen des Verordnungsgebers, namentlich die Verlagerung von\nStraßenguterverkehr auf die umweltfreundlichen Verkehrstrager Schiene und\nBinnenwasserstraße, erforderte die Festlegung einer Hochstentfernung fur den\nStraßentransport auf der Zu- und Ablaufstrecke beim allgemeinen kombinierten\nVerkehr Schiene/Straße schließlich nicht. Auch sprechen die Verordnungsziele\nkeinesfalls fur eine Privilegierung des allgemeinen kombinierten Verkehrs im\nGegensatz zu den in § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 2. Alt., Nrn. 2 u. 3 StVZO AusnV 53\ngenannten Fallen dergestalt, dass gerade fur diesen auf die zielfuhrende\nBegrenzung des Anteils des Straßenguterverkehrs durch Minimierung der Zu- und\nAblaufentfernungen verzichtet werden sollte. Diese notwendige Begrenzung\nfindet beim allgemeinen kombinierten Verkehr jedoch statt durch Festlegung\neiner starren Hochstentfernung uber den Begriff des nachstgelegenen geeigneten\nBahnhofs statt, indem jeweils die kurzeste, verkehrsubliche Straßenverbindung\nfur die Zu- und Ablaufstrecke zugrunde zulegen ist.\n\n19\n\n \n\nDie hier gemaß § 14 Abs. 2 GuKGrKabotageV durch das Bundesamt fur Guterverkehr\nerfolgte Bestimmung des Bahnhofs Munchen-Riem ist dagegen ausschließlich von\nguterkraftverkehrsrechtlicher Bedeutung. Ein etwaiger Irrtum des Betroffenen\nhieruber vermag ihn nicht zu entlasten, da der Wortlaut der von ihm\nmitgefuhrten Bescheinigung Nr. D - 1207 insoweit eindeutig gerade auf diesen\nUmstand hinweist.\n\n20\n\n \n\nDie Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 S. 1 StPO.\n\n \n\n |
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119,374 | ovgst-2010-02-24-1-m-3610 | 1,028 | Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt | ovgst | Sachsen-Anhalt | Verwaltungsgerichtsbarkeit | 1 M 36/10 | 2010-02-24 | 2018-12-27 19:40:04 | 2019-01-17 11:40:30 | Beschluss | ECLI:DE:OVGST:2010:0224.1M36.10.0A | #### Grunde\n\n1\n\n \n\nDie Beschwerde der Antragsstellerin gegen den Beschluss des\nVerwaltungsgerichtes Magdeburg - 5. Kammer - vom 14. Januar 2010, deren\nPrufung gemaß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Grunde\nbeschrankt ist, hat keinen Erfolg.\n\n2\n\n \n\nDie Einwendungen der Antragstellerin rechtfertigen die begehrte Abanderung des\nangefochtenen Beschlusses nicht.\n\n3\n\n \n\nGemaß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung\nzur Regelung eines vorlaufigen Zustandes in Bezug auf das streitige\nRechtsverhaltnis erlassen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende\nGewalt zu verhindern oder wenn die Regelung aus anderen Grunden notig\nerscheint. Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sowie die\nNotwendigkeit der vorlaufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind gemaß § 123 Abs.\n3 VwGO in Verbindung mit den §§ 920 Abs. 2, 924 ZPO glaubhaft zu machen. Wird\nmit einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Hauptsache ganz\noder teilweise vorweggenommen und dadurch in aller Regel ein faktisch\nendgultiger Zustand geschaffen, kann eine Regelung nur ergehen, wenn der\nAntragsteller in der Hauptsache zumindest uberwiegende Erfolgsaussichten hat\nund schlechthin unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt\nware, wenn er auf den rechtskraftigen Abschluss eines Klageverfahrens\nverwiesen werden musste. Überwiegende Aussichten in der Hauptsache bestehen\nhingegen nur dann, wenn der geltend gemachte Anspruch mit großter\nWahrscheinlichkeit begrundet ist und aller Voraussicht nach auch im\nHauptsacheverfahren bestatigt werden wird ( _vgl. OVG LSA, Beschluss vom 5.\nJanuar 2007 - Az.: 1 M 1/07 -, ver offentlicht bei juris [m. w. N.]_ ).\n\n4\n\n \n\nDie Annahme des Verwaltungsgerichtes, dass die Antragsgegnerin den\nBewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin in dem hier streitigen\nAuswahlverfahren nicht verletzt hat, wird im Ergebnis durch das\nBeschwerdevorbringen nicht erschuttert.\n\n5\n\n \n\nBeamte haben gegenuber dem Dienstherrn bei der Vergabe eines Beforderungsamtes\nden aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch auf leistungsgerechte\nEinbeziehung in die Bewerberauswahl unmittelbar nach Maßgabe von Eignung,\nBefahigung und fachlicher Leistung ( _so in st andiger Rechtsprechung: BVerwG,\nzuletzt Urteil vom 17. August 2005 - Az.: 2 C 36.04 -, zitiert nach juris [m.\nz. N.]_ ). Ein Beforderungsbewerber hat dementsprechend einen Anspruch darauf,\ndass der Dienstherr uber seine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei\nentscheidet ( _so genannter Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. hierzu: BVerfG,\nKammerbeschluss vom 9. Juli 2002 - Az.: 2 BvQ 25/02 -, NVwZ 2002, 1367, und\nKammerbeschluss vom 24. September 2002 - Az.: 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200;\nBVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - Az.: 2 C 14.02 -, BVerwGE 118, 370 [m. z.\nN.]_ ).\n\n6\n\n \n\nNach der standigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ( _etwa:\nUrteil vom 21. August 2003, a. a. O., m. w. N._ ) entspricht es dem bei der\nBeforderung zu beachtenden Grundsatz der Bestenauslese, zur Ermittlung des\nLeistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar\nleistungsbezogene Kriterien zuruckzugreifen. Regelmaßig sind dies die -\nbezogen auf den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung - „aktuellsten"\nBeurteilungen, wobei der Dienstherr im Rahmen ordnungsgemaßer\nPersonalbewirtschaftung dafur zu sorgen hat, dass die Beamten grundsatzlich\nregelmaßig dienstlich beurteilt werden, da die dienstliche Beurteilung mit\nihrer auf das innegehabte Amt bezogenen Bewertung der Eignung, Befahigung und\nfachlichen Leistung vor allem dem Vergleich zwischen den fur die Besetzung\neines Beforderungsdienstpostens oder fur die Verleihung eines\nBeforderungsamtes in Betracht kommenden Beamten dient. Allerdings hindert\nselbst das Fehlen wirksamer dienstlicher Beurteilungen im maßgeblichen\nZeitpunkt der Auswahlentscheidung nicht die Durchfuhrung eines\nStellenbesetzungsverfahrens. Indes sind von der Behorde die eignungs-,\nleistungs- und befahigungsrelevanten Merkmale des Bewerbers zu ermitteln, die\neinen Vergleich nach den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG ermoglichen (\n_vgl.: BVerwG, a. a. O._ ).\n\n7\n\n \n\nDa die Auswahlentscheidung bei der Beforderung den Grundsatz der Bestenauslese\nzu beachten hat und zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender\nBewerber bezogen auf den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung in erster Linie auf\nunmittelbar leistungsbezogene Kriterien zuruckzugreifen ist, durfen der\nBewerberauswahl fur die Besetzung eines offentlichen Amtes nur Kriterien\nzugrunde gelegt werden, die unmittelbar Eignung, Befahigung und fachliche\nLeistung betreffen, also solche, die daruber Aufschluss geben, in welchem Maße\nder Beamte oder Richter den Anforderungen seines Amtes genugt und sich in\neinem hoheren Amt voraussichtlich bewahren wird. Anderen Kriterien darf nur\nBedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand\nleistungsbezogener Kriterien kein Vorsprung von Bewerbern ergibt ( _so ausdr\nucklich: BVerwG, Urteil vom 17. August 2005, a. a. O. [m. w. N.]; siehe im\nÜbrigen: Beschluss des beschließenden Senates vom 21. April 2006 - Az.: 1 M\n54/06 -_ ).\n\n8\n\n \n\nOb ein deutlicher oder aber nur ein geringfugiger Leistungsunterschied im\nVergleich der Bewerber vorliegt ( _vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 10.\nNovember 1993 - Az.: 2 ER 301.93 -, ZBR 1994, 52; OVG LSA, Beschluss vom 14.\nMai 2002 - Az.: 3 M 76/02 -_ ) und damit sonstige Auswahlkriterien zum Zuge\nkommen konnen, lasst sich nicht ab-strakt bestimmen, sondern ist im Einzelfall\nzu ermitteln. Dabei sind zum einen die jeweiligen dienstlichen Beurteilungen\nund der sonstige Personalakteninhalt in den Blick zu nehmen. Zum anderen sind\nim Hinblick auf das Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle auch weitere\nKriterien wie besondere Fachkenntnisse oder eine bereits erworbene\nFunktionserfahrung fur das angestrebte Amt zu berucksichtigen.\n\n9\n\n \n\nBei dem Vergleich der letzten (aktuellen) dienstlichen Beurteilungen ist es\ngegebenenfalls notwendig und sachgerecht, wenn beim Leistungsvergleich nicht\nlediglich auf die Gesamtbewertung, sondern zugleich auf einzelne, in den\ndienstlichen Beurteilungen zum Ausdruck kommende Leistungsmerkmale abgestellt\nwird. Denn eine dienstliche Beurteilung erschließt sich mitunter nicht nur\ndurch ihr Gesamturteil. Sie ist zugleich auch durch ihren Inhalt, namentlich\ndurch Art und Umfang ihrer eignungs- und leistungsrelevanten Aussagen,\ngekennzeichnet ( _OVG LSA, Beschluss vom 28. November 2006 - Az.: 1 M 216/06\n-, Beschluss vom 14. Mai 2002 - Az.: 3 M 76/02 - [m. w. N.]_ ). Erganzend sind\ngegebenenfalls die fruheren dienstlichen Beurteilungen heranzuziehen, denn\nbeim Leistungsvergleich zur Realisierung des Grundsatzes der Bestenauslese ist\neine vollstandige Auswertung des verfugbaren und verwertbaren\nInformationspotentials geboten. Zuvor hat die zur Auswahlentscheidung berufene\nStelle allerdings stets zu prufen, ob das den dienstlichen Beurteilungen\nzugrunde liegende Bewertungssystem einheitlich ist und die durch die\ndienstlichen Beurteilungen ausgewiesenen Leistungen auch im ubrigen einem\nVergleich unterzogen werden konnen ( _OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]_ ). Dabei\nist auch in Betracht zu ziehen, ob die jeweiligen Beurteilungen gleichwertige\nDienstposten betreffen. Sind namlich zwei Bewerber auf Dienstposten mit\nunterschiedlichem Schwierigkeitsgrad gleich gut beurteilt worden, so hat\nderjenige eine hoherwertige Leistung erbracht, der die Aufgaben des\nschwierigeren Dienstpostens erfullt hat ( _BVerwG, Beschluss vom 2. April 1981\n- Az.: 2 C 13.80 -, D ÖD 1981, 279; OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]_ ).\n\n10\n\n \n\nDie Entscheidung uber die Auswahl unter mehreren Bewerbern steht im\npflichtgemaßen Ermessen des Dienstherrn, wobei das Ermessen insofern gebunden\nist, als die Entscheidung nach Eignung, Befahigung und fachlicher Leistung zu\ntreffen ist (Art. 33 Abs. 2 GG). Der Bewerber hat dementsprechend (nur) einen\nAnspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, welcher dann verletzt ist,\nwenn die fur den Bewerber nachteilige Auswahlentscheidung unter Verletzung\nwesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist oder auf einer\nfehlerhaften Ausubung von Ermessens- bzw. Beurteilungsspielraumen beruht (\n_siehe: OVG LSA, Beschluss vom 28. November 2006 - Az.: 1 M 216/06 -,\nBeschluss vom 14. Mai 2002 - Az.: 3 M 76/02 - [m. w. N.]_ ). Die im Rahmen der\nErmessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befahigung und\nfachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, bei dem der\nErnennungsbehorde durch Art. 33 Abs. 2 GG ein Beurteilungsspielraum eingeraumt\nist mit der Folge, dass Verwaltungsgerichte bei der Überprufung der\nbehordlichen Entscheidung darauf beschrankt sind, die Einhaltung seiner\nGrenzen zu kontrollieren, namlich ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff\noder den gesetzlichen Rahmen der Beurteilungsermachtigung verkannt hat, von\neinem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gultige\nBewertungsmaßstabe nicht beachtet oder sachfremde Erwagungen angestellt hat (\n_siehe: OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]_ ). Wird das subjektive Recht aus Art. 33\nAbs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt,\nfolgt daraus, dass der unterlegene Bewerber eine erneute Entscheidung uber\nseine Bewerbung zumindest dann beanspruchen kann, wenn seine Aussichten, beim\nzweiten Mal ausgewahlt zu werden, offen sind, d. h. wenn seine Auswahl moglich\nerscheint ( _BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 - Az.: 2 BvR 857/02 -,\nNVwZ 2003, 200_ ).\n\n11\n\n \n\nHiervon ausgehend stellt die Beschwerde die Erwagungen in der angefochtenen\nEntscheidung nicht schlussig in Frage, soweit das Verwaltungsgericht eine dem\nLeistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechende Auswahlentscheidung der\nAntragsgegnerin angenommen hat. Mit Recht hat das Verwaltungsgericht\nfestgestellt, dass weder die aktuellsten (Anlass-)Beurteilungen der\nAntragstellerin und des Beigeladenen noch die Einbeziehung der vorangegangenen\njeweils zwei Regelbeurteilungen einen deutlichen Leistungsvorsprung der\nBeteiligten aufzeigen ( _vgl. zum Leistungsvergleich bei dienstlichen\nBeurteilungen nur nach Punkten auch: OVG LSA, Beschluss vom 7. Dezember 2009 -\nAz.: 1 M 84/09 -, ver offentlicht bei juris_ ). Entgegen dem\nBeschwerdevorbringen ist auch nicht - zugunsten der Antragstellerin -\ngleichsam zwingend die „Leistungsentwicklung" zugrunde zu legen. Der\nLeistungsvergleich erfordert in erster Linie vielmehr eine Gegenuberstellung\ndes aktuellen „absoluten" Leistungsstandes, nicht hingegen der bloß\nretrospektiven „relativen" Leistungsentwicklung. Anders gewendet: Eine bessere\nLeistungsentwicklung an sich muss nicht zu einem hoheren aktuellen\nLeistungsstand fuhren. Dieser bemisst sich hier an der vergebenen Punktzahl\nund dem damit einhergehenden Gesamtergebnis (Notenstufe). Im Übrigen zeigt\neine rein summenmaßige Betrachtung der erzielten Beurteilungsergebnisse auch\nkeinen Leistungsvorsprung der Antragstellerin, die unter Einbeziehung der\nRegelbeurteilung 2007 insgesamt 517 Punkte (Beigeladener: 518 Punkte) und\nunter weiterer Einbeziehung der Regelbeurteilung 2005 insgesamt 756 Punkte\n(Beigeladener: 762 Punkte) erreicht.\n\n12\n\n \n\nSoweit die Antragsgegnerin ihre Auswahlentscheidung auf das deutlich hohere\nDienst- und Lebensalter des Beigeladenen gestutzt hat, ist dies - wie das\nVerwaltungsgericht zutreffend ausgefuhrt hat - rechtlich nicht zu erinnern.\n\n13\n\n \n\nSind Beamte als im Wesentlichen gleich beurteilt anzusehen, so dass anhand der\nallein unmittelbar leistungsbezogenen Kriterien kein Vorsprung zwischen beiden\nBeamten festzustellen ist, darf auf sachliche Hilfskriterien zuruckgegriffen\nwerden ( _vgl.: BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 1996 - Az.: 2 B 73.96 -,\nBuchholz 232 § 8 BBG Nr. 52 [m. w. N.], Beschluss vom 10. November 1993 - Az.:\n2 ER 301.91, Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 50 zum Dienst- oder Lebensalter_ ). Der\nDienstherr kann insofern die Auswahl nach weiteren sachgerechten Merkmalen\ntreffen; hierbei steht ihm ein weites Ermessen hinsichtlich der Bestimmung des\nAuswahlkriteriums zu ( _so ausdr ucklich:_ _BVerwG, Beschluss vom 10. November\n1993, a. a. O. [m. w. N.]_ ). Hiernach ist nicht zu erinnern, dass die\nAntragsgegnerin bei wesentlicher gleicher Beurteilungslage auf das deutlich\nhohere Dienst- und Lebensalter des Beigeladenen abstellt, denn es handelt sich\num ein mit dem Leistungsgrundsatz vereinbares sachliches Kriterium. Denn\naufgrund der Dauer der Innehabung eines bestimmten der Beforderung\nvorausgehenden Amtes darf davon ausgegangen werden, dass die von einem in\ndiesem Sinne dienstalteren Beamten in einem Amt typischerweise mitgebrachte\numfassendere praktische Berufserfahrung fur die nunmehr im Beforderungsamt zu\nerfullenden Aufgaben im Rahmen der Leistungsbeurteilung berucksichtigt werden\nkonnen ( _vgl. hierzu: OVG LSA, Beschluss vom_ _30\\. Juni 2006 - Az.: 1 L 4/06\n-, ver offentlicht bei juris [m. w. N.]_ ). Entgegen dem Beschwerdevorbringen\nist es auch nicht erforderlich, dass etwaige Hilfskriterien bereits in\nermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften angefuhrt werden.\n\n14\n\n \n\nOhne Erfolg macht die Antragstellerin schließlich geltend, die\nAuswahlentscheidung verstoße gegen § 5 Abs. 1 FrFG LSA i. V. m. § 4 Abs. 2\nFrFG LSA.\n\n15\n\n \n\nStellt die Einstellungsbehorde fest, dass eine Bewerberin und ein Bewerber fur\ndie auszuubende Tatigkeit nach Eignung, Befahigung und fachlicher Leistung\ngleichwertig qualifiziert sind, ist gemaß § 4 Abs. 2 Satz 1 FrFG LSA die\nBewerberin einzustellen, wenn der Anteil der Frauen in der Funktion, in der\nVergutungs- oder Besoldungsgruppe geringer ist als der der Manner. Dies gilt\nnach § 4 Abs. 2 Satz 2 FrFG LSA nicht, wenn in der Person eines Mitbewerbers\nliegende Grunde vorliegen, die auch unter Beachtung der Verpflichtung zur\nForderung der tatsachlichen Gleichstellung von Frauen und Mannern uberwiegen.\nGemaß § 5 Abs. 1 FrFG LSA gilt § 4 FrFG LSA bei Beforderung entsprechend.\n\n16\n\n \n\nHiervon ausgehend legt die Beschwerde schon nicht dar, dass im gegebenen Fall\nder Anteil der Frauen in der Funktion, in der Vergutungs- oder\nBesoldungsgruppe geringer ist als der der Manner. Auch mangelt es dem\nBeschwerdevorbringen insoweit an der nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gebotenen\nAuseinandersetzung mit den tragenden Erwagungen des Verwaltungsgerichtes in\nder angefochtenen Entscheidung. Denn dieses hat - unter Bezugnahme aus weitere\n(obergerichtliche) Rechtsprechung - einen Ausnahmefall im Sinne des § 4 Abs. 2\nSatz 2 FrFG LSA i. V. m. § 5 Abs. 1 FrFG LSA gerade darin gesehen, dass „das\ngegenuber der Antragstellerin erheblich hohere Dienst- und Lebensalter des\nBeigeladenen … derartige, in der Person des Mitbewerbers liegende Grunde\ndar[stellen], denen die Antragsgegnerin auch unter Beachtung der Verpflichtung\nzur Forderung der tatsachlichen Gleichstellung von Mannern und Frauen\nmaßgebliches Gewicht beimessen durfte".\n\n17\n\n \n\nDies begegnet - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auch keinen\ngrundsatzlichen Bedenken, weil hiernach sowohl der Leistungsgrundsatz des Art.\n33 Abs. 2 GG zum Tragen kommt, als auch gewahrleistet ist, dass die\nEntscheidung keine geschlechterspezifische inkriminierende Wirkung entfaltet.\nDie Beachtung des Gebotes der Frauenforderung nach Maßgabe des § 4 Abs. 2 Satz\n1 FrFG LSA ist namlich jedenfalls dann nicht zu beanstanden, solange nicht die\nsonst herangezogenen Hilfskriterien zugunsten des mannlichen Mitbewerbers\ndeutlich uberwiegen und ihrerseits keine diskriminierende Wirkung gegenuber\nder konkurrierenden Mitbewerberin haben ( _vgl. auch: OVG Nordrhein-Westfalen,\nBeschluss vom 27. November 2007 - Az.: 6 B 1493/07 -, zitiert nach juris_ ).\nOb die in der Person des mannlichen Mitbewerbers liegenden Grunde hiernach\nuberwiegen, ist eine Rechtsfrage, die einerseits im Grundsatz\nuneingeschrankter Kontrolle durch die Verwaltungsgerichte unterliegt.\nAndererseits korrespondiert damit die Entscheidungsfreiheit des Dienstherrn\nbei der Bestimmung des oder der maßgeblichen Hilfskriterien, die der konkreten\nPersonalentscheidung vorausgehen. Der Dienstherr ist dementsprechend in den\nGrenzen des Willkurverbotes und des Leistungsprinzips darin frei, welchen\nzusatzlichen Gesichtspunkten er bei im Wesentlichen gleicher Qualifikation der\nKonkurrenten großere Bedeutung beimisst. Dabei darf (und muss) der Dienstherr\nin diesem Fall nicht anders als bei der Auswahl zwischen Bewerbern gleichen\nGeschlechts grundsatzlich (nur) auf diejenigen Hilfskriterien zuruckgreifen,\ndie er auch sonst bei einem Qualifikationsgleichstand rechtskonform anzuwenden\npflegt ( _so auch: OVG Nordrhein-Westfalen, a. a. O._ ).\n\n18\n\n \n\nBei gleicher Eignung, Befahigung und fachlicher Leistung in der Person eines\nmannlichen Mitbewerbers liegende Grunde setzen sich gegenuber dem\nGesichtspunkt der Frauenforderung daher letztlich nur dann durch und fuhren zu\neiner Anwendung der „Öffnungsklausel" des § 4 Abs. 2 Satz 2 FrFG LSA, wenn\ndeutliche Unterschiede zu Gunsten des mannlichen Bewerbers bestehen. Das ist\nnicht erst dann der Fall, wenn sich die Zurucksetzung des Mannes als krasse,\nbesonders schwere Benachteiligung darstellt. Maßgeblich ist letztlich eine\nEinzelfallbetrachtung, die von den auch sonst in der Entscheidungspraxis der\nErnennungsbehorde herangezogenen Hilfskriterien auszugehen hat ( _vgl.: OVG\nNordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. Juli 2007 - Az.: 6 B 807/06 -, zitiert\nnach juris_ ). Das Verwaltungsgericht hat daher im gegebenen Fall zu Recht\nangenommen, dass der Beigeladene die Antragstellerin sowohl beim Lebensalter\nals auch beim Beforderungsdienstalter um dreizehn bzw. funfeinhalb Jahre, d.\nh. erheblich ubertrifft und damit Besonderheiten von erheblichem Gewicht fur\ndie Anwendung des § 4 Abs. 2 Satz 2 FrFG LSA gegeben sind ( _vgl. hierzu auch:\nOVG Nordrhein-Westfalen, a. a. O._ ).\n\n19\n\n \n\nDa nach dem Beschwerdevorbringen nicht davon auszugehen ist, dass der aus Art.\n33 Abs. 2 GG folgende Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin durch\neine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt ist, kann die\nAntragstellerin vorliegend auch keine erneute Auswahlentscheidung\nbeanspruchen.\n\n20\n\n \n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen\nKosten des Beigeladenen waren nicht gemaß § 162 Abs. 3 VwGO fur\nerstattungsfahig zu erklaren, denn es entsprache nicht der Billigkeit, da er\nim gegebenen Fall ohnehin keinen Erstattungsanspruch mit Erfolg geltend machen\nkonnte ( _vgl.: OVG LSA, Beschluss vom 7. September 2009 - Az.: 1 M 64/09 -,\nver offentlicht bei juris; vgl. zum Vorstehenden betreffend das\nBeschwerdeverfahren uber die Nicht-Zulassung der Revision zudem: BVerwG,\nBeschluss vom 17. Januar 1995 - Az.: 4 B 1.95 -, Buchholz 310 § 162 VwGO Nr.\n29_ ).\n\n21\n\n \n\nDie Entscheidung uber den Streitwert fur das Beschwerdeverfahren beruht auf §\n53 Abs. 3 Nr. 1 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 und 5 Satz 2 GKG. Dabei hat der Senat\ndie Halfte des 6,5-fachen Endgrundgehaltes der Besoldungsgruppe A 8 BBesO i.\nV. m. § 18c Abs. 1 LBesG in der Fassung des Gesetzes vom 9. Dezember 2009 (\n_GVBl. LSA S. 598_ ) zugrunde gelegt, denn dies entspricht dem Endgrundgehalt\ndes angestrebten Amtes.\n\n22\n\n \n\nDieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG\ni. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).\n\n \n\n |
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119,505 | olgnaum-2010-01-08-10-u-6507 | 1,027 | Oberlandesgericht Naumburg | olgnaum | Sachsen-Anhalt | Oberlandesgericht | 10 U 65/07 | 2010-01-08 | 2018-12-27 19:41:24 | 2019-01-17 11:40:36 | Beschluss | #### Tenor\n\n \n\nDie Anhorungsruge des Beklagten vom 14. August 2009 gegen das Urteil des\nSenats vom 24. Juli 2009 wird zuruckgewiesen.\n\n \n\nDie Kosten des Rugeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.\n\n#### Grunde\n\n \n\n**I.**\n\n1\n\n \n\nMit Urteil vom 24. Juli 2009 hat der Senat die zulassige Berufung des\nBeklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 10. Zivilkammer des\nLandgerichts Magdeburg vom 12. Juli 2007 zuruckgewiesen.\n\n2\n\n \n\nDas Urteil wurde dem Beklagtenvertreter ausweislich seines\nEmpfangsbekenntnisses am 10. August 2009 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 14.\nAugust 2009, eingegangen per Telefaxkopie am selben Tag und im Original am 17.\nAugust 2009, beantragt der Beklagte, das Berufungsverfahren gem. § 321a Abs. 5\nZPO fortzufuhren, das Urteil des Senates vom 24. Juli 2009 aufzuheben und die\nKlage unter Abanderung des Urteils des Landgerichtes Magdeburg vom 12. Juli\n2007 abzuweisen sowie die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung\neinzustellen.\n\n3\n\n \n\nZur Begrundung fuhrt der Beklagte aus, das Urteil habe wesentliche Teile des\nvon ihm vorgetragenen Sachverhaltes ubergangen. Sein Anspruch auf rechtliches\nGehor sei in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Der Senat habe sich\nnicht mit dem Vorbringen zum Inhalt der Vertragsverhandlungen vom 26. August\n2006 befasst und das diesbezugliche Beweisangebot durch Vernehmung des Zeugen\nM. S. ubergangen. Die Frage des Umfanges der von dem Festpreis erfassten\nLeistungen sei fur die Entscheidung des Rechtsstreits von zentraler Bedeutung.\nDer Vortrag lasse sich nicht auf die noch im Rahmen der Klageerwiderung\nerfolgte Darlegung, der Beklagte und sein Vater seien lediglich davon\nausgegangen, samtliche Arbeiten seien von dem Festpreis erfasst, reduzieren.\nEs sei substantiiert vorgetragen worden, alle Beteiligten seien daruber einig\ngewesen, dass sich der Vertrag vom 26. August 2006 auf samtliche Leistungen\nzur Neueindeckung des Daches inklusive Dammung nebst Zubehor beziehe. Bei den\nAbsprachen vom 14. September 2006 dagegen handele es sich um ein neues\nVertragsverhaltnis, das zudem wegen der am 26. August 2006 vereinbarten\nSchriftform mangels Unterschrift des Klagers formunwirksam sei. Hiermit habe\nsich der Senat ebenfalls nicht befasst. Gleiches gelte fur den Vortrag des\nBeklagten, des Abschlusses einer Zusatzvereinbarung habe es wegen der dem\nVertrag vom 26. August 2006 beigefugten Preisliste fur Zusatzleistungen nicht\nbedurft. Der Senat dagegen gehe davon aus, die Parteien hatten mit der\nVereinbarung vom 14. September 2006 die Frage, welche Zusatzleistung zu\nwelchem Einheitspreis beauftragt worden seien, einer Ungewissheit entzogen.\n\n4\n\n \n\nVollig unreflektiert seien die Ausfuhrungen des Senats, der Klager sei am 14.\nSeptember 2006 auf Bestellung des Beklagten erschienen. Der Beklagte habe\nvorgetragen, der Anlass fur die Anwesenheit des Klagers auf der Baustelle am\n14. September 2006 sei ausschließlich die Inempfangnahme der Anzahlung in Hohe\nvon 12.000,00 Euro gewesen. Fur den Anwendungsbereich der §§ 312 ff. BGB sei\nes aber von maßgeblicher Bedeutung, ob die vorhergehende Bestellung zum Zwecke\nder Durchfuhrung von Vertragsverhandlungen oder zur Inempfangnahme eines\nGeldbetrages erfolge. Auch insoweit verletze das Urteil den Anspruch des\nBeklagten auf rechtliches Gehor.\n\n5\n\n \n\nMit Schriftsatz vom 23. September 2009 hat der Beklagte unter Bezugnahme auf\ndie Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 9. Februar 2009, Az.: II ZR\n77/08, und vom 6. April 2009, Az.: II ZR 117/08, erganzend vorgetragen, die\nEntscheidung des Senates verletze in einer an Rechtsverweigerung grenzenden\nWeise das Recht des Beklagten auf Gewahrung rechtlichen Gehors, in dem der\nSenat den Vortrag des Beklagten zum Gegenstand und Inhalt des Vertrages vom\n26. August 2006 in der Entscheidung nicht berucksichtigt und die\nBeweisangebote des Beklagten unbeachtet gelassen habe.\n\n \n\n**II.**\n\n6\n\n \n\nDie Ruge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehor ist zulassig. Sie\nist insbesondere innerhalb der Notfrist von zwei Wochen nach Kenntniserlangung\ngem. § 321a Abs. 2 Satz 2 ZPO erhoben worden. Der Beklagte hat vom Inhalt der\nEntscheidung mit Zustellung am 10. August 2009 Kenntnis erlangt. Die Ruge\nwurde am 14. August 2009 fristgerecht erhoben.\n\n7\n\n \n\nDie Anhorungsruge ist jedoch unbegrundet. Der Senat hat den Anspruch des\nBeklagten auf rechtliches Gehor gemaß § 321a Abs. 1 Ziff. 2 ZPO iVm. Art. 103\nAbs. 1 GG nicht verletzt. Art. 103 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn sich\nzweifelsfrei ergibt, dass ein Gericht seiner Pflicht zur Kenntnisnahme und zur\nErwagung des Vorgetragenen nicht nachgekommen ist (BVerfG, Beschluss vom\n19.10.2004, Az: 2 BvR 779/04, EuGRZ 2004, 656; BGH, Beschluss vom 27.03.2003,\nAz: V ZR 291/02, BGHZ 154, 288). Hier hat der Senat das als ubergangen gerugte\nVorbringen des Beklagten zur Kenntnis genommen und berucksichtigt. Das\nBeklagtenvorbringen wurde auch nicht missverstanden. Der Sinn des Vorbringens\ndes Beklagten wurde vielmehr erfasst. Der Senat hat sich bei der Prufung der\nAnspruchsvoraussetzungen fur die geltend gemachte Werklohnforderung sowohl mit\ndem tatsachlichen als auch mit dem rechtlichen Vorbringen umfassend\nauseinander gesetzt und dieses in seine Wurdigung einbezogen. Eine gebotene\nSachaufklarung ist nicht unterblieben. Dass der Senat, wie der Beklagte meint,\nmehrfach in zentralen Fragen des Streits Beweisantritte des Beklagten\nubergangen und das Recht auf Gewahrung rechtlichen Gehors so in einer an\nRechtsverweigerung grenzenden Weise verletzt hatte, ist nicht ersichtlich.\n\n8\n\n \n\nGrundsatzlich ist davon auszugehen, dass Gerichte ihrer Pflicht, das\nVorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen, nachkommen, auch wenn sie\ndarauf nicht im Einzelnen eingehen (BVerfG, Beschluss vom 1. Februar 1978, Az:\n1 BvR 426/77, BVerfGE 47, 182; BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 2003, Az: 2\nBvR 949/02, RdL 2004, 68; BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2009, Az: V ZR\n105/09, NSW GG Art. 103 - BGH - intern - zitiert nach juris). Die\nEntscheidungsgrunde enthalten gem. § 313 Abs. 3 ZPO nur eine kurze\nZusammenfassung der Erwagungen, auf denen die Entscheidung in tatsachlicher\nund rechtlicher Hinsicht beruht. Es besteht keine Verpflichtung, sich mit\njedem Vorbringen der Parteien in den Entscheidungsgrunden auseinander zu\nsetzen.\n\n9\n\n \n\nDer Beklagte rugt, der Senat habe sich nicht mit dem Vorbringen zum Inhalt der\nVertragsverhandlungen vom 26. August 2006 befasst und das diesbezugliche\nBeweisangebot durch Vernehmung des Zeugen M. S. ubergangen. Der Vortrag und\nder Beweisantrag wurden zur Kenntnis genommen und erwogen. Entgegen der\nAnsicht des Beklagten bestand kein Anlass, den Zeugen zu vernehmen. In\nAbweichung von der Auffassung des Beklagten hat der Senat der schriftlichen\nErklarung des Beklagten vom 14. September 2006, die Zusatzleistungen an\nZubehor und Montage sowie die Gesamtsumme in Hohe von 31.060,00 €\nanzuerkennen, eine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen. Diese\nErklarung lag zeitlich nach der vom 26. August 2006. Sie ist auch, wie\numfassend in den Entscheidungsgrunden dargestellt, weder nichtig noch wirksam\nangefochten worden. Der Senat hat sich mit der Frage der Widerrufbarkeit und\nAnfechtbarkeit der Erklarung vom 14. September 2006 umfassend befasst. Er hat\nausgefuhrt, weshalb in dem deklaratorischen Schuldanerkenntnis vom 14.\nSeptember 2006 keine widerrufliche Erklarung auf Abschluss eines Vertrages\ni.S. § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB liegt. Hiernach ist letztlich nicht\nentscheidungserheblich, zu welchem Zweck der Klager am 14. September 2006 beim\nBeklagten erschienen ist.\n\n10\n\n \n\nSoweit der Beklagte meint, der Senat habe den Vortrag des Beklagten, die\nErklarung vom 14. September 2006 sei im Hinblick auf die Preisliste fur\nZusatzleistungen nicht erforderlich gewesen, eine Ungewissheit uber die\nZusatzleistungen habe nicht bestanden, ubersehen, liegt auch insoweit keine\nVerletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehor vor. Der Senat hat den\ndiesbezuglichen Vortrag erwogen. Er konnte gleichwohl von einer Ungewissheit\nder Parteien uber die Zusatzleistungen ausgehen. In der Vertragsurkunde vom\n26. August 2006 heißt es nur bezuglich der Ziffern 1 bis 5 und damit nur fur\ndie Grundausfuhrung und gerade nicht fur das Dachzubehor, dass diese „mit dem\nBesteller besprochen, im einzelnen ausgehandelt und endgultig festgelegt"\nworden sind.\n\n11\n\n \n\nSoweit der Beklagte weiter rugt, der Senat habe sich nicht damit befasst, dass\nder Klager die Erklarung vom 14. September 2006 nicht unterschrieben hat,\nliegt auch insoweit keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehor vor.\nAuch das diesbezugliche Vorbringen ist nicht ubergangen worden. Es sind\nAusfuhrungen zur konkludenten Annahme der Erklarung durch den Klager in den\nEntscheidungsgrunden des Urteils vom 24. Juli 2009 erfolgt. Richtig ist, dass\nder Senat in den Erklarungen des Beklagten vom 14. September 2006 wegen des\nerkennbaren rechtsgeschaftlichen Verpflichtungswillen ein deklaratorisches\nSchuldanerkenntnis sieht, an das der Beklagte, nachdem die in Rechnung\ngestellten Mengen unbestritten sind, gebunden ist. Dass der Beklagte insoweit\neine andere rechtliche Wertung vornimmt, hat der Senat ebenfalls erkennbar\nerwogen.\n\n12\n\n \n\nEr hat sich, soweit entscheidungserheblich, auch mit dem Vorbringen des\nBeklagten zu den Absprachen vom 26. August 2006 umfassend auseinander gesetzt.\nErkennbar hat der Senat das diesbezugliche Vorbringen des Beklagten nicht auf\nden Inhalt des Schriftsatzes vom 25. Januar 2007, wonach aufgrund der\nErorterung sowohl der Beklagte als auch dessen Vater davon ausgegangen seien,\nsamtliche Dacharbeiten seien zu dem in Rede stehenden Festpreis erledigt,\nreduziert.\n\n13\n\n \n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.\n\n \n\n |
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123,570 | lsgrlp-2010-12-08-l-6-r-24410 | 900 | Landessozialgericht Rheinland-Pfalz | lsgrlp | Rheinland-Pfalz | Sozialgerichtsbarkeit | L 6 R 244/10 | 2010-12-08 | 2018-12-28 11:37:51 | 2019-01-17 11:44:28 | Urteil | ECLI:DE:LSGRLP:2010:1208.L6R244.10.0A | \n\n#### Tenor\n\n \n\n \n\n1\\. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts\nSpeyer vom 18.05.2010 wird zuruckgewiesen.\n\n \n\n2\\. Die Beklagte tragt die außergerichtlichen Kosten des Klagers auf fur das\nBerufungsverfahren.\n\n \n\n3\\. Die Revision wird zugelassen.\n\n#### Tatbestand\n\n \n\n1\n\n \n\nDie Beteiligten streiten daruber, welches Arbeitsentgelt fur das 4.\nKalendervierteljahr 2009 der Berechnung der Altersrente fur schwerbehinderte\nMenschen zu Grunde zu legen ist.\n\n2\n\n \n\nDer Klager war sozialversicherungspflichtig bei der Firma R. GmbH/M. (Firma R)\nbeschaftigt. Mit Bescheid vom 23.06.2003 erkannte ihm das Amt fur soziale\nAngelegenheiten einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 zu. Der Klager schloss\nam 20.11.2003 mit der Firma R eine Altersteilzeitvereinbarung fur den Zeitraum\nvom 01.01.2004 bis einschließlich 31.12.2009 ab. Danach sollte die\nArbeitsphase vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2006 dauern (Ziffer 2.4. der\nAltersteilzeitvereinbarung).\n\n3\n\n \n\nDer Klager beantragte am 01.09.2009 bei der Beklagten die Gewahrung einer\nAltersrente fur schwerbehinderte Menschen fur die Zeit ab dem 01.01.2010. Im\nRahmen der Rentenantragstellung unterzeichnete der Klager am 01.09.2009 eine\nErklarung folgenden Inhalts: "Ich willige ein (sofern ich im Abschnitt\nbeitragspflichtige Einnahmen nichts anders bestimmt habe), dass der\nRentenversicherungstrager zur Beschleunigung des Rentenverfahrens fruhestens\ndrei Monate vor Rentenbeginn eine Meldung der beitragspflichtigen Einnahmen\nfur abgelaufene Zeitraume vom Arbeitgeber anfordert, fur den weiteren Zeitraum\nggf. bis zum Rentenbeginn die entsprechenden voraussichtliche\nbeitragspflichtigen Einnahmen (maximal fur drei Monate) hochrechnet und diese\nder Rentenberechnung zu Grunde legt." Das Formular enthielt dazu den Hinweis,\ndass kurzfristige Unterbrechungen der Beschaftigung im letzten Jahr von\nweniger als einem Kalendermonat sowie Sonderzahlungen in den letzten Monaten\nbis zum Rentenbeginn, die uber die regelmaßigen Einmalzahlungen (wie Urlaubs-\noder Weihnachtsgeld) hinausgingen, bei der Hochrechnung der Arbeitsentgelte\nnicht berucksichtigt werden konnten. Sollten die tatsachlichen\nbeitragspflichtigen Einnahmen von den hochgerechneten Beitragen abweichen,\nkonnten diese erst bei einer spater zu zahlenden Rente berucksichtigt werden.\n\n4\n\n \n\nDie Beklagte berechnete zur Vorbereitung des Rentenbescheides das der\nRentengewahrung zu Grunde zu legende Arbeitsentgelt aus dem Zeitraum vom\n01.10.2009 bis zum 31.12.2009 auf einen Betrag in Hohe von 13.542,00 €. Die\nBeklagte zog dazu das "Bruttoarbeitsentgelt" aus dem Zeitraum vom 01.10.2008\nbis zum 30.09.2009 in Hohe von 54.169,75 € heran. Dieser Betrag setzte sich\naus einem errechneten "Bruttoarbeitsentgelt" fur den Zeitraum vom 01.10.2008\nbis zum 31.12.2008 i.H.v. 14.141,75 € und aus einem vom Arbeitgeber fur die\nZeit vom 01.01. bis zum 30.09.2009 gemeldeten Betrag i.H.v. 40.028,- €\nzusammen. Das "Bruttoarbeitsentgelt" fur den Zeitraum von Oktober bis Dezember\n2008 hatte die Beklagte in der Weise berechnet, dass sie das vom Arbeitgeber\ngemeldete Gesamteinkommen fur das Jahr 2008 i.H.v. 56.567,- € durch 12 Monate\ndividierte und diesen Quotienten anschließend fur den Zeitraum von Oktober bis\nDezember 2008 mit drei (Monaten) multiplizierte (= 56.567,- € x 3/12). Den\nsich aus beiden Zeitraumen dann ergebenden Gesamtbetrag i.H.v. 54.169,75 €\ndividierte die Beklagte durch 360 Tage (ein Jahr) und multiplizierte diesen\nBetrag mit der Anzahl der Tage eines Kalendervierteljahrs (90 Tage) und\nerhielt somit den endgultig fur die Monate Oktober bis Dezember 2009\nhochgerechneten Betrag von 13.542,- €.\n\n5\n\n \n\nMit Bescheid vom 29.10.2009 gewahrte die Beklagte dem Klager fur die Zeit ab\ndem 01.01.2010 eine Altersrente fur schwerbehinderte Menschen. Die monatliche\nRente sollte sich auf 1.536,03 € zuzuglich Zuschuss zum\nKrankenversicherungsbeitrag in Hohe von 107,52 € (= insgesamt 1.643,55 €)\nbelaufen. Die Beklagte legte der Rentengewahrung 59,449 Entgeltpunkte fur 525\nMonate Beitragszeit zu Grunde. Fur den Zeitraum vom 01.10.2009 bis 31.12.2009\nermittelte die Beklagte 0,4386 Punkte (= 13.542,00 € : 30.879,00 €).\n\n6\n\n \n\nGegen diesen Bescheid legte der Klager mit Schreiben vom 11.11.2009\nWiderspruch ein. Zur Begrundung berief er sich u.a. darauf, dass die\nEinmalzahlung fur November in Hohe eines vollen Monatsgehaltes nicht\neingerechnet worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.01.2010 wies die\nBeklagte den Widerspruch des Klagers gegen den Bescheid vom 29.10.2009 zuruck.\nZur Begrundung ihrer Entscheidung berief sich die Beklagte u.a. auf die\nVorschriften des § 70 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und des §\n194 Abs. 1 SGB VI. Bringe der Rentenantragsteller gegenuber dem\nRentenversicherungstrager zum Ausdruck, dass er die Moglichkeit der\nNahtlosigkeit zwischen Beschaftigungsende und Rentenbezug mit Hilfe der\nHochrechnung nicht nutzen wolle, finde § 194 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB VI keine\nAnwendung. Der Klager habe jedoch mit seiner Erklarung vom 01.09.2009\neingewilligt, dass der Rentenversicherungstrager die beitragspflichtigen\nEinnahmen hochrechne und der Rentenberechnung zu Grunde liege. Die\nBerucksichtigung der hochgerechneten Einnahmen von 13.542,00 € entspreche den\ngesetzlichen Regelungen.\n\n7\n\n \n\nDer Klager hat am 12.01.2010 Klage beim Sozialgericht (SG) Speyer erhoben. Zur\nBegrundung hat er sich darauf berufen, dass der Rentenberechnung die\ntatsachlichen beitragspflichtigen Einnahmen, nicht jedoch hochgerechnete\nEinnahmen, zu Grunde gelegt wurden. Der Klager hat die Entgeltabrechnungen\nseines Arbeitnehmers fur die Zeit ab Oktober bis Dezember 2009 vorgelegt (Bl.\n35 bis 37 GA). Dementsprechend hat der Klager im Oktober 2009 Bruttoeinkunfte\nvon 4.204,17 €, im November 2009 Bruttoeinkunfte in Hohe von 8.347,84 € und im\nDezember 2009 Einkunfte in Hohe von 4.204,17 €.\n\n8\n\n \n\nDas SG hat mit Gerichtsbescheid vom 18.05.2010 - S 19 R 20/10 - den Bescheid\nder Beklagten vom 29.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom\n07.01.2010 geandert und die Beklagte verurteilt, dem Klager ab 01.01.2010 eine\nAltersrente fur schwerbehinderte Menschen unter Berucksichtigung des im\nZeitraum vom 01.10.2009 bis zum 31.12.2009 tatsachlich erzielten\nArbeitsentgelts in Hohe von 16.756,00 € unter Anrechnung der gezahlten Renten\nzu gewahren. Zur Begrundung hat das SG u.a. ausgefuhrt, dass die Beklagte die\nRente des Klagers unter Zugrundelegung des im 4. Quartal 2009 tatsachlich\nerzielten Arbeitsentgelts neu zu berechnen habe. Nach der nunmehr geltenden\nFassung des § 194 Abs. 1 Satz 1 SGB VI hatten die Arbeitgeber auf Verlangen\ndes Rentenantragstellers die beitragspflichtigen Einnahmen fur abgelaufene\nZeitraume fruhestens drei Monate vor Rentenbeginn gesondert zu melden. Erfolge\neine solche Meldung, errechne der Rentenversicherungstrager bei Antragen auf\nAltersrenten die voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahmen fur den\nverbleibenden Beschaftigungszeitraum bis zum Rentenbeginn fur bis zu drei\nMonaten nach den in den letzten Kalendermonaten gemeldeten beitragspflichtigen\nEinnahmen. Gemaß § 70 Abs. 4 Satz 1 SGB VI seien, wenn fur eine Rente wegen\nAlters die voraussichtliche beitragspflichtige Einnahme fur den verbleibenden\nZeitraum bis zum Beginn der Rente wegen Alters vom Rentenversicherungstrager\nnach § 194 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 SGB VI errechnet worden sei, fur diese\nRente Entgeltpunkte daraus wie aus der Beitragsbemessungsgrundlage zu\nermitteln. Weiche die tatsachlich erzielte beitragspflichtige Einnahme von der\ndurch den Rentenversicherungstrager errechneten voraussichtlichen\nbeitragspflichtigen Einnahme ab, bleibe sie fur diese Rente außer Betracht.\nBei strenger Beachtung des Gesetzeswortlauts entfiele demnach ein Anspruch des\nKlagers auf Neuberechnung unter Berucksichtigung des tatsachlich erzielten\nEntgelts. Dennoch konne der Klager eine Neuberechnung beanspruchen,\ninsbesondere auch deshalb, weil der auf der beanstandeten Hochrechnung\nberuhende streitgegenstandliche Bescheid nicht bestandskraftig sei. Ob daruber\nhinaus bei zwischenzeitlicher Bestandskraft gleichwohl ein Anspruch auf\nAnpassung unter Anwendung der §§ 44 ff. Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)\nbestehe, konne offen bleiben. Das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom\n16.11.1995 - 4 RA 48/93 -) habe zu der im Wesentlichen gleichen Vorschrift in\n§ 123 Abs. 1 Satz 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) entschieden, dass\ndieser Regelung nicht zu entnehmen sei, dass die einmal erteilte\nEntgeltvorausbescheinigung, die nach der betreffenden Norm der\nRentenberechnung zu Grunde zu legen gewesen sei, jeglicher nachtraglicher\nKorrektur entzogen sei. Auch § 70 Abs. 4 SGB VI, der die Vorschrift des § 123\nAbs. 1 AVG beinahe inhaltsgleich ubernommen habe, diene allein dem Zweck,\neinen moglichst nahtlosen Übergang vom Erwerbsleben in den Rentenbezug\nsicherzustellen. Bereits zu der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung des § 70\nAbs. 4 SGB VI habe auch das Bayerische Landessozialgericht unter Berufung auf\ndie Rechtsprechung des BSG entschieden, dass ein auf der Grundlage des\nhochgerechneten Arbeitsentgelts erlassener Rentenbescheid einer nachtraglichen\nAnpassung nicht verschlossen sei (Bayerisches LSG, Urteil vom 13.08.2008 - L\n13 R 58/08 -). Eine abweichende Auslegung des § 70 Abs. 4 SGB VI sei auch nach\nÄnderung zum 01.01.2008 nicht geboten, denn die Gesetzesanderung sei in\nKenntnis der genannten Rechtsprechung erfolgt; der Gesetzgeber habe die\nGesetzesanderung nicht zum Anlass genommen, diesbezuglich klarstellende\nÄußerungen in den Gesetzesbegrundungen zu machen. Die vom Klager\nunterschriftlich auf dem vorformulierten Rentenantrag erklarte Einwilligung in\ndie Vorgehensweise gemaß den §§ 194 und 70 SGB VI stelle keinen Verzicht im\nSinne von § 46 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) dar. Es\nkonne dahingestellt bleiben, ob die Einmalzahlung im November 2009 eine\nregelmaßige Zahlung im Sinne der unterzeichneten Erklarung darstelle, die\ndanach gerade nicht vom Ausschluss einer spateren Berucksichtigung erfasst\nsein solle. Dafur spreche der Umstand, dass die Zahlung zumindest im November\nder Vorjahre angefallen sei.\n\n9\n\n \n\nGegen den am 25.05.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am\n22.06.2010 Berufung eingelegt.\n\n10\n\n \n\nZur Begrundung beruft sich die Beklagte u.a. darauf, dass keine\nFallgestaltungen, die unter die Regelung des § 70 Abs. 4 SGB VI fallen\nsollten, mehr denkbar waren, wurde die Rechtsauffassung des SG zutreffen. Dem\nvom SG zitierten Urteil des BSG vom 16.11.1995 werde von den\nRentenversicherungstragern im Allgemeinen nicht gefolgt. Zudem sei dieses\nUrteil auch noch zu § 123 AVG ergangen, seit dem 01.01.1992 gelte allerdings\ndas SGB VI. Der Gesetzgeber habe mit der Regelung des § 123 AVG einerseits dem\nAnliegen der Versicherten nach einer fruhzeitig festgestellten Altersrente\nentsprechen, andererseits aber auch die Rentenversicherungstrager davor\nbewahren wollen, Rentenneufeststellungen auf der Grundlage eines ggf. von der\nVorausbescheinigung abweichenden tatsachlichen Entgeltes vornehmen zu mussen.\nZudem habe das BSG 1977 (Urteil vom 19.10.1977 - 4 RJ 151/76 -, BSGE 45, 72)\nbestatigt, dass § 123 Abs. 1 Satz 4 AVG ein Neufeststellungsverbot beinhalte.\nDie genannte Bestimmung sei auch mit Artikel 3 des Grundgesetzes - GG -\nvereinbar. Die vom BSG im Urteil vom 16.11.1995 gerugte Unvereinbarkeit mit\nArtikel 3 Abs. 1 GG sei nicht nachvollziehbar. Vorliegend handele es sich um\neine Rente und nicht um Lohnersatzleistungen, die nur aus dem letzten Entgelt\nberechnet wurden. Renten wurden auf Grund des gesamten Versicherungslebens\nberechnet, so dass der Einfluss einer einmaligen Einnahme, die wegen\nUnvorhersehbarkeit nicht in einer Entgeltvorausberechnung enthalten sei,\nvergleichsweise gering sei, so dass eine Grundrechtswidrigkeit zu verneinen\nsei. Auch der Wortlaut des § 70 Abs. 4 SGB VI in der bis 31.12.2007 geltenden\nFassung und die amtliche Begrundung hierzu belegten eindeutig den\nRegelungswillen des Gesetzgebers, wonach die voraus bescheinigten Einnahmen\nfur die Rente maßgeblich sein sollten. § 48 SGB X konne nicht die Grundlage\ndafur sein, die Altersrente neu feststellen zu mussen. Wurde man jeweils von\neinem Anwendungsfall des § 48 SGB X ausgehen, wenn die endgultigen\nbeitragspflichtigen Einnahmen von den voraus bescheinigten Einkunften\nabwichen, hatte bereits 31.12.2007 etwa in jedem dritten Fall - regelmaßig\nwegen nur geringer Abweichung zum voraus bescheinigten Arbeitsentgelt - eine\nRentenneuberechnung vorgenommen werden mussen. Daruber hinaus beinhalte auch\ndie Nichtvornahme einer Rentenneuberechnung letztlich auch seinen sinnvollen\ndauerhaften Schutz des Rentenberechtigten, bei dem die tatsachliche\nbeitragspflichtige Einnahme niedriger sei als die vorausbescheinigten oder die\nhochgerechneten Einkunfte. Außerdem verursache eine Neufeststellung von\nAltersrenten Verwaltungsaufwand, der von der Versichertengemeinschaft\ninsgesamt zu tragen sei. Sinn und Zweck des § 194 SGB VI i.V.m. § 70 Abs. 4\nSGB VI sei es, dem Anliegen des Versicherten nach einer fruhzeitig\n(verbindlich) festgestellten Altersrente zu entsprechen. Dies erlaube einen\nmoglichst nahtlosen Übergang vom Erwerbsleben zur Rente.\n\n11\n\n \n\nDie Summe der im Zeitraum vom 01.10.2008 bis 30.09.2009 beitragspflichtigen\nArbeitsentgelte in Hohe von 54.169,75 € sei zutreffend berechnet. Hierzu seien\ndie bis zum Hochrechnungszeitraum gemeldeten beitragspflichtigen Einnahmen der\nletzten 12 Kalendermonate berucksichtigt worden. Grundlage fur die\nHochrechnung seien die gemeldeten beitragspflichtigen Einnahmen. Andere\nZeitraume, etwa das gesamte Jahr 2008, konnten nicht zu Grunde gelegt werden,\nda sich insoweit keine gesetzliche Grundlage ergebe. Informationspflichten\nseien nicht verletzt worden, der Klager sei darauf hingewiesen worden, dass\ndie uber die regelmaßigen Einmalzahlungen hinausgehende Sonderzahlung nicht\nbei der Altersrente berucksichtigt werde. Erhielten Rentenantragsteller\ninnerhalb des Hochrechnungszeitraums außergewohnliche Sonderzahlungen, die\nuber die regelmaßigen Einmalzahlungen, z.B. Urlaubs- oder Weihnachtsgeld,\nhinausgingen, blieben diese bei der Hochrechnung unberucksichtigt. Hierauf\nwurden die Antragsteller bei der Beantragung der Altersrente gezielt\nhingewiesen. Auch der Klager sei unter Ziffer 10.4 des Vordruck R 100 befragt\nworden, ob er eine uber die regelmaßigen Einmalzahlungen hinausgehende\nSonderzahlung erwarte. Ferner sei der Klager unter Ziffer 16 darauf\nhingewiesen worden, dass diese Einmalzahlungen bei der Altersrente nicht\nberucksichtigt wurden, wenn er sich fur eine Hochrechnung der Arbeitsentgelte\nentscheiden sollte. Außerdem werde dem Rentenantragsteller eindeutig klar\ngemacht, dass, wenn das hochgerechnete Arbeitsentgelt von dem spater\ntatsachlich erzielten beitragspflichtigen Arbeitsentgelt abweiche, es dennoch\ngrundsatzlich bei der bisherigen Berechnung der Altersrente bleibe. Der Antrag\nauf Rente konne bis zum Eintritt der Bindungswirkung des Rentenbescheids\nzuruckgenommen werden; die Antragsrucknahme schließe auch eine erneute\nRentenantragstellung nicht aus, jedoch seien dann fur diesen neuen Antrag die\nRegelungen des § 99 SGB VI anzuwenden. Ein Rentenbeginn zum ursprunglichen\nZeitpunkt sei dann nicht mehr gegeben. Schließlich habe der Klager die\nMoglichkeit gehabt, auf die gesonderte Meldung nach § 194 Abs. 1 Satz 1 SGB VI\nzu verzichten, wenn er dafur eine Verzogerung zur Feststellung der Renten in\nKauf genommen hatte.\n\n12\n\n \n\nDie Beklagte beantragt,\n\n13\n\n \n\nden Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Speyer vom 18.05.2010 aufzuheben und\ndie Klage abzuweisen.\n\n14\n\n \n\nDer Klager beantragt,\n\n15\n\n \n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n16\n\n \n\nEr halt die angefochtene Entscheidung fur zutreffend und tragt erganzend vor,\ndass er, hatte er das Hochrechnungsverfahren gekannt, der Hochrechnung nie\nzugestimmt hatte.\n\n17\n\n \n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt\nder Gerichts- und Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen; dieser ist\nGegenstand der mundlichen Verhandlung gewesen.\n\n#### Entscheidungsgrunde\n\n \n\n18\n\n \n\nDie gemaß §§ 143 ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulassige Berufung der\nBeklagten ist nicht begrundet.\n\n19\n\n \n\nDas Sozialgericht hat im Ergebnis zu Recht den Bescheid der Beklagten vom\n29.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2010 abgeandert\nund die Beklagte verurteilt, der Berechnung der Altersrente fur\nschwerbehinderte Menschen ab dem 01.01.2010 das im gesamten Jahr 2009\ntatsachlich erzielte Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen.\n\n20\n\n \n\nDer angefochtene Bescheid vom 29.10.2009 in der Gestalt des\nWiderspruchsbescheides vom 07.01.2010 ist bereits deshalb rechtswidrig, weil\ndie dadurch bewilligte Rente fehlerhaft berechnet ist.\n\n21\n\n \n\nGemaß § 64 SGB VI ergibt sich der Monatsbetrag einer Rente, wenn die unter\nBerucksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten personlichen Entgeltpunkte,\nder Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei\nRentenbeginn miteinander vervielfaltigt werden. Nach § 66 Abs. 1 Nr. 1, § 70\nAbs. 1 SGB VI ergeben sich die personlichen Entgeltpunkte fur die Ermittlung\ndes Monatsbetrages der Rente, indem die Summe aller Entgeltpunkte fur u. a.\nBeitragszeiten ermittelt werden. Fur Beitragszeiten werden Entgeltpunkte\nermittelt, indem die Beitragsbemessungsgrundlage durch das\nDurchschnittsentgelt fur dasselbe Kalenderjahr erteilt wird. Fur das\nKalenderjahr des Rentenbeginnes und fur das davorliegende Kalenderjahr wird\nals Durchschnittswert der Betrag zu Grunde gelegt, der fur diese Kalenderjahre\nvorlaufig bestimmt ist. Welche Beitrage zu den beitragspflichtigen Einnahmen\nbei Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschaftigt sind, gehoren, ergibt sich\naus § 162 Nr. 1 SGB VI. Danach ist das Arbeitsentgelt aus der\nversicherungspflichtigen Beschaftigung zu berucksichtigen und Entgeltpunkte\nnur aus den Beschaftigungszeiten zu Beginn der Altersrente zu ermitteln (§ 75\nAbs. 1 SGB VI).\n\n22\n\n \n\nAbweichend hiervon bestimmt § 70 Abs. 4 Satz 1 SGB VI, dass, wenn fur eine\nRente wegen Alters die voraussichtliche beitragspflichtige Einnahme fur den\nverbleibenden Zeitraum bis zum Beginn der Rente wegen Alters vom\nRentenversicherungstrager errechnet worden (§ 194 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz\n2) ist, fur diese Rente Entgeltpunkte daraus wie aus der\nBeitragsbemessungsgrundlage zu ermitteln sind. Diese Vorschrift ist mit Gesetz\nvom 07.09.2007 mit Wirkung zum 01.01.2008 (BGBl. I, S. 2246) neu gefasst und\nan die Neuregelung in § 194 SGB VI angepasst worden. Nach § 194 Abs. 1 SGB VI\nin der ab dem 01.01.2008 geltenden Fassung haben Arbeitgeber auf Verlangen des\nRentenantragstellers die beitragspflichtigen Einnahmen fur abgelaufene\nZeitraume fruhestens drei Monate vor Rentenbeginn gesondert zu melden. § 194\nAbs. 1 Satz. 3 SGB VI regelt, dass, wenn eine Meldung nach Satz 1 erfolgt, der\nRentenversicherungstrager bei Antragen auf Altersrente die voraussichtlichen\nbeitragspflichtigen Einnahmen fur den verbleibenden Beschaftigungszeitraum bis\nzum Rentenbeginn fur bis zu drei Monate nach den in den letzten 12\nKalendermonaten gemeldeten beitragspflichtigen Einnahmen errechnet. Die\nVorschrift dient der Beschleunigung des Rentenverfahrens, weil nicht\nabgewartet werden muss, bis das tatsachlich erzielte Entgelt bescheinigt ist.\n\n23\n\n \n\nIm Falle des Klagers ist die Rentenberechnung auf seinen Antrag hin erfolgt.\nDie Berechnung der Rente des Klagers war jedoch vor dem Hintergrund der oben\nnaher dargestellten Bestimmungen unzutreffend. Insbesondere ist der Beklagten\nbei der Hochrechnung des der Rentengewahrung zu Grunde zu legenden\nBruttoeinkommens fur den Zeitraum vom 01.10.2009 bis zum 31.12.2009 ein Fehler\nunterlaufen. Die Beklagte hat fur diesen Zeitraum einen Betrag i.H.v. 13.542,-\n€ ermittelt; die Hochrechnung dieses Betrages verstoßt jedenfalls gegen die\nRegelung des § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB VI, wonach sich die voraussichtlichen\nbeitragspflichtigen Einnahmen fur die Zeit bis zum Rentenbeginn bis zu drei\nMonaten nach den in den letzten zwolf Kalendermonaten gemeldeten\nbeitragspflichtigen Einnahmen errechnen. Die Beklagte hat zur Hochrechnung des\no.g. Betrages zunachst - was auch nicht zu beanstanden ist - die vom\nArbeitgeber des Klagers fur den Zeitraum vom 01.01. bis zum 30.09.2009\ngemeldeten beitragspflichtigen Einnahmen i.H.v. 40.028,00 € angesetzt.\nAllerdings widerspricht die Berechnung des von der Beklagten fur die Zeit vom\n01.10. bis zum 31.12.2008 angesetzten Betrages i.H.v. 14.141,75 € der Regelung\ndes § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB VI, weil dieser Betrag nicht einem fur diesen\nZeitraum gemeldeten beitragspflichtigen Einkommen entspricht. Die Beklagte hat\nzur Errechnung dieses Betrages (14.141,75 €) das Bruttogesamteinkommen des\nKlagers fur 2008 i.H.v. 2008 i.H.v. 56.567,- € durch 12 Monate dividiert und\ndiesen Quotienten anschließend fur den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2008\nmit drei (Monaten) multipliziert (= 56.567,- € x 3/12). In der Zugrundelegung\ndes Gesamtbruttoeinkommens des Klagers fur das 2008 zur Berechnung eines\nanteilsmaßigen Betrages (IV. Quartal 2008) ist der Verstoß gegen § 194 Abs. 1\nSatz 3 SGB VI zu sehen, weil es auf die beitragspflichtigen Einnahmen der\nletzten zwolf Kalendermonate ankommt, und nicht auf einen errechneten\nmonatlichen Durchschnittsverdienst. Zwar entspricht der Betrag von 56.567,- €\nder Meldung des Gesamtverdienstes des Klagers fur das Jahr 2008 durch den\nArbeitgeber. Das heißt jedoch im Umkehrschluss noch nicht, dass ein\nBruttoeinkommen des Klagers i.H.v. 14.141,75 € gemeldeten beitragspflichtigen\nEinnahmen des Klagers im Zeitraum vom 01.10. bis zum 31.12.2008 entsprechen\nwurde. Es ware hier Aufgabe der Beklagten gewesen, die Hohe der\nbeitragspflichtigen Einnahmen in dem entsprechenden Zeitraum - da hinreichende\nAnzeichen dafur, dass der ermittelte Betrag nicht zutreffen kann, vorlagen\n(Stichwort Weihnachtsgeld/Einmalzahlung) - durch eine gesonderte Meldung zu\nermitteln; da jedoch eine entsprechende Ermittlung nicht stattgefunden hat,\nund die Berucksichtigung eines Betrages i.H.v. 14.141,75 € ebenfalls nur auf\neiner Berechnung beruht, konnte die Beklagte fur den Zeitraum vom 01.10 bis\nzum 31.12.2008 keine fur die letzten zwolf Kalendermonate gemeldeten\nbeitragspflichtigen Einkunfte ansetzen. Demzufolge konnte die Beklagte auch\nnicht die beitragspflichtigen Einkunfte des Klagers fur den Zeitraum vom\n01.10. bis zum 31.12.2009 unter Zugrundelegung von Gesamteinkunften aus der\nZeit vom 01.12.2008 bis zum 30.09.2009 i.H.v. 54.169,75 € auf einen Betrag von\n13.542,- € hochrechnen und (auch) auf der Basis des letztgenannten Betrags die\nRentengewahrung vornehmen. Bereits deshalb ergibt sich ein Anspruch des\nKlagers auf Neuberechnung der dem Klager zustehenden Rente.\n\n24\n\n \n\nAber auch unabhangig davon hat der Klager nunmehr einen Anspruch auf\nBerechnung seiner Rente auf der Grundlage der fur das gesamte Jahr 2009\nbezogenen beitragspflichtigen Einnahmen, so dass auch deshalb die Berufung der\nBeklagten unbegrundet ist.\n\n25\n\n \n\nDer Grund dafur ist nicht, dass es eine (mogliche) Abweichung zwischen einem\nhochgerechneten Betrag und den tatsachlich erzielten beitragspflichtigen\nEinnahmen vorliegt. Denn § 70 Abs. 4 Satz 2 SGB VI sieht vor, dass bei einer\nAbweichung der tatsachlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen von den\ndurch den Rentenversicherungstrager errechneten voraussichtlichen\nbeitragspflichtigen Einnahmen die tatsachlichen Einnahmen fur die betreffende\nRente außer Betracht bleiben. Auf der Grundlage dieser Vorschrift sieht sich\ndie Beklagte nicht in der Lage, eine Neuberechnung nach dem tatsachlich\nerzielten Arbeitsentgelt vorzunehmen. Der Senat halt diese Rechtsansicht auch\nin Kenntnis des Urteils des BSG vom 16.11.1995 (- 4 RA 48/93 -, zit. nach\nJuris, vgl. RdNr. 17 ff) fur zutreffend.\n\n26\n\n \n\nDas BSG hatte in dieser Entscheidung noch zu der Vorgangerregelung in § 123\nAbs. 1 AVG entschieden, dass eine Neufeststellung der Rente\nverfassungsrechtlich geboten ist, wenn das tatsachlich erzielte Entgelt von\ndem vorausbescheinigten abweicht, weil der Normzweck der\nVerfahrensbeschleunigung ein Abweichen von den Strukturprinzipien der\ngesetzlichen Rentenversicherung und dem Äquivalenzprinzip nicht rechtfertige\n(BSG, a.a.O. RdNr. 23). Dieser Rechtsauffassung haben sich zum Teil die\nInstanzgerichte (Bayerisches LSG, Urteil vom 13.08.2008 - L 13 R 58/08 - zit.\nnach Juris RdNr. 17, 18; mit anderer Begrundung Hessisches LSG, Urteil vom\n24.05.2005 - L 5 R 3/05 KN -, zit. nach Juris RdNr. 32 ff) und Teile der\nLiteratur (KassKomm-Polster, § 70 SGB VI RdNr. 17 ff., andere Auffassung\nEiche/Haase/Rauschenbach, Kommentar zum SGB VI., 61. Aufl., § 70 Anm. 6)\nangeschlossen.\n\n27\n\n \n\nAuf der Grundlage der gesetzlichen Regelungen in § 70 Abs. 4 Satz 2 SGB VI\nerscheint dem Senat auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten eine\nBerucksichtigung des tatsachlich erzielten Arbeitsentgeltes ohne weiteres\nnicht moglich. Die Vorschrift bestimmt insoweit eindeutig, dass das nach\nMaßgabe des § 194 SGB VI hochgerechnete Arbeitsentgelt die maßgebliche\nBeitragsbemessungsgrundlage fur die Ermittlung der Entgeltpunkte ist und sich\ndiese Beitragsbemessungsgrundlage auch in dem Fall nicht verandert, wenn das\ntatsachlich erzielte Arbeitentgelt hiervon abweicht. Es handelt sich hierbei\num eine Sonderregelung im Verhaltnis zu § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI. Dass dem\nRentenversicherungsrecht Sonderregelungen bei der Beitragsbemessungsgrundlage\nunabhangig von den tatsachlichen Einnahmen nicht fremd sind, zeigen bereits\ndie Regelungen in §§ 163 ff. SGB VI. Bedingt durch den Umstand, dass die\nBeitragsbemessungsgrundlage sich auch dann aus der hochgerechneten\nEntgeltbescheinigung ergibt, wenn das tatsachliche Arbeitsentgelt hiervon\nabweicht, wird die Berechnung der Altersrente nach Zufluss des tatsachlichen\nArbeitsentgeltes auch nicht rechtswidrig i.S.d. §§ 45, 48 SGB VI.\n\n28\n\n \n\nDie Nichtberucksichtigung des tatsachlich erzielten Arbeitsentgeltes nach § 70\nAbs. 4 Satz 2 SGB VI verstoßt nach Auffassung des Senats auch nicht gegen Art.\n3 GG, der gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit\nist dem Gesetzgeber aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das\nGrundrecht nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen\nNormadressaten verschieden behandelt, obgleich zwischen beiden Gruppen von\nNormadressaten keine Unterschiede von solcher Art und Gewicht bestehen, dass\ndie ungleiche Behandlung gerechtfertigt sein konnte (BVerfG, Beschluss vom\n27.02.2007 - 1 BvL 10/00 -, zit. nach Juris RdNr. 70 ff).\n\n29\n\n \n\nVorliegend ware aber eine unterschiedliche Berechnung der Rente dadurch\ngerechtfertigt, dass der Versicherte aus Grunden der Verfahrensbeschleunigung\ndas Verfahren der Hochrechnung gewahlt hat, das fur ihn in Bezug auf die\nRentenhohe sowohl gunstig als auch nachteilig ausfallen kann. Aus diesen\nGrunden sieht der Senat in der Regelung des § 70 Abs. 4 SGB VI auch eine\nverfassungsrechtlich zulassige Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. d. Art.\n14 Abs. 1 S. 2 GG. Auch unter dem Gesichtspunkt der Systemgerechtigkeit\nerscheint die Regelung nicht verfassungswidrig, obwohl gemaß § 194 Abs. 3 SGB\nVI die Beitrage nach der tatsachlichen beitragspflichtigen Einnahmen erhoben\nwerden, die aber wegen § 70 Abs. 4 Satz 2 SGB VI bei der Leistungsgewahrung\ngerade außer Betracht bleiben. Das zur Verfahrensbeschleunigung zugunsten des\nRentenantragstellers gedachte Verfahren wurde eine solche Abweichung\nrechtfertigen.\n\n30\n\n \n\nMaßgeblicher Grund dafur, dass der Berufung auch der Erfolg versagt ist, ist\nnamlich, dass der Klager mit der Rucknahme seines Antrages auf Stellung der\nVorausbescheinigung die Rechtsgrundlage fur dieses Verfahren ruckwirkend\nentzogen hat, weshalb die Beklagte daher auf der Grundlage der nunmehr\nvorliegenden Meldungen uber das tatsachlich erzielte Arbeitsentgelt die\nAltersrente wegen Schwerbehinderung ab dem 01.01.2010 zu berechnen hat.\n\n31\n\n \n\nDas Verfahren der Vorausbescheinigung setzt einen Antrag des Versicherten\nvoraus, weil nach § 194 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nur auf Verlangen des\nVersicherten eine Hochrechnung nach § 194 SGB VI erfolgen kann. Zwar hat der\nKlager ausgehend von seinem Antrag auf Regelaltersrente am 01.09.2009 das\nVerfahren beantragt, wenn auch die Formulierung: "Ich willige ein…" eher\nmissverstandlich ist. Diesen Antrag hat der Klager aber mit seinem\nWiderspruchsschreiben vom 11.11.2009 ausdrucklich zuruckgenommen, indem er\ngerugt hat, die Berechnung fur das vierte Quartal 2009 sei falsch und z.B. die\nEinmalzahlung fur November 2009 sei einzubeziehen. Damit bringt der Klager\neindeutig zum Ausdruck, dass er mit der tatsachlich vorgenommenen Hochrechnung\nnicht einverstanden ist und eine den tatsachlichen Gegebenheiten entsprechende\nBerechnung begehrt. Die Rucknahme des Antrages war zu diesem Zeitpunkt auch\nnoch moglich gewesen, weil der Rentenbewilligungsbescheid vom 29.10.2009, in\ndem erstmalig das hochgerechnete Arbeitsentgelt der Berechnung zu Grunde\ngelegt wurde, noch nicht bestandskraftig war und der Versicherte grundsatzlich\nbis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens seinen Antrag zurucknehmen kann\n(BSG, Urteil vom 09.08.1995 - 13 RJ 43/93 -, zit. nach Juris RdNr. 25 ff).\nDiese Rechtsauffassung verstoßt auch nicht gegen rentenversicherungsrechtliche\nGrundsatze. Wie die Regelungen in § 34 Abs. 4 SGB VI zeigen, hat der\nVersicherte grundsatzlich bis zur bindenden Bewilligung einer Rente wegen\nAlters noch Gestaltungsmoglichkeiten.\n\n32\n\n \n\nNach alledem ist die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des SG\nSpeyer vom 18.05.2010 zuruckzuweisen.\n\n33\n\n \n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des\nVerfahrens.\n\n34\n\n \n\nDie Revision wird wegen grundsatzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen\n(§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).\n\n |
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123,607 | lagrlp-2010-12-06-7-ta-19910 | 899 | Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz | lagrlp | Rheinland-Pfalz | Arbeitsgerichtsbarkeit | 7 Ta 199/10 | 2010-12-06 | 2018-12-28 11:38:14 | 2019-01-17 11:44:30 | Beschluss | ECLI:DE:LAGRLP:2010:1206.7TA199.10.0A | #### Tenor\n\n \n\nDie sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des\nArbeitsgerichts Kaiserslautern vom 06.05.2010, Az.: 7 Ca 573/10 wird\nkostenpflichtig zuruckgewiesen.\n\n \n\nDie Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.\n\n#### Grunde\n\n1\n\n \n\n**I.** Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe fur\neine Zahlungsklage.\n\n2\n\n \n\nDer Antragsteller, der rumanischer Staatsangehoriger ist, unterzeichnete am\n10.05.2009 zusammen mit dreißig anderen rumanischen Handwerkern einen Vertrag\nzur Bildung einer Arbeitsgemeinschaft. Diese Arbeitsgemeinschaft, vorliegend\ndie Antragsgegnerin zu 1), fuhrte als letztes Glied in einer\nGeneral-/Subunternehmerkette Bauarbeiten beim Neubau eines mehrstockigen\nBettenhauses auf dem Gelande des Z Kaiserslautern durch. Der Antragsteller\nwurde dabei als Einschaler auf der Baustelle tatig und die Antragsgegnerin zu\n1) zahlte an ihn zumindest einen Betrag in Hohe von 1.700,00 EUR (netto) aus.\n\n3\n\n \n\nDie Antragsgegnerin zu 2) ist ein Bauunternehmen, das bei der Bauabwicklung\nals Subunternehmerin der Antragsgegnerin zu 3), die Generalunternehmerin ist,\ntatig wurde. Ob die Antragsgegnerin zu 2) die Antragsgegnerin zu 1) mit der\nAusfuhrung von Betonarbeiten bei dem Bauvorhaben unmittelbar beauftragte oder\ndie Firma Y GmbH zwischenschaltete, die dann ihrerseits die Antragsgegnerin zu\n1) beauftragte, ist streitig.\n\n4\n\n \n\nAufgrund von Ermittlungen hat sich fur das Hauptzollamt Saarbrucken der\nVerdacht ergeben, dass unter anderem der als "Geschaftsfuhrer" der\nAntragsgegnerin zu 1) agierende X in der Zeit vom Mai 2009 bis November 2009\nals Arbeitgeber die weiteren rumanischen Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft\nbeschaftigte, ohne Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben abzufuhren.\nNachdem das Hauptzollamt der Antragsgegnerin zu 3) untersagt hatte, die\nBauarbeiten mit den rumanischen Handwerkern weiterzufuhren, sprach diese\ngegenuber der Antragsgegnerin zu 2) ein Baustellenverbot fur die auf der\nBaustelle eingesetzten rumanischen Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft aus.\nDiese wurden anschließend nicht mehr tatig.\n\n5\n\n \n\nDer Antragsteller fullte Stundennachweisformulare fur die Zeit vom 19.09.2009\nbis 30.11.2009 aus.\n\n6\n\n \n\nAm 14.04.2010 hat er einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter\nBeiordnung einer Rechtsanwaltin beim Arbeitsgericht Kaiserslautern\neingereicht. Dem Prozesskostenhilfeantrag ist ein Klageentwurf beigefugt\ngewesen, der als solcher in dem Gesuch ausdrucklich bezeichnet worden ist. Des\nWeiteren hat der Antragsteller seinem Prozesskostenhilfegesuch eine Erklarung\nuber die personlichen und wirtschaftlichen Verhaltnisse beigefugt, allerdings\ndie in dem entsprechenden Formular enthaltene Frage, ob eine\nRechtsschutzversicherung oder andere Stelle/Person die Kosten der\nProzessfuhrung trage, mit "Ja, in voller Hohe" beantwortet.\n\n7\n\n \n\nIn dem Klageentwurf hat der Antragsteller folgende beabsichtigten Klageantrage\nmitgeteilt:\n\n8\n\n \n\nDie Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Klager 8.677,14\nEUR nebst Zinsen in Hohe von 5 Prozentpunkten uber dem Basiszinssatz seit dem\n22.12.2009 aus 4.072,68 EUR und ab Rechtshangigkeit aus 4.604,46 EUR abzuglich\ngezahlter 1.900,00 EUR zu zahlen.\n\n9\n\n \n\nDie Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Klager die (noch zu beziffernde)\nDifferenz aus Mindestlohnzahlung zu Nettolohnvereinbarung nebst Zinsen in Hohe\nvon 5 Prozentpunkten uber dem Basiszinssatz ab Rechtshangigkeit zu zahlen.\n\n10\n\n \n\nZur Begrundung hat er im Wesentlichen ausgefuhrt,\n\n11\n\n \n\nMit dem Antrag zu 1. werde von den drei Antragsgegnerinnen als Gesamtschuldner\neine Zahlung in Hohe des nach § 14 AEntG zu zahlenden Mindestentgeltes\nverlangt. Die Antragsgegnerin zu 1) schulde diese Leistung aufgrund der\nTatsache, dass zwischen ihr und dem Antragsteller ein Arbeitsverhaltnis\nbestanden habe und zuvor die Zahlung eines Monatslohnes von 2.500,00 EUR fur\n240 Monatsstunden, mithin ein Stundenlohn in Hohe von 10,42 EUR netto\nvereinbart worden sei.\n\n12\n\n \n\nDer Antragsteller habe, entsprechend den beim Arbeitsgericht eingereichten\nschriftlichen Stundennachweisen, in der Zeit vom 19.09.2009 bis 30.11.2009\ninsgesamt wahrend 554 Stunden gearbeitet und dabei im Monat Oktober 2009 90\nund im Monat November 2009 49 Überstunden abgeleistet. Des Weiteren stehe ihm\nnoch Urlaubsvergutung in Hohe von 1.082,27 EUR zu.\n\n13\n\n \n\nGegenuber den Antragsgegnerinnen zu 2) und 3) beruhe der mit dem Klageantrag\nzu 1. verfolgte Entgeltzahlungsanspruch auf deren Haftung aus § 14 AEntG. Der\ntariflich geschuldete Mindestlohn belaufe sich fur ihn als Einschaler auf\n12,90 EUR. Fur die geleisteten Überstunden sei ein tariflicher\nÜberstundenzuschlag in Hohe von 25% zu zahlen. Von dem sich ergebenden\nMindestbruttolohn sei die Zahlung von 1.700,00 EUR netto, die er von der\nAntragsgegnerin zu 1) erhalten habe sowie der weitere Betrag von 200,00 EUR,\nden er vom Z bezogen habe, in Abzug zu bringen.\n\n14\n\n \n\nMit dem Klageantrag zu 2. werde der allein von der Antragsgegnerin zu 1) als\nArbeitgeberin geschuldete Zahlungsbetrag aus der getroffenen\nNettolohnvereinbarung geltend gemacht. Von diesem Betrag sei der Nettobetrag,\nder sich aus dem bereits aufgrund des Klageantrages zu 1. zu leistenden\nBruttobetrages in Hohe des Mindestlohnes in Abzug zu bringen.\n\n15\n\n \n\nDie Antragsgegnerinnen zu 1) bis 3) haben unter anderem das Vorliegen einer\nArbeitnehmereigenschaft auf Seiten des Antragstellers, die tatsachliche\nAbleistung der behaupteten Arbeitsstunden sowie das Zustandekommen der\nbehaupteten Nettolohnvereinbarung bestritten.\n\n16\n\n \n\nDas Arbeitsgericht Kaiserslautern hat mit Beschluss vom 06.05.2010 den Antrag\nauf Bewilligung von Prozesskostenhilfe fur den eingereichten Klageentwurf\nzuruckgewiesen. Zur Begrundung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im\nWesentlichen ausgefuhrt, unter Beachtung von § 114 ZPO habe dem\nProzesskostenhilfegesuch nicht stattgegeben werden konnen.\n\n17\n\n \n\nDer beabsichtigten Klage fehle es an hinzureichender Aussicht auf Erfolg. Bei\ndem mit dem Klageantrag zu 1) geltend gemachten Zahlungsbetrag sei unklar, ob\nes sich um einen Brutto- oder Nettobetrag handele. Der Antragsteller habe\ndaruber hinaus nicht substantiiert dargelegt, mit wem hinsichtlich der\nAntragsgegnerin zu 1) und aufgrund welcher Tatsachen ein Arbeitsvertrag\ngeschlossen worden sei.\n\n18\n\n \n\nAuch habe der Antragsteller nicht substantiiert ausgefuhrt, welches\nMindestnettoentgelt ihm aus § 14 AEntG zustehe.\n\n19\n\n \n\nDie mit dem Klageantrag zu 2) beabsichtigte unbezifferte Leistungsklage sei\nunzulassig, da nicht ersichtlich sei, weshalb dem Antragsteller eine\nBezifferung nicht moglich sei.\n\n20\n\n \n\nDer Antragsteller, dem diese Entscheidung des Arbeitsgerichts am 12.07.2010\nzugestellt worden ist, hat am 10.08.2010 sofortige Beschwerde eingelegt.\n\n21\n\n \n\nDer Antragsteller macht dabei geltend,\n\n22\n\n \n\nbei allen in den beabsichtigten Klageantragen enthaltenen Zahlungsanspruchen\nhandele es sich um Bruttobetrage. Falls er lediglich den Mindestnettolohn\nverlangen wurde, musste er hinnehmen, dass die Hohe der zu zahlenden\nEinkommenssteuer ungewiss sei und zum spateren Zeitpunkt der Zahlung die\nLeistung dieser Steuern im Rahmen einer erneuten Klage geltend gemacht werden\nmusse.\n\n23\n\n \n\nDie Durchgriffshaftung gemaß § 14 AEntG umfasse neben dem Nettoentgelt auch\ndie Sozialkassenbeitrage und stelle als Bruttobetrag fur alle Parteien die\nverlasslichste Berechnungsgroße dar.\n\n24\n\n \n\nIm Übrigen belaufe sich sein Nettomindestlohnanspruch auf 2.968,46 EUR.\nAusgehend von einer Berechnung aus dem Monat August 2010 ergebe sich aus dem\ngeltend gemachten Bruttobetrag in Hohe von 8.677,14 EUR ein Nettobetrag in\nHohe von 4.868,46 EUR, von dem die 1.700,00 EUR, welche er von der\nAntragsgegnerin zu 1) erhalten habe, sowie eine Zahlung der Bauherrin in Hohe\nvon 200,00 EUR in Abzug zu bringen seien.\n\n25\n\n \n\nSein Vortrag zu der dargelegten Lohnvereinbarung sei hinreichend\nsubstantiiert, zumal der Geschaftsfuhrer der Antragsgegnerin zu 1) die\narbeitsvertragliche Abrede nicht bestritten habe; er habe lediglich behauptet,\ndass von Stundenlohn keine Rede gewesen sei.\n\n26\n\n \n\nDie mit dem Klageantrag zu 2. beabsichtigte unbezifferte Leistungsklage sei\nzulassig. Der Antragsteller habe gegenuber der Antragsgegnerin zu 1) einen\nNettolohnanspruch in Hohe von 5.772,68 EUR; hiervon sei der berechnete\nMindestnettolohnanspruch in Hohe von 2.968,46 EUR in Abzug zu bringen, so dass\nnoch ein Betrag in Hohe von 2.804,22 EUR geschuldet sei.\n\n27\n\n \n\nWegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegrundung des Antragstellers\nwird auf dessen Schriftsatz vom 10.08.2010 Bezug genommen.\n\n28\n\n \n\nDer Antragssteller beantragt,\n\n29\n\n \n\n**ihm f ur die erste Instanz ruckwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung\nProzesskostenhilfe zu gewahren und die Unterzeichnende als Rechtsanwaltin\nbeizuordnen.**\n\n30\n\n \n\nDie Beteiligten zu 2) und 3) haben dem Inhalt der Beschwerdebegrundung\nschriftsatzlich widersprochen.\n\n31\n\n \n\nDas Arbeitsgericht Kaiserslautern hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss\nvom 24.08.2010 nicht abgeholfen und dabei unter anderem auch ausgefuhrt, dass\ndie vom Antragsteller geltend gemachten vermeintlichen Lohnanspruche fur die\nMonate September bis einschließlich November 2009 zwischenzeitlich gemaß § 2\nAbs. 5 in Verbindung mit Abs. 4 des Tarifvertrages zur Regelung der\nMindestlohne im Baugewerbe ab dem 01.09.2009 (im Folgenden: TV Mindestlohn)\nverfallen seien.\n\n32\n\n \n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den\nAkteninhalt und insbesondere auf die von den Beteiligten eingereichten\nSchriftsatze nebst Anlagen verwiesen.\n\n33\n\n \n\n**II.** Die sofortige Beschwerde ist gemaß §§ 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2 Satz\n2 und 3 ZPO zulassig, da sie form- und fristgerecht eingelegt worden ist.\n\n34\n\n \n\nDas Rechtsmittel ist aber nicht begrundet, da das Arbeitsgericht zu Recht die\nbeantragte Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes versagt\nhat. Dies folgt daraus, dass auch im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung die\nrechtlichen Bewilligungsvoraussetzungen des § 114 ZPO nicht erfullt waren.\n\n35\n\n \n\nNach dieser gesetzlichen Regelung erhalt eine Partei, die nach ihren\npersonlichen und wirtschaftlichen Verhaltnissen die Kosten der Prozessfuhrung\nnicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe,\nwenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende\nAussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.\n\n36\n\n \n\nEs fehlt vorliegend an einer hinreichenden Erfolgsaussicht fur die\nbeabsichtigten Klageantrage.\n\n37\n\n \n\n1\\. Soweit der Antragsteller mit dem Klageantrag zu Ziffer 1. die drei\nAntragsgegnerinnen auf eine gesamtschuldnerische Zahlung in Hohe des\nMindestentgeltes aus § 14 AEntG in Anspruch nehmen will, steht dem entgegen,\ndass insoweit zwischenzeitlich ein Verfall des Anspruchs nach § 7 Abs. 1 AEntG\ni.V.m. § 2 Abs. 5 und 4 TV Mindestlohn eingetreten ist. Nach § 2 Abs. 5 TV\nMindestlohn mussen Mindestlohnanspruche innerhalb von sechs Monaten nach\nFalligkeit gerichtlich geltend gemacht werden, wenn sie nicht verfallen\nsollen. Gemaß § 2 Abs. 4 S. 1 TV Mindestlohn wird der Anspruch auf Mindestlohn\nspatestens am 15. des Monats fallig, der auf den Monat folgt, fur den er zu\nzahlen ist.\n\n38\n\n \n\nVorliegend waren demnach die Mindestlohnanspruche des Antragstellers\nspatestens am 15.12.2009 fallig geworden und dementsprechend spatestens mit\nAblauf des 15.06.2010 verfallen. Die Falligkeit eines etwaigen\nUrlaubsabgeltungsanspruches kann hierbei dahinstehen, da dieser sowieso nicht\ngegenuber den Antragsgegnerinnen, sondern gemaß § 8 Ziffer 6.2 des\nallgemeinverbindlichen Bundesrahmentarifvertrages fur das Baugewerbe vom\n04.07.2002 allenfalls gegenuber der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes\nbesteht.\n\n39\n\n \n\nOb der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter gleichzeitiger\nEinreichung eines Klageentwurfes ausreicht, um eine gerichtliche\nGeltendmachung im Sinne der Verfallfristenreglung bejahen zu konnen, wird von\ndem Landesarbeitsgericht Koln (Urt. v. 08.10.1997 - 2 Sa 587/97 = LAGE § 4 TVG\nAusschlussfrist Nr. 45) und dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen (Beschl. v.\n25.03.1999 - 16 aTa 119/99 = LAGE § 4 TVG Ausschlussfrist Nr. 50)\nunterschiedlich beantwortet. Selbst wenn vorliegend die dem Antragsteller\ngunstigste Rechtsprechung zu Grunde gelegt wird, ware es im konkreten Fall\naber bislang nicht zu einer wirksamen gerichtlichen Geltendmachung gekommen.\nDenn auch das Landesarbeitsgericht Niedersachsen verlangt fur eine solche\nGeltendmachung, dass ein bewilligungsfahiger Antrag einschließlich eines\nKlageentwurfes und der Unterlagen uber die personlichen und wirtschaftlichen\nVerhaltnisse des Antragstellers vor Ablauf der tariflichen Ausschlussfrist dem\nGericht vorliegen. Diese Voraussetzung ist aber schon deshalb nicht erfullt,\nweil der Antragsteller eine bewilligungsfahige Erklarung uber seine\npersonlichen und wirtschaftlichen Verhaltnisse zusammen mit dem Klageentwurf\nnicht eingereicht hat. In der Erklarung des Antragstellers wurde namlich die\nFrage, ob eine Rechtsschutzversicherung oder eine Gewerkschaft die Kosten der\nProzessfuhrung ubernimmt, mit "Ja", in voller Hohe" beantwortet. Die Antwort\nsteht in Widersprich zu seinem Prozesskostenhilfebegehren, das bei einer\nKostenubernahme keinen Erfolg haben kann.\n\n40\n\n \n\n2\\. Wenn der Antragsteller mit dem Klageantrag zu 1) gegenuber der\nAntragsgegnerin zu 1) nicht Mindestlohnanspruche aus § 14 AEntG, sondern\nArbeitsentgelt- und Urlaubsabgeltungsanspruche aus arbeitsvertraglicher\nVereinbarung (§ 611 Abs. 1 BGB) geltend machen will, ist sein Sachvortrag\nnicht schlussig. Bei der Antragsgegnerin zu 1) handelt es sich um eine\nArbeitsgemeinschaft im Baugewerbe, die rechtlich eine Gesellschaft des\nBurgerlichen Rechts bildet. Auch der Antragsteller ist Gesellschafter der\nAntragsgegnerin zu 1) und hat als solcher Erganzungen bzw. Änderungen des\nArbeitsgemeinschaftsvertrages vom 10.05.2009 unterzeichnet.\n\n41\n\n \n\nFur das vom Antragsteller behauptete Zustandekommen eines Arbeitsverhaltnisses\ngibt es vor diesem Hintergrund drei denkbare Ansatzpunkte, die aber vorliegend\nalle nicht in schlussiger Weise zur Entstehung des Zahlungsanspruches fuhren.\n\n42\n\n \n\na) Zum Einen konnte ausdrucklich die Zahlung eines Arbeitsentgeltes in Hohe\nvon 2.500,00 EUR fur eine Arbeitsleistung von 60 Wochenstunden vereinbart\nworden sein. Die dementsprechende pauschale Behauptung des Antragstellers\nwurde von dem geschaftsfuhrenden Gesellschafter der Antragsgegnerin zu 1) X\nals unwahr und schlichtweg gelogen bezeichnet. Seinen Ausfuhrungen nach\nsollten die von dem Auftraggeber uberwiesenen Honorare nach Abzug aller Kosten\nentsprechend dem Gesellschaftervertrag auf die Konten der Gesellschafter\nuberwiesen werden. Der Antragsteller hat es versaumt, im Anschluss an dieses\nBestreiten Ort, Zeit, Inhalt und Zusammenhang etwaiger Gesprache uber einen\nArbeitsvertrag unter Beweisantritt konkret darzulegen.\n\n43\n\n \n\nb) Zum Anderen konnte zwischen den Gesellschaftern ein unwirksamer\nGesellschaftsvertrag geschlossen worden sein, bei dem es sich bei zutreffender\nrechtlicher Wurdigung um einen Arbeitsvertrag handelt. Dann ware aber die\nAntragsgegnerin zu 1), mangels wirksamen Gesellschaftsvertrages als\nGesellschaft nicht zustande gekommen und wurde des Weiteren auch als mogliche\nKlagegegnerin ausfallen.\n\n44\n\n \n\nc) Schließlich konnte zwischen der Antragsgegnerin zu 1), diese vertreten\ndurch den geschaftsfuhrenden Gesellschafter X und dem Antragsteller ein\nArbeitsverhaltnis durch die tatsachliche Umsetzung des Gesellschaftsvertrages\nzustande gekommen sein, wobei der Antragsteller Weisungen von Herrn X\nhinsichtlich Zeit, Ort und Inhalt seiner Arbeitsleistung bekommen haben\nmusste. Hierzu tragt der Antragsteller aber keine konkreten,\neinlassungsfahigen Tatsachen vor. Vielmehr behauptet er in seinem\nKlageentwurf, das Weisungsrecht habe - unabhangig von der taglichen\nÜbermittlungskette - vollumfanglich bei den Polieren der Antragsgegnerin zu 3)\ngelegen. Hiermit lassen sich aber Zahlungsanspruche aus der tatsachlichen\nAbwicklung des Vertragsverhaltnisses nicht schlussig begrunden.\n\n45\n\n \n\n3\\. Fur den Klageantrag zu Ziffer 2. folgt das Fehlen einer hinreichenden\nErfolgsaussicht bereits daraus, dass der Antragsteller einen unbezifferten\nLeistungsantrag stellen will, obwohl er, wie sich aus der Beschwerdebegrundung\nergibt, die begehrte Leistung beziffern kann. In einem solchen Fall liegt kein\nhinreichend bestimmter Antrag im Sinn von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vor. Es fuhrt\nauch nicht weiter, wenn der Antragsteller in seiner Beschwerdebegrundung\nnunmehr einen bezifferten Betrag nennt, zumal er im ubrigen an den\nangekundigten Antragen festhalt.\n\n46\n\n \n\nNach alledem war die sofortige Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1\nZPO zuruckzuweisen.\n\n47\n\n \n\nFur die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlte es unter Berucksichtigung von §§\n78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begrundeten Anlass\n\n |
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123,805 | lagrlp-2010-09-29-1-ta-18910 | 899 | Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz | lagrlp | Rheinland-Pfalz | Arbeitsgerichtsbarkeit | 1 Ta 189/10 | 2010-09-29 | 2018-12-28 11:40:11 | 2019-01-17 11:44:42 | Beschluss | ECLI:DE:LAGRLP:2010:0929.1TA189.10.0A | #### Tenor\n\n \n\n \n\nDie Beschwerde der Beschwerdefuhrerin gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des\nArbeitsgericht Mainz vom 11.08.2010 - 10 BV 20/10 - wird auf Kosten der\nBeschwerdefuhrerin zuruckgewiesen.\n\n \n\nEin Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.\n\n#### Grunde\n\n \n\n \n\n**I.**\n\n1\n\n \n\nDie beschwerdefuhrende Arbeitgeberin war Antragstellerin in dem\nBeschlussverfahren 10 BV 20/10. Sie begehrt die Festsetzung eines niedrigeren\nGegenstandswertes fur die Verfahrensbevollmachtigten der Beteiligten dieses\nVerfahrens.\n\n \n\n2\n\n \n\nDie Arbeitgeberin beantragte in dem vorliegenden Beschlussverfahren die\nErsetzung der fehlenden Zustimmung des Betriebsrates zur Kundigung eines\nArbeitnehmers. Dieser war bei der Arbeitgeberin seit dem 01.06.1988 zu einer\nBruttomonatsvergutung von zuletzt 3.845,- Euro beschaftigt. Es war zwischen\nArbeitgeberin und Betriebsrat streitig, ob die Regelung des § 15 Nr. 5\nManteltarifvertrag Einzelhandel Rheinland-Pfalz eine Zustimmung des\nBetriebsrates zur Kundigung uberhaupt erforderte. Rein vorsorglich hat die\nArbeitgeberin das vorliegende Beschlussverfahren betrieben.\n\n \n\n3\n\n \n\nDie Arbeitgeberin hat nach interner Einigung mit dem Arbeitnehmer den Antrag\nauf Ersetzung der Zustimmung zuruckgenommen.\n\n \n\n4\n\n \n\nNach Anhorung hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert der\nVerfahrensbevollmachtigten der Beteiligten mit Beschluss vom 11.08.2010 auf\n11.535,- Euro festgesetzt. Dies entspricht der Summe von drei\nBruttomonatsgehaltern des gekundigten Arbeitnehmers.\n\n5\n\n \n\nGegen diesen dem Verfahrensbevollmachtigten der Arbeitgeberin am 13.08.2010\nzugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin mit einem am 24.08.2010 bei\nGericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und die Festsetzung\neines Gegenstandswerts von 4.000,- Euro begehrt. Zur Begrundung fuhrt die\nBeschwerdefuhrerin aus, es handele sich bei dem vorliegenden Verfahren um\neinen nichtvermogensrechtlichen Streit. Es sei daher auf den\nRegelgegenstandstandswert des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG abzustellen.\n\n \n\n6\n\n \n\nDas Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Verweis auf die Rechtsprechung des\nBeschwerdegerichts nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht\nzur Entscheidung vorgelegt.\n\n \n\n \n\n**II.**\n\n7\n\n \n\nDie Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft und zulassig. Sie wurde\ninsbesondere fristgerecht nach § 33 Abs. 3 RVG eingelegt und der\nBeschwerdewert ubersteigt den Betrag von 200,- Euro.\n\n8\n\n \n\nIn der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht\neinen Gegenstandswert in Hohe von 3 Bruttomonatsgehaltern des gekundigten\nArbeitnehmers festgesetzt.\n\n \n\n9\n\n \n\nGemaß § 33 Abs. 1 i.V.m. § 23 Abs. 2 RVG war der Gegenstandswert nach § 23\nAbs. 3 S. 2 RVG zu bestimmen. Die Regelung des § 23 Abs. 1 RVG findet\nvorliegend keine Anwendung, da in Beschlussverfahren gem. § 2 Abs. 2 GKG\ni.V.m. den §§ 2 a, 80 ff. ArbGG keine Gerichtskosten erhoben werden.\n\n10\n\n \n\nIm Streitfalle handelt es sich um eine nichtvermogensrechtliche Streitigkeit\ni.S.v. § 23 Abs. 3 S. 2 GKG, weil die Arbeitgeberin die tariflich vorgesehene\nZustimmung des Betriebsrates zur beabsichtigten Kundigung eines Arbeitnehmers\nvom Arbeitsgericht ersetzt haben wollte. Hierbei handelt es sich um ein\nahnliches Verfahren wie in § 103 BetrVG. Der Streit zwischen Arbeitgeberin und\nBetriebsrat geht nicht um Geld oder Geldwertes. Nach standiger Rechtsprechung\ndes Beschwerdegerichts handelt es sich bei dem in § 23 Abs. 3 S. 2 Halbsatz 2\nRVG genannten Wert von 4.000,- Euro gerade nicht um einen Regelwert, was sich\nbereits aus der gesetzlichen Formulierung ergibt (vgl. LAG Rheinland-Pfalz,\nBeschl. v. 01.03.2010 - 1 Ta 24/10). Grundsatzlich ist nach § 23 Abs. 3 S. 2\nHalbsatz 2 RVG der Gegenstandswert bei nichtvermogensrechtlichen\nStreitigkeiten nach billigem Ermessen zu bestimmen. Nur in Ermangelung\ngenugender tatsachlicher Anhaltspunkte fur eine Schatzung ist der\nGegenstandswert ausgehend von 4.000,- Euro, je nach Lage des Falles auch\nniedriger oder hoher zu bestimmen.\n\n11\n\n \n\nBei dem hier zu bewertenden Rechtsstreit bestehen tatsachliche Anhaltspunkte\nfur eine Schatzung des Gegenstandswertes unter Berucksichtigung der Wertungen\ndes § 42 Abs. 3 S. 1 GKG. Fur das ahnlich gelagerte Verfahren nach § 103 Abs.\n2 BetrVG ist anerkannt, dass es fur ein spateres individualarbeitsrechtliches\nKundigungsschutzverfahren eine weitgehende prajudizielle Wirkung hat, was bei\nder Festsetzung seines Wertes nicht unberucksichtigt bleiben kann. Das\nArbeitsgericht uberpruft bereits im Beschlussverfahren nach § 103 Abs. 2\nBetrVG die Wirksamkeit der Kundigung in vollem Umfang, so dass eine nach\nErsetzung der Zustimmung durch das Arbeitsgericht und der Kundigung durch den\nArbeitgeber folgende Kundigungsschutzklage des Arbeitnehmers nur noch mit dem\nVorbringen, die Kundigungserklarung habe formelle Mangel oder mit dem\nEinfuhren neuer Tatsachen zu den Kundigungsgrunden Erfolg haben kann (vgl.\nErfKomm/Kania, 10. Aufl., § 103 BetrVG, Rn. 15). Fur die Überprufung des\nKundigungsgrundes und der Einhaltung der Kundigungsfrist nach § 626 Abs. 2 BGB\nhat die rechtskraftige Ersetzung der Zustimmung durch das Arbeitsgericht\nweitgehend prajudizielle Wirkung (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 15. 8. 2002 - 2\nAZR 214/01, NJW 2003, 1204; Urteil vom 11.05.2000 - 2 AZR 276/99, NZA 2000,\n1106).\n\n12\n\n \n\nEs geht daher in der uberwiegenden Zahl der Falle bereits im Verfahren nach §\n103 Abs. 2 BetrVG maßgeblich um den Fortbestand des Arbeitsverhaltnisses und\nnicht ausschließlich um Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats. Die fur\nVerfahren mit diesem Gegenstand vorgesehene Sonderregelung des § 42 Abs. 3 GKG\nmuss somit auch bei der Ausubung des nach § 23 Abs. 3.S. 2 RVG eingeraumten\nbilligen Ermessens Berucksichtigung finden (so bereits LAG Rheinland-Pfalz,\nBeschl. v. 30.03.2004 - 2 Ta 69/04; Beschl. v. 23.03.2000 - 5 Ta 223/99). Dass\nsich die Prajudizialitat des Beschlussverfahrens nach § 103 BetrVG nicht auf\nalle Unwirksamkeitsgrunde einer Kundigung bezieht, rechtfertigt keinen\nAbschlag bei der Anzahl der anzusetzenden Bruttomonatsgehalter (so jedoch LAG\nSchleswig-Holstein, Beschl. v. 27.04.2007 - 1 Ta 178/06). Denn zum einen ist\nin die Bewertung des Gegenstands der anwaltlichen Tatigkeit auch der Streit um\ndas Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates einzubeziehen und zum anderen reicht\ndie Prajudizialitat des Beschlussverfahrens so weit, dass eine spatere\nKundigungsschutzklage nur in Ausnahmefallen uberhaupt noch Erfolg haben kann.\nEs ist daher angemessen, die Wertung des § 42 Abs. 3 S. 1 GKG voll zu\nberucksichtigen und das billige Ermessen i.S.v. § 23 Abs. 3 S. 2 Halbsatz 1\nRVG daran zu orientieren. Eines Ruckgriffs auf den Hilfswert von 4.000,- Euro\nbedarf es gerade nicht. Damit ist in einem Verfahren nach § 103 BetrVG auf den\nVierteljahresverdienst des zu kundigenden Arbeitnehmers abzustellen.\n\n \n\n13\n\n \n\nZwar verkennt das Beschwerdegericht nicht, dass vorliegend nicht § 103 BetrVG,\nsondern die tarifliche Sonderregelung von § 15 Nr. 5 des Manteltarifvertrages\nEinzelhandel Rheinland-Pfalz anwendbar war. Diese Vorschrift wirft erhebliche\nprozessuale und materiellrechtliche Probleme auf. Diese Eigenheiten konnen\nvorliegend bei der Festsetzung des Gegenstandswertes jedoch unberucksichtigt\nbleiben. Jedenfalls durfte es - zumindest im Ergebnis - auch in dieser\nTarifbestimmung letztlich um die Frage gehen, ob es ausreichende Grunde gibt,\num das Arbeitsverhaltnis des betroffenen Arbeitnehmers kundigen zu konnen oder\nnicht. Insoweit unterscheidet sich die fragliche Tarifnorm in ihrer\nZielsetzung nicht von § 103 BetrVG. Sowohl das fur die Ermittlung des\nGegenstandswertes maßgeblich erstrebte Verfahrensziel als auch der Sachvortrag\nder Beteiligten waren erkennbar daran ausgerichtet. Damit ist es bei der\nErmittlung des Gegenstandswertes angemessen, auch vorliegend die fur § 103\nBetrVG insoweit maßgeblichen Aspekte anzuwenden, weil auch hier das\nArbeitsgericht zu prufen hat, ob der Arbeitgeber das tariflich geschutzte\nArbeitsverhaltnis zu Recht losen kann oder nicht.\n\n \n\n14\n\n \n\nGemaß § 97 Abs. 1 ZPO hat die Beschwerdefuhrerin die Kosten des Verfahrens zu\ntragen. In einem Beschlussverfahren ist auch das Beschwerdeverfahren nach § 33\nAbs. 3 RVG nicht gebuhrenfrei. Die in § 2 Abs. 2 GKG bestimmte Kostenfreiheit\nder Gerichtsgebuhren im Beschlussverfahren erfasst nicht das sich\nanschließende Beschwerdeverfahren wegen des festgesetzten Gegenstandswertes.\nNach Sinn und Zweck der Kostenfreiheit bezuglich Streitigkeiten zwischen den\nBetriebspartnern kann diese Bestimmung nicht auch das Gebuhreninteresse der\nbeauftragten Rechtsanwalte erfassen (standige Rechtsprechung der erkennenden\nKammer, zuletzt Beschl. v. 23.07.2009 - 1 Ta 173/09).\n\n \n\n15\n\n \n\nEin Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 RVG nicht\ngegeben.\n\n |
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123,978 | sg-mainz-2010-07-20-s-10-as-92010-er | 913 | Sozialgericht Mainz | sg-mainz | Mainz | Rheinland-Pfalz | Sozialgerichtsbarkeit | S 10 AS 920/10 ER | 2010-07-20 | 2018-12-28 11:41:35 | 2019-01-17 11:44:52 | Beschluss | ECLI:DE:SGMAINZ:2010:0720.S10AS920.10ER.0A | #### Tenor\n\n \n\n1\\. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet,\ndem Antragsteller zusatzlich zum zugesicherten Zuschuss fur die Aufwendungen\nzur privaten Kranken- und Pflegeversicherung einmalig weitere 164,57 € zu\ngewahren, um die erste Pramie bei Abschluss der privaten Kranken- und\nPflegeversicherung sicherzustellen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.\n\n \n\n2\\. Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu\n1/4 zu erstatten.\n\n#### Grunde\n\n \n\nI\n\n1\n\n \n\nDer Antragsteller begehrt im vorliegenden Verfahren des einstweiligen\nRechtsschutzes eine Verpflichtung des Antragsgegners dahingehend, dass dieser\ndie vollen Beitrage zu einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung\nubernimmt.\n\n2\n\n \n\nDer 1970 geborene Antragsteller ist polnischer Staatsangehoriger und ging vor\nBezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) einer\nselbstandigen Beschaftigung nach. Wahrend dieser Zeit war er weder kranken-\nnoch pflegeversichert. Am 23.02.2010 beantragte er beim Antragsgegner\nerstmalig Leistungen nach dem SGB II.\n\n3\n\n \n\nMit Bescheid vom 17.03.2010 wurden dem Antragsteller vorlaufig Leistungen nach\ndem SGB II fur den Zeitraum 23.02. bis 31.08.2010 bewilligt. Ihm wurden\nmonatlich insgesamt 701,53 € gewahrt, wovon 359 € auf Leistungen zur Sicherung\ndes Lebensunterhalts und 342,53 € auf Kosten der Unterkunft und Heizung\nentfielen (fur Februar anteilig). In dem Bescheid wurde ausgefuhrt, dass der\nAntragsteller bei der AOK Rheinland-Pfalz in der Kranken- und\nPflegeversicherung pflichtversichert sei.\n\n4\n\n \n\nWegen einer Blinddarmoperation wurde der Antragsteller vom 10.03. bis\n12.03.2010 stationar behandelt, wobei Kosten i.H.v. 2.330,04 € anfielen.\n\n5\n\n \n\nMit Schreiben vom 01.04.2010 informierte die AOK Rheinland-Pfalz den\nAntragsgegner daruber, dass keine Versicherungspflicht vorliege und die\nAnmeldung daher storniert wurde. Dies wurde dem Antragsteller mit Schreiben\nvom 13.04.2010 mitgeteilt. In einem Gesprach am 12.04.2010 war der\nAntragsteller zuvor daruber informiert worden, dass er eine private\nVersicherung abschließen musse, die Beitrage aber nur bis zur Hohe der\ngesetzlichen Beitrage ubernommen werden konnten.\n\n6\n\n \n\nAm 11.05.2010 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner die Übernahme\ndes Beitrags zu einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung. Er legte ein\nAngebot der Debeka Krankenversicherungsverein a.G. (Debeka) vom 05.05.2010\nvor, wonach der Antragsteller in den Basistarifen BTNI fur die\nKrankenversicherung (290,62 € monatlich) und PVN (25,52 € monatlich) ab dem\n01.05.2010 versichert werden konne fur insgesamt 316,14 € monatlich.\n\n7\n\n \n\nMit Bescheid vom 20.05.2010 lehnte der Antragsgegner die Übernahme der\nGesamtkosten fur die private Krankenversicherung (PKV) und private\nPflegeversicherung sowie die Übernahme der Krankenhauskosten ab. Fur die\nprivate Versicherung konne nur ein Zuschuss i.H.v. 126,05 € fur die\nKrankenversicherung und i.H.v. 18,04 € fur die Pflegeversicherung gewahrt\nwerden. Fur die Übernahme der Krankenhauskosten bestehe keine Rechtsgrundlage\nim SGB II.\n\n8\n\n \n\nHiergegen hat der Antragsteller Widerspruch eingelegt, mit der Begrundung, die\nhohenmaßige Begrenzung nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m.§ 12 Abs. 1c S. 5\nund 6 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und dadurch entstehende Deckungslucke\nsei verfassungswidrig und gefahrde das Existenzminimum. Er berief sich auf\ninsoweit einschlagige Rechtsprechung. Von den Krankenhauskosten sei er\nfreizustellen, da das Krankenhaus einen Erstattungsanspruch gegen den\nSozialhilfetrager habe. Hierfur verwies er auf Rechtsprechung des\nBundessozialgerichts.\n\n9\n\n \n\nMit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2010 wies der Antragsgegner den Widerspruch\nzuruck. Aufgrund der eindeutigen Gesetzeslage, konne nur ein Zuschuss i.H.v.\n126,05 € monatlich zur privaten Krankenversicherung ubernommen werden. Ein\nAusgleich der beim Antragsteller entstehenden Deckungslucke sei vom Gesetz\nnicht vorgesehen. Es sei zudem davon auszugehen, dass es sich bei dem Angebot\nder Debeka noch nicht um den halbierten Basistarif handele. Eine Übernahme der\nmonatlichen 25,52 € fur die private Pflegeversicherung konne bei Abschluss des\nVersicherungsvertrages zugesagt werden. Fur die Übernahme der\nKrankenhauskosten bestehe keine Rechtsgrundlage im SGB II.\n\n10\n\n \n\nHiergegen hat der Klager am 28.06.2010 Klage erhoben (S 10 AS 911/10) und\nzugleich den vorliegenden Antrag.\n\n11\n\n \n\nZur Begrundung beruft er sich im Wesentlichen auf seine Ausfuhrungen im\nVorverfahren und tragt erganzend vor,\n\n12\n\n \n\nlaut Bescheinigung der Debeka vom 24.06.2010 sei der monatliche Betrag von\n316,14 € bereits der halbierte Basistarif. Der Antragsteller benotige zudem\ndringend arztliche Behandlung aufgrund eines akuten Bandscheibenvorfalls.\n\n13\n\n \n\nDer Antragsteller beantragt,\n\n14\n\n \n\nden Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem\nAntragsteller die Beitrage fur eine private Kranken- und Pflegeversicherung in\nHohe von derzeit zusammen 316,14 € monatlich zu tragen, vorlaufig fur einen\nZeitraum vom 28.06.2010 bis 31.12.2010.\n\n15\n\n \n\nDer Antragsgegner beantragt,\n\n16\n\n \n\nden Antrag abzulehnen.\n\n17\n\n \n\nSie beruft sich auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren und die fur sie\nverbindlichen fachlichen Hinweise der Bundesagentur fur Arbeit.\n\n18\n\n \n\nZur Erganzung des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten des\nvorliegenden Verfahrens und des Klageverfahrens verwiesen, sowie auf die\nVerwaltungsakte des Antragsgegners. Diese waren Gegenstand der gerichtlichen\nEntscheidungsfindung.\n\n \n\nII\n\n19\n\n \n\nDer Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat in dem aus dem Tenor\nersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen war er abzulehnen.\n\n20\n\n \n\nGemaß den Vorschriften des § 86b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann\ndas Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG\nvorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den\nStreitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veranderung\ndes bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers\nvereitelt oder wesentlich erschwert werden konnte. Eine einstweilige Anordnung\nist auch zur Regelung eines vorlaufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges\nRechtsverhaltnis zulassig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung\nwesentlicher Nachteile notig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Demzufolge\nsetzt die Begrundetheit eines Antrags nach § 86b Abs. 2 SGG das Bestehen eines\nAnordnungsgrundes und eines Anordnungsanspruchs voraus. Ein Anordnungsgrund in\ndiesem Sinne liegt dann vor, wenn eine Eilbedurftigkeit der vorlaufigen\nRegelung besteht. Dies ist immer dann gegeben, wenn ohne die beantragte\nRegelung fur den Antragsteller schwere, irreparable Nachteile drohen wurden.\nDer Anordnungsanspruch ist dann gegeben, wenn der geltend gemachte Anspruch\nmateriell-rechtlich nach einer im Eilverfahren allein moglichen summarischen\nPrufung der Sach- und Rechtslage bestehen wurde. Bei der Beeintrachtigung\nbesonders hochrangiger Rechtsguter hat jedoch eine intensive Prufung\nstattzufinden (Binder, in: HK-SGG, 3. Aufl. 2009, § 86b Rn 42). Eine\nVorwegnahme der Hauptsache ist grundsatzlich unzulassig, es sei denn das Gebot\ndes effektiven Rechtsschutzes verlangt dies (Binder, a.a.O., Rn 46).\n\n21\n\n \n\nAnordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind gleichberechtigte Voraussetzungen,\nhaben aber auch Auswirkungen aufeinander. Je hoher die Wahrscheinlichkeit des\nErfolges in der Hauptsache, desto geringer konnen die Anforderungen an den\nAnordnungsgrund sein, ohne dass jedoch auf diesen ganzlich verzichtet werden\nkonnte (Binder, a.a.O., Rn 45).\n\n22\n\n \n\nKann im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Prufung nicht in der\ngebotenen Intensitat vorgenommen werden, ist aufgrund einer umfassenden Guter-\nund Folgenabwagung zu entscheiden (Binder, a.a.O., Rn 5 u. 42).\n\n23\n\n \n\nAn diesen Voraussetzungen gemessen, war es geboten im Rahmen einer umfassenden\nGuter- und Folgenabwagung den Antragsgegner zu verpflichten dem Antragsteller\ndie Mittel zur Verfugung zu stellen, die er benotigt um zumindest die erste\nPramie des PKV zu bezahlen.\n\n24\n\n \n\nDer Antragsteller ist z.Z.t weder kranken- noch pflegeversichert. Bis zum\n31.12.2008 waren Bezieher von Arbeitslosengeld II (Alg II) gemaß § 5 Abs. 1\nNr. 2a Sozialgesetzbuch Funftes Buch (SGB V) grundsatzlich in der gesetzlichen\nKrankenversicherung pflichtversichert. Davon ausgenommen waren allein\ndiejenigen Bezieher von Alg II, die auf ihren Antrag hin von der\nVersicherungspflicht befreit waren. Diese erhielten nach § 26 Abs. 2 S. 1 SGB\nII in der Fassung des Gesetzes vom 21.03.2005 (BGBl. I, S. 818) eine Zuschuss,\nder auf die Hohe des Beitrags begrenzt war, der in der gesetzlichen\nKrankenversicherung galt. Eine dabei etwaig entstehende Deckungslucke wurde\ndeswegen als gerechtfertigt angesehen, weil die Betroffenen freiwillig aus der\ngesetzlichen Krankenversicherung ausgeschieden waren.\n\n25\n\n \n\nSeit dem 01.01.2009 sind gemaß § 5 Abs. 5a S. 1 SGB V Bezieher von Alg II\nnicht mehr in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert, wenn sie\nunmittelbar vor dem Bezug von Alg II privat krankenversichert waren oder weder\ngesetzlich noch privat krankenversichert waren und zu den in § 5 Abs. 5 SGB V\noder in § 6 Abs. 1 und 2 SGB V genannten Personen gehoren oder bei Ausubung\nihrer beruflichen Tatigkeit im Inland gehort hatten (GKV-\nWettbewerbsstarkungsgesetz (GKV-WSG) vom 26.03.2007, BGBl. I, S. 378 ff.).\nNach § 5 Abs. 5a S. 2 SGB V gilt dies nicht fur Personen, die bereits am\n31.12.2008 aufgrund des Alg II-Bezuges pflichtversichert waren.\n\n26\n\n \n\nDer Klager ist demnach nicht pflichtversichert, da erst zum 23.02.2010\nBezieher von Alg II wurde und davor als Selbstandiger nach § 5 Abs. 5 SGB V\nnicht pflichtversichert war. Anhaltspunkte fur eine Familienversicherung nach\n§ 10 SGB V sind nicht ersichtlich.\n\n27\n\n \n\nSeit dem GKV-WSG sind die privaten Krankenversicherer ab dem 01.01.2009\nverpflichtet, einen Basistarif anzubieten, dessen Leistungen vergleichbar sein\nmussen mit den Leistungen nach dem dritten Kapitel des SGB V (§ 12 Abs. 1 a\nVAG). Der Beitrag darf nach § 12 Abs. 1c S. 1 VAG den Hochstbeitrag der\ngesetzlichen Krankenversicherung nicht ubersteigen. Nach § 12 Abs. 1c S. 4 VAG\nvermindert sich dieser Beitrag um die Halfte, wenn allein aufgrund der Zahlung\ndieses Beitrages Hilfebedurftigkeit i.S.d. des SGB II oder Sozialgesetzbuch\nZwolftes Buch (SGB XII) entsteht.\n\n28\n\n \n\nNunmehr gilt fur privat krankenversicherte Alg II-Bezieher nach § 26 Abs. 2 S.\n1 Nr. 1 SGB II n.F. § 12 Abs. 1c S. 5 und 6 VAG. Diese Vorschrift lautet:\n\n29\n\n \n\n"Besteht auch bei einem nach Satz 4 verminderten Beitrag Hilfebedurftigkeit im\nSinne des Zweiten oder des Zwolften Buches Sozialgesetzbuch, beteiligt sich\nder zustandige Trager nach dem Zweiten oder Zwolften Buch Sozialgesetzbuch auf\nAntrag des Versicherten im erforderlichen Umfang, soweit dadurch\nHilfebedurftigkeit vermieden wird. Besteht unabhangig von der Hohe des zu\nzahlenden Beitrags Hilfebedurftigkeit nach dem Zweiten oder Zwolften Buch\nSozialgesetzbuch, gilt Satz 4 entsprechend; der zustandige Trager zahlt den\nBetrag, der auch fur einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der\ngesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist."\n\n30\n\n \n\nIm vorliegenden Verfahren betragt der bereits halbierte Basistarif bei der\nDebeka 290,62 € fur die Krankenversicherung. Der nach § 26 Abs. 2 S. 1 Nr. 1\nSGB II mogliche Zuschuss ist aber der Hohe nach aufgrund des § 12 Abs. 1c S. 6\nVAG begrenzt auf die - vom Antragsgegner auch zugesicherten - 126,05 €.\n\n31\n\n \n\nEs entsteht folglich eine Deckungslucke. Diese ist unerheblich, wenn der Alg\nII-Empfanger uber ausreichend Einkommen verfugt, um diese Deckungslucke uber\ndie Absetzung nach § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 3a SGB II zu schließen. Alg II-\nEmpfanger, die - wie der Antragsteller - uber kein solches Einkommen verfugen,\nsehen sich in der Lage, einen nicht unerheblichen Teil ihrer Regelleistung fur\ndie Krankenversicherung aufwenden zu mussen.\n\n32\n\n \n\nWie mit dieser Situation umzugehen ist, ist in der Rechtsprechung umstritten.\nEs wird einerseits vertreten, dass die Regelungen nicht zu beanstanden sind\n(Urteil des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 27.11.2009, S 37 AS 31127/09,\nzitiert nach juris). Andererseits wird vertreten, dass diese Deckungslucke im\nWege einer analogen Anwendung des § 26 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB II - wonach bei\nfreiwillig gesetzlich Versicherten der Beitrag voll ubernommen wird -\ngeschlossen werden musse (Urt. des SG Stuttgart v. 14.01.2010, S 9 AS 5449/09;\nUrt. des SG Chemnitz v. 16.06.2010, S 3 AS 450/10; Urt. des SG Dusseldorf v.\n12.04.2010, S 29 AS 547/10, alle zitiert nach juris) oder im Wege der\nverfassungskonformen Auslegung des § 26 Abs. 2 SGB II insgesamt (Urt. des\nLandessozialgerichts (LSG) fur das Saarland v. 13.04.2010, L 9 AS 15/09,\nzitiert nach juris).\n\n33\n\n \n\nFur Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wird von einer Vielzahl von\nGerichten das Vorliegen eines Anordnungsgrundes verneint (vgl. SG Hildesheim,\nBeschluss v. 23.07.2009, S 43 AS 730/09 ER; Beschl. des SG Dresden v.\n18.09.2009, S 29 AS 4051/09 ER; Beschl. des LSG Berlin-Brandenburg v.\n02.06.2010, L 10 AS 817/10 B ER; Beschl. des LSG Baden-Wurttemberg v.\n22.03.2010, L 13 AS 919/10 ER-B; Beschl. des LSG Sachsen-Anhalt v. 14.04.2010,\nL 2 AS 16/10 B ER; Beschl. des LSG Hamburg v. 22.02.2010, L 5 AS 34/10 B ER;\nBeschl. des LSG fur das Land Nordrhein-Westfalen v. 12.10.2009, L 7 B 197/09\nAS; alle zitiert nach juris). Dies folge u.a. daraus, dass eine Kundigung\ngemaß § 206 Abs. 1 Satz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) bei solchen\nVersicherungen i.S.d. § 193 Abs. 3 S. 1 VVG ausgeschlossen sei und daraus,\ndass auch bei Nichtabfuhrung der geschuldeten Beitrage der\nKrankenversicherungsschutz gewahrleistet sei gemaß § 193 Abs. 6 und 7 VVG.\n\n34\n\n \n\nDies soll grundsatzlich auch gelten, wenn der Alg II-Empfanger noch gar keinen\nVertrag abgeschlossen hat (Beschl. des LSG Berlin-Brandenburg v. 02.06.2010,\na.a.O.), denn es besteht gemaß § 193 Abs. 5 VVG und § 12 Abs. 1b VAG sowie §\n110 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) ein Kontrahierungszwang.\n\n35\n\n \n\nAndere Gerichte haben die Eilbedurftigkeit angenommen (Beschl. des LSG\nNiedersachsen-Bremen v. 03.12.2009, L 15 AS 1048/09 B ER; Beschl. des\nHessischen LSG v. 15.12.2009, L 6 AS 368/09 B ER; Beschl. des LSG Berlin-\nBrandenburg v. 18.01.2010, L 34 AS 2001/09 B ER).\n\n36\n\n \n\nOb ein Anordnungsanspruch besteht, kann in diesem Verfahren des einstweiligen\nRechtsschutzes nicht entschieden werden (vgl. auch Beschl. des LSG Hamburg,\na.a.O. Rn 11; Beschl. des LSG Berlin-Brandenburg v. 18.01.2010, a.a.O., Rn 5).\n\n37\n\n \n\nEs ist daher im Rahmen einer Folgenabwagung zu entscheiden. Dabei ist die\nVorschrift des § 37 VVG zu beachten. Danach kann der Versicherer vom Vertrag\nzurucktreten, wenn die erste Pramie nicht gezahlt wurde (Abs. 1) bzw. ist im\nVersicherungsfall nicht zur Leistung verpflichtet, wenn diese erste Pramie\nnicht gezahlt wurde (Abs. 2) (vgl. dazu Beschl. des LSG Berlin-Brandenburg v.\n02.06.2010, a.a.O., Rn 15). Ist diese Erstpramie gezahlt, greifen die\nSchutzmechanismen des § 193 VVG und der Krankenversicherungsschutz ist nach\nAnsicht der Kammer ausreichend gewahrleistet. Insoweit schließt sich die\nKammer der zitierten Rechtsprechung, die von einem fehlenden Anordnungsgrund\nausgeht, an.\n\n38\n\n \n\nDer Antragsteller muss daher - aber auch nur - in die Lage versetzt werden,\nzumindest die Erstpramie voll zu erbringen. Der Antragsgegner hat ausweislich\ndes Widerspruchsbescheides vom 22.06.2010 zugesichert, bei Abschluss des\nvorgelegten Krankenversicherungsvertrages 25,52 € fur die Pflegeversicherung\nund 126,05 € fur die Krankenversicherung an Zuschuss zu gewahren. Damit bleibt\neine Deckungslucke von 164,57 € (316,14 € Gesamtkosten - 151,57 €\nzugesicherter Zuschuss). Diese Lucke hat der Antragsgegner einmalig zusatzlich\nauszugleichen, um die Zahlung der Erstpramie zu gewahrleisten. Eine weitere\nVerpflichtung war im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht\nauszusprechen und der Antrag insoweit abzulehnen.\n\n39\n\n \n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des\nVerfahrens. Dabei hat die Kammer auch die zu erwartenden Erfolgsaussichten in\nder Hauptsache berucksichtigt.\n\n |
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129,389 | olgsl-2009-03-12-9-wf-2109 | 939 | Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken | olgsl | Saarland | Oberlandesgericht | 9 WF 21/09 | 2009-03-12 | 2019-01-07 09:41:37 | 2019-02-12 12:35:38 | Beschluss | ## Tenor\n\nDie sofortige Beschwerde des Klagers gegen den Beschluss des Amtsgerichts -\nFamiliengericht - Saarbrucken vom 10. Dezember 2008 - 52 F 374/08 UK - in der\nFassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 3. Februar 2009 wird zuruckgewiesen.\n\nDie Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.\n\n## Gründe\n\n**I.**\n\nDer Klager ist durch Versaumnisurteil des Amtsgerichts - Familiengericht -\nSaarlouis vom 18. November 1998 - 22 F 10/98 - verurteilt worden,\nruckstandigen sowie beginnend mit dem 1. Oktober 1998 laufenden monatlichen\nUnterhalt in Hohe von 404,00 DM (514,00 DM abzuglich anteiliges Kindergeld in\nHohe von 110,00 DM) an die Beklagte zu zahlen.\n\nMit am 23. September 2008 eingegangener Klageschrift begehrt er unter Hinweis\ndarauf, dass er nach einer mittlerweile uberwundenen langjahrigen\nAlkoholerkrankung eine Arbeitsstelle gefunden habe und 1.025,00 EUR netto\nmonatlich verdiene, so dass er unter Abzug berufsbedingter Fahrtkosten in Hohe\nvon monatlich 64 EUR und seines Selbstbehalts in Hohe von 900 EUR der\nprivilegierten volljahrigen Beklagten nur noch 61 EUR Unterhalt monatlich\nzahlen konne, eine Abanderung des ursprunglichen Unterhaltstitels. Ferner hat\ner um Bewilligung von Prozesskostenhilfe fur das Klageverfahren nachgesucht.\n\nDas Familiengericht Saarbrucken hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 10.\nDezember 2008, auf den Bezug genommen wird (Bl. 40 ff d.A.), den\nProzesskostenhilfeantrag zuruckgewiesen und darauf verwiesen, dass der Klager\nfur die begehrte Abanderung keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen habe.\n\nGegen den ihm am 17. Dezember 2008 zugestellten Beschluss hat der Klager mit\nam 16. Januar 2009 eingegangenen Faxschreiben sofortige Beschwerde eingelegt\nund diese damit begrundet, dass es ihm mit Blick auf die verstrichene Zeit\nseit Erlass des Versaumnisurteils sowie sein wahrend dieser Zeit bestehendes\nAlkoholproblem außerst schwierig sei, Umstande darzutun. Er habe jedoch beim\nAufraumen zufallig alte Lohnabrechnungen betreffend den Zeitraum 1. Januar\n1998 bis 30. Juni 1998 gefunden, die belegten, dass er in dieser Zeit ein\ndurchschnittliches Einkommen von 1.325,27 EUR bezogen habe, so dass mit Blick\nauf sein jetziges Einkommen von einer wesentlichen Veranderung der zum\nZeitpunkt des Erlasses des Versaumnisurteils maßgebenden Umstande auszugehen\nsei. Soweit sich aus seinen jetzigen Abrechnungen ergebe, dass er zwischen 137\n- 188 monatliche Arbeitsstunden erbringe, sei dies davon abhangig, in welchem\nMaße er von dem Ausleihbetrieb tatsachlich angefordert werde (Bl. 46 ff d.A.).\n\nDas Familiengericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und dies damit\nbegrundet, dass allein die Vorlage der kurzlich aufgefundenen Lohnabrechnungen\nnicht genuge. Auch der Vortrag zu seiner eingeschrankten Leistungsfahigkeit\nsei nicht ausreichend, da er gegenuber der volljahrigen privilegierten\nBeklagten gesteigert unterhaltspflichtig sei (Bl. 63 ff d.A.).\n\n**II.**\n\nDie gemaß § 127 Abs. 2 ZPO zulassige sofortige Beschwerde hat in der Sache\nkeinen Erfolg.\n\nGemaß § 114 ZPO kann einer Partei Prozesskostenhilfe nur bewilligt werden,\nwenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg\nbietet. Dies ist, wie das Familiengericht zu Recht festgestellt hat, nicht der\nFall.\n\n1\\. Entscheidend fur die Erfolgsaussicht der Abanderungsklage ist, dass eine\nwesentliche Veranderung derjenigen Verhaltnisse, die fur die Verurteilung zur\nEntrichtung der Leistung, fur die Bestimmung der Hohe der Leistungen oder der\nDauer ihrer Entrichtung maßgebend waren, eingetreten ist (§ 323 Abs. 1 ZPO).\nDie Zulassigkeit der Klage setzt voraus, dass die klagende Partei Tatsachen\nvortragt, aus denen sich - ihr Vorliegen unterstellt - eine wesentliche\nVeranderung derjenigen Verhaltnisse ergibt, die fur die Hohe oder Dauer der\nausgeurteilten Unterhaltsleistung maßgebend waren (BGH, Urt. v. 4.7.2007, XII\nZR 251/04, FamRZ 2007, 1459).\n\nHandelt es sich bei dem Titel, dessen Abanderung begehrt wird, um ein - wie\nhier- Versaumnisurteil, mussen sich, was vom Klager darzulegen ist, die fur\nden Erlass des Versaumnisurteils fingierten Umstande geandert haben (vgl.\nZoller- Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 323, Rz. 31, m.z.w.N.; Hußtege in:\nThomas/ Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 323, Rz. 24, 26, m.w.N.).\n\nHinreichenden Tatsachen, die erkennen lassen, dass eine wesentliche\nVeranderung der Umstande, die fur den Erlass des Versaumnisurteils des\nAmtsgerichts - Familiengericht - Saarlouis vom 18. November 1998 maßgebend\nwaren, eingetreten ist, hat der Klager indes nicht dargetan.\n\nDer Hinweis des Klagers, er verdiene - bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses\ndes Versaumnisurteils - nunmehr deutlich weniger, ist allein nicht geeignet,\neine wesentliche Veranderung der Umstande zu begrunden. Zwar kann eine\nÄnderung der Verhaltnisse vorliegen, wenn sich das Einkommen des Schuldners\nverringert. Den beigezogenen Verfahrensakten des Amtsgerichts -\nFamiliengericht - Saarlouis - 22 F 10/98 - lasst sich entnehmen, dass\nGrundlage der Verurteilung des Klagers das dortige Vorbringen der Beklagten\nzur Hohe des monatlichen Einkommens (durchschnittliches Monatsgehalt in Hohe\nvon 2.585,40 DM zuzuglich sonstiger einkommensrelevanter Faktoren wie\nWeihnachtsgeld, Steuerruckerstattungen = 2900,00 DM), zur Hohe der in Abzug zu\nbringenden Leistungen der Unterhaltsvorschusskasse sowie der Eingruppierung\nder Beklagten in die Dusseldorfer Tabelle war. Zu den einzelnen\nBerechnungsfaktoren verhalt sich das Vorbringen des Klagers nicht. Er hat sich\nweder zu seiner damaligen Vermogens- und Einkommenssituation noch zu seinen\ndamaligen personlichen Umstanden geaußert, so dass es bereits aus diesem Grund\nan einem hinreichenden Sachvortrag zu einer wesentlichen Veranderung der\nUmstande und Verhaltnisse, wie sie zum Zeitpunkt des Erlasses des\nVersaumnisurteils vorgelegen haben, mangelt.\n\nEs liegen somit keine hinreichenden Grundlagen vor, die die Feststellung\nzuließen, dass eine wesentliche Änderung der Verhaltnisse im Sinne des § 323\nAbs. 1 ZPO eingetreten ist.\n\nAußerdem hat der Klager nicht dargelegt, dass er seiner gegenuber der\nBeklagten als privilegiertes volljahriges Kind bestehenden gesteigerten\nErwerbsobliegenheit gemaß § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB nachgekommen ist. Die fur\neinen Unterhaltsanspruch vorausgesetzte Leistungsfahigkeit des\nUnterhaltsschuldners wird nicht allein durch das tatsachlich vorhandene\nEinkommen des Unterhaltsschuldners, sondern vielmehr auch durch seine\nErwerbsfahigkeit bestimmt. Reichen seine tatsachlichen Einkunfte nicht aus, so\ntrifft ihn die Obliegenheit, seine Arbeitskraft bestmoglich einzusetzen. Legt\nder Unterhaltsverpflichtete, der nicht bereit ist, auch nur den Regelbetrag zu\nzahlen, nicht dar, seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit vollstandig gerecht\ngeworden zu sein, so muss er sich fiktiv ein Einkommen zurechnen lassen, das\nihm die Zahlung ermoglicht (BGH, FamRZ 2003, 1471; Senat, Beschl.v. 17.\nOktober 2008, 9 WF 89/08, m.z.w.N., Beschl.v. 5. November 2008, 9 WF 77/08,\nm.w.N.).\n\nEin gemaß § 1603 Abs. 2 BGB verscharft haftender Unterhaltspflichtiger hat\nsich intensiv, unter Ausnutzung aller vorhandenen Moglichkeiten um einen\nhinreichend entlohnten Arbeitsplatz zu bemuhen, alle Erwerbsmoglichkeiten\nauszuschopfen und dafur gegebenenfalls auch einschneidende Veranderungen in\nseiner Lebensfuhrung hinzunehmen. Im Rahmen der gesteigerten\nErwerbsobliegenheit muss der Unterhaltspflichtige bei Arbeitsstellen mit\ngeringeren Einkommen entweder eine neue Arbeitsstelle oder eine weitere\nBeschaftigung, etwa zusatzliche Gelegenheits- und Aushilfstatigkeiten,\naufnehmen, um zusatzliche Mittel zu erlangen. Ebenso kommen fur die Ausubung\neiner Nebentatigkeit Zeiten in Betracht, die ublicher Weise dem\nFreizeitbereich zuzuordnen sind. Legt der Unterhaltsverpflichtete nicht dar,\ndieser Obliegenheit, die ihre Grenze allein in der Unmoglichkeit findet,\nvollstandig gerecht geworden zu sein, muss er sich so behandeln lassen, als ob\ner uber ein solches Einkommen verfugt (vgl. hierzu auch OLG Brandenburg, ZFE\n2008, 231, m.w.N.; Senat, aaO).\n\nDer Klager hat nicht ausreichend dazu vorgetragen, diesen Anforderungen genugt\nzu haben. Auch unter Berucksichtigung seiner Darlegungen im\nBeschwerdeverfahren hat er bisher seine Arbeitskraft nicht im Rahmen des ihm\nMoglichen eingesetzt.\n\n2\\. Von daher kann insgesamt nicht festgestellt werden, dass die beabsichtigte\nRechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, so dass\nProzesskostenhilfe zu Recht nicht bewilligt worden ist und die sofortige\nBeschwerde keinen Erfolg hat.\n\nDie sofortige Beschwerde ist daher mit dem Kostenausspruch aus § 127 Abs. 4\nZPO zuruckzuweisen.\n\nDie Rechtsbeschwerde wird mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen\nnicht zugelassen (§ 574 ZPO).\n\n |
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129,503 | ovgsl-2009-06-02-1-b-34709 | 938 | Oberverwaltungsgericht des Saarlandes | ovgsl | Saarland | Verwaltungsgerichtsbarkeit | 1 B 347/09 | 2009-06-02 | 2019-01-07 09:42:42 | 2019-02-12 12:36:00 | Beschluss | ## Tenor\n\nDie Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts\ndes Saarlandes vom 16. April 2009 - 10 L 248/09 - wird zuruckgewiesen.\n\nDie Kosten des Beschwerdeverfahrens tragt der Antragsteller.\n\nDer Streitwert wird unter gleichzeitiger Abanderung der Streitwertfestsetzung\ndes Verwaltungsgerichts fur das erstinstanzliche Verfahren und fur das\nBeschwerdeverfahren auf jeweils 5.000,- EUR festgesetzt.\n\n## Gründe\n\nDie Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 16.4.2009,\ndurch den das auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis fur das Aufstellen\nvon 64 großflachigen Wahlwerbetafeln (Format 18/1 in der Große 3,56 m x 2,52\nm) im Stadtgebiet der Antragsgegnerin - hilfsweise auf Bescheidung des\nSondernutzungserlaubnisantrags - gerichtete einstweilige Rechtsschutzbegehren\ndes Antragstellers zuruckgewiesen wurde, ist zulassig. Insbesondere ist der\nAntragsteller beteiligungsfahig. Die Kreisverbande politischer Parteien, die\nin ihrem Bezirk anlasslich einer Wahl Wahlsichtwerbung betreiben wollen und in\ndiesem Zusammenhang ein gerichtliches Verfahren anstrengen, erfullen die\nVoraussetzungen des § 61 Nr. 2 VwGO. (OVG des Saarlandes, Beschluss vom\n5.8.1998 - 2 V 14/98 -, AS RP-SL 27, 116 = NVwZ-RR 1999, 218; VG des\nSaarlandes, Beschluss vom 12.2.2001 - 2 F 14/01 -, ZfSch 2001, 339.)\n\nIn der Sache bleibt die Beschwerde ohne Erfolg. Der Senat macht sich die\nuberzeugenden Ausfuhrungen des Verwaltungsgerichts zu eigen.\n\nDas Verwaltungsgericht hat zugunsten des Antragstellers unterstellt, dass die\nvon ihm fur die großflachige Wahlwerbung vorgesehenen Standorte entgegen der\nDarstellung der Antragsgegnerin als begleitende Grunstreifen Teile der\njeweiligen offentlichen Straßen, an die sie angrenzen, seien, und ausgehend\nvon dieser Pramisse dargelegt, dass der behauptete Anspruch auf Erteilung der\nmithin notwendigen straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis bei summarischer\nPrufung der Sach- und Rechtslage aller Voraussicht nach zu verneinen sei. Die\nAntragsgegnerin habe zwischen den Interessen des als politischer Partei am\nderzeitigen Wahlkampfgeschehen teilnehmenden Antragstellers und den\nmoglicherweise entgegenstehenden straßenrechtlichen Gesichtspunkten abzuwagen\nund dabei zu berucksichtigen, dass ihrem Ermessen gerade in der\nverfahrensgegenstandlichen „heißen Wahlkampfphase" in den letzten sechs Wochen\nvor dem jeweiligen Wahlkampftermin aus verfassungsrechtlichen Grunden enge\nGrenzen gezogen seien, denn es musse sichergestellt sein, dass die Parteien\nangemessene und wirksame Wahlwerbemoglichkeiten haben. Gleichwohl brauche eine\nGemeinde den Wunschen der Parteien auf Wahlsichtwerbung nicht unbeschrankt\nRechnung zu tragen. In welcher Weise die Gemeinden dem verfassungsrechtlichen\nGebot auf Einraumung von Stellplatzen fur Werbetafeln in einem fur die\nSelbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendigen und angemessenen Umfang\nRechnung tragen, sei ihre Sache. Gemessen an diesen Grundsatzen stehe dem\ngeltend gemachten Anspruch entgegen, dass die Antragsgegnerin von ihrem bei\nder Zulassung von Wahlsichtwerbung eingeschranktem Ermessen in\nrechtsfehlerfreier Weise Gebrauch gemacht habe. Die Antragsgegnerin habe sich\nbereit erklart, dem Antragsteller - wie anlasslich vorausgegangener Wahlen -\nWahlsichtwerbung mit den zugelassenen Wahlplakatformaten DIN A 1 und DIN A 0\nunter Berucksichtigung der Bedeutung der Partei des Antragstellers und der\nZahl der fur die jeweilige Wahl vom Landeswahlleiter noch zuzulassenden\nParteien zu gestatten. Durch diese Verfahrensweise werde dem Antragsteller\neine angemessene und wirksame Wahlwerbung ermoglicht und das Stadtbild - wie\ndie Antragsgegnerin zu Recht anfuhre - wesentlich weniger als bei Aufstellen\nvon 64 großflachigen Werbetafeln beeintrachtigt. Im Falle von deren Zulassung\nsei zudem damit zu rechnen, dass die anderen politischen Parteien ebenfalls\neine entsprechende Zahl von Stellplatzen fur großformatige Wahlwerbung\nbeanspruchen wurden, so dass die fur das Stadtbild bedeutsamen Grunflachen\nuber funf Monate hinweg in erheblichem Maße durch großformatige Tafelwande\nverstellt waren.\n\nDiese Argumentation uberzeugt. Auch im Beschwerdeverfahren haben sich keine\nAnhaltspunkte dafur ergeben, dass es zur Sicherstellung einer angemessenen und\nwirksamen Wahlsichtwerbung des Antragstellers geboten erschiene, diesem das\nAufstellen der beantragten 64 großflachigen Wahlwerbetafeln zu gestatten. Das\nden Prufungsumfang im Beschwerdeverfahren bestimmende Vorbringen des\nAntragstellers in seinem Schriftsatz vom 5.5.2009 (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO),\nvermag - auch unter Berucksichtigung der erganzenden Ausfuhrungen im\nSchriftsatz vom 29.5.2009 - keine Zweifel an der Richtigkeit der\nerstinstanzlichen Entscheidung zu begrunden.\n\nDer Antragsteller bekraftigt im Rahmen seiner Beschwerdebegrundung zunachst\nseine Auffassung, es handele sich bei den verfahrensgegenstandlichen\nAufstellungsorten um sogenannte begleitende Grunflachen und damit um\noffentlichen Straßenraum im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 SStrG (Boschungen,\nTrenn-, Seiten-, Rand- oder Sicherheitsstreifen). Dies macht eine vertiefende\nAuseinandersetzung mit den diesbezuglichen gegensatzlichen Positionen der\nBeteiligten weder in rechtlicher noch in tatsachlicher Hinsicht erforderlich,\nda das Verwaltungsgericht die Richtigkeit der Auffassung des Antragstellers\nohnehin unterstellt und das einstweilige Rechtsschutzbegehren auf dieser Basis\nzu Recht zuruckgewiesen hat.\n\nIm Weiteren stellt der Antragsteller nicht in Abrede, dass die rechtlichen\nAusfuhrungen des Verwaltungsgerichts zu den Voraussetzungen eines Anspruchs\nauf Wahlsichtwerbung den verfassungsrechtlichen Vorgaben und der einschlagigen\nhochstrichterlichen Rechtsprechung hierzu entsprechen, meint aber, das\nVerwaltungsgericht sei in tatsachlicher Hinsicht zu Unrecht davon ausgegangen,\ndass die Antragsgegnerin einen Grundsatzbeschluss getroffen habe, wonach die\nin Rede stehenden großflachigen Wahlplakattafeln in ihrem Stadtgebiet weder\nauf fiskalischen noch auf zu den offentlichen Straßen zu zahlenden Flachen\nzuzulassen seien. Aus dem an ihn gerichteten Schreiben der Antragsgegnerin vom\n10.2.2009 ergebe sich namlich nur, dass „derartige" Werbung auf fiskalischen\nFlachen nicht erlaubt werde. Hinsichtlich offentlicher Straßen fehle es an\neiner entsprechenden Grundsatzentscheidung. Diesem Einwand kann nicht gefolgt\nwerden. Die Antragsgegnerin hat im erstinstanzlichen Verfahren in ihrem\nSchriftsatz vom 25.3.2009 im Einzelnen dargelegt, dass sie den politischen\nParteien seit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 12.2.2001 - 2 F\n14/01 - zum Zwecke der Wahlkampfwerbung das Anbringen von 1800\nWahlkampfplakaten der ublichen Große DIN A 1 (0,59 m x 0,81 m) bzw. DIN A 0\n(0,841 m x 1,189 m) im offentlichen Straßenraum erlaubt und jeder an der Wahl\nteilnehmenden Partei ein entsprechendes Kontingent zuerkennt. Sie habe den\nGrundsatzbeschluss gefasst, großflachige Wahlwerbeplakattafeln des Formats\n18/1 im offentlichen Raum in ihrem Stadtgebiet weder auf fiskalischen Flachen\nnoch auf offentlichen Straßen fur Wahlkampfzwecke zuzulassen. Dass diese\nDarstellung ihrer Praxis im Umgang mit Wahlwerbung politischer Parteien\nunzutreffend sein konnte, lasst sich aus dem vom Antragsteller in Bezug\ngenommenen Schreiben vom 10.2.2009 nicht herleiten. Dass dort zunachst\nmitgeteilt wird, das Liegenschaftsamt habe die Entscheidung getroffen, keine\nWerbung im allgemeinen Liegenschaftsvermogen zuzulassen, erklart sich aus der\nRechtsauffassung der Antragsgegnerin, dass die beantragten Standorte nicht zum\noffentlichen Straßenraum gehoren. Sodann weist die Antragsgegnerin im weiteren\nText ausdrucklich darauf hin, dass dem Antragsteller unbenommen sei - wie\nublich - Wahlsichtwerbung im offentlichen Straßenraum zu beantragen, und dass\nihm auf entsprechenden Antrag mitgeteilt wurde, wie viele Plakate (Format DIN\nA 1) er im offentlichen Straßenraum anbringen durfe. Es ist nicht ersichtlich,\ninwiefern diese Hinweise im Schreiben vom 10.2.2009 geeignet sein sollten, die\nDarstellung der Antragsgegnerin, großflachige Wahlwerbetafeln wurden in ihrem\nStadtgebiet auch im offentlichen Straßenraum grundsatzlich nicht zugelassen,\nin Zweifel zu ziehen. Vielmehr bestatigen die Ausfuhrungen der Antragsgegnerin\nim Schreiben vom 10.2.2009, dass diese (zumindest) seit dem als Anlass einer\nNeuorientierung ihrer Praxis zur Zulassung von Wahlkampfwerbung genannten\nZeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung vom 12.2.2001 im\noffentlichen Verkehrsraum nur kleinformatige Wahlkampfwerbung zugelassen hat.\nDass die Antragsgegnerin abweichend hiervon in den letzten Jahren\ngroßformatige Wahlwerbung im offentlichen Verkehrsraum erlaubt habe, wird\nseitens des Antragstellers nicht behauptet. Das Verwaltungsgericht durfte\nseiner Entscheidung demnach die Annahme zugrunde legen, dass die\nAntragsgegnerin die behauptete und naher begrundete Grundsatzentscheidung,\nweder auf fiskalischen Flachen noch im offentlichen Verkehrsraum großflachige\nWahlwerbetafeln zuzulassen, getroffen hat und dementsprechend verfahrt. Die\nVerfugung der Oberburgermeisterin vom 19.5.2009 bestatigt diese\nVerfahrensweise und dient daher der Klarstellung.\n\nDer Zulassigkeit einer solchen Grundsatzentscheidung lasst sich insbesondere\nnicht entgegenhalten, dass im Stadtgebiet verschiedentlich gewerbliche Werbung\nauf großflachigen Plakatwanden vorzufinden ist. Es ist der Antragsgegnerin\nunbenommen, entsprechende Stellflachen an gewerbliche Anbieter zu vermieten.\nInwiefern sich hieraus ein Anspruch der politischen Parteien, ebenfalls\ngroßformatig - und in dem vom Antragsteller beanspruchten Umfang - werben zu\ndurfen, herleiten sollte, ist weder dargelegt noch erkennbar.\n\nEbenso wenig kann der Antragsteller gegen die Zulassigkeit der Entscheidung,\ngroßflachige Wahlwerbung in ihrem Zustandigkeitsbereich grundsatzlich nicht\nzuzulassen, mit Erfolg einwenden, dass das Stadtgebiet durch eine Vielzahl von\nkleineren Plakaten gleichermaßen wie durch eine geringere Anzahl großerer\nPlakate beeintrachtigt werde. Maßgeblich ist nach der vom Verwaltungsgericht\nin Bezug genommenen hochstrichterlichen Rechtsprechung (grundlegend: BVerwG,\nUrteil vom 13.12.1974 - VII C 43.72 -, BVerwGE 47, 293 ff.) , dass\nsichergestellt ist, dass die Parteien angemessene und wirksame\nWahlwerbemoglichkeiten haben, wobei es Sache der Gemeinden ist, zu\nentscheiden, in welcher Weise sie dem verfassungsrechtlichen Gebot auf\nEinraumung von Stellplatzen fur Werbetafeln in einem fur die Selbstdarstellung\nder jeweiligen Partei notwendigen und angemessenen Umfang Rechnung tragen.\nDass die Antragsgegnerin aus Grunden der Verkehrssicherheit und aus\nasthetischen Gesichtspunkten zur Wahrung des Stadtbildes kleinformatige\nPlakate in hoherer Anzahl im Vergleich zu einer geringeren Zahl von\ngroßformatigen Plakaten vorzieht, ist durch ihr Ermessen, wie sie dem Anspruch\nder Parteien auf angemessene Wahlwerbung Rechnung tragen will, gedeckt und aus\nRechtsgrunden nicht zu beanstanden.\n\nInsbesondere kann der Antragsgegnerin nicht entgegengehalten werden, dass das\nMinisterium fur Inneres und Sport und das Ministerium fur Wirtschaft und\nWissenschaft durch gemeinsamen Erlass vom 11.12.2008 verfugt haben, dass auf\nden freien Strecken von Bundes- und Landesstraßen unter Beachtung naher\nbezeichneter Einschrankungen abweichend von den fur Anlagen der Außenwerbung\ngeltenden gesetzlichen Verboten wahrend der „heißen Wahlkampfphase"\nausnahmsweise Wahlplakate aufgestellt werden durfen, wobei im jeweiligen\nEinzelfall vorab eine entsprechende Erlaubnis einzuholen sei. Abgesehen davon,\ndass sich diesem Erlass kein Anspruch, gerade großflachige Wahlplakate\naufstellen zu durfen, entnehmen lasst, beschrankt sich sein Regelungsinhalt\nder Zustandigkeit folgend auf den außerortlichen Bereich der Bundes- und\nLandesstraßen. Hinsichtlich der Ortsdurchfahrten heißt es lediglich, dass von\nministerieller Seite keine Bedenken gegen das Anbringen von Wahlwerbung\nbestunden und wird die Regelung im Einzelfall den zustandigen Gemeinden\nuberlassen.\n\nSchließlich meint der Antragsteller, der Auffassung des Verwaltungsgerichts,\ndass ihm trotz Versagung großflachiger Wahlplakate eine angemessene und\nwirksame Wahlwerbung moglich sei, konne nicht gefolgt werden, weil gerade die\ngeringe Zahl der Plakate eine gewisse Große erfordere, um effektive\nWahlwerbung betreiben zu konnen. Dem ist entgegen zu halten, dass dem\nAntragsteller zwischenzeitlich nicht nur 64 kleinformatige Plakate, sondern\nnach den unwidersprochenen Angaben der Antragsgegnerin in der\nBeschwerdeerwiderung fur die am 7.6.2009 anstehenden Wahlen die Anbringung von\n200 bzw. 250 bzw. 45 Wahlplakaten der Großen DIN A 1 und DIN A 0 erlaubt\nworden ist. Warum dies zur Sicherstellung angemessener und wirksamer\nWahlsichtwerbung nicht ausreichen sollte, wird seitens des Antragstellers\nnicht naher dargelegt.\n\nAuch der den Hilfsantrag betreffende Einwand, es fehle bislang an einer\nErmessensentscheidung uber den Antrag auf Erteilung der begehrten\nSondernutzungserlaubnis, trifft nicht zu. Die Antragsgegnerin hat - wie\nausgefuhrt - substantiiert dargelegt, dass großformatige Wahlwerbetafeln in\nihrem Stadtgebiet „kraft eines Grundsatzbeschlusses" nicht zugelassen werden.\nDiese Beschlusslage, die das stadtische Ermessen im Einzelfall vorbestimmt,\nrechtlichen Bedenken an ihrer Zulassigkeit nach den zutreffenden Ausfuhrungen\ndes Verwaltungsgerichts nicht unterliegt und nach Aktenlage - wie die\nstadtische Reaktion (Schreiben vom 10.11.2008) auf den Antrag der FDP vom\n18.9.2008 (Bl. 37 ff. d. VA) belegt - konsequent umgesetzt wird, hat die\nAntragsgegnerin dem Begehren des Antragstellers sowohl vorgerichtlich wie auch\nim Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens entgegen gehalten und\nkeinen Zweifel daran gelassen, dass sein Antrag gemessen hieran keinen Erfolg\nhat. Damit hat die Antragsgegnerin ihr Ermessen bereits - wie dargelegt in\nnicht zu beanstandender Weise - ausgeubt, so dass die Beschwerde auch\nhinsichtlich des Hilfsantrags unbegrundet ist.\n\nDie Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.\n\nDie Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1,\n52 Abs. 2 GKG. In Anwendung von Nr. 1.5 Satz 2 der Empfehlungen des\nStreitwertkataloges fur die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist unter dem\nGesichtspunkt der Vorwegnahme der Hauptsache von einer Halbierung des\nAuffangwertes abzusehen, so dass der Streitwert fur beide Instanzen unter\nentsprechender Abanderung des verwaltungsgerichtlichen Ausspruches auf 5.000,-\nEUR festzusetzen ist.\n\nDieser Beschluss ist nicht anfechtbar.\n\n |
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130,070 | ovgsl-2011-04-06-1-a-1911 | 938 | Oberverwaltungsgericht des Saarlandes | ovgsl | Saarland | Verwaltungsgerichtsbarkeit | 1 A 19/11 | 2011-04-06 | 2019-01-07 09:48:07 | 2019-02-12 12:37:26 | Urteil | ## Tenor\n\nDie Berufung gegen das aufgrund der mundlichen Verhandlung vom 23. Marz 2010\nergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 3 K 544/09 - wird\nzuruckgewiesen.\n\nDie Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Klager zur Last.\n\nDas Urteil ist wegen der Kosten vorlaufig vollstreckbar.\n\nDie Revision wird nicht zugelassen.\n\n## Tatbestand\n\nDer Klager, der seit 1980 Dienst in der saarlandischen Polizei leistet,\nbegehrt mit seiner Klage die Gewahrung der Verwendungszulage nach § 46 Abs. 1\nSatz 1 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG).\n\nMit Schreiben des Beklagten vom 23.6.2003 wurde dem Klager, der zum 1.4.2003\nzum Kriminaloberkommissar (Besoldungsgruppe A 11) befordert worden war, mit\nWirkung vom 1.7.2003 die Funktion des Leiters des Kriminalkommissariats 2 der\nKriminalpolizeiinspektion ubertragen. Das Schreiben lautet wie folgt:\n\n> --- \n> „Sehr geehrter Herr A., \n> mit Wirkung vom 1.7.2003 ubertrage ich Ihnen die Funktion des Leiters des\n> Kommissariates 2 der Kriminalpolizeiinspektion. \n> Fur Ihre Tatigkeit wunsche ich Ihnen viel Erfolg." \n \nIn einem sich daran anschließenden Schreiben des Leiters der\nLandespolizeidirektion vom 2.7.2003 heißt es:\n\n> --- \n> „Sehr geehrter Herr A., \n> mit Schreiben des Ministeriums fur Inneres und Sport - Referat D 6-II-37.60\n> - vom 23.6.2003 wurde Ihnen mit Wirkung vom 1. Juli 2003 die Funktion des\n> Leiters des Kommissariates 2 der Kriminalpolizeiinspektion ubertragen. \n> Damit verbunden ubertrage ich Ihnen hiermit mit gleicher Wirkung die\n> Funktion des Leiters des Sachgebietes 21 des Kommissariates 2, die Sie in\n> Personalunion mit Ihrer Funktion als Leiters des Kommissariates 2 ausuben. \n> Fur Ihren neuen Aufgabenbereich wunsche ich Ihnen eine gluckliche Hand und\n> fur Ihre weitere berufliche Zukunft alles Gute." \n \nDie dem Klager ubertragene Funktion ist seit der Dienstpostenbewertung der\nsaarlandischen Polizei vom 30.3.2005 nach Besoldungsgruppe A 13 bewertet. Nach\nder Bewertung erfolgte keine erneute Auswahlentscheidung.\n\nMit Wirkung vom 1.4.2007 wurde dem Klager ein Amt der Besoldungsgruppe A 12\nverliehen. Zeitgleich erfolgte die Einweisung in eine Planstelle der\nBesoldungsgruppe A 12. Daran hat sich bis heute nichts geandert.\n\nMit Schreiben vom 21.8.2008 und 2.9.2008 beantragte der Klager, der zum\n15.10.2007 mit „Entspricht voll den Anforderungen" (3) dienstlich beurteilt\nworden war, die Zahlung der Verwendungszulage nach § 46 BBesG.\n\nMit Bescheid vom 8.1.2009 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zur Begrundung\nheißt es im Wesentlichen, der Gewahrung der begehrten Zulage stehe entgegen,\ndass dem Klager der Dienstposten weder vorubergehend noch vertretungsweise,\nsondern ohne zeitliche oder dienstliche Beschrankung ubertragen worden sei.\nEine Analogie verbiete sich, weil die Vorschrift nur zeitlich befristete oder\nvorubergehend vertretungsweise Wahrnehmungen hoherwertiger Dienstposten\nerfasse. Grundsatzlich konne ein Beamter in einer hoher bewerteten Funktion\nbeschaftigt werden, ohne dass sich daraus eine Verpflichtung des Dienstherrn\nzu einer Beforderung ergebe. Ein Anspruch auf Geldausgleich mit alimentativem\nCharakter konne auch nicht aus den hergebrachten Grundsatzen des\nBerufsbeamtentums, insbesondere dem Leistungsprinzip, der Fursorgepflicht oder\ndem Alimentationsprinzip hergeleitet werden. Das in Art. 33 Abs. 5 GG\nverankerte Leistungsprinzip erfordere nicht, dass jegliche Aufgabenerfullung,\ndie uber die amtsgemaße Beschaftigung hinausgehe, finanziell honoriert werde.\nDie Fursorgepflicht des Dienstherrn bestehe grundsatzlich nur in den Grenzen\ndes bereits bekleideten statusrechtlichen Amtes. Aus dem Umstand, dass der\ntatsachlich wahrgenommene Dienstposten nach Besoldungsgruppe A 13 bewertet\nsei, wahrend der Beamte nach Besoldungsgruppe A 12 besoldet werde, ergebe sich\nnichts anderes.\n\nZur Begrundung seines gegen den Bescheid erhobenen Widerspruchs machte der\nKlager im Wesentlichen geltend, er besitze die nachgewiesene\nlaufbahnrechtliche Befahigung fur den Zugang zum Amt des Ersten\nKriminalhauptkommissars (§ 2 Abs. 3 SPolLVO). Somit bestehe dem Grunde nach\nfur seine Person die Moglichkeit der Beforderung in das statusrechtliche Amt,\ndessen Aufgaben ihm mit Wirkung vom 1.7.2003 ubertragen worden seien. Aus\ndiesem Grunde finde in seinem Fall die Anspruchsgrundlage des § 46 Abs. 1\nBBesG in der Alternative des Satzes 1 der Vorschrift (Fassung bis 11.2.2009)\nAnwendung. In § 46 Abs. 1 BBesG werde an keiner Stelle auf eine Befristung\nhingewiesen oder abgestellt. Die Ausfuhrungen des OVG Sachsen-Anhalt in seinem\nBeschluss vom 30.10.2007 - 1 L 164/07 - zum Merkmal einer vorubergehenden\nÜbertragung eines Amtes seien insoweit eindeutig. Weiterfuhrend und bedeutend\nsei in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts\n(BVerfGE 70, 251, 268). Hiernach konne die ausnahmsweise zeitliche Ausnahme\nvom Grundsatz der Einheit des Amtes im statusrechtlichen und im funktionellen\nSinne durch die Ausbringung einer Zulage gewahrleistet werden. Nur so blieben\ndie hergebrachten Grundsatze des Berufsbeamtentums und die aus dem\nLeistungsprinzip abgeleiteten verfassungsrechtlichen Vorgaben der Verknupfung\nvon Status und Funktion gewahrt. In diesem Zusammenhang stelle das\nBundesverfassungsgericht klar, dass eine auf Dauer angelegte Entkoppelung von\nStatus und Funktion mit dem bestehenden Recht nicht vereinbar sei.\n\nMit Widerspruchsbescheid vom 15.5.2009, dem Klager gegen Empfangsbekenntnis am\n2.6.2009 zugestellt, wurde der Widerspruch des Klagers zuruckgewiesen. Zur\nBegrundung ist im Wesentlichen ausgefuhrt, die Zahlung einer Zulage nach § 46\nAbs. 1 Satz 1 BBesG fur die Wahrnehmung eines hoherwertigen Amtes setze\nvoraus, dass die Aufgaben des Amtes vorubergehend vertretungsweise\nwahrgenommen wurden (seit mindestens 18 Monaten ununterbrochene Wahrnehmung\nder Aufgaben) und die haushaltsrechtlichen und laufbahnrechtlichen\nVoraussetzungen fur die Übertragung dieses Amtes vorlagen. Nach Sinn und Zweck\nder Vorschrift werde dem Beamten ein Anreiz geboten, einen hoherwertigen\nDienstposten vertretungsweise und zeitlich begrenzt zu ubernehmen. Die\nÜbertragung des derzeitigen Dienstpostens des Klagers sei demgegenuber auf\nDauer erfolgt und nicht auf einen bestimmten Zeitraum befristet, so dass § 46\nAbs. 1 Satz 1 BBesG im Fall des Klagers schon allein aus diesem Grunde keine\nAnwendung finden konne. Die vom Klager angefuhrte Rechtsprechung des OVG\nSachsen-Anhalt sei eine Einzelfallentscheidung. Der Wortlaut des Gesetzes, dem\nim Besoldungsrecht besondere Bedeutung zukomme, setze ausdrucklich eine\nvorubergehende Aufgabenubertragung voraus. Aus der erst nachtraglich erfolgten\nEinfugung der beiden Worter „vorubergehend vertretungsweise" folge deren\nbesondere Bedeutung, mit der die Auffassung des Klagers nicht vereinbar sei.\nEin wichtiger Fall einer dauerhaften und nicht nur vertretungsweisen\nAufgabenubertragung, namlich die zeitlich unbefristete Dienstpostenubertragung\nzum Zwecke der Beforderung, wurde so entgegen den Bedenken des Bundesrates in\nden Anwendungsbereich des § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG einbezogen. Falle\ndauerhafter Aufgabenubernahme mit einzubeziehen, habe der Bundesrat im\nGesetzgebungsverfahren als problematisch angesehen, da nach den hergebrachten\nGrundsatzen des Berufsbeamtentums dann an sich eine Beforderung zu erfolgen\nhatte (siehe BT-Drs. 13/3994, S. 72). Den Bedenken des Bundesrates komme hier\neine besondere Bedeutung zu, da ihnen im Vermittlungsausschuss Rechnung\ngetragen worden sei. Die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen zur Beforderung\ndes Klagers in das dem Amt im funktionellen Sinn entsprechende Statusamt lagen\ngrundsatzlich vor. Von einer dauerhaften Entkoppelung des Amtes im\nfunktionellen Sinn vom Amt im statusrechtlichen Sinn konne daher nicht die\nRede sein. Vielmehr sei eine Beforderung nicht allein von der Erfullung der in\nder Person des Beamten liegenden Beforderungsvoraussetzungen abhangig, sondern\nauch vom Vorliegen der haushaltsrechtlichen Voraussetzungen und der fur das\nBeforderungsamt vorliegenden Konkurrenzsituation.\n\nAm 19.6.2009 hat der Klager Klage erhoben.\n\nSein Widerspruchsvorbringen erganzend hat er zur weiteren Begrundung\nvorgetragen, die Funktion des Leiters des Kommissariats 2 der\nKriminalpolizeiinspektion ube er bis heute aus. Die Voraussetzungen des § 46\nAbs. 1 Satz 1 BBesG fur die Zahlung einer Zulage seien erfullt. Durch die\nÜbertragung der Funktion des Leiters des Kommissariates 2 der\nKriminalpolizeiinspektion mit Wirkung vom 1.7.2003 seien ihm die Aufgaben\neines hoherwertigen Amtes ubertragen worden. Auch die 18-monatige Wartefrist\nsei zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits abgelaufen gewesen. Sowohl die\nhaushaltsrechtlichen als auch die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen fur die\nÜbertragung des Amtes lagen in seinem Fall vor. Dies gelte insbesondere fur\ndie sogenannte Beforderungsreife. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei es im\nvorliegenden Fall auch unschadlich, dass ihm die Aufgaben des hoherwertigen\nAmtes nicht ausdrucklich „vorubergehend vertretungsweise", sondern auf Dauer\nohne zeitliche Beschrankung ubertragen worden seien. In hochstrichterlicher\nund obergerichtlicher Rechtsprechung sei geklart, dass im Sinne von § 46 Abs.\n1 Satz 1 BBesG die Aufgaben eines hoherwertigen Amtes auch dann „vorubergehend\nvertretungsweise" ubertragen wurden, wenn die Übertragungen nicht ausdrucklich\nunter Verwendung dieser Begriffe oder gar im Sinne von „bis auf weiteres" oder\n„auf Dauer" erfolge. Demnach gelte die Aufgabenubertragung auch dann als\n„vorubergehend vertretungsweise", wenn der Dienstherr dem Beamten die Aufgaben\neines hoheren Amtes (ungeachtet etwaiger zeitlicher Bestimmungen und\nBeforderungsabsichten) bis zur statusrechtlichen Besetzung der dem\nDienstposten zugeordneten vakanten Planstelle ubertrage. In diesem Sinne sei §\n46 Abs. 1 Satz 1 BBesG aufgrund von Art. 3 GG verfassungskonform auszulegen.\nDer Beklagte wolle denjenigen Beamten, der dauerhaft die Aufgaben des Amtes\nwahrnehme, schlechter behandeln als denjenigen, der das Amt nur vorubergehend\nvertretungsweise inne habe. Wie dies mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz und\nder Fursorge des Dienstherrn in Übereinstimmung gebracht werden konne, sei\nnicht nachvollziehbar. Das Schreiben des Beklagten vom 23.6.2003 enthalte im\nÜbrigen bezuglich der Frage, ob die Funktion des Leiters des Kommissariates 2\nder Kriminalpolizeiinspektion dauerhaft oder nur vorubergehend ubertragen\nwerde, gerade keine Regelung. Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt habe\nmit Beschluss vom 6.6.2006 - 1 L 35/06 - in diesem Zusammenhang darauf\nhingewiesen, dass auch eine auf Dauer ubertragene Aufgabe jederzeit wieder\nentzogen werden konne. Schließlich habe hinsichtlich seiner Person eine\nErmessensausubung daruber, warum ihm das in Rede stehende Amt dauerhaft und\nnicht vorubergehend oder vertretungsweise ubertragen worden sei und warum er\nweniger Geld erhalte als derjenige, dem das Amt vorubergehend oder\nvertretungsweise ubertragen werde, offensichtlich nicht stattgefunden.\nInsoweit sei von einem kompletten Ermessensausfall auszugehen. Da es keine\nrationalen Argumente gebe, die seine Schlechterstellung begrunden konnten,\nkonne das Ermessen durch das Verwaltungsgericht ersetzt werden; aufgrund einer\nErmessensreduzierung auf Null und aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes\nstehe ihm ein Anspruch auf die klageweise geltend gemachte Vergutung zu.\n\nDer Klager hat beantragt,\n\n> > den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 8.1.2009 in der Gestalt des\n> Widerspruchsbescheides vom 15.5.2009 aufzuheben und den Beklagten zu\n> verpflichten, dem Klager eine Zulage nach § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG\n> ruckwirkend ab dem Zeitpunkt der Antragstellung zu gewahren.\n\nDer Beklagte hat beantragt,\n\n> > die Klage abzuweisen.\n\nEr halt an den ergangenen Bescheiden aus den im Widerspruchsbescheid\ndargelegten Grunden fest. Erganzend und vertiefend hat er vorgetragen, dem\nKlager seien die Aufgaben des hoherwertigen Amtes auf Dauer und nicht mit dem\nZusatz „vorubergehend vertretungsweise" ubertragen worden. Auch sei der Klager\nnicht kommissarisch mit der Funktion betraut worden. Die dauerhaft erfolgte\nÜbertragung eines hoherwertigen Amtes stehe der Zahlung einer\nVerwendungszulage gemaß § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG bereits nach dem eindeutigen\nWortlaut entgegen. Eine analoge Anwendung sei nach der standigen\nRechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei dauerhafter Übertragung\nebenfalls nicht moglich (BVerwG, Beschluss vom 24.9.2008 - 2 B 117/07 -; OVG\nSchleswig-Holstein, Urteil vom 19.7.2007 - 3 LB 28/06 -). Es fehle an der\nerforderlichen unbewussten Regelungslucke. Das Bundesverwaltungsgericht habe\nmit dem Beschluss vom 24.9.2008 entschieden, dass die Verwendungszulage bei\ndauerhafter Übertragung ausgeschlossen sei. Der Klager verkenne im Übrigen,\ndass selbst nach der von ihm herangezogenen Rechtsprechung des OVG Sachsen-\nAnhalt (Beschluss vom 29.1.2008) in seinem Fall mangels einer seinem\nDienstposten zugeordneten vakanten Planstelle A 13 die Voraussetzungen der\nZahlung einer Verwendungszulage nach § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG nicht gegeben\nseien. Im Übrigen ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte des § 46 Abs. 1\nSatz 1 BBesG, dass der Gesetzgeber fur eine nicht nur „vorubergehend\nvertretungsweise", sondern dauerhafte Aufgabenubertragung gerade keinen\nAnspruch auf Gewahrung einer Zulage habe vorsehen wollen. Die Norm wolle einem\nBeamten, dem die Aufgaben des hoheren Amtes ubertragen worden seien, nach\nAblauf einer Übergangsfrist die Bezahlung des hoheren - aber nicht\nstatusrechtlich ubertragenen - Amtes zuerkennen. Die Neuregelung beruhe auf\neinem Entwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 13/3994, S. 14), wonach die bisher\nnur im Rahmen bestimmter landesrechtlicher Regelungen vorgesehene\nZulagenregelung unter bestimmten Voraussetzungen auf Falle der langerfristigen\nWahrnehmung von Aufgaben eines hoherwertigen Amtes erweitert werden solle. Der\nBundesrat habe hiergegen Bedenken vorgebracht, weil es aus\nverfassungsrechtlichen Grunden ausgeschlossen sei, eine Beforderung durch eine\nZulagenregelung zu ersetzen, und außerdem Mehrkosten mit der Neuregelung\nverbunden seien. Daraufhin seien die Änderungsvorschlage des\nVermittlungsausschusses aufgegriffen und die Worter „vorubergehend\nvertretungsweise" eingefugt und zudem die Wartezeit von ursprunglich\nvorgesehenen 6 Monaten auf 18 Monate verlangert worden. Es solle den Beamten\nein Anreiz geboten werden, einen hoherwertigen Dienstposten vertretungsweise\nzu ubernehmen, ohne dass dies zu Mehrkosten fur den offentlich-rechtlichen\nDienstherrn fuhre. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts\nerfulle der Klager nicht die Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals\n„vorubergehend vertretungsweise". Danach seien Aufgaben dann „vorubergehend\nvertretungsweise" ubertragen, wenn diese bis zur Besetzung der vakanten Stelle\nsowie statt der dem Statusamt zugeordneten Aufgaben und anstelle des noch\nnicht ernannten Amtsinhabers wahrgenommen wurden. Dem Klager sei demgegenuber\ndie Funktion derart ubertragen worden, dass nicht beabsichtigt gewesen sei,\ndiese einem anderen zu ubertragen, und er diese auch nicht nur bis zur\nBesetzung mit einem anderen Inhaber habe ausuben sollen. Es handele sich damit\nnicht um eine kommissarische Wahrnehmung. Dass die Übertragung der Funktion\nohne zeitliche Beschrankung auf Dauer erfolgt sei, ergebe sich eindeutig aus\ndem Schreiben vom 23.6.2003. Eine verfassungskonforme Auslegung im Sinne des\nKlagers komme nicht in Betracht. Beim Erlass besoldungsrechtlicher\nVorschriften habe der Gesetzgeber einen weiten Spielraum politischen\nErmessens, innerhalb dessen er das Besoldungsrecht den tatsachlichen\nNotwendigkeiten unter fortschreitender Entwicklung anpassen und\nverschiedenartige Gesichtspunkte berucksichtigen durfe. Der Gleichheitssatz\nsei nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber nicht die gerechteste,\nzweckmaßigste oder vernunftigste Losung gewahlt habe. Nach diesen Grundsatzen\nliege es noch innerhalb des dem Gesetzgeber eroffneten Gestaltungsrahmens,\ngleichartige Tatigkeiten, namlich die Wahrnehmung der Aufgaben eines\nhoherwertigen Amtes, besoldungsrechtlich unterschiedlich zu behandeln. Beim\nKlager liege auch keineswegs eine dauerhafte Trennung von Status und Amt vor.\nBei ihm lagen die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen zur Beforderung in das\ndem Amt im funktionellen Sinne entsprechende Statusamt grundsatzlich vor. Dem\nDienstherrn sei es aber verwehrt, dem Beamten eine uber die Vorschriften des\nBundesbesoldungsgesetzes hinausgehende Besoldung, Vergutung, Zulage oder\nandere Form der Alimentation zu gewahren. Dies folge allgemein aus § 2 Abs. 1\nBBesG und fur den Bereich der Zulagen speziell aus der Vorschrift des § 51\nSatz 1 BBesG, wonach andere als im Bundesbesoldungsgesetz geregelte Zulagen\nnur gewahrt werden durfen, wenn sie bundesgesetzlich vorgesehen seien. Eine\nauf Dauer angelegte Entkoppelung von statusrechtlichem Amt und Funktion konne\nnicht angenommen werden, solange eine Beforderung des Beamten unter\nBerucksichtigung des Leistungsgrundsatzes noch moglich sei. Der\nBundesgesetzgeber habe insoweit im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraumes\nim Bereich des Besoldungsrechts von seiner Gesetzgebungskompetenz abschließend\nGebrauch gemacht und einen alimentativen Anspruch des Beamten fur den Fall,\ndass ihm ein hoherwertiger Dienstposten unbefristet ubertragen worden sei,\nnicht normiert. Weder der Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG noch das\nAlimentationsprinzip als durch Art. 33 Abs. 5 GG geschutzter hergebrachter\nGrundsatz des Berufsbeamtentums fordere, dass einem Beamten nicht nur wegen\neines vorubergehend vertretungsweisen, sondern auch wegen eines dauerhaften\nEinsatzes auf einem hoherwertigen Dienstposten zusatzliche\nBesoldungsleistungen gewahrt wurden. § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG eroffne auch\nkein Ermessen. Mangels Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen scheide\nein Anspruch zwingend aus.\n\nMit aufgrund mundlicher Verhandlung vom 23.3.2010 ergangenem Urteil hat das\nVerwaltungsgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgrunden heißt es\nim Wesentlichen:\n\nDie als Verpflichtungsklage zulassige Klage sei unbegrundet. Auszugehen sei\nvon der fur das Begehren des Klagers allein in Betracht kommenden\nRechtsgrundlage des § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG. Danach erhalte ein Beamter oder\nSoldat, wenn ihm die Aufgaben eines hoherwertigen Amtes vorubergehend\nvertretungsweise ubertragen werden, nach 18 Monaten der ununterbrochenen\nWahrnehmung dieser Aufgaben eine Zulage, wenn in diesem Zeitpunkt die\nhaushaltsrechtlichen und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen fur die\nÜbertragung dieses Amtes vorliegen. Diese Voraussetzungen fur die Gewahrung\neiner Zulage seien im Falle des Klagers nicht gegeben. Abzustellen sei dabei\nzunachst auf den Wortlaut der Vorschrift, die ausdrucklich voraussetze, dass\ndem Beamten die Aufgaben eines hoherwertigen Amtes „vorubergehend\nvertretungsweise" ubertragen werden. Dies sei im vorliegenden Fall nicht\ngeschehen. Sowohl dem Schreiben des Beklagten vom 23.6.2003, mit welchem dem\nKlager die Funktion des Leiters des Kommissariates 2 der\nKriminalpolizeiinspektion ubertragen worden sei, als auch dem weiteren, an den\nKlager gerichteten Schreiben des Leiters der Landespolizeidirektion vom\n2.7.2003 sei zweifelsfrei zu entnehmen, dass dem Klager die genannte Funktion\nnicht nur vorubergehend vertretungsweise, sondern auf Dauer ubertragen worden\nsei. Unstreitig ube der Klager diese Funktion auch heute noch, also bereits\nseit nunmehr nahezu sieben Jahren, aus. Von einer lediglich vorubergehenden\nund vertretungsweisen Aufgabenubertragung konne danach keine Rede sein. Die\ngesetzlichen Voraussetzungen einer Gewahrung der vom Klager begehrten Zulage\nnach § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG lagen nach dem eindeutigen Wortlaut der\nVorschrift somit nicht vor. Das gelte nach zutreffender Ansicht des Beklagten\nselbst dann, wenn man der vom Klager zitierten Rechtsprechung des OVG Sachsen-\nAnhalt folge. Nach dessen Auffassung wurden im Sinne von § 46 Abs. 1 Satz 1\nBBesG die Aufgaben eines hoherwertigen Amtes auch dann „vorubergehend\nvertretungsweise" ubertragen, wenn die Übertragung nicht ausdrucklich unter\nVerwendung dieser Begriffe oder gar im Sinne von „bis auf weiteres" auf\n„Dauer" erfolge (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.12.2009 - 1 L 83/09 -\nunter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 21.8.2003 - 2 C 48.02 -). Die\nAufgabenubertragung im Sinne von § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG erfolge danach\nvielmehr (auch) dann „vorubergehend vertretungsweise", wenn der Dienstherr dem\nBeamten die Aufgaben eines hoherwertigen Amtes (ungeachtet etwaiger zeitlicher\nBestimmungen oder Beforderungsabsichten) bis zur - statusrechtlichen -\nBesetzung der dem Dienstposten zugeordneten vakanten Planstelle ubertrage.\nNach der Rechtsprechung des OVG Sachsen-Anhalt liege indes eine dauerhafte\nAufgabenubertragung vor, wenn dem Beamten im Hinblick auf seine weitere\ndienstliche Verwendung der Dienstposten ohne eine zeitliche Einschrankung\nubertragen werde und der Beamte selbst davon ausgehe, dass die Übertragung auf\nDauer erfolge. Die Frage, ob ein Dienstposten einem Beamten „dauerhaft" bzw.\n„ohne zeitliche Begrenzung" und damit gerade nicht im Sinne von § 46 Abs. 1\nSatz 1 BBesG lediglich „vorubergehend vertretungsweise" ubertragen worden sei,\nstelle eine Tatsachenfrage dar, die allein nach den jeweiligen Umstanden des\nEinzelfalls zu klaren sei, wobei es maßgeblich darauf ankomme, ob die Aufgaben\nlediglich bis zur Besetzung einer vakanten Stelle sowie statt der dem\nStatusamt zugeordneten Aufgaben und anstelle des noch nicht ernannten\nAmtsinhabers wahrgenommen wurden. Der Beklagte habe darauf hingewiesen, dass\ndem Klager die Funktion des Leiters des Kommissariates 2 der\nKriminalpolizeiinspektion nicht etwa bis zur Besetzung einer dem Dienstposten\nzugeordneten vakanten Planstelle ubertragen worden sei. Die Funktion sei dem\nKlager ohne zeitliche Beschrankung auf Dauer ubertragen worden, und der Klager\nube diese Funktion auch nicht vertretungsweise fur einen noch nicht ernannten\nAmtsinhaber aus. Vielmehr sei er seit der Übertragung selbst Inhaber des\nkonkret-funktionalen Amtes. Es sei nie beabsichtigt gewesen, das Amt einem\nanderen zu ubertragen. Hiernach liege aber auch ausgehend von der oben\nwiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sowie des OVG\nSachsen-Anhalt keine „vorubergehend vertretungsweise" Aufgabenubertragung vor.\nDen diesbezuglichen tatsachlichen Angaben des Beklagten sei der Klager auch\nnicht substantiiert entgegengetreten. Insbesondere habe der Beklagte\nunwidersprochen vorgetragen, dass dem Dienstposten des Klagers\nhaushaltsrechtlich keine vakante Planstelle der Besoldungsgruppe A 13\nzugeordnet sei. Der Klager stutze sein Klagebegehren hauptsachlich auf die\nMeinung, der Beklagte konne sich nicht darauf berufen, dass er „die Funktion\nnicht vorubergehend, sondern dauerhaft ubertragen hat", denn § 46 Abs. 1 Satz\n1 BBesG sei aufgrund Art. 3 Abs. 1 GG verfassungskonform dahingehend\nauszulegen, dass die Zulage nicht nur dem Beamten gewahrt werden musse, dem\nein Amt vorubergehend vertretungsweise ubertragen worden sei, sondern auch\ndemjenigen, dem es dauerhaft ubertragen sei. Eine analoge Auslegung der\nVorschrift im Sinne einer Erweiterung ihres Anwendungsbereichs auf die Falle\neiner dauerhaften Übertragung der Aufgaben eines hoherwertigen Amtes sei\njedoch mit dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und damit auch dem\nGesetzesvorbehalt der §§ 2, 51 BBesG nicht vereinbar und auch\nverfassungsrechtlich nicht geboten. In diesem Zusammenhang machte sich das\nVerwaltungsgericht wortlich wiedergegebene Ausfuhrungen aus dem Urteil des OVG\nSachsen vom 20.4.2009 - 2 A 97/08 - (Tz. 31 bis Tz. 41, dokumentiert bei\nJuris) zu Eigen.\n\nGegen das ihm am 29.3.2010 zugestellte Urteil hat der Klager am 29.4.2010 die\nZulassung der Berufung beantragt und diesen Antrag am 31.5.2010 (einem Montag)\nbegrundet. Dem Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 13.1.2011 - 1 A 135/10 -\ngemaß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO entsprochen. Am 8.2.2011 hat der Klager die\nBerufung begrundet.\n\nZur Begrundung der Berufung bezieht sich der Klager, der aktuell mit\n„Übertrifft erheblich die Anforderungen" (2) dienstlich beurteilt ist, auf die\nZulassungsbegrundung vom 31.5.2010 und das erganzende Vorbringen im\nZulassungsverfahren gemaß Schriftsatz vom 23.10.2010.\n\nDer Klager beantragt,\n\n> > unter Abanderung des erstinstanzlichen Urteils den Ablehnungsbescheid des\n> Beklagten vom 8.1.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom\n> 15.5.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Klager eine\n> Zulage nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Bundesbesoldungsgesetz ruckwirkend ab dem\n> Zeitpunkt der Antragstellung zu gewahren.\n\nDer Beklagte beantragt,\n\n> > die Berufung zuruckzuweisen.\n\nEr verteidigt das erstinstanzliche Urteil (vgl. Schriftsatz vom 11.3.2011\nunter Bezugnahme auf die Ausfuhrungen in den Schriftsatzen vom 14.7.2010 und\n10.12.2010 im Zulassungsverfahren).\n\nAuf eine entsprechende Anfrage des Senats hat der Beklagte mitgeteilt, dass im\nK-Bereich bis zum 31.3.2011 insgesamt 16 Polizeivollzugsbeamte der\nBesoldungsgruppe A 12 uber eine Funktion nach A 13 verfugt hatten. Ab dem\n1.4.2011 seien es insgesamt 15 Polizeivollzugsbeamte. Im Haushaltsplan seien\nim K-Bereich insgesamt 19 Planstellen nach A 13 g.D. ausgewiesen. Diese\nPlanstellen konnten durch Beforderung erlangt werden, wobei die\nBeforderungskriterien von Beforderungstermin zu Beforderungstermin differieren\nkonnten. Die Auswahlkriterien der Beforderungskonzeption fur April 2011 bei\nBeforderungen von A 12 nach A 13 g.D. seien wie folgt festgelegt gewesen:\naktuelle Beurteilung mindestens Wertungsstufe 2, Vorbeurteilung mindestens\nWertungsstufe 2, Innehaben einer Funktion nach A 13 langer als ein Jahr und\nRangdienstalter 04/06. Zum jetzigen Zeitpunkt konne, da die\nBeforderungskriterien von Beforderungstermin zu Beforderungstermin differieren\nkonnten, nicht mitgeteilt werden, wann der Klager mit einer Beforderung\nrechnen konne.\n\nWegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den zum Gegenstand der\nmundlichen Verhandlung gemachten Inhalt der Gerichtsakten einschließlich der\nVerwaltungsunterlagen (1 Heft) sowie der Personalakten des Klagers (ab Bl.\n192) Bezug genommen.\n\n## Entscheidungsgründe\n\nDie zulassige Berufung ist nicht begrundet.\n\nZu Recht hat das Verwaltungsgericht einen Anspruch des Klagers auf Gewahrung\nder begehrten Zulage - allein dies ist, wie die mundliche Verhandlung\nbestatigt hat, nach dem Willen des Klagers Streitgegenstand - verneint.\n\nAls Rechtsgrundlage fur das Begehren des Klagers kommt allein § 46 Abs. 1 Satz\n1 BBesG in Betracht, der nach § 1 Abs. 2 des Saarlandischen Besoldungsgesetzes\n- SBesG - in der insoweit bisher unverandert gebliebenen Fassung von Art. 1\nNr. 1 des Gesetzes Nr. 1656 zur Änderung des Saarlandischen Besoldungsgesetzes\nund der Verordnung uber die Gewahrung von Zulagen fur Lehrkrafte mit\nbesonderen Funktionen vom 1.10.2008 (Amtsbl. S. 1755) seit dem 1.4.2008 (vgl.\nArt. 3 des Gesetzes vom 1.10.2008) - ebenso wie die ubrigen am 31.8.2006\ngeltenden Bestimmungen des Bundesbesoldungsgesetzes - fur die Beamten des\nSaarlandes als Landesrecht fort gilt. Indes sind die zwingenden\ntatbestandlichen Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG nicht erfullt.\n\nNach der genannten Vorschrift erhalt ein Beamter, dem die Aufgaben eines\nhoherwertigen Amtes vorubergehend vertretungsweise ubertragen wurden, nach 18\nMonaten der ununterbrochenen Wahrnehmung dieser Aufgaben die sogenannte\nVerwendungszulage, wenn in diesem Zeitpunkt die haushaltsrechtlichen und\nlaufbahnrechtlichen Voraussetzungen fur die Übertragung des Amtes vorliegen.\nZwar ist dem Klager seit dem 30.3.2005 - Inkrafttreten des neuen\nDienstpostenbewertungskataloges der saarlandischen Polizei - ununterbrochen\ndie seither nach A 13 g. D. bewertete Funktion des Leiters des Kommissariats 2\nder Kriminalpolizeiinspektion und damit ein im Vergleich zu seinem Statusamt -\nKriminalhauptkommissar der Besoldungsgruppe A 12 - hoher bewerteter\nAufgabenkreis ubertragen. Die Aufgabenwahrnehmung geschieht indes im\nVerstandnis des § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG nicht „vorubergehend\nvertretungsweise". Dies hat das Verwaltungsgericht in seinem Urteil (S. 11 bis\n13) - in Auseinandersetzung insbesondere mit der teilweise abweichenden\nRechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt\n\n> > u.a. Beschluss vom 14.12.2009 - 1 L 83/09 -, Juris -\n\nin uberzeugender Wurdigung der konkreten Fallumstande herausgearbeitet. Darauf\nnimmt der Senat Bezug. Wie die mundliche Verhandlung vor dem Senat bestatigt\nhat, wurde dem Klager die Leitung des Kommissariats 2 der\nKriminalpolizeiinspektion - entsprechend der allgemeinen Handhabung des\nBeklagten - nach Ausschreibung dieses Dienstpostens aufgrund einer am\nBestengrundsatz ausgerichteten Auswahlentscheidung zum 1.7.2003 auf Dauer\nubertragen und hieran nach Inkrafttreten des neuen\nDienstpostenbewertungskataloges festgehalten, was eine Bestatigung nicht\nzuletzt darin findet, dass der Klager diesen Dienstposten bis heute inne hat.\nEs fehlt damit jeglicher Anhaltspunkt dafur, dass die Dienstpostenvergabe zu\nirgendeinem Zeitpunkt - lediglich - „vorubergehend vertretungsweise" erfolgt\nware. Dennoch die genannte Voraussetzung fur die Gewahrung der Zulage mit dem\nArgument als erfullt anzusehen, Dienstpostenubertragungen seien mangels eines\n„Rechts am Amt" nie „endgultig", nahme dem Tatbestandsmerkmal „vorubergehend\nvertretungsweise" in § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG jede Bedeutung. Das verbietet\nsich bereits nach dem Wortlaut, zudem aber auch unter Berucksichtigung der\nEntstehungsgeschichte der Norm. Die Formulierung „vorubergehend\nvertretungsweise" wurde im Gesetzgebungsverfahren\n\n> > ausfuhrlich dazu Schmidt in Plog-Wiedow, BBG - Stand: September 2010 -, §\n> 46 BBesG Rdnr. 3,\n\nauf Vorschlag des Vermittlungsausschusses eingefugt, um den Anwendungsbereich\nder Vorschrift insbesondere zur Vermeidung von Mehrkosten einzuengen\n\n> > im Ergebnis wie hier BVerwG, Beschlusse vom 19.12.2007 - 2 B 35/07 -, vom\n> 24.9.2008 - 2 B 117/07 - und vom 23.10.2008 - 2 B 114/07 -; ferner OVG\n> Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.7.2007 - 3 LB 28/06 -, und OVG Sachsen,\n> Urteil vom 20.4.2009 - 2 A 97/08 -, samtlich Juris.\n\nDaruber hinaus fehlt es an dem in § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG zusatzlich\nbestimmten Erfordernis, dass die „haushaltsrechtlichen Voraussetzungen fur die\nÜbertragung dieses Amtes" \\- gemeint ist damit fallbezogen: eines Amtes der\nBesoldungsgruppe A 13 g.D. (Erster Kriminalhauptkommissar) - auf den Klager je\nvorgelegen hatten. Dies wurde voraussetzen, dass dem seit dem 30.3.2005 nach A\n13 g.D. bewerteten Dienstposten des Klagers eine Planstelle der\nBesoldungsgruppe A 13 g.D. zugeordnet ware, also eine feste\nhaushaltsrechtliche Verknupfung zwischen dem konkreten Amt (Dienstposten) und\ndem entsprechenden Statusamt bestunde\n\n> > dazu BVerwG, Urteil vom 28.4.2005 - 2 C 29/04 -, NVwZ 2005, 1078, und OVG\n> Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8.6.2010 - 1 L 50/10 -, Juris.\n\nDaran fehlt es. Wie die mundliche Verhandlung vor dem Senat ergeben hat,\nerfolgt jedenfalls im Bereich der Besoldungsgruppen A 12 und A 13 g.D. der\nsaarlandischen Kriminalpolizei keine feste Verknupfung zwischen Dienstposten\nund Planstelle. Vielmehr wird die sogenannte Topfwirtschaft praktiziert. Dabei\nbesteht u.a. ein „Überhang" von nach A 13 g.D. bewerteten Dienstposten und\nPlanstellen der entsprechenden Wertigkeit mit der Folge, dass seit der\nBeforderungsrunde vom 1.4.2011 insgesamt 15 Kriminalhauptkommissare der\nBesoldungsgruppe A 12 - uberwiegend bereits seit Jahren - nach A 13 g.D.\nbewertete Dienstposten wahrnehmen. Unter diesen werden kunftig frei werdende\nPlanstellen nach Maßgabe des Bestengrundsatzes vergeben, wobei der Klager, wie\ner in der mundlichen Verhandlung vor dem Senat eingeraumt hat, in den\nvergangenen Jahren deswegen nicht zum Zuge kam, weil er in der vorletzten\ndienstlichen Beurteilung im Vergleich zu mehreren aktuell ebenso wie er\ndienstlich beurteilten Kollegen um eine Gesamturteilsstufe schlechter bewertet\nwurde. Bei der so rechtmaßig praktizierten Topfwirtschaft verbietet es sich\naber, eine wegen Beachtung des Bestengrundsatzes unterbliebene Beforderung des\nKlagers durch die Gewahrung einer Zulage nach § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG\n„aufzufangen"\n\n> > ebenso OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8.6.2010, a.a.O., und\n> Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 24.11.1997, Nr. 9 Abs. 3,\n> abgedruckt bei Schmidt, a.a.O., S. 2, der seinerseits - Rdnr. 6 - diesem\n> Standpunkt zustimmt.\n\nEine analoge Anwendung des § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG auf die hier gegebene\nFallgestaltung kommt ebenfalls nicht in Betracht. Hierzu hat das\nVerwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil (S. 14 bis 19) unter wortlicher\nWiedergabe eines Auszugs aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Sachsen\nvom 20.4.2009\n\n> > \\- 2 A 97/08 -, Juris,\n\ndas Erforderliche gesagt. Hinzuweisen ist erganzend lediglich darauf, dass das\nBundesverwaltungsgericht in seinen bereits zitierten Beschlussen vom\n19.12.2007, 24.9.2008 und 23.10.2008\n\n> > jeweils a.a.O.,\n\nin Fallen, in denen Beamte noch deutlich langer als der Klager einen im\nVergleich zu ihrem Statusamt hoher bewerteten Dienstposten inne hatten, einen\nAnspruch auf die Verwendungszulage oder einen sonstigen finanziellen Ausgleich\nverneint und das Bundesverfassungsgericht die gegen die zuletzt genannte\nEntscheidung eingelegte Verfassungsbeschwerde ohne Begrundung nicht zur\nEntscheidung angenommen hat\n\n> > Beschluss vom 25.6.2009 - 2 BvR 2513/08 -, n.v..\n\nDie zugunsten einer analogen Anwendung des § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG vom Klager\nangefuhrten verfassungsrechtlichen Erwagungen uberzeugen nicht. Dem Beschluss\ndes Bundesverfassungsgerichts vom 20.3.2007\n\n> > \\- 2 BvL 11/04 -, BVerfGE 117, 372\n\nzur Verfassungswidrigkeit der Verlangerung der Wartefrist des § 5 Abs. 3\nBeamtVG vermag der Senat keine die hier anstehende Problematik betreffende\nAussage zu entnehmen. Richtig ist dann, dass nach der Rechtsprechung des\nBundesverfassungsgerichts\n\n> > Beschluss vom 3.7.1985 - 2 BvL 16/82 -, BVerfGE 70, 251 (268),\n\n„§ 18 BBesG von der Verknupfung des Amtes im abstrakt-funktionellen Sinne mit\ndem Amt im statusrechtlichen Sinne ausgeht" und dass „eine auf Dauer angelegte\nEntkoppelung von Status und Funktion… mit dieser Vorschrift nicht vereinbar\n(ist)"\n\n> > vgl. auch BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - 2 C 16/09 -, DVBl. 2011, 228\n> Rdnr. 27, wonach „ein unter Beachtung des Art. 33 Abs. 2 GG ausgewahlter\n> Bewerber … einen Anspruch auf Verleihung des Amtes durch Ernennung hat".\n\nWas damit unter Verfassungsschutz steht, bleibt vage. Dem Klager die Zulage\nnach § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG zuzusprechen, wurde jedenfalls nichts daran\nandern, dass er weiterhin statusrechtlich der Besoldungsgruppe A 12 zugeordnet\nbliebe, obwohl er seit Jahren einen Dienstposten der Wertigkeit der\nBesoldungsgruppe A 13 g.D. erfolgreich wahrnimmt. Die vom Klager als\nverfassungswidrig beklagte Diskrepanz bestunde also fort, lediglich die\naktuellen finanziellen Auswirkungen waren - weitgehend - beseitigt. Darauf\nbesteht sicherlich kein Rechtsanspruch kraft Verfassungsrechts. Der weiterhin\nvom Klager ins Feld gefuhrte Alimentationsgrundsatz knupft an das Statusamt\nan, und der Klager stellt selbst nicht in Abrede, seinem beamtenrechtlichen\nStatus (A 12) entsprechend besoldet zu sein. Das Leistungsprinzip schließlich\nfordert nicht, dass jede Aufgabenerfullung, die uber die statusamtsgemaße\nBeschaftigung hinausgeht, finanziell honoriert wird. Damit steht zugleich\nfest, dass die Entscheidung des Gesetzgebers, in der hier gegebenen\nFallgestaltung fur die Wahrnehmung hoherwertiger Dienstaufgaben keinen\nfinanziellen Ausgleich zu gewahren und den Beamten darauf zu verweisen,\nzuzuwarten, bis er nach dem Leistungsprinzip befordert werden kann, sich\ninnerhalb des insoweit zuzugestehenden weiten Spielraums politischen Ermessens\nbewegt. Das gilt schon allgemein so, insbesondere aber fur ein\nHaushaltsnotlagenland wie das Saarland\n\n> > zu alldem BVerwG, Urteil vom 28.4.2005, a.a.O., S. 1079/1080.\n\nSoweit der Klager schließlich Ermessensfehler geltend macht, ist zu betonen,\ndass § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG dem Dienstherrn keinen Ermessensspielraum\neroffnet. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser oder einer\nanderen Bestimmung nicht vor, ist kein Raum fur eine zusatzliche Zahlung. Das\nergibt sich aus dem strikten Gesetzesvorbehalt des § 2 Abs. 1 BBesG in\nVerbindung mit dem speziell Zulagen und sonstige Vergutungen betreffenden § 51\nSatz 1 BBesG. Sollte die Ruge des Klagers die Dienstpostenubertragung vom\n23.6.2003 betreffen, weil darin der Dienstposten endgultig und nicht\n„vorubergehend vertretungsweise" ubertragen wurde, ist daran zu erinnern, dass\nbereits die Ausschreibung, auf die hin sich der Klager beworben hat, auf eine\nendgultige Aufgabenubertragung zielte, wie sie dann auch erfolgt ist, ohne\ndass der Klager dagegen je Widerspruch erhoben hatte. Wie die mundliche\nVerhandlung vor dem Senat deutlich gemacht hat, ist er denn auch - aus\nverstandlichen Grunden - an einem Zuruckgehen auf einen nach A 12 bewerteten\nDienstposten nicht interessiert.\n\nNach allem hat das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen, so dass\ndie Berufung zuruckgewiesen werden muss.\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.\n\nDer Ausspruch uber die vorlaufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167\nVwGO, 708 Nr. 10 ZPO.\n\nDie Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG fur die Zulassung der\nRevision sind nicht erfullt. Die zitierte Rechtsprechung des\nBundesverwaltungsgerichts zu der entscheidungserheblichen Problematik ist\neindeutig, und auch unter Zugrundelegung des Beschlusses des\nOberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 8.6.2010\n\n> > a.a.O.,\n\nist die Klageabweisung geboten. Sollte das Bundesverwaltungsgericht in seinen\nfur den 28.4.2011 angekundigten Urteilen in Sachen 2 C 30/09, 2 C 27/10 und 2\nC 48/10 seine bisherige Rechtsprechung dergestalt andern, dass damit dieses\nUrteil unvereinbar ware, hat der Klager die Moglichkeit, unter Hinweis auf\neine solche Divergenz gegen die Nichtzulassung der Revision vorzugehen.\n\n**Beschluss**\n\nDer Streitwert wird fur das Berufungsverfahren auf 10.073,76 EUR festgesetzt\n(§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG).\n\nDieser Beschluss ist nicht anfechtbar.\n\n## Gründe\n\nDie zulassige Berufung ist nicht begrundet.\n\nZu Recht hat das Verwaltungsgericht einen Anspruch des Klagers auf Gewahrung\nder begehrten Zulage - allein dies ist, wie die mundliche Verhandlung\nbestatigt hat, nach dem Willen des Klagers Streitgegenstand - verneint.\n\nAls Rechtsgrundlage fur das Begehren des Klagers kommt allein § 46 Abs. 1 Satz\n1 BBesG in Betracht, der nach § 1 Abs. 2 des Saarlandischen Besoldungsgesetzes\n- SBesG - in der insoweit bisher unverandert gebliebenen Fassung von Art. 1\nNr. 1 des Gesetzes Nr. 1656 zur Änderung des Saarlandischen Besoldungsgesetzes\nund der Verordnung uber die Gewahrung von Zulagen fur Lehrkrafte mit\nbesonderen Funktionen vom 1.10.2008 (Amtsbl. S. 1755) seit dem 1.4.2008 (vgl.\nArt. 3 des Gesetzes vom 1.10.2008) - ebenso wie die ubrigen am 31.8.2006\ngeltenden Bestimmungen des Bundesbesoldungsgesetzes - fur die Beamten des\nSaarlandes als Landesrecht fort gilt. Indes sind die zwingenden\ntatbestandlichen Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG nicht erfullt.\n\nNach der genannten Vorschrift erhalt ein Beamter, dem die Aufgaben eines\nhoherwertigen Amtes vorubergehend vertretungsweise ubertragen wurden, nach 18\nMonaten der ununterbrochenen Wahrnehmung dieser Aufgaben die sogenannte\nVerwendungszulage, wenn in diesem Zeitpunkt die haushaltsrechtlichen und\nlaufbahnrechtlichen Voraussetzungen fur die Übertragung des Amtes vorliegen.\nZwar ist dem Klager seit dem 30.3.2005 - Inkrafttreten des neuen\nDienstpostenbewertungskataloges der saarlandischen Polizei - ununterbrochen\ndie seither nach A 13 g. D. bewertete Funktion des Leiters des Kommissariats 2\nder Kriminalpolizeiinspektion und damit ein im Vergleich zu seinem Statusamt -\nKriminalhauptkommissar der Besoldungsgruppe A 12 - hoher bewerteter\nAufgabenkreis ubertragen. Die Aufgabenwahrnehmung geschieht indes im\nVerstandnis des § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG nicht „vorubergehend\nvertretungsweise". Dies hat das Verwaltungsgericht in seinem Urteil (S. 11 bis\n13) - in Auseinandersetzung insbesondere mit der teilweise abweichenden\nRechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt\n\n> > u.a. Beschluss vom 14.12.2009 - 1 L 83/09 -, Juris -\n\nin uberzeugender Wurdigung der konkreten Fallumstande herausgearbeitet. Darauf\nnimmt der Senat Bezug. Wie die mundliche Verhandlung vor dem Senat bestatigt\nhat, wurde dem Klager die Leitung des Kommissariats 2 der\nKriminalpolizeiinspektion - entsprechend der allgemeinen Handhabung des\nBeklagten - nach Ausschreibung dieses Dienstpostens aufgrund einer am\nBestengrundsatz ausgerichteten Auswahlentscheidung zum 1.7.2003 auf Dauer\nubertragen und hieran nach Inkrafttreten des neuen\nDienstpostenbewertungskataloges festgehalten, was eine Bestatigung nicht\nzuletzt darin findet, dass der Klager diesen Dienstposten bis heute inne hat.\nEs fehlt damit jeglicher Anhaltspunkt dafur, dass die Dienstpostenvergabe zu\nirgendeinem Zeitpunkt - lediglich - „vorubergehend vertretungsweise" erfolgt\nware. Dennoch die genannte Voraussetzung fur die Gewahrung der Zulage mit dem\nArgument als erfullt anzusehen, Dienstpostenubertragungen seien mangels eines\n„Rechts am Amt" nie „endgultig", nahme dem Tatbestandsmerkmal „vorubergehend\nvertretungsweise" in § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG jede Bedeutung. Das verbietet\nsich bereits nach dem Wortlaut, zudem aber auch unter Berucksichtigung der\nEntstehungsgeschichte der Norm. Die Formulierung „vorubergehend\nvertretungsweise" wurde im Gesetzgebungsverfahren\n\n> > ausfuhrlich dazu Schmidt in Plog-Wiedow, BBG - Stand: September 2010 -, §\n> 46 BBesG Rdnr. 3,\n\nauf Vorschlag des Vermittlungsausschusses eingefugt, um den Anwendungsbereich\nder Vorschrift insbesondere zur Vermeidung von Mehrkosten einzuengen\n\n> > im Ergebnis wie hier BVerwG, Beschlusse vom 19.12.2007 - 2 B 35/07 -, vom\n> 24.9.2008 - 2 B 117/07 - und vom 23.10.2008 - 2 B 114/07 -; ferner OVG\n> Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.7.2007 - 3 LB 28/06 -, und OVG Sachsen,\n> Urteil vom 20.4.2009 - 2 A 97/08 -, samtlich Juris.\n\nDaruber hinaus fehlt es an dem in § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG zusatzlich\nbestimmten Erfordernis, dass die „haushaltsrechtlichen Voraussetzungen fur die\nÜbertragung dieses Amtes" \\- gemeint ist damit fallbezogen: eines Amtes der\nBesoldungsgruppe A 13 g.D. (Erster Kriminalhauptkommissar) - auf den Klager je\nvorgelegen hatten. Dies wurde voraussetzen, dass dem seit dem 30.3.2005 nach A\n13 g.D. bewerteten Dienstposten des Klagers eine Planstelle der\nBesoldungsgruppe A 13 g.D. zugeordnet ware, also eine feste\nhaushaltsrechtliche Verknupfung zwischen dem konkreten Amt (Dienstposten) und\ndem entsprechenden Statusamt bestunde\n\n> > dazu BVerwG, Urteil vom 28.4.2005 - 2 C 29/04 -, NVwZ 2005, 1078, und OVG\n> Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8.6.2010 - 1 L 50/10 -, Juris.\n\nDaran fehlt es. Wie die mundliche Verhandlung vor dem Senat ergeben hat,\nerfolgt jedenfalls im Bereich der Besoldungsgruppen A 12 und A 13 g.D. der\nsaarlandischen Kriminalpolizei keine feste Verknupfung zwischen Dienstposten\nund Planstelle. Vielmehr wird die sogenannte Topfwirtschaft praktiziert. Dabei\nbesteht u.a. ein „Überhang" von nach A 13 g.D. bewerteten Dienstposten und\nPlanstellen der entsprechenden Wertigkeit mit der Folge, dass seit der\nBeforderungsrunde vom 1.4.2011 insgesamt 15 Kriminalhauptkommissare der\nBesoldungsgruppe A 12 - uberwiegend bereits seit Jahren - nach A 13 g.D.\nbewertete Dienstposten wahrnehmen. Unter diesen werden kunftig frei werdende\nPlanstellen nach Maßgabe des Bestengrundsatzes vergeben, wobei der Klager, wie\ner in der mundlichen Verhandlung vor dem Senat eingeraumt hat, in den\nvergangenen Jahren deswegen nicht zum Zuge kam, weil er in der vorletzten\ndienstlichen Beurteilung im Vergleich zu mehreren aktuell ebenso wie er\ndienstlich beurteilten Kollegen um eine Gesamturteilsstufe schlechter bewertet\nwurde. Bei der so rechtmaßig praktizierten Topfwirtschaft verbietet es sich\naber, eine wegen Beachtung des Bestengrundsatzes unterbliebene Beforderung des\nKlagers durch die Gewahrung einer Zulage nach § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG\n„aufzufangen"\n\n> > ebenso OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8.6.2010, a.a.O., und\n> Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 24.11.1997, Nr. 9 Abs. 3,\n> abgedruckt bei Schmidt, a.a.O., S. 2, der seinerseits - Rdnr. 6 - diesem\n> Standpunkt zustimmt.\n\nEine analoge Anwendung des § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG auf die hier gegebene\nFallgestaltung kommt ebenfalls nicht in Betracht. Hierzu hat das\nVerwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil (S. 14 bis 19) unter wortlicher\nWiedergabe eines Auszugs aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Sachsen\nvom 20.4.2009\n\n> > \\- 2 A 97/08 -, Juris,\n\ndas Erforderliche gesagt. Hinzuweisen ist erganzend lediglich darauf, dass das\nBundesverwaltungsgericht in seinen bereits zitierten Beschlussen vom\n19.12.2007, 24.9.2008 und 23.10.2008\n\n> > jeweils a.a.O.,\n\nin Fallen, in denen Beamte noch deutlich langer als der Klager einen im\nVergleich zu ihrem Statusamt hoher bewerteten Dienstposten inne hatten, einen\nAnspruch auf die Verwendungszulage oder einen sonstigen finanziellen Ausgleich\nverneint und das Bundesverfassungsgericht die gegen die zuletzt genannte\nEntscheidung eingelegte Verfassungsbeschwerde ohne Begrundung nicht zur\nEntscheidung angenommen hat\n\n> > Beschluss vom 25.6.2009 - 2 BvR 2513/08 -, n.v..\n\nDie zugunsten einer analogen Anwendung des § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG vom Klager\nangefuhrten verfassungsrechtlichen Erwagungen uberzeugen nicht. Dem Beschluss\ndes Bundesverfassungsgerichts vom 20.3.2007\n\n> > \\- 2 BvL 11/04 -, BVerfGE 117, 372\n\nzur Verfassungswidrigkeit der Verlangerung der Wartefrist des § 5 Abs. 3\nBeamtVG vermag der Senat keine die hier anstehende Problematik betreffende\nAussage zu entnehmen. Richtig ist dann, dass nach der Rechtsprechung des\nBundesverfassungsgerichts\n\n> > Beschluss vom 3.7.1985 - 2 BvL 16/82 -, BVerfGE 70, 251 (268),\n\n„§ 18 BBesG von der Verknupfung des Amtes im abstrakt-funktionellen Sinne mit\ndem Amt im statusrechtlichen Sinne ausgeht" und dass „eine auf Dauer angelegte\nEntkoppelung von Status und Funktion… mit dieser Vorschrift nicht vereinbar\n(ist)"\n\n> > vgl. auch BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - 2 C 16/09 -, DVBl. 2011, 228\n> Rdnr. 27, wonach „ein unter Beachtung des Art. 33 Abs. 2 GG ausgewahlter\n> Bewerber … einen Anspruch auf Verleihung des Amtes durch Ernennung hat".\n\nWas damit unter Verfassungsschutz steht, bleibt vage. Dem Klager die Zulage\nnach § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG zuzusprechen, wurde jedenfalls nichts daran\nandern, dass er weiterhin statusrechtlich der Besoldungsgruppe A 12 zugeordnet\nbliebe, obwohl er seit Jahren einen Dienstposten der Wertigkeit der\nBesoldungsgruppe A 13 g.D. erfolgreich wahrnimmt. Die vom Klager als\nverfassungswidrig beklagte Diskrepanz bestunde also fort, lediglich die\naktuellen finanziellen Auswirkungen waren - weitgehend - beseitigt. Darauf\nbesteht sicherlich kein Rechtsanspruch kraft Verfassungsrechts. Der weiterhin\nvom Klager ins Feld gefuhrte Alimentationsgrundsatz knupft an das Statusamt\nan, und der Klager stellt selbst nicht in Abrede, seinem beamtenrechtlichen\nStatus (A 12) entsprechend besoldet zu sein. Das Leistungsprinzip schließlich\nfordert nicht, dass jede Aufgabenerfullung, die uber die statusamtsgemaße\nBeschaftigung hinausgeht, finanziell honoriert wird. Damit steht zugleich\nfest, dass die Entscheidung des Gesetzgebers, in der hier gegebenen\nFallgestaltung fur die Wahrnehmung hoherwertiger Dienstaufgaben keinen\nfinanziellen Ausgleich zu gewahren und den Beamten darauf zu verweisen,\nzuzuwarten, bis er nach dem Leistungsprinzip befordert werden kann, sich\ninnerhalb des insoweit zuzugestehenden weiten Spielraums politischen Ermessens\nbewegt. Das gilt schon allgemein so, insbesondere aber fur ein\nHaushaltsnotlagenland wie das Saarland\n\n> > zu alldem BVerwG, Urteil vom 28.4.2005, a.a.O., S. 1079/1080.\n\nSoweit der Klager schließlich Ermessensfehler geltend macht, ist zu betonen,\ndass § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG dem Dienstherrn keinen Ermessensspielraum\neroffnet. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser oder einer\nanderen Bestimmung nicht vor, ist kein Raum fur eine zusatzliche Zahlung. Das\nergibt sich aus dem strikten Gesetzesvorbehalt des § 2 Abs. 1 BBesG in\nVerbindung mit dem speziell Zulagen und sonstige Vergutungen betreffenden § 51\nSatz 1 BBesG. Sollte die Ruge des Klagers die Dienstpostenubertragung vom\n23.6.2003 betreffen, weil darin der Dienstposten endgultig und nicht\n„vorubergehend vertretungsweise" ubertragen wurde, ist daran zu erinnern, dass\nbereits die Ausschreibung, auf die hin sich der Klager beworben hat, auf eine\nendgultige Aufgabenubertragung zielte, wie sie dann auch erfolgt ist, ohne\ndass der Klager dagegen je Widerspruch erhoben hatte. Wie die mundliche\nVerhandlung vor dem Senat deutlich gemacht hat, ist er denn auch - aus\nverstandlichen Grunden - an einem Zuruckgehen auf einen nach A 12 bewerteten\nDienstposten nicht interessiert.\n\nNach allem hat das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen, so dass\ndie Berufung zuruckgewiesen werden muss.\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.\n\nDer Ausspruch uber die vorlaufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167\nVwGO, 708 Nr. 10 ZPO.\n\nDie Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG fur die Zulassung der\nRevision sind nicht erfullt. Die zitierte Rechtsprechung des\nBundesverwaltungsgerichts zu der entscheidungserheblichen Problematik ist\neindeutig, und auch unter Zugrundelegung des Beschlusses des\nOberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 8.6.2010\n\n> > a.a.O.,\n\nist die Klageabweisung geboten. Sollte das Bundesverwaltungsgericht in seinen\nfur den 28.4.2011 angekundigten Urteilen in Sachen 2 C 30/09, 2 C 27/10 und 2\nC 48/10 seine bisherige Rechtsprechung dergestalt andern, dass damit dieses\nUrteil unvereinbar ware, hat der Klager die Moglichkeit, unter Hinweis auf\neine solche Divergenz gegen die Nichtzulassung der Revision vorzugehen.\n\n**Beschluss**\n\nDer Streitwert wird fur das Berufungsverfahren auf 10.073,76 EUR festgesetzt\n(§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG).\n\nDieser Beschluss ist nicht anfechtbar.\n\n |
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132,034 | olgsl-2011-10-25-4-u-54010-168 | 939 | Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken | olgsl | Saarland | Oberlandesgericht | 4 U 540/10 - 168 | 2011-10-25 | 2019-01-07 10:09:39 | 2019-02-12 13:09:14 | Urteil | ## Tenor\n\n1\\. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 9. Zivilkammer des\nLandgerichts Saarbrucken vom 26. Oktober 2010 - 9 O 283/07 - abgeandert und\nwie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an den Klager 17.914,68\nEUR nebst Zinsen in Hohe von funf Prozentpunkten uber dem Basiszinssatz seit\ndem 26.9.2007 zu zahlen, sowie den Klager von vorgerichtlichen\nRechtsanwaltskosten in Hohe von 961,28 EUR zuzuglich Zinsen in Hohe von funf\nProzentpunkten uber dem Basiszinssatz seit dem 26.9.2007 freizustellen.\n\n2\\. Der Klager tragt 19%, die Beklagte 81% von den Kosten des ersten\nRechtszugs. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragt die Beklagte.\n\n3\\. Das Urteil ist vorlaufig vollstreckbar.\n\n4\\. Der Streitwert fur das Berufungsverfahren wird auf 19.218,68 EUR\nfestgesetzt.\n\n5\\. Die Revision wird nicht zugelassen.\n\n## Gründe\n\n**I.**\n\nIm vorliegenden Rechtsstreit nimmt der Klager das beklagte Autohaus unter dem\nrechtlichen Gesichtspunkt der kaufrechtlichen Gewahrleistung aus einem\nGebrauchtwagenkauf auf Schadensersatz und Nutzungsausfall in Anspruch.\n\nMit Kaufvertrag vom 16.9.2006 erwarb der Klager von der Beklagten einen Pkw\nder Marke Volvo, V 70, 2,4 T AWD Cross-Country mit Automatikgetriebe zu einem\nKaufpreis von 17.900 EUR. Das erstmals am 26.11.2001 zugelassene Fahrzeug\nhatte zum Zeitpunkt des Kaufs eine Gesamtfahrleistung von 114.285 km. Die\nÜbergabe des Fahrzeugs fand am Tag des Kaufvertragsabschlusses statt.\nHinsichtlich der Einzelheiten des Vertrages wird auf die Anlage K 1 (GA I Bl.\n15 f.) verwiesen.\n\nAm 26.9.2006 blieb der Klager mit einem Getriebeschaden liegen. Zu diesem\nZeitpunkt war der Klager etwa 1.280 km mit dem Fahrzeug gefahren. Das Fahrzeug\nwurde zu dem Autohaus A. nach F. abgeschleppt. Mit Schreiben vom 28.9.2006\nwurde dem Klager mitgeteilt, dass ein Austausch des Automatikgetriebes\nerforderlich sei. Der Kostenvoranschlag lag bei 4.801,63 EUR. Am 4.10.2006\nmeldete sich die Beklagte beim Klager und teilte mit, dass dieser den Schaden\nreparieren lassen solle. Sie werde 40% der garantiefahigen Kosten in Hohe von\n1.847,81 EUR ubernehmen, da der Mangel bei Auslieferung nicht bestanden habe.\nMit Anwaltsschreiben vom 12.10.2006 forderte der Klager die Beklagte zur\nMangelbeseitigung bis zum 16.10.2006 auf. Am 18.10.2006 ließ die Beklagte das\nFahrzeug in F. abholen, um das Fahrzeug zu uberprufen und gegebenenfalls zu\nreparieren.\n\nMit Schreiben vom 6.12.2006 forderte der Klager die Beklagte auf, das Fahrzeug\nspatestens bis zum 8.12.2006 herauszugeben. Am 13.12.2006 uberfuhrte die\nBeklagte das Fahrzeug zum Autohaus A. nach F. wobei jedoch das\nGetriebesteuergerat des Automatikgetriebes fehlte. Nach Einbau des\nSteuergerates erhielt der Klager das reparierte Fahrzeug am 10.2.2007 zuruck.\nIm Laufe des Rechtsstreits ist unstreitig geworden, dass die Beklagte das\nSteuergerat bezahlte, woraufhin der Klager erklart hat, dass er die Erstattung\ndieser Kosten von 819,53 EUR nicht mehr geltend mache.\n\nMit der vorliegenden Klage hat der Klager zunachst fur die Zeit vom 17.10.2006\nbis zum 26.11.2006 (41 Tage) einen Nutzungsausfall von 65 EUR pro Tag, fur die\nweitere Zeit bis zum 10.2.2007 (76 Tage) einen Nutzungsausfall von 59 EUR pro\nTag geltend gemacht. Die Gesamtsumme belauft sich auf **7.149 EUR.**\n\nDer Klager hat behauptet, der Bordcomputer habe am 25.3.2007 wahrend einer\nFahrt die Warnmeldung „Getriebewartung dringend erforderlich" angezeigt. Am\nAutomatikgetriebe sei ein Totalschaden entstanden und Öl ausgetreten. Die\nReparatur habe nur durch einen Austausch des Getriebes erfolgen konnen. Mit\nFax vom 29.3.2007 habe er dies der Beklagten angezeigt und sie zur\nMangelbeseitigung aufgefordert. Unstreitig meldete sich die Beklagte erst am\n25.4.2007 mit einem Vergleichsvorschlag. Eine Einigung kam nicht zu Stande.\nDer Klager hat behauptet, er habe das Fahrzeug am 20.7.2007 fur **5.166,68\nEUR** reparieren lassen, deren Erstattung Gegenstand der Klage ist. Fur die\nZeit von 26.3.2007 bis zum 20.7.2007 (117 Tage) hat der Klager weiteren\nNutzungsausfall in Hohe von **6.903 EUR** geltend gemacht.\n\nDie Summe der im Fettdruck abgedruckten Betrage belauft sich auf 19.218,68\nEUR. Daruber hinaus hat der Klager im ersten Rechtszug wegen weiterer Mangel,\ninsbesondere an Bremsklotzen, Auspuff und Antriebswelle Schadensersatz\nbegehrt.\n\nDer Klager hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Klager 22.083,31\nEUR nebst Zinsen in Hohe von funf Prozentpunkten uber dem Basiszinssatz seit\nKlageerhebung zu zahlen, sowie den Klager von vorgerichtlichen\nRechtsverfolgungskosten in Hohe von 1.561,28 EUR zuzuglich Zinsen in Hohe von\nfunf Prozentpunkten uber dem Basiszinssatz seit Klageerhebung freizustellen.\n\nDem ist die Beklagte entgegengetreten.\n\nDie Beklagte hat behauptet, der erste Getriebeschaden konne bei Übergabe des\nFahrzeugs noch nicht vorgelegen haben, da die orangefarbene Warnleuchte im\nArmaturenbrett nicht aufgeleuchtet habe. Zumindest ware ein solcher Schaden\nden TÜV-Sachverstandigen beim Probelauf am 13.9.2006 aufgefallen. Der Klager\nsei mehr als 1.200 km beanstandungsfrei gefahren, weshalb er sich auf die\nVermutung des § 476 BGB nicht berufen konne. Schließlich komme als Ursache des\nGetriebeschadens auch ein Fahrfehler in Betracht. Hinsichtlich des behaupteten\nzweiten Getriebeschadens sei die Sechs-Monatsfrist des § 476 BGB abgelaufen,\nda die Beklagte von diesem Schadensereignis erstmals per E-Mail am 23.4.2007\nerfahren habe.\n\nDas Landgericht hat der Klage hinsichtlich des geltend gemachten\nNutzungsausfallschadens und der Reparaturkosten fur die Beseitigung des\nzweiten Getriebeschadens stattgegeben (die tenorierte Hauptforderung betragt\n19.218,68 EUR) und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf den Inhalt der\nangefochtenen Entscheidung wird auch hinsichtlich der darin enthaltenen\nFeststellungen gemaß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.\n\nMit ihrer hiergegen gerichteten Berufung erstrebt die Beklagte die\nvollstandige Abweisung der Klage.\n\nDie Berufung rugt hinsichtlich des ersten Getriebeschadens, dass nicht\nfeststehe, welcher konkrete Mangel bei Gefahrubergang vorhanden gewesen sei.\nDas Symptom, wonach das Automatikgetriebe bei einem Beschleunigungsvorgang mit\ncirca 80 km/h plotzlich ausgesetzt und die Motorleistung nicht mehr in\nVortrieb umgesetzt habe, sei erst nach einer Fahrleistung von 1.280 km\naufgetreten. Soweit der Mangel auf ein fehlerhaftes Magnetventil\nzuruckzufuhren sei, habe dieser Fehler bei Gefahrubergang nicht vorliegen\nkonnen. Der Sachverstandige habe hinsichtlich dieses moglichen Fehlers\nerklart, dass ein solcher Fehler erstmals auftrete, wenn er registriert werde.\nDie Registrierung sei jedoch erst circa 1.280 km nach Übergabe erfolgt. Bei\ndieser Sachlage konne nicht offen bleiben, welcher der moglichen Mangel - ein\nmechanischer Mangel oder ein fehlerhaftes Magnetventil - ursachlich fur den\nAusfall des Getriebes gewesen sei.\n\nKonne der Klager jedoch den Beweis fur die Mangelhaftigkeit der Kaufsache bei\nGefahrubergang nicht fuhren, so stehe ihm auch kein Anspruch auf\nNutzungsentschadigung zu. Im Übrigen sei dieser Anspruch außerstenfalls auf\nden 25.1.2007 zu begrenzen, da an diesem Tag das fehlende Steuergerat\neingebaut worden sei. Die nachfolgend durchgefuhrten Reparaturen fur die\nBeseitigung von Mangeln, fur die die Beklagte nicht einstandsfahig sei,\nkonnten der Beklagten nicht angelastet werden.\n\nHinsichtlich des zweiten Getriebeschadens stehe nicht fest, ob tatsachlich ein\nTotalschaden entstanden sei. Dies habe keiner der Zeugen bestatigt. Die\nEinschatzung des Sachverstandigen, der zweite Schaden sei auf eine\nvorausgegangene Kosten sparende und nicht sach- und fachgerechte Reparatur\nzuruckzufuhren, stelle eine Vermutung dar, die fur einen Beweis nicht\nausreiche. Die vom Klager vorgetragene Warnanzeige „Getriebewartung dringend\nerforderlich" spreche nicht fur einen Totalschaden, sondern nur dafur, dass\neine Getriebewartung notwendig gewesen sei. Es sei bei unklarer Ursache des\nersten und des zweiten Fehlers in Betracht zu ziehen, dass der zweite Fehler -\ndie Richtigkeit des Klagervortrags zu seinem Vorliegen unterstellt - nicht im\nZusammenhang mit dem ersten Fehler gestanden habe. Ein Erfahrungssatz, wonach\nAutomatikgetriebe heutzutage uberhaupt nicht mehr reparaturfahig seien,\nexistiere nicht.\n\nHinsichtlich der Schadenshohe habe sich das Landgericht nicht mit dem\nSachvortrag der Beklagten befasst, wonach die Rechnung der Firma H. Leistungen\nenthalte, die beim bloßen Austausch eines Automatikgetriebes nicht\nerforderlich gewesen waren. Hinsichtlich der geltend gemachten\nNutzungsausfallschaden habe das Landgericht ubersehen, dass der behauptete\nÖlaustritt und die daraus resultierende fehlende Verkehrssicherheit nicht\nfeststehe.\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n> > unter Abanderung des Urteils des Landgerichts Saarbrucken vom 26.10.2010 -\n> 9 O 283/07 - die Klage insgesamt abzuweisen.\n\nDer Klager beantragt,\n\n> > die Berufung der Beklagten zuruckzuweisen.\n\nDer Klager verteidigt die angefochtene Entscheidung: Zwar habe die\nBeweisaufnahme keine zeitliche Prazisierung ergeben, wann der Mangel erstmals\naufgetreten sei. Weder der Sachverstandige noch der Zeuge W. seien dazu in der\nLage gewesen, diesen Zeitpunkt zu bestimmen. In einem solchen Fall greife\njedoch die zeitliche Vermutung des § 476 BGB zu Gunsten des Klagers ein, da\nder Mangel innerhalb der Frist aufgetreten sei. Der Klager habe den Sachmangel\nin seiner außeren Erscheinungsform hinreichend beschrieben. Es habe ihm nicht\noblegen, auch die genaue Ursache zu bezeichnen. Im Übrigen stehe die\nangefochtene Entscheidung mit den Rechtsgrundsatzen des Bundesgerichtshofs in\nEinklang, die dieser im Urteil vom 11.1.2008 - VIII ZR 265/07 in einem\nvergleichbaren Fall aufgestellt habe.\n\nAuch konne sich die Beklagte nicht erfolgreich auf eine fahrlassige\nBeweisvereitelung durch den Klager berufen, da die Beklagte selbst die\nReparaturarbeiten vorgenommen habe. Sie schweige sich bis heute daruber aus,\nwer die Reparaturen vorgenommen habe und welche Teile fehlerhaft gewesen\nseien. Der Klager habe hierzu keine Kenntnisse.\n\nEntgegen der Auffassung der Berufung konne der Getriebeschaden nicht durch\neinen Schaltfehler des Klagers aufgetreten sein. Die Beweisaufnahme habe\nbestatigt, dass ein Fahrfehler ausgeschlossen sei, weil die sich auf dem Markt\nbefindlichen Automatikgetriebe einen solchen Fahrfehler nicht mehr zuließen.\n\nHinsichtlich des zweiten Getriebeschadens sei dessen Vorliegen durch die\nAussagen der Zeugin S. und des Zeugen M. bewiesen. Auch habe die\nBeweisaufnahme ergeben, dass die Nachbesserung nur durch den Austausch des\nGetriebes habe erfolgen konnen.\n\nSoweit die Beklagte erstmals in Frage stelle, dass das Fahrzeug nach dem\nzweiten Getriebeschaden nicht mehr verkehrssicher gewesen sei, konne die\nTatfrage dahinstehen: Der Klager habe sich richtig verhalten, indem er das\nFahrzeug bis zur Reparatur nicht mehr benutzt habe. Andernfalls ware ihm ein\nMitverschulden bei einer moglichen Verschlechterung des Getriebeschadens\nanzulasten gewesen. Auch sei es ihm nicht zuzumuten gewesen, mit einem\ndefekten Fahrzeug zu fahren.\n\nHinsichtlich des zweiten Getriebeschadens berufe sich die Beklagte ohne Erfolg\nauf die Rechtsgrundsatze der fahrlassigen Beweisvereitelung. Soweit die\nBeklagte nunmehr beanstande, das Landgericht habe ihr Bestreiten ubergangen,\nwonach neben dem Austausch des Automatikgetriebes weitere Teile ausgetauscht\nworden seien, die mit der Reparatur des Getriebeschadens nicht in Verbindung\nstunden, habe die Beklagte ubersehen, dass sie die Notwendigkeit des\nTeilewechsels im Rahmen des Getriebeaustauschs nicht eindeutig bestritten\nhabe. Sie habe lediglich darauf aufmerksam gemacht, dass die Leistungen uber\nden Austausch des Getriebes hinausgehen wurden.\n\nHinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf\nden Inhalt der Berufungsbegrundung vom 3.2.2011 (GA II Bl. 261 ff.) und der\nBerufungserwiderung vom 28.4.2011 (GA II Bl. 289 ff.) verwiesen. Hinsichtlich\ndes Ergebnisses der mundlichen Verhandlung wird auf das Protokoll (GA II Bl.\n300 ff.) Bezug genommen.\n\n**II.**\n\nA.\n\nDie zulassige Berufung bleibt uberwiegend ohne Erfolg. Die angefochtene\nEntscheidung bedarf lediglich hinsichtlich der Bemessung des Zeitraums fur die\nZuerkennung des Nutzungsausfallschadens sowie hinsichtlich der Berechnung der\nReparaturkosten einer Korrektur.\n\n1\\. Zum Getriebeschaden vom 29.6.2009:\n\na) Der Klager hat von der Beklagten im Wege des Verbrauchsguterkaufs (§ 474\nAbs. 1 BGB) ein gebrauchtes Kraftfahrzeug erworben. Gemaß § 434 Abs. 1, § 437\nNr. 1, § 439 BGB kann der Kaufer im Fall der Lieferung einer mangelhaften\nSache Mangelbeseitigung verlangen. Gerat der Verkaufer mit der\nMangelbeseitigung in Verzug, so steht dem Kaufer unter den Voraussetzungen des\n§ 286 BGB gemaß § 437 Nr. 3, § 440, § 280 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Ersatz\ndes Verzugsschadens zu, der auch den Nutzungsausfall umfasst. Dessen\nungeachtet findet der Anspruch auf Erstattung von Nutzungsausfall bei\nLieferung einer mangelhaften Sache seine Rechtsgrundlage auch unmittelbar in §\n281, § 280 Abs. 1 BGB: Der auf das positive Interesse gerichtete\nSchadensersatzanspruch des Kaufers umfasst typischerweise auch den Ersatz\neines Nutzungsausfallschadens, der dadurch entsteht, dass dem Kaufer infolge\neines Mangels die Nutzung der Kaufsache entgeht (BGHZ 174, 290, 293; BGHZ 88,\n11, 13; 77, 215, 218; Urt. v. 14.4.2010 - VIII ZR 145/09, NJW 2010, 2426,\n2427; Palandt/Weidenkaff, BGB, 70. Aufl., § 437 Rdnr. 36). Diese rechtlichen\nVorgaben stehen zwischen den Parteien im Berufungsrechtszug nicht im Streit,\nnachdem der Klager der Beklagten mit Schreiben vom 12.10.2006 (GA I Bl. 33)\nerfolglos die gem. § 437 Nr. 3, § 281 Abs. 1 BGB erforderliche Frist zur\nMangelbeseitigung setzte.\n\nb) Auch soweit das Landgericht im Ausfall des Getriebes nach einer\nFahrleistung von nur 115.500 km einen Sachmangel des Pkws im Sinne des § 434\nAbs. 1 Nr. 1 und 2 BGB erblickt hat, greift die Berufung dieses Beweisergebnis\nnicht an: Zwar stellt beim Gebrauchtwagenkauf die normale verschleißbedingte\nFunktionsbeeintrachtigung regelmaßig keinen Mangel dar (BGH, Urt. v.\n23.11.2005 - VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434, 435; KG ZGS 2005, 76; OLG Celle NJW\n2004, 3566; Palandt/Weidenkaff, aaO, § 434 Rdnr. 74; Martis, MDR 2010, 840,\n842 m. umf. Nachw.). Jedoch steht nicht im Streit, dass bei einer Fahrleistung\nvon nur 115.500 km nicht mit einem „normalen" verschleißbedingten Austausch\ndes Getriebes zu rechnen war. Nach der Einschatzung des Sachverstandigen R.\nhaben Getriebe der vorliegenden Art eine Laufleistung von regelmaßig 250.000\nkm (GA II Bl. 220).\n\nc) Vielmehr wendet sich die Berufung dagegen, dass das Landgericht unter\nAnwendung der gesetzlichen Vermutung des § 476 BGB zu dem Ergebnis gelangt\nist, dass der Sachmangel bereits bei Gefahrubergang in der Sachsubstanz\nangelegt war. Den Bedenken der Berufung vermag sich der Senat nicht\nanzuschließen.\n\naa) Gemaß § 476 BGB wird beim Verbrauchsguterkauf vermutet, dass die Kaufsache\nbereits bei Gefahrubergang mangelhaft war, es sei denn diese Vermutung ist mit\nder Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Die Vorschrift setzt den\nNachweis eines Sachmangels voraus (so eine Kernaussage des von der Berufung\nzit. „Turboladerfalles": BGH, NJW 2006, 424, in dem sich der Bundesgerichtshof\nvon der Rechtsauffassung distanziert, dass sich die Beweislastumkehr des § 476\nBGB aus Grunden des Verbraucherschutzes auf die Ursache eines sich innerhalb\nvon sechs Monaten seit Gefahrubergang zeigenden Sachmangels erstrecken wurde;\nvgl. auch BGHZ 159, 215, 217; Urt. v. 18.7.2007 - VIII ZR 259/06, NJW 2007,\n2621, 2622) und fuhrt hinsichtlich der Tatsache, dass der Mangel bereits bei\nGefahrubergang vorhanden war, zur vollen Beweislastumkehr zum Nachteil des\nVerkaufers: Diesem obliegt nunmehr gemaß § 292 ZPO der Beweis des Gegenteils,\nder nicht bereits dann erbracht ist, wenn es dem Verkaufer gelingt, die\ngesetzliche Vermutung zu erschuttern. Erforderlich ist es vielmehr, den vollen\nBeweis des Gegenteils der vermuteten Tatsache zu erbringen (BGH, Urt. v.\n19.3.2006 - VIII ZR 173/05, NJW 2006, 2250, 2253; Palandt/Weidenkaff, aaO, §\n476 Rdnr. 8a; Martis, MDR 2010, 844).\n\nbb) Angewandt auf den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt ergibt sich\nhieraus folgendes:\n\naaa) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann der Ausfall des Getriebes\nentweder auf einem fehlerhaften Magnetventil oder auf einem mechanischen\nMangel beruhen. Beide Fehler stellen Sachmangel der Kaufsache im vorgenannten\nSinne dar.\n\nbbb) Demgegenuber ist es der Beklagten nicht gelungen, den Gegenbeweis fur ein\nerst nach Gefahrubergang erfolgtes Auftreten des Sachmangels zu fuhren:\n\nHinsichtlich des fehlerhaften Magnetventils hat der Sachverstandige R. zwar\nausgefuhrt, dass ein solcher Fehler erst dann auftrete, wenn er registriert\nwerde. Da der Fehler im Protokoll erst nach einer in die Besitzzeit des\nKlagers fallenden Fahrstrecke von rund 1.200 km aufgezeichnet wurde, konnte\ndies dafur zu streiten, dass auch der Mangel selber erst nach Gefahrubergang\nentstanden ist. Allerdings hat der Sachverstandige die Schlussfolgerung\nzugleich relativiert, indem er darauf hingewiesen hat, dass die Angaben im\nFehlerprotokoll nicht plausibel seien. Er hat die Vermutung geaußert, dass das\nFehlerprotokoll und die gesamte Elektronik nicht ordnungsgemaß funktionierten.\nMit diesem Hinweis wird die Schlussfolgerung der Berufung zum zeitlichen\nAuftreten des Mangels entscheidend geschwacht.\n\nLetztlich kann die Frage offen bleiben: Der Sachverstandige hat als plausible\nFehlerursache auch einen mechanischen Mangel im Getriebe in Betracht gezogen.\nDieser Fehler konne - so der Sachverstandige - jedenfalls im Anfangsstadium\nwahrend einer oft kurzen Probefahrt regelmaßig nicht festgestellt werden.\nDemnach konnte ein mechanischer Mangel bereits bei Gefahrubergang vorgelegen\nhaben. Diese nicht fernliegende Hypothese hat die Beklagte nicht mit einer zum\nBeweis erforderlichen Gewissheit widerlegt.\n\nccc) Schließlich verhelfen die Rechtsgrundsatze uber Beweiserleichterungen bei\nBeweisvereitelung (vgl. hierzu: P/W/W/Laumen, ZPO, 3. Aufl., § 286 Rdnr. 86\nff.; BGHZ 132, 47, 50; NJW 2006, 436; Urt. v. 25.6.1997 - VIII ZR 300/96 - NJW\n1997, 3311, 3312; Urt. v. 23.10.2008 - VII ZR 64/07, MDR 2009, 80 f.) der\nBerufung nicht zum Erfolg: Es war nicht der Klager, sondern die Beklagte, die\ndas Getriebe reparierte. Mithin geht es mit der Beklagten heim, wenn sie den\nam Getriebe entstandenen Schaden vor der Reparatur nicht beweisverwertbar\ndokumentierte.\n\nd) Allerdings bedarf die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Berechnung\ndes Nutzungsausfallschadens einer Korrektur:\n\naa) Nach gefestigter Rechtsprechung stellt auch der vorubergehende Verlust der\nGebrauchsmoglichkeit eines Kraftfahrzeugs einen Vermogensschaden dar, wenn der\nGeschadigte fur die Zeit des Nutzungsausfalls auf die Anmietung eines\nErsatzwagens verzichtet (BGHZ 56, 214, 215; 40, 345, 347 ff.; BGH, NJW 2010,\n2427; Urt. v. 10.3.2009 - VI ZR 211/08, NJW 2009, 1663, 1664; Urt. v.\n10.6.2008 - VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198). Bei Fahrzeugen, auf deren\nstandige Verfugbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung haufig\nangewiesen ist, stellt bereits die Gebrauchsmoglichkeit einen geldwerten\nVorteil dar, dessen Entziehung als Vermogensschaden anzusehen ist (BGHZ 56,\n215; BGH, NJW 2010, 2427; NJW-RR 2008, 1198).\n\nbb) Diese Voraussetzungen sind fur den reparaturbedingten Ausfall in der Zeit\nvom 17.10.2006 bis zum 25.1.2007 erfullt. Fur die Zeit danach hat der Klager\ndie Mangelbedingtheit des Nutzungsausfalls nicht dargelegt:\n\nDer Klager hat in der ersten Instanz vorgetragen, dass das Steuergerat am\n25.1.2007 eingebaut worden sei, danach habe er weitere Reparaturen veranlasst.\nErst am 10.2.2007 habe er das reparierte Fahrzeug zuruckerhalten (GA I Bl. 8\nund 11). Obwohl die Beklagte die Lange des geltend gemachten Nutzungsausfalls\nim ersten Rechtszug nicht bestritten hat, ist die Beklagte mit ihrem\nzweitinstanzlichen Sachvortrag, wonach die Schadensursachlichkeit des\nNutzungsausfalls in der Zeit vom 25.1. bis zum 10.2.2007 zu bestreiten sei,\nnicht prakludiert: Es ist Sache des Klagers, die Schadensursachlichkeit des\nNutzungsausfallschadens in vollem Umfang darzulegen. Dieser Darlegungslast ist\nder Klager weder im ersten noch im zweiten Rechtszug nachgekommen, weshalb der\ngeltend gemachte Nutzungsausfall fur den entstandenen ersten Getriebeschaden\nzeitlich auf den 25.1.2007 zu begrenzen ist. Der zuerkannte Betrag vermindert\nsich - gegen die zutreffende Berechnung des Tagessatzes formuliert die\nBeklagte keine Bedenken - um 16 x 59 EUR (944 EUR).\n\n2\\. Hinsichtlich des zweiten Getriebeschadens hat das Landgericht die Beklagte\ndeshalb fur einstandspflichtig gehalten, weil es nach dem Ergebnis der\nBeweisaufnahme zur Überzeugung gelangt ist, dass die Nachbesserung der\nBeklagten fehlgeschlagen war. An diese Tatsachenfeststellung ist der Senat im\neingeschrankten Prufungsrahmen des § 529 ZPO gebunden, da die\nTatsachenfeststellung keine Rechtsfehler erkennen lasst und keine\nAnhaltspunkte ersichtlich sind, die Zweifel an der Richtigkeit oder\nVollstandigkeit der Feststellungen wecken:\n\na) Bereits mit Schreiben vom 12.10.2006 hat der Klager hinsichtlich des\nGetriebeschadens die rechtlichen Voraussetzungen des § 281 Abs. 1 BGB fur die\nGeltendmachung eines Schadensersatzanspruchs geschaffen, der\nMangelbeseitigungskosten und Nutzungsausfallschaden umfasst. Diesen\nSchadensersatzanspruch kann der Klager geltend machen, nachdem die der\nBeklagten eingeraumte Nachbesserungsmoglichkeit fehlgeschlagen war.\n\naa) Die Berufung wendet sich zum einen gegen die Feststellung des\nLandgerichts, dass es uberhaupt zu einem weiteren Getriebeschaden kam. Dem ist\nnicht zu folgen:\n\nDas Landgericht hat seine Überzeugung vom Vorliegen eines weiteren\nGetriebeschadens auf die Aussagen der Zeugin S. und des Zeugen M. gestutzt:\n\naaa) Die Zeugin S. (GA I Bl. 204 f.) hat ausgesagt, dass auf der Fahrt im\nFruhjahr 2007 eine Kontrollleuchte aufgeleuchtet habe. Nach Einsicht in ein\nBuch - offensichtlich die Betriebsanleitung - hatten die Zeugin und der Klager\nfestgestellt, dass das Aufleuchten mit dem Getriebe im Zusammenhang gestanden\nhabe. Wenngleich die Zeugin keine Details dazu vorgetragen hat, ob und\ngegebenenfalls in welcher Gestalt sich der Getriebeschaden etwa im Fahrbetrieb\ngeaußert habe, ist es jedenfalls glaubhaft, dass auf der Fahrt ein erneuter\nGetriebefehler auftrat.\n\nbbb) Von großerer Aussagekraft ist die Aussage des Zeugen M. (GA I Bl. 171).\nDieser Zeuge hat ausgesagt, sich an die Reparatur des Getriebes erinnern zu\nkonnen. Er habe den Fehlerspeicher ausgelesen. Dabei sei ein Fehlercode bei\nder Schalteinheit ausgelesen worden. Nach dem Einbau einer neuen Schalteinheit\nsei der Fehler jedoch wieder aufgetreten, weshalb er davon ausgegangen sei,\ndass ein Fehler im Getriebe vorliege. Nachdem das Getriebe ausgetauscht worden\nsei, sei das Fahrzeug in Ordnung gewesen.\n\nDie Aussage erlaubt zumindest den sicheren Schluss, dass das Getriebe\nschadhaft war. Dafur spricht schlagend der Umstand, dass die Fehlermeldung\nnach dem Austausch des Getriebes nicht mehr auftrat.\n\nccc) Anhaltspunkte dafur, dass der Austausch des Getriebes „uber das Ziel\nhinaus schoss", weshalb der Klager bei der Art der Schadensbeseitigung gegen\ndas Wirtschaftlichkeitsgebot des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB verstoßen hatte\n(hierauf zielt die Berufung ab, wenn sie das Vorliegen eines Totalschadens\nbestreitet), sind nicht ersichtlich: Der Klager beauftragte eine Volvo-\nVertragswerkstatt, keine freie Kfz-Mechanikerwerkstatt, mit der Reparatur.\nMangels konkreter Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass eine Fachwerkstatt\nublicherweise den zur nachhaltigen Reparatur sinnvollen Weg einschlagt. Hinzu\nkommt die Einschatzung des Sachverstandigen R., der darauf hingewiesen hat,\ndass die Reparatur eines Automatikgetriebes wegen der Komplexitat der Maschine\nmit Risiken verbunden sei, weshalb Herstellerfirmen, so auch die Firma Volvo,\nregelmaßig einen Austausch des Getriebes vorschlugen (GA II Bl. 220). Unter\nBerucksichtigung dieser Bewertung kann es dem Klager nicht vorgeworfen werden,\neinen ubertriebenen Reparaturaufwand zu liquidieren.\n\nbb) Auch die weitere positive Feststellung des Landgerichts, dass der zweite\nGetriebeschaden auf einer fehlerhaften ersten Reparatur beruhte, begegnet\nkeinen Bedenken:\n\naaa) Der Kaufer tragt die Beweislast dafur, dass ein Mangel bei Übergabe der\nKaufsache vorlag (§ 434 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit § 446 S. 1 BGB) und\ndieser trotz Nachbesserungsversuchen des Verkaufers weiter vorhanden ist.\nDiese aus § 363 BGB folgende Beweislastverteilung gilt auch dann, wenn der\nKaufer die Kaufsache nach einer erfolglosen Nachbesserung wieder\nentgegengenommen hat (BGH, Urt. v. 9.3.2011 - VIII ZR 266/09, NJW 2011, 1664;\nUrt. v. 11.2.2009 - VIII ZR 274/07, NJW 2009, 1341). Diesen Beweis hat der\nKlager gefuhrt:\n\nbbb) Gemaß § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berucksichtigung des\ngesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen\nBeweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsachliche\nBehauptung fur wahr oder nicht fur wahr zu erachten ist. Dieses Beweismaß ist\nnicht bereits dann erreicht, wenn die zu beweisende Tatsache hinreichend\nplausibel oder gar in einem naturwissenschaftlich-mathematischen Sinn „mit an\nSicherheit grenzend" uberwiegend wahrscheinlich ist. Vielmehr muss der Richter\ndie volle Überzeugung von der Wahrheit der zu beweisenden Tatsache gewinnen.\nAndererseits darf der Richter nicht die absolute Wahrheit zur Voraussetzung\nseiner Entscheidungsfindung machen (vgl. Katzenmeier ZZP 117, 195 f., 201 f.).\nEntscheidend ist vielmehr die subjektive Überzeugung des Richters, die keine\nabsolute, uber jeden denkbaren Zweifel erhabene Gewissheit verlangt. Der\nRichter darf und muss sich in tatsachlich zweifelhaften Fallen mit einem fur\ndas praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnugen, der den\nZweifeln Schweigen gebietet, ohne sie vollig auszuschließen (BGHZ 53, 254,\n256; 61, 165, 169 f.; Zoller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 286 Rdnr. 19).\n\nccc) Dieses Beweismaß hat das Landgericht beachtet: Bereits der enge zeitliche\nAbstand zwischen der Übergabe des reparierten Fahrzeugs (am 10.2.2007) und dem\nAuftreten des zweiten, gleichartigen Schadensfalls legt einen Zusammenhang\nzwischen Reparatur und Schaden nahe (vgl. hierzu BGH, NJW 2011, 1664 Rdnr.\n16). Hinzu kommt, dass sich offensichtlich auch aus Sicht des Sachverstandigen\ngerade das Risiko verwirklicht hat, welches Hersteller mit Blick auf die\nKomplexitat von Automatikgetrieben durch den Einbau von Austauschgetrieben\nublicherweise zu vermeiden suchen.\n\ncc) Hat das Landgericht frei von Rechtsfehlern die volle richterliche\nÜberzeugung vom Fehlschlagen der Nachbesserung gewonnen, so besitzt auf der\nGrundlage dieser positiven Feststellung die Frage einer abweichenden\nBeweislastverteilung nach den Grundsatzen der Beweisvereitelung bzw.\nBeweiserschwerung fur den Ausgang des Rechtsstreits keine Relevanz.\n\nDessen ungeachtet rechtfertigt der Umstand, dass der Klager das Getriebe nach\ndem zweiten Schadensfall austauschen ließ, den Vorwurf der fahrlassigen\nBeweisvereitelung nicht:\n\nDer Klager wahlte mit dem Austausch des Getriebes die vom beauftragten\nFachbetrieb vorgeschlagene Reparatur. Es ist nicht erkennbar, dass das\nVerhalten des Klagers von der Motivation getragen wurde, Beweise zu vereiteln\noder zu erschweren. Hinzu kommt, dass die Beklagte vor der Durchfuhrung der\nReparatur vom Prozessbevollmachtigten des Klagers mit Schreiben vom 29.3.2009\nzur Mangelbeseitigung aufgefordert wurde. Mit weiterem Schreiben vom 6.6.2007\nteilte der Prozessbevollmachtigte der Beklagten mit, dass der Klager den von\nder Beklagten vorgeschlagenen Vergleich nicht annehmen werde. Spatestens mit\nZugang dieses Schreibens war der Beklagten klar, dass sich der Klager unter\nAustausch des Getriebes zu einer Reparatur nach Maßgabe des der Beklagten\nbereits vorliegenden Kostenvoranschlags der Firma H. entschließen wurde. Bei\ndieser Sachlage hatte die fachkundige Beklagte hinreichend Gelegenheit, ihr\nInteresse an einer Sicherung des auszutauschenden Getriebes zu formulieren.\nDass die Beklagte von einer solchen naheliegenden Anregung absah, kann dem\nKlager nicht zum beweisrechtlichen Nachteil gereichen.\n\nAuch sofern man diesen Argumenten nicht folgt, ware dem Klager allenfalls eine\n(leicht) fahrlassige Verkennung der Beweisrelevanz vorzuwerfen. Ein solcher\nVorwurf fuhrt nicht zur Umkehr der Beweislast. Allenfalls ist in Betracht zu\nziehen, der Beklagten eine Beweiserleichterung des Inhalts zuzubilligen, dass\nder nach Durchfuhrung der Beweisaufnahme wahrscheinlichste Geschehensablauf\nals bewiesen angesehen werden konne (vgl. BGH, NJW 2006, 436). Diese\nSchlussfolgerung ist nicht geeignet, die Beweissituation der Beklagten\nentscheidend zu verbessern, nachdem bereits der enge zeitliche Zusammenhang\nzwischen Nachbesserung und der Manifestation des Schadens sowie die\nsachverstandige Einschatzung eine Verantwortung der Beklagten fur den erneuten\nGetriebeschaden nahelegt.\n\ndd) Ebenso kann offenbleiben, ob der Klager den Beweis schon deshalb gefuhrt\nhat, weil das eigentliche Mangelsymptom - die fehlerhafte Funktionsweise des\nGetriebes - vor und nach der Nachbesserung identisch war.\n\nNach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genugt der Kaufer\nseiner Beweislast fur das Fehlschlagen der Nachbesserung bereits dann, wenn\nnachgewiesen ist, dass das eigentliche Mangelsymptom weiterhin auftritt. Dies\ngilt jedenfalls dann, wenn das erneute Auftreten des Mangelsymptoms nicht auf\neiner unsachgemaßen Behandlung der Kaufsache nach deren erneuter Übernahme\ndurch den Kaufer oder einen Dritten beruhen kann (BGH, NJW 2011, 1664). Die\nBeweiserleichterung will den Kaufer einer komplexen Kaufsache entlasten, da\nder Nachweis, ob die vor und nach der Nachbesserung aufgetretene\nMangelerscheinung in der Ge-stalt, wie sie sich dem Kaufer darbietet,\ntatsachlich auf der im Detail identischen Ursache beruht, kaum je zu fuhren\nist. Diese zur Rechtsdurchsetzung in der forensischen Praxis gewissermaßen\nunerlassliche „Unscharfe" korreliert mit der gerade im Kfz-Reparaturbetrieb\nhaufig anzutreffenden Übung, bei Fehlfunktionen komplexer Aggregate - wozu ein\nAutomatikgetriebe gehort - die Funktionstauglichkeit durch den Austausch der\nAggregate wiederherzustellen, ohne die eigentliche Ursache zu ergrunden.\n\nee) Ist der Beweis fur die fehlgeschlagene Nachbesserung gefuhrt, kann\nschließlich dahinstehen, ob sich der Klager auch hinsichtlich des zweiten\nGetriebeschadens auf die Beweislastumkehr des § 476 BGB berufen kann:\n\nNach einer beachtlichen in der Literatur vertretenen Auffassung beginnt die\nFrist des § 476 BGB bei Nacherfullung fur den konkreten Mangel neu (so\nMunchKomm(BGB)/Lorenz, 5. Aufl., § 476 Rdnr. 12; Matusche-Beckmann, in:\nStaudinger, BGB, 13. Bearbeitung, § 476 Rdnr. 24; P/W/W/D. Schmidt, BGB, 4.\nAufl., § 476 Rdnr. 5; Bamberger/Roth/Faust, BGB, 2. Aufl., § 476 Rdnr. 21;\nSoergel/Wertenbruch, BGB, 13. Aufl., § 476 Rdnr. 40). Dieses Rechtsverstandnis\nsteht zwar mit dem Wortlaut der Vorschrift nur schwer in Einklang, der die\nFrist mit dem „Gefahrubergang" der Kaufsache beginnen lasst, worunter nicht\nohne weiteres auch ein erneuter Gefahrubergang nach Durchfuhrung einer\nNachbesserung zu verstehen ist. Bei teleologischer Auslegung ist jedoch in den\nBlick zu nehmen, dass die Vorschrift in Umsetzung von Art. 5 Abs. 3 der\nRichtlinie 1999/44/EG des Europaischen Parlaments und des Rates vom 25.5.1999\n(ABl. Nr. L 171 S. 12; VerbrGKRL) normiert wurde. Die VerbrGKRL verfolgt den\nZweck, die Interessen der Verbraucher in Streitigkeiten mit den Verkaufern\nuber die Vertragswidrigkeit von Waren zu starken und zu vereinheitlichen\n(Erwagung Ziff. 6 der Richtlinie). Diesem Ziel liefe es zuwider, wenn der\nVerkaufer - wie im vorliegenden Fall geschehen - die Frist des § 476 BGB\ndadurch verkurzt, dass er die Nachbesserung unangemessen lang hinauszogert. Es\nerscheint daher nicht interessenwidrig, dem Kaufer die volle 6-Monatsfrist\njedenfalls hinsichtlich solcher Mangel zu erhalten, die Gegenstand der\nNachbesserung waren. Überdies kann der Verkehr durchaus erwarten, dass eine\nerfolgreiche und nachhaltige Nachbesserung den einwandfreien Gebrauch der\nKaufsache zumindest fur die Zeit von sechs Monaten gewahrleistet.\n\nb) Hinsichtlich der Schadenshohe hat die Berufung der Beklagten in geringem\nMaße Erfolg:\n\naa) Die Berufung rugt zum einen, dass die Rechnung des Autohauses H. vom\n20.7.2007 (GA I Bl. 38) auch Leistungen beinhalte, die uber den Austausch des\nAutomatikgetriebes hinausgingen. Sie verweist insoweit auf ihren\nerstinstanzlichen Sachvortrag in der Klageerwiderung (GA I Bl. 90). Dieser\nEinwand ist begrundet: Der Klager hat zur Behauptung, dass alle Kosten\nerforderlich gewesen seien, um den Mangel am Getriebe, fur den die Beklagte\neinstandspflichtig ist, zu beseitigen, keinen geeigneten Beweis angetreten. Da\nsich das Bestreiten der Beklagten explizit lediglich auf die Erneuerung der\nDichtung am Turbolager, die Erneuerung der Kurbelwellendichtung und des\nGetriebekabels bezieht, ist der Rechnungsbetrag im Wege der Schatzung nach §\n287 ZPO um 360 EUR (Preis der Einzelteile 202,50 EUR; pauschale Lohnkosten 100\nEUR, gesetzliche Umsatzsteuer) zu kurzen.\n\nbb) Zum anderen wendet sich die Berufung gegen die Zuerkennung des\nNutzungsausfallschadens und tragt vor, es sei nicht nachvollziehbar, dass das\nFahrzeug nach dem zweiten Getriebeschaden nicht mehr verkehrssicher gewesen\nsei. Diese Einwendung scheitert als neues Verteidigungsvorbringen bereits an\nder Schranke des § 531 ZPO. Im Übrigen hat der Klager mit Recht darauf\nverwiesen, dass es ihm nach dem Aufleuchten der Fehlermeldung nicht mehr\nzuzumuten war, die Nutzung des Fahrzeugs mit dem Risiko des jederzeitigen\nAusfalls und einer moglichen Verschlechterung des Mangels fortzusetzen.\n\n3\\. Der Zinsausspruch beruht auf Verzugsgesichtspunkten (§§ 286 Abs. 1, § 288\nAbs. 1 BGB). Die Beklagte ist gem. § 249 BGB weiterhin zur Freistellung\nhinsichtlich der vorgerichtlichen, nicht anrechenbaren Anwaltskosten\nverpflichtet, die im vorliegenden Rechtsstreit eine zweckentsprechende\nMaßnahme der Rechtsverfolgung darstellen. Die Hohe der berechtigten\nKostenforderung war auf der Grundlage der vom Landgericht zugrunde gelegten\n1,3-fachen Geschaftsgebuhr, wogegen die Beklagte nichts erinnert, an die\nreduzierte Hauptforderung anzupassen.\n\nB.\n\nDie Kostenfolge beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die\nEntscheidung uber die vorlaufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 713\nZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine\ngrundsatzliche Bedeutung besitzt und weder die Fortbildung des Rechts noch die\nSicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des\nRevisionsgerichts erfordert.\n\n |
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132,860 | lg-karlsruhe-2009-01-16-6-o-9206 | 135 | Landgericht Karlsruhe | lg-karlsruhe | Karlsruhe | Baden-Württemberg | Ordentliche Gerichtsbarkeit | Landgericht | 6 O 92/06 | 2009-01-16 | 2019-01-07 10:19:35 | 2019-01-17 11:52:46 | Urteil | ## Tenor\n\n1\\. Die Klage wird abgewiesen.\n\n2\\. Die Klagerin tragt die Kosten des Rechtsstreits.\n\n3\\. Das Urteil ist vorlaufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch\nSicherheitsleistung in Hohe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren\nBetrages abgewendet werden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung\nSicherheit in Hohe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.\n\n## Tatbestand\n\n| | \n--- \n| 1 \n--- \n| Die im offentlichen Dienst beschaftigte Klagerin wendet sich mit ihrer Klage\nnach Umstellung der Zusatzversorgung im offentlichen Dienst von einem\nGesamtversorgungssystem auf ein Punktesystem gegen die ihr von der beklagten\nZusatzversorgungseinrichtung erteilte Startgutschrift fur eine rentenferne\nPerson. \n--- \n--- \n| 2 \n--- \n| Die beklagte Versorgungsanstalt des Bundes und der Lander (VBL) hat die\nAufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des\noffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusatzliche\nAlters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewahren. Mit\nNeufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (BAnz. Nr. 1 vom 3. Januar\n2003) hat die Beklagte ihr Zusatzversorgungssystem ruckwirkend zum 31.\nDezember 2001 (Umstellungsstichtag) umgestellt. Den Systemwechsel hatten die\nTarifvertragsparteien des offentlichen Dienstes im Tarifvertrag\nAltersversorgung vom 1. Marz 2002 (ATV) vereinbart. Damit wurde das fruhere -\nauf dem Versorgungstarifvertrag vom 4. November 1966 (Versorgungs-TV)\nberuhende - endgehaltsbezogene Gesamtversorgungssystem aufgegeben und durch\nein auf einem Punktemodell beruhendes Betriebsrentensystem ersetzt. \n--- \n--- \n| 3 \n--- \n| Die neue Satzung der Beklagten (VBLS) enthalt Übergangsregelungen zum Erhalt\nvon bis zur Systemumstellung erworbenen Rentenanwartschaften. Diese werden\nwertmaßig festgestellt und als so genannte Startgutschriften auf die neuen\nVersorgungskonten der Versicherten ubertragen. Dabei werden Versicherte, deren\nVersorgungsfall noch nicht eingetreten ist, in rentennahe und rentenferne\nVersicherte unterschieden. Rentennah ist nur, wer am 1. Januar 2002 das 55.\nLebensjahr vollendet hatte und im Tarifgebiet West beschaftigt war bzw. dem\nUmlagesatz des Abrechnungsverbandes West unterfiel oder\nPflichtversicherungszeiten in der Zusatzversorgung vor dem 1. Januar 1997\nvorweisen kann. Die Anwartschaften der ca. 200.000 rentennahen Versicherten\nwerden weitgehend nach dem alten Satzungsrecht ermittelt und ubertragen. Die\nAnwartschaften der ubrigen, ca. 1,7 Mio. rentenfernen Versicherten berechnen\nsich demgegenuber nach den §§ 78 Abs. 1 und 2, 79 Abs. 1 Satz 1 VBLS i.V. mit\n§ 18 Abs. 2 BetrAVG. Unabhangig von ihrer Zugehorigkeit zu einem rentennahen\noder einem rentenfernen Jahrgang erhalten Beschaftigte, die am 1. Januar 2002\nmindestens 20 Jahre pflichtversichert waren, als Startgutschrift fur jedes\nvolle Kalenderjahr der Pflichtversicherung bis zum 31. Dezember 2001\nmindestens 1,84 Versorgungspunkte (VP), bei Teilzeitbeschaftigung gemindert\ndurch Multiplikation mit dem am 31. Dezember 2001 maßgebenden\nGesamtbeschaftigungsquotienten (§ 37 Abs. 3 VBLS). \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| § 46 Abs. 3 VBLS (in der Fassung bis zum 31. Dezember 2007) lautete wie\nfolgt: \n--- \n--- \n| 5 \n--- \n| „Gegen Entscheidungen der Anstalt nach Absatz 2 und gegen sonstige\nEntscheidungen uber Rechte und Pflichten aus dem Versicherungs-, dem\nBeteiligungs- oder dem Leistungsverhaltnis ist innerhalb einer Frist von sechs\nMonaten die Klage zulassig …" \n--- \n--- \n| 6 \n--- \n| Durch 11. Änderung der VBLS, vom Verwaltungsrat am 23. November 2007\nbeschlossen und vom BMF mit Schreiben vom 14. Januar 2008 genehmigt, wurde in\n§ 46 Abs. 3 VBLS der Passus „innerhalb einer Frist von sechs Monaten"\nersatzlos gestrichen (Inkrafttreten mit Wirkung vom 1. Januar 2008). \n--- \n--- \n| 7 \n--- \n| Die Parteien streiten uber die Zulassigkeit der Systemumstellung, die\nWirksamkeit der Übergangsregelung fur rentenferne Versicherte und die Hohe der\nder Klagerin erteilten Startgutschrift. \n--- \n--- \n| 8 \n--- \n| Die Klagerin ist am 15.05.1950 geboren. Bis zum 31.12.2001 war sie als\nBeschaftigte im offentlichen Dienst 152,47 Monate bei der Beklagten\npflichtversichert gewesen (AH 125). Die Beklagte hat mit Mitteilung vom\n15.10.2002, die in der vorgelegten Kopie einen Eingangsvermerk vom 25.11.2002\ntragt (AH 119), die Rentenanwartschaft der Klagerin zum 31.12.2001 auf EUR\n143,12 errechnet und ihr dementsprechend eine Startgutschrift von 35,78\nPunkten erteilt (AH 119). Die Mitteilung uber die Startgutschrift beruht auf\nder Neufassung der Satzung der Beklagten zum 01. Januar 2001 (im Folgenden:\nVBLS n.F.). Bei der Errechnung der Startgutschrift wurde die Steuerklasse\nIII/0 zugrunde gelegt (AH 127). \n--- \n--- \n| 9 \n--- \n| Die Klagerin macht geltend: \n--- \n| 10 \n--- \n| Die Übertragung der bisher erworbenen Anwartschaften mittels der\nangefochtenen Startgutschrift bewirke massive Eingriffe in bereits erdiente\nAnwartschaften, fur die keine zwingenden Grunde gegeben seien. Der Klagerin\nmusse die Versorgungsrente erhalten bleiben, die sie sich nach altem Recht bis\nzum 31.12.2001 erworben habe. Der bisher erreichte Nettoversorgungssatz durfe\nnicht herabgesetzt werden. Nicht gerechtfertigte Eingriffe in die erteilte\nVersorgungszusage stellten des weiteren die fehlende ordnungsgemaße Verzinsung\nund Dynamisierung (Hochrechnung auf den Verrentungszeitpunkt) der\nStartgutschrift sowie der Wegfall der Schutzvorschriften und der\nMindestgesamtversorgung der alten Satzungsbestimmungen dar. Im Gegensatz zur\nfruheren Satzung werde die Startgutschrift auf der Grundlage der Einkommen der\nJahre 1999, 2000 und 2001 festgeschrieben und nicht wie fruher nach dem\nEinkommen der letzten drei Jahre dynamisiert. \n--- \n| 11 \n--- \n| Die Klagefrist sei nicht versaumt. Die Tarifvertragsparteien hatten durch\n(zumal uneinheitliche) Erklarungen im Internet und die Beklagte hatte durch\nschriftsatzliche Erklarung im vorliegenden Rechtsstreit zu erkennen gegeben,\ndass dem Versicherten durch ein Abwarten keine Rechtsnachteile entstehen\nsollten. \n--- \n--- \n| 12 \n--- \n| Die Klagerin beantragte ursprunglich in der Klageschrift: \n--- \n--- \n| 13 \n--- \n| 1\\. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die\nVersorgungsrente der klagerischen Partei zum Zeitpunkt der Verrentung in\nsatzungsgemaßer Hohe auf den Berechnungsgrundlagen des vor Inkrafttreten der\n42. Satzungsanderung geltenden Satzungsrechts zu berechnen. \n--- \n--- \n| 14 \n--- \n| Ferner stellte die Klagerin ursprunglich folgende Hilfsantrage: \n--- \n--- \n| 15 \n--- \n| 2\\. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die\nStartgutschrift unter Berucksichtigung folgender Variablen wie folgt neu zu\nberechnen: \n--- \n| 16 \n--- \n| Unter Zugrundelegung der Steuerklasse III/0 statt I/0. \n--- \n--- \n| 17 \n--- \n| 3\\. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klagerin\nbei Eintritt des Versicherungsfalles mindestens eine Betriebsrente zu\ngewahren, die dem geringeren Betrag der Berechnung der Zusatzrente nach ihrer\nSatzung in der Fassung der 41. Änderung zu folgenden Zeitpunkten entspricht: \n--- \n--- \n| 18 \n--- \n| \n--- \na) 31.12.2001 \nb) Eintritt des Versicherungsfalles. \n--- \n| 19 \n--- \n| 4\\. Es wird festgestellt, dass die Beklagte bei der Berechnung der\nStartgutschrift verpflichtet ist, auf Antrag die bei der Ermittlung der\nVollleistung anzurechnende Rente der gesetzlichen Rentenversicherung statt\nnach dem Naherungsverfahren nach einer Rentenauskunft des gesetzlichen\nRentenversicherungstragers entsprechend § 79 (4) VBLS n.F. zugrunde zu legen. \n--- \n--- \n| 20 \n--- \n| 5\\. Es wird festgestellt, dass die Beklagte bei der Berechnung der\nStartgutschrift verpflichtet ist, den Altersfaktor gemaß § 36 (3) VBLS n. F.\nanzuwenden. \n--- \n--- \n| 21 \n--- \n| Nach Hinweis des Gerichts vom 08.07.2008 (AS. 109) prazisiert die Klagerin\ndie Antrage wie folgt: \n--- \n--- \n| 22 \n--- \n| Es wird festgestellt, dass die von der Beklagten gemaß ihrer Satzung\nerteilte Startgutschrift den Wert der von der Klagerin bis zum 31.12.2001\nerlangten Anwartschaft auf eine bei Eintritt des Versicherungsfalles zu\nleistende Betriebsrente nicht verbindlich festlegt. \n--- \n--- \n| 23 \n--- \n| Die Beklagte beantragt, \n--- \n--- \n--- \n| 24 \n--- \n| die Klage abzuweisen. \n--- \n--- \n| 25 \n--- \n| Die Beklagte tragt vor: \n--- \n| 26 \n--- \n| Die Klage sei bereits mangels Einhaltung der Klagfrist nach der VBLS\nunzulassig. Die Berechnung der Startgutschrift sei der klagenden Partei\nbereits durch Mitteilung vom 15.10.2002 zugegangen. Hiergegen sei nicht\ninnerhalb von sechs Monaten Klage eingereicht worden. \n--- \n| 27 \n--- \n| Ferner verweist sie zur Begrundung auf die Rechtsprechung des\nBundesgerichtshofs vom 14. November 2007 - IV ZR 74/06 - zu den rentenfernen\nJahrgangen. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu\nrentenfernen Jahrgangen vom 14.11.2007 - IV ZR 74/06 - sei sie bereit, die der\nKlagerin mitgeteilte Startgutschrift nach Maßgabe der BGH-Entscheidung als\nunverbindlich zu behandeln. \n--- \n--- \n| 28 \n--- \n| Die Klage wurde am 17.10.2005 (AS 15) zum Amtsgericht Karlsruhe erhoben und\ndurch Beschluss vom 01.06.2006 (AS. 79) an das Landgericht verwiesen. \n--- \n--- \n| 29 \n--- \n| Auf ubereinstimmenden Antrag der Parteien hat das Gericht im Sitzungstermin\nvom 24.10.2008 durch Beschluss (AS. 145) das schriftliche Verfahren angeordnet\nund den Termin, der dem Schluss der mundlichen Verhandlung entspricht,\nbestimmt auf Freitag, den 19.12.2008. \n--- \n--- \n| 30 \n--- \n| Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der\nvorbereitenden Schriftsatze nebst Anlagen verwiesen. \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| | \n--- \n| 31 \n--- \n| Die zulassige Klage ist nicht begrundet. \n--- \n**I.** \n--- \n| 32 \n--- \n| Soweit die Klagerin mit Schriftsatz vom 18.07.2008 ausfuhrt, sie „prazisiere\ndie Antrage nach der Grundsatzentscheidung des BGH vom 14.11.2007", geht das\nGericht hinsichtlich der ursprunglich gestellten Antrage von einer\nKlagerucknahme (§ 269 ZPO) aus. Auch wenn die Klagerin nicht ausdrucklich eine\nKlagerucknahme erklart hat, ergibt sich diese Erklarung konkludent aus den\nFormulierungen im o.g. Schriftsatz, da der Bundesgerichtshof in der genannten\nEntscheidung die von der Klagerin mit den ursprunglichen Antragen gerugte\nSatzungsumstellung ausdrucklich gebilligt hat und die Klagerin fur das\nerkennende Gericht eindeutig nur noch den vom BGH gerugten Verweis der Satzung\nauf § 18 BetrAVG festgestellt haben will (vgl. zur konkludenten\nKlagerucknahme: BGH NJW - RR 1996, 885, 886 und NJW - RR 1989, 1276, 1277). \n--- \n**II.** \n--- \n| 33 \n--- \n| Der Klage ist deshalb der Erfolg zu versagen, weil die Klagerin die Frist\ndes § 46 Abs. 3 VBLS a.F. (10. SÄ.) versaumt und die Beklagte sich auf dieses\nFristversaumnis berufen hat. Die Klage ist daher unbegrundet (vgl. zur\nRechtsfolge des § 12 III VVG a.F.: LG Duisburg RuS 90, 328; Romer/Langheid,\nVersicherungsvertragsgesetz, 2. Auflage 2003, § 12, Rn. 32). \n--- \n--- \n| 34 \n--- \n| 1\\. Der Beklagten ist es grundsatzlich nicht verwehrt, sich gegenuber dem\nKlager bezuglich der Mitteilung der Startgutschrift vom 15. Oktober 2002 auf §\n46 Abs. 3 VBLS (in der Fassung bis zum 31. Dezember 2007), in welchem die\nsechsmonatige Ausschlussfrist in Anlehnung an § 12 Abs. 3 VVG a.F. geregelt\nwar, zu berufen (Landgericht Karlsruhe, Urt. v. 24.10.2008, Az. 6 O 33/08). \n--- \n--- \n| 35 \n--- \n| Auf diese Mitteilung findet namlich § 46 Abs. 3 VBLS noch in seiner alten,\nbis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung Anwendung. \n--- \n--- \n| 36 \n--- \n| Durch die 11. Änderung der VBLS, vom Verwaltungsrat am 23. November 2007\nbeschlossen und vom BMF mit Schreiben vom 14. Januar 2008 genehmigt, wurde in\n§ 46 Abs. 3 VBLS mit Wirkung zum 1. Januar 2008 die fur Klagen vorgesehene\nSechsmonats(ausschluss)frist abgeschafft. Ab dem 1. Januar 2008 soll demnach\ngegen Entscheidungen der Beklagten uber Rechte und Pflichten aus dem\nVersicherungs-, dem Beteiligungs- oder dem Leistungsverhaltnis die Klage\nzeitlich unbeschrankt zulassig sein. Unklar verbleibt dabei allerdings, ob die\nneue „fristlose" und fur den Versicherten gunstigere Regelung nur fur Neufalle\n(Mitteilungen ab dem 1. Januar 2008) oder auch fur „Altfalle" (Mitteilungen\nvor dem 1. Januar 2008 mit an sich bereits abgelaufener oder jedenfalls noch\nlaufender Sechsmonatsfrist), Geltung beanspruchen will. Da eine\nÜbergangsvorschrift nicht vorhanden ist, stellt sich die Frage, ob insoweit\nauf die entsprechende, fur § 12 Abs. 3 VVG a.F. eigens vorgesehene\nÜbergangsvorschrift aus dem EGVVG (Art. 1 Abs. 4 EGVVG) zuruckgegriffen werden\nkann. Nach Art. 1 Abs. 4 EGVVG ist auf Fristen nach § 12 Abs. 3 VVG a.F., die\nvor dem 1. Januar 2008 begonnen haben, § 12 Abs. 3 VVG a.F. auch nach dem 1.\nJanuar 2008 anzuwenden. \n--- \n--- \n| 37 \n--- \n| Aus den Gesetzgebungsmaterialien zum neuen VVG ergibt sich, dass eine\nbesondere Übergangsvorschrift insoweit ursprunglich gar nicht vorgesehen war\n(BT-Drucksache 16/3945 vom 20.12.2006, S. 41 und 119); die allgemeine, in Art.\n3 Abs. 4 EGVVG vorgesehene und an Art. 229 § 6 EGBGB angelehnte\nÜbergangsvorschrift wurde dann aber durch die Regelung des Art. 1 Abs. 4 EGVVG\nerganzt, um ausdrucklich klarzustellen, dass Klagefristen, die unter Geltung\ndes bisherigen VVG in Gang gesetzt wurden, nach sechs Monaten auslaufen (BT-\nDrucksache 16/5862 vom 28.06.2007, S. 70 und 100). \n--- \n--- \n| 38 \n--- \n| Die Kammer hat keine Bedenken, Art. 1 Abs. 4 EGVVG auf § 46 Abs. 3 VBLS a.F.\nentsprechend anzuwenden: Die in den §§ 12 Abs. 3 VVG a.F., 46 Abs. 3 VBLS a.F.\nvorgesehenen Fristen hatten dasselbe Regelungsziel. Die Abanderung des § 46\nAbs. 3 VBLS erfolgte ersichtlich im Zusammenhang mit der Abschaffung des § 12\nAbs. 3 VVG a.F. Auch ansonsten ist die Auslegung von VBLS-Vorschriften in\nAnlehnung an das VVG anerkannt (vgl. etwa OLG Karlsruhe, Urteil v. 1. Marz\n2007 - 12 U 40/06 -, VersR 2007, 1503 ff. zu § 78 Abs. 3 VBLS). Insgesamt\nerscheint es demnach als sachgerecht, auf Art. 1 Abs. 4 EGVVG zuruckzugreifen.\nDem folgend findet auf Fristen nach § 46 Abs. 3 VBLS a.F., die vor dem 1.\nJanuar 2008 zu laufen begonnen haben, § 46 Abs. 3 VBLS a.F. auch nach dem 1.\nJanuar 2008 Anwendung; die Beklagte kann sich in diesen Fallen ohne weiteres\nauf die alte Regelung berufen. \n--- \n--- \n| 39 \n--- \n| 2\\. Gemaß § 46 Abs. 3 Satz 1 VBLS a.F. (10. SÄ.) ist gegen Entscheidungen\nder Anstalt nach Absatz 2 und gegen sonstige Entscheidungen uber Rechte und\nPflichten aus dem Versicherungs-, dem Beteiligungs- oder dem\nLeistungsverhaltnis innerhalb einer Frist von sechs Monaten die Klage zulassig\nentweder zum Schiedsgericht oder zum ordentlichen Gericht, wenn ein\nSchiedsvertrag nicht abgeschlossen wurde. Nach § 46 Abs. 3 Satz 2 VBLS a.F.\n(10. SÄ.) wird die Anstalt, wenn innerhalb der Frist des Satzes 1 keine Klage\nerhoben wird, von der Pflicht zur Zahlung anderer Leistungen oder zur Änderung\nihrer Entscheidung frei. \n--- \n--- \n| 40 \n--- \n| Die sechsmonatige Klagefrist hat die Klagerin versaumt. Erst mit Schriftsatz\nvom 30.08.2005, beim Amtsgericht eingegangen am 01.09.2005, wurde die\nvorliegende Klage anhangig. Den zeitnahen Zugang der Startgutschrift-\nMitteilung vom 15.10.2002 bestreitet die Klagerin nicht. Vielmehr enthalt die\nklagerseits vorgelegte Kopie der Startgutschriftmitteilung einen\nhandschriftlichen Eingangsvermerk vom 25.11.2002 (AH 119). \n--- \n--- \n| 41 \n--- \n| 3\\. Ohne Erfolg beruft sich die Klagerin auf das Urteil des OLG Karlsruhe\nvom 01. Marz 2007 in der Sache 12 U 40/06 (ZTR 2007, 267, dort unter B II),\nvielmehr liegt eine Fallkonstellation vor, wie sie auch der Entscheidung des\nLandgerichts Karlsruhe vom 26.01.2007 (Az. 6 O 59/06; bestatigt durch OLG\nKarlsruhe vom 20.12.2007, Az. 12 U 35/07, unveroffentl.) zugrundelag. \n--- \n--- \n| 42 \n--- \n| a) Allerdings war die Klagerin in der Sache 12 U 40/06, obwohl sie weder die\nAusschlussfrist fur Beanstandungen gegenuber der Beklagten gemaß § 78 Abs. 3\nSatz 1 VBLS noch die Klagerhebungsfrist gemaß § 46 Abs. 3 VBLS a.F. (10. SÄ.)\neingehalten hatte, nach den Ausfuhrungen des OLG Karlsruhe in dem genannten\nUrteil vom 01. Marz 2007 nicht gehindert, im Rahmen ihrer Klage Beanstandungen\nvorzubringen, die die Startgutschrift betreffen. Dies beruhte darauf, dass die\nihr erteilte Belehrung uber die Folgen der Fristversaumung fur Beanstandungen\ngegen die mitgeteilte Startgutschrift gemaß § 78 Abs. 3 VBLS unwirksam war.\nDie Belehrung klarte nicht deutlich genug daruber auf, dass der Versicherte\ngegebenenfalls durch bloßen Zeitablauf seinen Leistungsanspruch im\nVersicherungsfall insoweit verliert, als die Startgutschrift zu niedrig\nfestgesetzt worden ist beziehungsweise hinter der erdienten Anwartschaft\nzuruckbleibt. Damit konnte die Belehrung die Beanstandungsfrist des § 78 Abs.\n3 VBLS nicht in Gang setzen mit der weiteren Folge, dass ein\nBeanstandungsausschluss nicht eingetreten war (OLG Karlsruhe, aaO, unter B II\n2 a cc). \n--- \n--- \n| 43 \n--- \n| b) Die Ausfuhrungen des OLG Karlsruhe im damaligen Verfahren bezogen sich\njedoch auf einen anderen, von demjenigen im vorliegenden Fall zu\nunterscheidenden Sachverhalt. Bei der damaligen Klagerin war der\nVersicherungsfall (Verrentungsfall) bereits eingetreten. Ihre Klage richtete\nsich nicht allein gegen die Mitteilung der Startgutschrift, sondern zugleich\n(bzw. in erster Linie) gegen die unter Zugrundelegung der Startgutschrift\nergangene Betriebsrentenmitteilung. Die Betriebsrentenmitteilung hatte sie\njedoch innerhalb der Frist des § 46 VBLS a.F. (10. SÄ.) angegriffen. Das OLG\nKarlsruhe hat mithin entschieden, dass einer Überprufung der Startgutschrift\nim Rahmen der - fristgerecht angegriffenen - Betriebsrentenmitteilung von der\nbeklagten Anstalt nicht entgegengehalten werden konnte, dass die Klagerin in\nBezug auf die fruhere Startgutschriftenmitteilung die Ausschlussfristen gemaß\n§ 78 Abs. 3 Satz 1 VBLS (Beanstandungen) sowie § 46 Abs. 3 VBLS (Klage)\nversaumt hatte. Bezuglich der „allgemeinen" sechsmonatigen Ausschlussfrist des\n§ 46 Abs. 3 VBLS a.F. (10. SÄ.; noch fruher § 61 Abs. 3 VBLS a.F.) fur Klagen\ngegen Entscheidungen der Beklagten ist seit langem anerkannt, dass diese sich\nnur auf Rechtsbehelfe gegen die jeweilige Mitteilung bezieht und der\nBerechtigte gegen neue Mitteilungen, auch soweit diese auf denselben\nBerechnungen beruhen wie die fruhere, erneut vorgehen kann (vgl. OLG\nKarlsruhe, Urt. v. 01.03.2007, Az. 12 U 40/06, Rz. 51, OLGR Karlsruhe 2007,\n298-300 = ZTR 2007, 267-268 = VersR 2007, 1503-1505 = BetrAV 2007, 580-583;\nOLG Karlsruhe, Urt. v. 20.12.2007, Az. 12 U 35/07, nicht veroffentlicht; und\nin standiger Rechtsprechung das LG Karlsruhe, u.a. Urteil vom 18.01.2002, Az.\n6 O 279/01, Urteil vom 05.11.2004, Az. 6 O 980/03, Urteil vom 24.10.2008, Az.\n6 O 33/08). Über die Frage, ob die damalige Klagerin mit ihrer Klage auch die\nStartgutschriftenmitteilung selbst bzw. isoliert hatte angreifen konnen, war\nnicht zu befinden. \n--- \n--- \n| 44 \n--- \n| c) Im vorliegenden Fall wendet die zu den rentenfernen Jahrgangen gehorende\nKlagerin sich ausschließlich gegen die Startgutschriftenmitteilung. Dieses\nBegehren ist jedoch wegen der Versaumung der allgemeinen Ausschlussfrist des §\n46 Abs. 3 VBLS a.F. (10. SÄ.) verfristet und die Klage daher abzuweisen.\nInsoweit wurde die Klagerin in dem der Startgutschriftenmitteilung beigefugten\nMerkblatt L 341 zutreffend und ausreichend belehrt. Der Hinweis in Ziffer 3\ndes Merkblatts „Wird innerhalb der Sechsmonatsfrist keine Klage erhoben, wird\ndie Anstalt von der Pflicht zu Zahlung anderer Leistungen oder zur Änderung\nihrer Entscheidung frei", gibt keinen berechtigten Anlass zu\nMissverstandnissen uber die vorgesehene Rechtsfolge. Die im Urteil des OLG\nKarlsruhe vom 01.03.2007 in Bezug auf die Belehrung uber die Folgen der\nFristversaumung fur Beanstandungen gegen die mitgeteilte Startgutschrift gemaß\n§ 78 Abs. 3 VBLS dargelegten Bedenken bestehen insoweit nicht. \n--- \n--- \n| 45 \n--- \n| d) Die Klagerin wird nicht dadurch unangemessen benachteiligt, dass sie die\nStartgutschriftenmitteilung als solche nicht mehr angreifen kann, weil sie die\nAusschlussfrist des § 46 Abs. 3 VBLS a.F. (10. SÄ.) versaumt hat. Die im\nUrteil des OLG Karlsruhe vom 01.03.2007 dargelegten Grundsatze werden ihr\nspatestens dann zugute kommen konnen, wenn sie zukunftig nach Eintritt des\nVersicherungsfalls ihre erste Rentenmitteilung von der Beklagten erhalt. Dann\nwird sie nicht gehindert sein, Einwendungen auch insoweit geltend zu machen,\nals diese die Berechnung der Startgurtschrift betreffen. \n--- \n--- \n| 46 \n--- \n| In diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof nunmehr im Fall eines\nrentenfernen Versicherten mit einem ersten Grundsatzurteil vom 14. November\n2007 - IV ZR 74/06 - entschieden, dass die von der Beklagten erteilte\nStartgutschrift den Wert der bis zum 31.12.2001 erlangten Anwartschaft auf\neine bei Eintritt des Versicherungsfalles zu leistende Betriebsrente nicht\nverbindlich festlege. Denn die zugrunde liegenden Übergangsregelungen zu den\nStartgutschriften rentenferner Jahrgange seien unwirksam. Der\nBundesgerichtshof hatte im Ergebnis die beiderseitigen Revisionen gegen das\nvorausgegangene Berufungsurteil zuruckgewiesen. Zugleich hat er die\nTarifvertragsparteien zu einer korrigierenden Neuregelung aufgerufen. \n--- \n--- \n| 47 \n--- \n| 4\\. Die Klagerin kann sich nicht mit Erfolg auf die „Gemeinsame Erklarung"\nberufen, die die Tarifvertragsparteien am 12. Marz 2003 anlasslich der\nEinigung uber den Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum Tarifvertrag\nAltersversorgung (ATV) abgegeben haben. \n--- \n--- \n| 48 \n--- \n| a) Die Beklagte ist ungeachtet dieser Erklarung gegenuber der Klagerin\nderzeit nicht gehindert, sich auf die Versaumung der Ausschlussfristen gegen\ndie Startgutschriftenmitteilung zu berufen. Die Erklarung der Tarifpartner ist\nersichtlich nur zugunsten von Versicherten abgegeben, die gegen die\nStartgurtschrift fristgerecht Beanstandungen oder Klage erhoben haben. Die\nErklarung, auf die die Beklagte die Versicherten unter anderem auf ihrer\nInternetseite (inhaltlich unverandert seit 10.04.2003, AH 153 f.; lediglich\ngraphisch verandert seit 14.06.2005, AH 151) hinweist und erklart, sie werde\n„entsprechend dieser Erklarung verfahren", lautet in ihrem hier\ninteressierenden Teil: \n--- \n--- \n| 49 \n--- \n| „Fur den Fall, dass die Regelungen zur Ermittlung der Startgutschriften\neiner Überprufung durch eine hochstrichterliche Grundsatzentscheidung nicht\nStand halten sollten, haben sich die Tarifvertragsparteien verstandigt,\nLosungen anzustreben, die mit der Neuordnung der Zusatzversorgung vereinbar\nsind und fur alle betroffenen Versicherten Anwendung finden konnen. \n--- \n--- \n| 50 \n--- \n| Im Hinblick auf eine solche Losung verzichten die\nZusatzversorgungseinrichtungen darauf, wegen der Beanstandungen, die Sie gegen\nIhre Startgutschrift erhoben haben, die Einrede der Verjahrung zu erheben oder\nsich auf tarifliche oder satzungsmaßige Ausschlussfristen zu berufen. Sie\nbrauchen also wegen Ihrer Beanstandungen zur Startgutschrift keine weiteren\nRechtsmittel (insbesondere keine Klage) zu ergreifen. Sobald die Rechtslage\nabschließend geklart ist und sich die Tarifvertragsparteien auf eine Losung\nverstandigt haben, werden die Zusatzversorgungseinrichtungen unaufgefordert\nauf die Angelegenheit zuruckkommen." \n--- \n--- \n| 51 \n--- \n| Erganzend fuhrt die Beklagte auf ihrer Internetseite aus: \n--- \n--- \n| 52 \n--- \n| „In welcher Weise das aus Anlass einer hochstrichterlichen\nGrundsatzentscheidung erzielte Ergebnis auf die Versicherten zu ubertragen\nist, die keine fristgerechte Beanstandung oder Klage erhoben haben, werden die\nTarifvertragsparteien entscheiden." \n--- \n--- \n| 53 \n--- \n| b) Eine andere Interpretation der Erklarung der Beklagten im Internet ergibt\nsich auch nicht aus der Verwaltungspraxis anderer Trager der Zusatzversorgung\nim offentlichen Dienst. So mag etwa die Zusatzversorgungskasse des Kommunalen\nVersorgungsverbands Baden-Wurttemberg (KVBW) ausweislich einer dortigen\nNewsletter-Mitteilung vom 30.05.2003 (AH 135 f.) davon ausgegangen sein, dass\n„eine sich aus Musterprozessen ggf. ergebende notwendige Änderung des\nderzeitig gultigen Tarifrechts ... unabhangig von einer Beanstandung allen\nVersicherten ruckwirkend zugute kommen" werde. Ohne eine Aussage uber die\nReichweite dieser Erklarung des KVBW im Einzelnen abgeben zu wollen, konnen\nVerlautbarungen anderer Versorgungskassen die Beklagte nicht binden. \n--- \n--- \n| 54 \n--- \n| c) Soweit im Beklagtenschriftsatz vom 18.07.2006 (AS 99 f.) die Internet-\nErklarung leicht verandert wiedergegeben ist, folgt daraus nicht, dass die\nBeklagte im konkreten Einzelfall weitergehende Klagemoglichkeiten gewahren\nwollte oder das Berufen auf die Klagefrist gegen Treu und Glauben verstoßen\nwurde. \n--- \n--- \n| 55 \n--- \n| Statt: \n--- \n--- \n| 56 \n--- \n| „Im Hinblick auf eine solche Losung verzichten die\nZusatzversorgungseinrichtungen darauf, wegen **der Beanstandungen, die Sie\ngegen Ihre Startgutschrift erhoben haben,** die Einrede der Verjahrung zu\nerheben oder sich auf tarifliche oder satzungsmaßige Ausschlussfristen zu\nberufen", \n--- \n--- \n| 57 \n--- \n| formuliert die Beklagte im genannten Schriftsatz: \n--- \n--- \n| 58 \n--- \n| „Im Hinblick auf eine solche Losung verzichten die\nZusatzversorgungseinrichtungen darauf, wegen **der Beanstandungen gegen die\nStartgutschriften** die Einrede der Verjahrung zu erheben oder sich auf\ntarifliche oder satzungsmaßige Ausschlussfristen zu berufen." \n--- \n--- \n| 59 \n--- \n| Dieses letzte Zitat ist rein sprachlich weniger eindeutig als das Original-\nZitat. Sprachlich ist hier auch die Interpretation moglich, dass es nicht\ndarauf ankommen soll, ob eine Beanstandung erfolgt ist oder nicht. Ausweislich\ndes vorangegangenen Klagerschriftsatzes vom 26.06.2006 (AS 95) war dort aber\nbereits die Erklarung der Tarifvertragsparteien vom 12.03.2003 ihrem Wortlaut\nnach bekannt. Schon deshalb konnte die Klagerseite nicht davon ausgehen, dass\ndie Beklagte weitergehende Klagerechte gewahren wollte bzw. auf ihr Recht,\nsich auf die Ausschlussfrist berufen zu wollen, verzichten wollte. \n--- \n--- \n| 60 \n--- \n| Verzicht ist eine rechtsgestaltende Willenserklarung, mit der der Erklarende\neine ihm gunstige Rechtsposition endgultig aufgibt. Das setzt einen in der\nErklarung zum Ausdruck kommenden Verzichtswillen voraus. Insoweit ist das\nGebot einer interessengerechten Auslegung in besonderem Maße zu beachten (vgl.\nBGH WM 2002, 822 unter 4 m.w.N.). Hat der Erklarende eine ihm gunstige\nRechtsposition erlangt, ist grundsatzlich davon auszugehen, dass er sie nicht\neinfach wieder aufgeben will (vgl. BGH aaO. m.w.N.). Ein Verzicht ist deshalb\nnach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Allgemeinen nicht zu\nvermuten (vgl. BGH WM 1994, 13 unter II 2 b). Gerade dann, wenn ein\nstillschweigender Verzicht angenommen werden soll, erfordert dies ein\nVerhalten, aus dem - nach Bewertung aller Fallumstande - unzweideutig der\nWille entnommen werden kann, die gunstige Rechtsposition aufzugeben.\nRegelmaßig wird die Annahme eines stillschweigenden Verzichts schon dann\nausscheiden, wenn kein nachvollziehbares Motiv dafur zu erkennen ist (vgl. BGH\nWM 2001, 1387 unter II 1 b und zusammenfassend: BGH, Urteil vom 19.10.2005,\nAz.: IV ZR 89/05, Seite 11; Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 25.01.2006, Az.\n6 O 183/05). \n--- \n--- \n| 61 \n--- \n| Die Beibehaltung des Status quo war offensichtlich auch das mit der\nbeklagtenseits abgegebenen Erklarung verfolgte Ziel. Denn ausweislich der\nvorangegangenen Korrespondenz (Klagerschriftsatz vom 15.06.2006, AS 85, und\ngerichtliche Verfugung vom 19.06.2006, AS 87) ging es der Klagerin gerade\ndarum, dass nicht wahrend des Prozesses angesichts der Anordnung des Ruhens\ndes Verfahrens „Verjahrung" eintritt bzw. eine Ausschlussfrist (neu)\neingreift. \n--- \n--- \n| 62 \n--- \n| Schließlich verstoßt es auch nicht gegen Treu und Glauben, wenn sich die\nBeklagte auf die Fristversaumnis beruft (§ 242 BGB). \n--- \n--- \n| 63 \n--- \n| Der Grundsatz von Treu und Glauben gilt - uber den reinen Wortlaut des § 242\nBGB hinaus - als die Rechtsordnung beherrschendes Prinzip fur den gesamten\nRechtsverkehr und hat zur Folge, dass sich jeder in der Ausubung seiner Rechte\nund Erfullung seiner Pflichten im Rahmen der in der Gemeinschaft herrschenden\nsozialethischen Vorstellungen zu verhalten hat, und verpflichtet deshalb zur\nbilligen Rucksichtnahme auf schutzwurdige Interessen anderer sowie zum eigenen\nredlichen und loyalen Verhalten. Seine Auspragung hat der Grundsatz unter\nanderem gerade auch in dem Institut der unzulassigen Rechtsausubung und des\nRechtsmissbrauchs gefunden, wonach die Ausubung eines individuellen Rechts im\nRahmen einer rechtlichen Sonderverbindung durch das Gebot der Redlichkeit und\neinem an Treu und Glauben zu messenden Verhalten beschrankt und ausgeschlossen\nsein kann (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. vom 15.2.2001, Az.: 12 U 206/00, Seite 7;\nLandgericht Karlsruhe, Urteil vom 25.01.2006, Az. 6 O 183/05). \n--- \n--- \n| 64 \n--- \n| Es darf insoweit nicht ubersehen werden, dass zum Zeitpunkt der Einreichung\ndes Schriftsatzes vom 18.07.2006 (AS 99 f.) die Klagefrist schon langst\nversaumt war. Die Klagerin wird also nicht schlechter gestellt als sie ohnehin\nschon stand. \n--- \n--- \n| 65 \n--- \n| Aus demselben Grund ist es der Beklagten auch nicht unter\nschadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten verwehrt, sich auf die\nFristversaumnis zu berufen. \n--- \n**III.** \n--- \n| 66 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, § 281 Abs. 3 ZPO. \n--- \n| 67 \n--- \n| Die Entscheidung uber die vorlaufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708\nNr. 11, § 711 ZPO. \n--- \n \n## Gründe\n\n| | \n--- \n| 31 \n--- \n| Die zulassige Klage ist nicht begrundet. \n--- \n**I.** \n--- \n| 32 \n--- \n| Soweit die Klagerin mit Schriftsatz vom 18.07.2008 ausfuhrt, sie „prazisiere\ndie Antrage nach der Grundsatzentscheidung des BGH vom 14.11.2007", geht das\nGericht hinsichtlich der ursprunglich gestellten Antrage von einer\nKlagerucknahme (§ 269 ZPO) aus. Auch wenn die Klagerin nicht ausdrucklich eine\nKlagerucknahme erklart hat, ergibt sich diese Erklarung konkludent aus den\nFormulierungen im o.g. Schriftsatz, da der Bundesgerichtshof in der genannten\nEntscheidung die von der Klagerin mit den ursprunglichen Antragen gerugte\nSatzungsumstellung ausdrucklich gebilligt hat und die Klagerin fur das\nerkennende Gericht eindeutig nur noch den vom BGH gerugten Verweis der Satzung\nauf § 18 BetrAVG festgestellt haben will (vgl. zur konkludenten\nKlagerucknahme: BGH NJW - RR 1996, 885, 886 und NJW - RR 1989, 1276, 1277). \n--- \n**II.** \n--- \n| 33 \n--- \n| Der Klage ist deshalb der Erfolg zu versagen, weil die Klagerin die Frist\ndes § 46 Abs. 3 VBLS a.F. (10. SÄ.) versaumt und die Beklagte sich auf dieses\nFristversaumnis berufen hat. Die Klage ist daher unbegrundet (vgl. zur\nRechtsfolge des § 12 III VVG a.F.: LG Duisburg RuS 90, 328; Romer/Langheid,\nVersicherungsvertragsgesetz, 2. Auflage 2003, § 12, Rn. 32). \n--- \n--- \n| 34 \n--- \n| 1\\. Der Beklagten ist es grundsatzlich nicht verwehrt, sich gegenuber dem\nKlager bezuglich der Mitteilung der Startgutschrift vom 15. Oktober 2002 auf §\n46 Abs. 3 VBLS (in der Fassung bis zum 31. Dezember 2007), in welchem die\nsechsmonatige Ausschlussfrist in Anlehnung an § 12 Abs. 3 VVG a.F. geregelt\nwar, zu berufen (Landgericht Karlsruhe, Urt. v. 24.10.2008, Az. 6 O 33/08). \n--- \n--- \n| 35 \n--- \n| Auf diese Mitteilung findet namlich § 46 Abs. 3 VBLS noch in seiner alten,\nbis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung Anwendung. \n--- \n--- \n| 36 \n--- \n| Durch die 11. Änderung der VBLS, vom Verwaltungsrat am 23. November 2007\nbeschlossen und vom BMF mit Schreiben vom 14. Januar 2008 genehmigt, wurde in\n§ 46 Abs. 3 VBLS mit Wirkung zum 1. Januar 2008 die fur Klagen vorgesehene\nSechsmonats(ausschluss)frist abgeschafft. Ab dem 1. Januar 2008 soll demnach\ngegen Entscheidungen der Beklagten uber Rechte und Pflichten aus dem\nVersicherungs-, dem Beteiligungs- oder dem Leistungsverhaltnis die Klage\nzeitlich unbeschrankt zulassig sein. Unklar verbleibt dabei allerdings, ob die\nneue „fristlose" und fur den Versicherten gunstigere Regelung nur fur Neufalle\n(Mitteilungen ab dem 1. Januar 2008) oder auch fur „Altfalle" (Mitteilungen\nvor dem 1. Januar 2008 mit an sich bereits abgelaufener oder jedenfalls noch\nlaufender Sechsmonatsfrist), Geltung beanspruchen will. Da eine\nÜbergangsvorschrift nicht vorhanden ist, stellt sich die Frage, ob insoweit\nauf die entsprechende, fur § 12 Abs. 3 VVG a.F. eigens vorgesehene\nÜbergangsvorschrift aus dem EGVVG (Art. 1 Abs. 4 EGVVG) zuruckgegriffen werden\nkann. Nach Art. 1 Abs. 4 EGVVG ist auf Fristen nach § 12 Abs. 3 VVG a.F., die\nvor dem 1. Januar 2008 begonnen haben, § 12 Abs. 3 VVG a.F. auch nach dem 1.\nJanuar 2008 anzuwenden. \n--- \n--- \n| 37 \n--- \n| Aus den Gesetzgebungsmaterialien zum neuen VVG ergibt sich, dass eine\nbesondere Übergangsvorschrift insoweit ursprunglich gar nicht vorgesehen war\n(BT-Drucksache 16/3945 vom 20.12.2006, S. 41 und 119); die allgemeine, in Art.\n3 Abs. 4 EGVVG vorgesehene und an Art. 229 § 6 EGBGB angelehnte\nÜbergangsvorschrift wurde dann aber durch die Regelung des Art. 1 Abs. 4 EGVVG\nerganzt, um ausdrucklich klarzustellen, dass Klagefristen, die unter Geltung\ndes bisherigen VVG in Gang gesetzt wurden, nach sechs Monaten auslaufen (BT-\nDrucksache 16/5862 vom 28.06.2007, S. 70 und 100). \n--- \n--- \n| 38 \n--- \n| Die Kammer hat keine Bedenken, Art. 1 Abs. 4 EGVVG auf § 46 Abs. 3 VBLS a.F.\nentsprechend anzuwenden: Die in den §§ 12 Abs. 3 VVG a.F., 46 Abs. 3 VBLS a.F.\nvorgesehenen Fristen hatten dasselbe Regelungsziel. Die Abanderung des § 46\nAbs. 3 VBLS erfolgte ersichtlich im Zusammenhang mit der Abschaffung des § 12\nAbs. 3 VVG a.F. Auch ansonsten ist die Auslegung von VBLS-Vorschriften in\nAnlehnung an das VVG anerkannt (vgl. etwa OLG Karlsruhe, Urteil v. 1. Marz\n2007 - 12 U 40/06 -, VersR 2007, 1503 ff. zu § 78 Abs. 3 VBLS). Insgesamt\nerscheint es demnach als sachgerecht, auf Art. 1 Abs. 4 EGVVG zuruckzugreifen.\nDem folgend findet auf Fristen nach § 46 Abs. 3 VBLS a.F., die vor dem 1.\nJanuar 2008 zu laufen begonnen haben, § 46 Abs. 3 VBLS a.F. auch nach dem 1.\nJanuar 2008 Anwendung; die Beklagte kann sich in diesen Fallen ohne weiteres\nauf die alte Regelung berufen. \n--- \n--- \n| 39 \n--- \n| 2\\. Gemaß § 46 Abs. 3 Satz 1 VBLS a.F. (10. SÄ.) ist gegen Entscheidungen\nder Anstalt nach Absatz 2 und gegen sonstige Entscheidungen uber Rechte und\nPflichten aus dem Versicherungs-, dem Beteiligungs- oder dem\nLeistungsverhaltnis innerhalb einer Frist von sechs Monaten die Klage zulassig\nentweder zum Schiedsgericht oder zum ordentlichen Gericht, wenn ein\nSchiedsvertrag nicht abgeschlossen wurde. Nach § 46 Abs. 3 Satz 2 VBLS a.F.\n(10. SÄ.) wird die Anstalt, wenn innerhalb der Frist des Satzes 1 keine Klage\nerhoben wird, von der Pflicht zur Zahlung anderer Leistungen oder zur Änderung\nihrer Entscheidung frei. \n--- \n--- \n| 40 \n--- \n| Die sechsmonatige Klagefrist hat die Klagerin versaumt. Erst mit Schriftsatz\nvom 30.08.2005, beim Amtsgericht eingegangen am 01.09.2005, wurde die\nvorliegende Klage anhangig. Den zeitnahen Zugang der Startgutschrift-\nMitteilung vom 15.10.2002 bestreitet die Klagerin nicht. Vielmehr enthalt die\nklagerseits vorgelegte Kopie der Startgutschriftmitteilung einen\nhandschriftlichen Eingangsvermerk vom 25.11.2002 (AH 119). \n--- \n--- \n| 41 \n--- \n| 3\\. Ohne Erfolg beruft sich die Klagerin auf das Urteil des OLG Karlsruhe\nvom 01. Marz 2007 in der Sache 12 U 40/06 (ZTR 2007, 267, dort unter B II),\nvielmehr liegt eine Fallkonstellation vor, wie sie auch der Entscheidung des\nLandgerichts Karlsruhe vom 26.01.2007 (Az. 6 O 59/06; bestatigt durch OLG\nKarlsruhe vom 20.12.2007, Az. 12 U 35/07, unveroffentl.) zugrundelag. \n--- \n--- \n| 42 \n--- \n| a) Allerdings war die Klagerin in der Sache 12 U 40/06, obwohl sie weder die\nAusschlussfrist fur Beanstandungen gegenuber der Beklagten gemaß § 78 Abs. 3\nSatz 1 VBLS noch die Klagerhebungsfrist gemaß § 46 Abs. 3 VBLS a.F. (10. SÄ.)\neingehalten hatte, nach den Ausfuhrungen des OLG Karlsruhe in dem genannten\nUrteil vom 01. Marz 2007 nicht gehindert, im Rahmen ihrer Klage Beanstandungen\nvorzubringen, die die Startgutschrift betreffen. Dies beruhte darauf, dass die\nihr erteilte Belehrung uber die Folgen der Fristversaumung fur Beanstandungen\ngegen die mitgeteilte Startgutschrift gemaß § 78 Abs. 3 VBLS unwirksam war.\nDie Belehrung klarte nicht deutlich genug daruber auf, dass der Versicherte\ngegebenenfalls durch bloßen Zeitablauf seinen Leistungsanspruch im\nVersicherungsfall insoweit verliert, als die Startgutschrift zu niedrig\nfestgesetzt worden ist beziehungsweise hinter der erdienten Anwartschaft\nzuruckbleibt. Damit konnte die Belehrung die Beanstandungsfrist des § 78 Abs.\n3 VBLS nicht in Gang setzen mit der weiteren Folge, dass ein\nBeanstandungsausschluss nicht eingetreten war (OLG Karlsruhe, aaO, unter B II\n2 a cc). \n--- \n--- \n| 43 \n--- \n| b) Die Ausfuhrungen des OLG Karlsruhe im damaligen Verfahren bezogen sich\njedoch auf einen anderen, von demjenigen im vorliegenden Fall zu\nunterscheidenden Sachverhalt. Bei der damaligen Klagerin war der\nVersicherungsfall (Verrentungsfall) bereits eingetreten. Ihre Klage richtete\nsich nicht allein gegen die Mitteilung der Startgutschrift, sondern zugleich\n(bzw. in erster Linie) gegen die unter Zugrundelegung der Startgutschrift\nergangene Betriebsrentenmitteilung. Die Betriebsrentenmitteilung hatte sie\njedoch innerhalb der Frist des § 46 VBLS a.F. (10. SÄ.) angegriffen. Das OLG\nKarlsruhe hat mithin entschieden, dass einer Überprufung der Startgutschrift\nim Rahmen der - fristgerecht angegriffenen - Betriebsrentenmitteilung von der\nbeklagten Anstalt nicht entgegengehalten werden konnte, dass die Klagerin in\nBezug auf die fruhere Startgutschriftenmitteilung die Ausschlussfristen gemaß\n§ 78 Abs. 3 Satz 1 VBLS (Beanstandungen) sowie § 46 Abs. 3 VBLS (Klage)\nversaumt hatte. Bezuglich der „allgemeinen" sechsmonatigen Ausschlussfrist des\n§ 46 Abs. 3 VBLS a.F. (10. SÄ.; noch fruher § 61 Abs. 3 VBLS a.F.) fur Klagen\ngegen Entscheidungen der Beklagten ist seit langem anerkannt, dass diese sich\nnur auf Rechtsbehelfe gegen die jeweilige Mitteilung bezieht und der\nBerechtigte gegen neue Mitteilungen, auch soweit diese auf denselben\nBerechnungen beruhen wie die fruhere, erneut vorgehen kann (vgl. OLG\nKarlsruhe, Urt. v. 01.03.2007, Az. 12 U 40/06, Rz. 51, OLGR Karlsruhe 2007,\n298-300 = ZTR 2007, 267-268 = VersR 2007, 1503-1505 = BetrAV 2007, 580-583;\nOLG Karlsruhe, Urt. v. 20.12.2007, Az. 12 U 35/07, nicht veroffentlicht; und\nin standiger Rechtsprechung das LG Karlsruhe, u.a. Urteil vom 18.01.2002, Az.\n6 O 279/01, Urteil vom 05.11.2004, Az. 6 O 980/03, Urteil vom 24.10.2008, Az.\n6 O 33/08). Über die Frage, ob die damalige Klagerin mit ihrer Klage auch die\nStartgutschriftenmitteilung selbst bzw. isoliert hatte angreifen konnen, war\nnicht zu befinden. \n--- \n--- \n| 44 \n--- \n| c) Im vorliegenden Fall wendet die zu den rentenfernen Jahrgangen gehorende\nKlagerin sich ausschließlich gegen die Startgutschriftenmitteilung. Dieses\nBegehren ist jedoch wegen der Versaumung der allgemeinen Ausschlussfrist des §\n46 Abs. 3 VBLS a.F. (10. SÄ.) verfristet und die Klage daher abzuweisen.\nInsoweit wurde die Klagerin in dem der Startgutschriftenmitteilung beigefugten\nMerkblatt L 341 zutreffend und ausreichend belehrt. Der Hinweis in Ziffer 3\ndes Merkblatts „Wird innerhalb der Sechsmonatsfrist keine Klage erhoben, wird\ndie Anstalt von der Pflicht zu Zahlung anderer Leistungen oder zur Änderung\nihrer Entscheidung frei", gibt keinen berechtigten Anlass zu\nMissverstandnissen uber die vorgesehene Rechtsfolge. Die im Urteil des OLG\nKarlsruhe vom 01.03.2007 in Bezug auf die Belehrung uber die Folgen der\nFristversaumung fur Beanstandungen gegen die mitgeteilte Startgutschrift gemaß\n§ 78 Abs. 3 VBLS dargelegten Bedenken bestehen insoweit nicht. \n--- \n--- \n| 45 \n--- \n| d) Die Klagerin wird nicht dadurch unangemessen benachteiligt, dass sie die\nStartgutschriftenmitteilung als solche nicht mehr angreifen kann, weil sie die\nAusschlussfrist des § 46 Abs. 3 VBLS a.F. (10. SÄ.) versaumt hat. Die im\nUrteil des OLG Karlsruhe vom 01.03.2007 dargelegten Grundsatze werden ihr\nspatestens dann zugute kommen konnen, wenn sie zukunftig nach Eintritt des\nVersicherungsfalls ihre erste Rentenmitteilung von der Beklagten erhalt. Dann\nwird sie nicht gehindert sein, Einwendungen auch insoweit geltend zu machen,\nals diese die Berechnung der Startgurtschrift betreffen. \n--- \n--- \n| 46 \n--- \n| In diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof nunmehr im Fall eines\nrentenfernen Versicherten mit einem ersten Grundsatzurteil vom 14. November\n2007 - IV ZR 74/06 - entschieden, dass die von der Beklagten erteilte\nStartgutschrift den Wert der bis zum 31.12.2001 erlangten Anwartschaft auf\neine bei Eintritt des Versicherungsfalles zu leistende Betriebsrente nicht\nverbindlich festlege. Denn die zugrunde liegenden Übergangsregelungen zu den\nStartgutschriften rentenferner Jahrgange seien unwirksam. Der\nBundesgerichtshof hatte im Ergebnis die beiderseitigen Revisionen gegen das\nvorausgegangene Berufungsurteil zuruckgewiesen. Zugleich hat er die\nTarifvertragsparteien zu einer korrigierenden Neuregelung aufgerufen. \n--- \n--- \n| 47 \n--- \n| 4\\. Die Klagerin kann sich nicht mit Erfolg auf die „Gemeinsame Erklarung"\nberufen, die die Tarifvertragsparteien am 12. Marz 2003 anlasslich der\nEinigung uber den Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum Tarifvertrag\nAltersversorgung (ATV) abgegeben haben. \n--- \n--- \n| 48 \n--- \n| a) Die Beklagte ist ungeachtet dieser Erklarung gegenuber der Klagerin\nderzeit nicht gehindert, sich auf die Versaumung der Ausschlussfristen gegen\ndie Startgutschriftenmitteilung zu berufen. Die Erklarung der Tarifpartner ist\nersichtlich nur zugunsten von Versicherten abgegeben, die gegen die\nStartgurtschrift fristgerecht Beanstandungen oder Klage erhoben haben. Die\nErklarung, auf die die Beklagte die Versicherten unter anderem auf ihrer\nInternetseite (inhaltlich unverandert seit 10.04.2003, AH 153 f.; lediglich\ngraphisch verandert seit 14.06.2005, AH 151) hinweist und erklart, sie werde\n„entsprechend dieser Erklarung verfahren", lautet in ihrem hier\ninteressierenden Teil: \n--- \n--- \n| 49 \n--- \n| „Fur den Fall, dass die Regelungen zur Ermittlung der Startgutschriften\neiner Überprufung durch eine hochstrichterliche Grundsatzentscheidung nicht\nStand halten sollten, haben sich die Tarifvertragsparteien verstandigt,\nLosungen anzustreben, die mit der Neuordnung der Zusatzversorgung vereinbar\nsind und fur alle betroffenen Versicherten Anwendung finden konnen. \n--- \n--- \n| 50 \n--- \n| Im Hinblick auf eine solche Losung verzichten die\nZusatzversorgungseinrichtungen darauf, wegen der Beanstandungen, die Sie gegen\nIhre Startgutschrift erhoben haben, die Einrede der Verjahrung zu erheben oder\nsich auf tarifliche oder satzungsmaßige Ausschlussfristen zu berufen. Sie\nbrauchen also wegen Ihrer Beanstandungen zur Startgutschrift keine weiteren\nRechtsmittel (insbesondere keine Klage) zu ergreifen. Sobald die Rechtslage\nabschließend geklart ist und sich die Tarifvertragsparteien auf eine Losung\nverstandigt haben, werden die Zusatzversorgungseinrichtungen unaufgefordert\nauf die Angelegenheit zuruckkommen." \n--- \n--- \n| 51 \n--- \n| Erganzend fuhrt die Beklagte auf ihrer Internetseite aus: \n--- \n--- \n| 52 \n--- \n| „In welcher Weise das aus Anlass einer hochstrichterlichen\nGrundsatzentscheidung erzielte Ergebnis auf die Versicherten zu ubertragen\nist, die keine fristgerechte Beanstandung oder Klage erhoben haben, werden die\nTarifvertragsparteien entscheiden." \n--- \n--- \n| 53 \n--- \n| b) Eine andere Interpretation der Erklarung der Beklagten im Internet ergibt\nsich auch nicht aus der Verwaltungspraxis anderer Trager der Zusatzversorgung\nim offentlichen Dienst. So mag etwa die Zusatzversorgungskasse des Kommunalen\nVersorgungsverbands Baden-Wurttemberg (KVBW) ausweislich einer dortigen\nNewsletter-Mitteilung vom 30.05.2003 (AH 135 f.) davon ausgegangen sein, dass\n„eine sich aus Musterprozessen ggf. ergebende notwendige Änderung des\nderzeitig gultigen Tarifrechts ... unabhangig von einer Beanstandung allen\nVersicherten ruckwirkend zugute kommen" werde. Ohne eine Aussage uber die\nReichweite dieser Erklarung des KVBW im Einzelnen abgeben zu wollen, konnen\nVerlautbarungen anderer Versorgungskassen die Beklagte nicht binden. \n--- \n--- \n| 54 \n--- \n| c) Soweit im Beklagtenschriftsatz vom 18.07.2006 (AS 99 f.) die Internet-\nErklarung leicht verandert wiedergegeben ist, folgt daraus nicht, dass die\nBeklagte im konkreten Einzelfall weitergehende Klagemoglichkeiten gewahren\nwollte oder das Berufen auf die Klagefrist gegen Treu und Glauben verstoßen\nwurde. \n--- \n--- \n| 55 \n--- \n| Statt: \n--- \n--- \n| 56 \n--- \n| „Im Hinblick auf eine solche Losung verzichten die\nZusatzversorgungseinrichtungen darauf, wegen **der Beanstandungen, die Sie\ngegen Ihre Startgutschrift erhoben haben,** die Einrede der Verjahrung zu\nerheben oder sich auf tarifliche oder satzungsmaßige Ausschlussfristen zu\nberufen", \n--- \n--- \n| 57 \n--- \n| formuliert die Beklagte im genannten Schriftsatz: \n--- \n--- \n| 58 \n--- \n| „Im Hinblick auf eine solche Losung verzichten die\nZusatzversorgungseinrichtungen darauf, wegen **der Beanstandungen gegen die\nStartgutschriften** die Einrede der Verjahrung zu erheben oder sich auf\ntarifliche oder satzungsmaßige Ausschlussfristen zu berufen." \n--- \n--- \n| 59 \n--- \n| Dieses letzte Zitat ist rein sprachlich weniger eindeutig als das Original-\nZitat. Sprachlich ist hier auch die Interpretation moglich, dass es nicht\ndarauf ankommen soll, ob eine Beanstandung erfolgt ist oder nicht. Ausweislich\ndes vorangegangenen Klagerschriftsatzes vom 26.06.2006 (AS 95) war dort aber\nbereits die Erklarung der Tarifvertragsparteien vom 12.03.2003 ihrem Wortlaut\nnach bekannt. Schon deshalb konnte die Klagerseite nicht davon ausgehen, dass\ndie Beklagte weitergehende Klagerechte gewahren wollte bzw. auf ihr Recht,\nsich auf die Ausschlussfrist berufen zu wollen, verzichten wollte. \n--- \n--- \n| 60 \n--- \n| Verzicht ist eine rechtsgestaltende Willenserklarung, mit der der Erklarende\neine ihm gunstige Rechtsposition endgultig aufgibt. Das setzt einen in der\nErklarung zum Ausdruck kommenden Verzichtswillen voraus. Insoweit ist das\nGebot einer interessengerechten Auslegung in besonderem Maße zu beachten (vgl.\nBGH WM 2002, 822 unter 4 m.w.N.). Hat der Erklarende eine ihm gunstige\nRechtsposition erlangt, ist grundsatzlich davon auszugehen, dass er sie nicht\neinfach wieder aufgeben will (vgl. BGH aaO. m.w.N.). Ein Verzicht ist deshalb\nnach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Allgemeinen nicht zu\nvermuten (vgl. BGH WM 1994, 13 unter II 2 b). Gerade dann, wenn ein\nstillschweigender Verzicht angenommen werden soll, erfordert dies ein\nVerhalten, aus dem - nach Bewertung aller Fallumstande - unzweideutig der\nWille entnommen werden kann, die gunstige Rechtsposition aufzugeben.\nRegelmaßig wird die Annahme eines stillschweigenden Verzichts schon dann\nausscheiden, wenn kein nachvollziehbares Motiv dafur zu erkennen ist (vgl. BGH\nWM 2001, 1387 unter II 1 b und zusammenfassend: BGH, Urteil vom 19.10.2005,\nAz.: IV ZR 89/05, Seite 11; Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 25.01.2006, Az.\n6 O 183/05). \n--- \n--- \n| 61 \n--- \n| Die Beibehaltung des Status quo war offensichtlich auch das mit der\nbeklagtenseits abgegebenen Erklarung verfolgte Ziel. Denn ausweislich der\nvorangegangenen Korrespondenz (Klagerschriftsatz vom 15.06.2006, AS 85, und\ngerichtliche Verfugung vom 19.06.2006, AS 87) ging es der Klagerin gerade\ndarum, dass nicht wahrend des Prozesses angesichts der Anordnung des Ruhens\ndes Verfahrens „Verjahrung" eintritt bzw. eine Ausschlussfrist (neu)\neingreift. \n--- \n--- \n| 62 \n--- \n| Schließlich verstoßt es auch nicht gegen Treu und Glauben, wenn sich die\nBeklagte auf die Fristversaumnis beruft (§ 242 BGB). \n--- \n--- \n| 63 \n--- \n| Der Grundsatz von Treu und Glauben gilt - uber den reinen Wortlaut des § 242\nBGB hinaus - als die Rechtsordnung beherrschendes Prinzip fur den gesamten\nRechtsverkehr und hat zur Folge, dass sich jeder in der Ausubung seiner Rechte\nund Erfullung seiner Pflichten im Rahmen der in der Gemeinschaft herrschenden\nsozialethischen Vorstellungen zu verhalten hat, und verpflichtet deshalb zur\nbilligen Rucksichtnahme auf schutzwurdige Interessen anderer sowie zum eigenen\nredlichen und loyalen Verhalten. Seine Auspragung hat der Grundsatz unter\nanderem gerade auch in dem Institut der unzulassigen Rechtsausubung und des\nRechtsmissbrauchs gefunden, wonach die Ausubung eines individuellen Rechts im\nRahmen einer rechtlichen Sonderverbindung durch das Gebot der Redlichkeit und\neinem an Treu und Glauben zu messenden Verhalten beschrankt und ausgeschlossen\nsein kann (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. vom 15.2.2001, Az.: 12 U 206/00, Seite 7;\nLandgericht Karlsruhe, Urteil vom 25.01.2006, Az. 6 O 183/05). \n--- \n--- \n| 64 \n--- \n| Es darf insoweit nicht ubersehen werden, dass zum Zeitpunkt der Einreichung\ndes Schriftsatzes vom 18.07.2006 (AS 99 f.) die Klagefrist schon langst\nversaumt war. Die Klagerin wird also nicht schlechter gestellt als sie ohnehin\nschon stand. \n--- \n--- \n| 65 \n--- \n| Aus demselben Grund ist es der Beklagten auch nicht unter\nschadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten verwehrt, sich auf die\nFristversaumnis zu berufen. \n--- \n**III.** \n--- \n| 66 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, § 281 Abs. 3 ZPO. \n--- \n| 67 \n--- \n| Die Entscheidung uber die vorlaufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708\nNr. 11, § 711 ZPO. \n---\n\n |
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133,019 | olgstut-2010-02-04-202-enwg-1708 | 147 | Oberlandesgericht Stuttgart | olgstut | Baden-Württemberg | Oberlandesgericht | 202 EnWG 17/08 | 2010-02-04 | 2019-01-07 10:21:16 | 2019-02-12 12:16:13 | Beschluss | ## Tenor\n\nI. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Festlegung von\nEigenkapitalzinssatzen fur Alt- und Neuanlagen vom 06.08.2008 (Az.:\n1-4455.4-7/14) wird\n\n**zur uckgewiesen.**\n\nII. Die Antragstellerin tragt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.\n\nIII. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.\n\nIV. Der Beschwerdewert wird durch gesonderten Beschluss festgelegt werden.\n\n## Gründe\n\n| | **A.** \n--- \n| 1 \n--- \n| Die nach ihrer Betriebsgroße und ihrem Sitz in den Zustandigkeitsbereich der\nBeschwerdegegnerin als Landesregulierungsbehorde (LRegB) fallende\nBeschwerdefuhrerin wendet sich als betroffener Netzbetreiber gegen die\nFestlegung von Eigenkapitalzinssatzen durch die Beschwerdegegnerin vom\n06.08.2008 nach § 29 Abs. 1 EnWG i.V.m. § 7 Abs. 6 GasNEV. \n--- \n| 2 \n--- \n| Wegen der unstreitigen Einzelheiten des Verfahrens nimmt der Senat Bezug auf\ndie Behordenkaten und den Inhalt der angegriffenen Festsetzung, um\nWiederholungen zu vermeiden. \n--- \n| 3 \n--- \n| Die Antragstellerin hat gegen die Festlegung Beschwerde eingelegt. Auf die\neinzelnen Angriffe soll unter C eingegangen werden. \n--- \n| 4 \n--- \n| Die **Beschwerdef uhrerin** beantragt, \n--- \n| 5 \n--- \n| den Bescheid der Beschwerdegegnerin vom 06.08.2008 (Az.: 1-4455.7/14)\naufzuheben. \n--- \n| 6 \n--- \n| Hilfsweise beantragt sie, \n--- \n| 7 \n--- \n| den Bescheid der Beschwerdegegnerin vom 06.08.2008 (Az.: 1-4455.7/14)\naufzuheben und sie zu verpflichten unter Berucksichtigung der Rechtsauffassung\ndes Gerichts erneut zu bescheiden; \n--- \n| 8 \n--- \n| Die **Antragsgegnerin** beantragt: \n--- \n| 9 \n--- \n| Die Beschwerde zuruckzuweisen. \n--- \n| 10 \n--- \n| Die **Bundesnetzagentur** halt die Beschwerde fur unbegrundet. \n--- \n| 11 \n--- \n| Erganzend nimmt der Senat Bezug auf die eingereichten Schriftsatze der\nBeschwerdefuhrerin, der Beschwerdegegnerin sowie der am Verfahren beteiligten\nBundesnetzagentur und die Sitzungsniederschrift vom 26. November 2009 Bezug. \n--- \n**B.** \n--- \n| 12 \n--- \n| Die form- und fristgerecht (§§ 78, 80 EnWG) eingelegte Beschwerde ist im\nHauptantrag unzulassig, mit dem Hilfsantrag als Verpflichtungsbeschwerde\nhingegen zulassig. \n--- \nI. \n--- \n| 13 \n--- \n| Die Beschwerdefuhrerin erstrebt in der Sache die Festsetzung hoherer\nEigenkapitalzinssatze nach § 7 Abs. 6 GasNEV und damit auch nach den Vorgaben\ndes Gesetz- und des Verordnungsgebers eine ihr im Rahmen der Bemessung ihrer\nNetzentgelte gegenuber ihren Netzkunden gunstigere Behordenentscheidung. \n--- \nII. \n--- \n| 14 \n--- \n| Die richtige Klageart, eine solche Entscheidung herbeizufuhren, ist die\nVerpflichtungsklage. Dabei genugt es nicht, mittels einer kunstlichen\nAufspaltung des Begehrens eine durch die Behorde getroffene Festlegung zu\nbeseitigen, sondern es ist Aufgabe des Beschwerdefuhrers, darzulegen, dass er\nanstelle der angegriffenen Entscheidung Anspruch auf eine ihm gunstigere habe. \n--- \n| 15 \n--- \n| Infolgedessen ist der Hauptantrag der Beschwerdefuhrerin unzulassig. \n--- \nIII. \n--- \n| 16 \n--- \n| Statthaft und auch im Übrigen zulassig ist hingegen der hilfsweise\ngestellte, auf Neubescheidung gerichtete Antrag. \n--- \n1. \n--- \n| 17 \n--- \n| Wie sich aus dem Beschwerdevorbringen ergibt, wendet sich die\nBeschwerdefuhrerin gegen die mit Ziff. 1 des angefochtenen Bescheides\nfestgesetzten Zinssatze. Diese „Festsetzung" stellt jedenfalls dann eine\n„Entscheidung" im Sinne von §§ 75 Abs. 1 Satz 1, 73 Abs. 1 EnWG dar, wenn sie\nin Gestalt einer individuellen, weil nur gegenuber einer Person erfolgten\nRegelung und also als Verwaltungsakt i. S. v. § 35 (L)VwVfG erfolgt. \n--- \n2. \n--- \n| 18 \n--- \n| Nichts anders gilt, wenn eine Festlegung nicht individuell erfolgt, sondern\nwie dies vorliegend geschehen ist, in Gestalt einer Allgemeinverfugung nach §\n29 Abs. 1 EnWG (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Januar 2009 - 202 EnWG 98/07\n(PS), ZNER 2009, 44 ff., bei juris Rz. 17 u.H. auf § 60 a Abs. 2 EnWG; Salje,\nEnWG [2006], § 75, 13; Britz, in: Britz/Hellermann/Hermes, EnWG [2008], § 29,\n13). Gegen eine solche Entscheidung der Regulierungsbehorde ist die Beschwerde\ngemaß § 75 Abs. 1 EnWG eroffnet (Preedy, in: Britz/Hellermann/Hermes, a.a.O.,\n§ 75, 3 und 1; Salje, a.a.O., § 75, 9). \n--- \n3. \n--- \n| 19 \n--- \n| Nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senates ist\nin Fallen der vorliegenden Art der Antrag auf Neubescheidung nach der\nRechtsauffassung des Senates sachdienlich und stoßt nicht auf\nZulassigkeitsbedenken (vgl. naher Senatsbeschlusse vom 14. Januar 2010 - 202\nEnWG 38/09 und 202 EnWG 39/09 - sowie vom 21. Januar 2010 - 202 EnWG 3/09 und\n202 EnWG 19/09; m.w.N.). \n--- \n**C.** \n--- \n| 20 \n--- \n| Die Beschwerde erweist sich in der Sachte als unbegrundet. \n--- \nI. \n--- \n| 21 \n--- \n| Die LRegB war zum Erlass des angegriffenen Bescheides entgegen der Ansicht\nder Beschwerdefuhrerin zustandig. \n--- \n1. \n--- \n| 22 \n--- \n| In Beschwerdefuhrerin bringt vor, die LRegB sei fur den Erlass des\nstreitgegenstandlichen Bescheides nicht zustandig gewesen. Es handele sich\nweder um eine Genehmigung der Entgelte fur den Netzzugang nach § 23a EnWG,\nweshalb § 54 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EnWG nicht einschlagig sei, noch um eine\nGenehmigung oder Festlegung im Rahmen der Bestimmung der Entgelte fur den\nNetzzugang im Wege einer Anreizregulierung nach § 21a EnWG. Mit der\nEntscheidung in § 2 ARegV, das Verfahren zur Bestimmung von Erlosobergrenzen\nvon Amts wegen einzuleiten, habe sich der Verordnungsgeber fur die Festlegung\nentschieden. Der Beschwerdegegnerin obliege nach § 54 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EnWG\nalso die Festlegung der Erlosobergrenzen allein zur Bestimmung der Entgelte\nfur den Netzzugang. Die Festlegung der Eigenkapitalzinssatze nach § 7 Abs. 6\nGasNEV sei von der Zustandigkeitszuweisung nicht umfasst. Die Festlegung der\nEigenkapitalzinssatze habe allenfalls mittelbare Auswirkung auf Entgelte fur\nden Netzzugang. Auch die Verwendung des Singulars in § 54 Abs. 2 S. 1 Nr. 2\nEnWG, wo es "die Genehmigung oder Festlegung" heiße, erfasse nur die\nFestlegung im Rahmen der Bestimmung der Entgelte fur den Netzzugang. Als\nAusnahmevorschrift sei die Norm entgegen der Rechtsauffassung der\nBeschwerdegegnerin einschrankend auszulegen. Aus diesem Grund scheide auch\neine Annexzustandigkeit aus. § 32 ARegV erfasse die Festlegung von\nEigenkapitalzinssatzen nicht und konne als untergesetzliche Norm der\nVerordnungsnorm nicht mehr Kompetenzen einraumen als das EnWG. \n--- \n2. \n--- \n| 23 \n--- \n| Die Antragsgegnerin stutzt ihre Zustandigkeit aber zutreffend auf § 54 Abs.\n2 Satz 1 Nr. 2 EnWG. Zwar hat der Senat fur allgemeine Festlegungen im Rahmen\ndes Entgeltgenehmigungsverfahrens nach § 23 a EnWG eine Zustandigkeit der\nLRegB verneint (Senatsbeschlusse vom 29. Januar 2009 - 202 EnWG 98/07 (PS),\nRDE 2009, 344 ff. und vom 16. Februar 2009 - 202 EnWG 96/07 (PS), WuW/E DE-R\n2656-2666, Umdruck S. 7 ff.) und sich dabei mit dem Ausnahmecharakter des § 54\nAbs. 2 EnWG auseinandergesetzt. Hier liegt der Fall aber anders, worauf die\nLRegB zutreffend hinweist: Die Norm lautet in den hier maßgebenden Ziffern: \n--- \n| 24 \n--- \n| (2) Den Landesregulierungsbehorden obliegt \n--- \n| 25 \n--- \n| 1\\. die Genehmigung der Entgelte fur den Netzzugang nach § 23a, \n2\\. die Genehmigung oder Festlegung im Rahmen der Bestimmung der Entgelte fur\nden Netzzugang im Wege einer Anreizregulierung nach § 21a, \n--- \n| 26 \n--- \n| Der Gesetzgeber weist der LRegB in § 54 Abs. 2 Nr. 2 EnWG das gesamte\nGenehmigungsverfahren der Anreizregulierung nach § 21a EnWG zu. § 21a Abs.1\nEnWG umschreibt die „Anreizregulierung" als eine Methode zur Bestimmung von\nNetzzugangsentgelten, die Anreize fur eine effiziente Leistungserbringung\nsetzt. Die „Bestimmung von Netzzugangsentgelten" im Wege der Anreizregulierung\nerschopft sich nicht in der Festlegung von Erlosobergrenzen, sondern\nbeinhaltet zahlreiche andere behordliche Entscheidungen (vgl. § 7 Abs. 6\nGasNEV/StromNEV und § 32 Abs. 1 ARegV). Bei der Festlegung von\nEigenkapitalzinssatzen nach § 7 Abs. 6 GasNEV/StromNEV handelt es sich um eine\nFestlegung „im Rahmen der Bestimmung der Entgelte fur den Netzzugang im Wege\neiner Anreizregulierung", einer Variante der kostenorientierten Entgeltbildung\ni.S.v. § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG (vgl. BT-Drs. 15/5268, S. 119 f.). § 21 Abs. 2\nSatz 1 EnWG, der eine angemessene, wettbewerbsfahige und risikoangepasste\nVerzinsung des eingesetzten Kapitals vorsieht (vgl. § 21a Abs. 4 EnWG), wird\nin § 7 Abs. 6 GasNEV/StromNEV fur die Phase der Anreizregulierung\nkonkretisiert. \n--- \n| 27 \n--- \n| Der Gesetzgeber verwendet im gesamten Zustandigkeitskatalog des § 54 Abs. 2\nEnWG durchgehend die Singularform, um das behordliche Handeln zu umschreiben.\nDer Entscheidungskatalog in § 32 Abs. 1 ARegV bestatigt dies, ohne - aus\nGrunden der Normhierarchie - selbst kompetenzerweiternd wirken zu konnen. Die\nRechtsauffassung der Beschwerdefuhrerin fuhrte zu einer sachwidrig\nkomplizierenden Aufspaltung der Zustandigkeit im Anreizregulierungsverfahren\n(vgl. § 32 Abs. 1 Nr. 1, 2, 8 und 9 ARegV), die gewollt zu haben dem\nGesetzgeber mangels Anhaltspunkt hierfur nicht unterstellt werden kann. \n--- \n| 28 \n--- \n| Erganzend bringt die Beschwerdegegnerin hierzu vor: Die Festlegung von\nEigenkapitalzinssatzen sei in § 32 ARegV allein deshalb nicht genannt (S. 4),\nweil der Verordnungsgeber eine entsprechende Spezialregelung in § 7 Abs. 6\nGasNEV/StromNEV bereits und nach einem einheitlichen Gesetzgebungsverfahren\nvorgesehen habe (vgl. BR-Drs. 417/07). Hatte der Gesetzgeber die genannte\nBefugnis nur einer bestimmten Regulierungsbehorde zuweisen wollen, hatte er\ndies wie in der in demselben Gesetzgebungsvorgang erlassenen ARegV (z.B. § 32\nAbs. 2, § 12 Abs. 6 ARegV) auch hier deutlich gemacht. Die Tragfahigkeit\ndieser Erwagung braucht der Senat indes nicht naher zu prufen, weil schon der\nvorgenannte Befund eindeutig zugunsten der Rechtsauffassung der\nBeschwerdegegnerin spricht. \n--- \nII. \n--- \n| 29 \n--- \n| Die Beschwerde rugt auch die Verletzung materiellen Rechts, mit dem\nVorspann, bei Stromnetzen sei gegenuber der alten Rechtslage eine Erhohung um\n1,38 Prozentpunkte vorgenommen, bei Gasnetzen nur um 0,07 Prozentpunkte. Zur\nAbleitung des Zuschlages fur die Abdeckung netzbetriebsspezifischer Wagnisse\nim Bereich Strom und Gas habe die Beschwerdegegnerin bzw. die\nBundesnetzagentur ein Gutachten von F. E. Ltd., London, aus Juni 2006 nahezu\nunverandert ubernommen. Diese Ergebnisse stunden teilweise im Widerspruch zu\nanderen Gutachten zur Ermittlung einer angemessenen Eigenkapitalverzinsung,\nerstellt im Auftrag des Verbandes k. U. e.V. (VKU - K.-Gutachten mit einer\nEmpfehlung von 12,45 % fur Strom- und 13,19 % fur Gasnetze, Bf. 1) bzw. im\nAuftrag des Bundesverbandes der E.- und W. e.V. (BDEW - N.-Gutachten, das\nangemessene Eigenkapitalzinssatze von 12,5% fur Strom- bzw. 13,3% fur Gasnetze\nermittele, Bf. 2). \n--- \n| 30 \n--- \n| Ihre nachfolgend aufgefuhrten Angriffe gegen die Festlegung vom 06.08.2008\nkonnen der Beschwerde keinen Erfolg bringen. \n--- \n1. \n--- \n| 31 \n--- \n| Ohne Erfolg rugt die Beschwerdefuhrerin, eine angemessene\nEigenkapitalverzinsung (§§ 21a, 21 Abs. 2 EnWG) sei schon aufgrund der\nRegelungen in § 7 Abs. 4 StromNEV bzw. des § 7 Abs. 4 GasNEV nicht moglich,\ndie Verordnung daher nicht gesetzeskonform. \n--- \na) \n--- \n| 32 \n--- \n| Die Beschwerdefuhrerin meint hierzu: Inzwischen habe sich in Theorie und\nPraxis die Ansicht durchgesetzt, dass die marktorientierte Ableitung des\nBasiszinssatzes anhand der aktuellen, am Kapitalmarkt beobachtbaren\nZinsstruktur - anders als in der Verordnung vorgesehen - einer\nvergangenheitsorientierten Vorgehensweise vorzuziehen sei, da ansonsten\nkunftige Zahlungsuberschusse mit vergangenen Renditen verglichen wurden.\nHierdurch entstehe ein Extrapolationsproblem. Eine mogliche Abweichung der\nhistorischen Durchschnittsrenditen von der aktuellen Zinsstruktur wurde zu\neiner nicht marktgerechten Bewertung fuhren. Dieses Problem ware vermeidbar\ndurch Ruckgriff auf aktuelle Zinsstrukturkurven. Auf Grundlage der von der\nDeutschen Bundesbank taglich veroffentlichten Schatzparameter lasse sich die\nZinsstrukturkurve fur eine beliebige Anzahl kunftiger Perioden bestimmen, die\ndie Ausgangsbasis zur Ableitung des Basiszinssatzes bilde, da sie neben einem\nhohen Grad an Objektivierung der geforderten Zukunftsorientierung Rechnung\ntrage. Die darin vorgesehene Vorgehensweise sei mit den neueren Ansichten in\nder Theorie und der gangigen Praxis nicht vereinbar und fuhre zu einem zu\nniedrigen risikolosen Zinssatz. Statt der vergangenheitsbezogenen Ermittlung\ndes risikolosen Zinssatzes musse die Beschwerdegegnerin am Maßstab des uber §\n21a EnWG anzuwendenden § 21 Abs. 2 EnWG die „Svensson-Methode" zugrunde legen.\nBei deren korrekter Anwendung hatte dieser am Tag der Beschlussfassung der\nFestlegung der Bundesnetzagentur, 4,75% betragen. \n--- \nb) \n--- \n| 33 \n--- \n| Damit kann die Beschwerde schon keinen Erfolg haben, weil der\nVerordnungsgeber seinen Willen in § 7 Abs. 4 eindeutig zum Ausdruck gebracht\nhat. Diese Norm lautet: \n--- \n| 34 \n--- \n| (4) Der auf das betriebsnotwendige Eigenkapital, das auf Neuanlagen\nentfallt, anzuwendende Eigenkapitalzinssatz darf den auf die letzten zehn\nabgeschlossenen Kalenderjahre bezogenen Durchschnitt der von der Deutschen\nBundesbank veroffentlichten Umlaufsrenditen festverzinslicher Wertpapiere\ninlandischer Emittenten zuzuglich eines angemessenen Zuschlags zur Abdeckung\nnetzbetriebsspezifischer unternehmerischer Wagnisse nach Absatz 5 nicht\nuberschreiten. Der auf das betriebsnotwendige Eigenkapital, das auf Altanlagen\nentfallt, anzuwendende Eigenkapitalzinssatz ist zusatzlich um den auf die\nletzten zehn abgeschlossenen Kalenderjahre bezogenen Durchschnitt der\nPreisanderungsrate gemaß dem vom Statistischen Bundesamt veroffentlichten\nVerbraucherpreisgesamtindex zu ermaßigen. \n--- \n| 35 \n--- \n| Dieser Wortlaut erlaubt es nicht, die Berechnungsmethode in die von der\nBeschwerdefuhrerin gewunschte Richtung zu verandern. Ein derart neues\nBerechnungssystem konnte allenfalls der Verordnungsgeber vorschreiben, indem\ner die Vorschrift anderte. Die Gerichte hingegen sind an diesen eindeutigen\nWortlaut gebunden. \n--- \n| 36 \n--- \n| Allenfalls konnte der Senat zu dem Ergebnis gelangen, dass die Verordnung in\ndiesem Punkt uber ihre Ermachtigungsgrundlage hinausgehe, indem sie den\nVorgaben des sie tragenden Gesetzes inhaltlich widerspreche, wie es die\nBeschwerde behauptet, ohne es schlussig darzulegen. Ein solcher Widerspruch\nist jedoch nicht ersichtlich. Der maßgebende § 21 Abs.2 Satz 1 EnWG lautet: \n--- \n| 37 \n--- \n| „Die Entgelte werden auf der Grundlage der Kosten einer Betriebsfuhrung, die\ndenen eines effizienten und strukturell vergleichbaren Netzbetreibers\nentsprechen mussen, unter Berucksichtigung von Anreizen fur eine effiziente\nLeistungserbringung und einer angemessenen, wettbewerbsfahigen und\nrisikoangepassten Verzinsung des eingesetzten Kapitals gebildet, soweit in\neiner Rechtsverordnung nach § 24 nicht eine Abweichung von der\nkostenorientierten Entgeltbildung bestimmt ist." \n--- \n| 38 \n--- \n| Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG ist eine angemessene, wettbewerbsfahige und\nrisikoangepasste Verzinsung zu gewahrleisten (BGH, Beschluss vom 03. Marz 2009\n- EnVR 79/07, [SWU Netze], ZNER 2009, 252 ff., bei juris Rz. 14; vgl. auch\nBGH, Beschluss vom 23. Juni 2009 - EnVR 76/07, a.a.O., bei juris Rz. 25). Dass\neine solche nach § 7 Abs. 4 GasNEV nicht gewahrleistet werden konnte, ist\nschon deshalb nicht ersichtlich, weil in der nach dieser Norm gebotenen\nBerechnung ein „angemessener Zuschlag zur Abdeckung netzbetriebsspezifischer\nunternehmerischer Wagnisse", also ein weicher Berechnungsfaktor, anzusetzen\nist. Die Beschwerde legt denn auch nicht dar, dass diese Berechnungsmethode\nkeine angemessene, wettbewerbsfahige und risikoangepasste\nEigenkapitalverzinsung ermoglichen wurde, sondern beschrankt sich auf eine\nKritik des von ihr aufgeworfenen Extrapolationsproblems, das aber jeglicher\nzukunftsbezogener Zinsfestsetzung innewohnt: Die kommende Zinsentwicklung kann\nnicht uber Jahre vorhergesagt werden. \n--- \n2. \n--- \n| 39 \n--- \n| Auch die hilfsweise vorgebrachten Angriffe gegen die Berechnung der\nEigenkapitalverzinsung durch die Beschwerdegegnerin greifen nicht durch. \n--- \na) \n--- \n| 40 \n--- \n| Gegen die angewandte Berechnungsmethode („Capital Asset Pricing Model")\nerhebt die Beschwerdefuhrerin ausdrucklich keine grundsatzlichen Bedenken.\nEine Annahme desselben grunde auf der allgemeinen Portfoliotheorie, derzufolge\nAnleger durch eine breite Streuung ihres Portfolios unternehmensspezifische\nRisiken eliminieren konnten, systematische Risiken, also solche, die sich auf\nalle Anlagen auswirkten, hingegen nicht. Darum mussten die Anleger nach diesem\nModel lediglich fur systematische Risiken zinsmaßig entschadigt werden. Die\nHohe des Risikofaktors habe unmittelbaren Einfluss auf die Hohe der zu\nerwartenden Rendite. Zur Berechnung des Eigenkapitalzinssatzes seien ein\nrisikoloser Zinssatz, der Risikofaktor des Unternehmens und die\nMarktrisikopramie zu ermitteln. \n--- \nb) \n--- \n| 41 \n--- \n| Die Beschwerdefuhrerin ubergeht jedoch, dass der Wortlaut der Verordnung\nnicht zwingend dahin auszulegen ist, dass es genau einen angemessenen Wert\ngebe, den die Behorde zu ermitteln habe. Obwohl der Verordnungsgeber in § 7\nAbs. 6 GasNEV Zinssatze bis auf die zweite Nachkommastelle vorgegeben hatte,\nkann ihm ein Wille, die Verwaltung so weitgehend zu binden, schon deshalb\nnicht unterstellt werden, weil die Verordnung dann - wie die Argumentation der\nBeschwerdefuhrerin exemplarisch zeigt - aufgrund finanzwissenschaftlicher\nTheorienstreitigkeiten unpraktikabel und damit rechts-staatlichen Bedenken\nausgesetzt ware. Außerdem ist dem Begriff des Risikos auf Grund seiner\nZukunftgerichtetheit immanent, dass er eine Unsicherheit beinhaltet,\nangesichts deren eine Festlegung, wie sie die Beschwerdefuhrerin fur\nvorgegeben halt, nur den Schein einer Genauigkeit vorspiegeln konnte, was dem\nVerordnungsgeber gleichfalls nicht als Absicht unterstellt werden kann. Daher\nist jeder plausible Wert als verordnungskonform anzusehen. Von diesem\nAnsatzpunkt aus betrachtet, konnen die finanztheoretischen Angriffe der\nBeschwerde von vorne herein keinen Erfolg haben. \n--- \nc) \n--- \n| 42 \n--- \n| Zu den einzelnen Angriffen: \n--- \naa) \n--- \n| 43 \n--- \n| Zur Ermittlung des risikolosen Zinssatzes raumt die Beschwerdefuhrerin\nausdrucklich ein, dass die Beschwerdegegnerin den risikolosen Zinssatz unter\nBerufung auf die Veroffentlichungen der Deutschen Bundesbank mit 4,23% als\narithmetisches Mittel berechnet habe. Sie rugt, der Normzweck sei damit\nverfehlt, da dies zu einem zu niedrigen risikolosen Zinssatz fuhre, weil die\nBerechnung samtliche in Deutschland gehandelten Wertpapiere, unabhangig von\nderen Restlaufzeit zugrunde gelegt habe. Nach dem Normzweck sei die alleinige\nVerwendung von Papieren mit hoher Restlaufzeit zur Ermittlung der\ndurchschnittlichen Rendite okonomisch geboten, da das Kapital im Netzbetrieb\nuber lange Fristen gebunden sei (vgl. K.- und N.-Gutachten - Bf 1 und Bf 2).\nBerucksichtige man Restlaufzeiten von neun bis zehn Jahren wurde dies zu einer\nUmlaufrendite von 4,46% fuhren, bei Restlaufzeiten von uber sieben Jahren zu\n4,40%. \n--- \n| 44 \n--- \n| Diese Argumentation geht aber wiederum, was die Beschwerde nicht verkennt,\nam Wortlaut der Verordnung vorbei. Der Verordnungsgeber hat den Kreis der zu\nberucksichtigenden Papiere auf diejenigen inlandischer Emittenten beschrankt,\nsich also Gedanken uber Einschrankungen gemacht. Eine Beschrankung in Hinsicht\nauf die Restlaufzeit der Papiere hat er aber nicht vorgenommen, obwohl dies\nohne Weiteres moglich gewesen ware. \n--- \n| 45 \n--- \n| Eine normzweckbegrundete Korrektur des Wortlautes ware daher schon\ndogmatisch schwierig zu begrunden. Sie ist aber auch nicht geboten, weil nicht\nangenommen werden kann, dass der Verordnungsgeber die langfristige\nKapitalbindung in den Versorgungsanlagen der Antragsteller verkannt habe. \n--- \n| 46 \n--- \n| Hinter diesen Erwagungen steht zuruck, dass, wirtschaftlich betrachtet, bei\nlanger wahrenden inversen Zinsstrukturen die Berechnung nach dem Wortlaut der\nVerordnung fur die Anlagenbetreiber auch gunstiger sein konnte, als die von\nder Beschwerdefuhrerin geforderte. \n--- \nbb) \n--- \n| 47 \n--- \n| Bei ihrem Angriff, die Beschwerdegegnerin habe eine nicht reprasentative\nVergleichsgruppe herangezogen (sachgerecht sei nur die Aufnahme von\nUnternehmen, die einem vergleichbaren Regulierungsrahmen unterfielen, eine\nvergleichbare Unternehmensgroße, eine ahnliche Umsatz- und Kostenstruktur,\neine ausreichende Handelsliquiditat, ein vergleichbares regulatorisches Umfeld\nsowie ahnliche Absatzmarkte aufwiesen), erkennt die Beschwerdefuhrerin selbst\nan, dass auf nationaler Ebene keine entsprechenden borsennotierten Unternehmen\nexistieren und meint, die Auswahl sei daher auf europaische Netzbetreiber zu\nbeschranken, um dem regionalen Fokus (Ähnlichkeit der Absatzmarkte,\ngemeinsamer Rechts- und Regulierungsrahmen) der Regulierungsvorschriften\nannahernd gerecht zu werden. Die Einbeziehung eines argentinischen\nNetzbetreibers in die Gruppe der Vergleichsunternehmen sei angesichts der\nlanderspezifischen Risiken und der weitgehenden Isolation Argentiniens von den\ninternationalen Kapitalmarkten unangemessen. Außerdem existierten etwa in den\nUSA und Argentinien kostenorientierte Regulierungssysteme, die im Vergleich zu\nanreizregulierten Systemen niedrigere Risiken bergen wurden (vgl. N. S. 28 und\n81 zu regulierungsspezifischen Unterschieden). \n--- \n| 48 \n--- \n| Der in § 7 Abs. 4 GasNEV in Bezug genommene § 7 Abs. 5 GasNEV ordnet aber\nan, dass die Hohe des Zuschlags zur Abdeckung netzbetriebsspezifischer\nunternehmerischer Wagnisse insbesondere unter Berucksichtigung folgender\nUmstande zu ermitteln ist: \n--- \n| 49 \n--- \n| 1\\. Verhaltnisse auf den nationalen und internationalen Kapitalmarkten und\ndie Bewertung von Betreibern von Gasversorgungsnetzen auf diesen Markten; \n2\\. durchschnittliche Verzinsung des Eigenkapitals von Betreibern von\nGasversorgungsnetzen auf auslandischen Markten; \n3\\. beobachtete und quantifizierbare unternehmerische Wagnisse. \n--- \n| 50 \n--- \n| Die Verordnung greift also ausdrucklich nicht nur auf den deutschen oder den\neuropaischen (was wohl heißen soll: EU-) Markt zuruck, sondern auf den\ninternationalen, also den Weltmarkt. \n--- \ncc) \n--- \n| 51 \n--- \n| Die von der Beschwerdegegnerin herangezogenen Tests (F-Test und T-Test)\nwerden zwar von der Beschwerdefuhrerin angegriffen (sie eigneten sich nicht,\nweil mehrere Einflussgroßen parallel untersucht wurden und wechselseitige\nEinflusse der einzelnen Faktoren aufeinander mit den verwandten Testverfahren\nnicht ermittelt werden konnten; beide Testverfahren unterstellten, dass\ninnerhalb der Gruppen die einzelnen Risikofaktoren sogenannte unabhangige und\nidentisch (normal-)verteilte Zufallsvariablen seien, was die\nBeschwerdegegnerin aber nicht darlege; bei der Bezugsgruppe von lediglich 12\nUnternehmen wurden die erforderlichen Teilstichprobenumfange von 40 nicht\neinmal ansatzweise erreicht; sachgerecht ware unter den gegebenen Umstanden\nein verteilungsunabhangiges Testverfahren, wie z.B. der sog. Wilcoxon-\nRangsummentest, gewesen). \n--- \n| 52 \n--- \n| Sie folgert daraus aber nur, die herangezogenen Testverfahren seien daher\nnicht geeignet, zu beweisen, dass eine Differenzierung nach kosten- und\nanreizregulierten Markten nicht erforderlich sei, ohne ihrerseits schlussig\nund substantiiert vorzutragen, dass eine solche Differenzierung im Rahmen des\ngesamten Berechnungsverfahrens geboten sei. Der Vortrag der Beschwerdefuhrerin\nhierzu beschrankt sich auf Ausschnittsbetrachtungen und Vermutungen. Inwieweit\ndies - wie von ihr in den Raum gestellt - zur Bestimmung eines zu niedrigen\nRisikofaktors der Vergleichsgruppe fuhre, kann aus ihrem Vortrag nicht\nhergeleitet werden; die bloße dahin gehende Moglichkeit reicht aber nicht aus,\nder Verpflichtungsbeschwerde zum Erfolg zu verhelfen; auch nicht in Gestalt\neiner Neubescheidungsbeschwerde. \n--- \n| 53 \n--- \n| So macht sie geltend, das Unternehmen A. E., dessen Netzanteil am Umsatz\nlediglich 64% ausmache, _k onne_ nach der eigenen Definition der\nBeschwerdegegnerin einem geringeren Risiko als die anderen\nVergleichsunternehmen unterliegen. \n--- \n| 54 \n--- \n| Der Umstand allein, dass das australische Unternehmen E. im\nBetrachtungszeitraum an uber 70% der Handelstage einen gegenuber dem Vortag\nunveranderten Schlusskurs aufweise, sei kein aussagekraftiges Anzeichen. So\nraumt die Beschwerdefuhrerin denn auch ein, die Geld-Brief-Spanne fur dieses\nPapier liege mit 1,03% lediglich geringfugig uber der von F. E. als kritisch\nerachteten Grenze von 1%. Umsatzzahlen, die die These der Beschwerdefuhrerin\nstutzen konnten, dieser Borsentitel sei nicht hinreichend marktgangig, tragt\ndie Beschwerdefuhrerin nicht vor. Deshalb bedarf es auch keiner weiteren\nErwagungen, ob die Marktgangigkeit ein Ausschlussgrund sein konnte (was die\nBeschwerde gleichfalls nicht schlussig darlegt, sondern nur durch einen\nkonkludenten Pauschalverweis behauptet). \n--- \n| 55 \n--- \n| Der Beschwerdevortrag reicht ferner nicht aus, im Rahmen des gegebenen\nAmtsermittlungsgrundsatzes diesbezuglich eine Beweisaufnahme herbeizufuhren,\nda nur eine abstrakte, theoretische Moglichkeit besteht, dass - wie von der\nBeschwerdefuhrerin bloß angedeutet - eine andere Berechnungsmethode ein jener\ngunstigeres Ergebnis erbringen konnte. \n--- \ndd) \n--- \n| 56 \n--- \n| Die Angriffe der Beschwerde gegen das Verfahren zur Anpassung des\nermittelten Risikofaktors im Hinblick auf die unterlegte Datenfrequenz greifen\ngleichfalls nicht durch. Die Beschwerdefuhrerin raumt insoweit ein, dass fur\ndieses Verfahren sachliche Argumente sprachen, es also nicht als ungeeignet\nangesehen werden konne, meint aber, Risikofaktoren dieser Berechnungsgrundlage\nseien vermeidbar, indem man wochentliche Renditen uber zwei Jahre (bzw. 104\nWochen) oder Monatsrenditen uber 5 Jahre (bzw. 60 Monate) heranziehe, da das\nErgebnis eines Tages den Folgetag beeinflussen konne. Betrachte man langere\nzeitliche Abstande, so werde die Anpassung an eine Normalverteilung immer\nbesser. Zudem bestehe die Moglichkeit, dass bei vergleichsweise illiquide\ngehandelten Aktien die Kurse der allgemeinen Marktentwicklung hinterherliefen\noder vorauseilten, was zu einer systematischen Unterschatzung der Beta-Werte\nfuhren konne. \n--- \n| 57 \n--- \n| Damit beschreibt die Beschwerdefuhrerin wiederum nur eine abstrakte\nMoglichkeit, der dazuhin entgegenzuhalten ist, dass der rechnerische Einfluss\neines Einzeldatums in dem Maße an Bedeutung verliert, in dem die Zahl der\neinbezogenen Daten steigt. Außerdem konnen Sondereinflusse auch - und bei\nfallenden Kursen gerade - am letzten Tag einer Handelswoche auftreten. \n--- \nee) \n--- \n| 58 \n--- \n| Inwieweit ein zu kurz bemessener Betrachtungszeitraum den sogenannten Beta-\nFaktor, einen Berechnungszwischenwert, nach unten hin verfalsche, wird aus dem\nVortrag der Beschwerdefuhrerin ebenso nicht deutlich wie der Grund ihrer\nBehauptung, dieser Zeitraum sei deutlich zu kurz bemessen worden, vor allem im\nHinblick auf den Zehnjahresdurchschnitt zur Ermittlung der Umlaufrendite. \n--- \n| 59 \n--- \n| Wenn sie daruber hinaus rugt, die Berechnung der Betas uber drei sich\nuberschneidende Zeitfenster fuhre zu einer noch starkeren Gewichtung der\njungsten Vergangenheit, da der Einjahreszeitraum in allen drei Perioden\nenthalten sei, so erscheint dies nicht per se verfalschend, weil dieser\nZeitraum am ehesten einen Anhalt auf die durch das Verfahren nach § 7 GasNEV\nzu ermittelnde, zukunftsorientierte Zinshohe - bezogen auf den anstehenden\nRegelungszeitraum - bietet. \n--- \n| 60 \n--- \n| Eine Mehrfachberucksichtigung eines Zeitraumes verstarkt zwar den Einfluss\nder mehrfach berucksichtigten Verhaltnisse, aber es ist nicht ersichtlich,\ndass dies - systematisch - zu einem unangemessen niedrigen Risikofaktor fuhre\noder in der angegriffenen Festsetzung gefuhrt habe. \n--- \n| 61 \n--- \n| Auch soweit die Beschwerdefuhrerin sodann moniert, das zur Korrektur der\nerrechneten Betas von der Beschwerdegegnerin angewandte sog. Vasciek-Verfahren\nfuhre zu anhand der vorliegenden Datenlage nicht nachvollziehbaren Ergebnissen\n(vgl. naher BB 19/20) und fur diese gebe es ein uberlegenes Berechnungsmodell,\nmundet ihr Vortrag in die Behauptung, dieses „Blume-Verfahren" liefere keine\nschlechteren Ergebnisse als das Vasciek-Verfahren, und es werde von\nrenommierten, standardsetzenden Finanzdienstleistern wie B. L.P. oder V. L.,\nInc, zur Anpassung der Rohdaten verwendet, und legt dadurch ein weiteres Mal\ndie Schwache ihrer Argumentation offen. Dass ein anderes Verfahren nicht\nschlechter und gebrauchlicher sei, macht das von der LRegB angewandte nicht\nunbrauchbar. Die Beschwerdefuhrerin erkennt denn auch an, in der Wissenschaft\nherrsche Uneinigkeit daruber, welches Verfahren den Vorzug verdiene, und es\nkonne nicht ausgeschlossen werden, dass die Anpassung der Roh-Betas zur\nFestlegung eines zu niedrigen Risikofaktors fuhrte. \n--- \n| 62 \n--- \n| Dass die angegriffene Festlegung der Beschwerdegegnerin insoweit auch\nbegrundungsmangelhaft und damit formell rechtwidrig sei, ist nicht zu\nerkennen. Die Beschwerdefuhrerin hat insbesondere nicht darzulegen vermocht,\ndass der von ihr gewahlte Berechnungsweg sachlich uberlegen, mithin der beste,\nsicherste und wissenschaftlich herrschende sei. \n--- \nff) \n--- \n| 63 \n--- \n| Inwieweit die anzusetzende Marktrisikopramie durch eine fehlerhafte\nBerechnung des durchschnittlichen Unternehmensrisikos und eine fehlerhafte\nZugrundelegung unterschiedlicher Indizes nach unten verfalscht werde, legt die\nBeschwerdefuhrerin gleichfalls nicht dar. \n--- \n| 64 \n--- \n| aaa) \n--- \n| 65 \n--- \n| Gegen die von der Beschwerdegegnerin durchgefuhrte Mittelwertberechnung\nbringt die Beschwerde wiederum vor, sie entspreche nicht dem aktuellen Stand\nder Wissenschaft und fuhre zu einer Unterschatzung der Marktrisikopramie,\nindem sie auf dem geometrischen Mittel aufbaue, statt auf dem arithmetischen. \n--- \n| 66 \n--- \n| Auch hierzu legt die Beschwerdefuhrerin weder dar, welche konkrete\nAbweichung diese gewahlte Berechnungsart gegenuber der von ihr gewunschten\nbewirkt, noch dass das von der LRegB gefundene Ergebnis den Vorgaben der\nVerordnung widerspreche. \n--- \n| 67 \n--- \n| bbb) \n--- \n| 68 \n--- \n| Fur den weiteren Angriff, die Beschwerdegegnerin stelle im Rahmen der\nErmittlung des Risikofaktors auf nationale Aktienindizes ab, denen einzelne\nUnternehmen zugeordnet wurden, ermittele aber die Marktrisikopramie anhand\neines weltweiten Aktienindex\', was inkonsistent zu der Bestimmung des\nrisikolosen Zinssatzes sowie der Ermittlung der Risikofaktoren im Modellrahmen\ndes „Capital Asset Pricing Models" sei, legt die Beschwerdefuhrerin selbst\noffen, dass es hierzu einen wissenschaftlichen Theorienstreit gebe, ohne auch\nnur dessen Auswirkungen auf das Ergebnis darzulegen. \n--- \n| 69 \n--- \n| Dass die von der Festlegung der Zinssatze betroffenen Netze allesamt in\nDeutschland liegen und deshalb grundsatzlich den Risiken am deutschen\nKapitalmarkt unterfallen ist fur sich genommen richtig, hat den\nVerordnungsgeber aber nicht davon abgehalten, in § 7 Abs. 5 GasNEV\ninternationale Bezuge in die Berechnung nach Abs. 4 einzuweben. \n--- \n| 70 \n--- \n| Im Übrigen bezeichnet die Beschwerde das von ihr propagierte\nBerechnungsmodell der Anwendung einer nationalen Marktrisikopramie nur als\n„denkbar und theoretisch konsistent". Die weiterhin genannten Ergebnisse nach\ndieser Vorgehensweise weichen stark voneinander ab („Frontier" in Anlehnung an\n„Dirnsen, Marsh und Staunton": Bandbreite von 5,60% bis 8,60%, „Institut der\nWirtschaftsprufer": derzeit Marktrisikopramie vor personlichen Steuern von\n5,00%). \n--- \n| 71 \n--- \n| ccc) \n--- \n| 72 \n--- \n| Dass fur Betreiber von Gasversorgungsnetzen ein quantitativ wie qualitativ\nhoheres Risiko festzusetzen sei, vermag die Beschwerdefuhrerin nicht plausibel\nzu machen. \n--- \n| 73 \n--- \n| In diesem Punkt hat die Beschwerde zwar die unterschiedlichen Zinssatze in §\n7 Abs. 6 GasNEV und § 7 Abs. 6 Gas NEV fur sich. Der Verordnungsgeber hat\nUnterschiede zwischen beiden Sektoren festgelegt, die aber nicht erhalten\nbleiben mussen. \n--- \n| 74 \n--- \n| Die Beschwerdefuhrerin macht hierzu geltend, dass das in der\nhochstrichterlichen Rechtsprechung kontrovers diskutierte Substitutionsrisiko\nauf dem Warmeenergiemarkt tatsachlich bestehe. Endkunden konnten Gas durch\nandere Energietrager ersetzen (vgl. BGH, Urteil vom 29.04.2008 - KZR 2/07;\nBGH, Beschluss vom 04.03.2008 - KVR 21/07; BGH, Urteil vom 29.04.2008 - KZR\n3/07; BGH, Urteil vorn 13.06.2007 - VIII ZR 36/06, OLG Munchen, Urteil vorn\n19.10.2006 - U (K) 3090/08). Dass zwischen Gasnetzbetreibern ein\nLeitungswettbewerb auf der Ebene der uberregionalen Fernleitungsnetzbetreiber\nund eine starkere Moglichkeit zum Direktleitungsbau als beim Strom bestehe,\nist eine substanzlose Behauptung. Die Beschwerdefuhrerin fuhrt namentlich\nlediglich einen Namen fur die Versorgung eines Kunden uber eine teilweise oder\nvollstandig neue Leitung an (W.), ohne auch nur zu diesem Einzelheiten zu\nnennen. Dass der Leitungswettbewerb im Gasbereich starker sei als im\nStrombereich, ist nicht dargetan. \n--- \n| 75 \n--- \n| Auch die Überlegungen der Beschwerde zu den Auswirkungen von\nEnergieverbrauch und Klimawandel, zu den Auswirkungen des\nSubstitutionswettbewerbs und zu einem politischen Risiko (durch Maßnahmen zur\nEnergieeinsparung und Forderung von erneuerbaren Energien) vermag eine\nunterschiedliche Beurteilung von Strom- und Gasbereich nicht zu tragen. \n--- \n| 76 \n--- \n| Der Hinweis auf ein aus der Lebensdauer der Betriebsanlagen erwachsendes\nhoheres Auslastungsrisiko geht an dem Umstand vorbei, dass die Festlegung und\ndamit auch die Risikoabschatzung nicht die gesamte Lebensdauer der Anlagen\numfasst, sondern nur den weit geringeren Zeitraum der Genehmigungsgeltung. \n--- \n| 77 \n--- \n| Außerdem lasst die Beschwerdefuhrerin, die ihren Einwand nicht in Zahlen\numsetzt, auch in diesem Punkt wieder nicht erkennen, wie sich ihre Auffassung\nauf die angegriffene Festsetzung auswirke. So ware ohne Weiteres denkbar, dass\ndie Festlegung der LRegB selbst bei unterschiedlich zu bewertenden Risiken auf\neinen der beiden Sektoren zutrafe, sei es der Strom- oder der Gassektor. \n--- \ngg) \n--- \n| 78 \n--- \n| Abschließend erstellt die Beschwerdefuhrerin in der Beschwerdebegrundung\nzwar nach der „Svensson-Methode" eine Vergleichsberechnung zur Festlegung des\nBasiszinssatzes, einer nationalen Marktrisikopramie, ermittelt anhand des\narithmetischen Durchschnitts, sowie einer europaischen Vergleichsgruppe,\nwochentlichen Renditen sowie der Blume-Anpassung zur Ermittlung des\nRisikofaktors, und Übernahme aller sonstigen Parameter aus dem\nstreitbefangenen Beschluss der Beschwerdegegnerin - bzw. wie es das Frontier-\nGutachten fur die Risikofaktoren vorsehe. \n--- \n| 79 \n--- \n| Diese Berechnung geht aber, wie ausgefuhrt, an den Parametern vorbei, welche\ndie Verordnung der LRegB eroffnet und kann der Beschwerde damit gleichfalls\nnicht zum Durchbruch verhelfen. \n--- \nhh) \n--- \n| 80 \n--- \n| Auch mit der Methodenkritik in ihrer Replik begibt sich die\nBeschwerdefuhrerin wieder in den Bereich des Theorienstreits und verkennt\ndamit den Spielraum, den der Verordnungsgeber der Regulierungsbehorde\neingeraumt hat, ohne dass klar wurde, welche Veranderung des Gesamtergebnisses\ndie von der Beschwerdefuhrerin bevorzugte Methode im konkreten Fall brachte. \n--- \nii) \n--- \n| 81 \n--- \n| Als Kontrolluberlegung fur die Vertretbarkeit der von der LRegB angewandten\nMethode dient dem Senat § 7 Abs. 6 GasNEV, der in der Fassung vom 25.07.2005\n(gultig ab 29.07.2005 bis 05.11.2007) lautete: \n--- \n| 82 \n--- \n| „Über die Eigenkapitalzinssatze nach § 21 Abs. 2 des\nEnergiewirtschaftsgesetzes entscheidet die Regulierungsbehorde in Anwendung\nder Absatze 4 und 5 alle zwei Jahre, erstmals, sobald die Netzentgelte im Wege\nder Anreizregulierung nach § 21a des Energiewirtschaftsgesetzes bestimmt\nwerden, durch Festlegung nach § 29 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes,\nwobei dieser Zinssatz nach Ertragssteuern festzulegen ist. Bis zur erstmaligen\nFestlegung durch die Regulierungsbehorde betragt der Eigenkapitalzinssatz bei\nNeuanlagen 9,21 Prozent vor Steuern und bei Altanlagen 7,8 Prozent vor\nSteuern." \n--- \n| 83 \n--- \n| und in der seit dem 06.11.2007 geltenden Fassung vom 29.10.2007: \n--- \n| 84 \n--- \n| „Über die Eigenkapitalzinssatze nach § 21 Abs. 2 des\nEnergiewirtschaftsgesetzes entscheidet die Regulierungsbehorde in Anwendung\nder Absatze 4 und 5 vor Beginn einer Regulierungsperiode nach § 3 der\nAnreizregulierungsverordnung, erstmals zum 1. Januar 2009, durch Festlegung\nnach § 29 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes. Die Festlegung nach Satz 1\nerfolgt jeweils fur die Dauer einer Regulierungsperiode nach § 3 der\nAnreizregulierungsverordnung. Bis zur erstmaligen Festlegung durch die\nRegulierungsbehorde betragt der Eigenkapitalzinssatz bei Neuanlagen 9,21\nProzent vor Steuern und bei Altanlagen 7,8 Prozent vor Steuern." \n--- \n| 85 \n--- \n| Der Verordnungsgeber hat die im letzten Halbsatz dieser Vorschrift genannten\nZinssatze ersichtlich fur angemessen im Sinne von § 21 Abs. 2 EnWG gehalten.\nSeit Erlass der Vorschrift haben sich die Kapitalmarktzinsen - wie dem Senat\nbekannt, aus offentlich zuganglichen Quellen abzulesen und von der\nBeschwerdefuhrerin nicht in Zweifel gezogen - nicht erhoht. Dass sich im\nEnergiesektor eine risikobedingte, gegenlaufige Sonderentwicklung ergeben\nhabe, ist nicht ersichtlich. \n--- \n| 86 \n--- \n| Dies spricht dafur, dass nach den Vorstellungen des Verordnungsgebers unter\nden maßgebenden Marktgegebenheiten die festgesetzten und angegriffenen\nZinssatze angemessen sind, die von der Beschwerdefuhrerin in den Raum\ngestellten hingegen deutlich zu hoch und daher mit dem Zweck des EnWG, eine\nsichere und kostengunstige Energieversorgung sicherzustellen, unvereinbar. \n--- \n**D.** \n--- \n| 87 \n--- \n| Die von Amts wegen zu treffende Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG. \n--- \n| 88 \n--- \n| Nachdem die Beschwerde in vollem Umfang ohne Erfolg bleibt, sind die Kosten\ndes Beschwerdeverfahrens einschließlich der Auslagen der Beschwerdegegnerin\nund der Beteiligten der Beschwerdefuhrerin aufzuerlegen (vgl. naher\nSenatsbeschluss vom 21. Januar 2010 - 202 EnWG 19/09). \n--- \n**E.** \n--- \n| 89 \n--- \n| Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 86 Abs. 2 EnWG zuzulassen. Die vorliegende\nEntscheidung befasst sich mit grundsatzlichen, soweit ersichtlich bislang auch\nnicht obergerichtlich entschiedenen Fragen, weshalb sie einer grundsatzlichen\nund auch der Rechtsvereinheitlichung dienenden Klarung durch den\nBundesgerichtshof zuzufuhren sind. \n--- \n**F.** \n--- \n| 90 \n--- \n| Gegen diesen Bescheid findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof\nstatt (§ 86 Abs. 1 EnWG). Die Rechtsbeschwerde steht der Beschwerdefuhrerin\nund der Regulierungsbehorde zu (§ 88 Abs. 1 EnWG). Die Rechtsbeschwerde kann\nnur darauf gestutzt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des\nRechts beruht; die §§ 546, 547 ZPO gelten entsprechend (§ 88 Abs. 2 EnWG). Die\nRechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich beim\n**Oberlandesgericht Stuttgart, Olgastra ße 2, 70182 Stuttgart** einzulegen;\ndie Frist beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung (§ 88 Abs. 3 EnWG).\nDie Rechtsbeschwerde ist zu begrunden; die Frist fur die\nRechtsbeschwerdebegrundung betragt einen Monat; sie beginnt mit der Einlegung\nder Rechtsbeschwerde und kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des\nRechtsbeschwerdegerichts verlangert werden (§§ 88 Abs. 5, 78 Abs. 3 EnWG). Die\nRechtsbeschwerdebegrundung muss die Erklarung enthalten, inwieweit die\nEntscheidung angefochten und ihre Abanderung oder Aufhebung beantragt wird (§§\n88 Abs. 5, 78 Abs. 4 Nr. 1 EnWG). Die Rechtsbeschwerdeschrift und die\nRechtsbeschwerdebegrundung mussen durch einen bei einem deutschen Gericht\nzugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht fur\nRechtsbeschwerden der Regulierungsbehorde (§§ 88 Abs. 5, 78 Abs. 5 EnWG). \n---\n\n |
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134,322 | lsgbw-2009-02-17-l-9-r-344107 | 128 | Landessozialgericht Baden-Württemberg | lsgbw | Baden-Württemberg | Sozialgerichtsbarkeit | L 9 R 3441/07 | 2009-02-17 | 2019-01-07 10:40:02 | 2019-01-17 11:54:16 | Urteil | ## Tenor\n\nDie Berufung des Klagers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14.\nJuni 2007 wird zuruckgewiesen.\n\nAußergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.\n\n## Tatbestand\n\n| \n---|--- \n| 1 \n--- \n| Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die dem Klager gewahrte Rente\nwegen voller Erwerbsminderung mit dem ungeminderten Zugangsfaktor von 1,0 oder\nmit einem Zugangsfaktor von 0,892 zu berechnen ist. \n--- \n| 2 \n--- \n| Die Beklagte gewahrte dem 1960 geborenen Klager mit Bescheid vom 2.8.2006\nauf Grund eines Versicherungsfalls vom 3.5.2005 Rente wegen voller\nErwerbsminderung vom 1.12.2005 bis 31.5.2008. Der Zugangsfaktor von 1,0 wurde\nfur 36 Kalendermonate um 0,108 auf 0,892 vermindert. Der Rentenberechnung\nwurden dementsprechend an Stelle von 39,2550 Entgeltpunkten (EP) nur 35,0155\npersonliche EP zugrunde gelegt. Dies hatte eine Absenkung der Rentenhohe um\n10,8 % zur Folge, wodurch sich ab 1.12.2005 ein monatlicher Zahlbetrag von\n914,96 EUR (brutto) ergab. Im Versicherungsverlauf wurde eine Zurechnungszeit\nvon insgesamt 181 Monaten vom Eintritt der Erwerbsminderung am 3.5.2005 bis\n14.6.2020 berucksichtigt. \n--- \n| 3 \n--- \n| Gegen den Bescheid legte der Klager Widerspruch ein und begehrte unter\nHinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16.5.2006 (B 4 RA\n22/05 R) die Berechnung der Rente mit ungemindertem Zugangsfaktor,\nbeanstandete, dass fur beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten EP mit\neinem geringeren Faktor berechnet worden seien, als wenn Beitrage bis zum 65.\nLebensjahr geleistet worden waren, und dass sich aus den Renteninformationen\nder Beklagten eine hohere Rente ergeben hatte. Mit Widerspruchsbescheid vom\n19.1.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zuruck. \n--- \n| 4 \n--- \n| Hiergegen hat der Klager am 8.2.2007 Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg\nerhoben, mit der er die Gewahrung der Rente wegen Erwerbsminderung nach einem\nungeminderten Zugangsfaktor von 1,0 begehrte. \n--- \n| 5 \n--- \n| Mit Urteil vom 14.6.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begrundung\nhat es im Wesentlichen ausgefuhrt, die Beklagte habe gem. § 77 Abs. 2\nSozialgesetzbuch (SGB) VI zutreffend einen Zugangsfaktor von 0,892 zu Grunde\ngelegt. Das SG folge nicht der vom BSG im Urteil vom 16.5.2006 vorgenommenen\nAuslegung, da hiergegen Entstehungsgeschichte, Wortlaut und Systematik der\nNorm sprachen. Die vom SG vorgenommene Auslegung von § 77 SGB VI verstoße auch\nnicht gegen Art. 14 und Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Auf die\nEntscheidungsgrunde im Übrigen wird Bezug genommen. \n--- \n| 6 \n--- \n| Gegen das am 28.6.2007 zugestellte Urteil hat der Klager am 12.7.2007\nBerufung eingelegt und vorgetragen, das BSG stelle in seiner Entscheidung vom\n16.5.2006 zu Recht darauf ab, dass nach § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI Zeiten des\nBezugs einer Rente vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten nicht\nals Zeiten einer vorzeitigen Inanspruchnahme gelten und somit wahrend dieser\nBezugszeit eine Kurzung nicht stattfinden durfe, da - wie das BSG zu Recht\nannehme - § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI eine reine Rechenregelung zur Frage der\nDeckelung der Kurzung auf 36 Monate darstelle. Zu Recht gehe das BSG unter\nBerucksichtigung der Entstehungsgeschichte der Norm, ihres Wortlauts und der\nSystematik im Gesetz davon aus, dass die Rente wegen verminderter\nErwerbsfahigkeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres des Versicherten mit\neinem ungeminderten Zugangsfaktor und ab Vollendung des 60. Lebensjahres bis\nzum Eintritt der Altersrente mit einem geminderten Zugangsfaktor zu berechnen\nsei. Die vom SG vorgenommene Auslegung verstoße auch gegen Art. 14 Abs. 1 GG\nund Art. 3 Abs. 1 GG. \n--- \n| 7 \n--- \n| Der Klager beantragt, \n--- \n| 8 \n--- \n| das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Juni 2007 aufzuheben sowie\nden Bescheid der Beklagten vom 2. August 2006 in Gestalt des\nWiderspruchsbescheides vom 19. Januar 2007 abzuandern und die Beklagte zu\nverurteilen, die ihm gewahrte Rente wegen voller Erwerbsminderung fur die\ngesamte Bezugsdauer mit einem ungeminderten Zugangsfaktor zu berechnen. \n--- \n| 9 \n--- \n| Die Beklagte beantragt, \n--- \n| 10 \n--- \n| die Berufung zuruckzuweisen. \n--- \n| 11 \n--- \n| Sie erwidert, der 4. Senat des BSG stufe § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI nicht\nals Berechnungsregel, sondern als Grundregel (Ausschlussregel) ein, welche den\nfruhesten Beginn einer "vorzeitigen" und deswegen um Abschlage\nverminderungsfahigen Erwerbsminderungsrente auf die Vollendung des 60.\nLebensjahres festlege. Das Gesetz kenne demnach keinen "vorzeitigen" Bezug\neiner Erwerbsminderungsrente vor Vollendung des 60. Lebensjahres. Dies werde\ndurch \n--- \n| 12 \n--- \n| § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI klargestellt. Somit komme der 4. Senat schon nach\n"einfachem" Recht zum Ergebnis, dass bei Bezug von Erwerbsminderungsrenten vor\nVollendung des 60. Lebensjahres eine Minderung des Zugangsfaktors um einen\nAbschlag nicht zulassig sei. Die Trager der Deutschen Rentenversicherung\nwurden dem Urteil uber den Einzelfall hinaus nicht folgen. Zur systematischen\nAuslegung des § 77 Abs. 2 SGB VI sei § 77 Abs. 3 SGB VI heranzuziehen. Ohne §\n77 Abs. 2 Satz 3 SGB VI wurde der geminderte Zugangsfaktor nach § 77 Abs. 3\nSatz 1 SGB VI aus einer vor Vollendung des 60. Lebensjahres weggefallenen\nErwerbsminderungsrente in eine spatere Rente ubernommen, was der Gesetzgeber\nausschließen wollte. Auch aus den Gesetzesmaterialien und den dortigen\nAusfuhrungen uber die Abmilderung der Abschlage durch eine verlangerte\nZurechnungszeit ergebe sich, dass der Gesetzgeber mit dem EM-ReformG Abschlage\nvom Zugangsfaktor 1,0 auch fur Zeiten des Bezugs von Erwerbsminderungsrenten\nvor Vollendung des 60. Lebensjahres habe einfuhren wollen und die in der\noffentlichen Anhorung vom 20.10.2000 beteiligten Institutionen auch von einem\nsolchen gesetzgeberischen Willen ausgegangen seien. An zahlreichen Stellen in\nden Gesetzesmaterialien werde konkret beziffert, wie stark sich die Einbuße\ndurch die Abschlage (maximal 10,8 %) durch die verlangerte Zurechnungszeit\nvermindere. Im Übrigen spreche gegen die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG\nauch das schwer nachvollziehbare Ergebnis, dass eine vor Vollendung des 60.\nLebensjahres abschlagsfrei in Anspruch genommene Rente wegen verminderter\nErwerbsfahigkeit fur Zeiten des Bezugs ab Vollendung des 60. Lebensjahres zu\nmindern ware. \n--- \n| 13 \n--- \n| Mit Bescheid vom 19.6.2008 hat die Beklagte dem Klager die Rente wegen\nvoller Erwerbsminderung vom 1.7.2008 bis 31.12.2010 weiter gewahrt. Mit\nSchreiben vom 4.2.2009 hat der Senat darauf hingewiesen, dass der Bescheid vom\n19.6.2008 - entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung der Beklagten - nicht gem. §\n96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der ab 1.4.2008 geltenden Fassung Gegenstand\ndes Berufungsverfahrens geworden sein durfte. \n--- \n| 14 \n--- \n| Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne\nmundliche Verhandlung einverstanden erklart. \n--- \n| 15 \n--- \n| Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten,\ndes SG sowie des Senats Bezug genommen. \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| \n---|--- \n| 16 \n--- \n| Die form- und fristgemaß eingelegte Berufung des Klagers, uber die der Senat\nim Einverstandnis der Beteiligten ohne mundliche Verhandlung gemaß § 124 Abs.\n2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulassig.\nBerufungsausschließungsgrunde nach § 144 SGG liegen nicht vor. \n--- \n| 17 \n--- \n| Gegenstand des Berufungsverfahren ist ausschließlich der Bescheid vom\n2.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.1.2007, mit welchem\ndem Klager Rente wegen voller Erwerbsminderung fur die Zeit vom 1.12.2005 bis\nzum 31.5.2008 gewahrt wurde. Der Bescheid der Beklagten vom 19.6.2008, mit dem\ndie Beklagte dem Klager fur die Zeit vom 1.7.2008 bis 31.12.2010 Rente wegen\nvoller Erwerbsminderung weiter gewahrt hat, ist - entgegen der\nRechtsbehelfsbelehrung der Beklagten - nicht Gegenstand des\nBerufungsverfahrens geworden. Denn der Bescheid vom 19.6.2008 hat den Bescheid\nvom 2.8.2006, der fur die Zeit vom 1.12.2005 bis 31.5.2008 eine abschließende\nRegelung getroffen hat, nicht abgeandert und auch nicht ersetzt. Durch § 96\nAbs. 1 SGG in der ab 1.4.2008 geltenden Fassung ist klargestellt, dass\nandernde oder ersetzende Bescheide nur in direkter und **nicht in**\n**entsprechender** Anwendung von § 96 SGG in das gerichtliche Verfahren\neinbezogen werden. Eine Änderung oder Ersetzung liegt jedoch nur vor, wenn der\nRegelungsgegenstand des neuen Verwaltungsaktes mit dem fruheren identisch ist.\nDies muss durch einen Vergleich der in beiden Verwaltungsakten getroffenen\nVerfugungssatze festgestellt werden (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.\nAufl. § 96 Rdnr. 1 und 4a). Mit Bescheid vom 2.8.2006 wurde dem Klager auf\nGrund des Rentenantrages vom 30.11.2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung\nfur die Zeit vom 1.12.2005 bis 31.5.2008 und mit Bescheid vom 19.6.2008 auf\nGrund des Rentenantrages vom 11.12.2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung\nfur die Zeit vom 1.7.2008 bis 31.12.2010 gewahrt, d. h. fur einen\nanschließenden Zeitraum, wodurch die Regelung im bisherigen Bescheid vom\n2.8.2006 weder ersetzt noch abgeandert wurde. Fur eine Anwendung des § 96 SGG\nist daher kein Raum. \n--- \n| 18 \n--- \n| Die Berufung des Klagers ist nicht begrundet. Das angefochtene Urteil des SG\nsowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da\nder Klager keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung fur die\nZeit vom 1.12.2005 bis 31.5.2008 mit einem ungeminderten Zugangsfaktor von 1,0\nhat. \n--- \n| 19 \n--- \n| Das SG hat in den Entscheidungsgrunden des angefochtenen Urteils die\nrechtlichen Grundlagen fur die Berechnung der Rente - §§ 64, 66, 77 SGB VI\n(letzterer in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung) - dargelegt und\nausfuhrlich und zutreffend ausgefuhrt, dass der Bescheid der Beklagten vom\n2.8.2006 nicht rechtswidrig ist, da der Klager keinen Anspruch auf Berechnung\nseiner Rente wegen voller Erwerbsminderung mit einem ungeminderten\nZugangsfaktor hat. Der Senat sieht deshalb nach eigener Überzeugungsbildung\nund unter Berucksichtigung des Vorbringens des Klagers im Berufungsverfahren\ngem. § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgrunde\nweitgehend ab und weist die Berufung aus den Grunden der angefochtenen\nEntscheidung zuruck. \n--- \n| 20 \n--- \n| Erganzend ist auszufuhren, dass die sorgfaltig begrundete Rechtsauffassung\ndes SG inzwischen von den fur die Angelegenheiten der Rentenversicherung\nausschließlich zustandigen Senaten 5 und 13 des BSG in vollem Umfang gedeckt\nwird. Der 5. Senat des BSG hat in den Urteilen vom 14.8.2008 (B 5 R 32/07 R,\nzur Veroffentlichung in SozR und BSGE vorgesehen; B 5 R 88/07 R und B 5 R\n140/07 R, samtliche in JURIS) - entschieden, dass die bei der Berechnung von\nErwerbsminderungsrenten angewandte Absenkung des Zugangsfaktors auch bei einem\nRentenbeginn vor dem 60. Lebensjahr des Versicherten vom Gesetz gedeckt ist.\nDiese Entscheidungen hat der 5. Senat des BSG getroffen, nachdem der 13. Senat\ndes BSG am 26.6.2008 beschlossen hatte, an der gegenteiligen Rechtsauffassung\ndes 4. Senats, der fur Rentenangelegenheit nicht mehr zustandig ist, nicht\nfest zu halten. \n--- \n| 21 \n--- \n| Fur den Senat nachvollziehbar und uberzeugend hat der 5. Senat in den\nUrteilen vom 14.8.2008 ausgefuhrt, dass § 77 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB VI (in\nder bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung) fur die aktuell zu berechnende Rente\nausschließlich der Bestimmung eines einheitlichen Zugangsfaktors fur die\ngesamte Zeit des Rentenbezugs dient und nicht eines variablen Zugangsfaktors\nin Abhangigkeit von verschiedenen Bezugzeitraumen. Zu Recht weist der 5. Senat\nauch darauf hin, dass das auf einer moglichen "Vorzeitigkeit" der Rente wegen\nErwerbsminderung beruhende Konzept des 4. Senats im Gesetz keine Stutze\nfindet. Auch der Umstand, dass gleichzeitig mit dem Gesetz zur Reform der\nRenten wegen verminderter Erwerbsfahigkeit (RRErwerbG) zum 1.1.2001 ein\nRentenabschlag bei der Alterssicherung fur Landwirte eingefuhrt wurde, der\ndemjenigen in der allgemeinen Rentenversicherung entsprechen sollte, aber -\nwegen der Berechnung ohne Zugangsfaktor - anders formuliert wurde und zwischen\nRentenbezugszeiten vor und nach Vollendung des 60. Lebensjahres nicht\nunterscheidet, spricht fur die vom 5. Senat vorgenommene Auslegung. Auch Sinn\nund Zweck der Vorschrift bestatigen die Auffassung, dass § 77 Abs. 2 SGB VI\ndie Minderung des Zugangsfaktors auch fur Zeiten des Bezugs einer\nErwerbsminderungsrente vor Vollendung des 60. Lebensjahres regelt. Die\nAbsenkung des Zugangsfaktors bei Inanspruchnahme von Rente wegen\nErwerbsminderung vor Vollendung des 63. Lebensjahres durch die Neufassung des\n§ 77 SGB VI in Art. 1 Nr. 22 RRErwerbG vom 20.12.2000 (BGBl I 1827) ist Teil\neiner Gesamtstrategie, mit der in mehreren aufeinander aufbauenden Schritten\nauf die demografische Entwicklung reagiert und die Finanzierbarkeit der\ngesetzlichen Rentenversicherung gesichert werden soll. So wurde durch das\nRentenreformgesetz (RRG) 1992 fur vorzeitige Altersrenten das\nRenteneintrittsalter angehoben und die Minderung des Zugangsfaktors eingefuhrt\nsowie inzwischen durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.4.2007\n(BGBl I 554) auch die regelmaßige Altersgrenze angehoben. In dieses\nGesamtkonzept fugt sich die Absenkung des Zugangsfaktors fur\nErwerbsminderungsrenten, Erziehungs- und Hinterbliebenenrenten ein, wobei es\ndem Gesetzgeber nur um eine "Anpassung" und nicht um eine "Gleichstellung" von\nErwerbsminderungsrenten und Altersrenten ging. So werden Versicherte und ihre\nHinterbliebenen vor einer allzu empfindlichen Minderung geschutzt, indem der\nZugangsfaktor bei jungeren Versicherten so festgesetzt wird, als habe der\nVersicherte das Mindestalter fur eine Altersrente bereits erreicht und indem\ndie Absenkung auf einen Renteneintritt vor dem 63. Lebensjahr beschrankt wird\n(§ 77 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung), und\ndaruber hinaus eine Abschwachung des Rentenabschlags durch die zusatzliche\nZurechnungszeit bei einem Renteneintritt vor dem 60. Lebensjahr gegeben ist. \n--- \n| 22 \n--- \n| Einen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG vermag der Senat\nnicht zu erkennen. Insoweit verweist er auf die Ausfuhrungen in den oben\ngenannten Urteilen des BSG vom 14.8.2008, denen er sich nach eigener Prufung\nanschließt. \n--- \n| 23 \n--- \n| Entsprechend der bis zum 31.12.2007 geltenden gesetzlichen Regelung hat die\nBeklagte die dem Klager bewilligte Rente wegen voller Erwerbsminderung zu\nRecht mit einem geminderten Zugangsfaktor berechnet und das SG die Klage mit\nuberzeugenden Grunden abgewiesen. Die Berufung des Klagers musste deswegen\nzuruckgewiesen werden. \n--- \n| 24 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. \n--- \n| 25 \n--- \n| Grunde fur eine Zulassung der Revision liegen nicht vor, nachdem der 4.\nSenat beim BSG nicht mehr fur Angelegenheiten der Rentenversicherung zustandig\nist und die nunmehr zustandigen Senate (5 und 13) ubereinstimmend eine\nAbsenkung des Zugangsfaktors vor dem 60. Lebensjahres des Versicherten fur\nzulassig halten. Dies gilt auch unter Berucksichtigung der Tatsache, dass\ngegen das Urteil des BSG vom 14.8.2008 - B 5 R 140/07 R - inzwischen\nVerfassungsbeschwerde eingelegt worden ist (1 BvR 3588/08). \n--- \n \n## Gründe\n\n| \n---|--- \n| 16 \n--- \n| Die form- und fristgemaß eingelegte Berufung des Klagers, uber die der Senat\nim Einverstandnis der Beteiligten ohne mundliche Verhandlung gemaß § 124 Abs.\n2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulassig.\nBerufungsausschließungsgrunde nach § 144 SGG liegen nicht vor. \n--- \n| 17 \n--- \n| Gegenstand des Berufungsverfahren ist ausschließlich der Bescheid vom\n2.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.1.2007, mit welchem\ndem Klager Rente wegen voller Erwerbsminderung fur die Zeit vom 1.12.2005 bis\nzum 31.5.2008 gewahrt wurde. Der Bescheid der Beklagten vom 19.6.2008, mit dem\ndie Beklagte dem Klager fur die Zeit vom 1.7.2008 bis 31.12.2010 Rente wegen\nvoller Erwerbsminderung weiter gewahrt hat, ist - entgegen der\nRechtsbehelfsbelehrung der Beklagten - nicht Gegenstand des\nBerufungsverfahrens geworden. Denn der Bescheid vom 19.6.2008 hat den Bescheid\nvom 2.8.2006, der fur die Zeit vom 1.12.2005 bis 31.5.2008 eine abschließende\nRegelung getroffen hat, nicht abgeandert und auch nicht ersetzt. Durch § 96\nAbs. 1 SGG in der ab 1.4.2008 geltenden Fassung ist klargestellt, dass\nandernde oder ersetzende Bescheide nur in direkter und **nicht in**\n**entsprechender** Anwendung von § 96 SGG in das gerichtliche Verfahren\neinbezogen werden. Eine Änderung oder Ersetzung liegt jedoch nur vor, wenn der\nRegelungsgegenstand des neuen Verwaltungsaktes mit dem fruheren identisch ist.\nDies muss durch einen Vergleich der in beiden Verwaltungsakten getroffenen\nVerfugungssatze festgestellt werden (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.\nAufl. § 96 Rdnr. 1 und 4a). Mit Bescheid vom 2.8.2006 wurde dem Klager auf\nGrund des Rentenantrages vom 30.11.2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung\nfur die Zeit vom 1.12.2005 bis 31.5.2008 und mit Bescheid vom 19.6.2008 auf\nGrund des Rentenantrages vom 11.12.2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung\nfur die Zeit vom 1.7.2008 bis 31.12.2010 gewahrt, d. h. fur einen\nanschließenden Zeitraum, wodurch die Regelung im bisherigen Bescheid vom\n2.8.2006 weder ersetzt noch abgeandert wurde. Fur eine Anwendung des § 96 SGG\nist daher kein Raum. \n--- \n| 18 \n--- \n| Die Berufung des Klagers ist nicht begrundet. Das angefochtene Urteil des SG\nsowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da\nder Klager keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung fur die\nZeit vom 1.12.2005 bis 31.5.2008 mit einem ungeminderten Zugangsfaktor von 1,0\nhat. \n--- \n| 19 \n--- \n| Das SG hat in den Entscheidungsgrunden des angefochtenen Urteils die\nrechtlichen Grundlagen fur die Berechnung der Rente - §§ 64, 66, 77 SGB VI\n(letzterer in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung) - dargelegt und\nausfuhrlich und zutreffend ausgefuhrt, dass der Bescheid der Beklagten vom\n2.8.2006 nicht rechtswidrig ist, da der Klager keinen Anspruch auf Berechnung\nseiner Rente wegen voller Erwerbsminderung mit einem ungeminderten\nZugangsfaktor hat. Der Senat sieht deshalb nach eigener Überzeugungsbildung\nund unter Berucksichtigung des Vorbringens des Klagers im Berufungsverfahren\ngem. § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgrunde\nweitgehend ab und weist die Berufung aus den Grunden der angefochtenen\nEntscheidung zuruck. \n--- \n| 20 \n--- \n| Erganzend ist auszufuhren, dass die sorgfaltig begrundete Rechtsauffassung\ndes SG inzwischen von den fur die Angelegenheiten der Rentenversicherung\nausschließlich zustandigen Senaten 5 und 13 des BSG in vollem Umfang gedeckt\nwird. Der 5. Senat des BSG hat in den Urteilen vom 14.8.2008 (B 5 R 32/07 R,\nzur Veroffentlichung in SozR und BSGE vorgesehen; B 5 R 88/07 R und B 5 R\n140/07 R, samtliche in JURIS) - entschieden, dass die bei der Berechnung von\nErwerbsminderungsrenten angewandte Absenkung des Zugangsfaktors auch bei einem\nRentenbeginn vor dem 60. Lebensjahr des Versicherten vom Gesetz gedeckt ist.\nDiese Entscheidungen hat der 5. Senat des BSG getroffen, nachdem der 13. Senat\ndes BSG am 26.6.2008 beschlossen hatte, an der gegenteiligen Rechtsauffassung\ndes 4. Senats, der fur Rentenangelegenheit nicht mehr zustandig ist, nicht\nfest zu halten. \n--- \n| 21 \n--- \n| Fur den Senat nachvollziehbar und uberzeugend hat der 5. Senat in den\nUrteilen vom 14.8.2008 ausgefuhrt, dass § 77 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB VI (in\nder bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung) fur die aktuell zu berechnende Rente\nausschließlich der Bestimmung eines einheitlichen Zugangsfaktors fur die\ngesamte Zeit des Rentenbezugs dient und nicht eines variablen Zugangsfaktors\nin Abhangigkeit von verschiedenen Bezugzeitraumen. Zu Recht weist der 5. Senat\nauch darauf hin, dass das auf einer moglichen "Vorzeitigkeit" der Rente wegen\nErwerbsminderung beruhende Konzept des 4. Senats im Gesetz keine Stutze\nfindet. Auch der Umstand, dass gleichzeitig mit dem Gesetz zur Reform der\nRenten wegen verminderter Erwerbsfahigkeit (RRErwerbG) zum 1.1.2001 ein\nRentenabschlag bei der Alterssicherung fur Landwirte eingefuhrt wurde, der\ndemjenigen in der allgemeinen Rentenversicherung entsprechen sollte, aber -\nwegen der Berechnung ohne Zugangsfaktor - anders formuliert wurde und zwischen\nRentenbezugszeiten vor und nach Vollendung des 60. Lebensjahres nicht\nunterscheidet, spricht fur die vom 5. Senat vorgenommene Auslegung. Auch Sinn\nund Zweck der Vorschrift bestatigen die Auffassung, dass § 77 Abs. 2 SGB VI\ndie Minderung des Zugangsfaktors auch fur Zeiten des Bezugs einer\nErwerbsminderungsrente vor Vollendung des 60. Lebensjahres regelt. Die\nAbsenkung des Zugangsfaktors bei Inanspruchnahme von Rente wegen\nErwerbsminderung vor Vollendung des 63. Lebensjahres durch die Neufassung des\n§ 77 SGB VI in Art. 1 Nr. 22 RRErwerbG vom 20.12.2000 (BGBl I 1827) ist Teil\neiner Gesamtstrategie, mit der in mehreren aufeinander aufbauenden Schritten\nauf die demografische Entwicklung reagiert und die Finanzierbarkeit der\ngesetzlichen Rentenversicherung gesichert werden soll. So wurde durch das\nRentenreformgesetz (RRG) 1992 fur vorzeitige Altersrenten das\nRenteneintrittsalter angehoben und die Minderung des Zugangsfaktors eingefuhrt\nsowie inzwischen durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.4.2007\n(BGBl I 554) auch die regelmaßige Altersgrenze angehoben. In dieses\nGesamtkonzept fugt sich die Absenkung des Zugangsfaktors fur\nErwerbsminderungsrenten, Erziehungs- und Hinterbliebenenrenten ein, wobei es\ndem Gesetzgeber nur um eine "Anpassung" und nicht um eine "Gleichstellung" von\nErwerbsminderungsrenten und Altersrenten ging. So werden Versicherte und ihre\nHinterbliebenen vor einer allzu empfindlichen Minderung geschutzt, indem der\nZugangsfaktor bei jungeren Versicherten so festgesetzt wird, als habe der\nVersicherte das Mindestalter fur eine Altersrente bereits erreicht und indem\ndie Absenkung auf einen Renteneintritt vor dem 63. Lebensjahr beschrankt wird\n(§ 77 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung), und\ndaruber hinaus eine Abschwachung des Rentenabschlags durch die zusatzliche\nZurechnungszeit bei einem Renteneintritt vor dem 60. Lebensjahr gegeben ist. \n--- \n| 22 \n--- \n| Einen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG vermag der Senat\nnicht zu erkennen. Insoweit verweist er auf die Ausfuhrungen in den oben\ngenannten Urteilen des BSG vom 14.8.2008, denen er sich nach eigener Prufung\nanschließt. \n--- \n| 23 \n--- \n| Entsprechend der bis zum 31.12.2007 geltenden gesetzlichen Regelung hat die\nBeklagte die dem Klager bewilligte Rente wegen voller Erwerbsminderung zu\nRecht mit einem geminderten Zugangsfaktor berechnet und das SG die Klage mit\nuberzeugenden Grunden abgewiesen. Die Berufung des Klagers musste deswegen\nzuruckgewiesen werden. \n--- \n| 24 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. \n--- \n| 25 \n--- \n| Grunde fur eine Zulassung der Revision liegen nicht vor, nachdem der 4.\nSenat beim BSG nicht mehr fur Angelegenheiten der Rentenversicherung zustandig\nist und die nunmehr zustandigen Senate (5 und 13) ubereinstimmend eine\nAbsenkung des Zugangsfaktors vor dem 60. Lebensjahres des Versicherten fur\nzulassig halten. Dies gilt auch unter Berucksichtigung der Tatsache, dass\ngegen das Urteil des BSG vom 14.8.2008 - B 5 R 140/07 R - inzwischen\nVerfassungsbeschwerde eingelegt worden ist (1 BvR 3588/08). \n---\n\n |
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135,740 | lsgbw-2009-03-11-l-13-al-456907 | 128 | Landessozialgericht Baden-Württemberg | lsgbw | Baden-Württemberg | Sozialgerichtsbarkeit | L 13 AL 4569/07 | 2009-03-11 | 2019-01-07 11:14:18 | 2019-01-17 11:55:51 | Beschluss | ## Tenor\n\nDie Berufung des Klagers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.\nAugust 2007 wird zuruckgewiesen.\n\nAußergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.\n\n## Gründe\n\n| | \n--- \n**I.** \n--- \n| 1 \n--- \n| Zwischen den Beteiligten ist die Hohe des dem Klager ab dem 12. August 2006\nzu gewahrenden Arbeitslosengeldes streitig. \n--- \n--- \n| 2 \n--- \n| Der 1955 geborene Klager ist verheiratet. Er war, nach einem Urteil des\nLandgerichts S., in welchem er zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 10\nMonaten verurteilt wurde, ab dem 18. September 2003 in Haft. Wahrend seiner\nHaftzeit war der Klager vom 1. Mai 2004 bis zum 31. August 2004, als\nFreiganger, erwerbstatig. Vom 1. September 2004 bis zum 30. September 2005 war\ner, wiederum als Freiganger, als Helfer fur die A.-Personalservice GmbH (A-\nGmbH) beschaftigt. Schließlich war er, nachdem er am 18. Dezember 2005\nneuerlich zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde, ab dem 27. Januar 2006\nbis zum 9. August 2006 als Freiganger fur die Firma E. GmbH (E- GmbH), U.,\ntatig. Am 10. August 2006 wurde der Klager aus der Haft entlassen. \n--- \n--- \n| 3 \n--- \n| Bereits am 27. Juni 2006 meldete sich der Klager mit Wirkung zum 12. August\n2006 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewahrung von\nArbeitslosengeld. Er gab hierzu u.a. an, von 1982 bis zum 21. Mai 2003\nselbstandig als Rechtsanwalt tatig gewesen zu sein. \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| Durch die A-GmbH wurde im Rahmen einer Arbeitsbescheinigung unter dem 7.\nAugust 2006 bekundet, dass der Klager im Zeitraum vom September 2004 bis\neinschließlich September 2005 ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in Hohe\nvon 14.344,24 EUR erzielt habe. Der Klager legte sodann Arbeitsbescheinigungen\nder Justizvollzugsanstalt (JVA) U. vor. Unter dem 19. September 2005 wurde\nhierin mitgeteilt, dass fur den Klager in den letzten sieben Jahren vor der\nEntlassung aus der Haft u.a. fur die Zeit vom 10. bis zum 24. August 2004 und\nvom 26. bis zum 30. August 2004 Beitrage zur Arbeitslosenversicherung (§ 26\nAbs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsforderung- [SGB III])\nentrichtet worden seien. Unter dem 9. August 2006 wurde durch die JVA fur\nverschiedene abgegrenzte Zeitraume im Jahr 2006 gleichfalls bekundet, dass\ndiese Beitrage der Arbeitslosenversicherung entrichtet worden seien.\nHinsichtlich des Inhalts der Arbeitsbescheinigungen der JVA wird auf Blatt 6\nund Blatt 11 der Beklagtenakte verwiesen. \n--- \n| 5 \n--- \n| Der Klager legte ferner eine Mehrfertigung der Lohnsteuerkarte fur das\nVeranlagungsjahr 2006 vor, in welcher fur ihn die Steuerklasse IV ohne\nKinderfreibetrage eingetragen war. \n--- \n--- \n| 6 \n--- \n| Mit Bescheid vom 11. August 2006 bewilligte die Beklagte dem Klager sodann\nab dem 12. August 2006 Arbeitslosengeld i.H.v. 12,55 EUR taglich fur die Dauer\nvon 300 Kalendertagen. Sie legte der Leistungsgewahrung ein tagliches\nBemessungsentgelt von 36,31 EUR, den allgemeinen Leistungssatz (60 %), die\nLohnsteuerklasse V und die Lohnsteuertabelle fur das Jahr 2006 zu Grunde. \n--- \n--- \n| 7 \n--- \n| Hiergegen erhob der Klager am 21. August 2006 Widerspruch. Zu dessen\nBegrundung trug er vor, das Bemessungsentgelt sei falsch berechnet. Er sei in\nden letzten beiden Jahren nicht nur bei der A- GmbH beschaftigt gewesen,\nsondern als Strafgefangener von Seiten der JVA U. als Arbeitnehmer bei der E-\nGmbH in U. eingesetzt gewesen. Der Zeitraum vom 27. Januar 2006 bis zum 9.\nAugust 2006 konne nicht einfach unter den Tisch gekehrt werden, sondern musse\nmit dem entsprechenden Faktor hochgerechnet und beim taglichen\nBemessungsentgelt berucksichtigt werden. Hinzu komme, dass die Dauer des\nArbeitslosengeldbezuges nicht richtig errechnet worden sei. Er sei fur die\nDauer von fast 3 Jahren beschaftigt gewesen und sei 51 Jahre alt. Nach den\ngesetzlichen Vorschriften hatte er Anspruch auf 18 Monate Arbeitslosengeld. \n--- \n--- \n| 8 \n--- \n| Die Beklagte kontaktierte daraufhin telefonisch die JVA U. von der\nmitgeteilt wurde, dass der Klager bei der E-GmbH als „ofB-Freiganger" (ohne\nfestes Beschaftigungsverhaltnis -richtigerweise ohne freies\nBeschaftigungsverhaltnis-) beschaftigt gewesen sei. Freiganger wurden\nunterschieden in „mfB" und „ofB". Die „ofB-Freiganger" wurde in einer Firma\narbeiten, jedoch von der JVA bezahlt werden, wie wenn sie innerhalb der\nAnstalt arbeiten wurden. Die „mfB-Freiganger" seien hingegen direkt bei der\nFirma angestellt und wurden auch von dieser bezahlt. \n--- \n--- \n| 9 \n--- \n| Mit Widerspruchsbescheid vom 7. September 2006 entschied die Beklagte, die\nAnspruchsdauer auf 12 Monate (360 Tage) zu erhohen. Die Anspruchsdauer betrage\nvor Vollendung des 55. Lebensjahres hochstens zwolf Monate. Insoweit sei dem\nWiderspruch stattgegeben worden. Wegen der Hohe der Leistungen wies sie den\nWiderspruch als unbegrundet zuruck. Zur Begrundung ihrer Entscheidung fuhrte\ndie Beklagte an, dass der Bemessungsrahmen von einem Jahr im Falle des\nKlagers, da dieser in diesem Zeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf\nArbeitsentgelt beschaftigt gewesen sei, auf zwei Jahre zu verlangern sei.\nInnerhalb des Zeitraums vom 10. August 2004 bis zum 9. August 2006 habe der\nKlager in 395 Tagen ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt von insgesamt\n14.344,24 EUR erzielt. Der Bemessungsrahmen umfasse nur\nversicherungspflichtige Beschaftigungen, weswegen die vom Klager geltend\ngemachten weiteren Tatigkeit nicht berucksichtigt werden konnten. Wahrend\ndieser Tatigkeiten sei er als Freiganger ohne festes Beschaftigungsverhaltnis\ntatig gewesen. Hierbei handele es sich um ein sonstiges\nVersicherungsverhaltnis nach § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III. Entsprechend den\nEintragungen in der Steuerkarte bestehe hiernach ein Anspruch auf\nArbeitslosengeld nach dem allgemeinen Leistungssatz (ohne Kind) i.H.v. taglich\n12,55 EUR. \n--- \n--- \n| 10 \n--- \n| Unter dem 11. September 2006 teilte der Klager der Beklagten mit, dass er ab\ndem 1. Oktober 2006 eine selbstandige Tatigkeit als Mediator in einem Umfang\nvon 15 Stunden wochentlich und mehr aufnehmen werde. Der Klager bezog von der\nBeklagten Arbeitslosengeld bis einschließlich zum 30. September 2006. \n--- \n--- \n| 11 \n--- \n| Am 9. Oktober 2006 hat der anwaltlich vertretene Klager Klage zum\nSozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zu deren Begrundung wurde vorgetragen,\ndass die Beklagte zwar zutreffend den Bemessungszeitraum auf die Zeit vom 10.\nAugust 2004 bis zum 9. August 2006 ausgedehnt hatte, innerhalb dieses\nZeitraums sei der Klager jedoch vom 27. Januar 2006 bis zum 9. August 2006 bei\nder E- GmbH in U. eingesetzt gewesen. Dies sei bei der Berechnung des\nArbeitslosengeldes zu berucksichtigen. Die Regelung des § 26 SGB III konne im\nvorliegenden Fall keine Anwendung finden. Gefangenen sei es gestattet, als\nsogenannte Freiganger, außerhalb der Anstalt, bei privaten Arbeitnehmern gegen\nEntgelt tatig zu sein. Mache der Gefangene hiervon Gebrauch, konne er mit\nprivaten Arbeitgebern Arbeitsvertrage abschließen und dadurch auch ein\nsozialversicherungspflichtiges Beschaftigungsverhaltnis begrunden. Der\nGefangenenstatus stehe dem nicht entgegen. Auf Anfrage des SG wurde sodann\nmitgeteilt, dass der Klager selbst keinen Arbeitsvertrag mit der E- GmbH\nabgeschlossen hatte, ein solcher hatte jedoch zwischen der JVA U. und der\nFirma bestanden habe. Dem Klager sei ein Stundenlohn i.H.v. 1,48 EUR gezahlt\nworden. Dieser Betrag sei mit einem Faktor 10 oder 11 zu multiplizieren um\neine Stufe zu erreichen, die dem (Entgelt-) Niveau außerhalb der JVA\nentspreche. Bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes sei sodann dieser\nfiktive Stundensatz maßgebend. Der Tatigkeit des Klagers fur die E-GmbH liege\neine freiwillige Entscheidung des Klagers zu Grunde. Im Übrigen sei bei einem\nMitinsassen der JVA, der gleichfalls als „ofB- Freiganger" tatig gewesen sei,\ndurch die Beklagte so vorgegangen worden. Hierzu wurde eine Mehrfertigung des\nBewilligungsbescheides vom 28. Februar 2007 betreffend der\nArbeitslosengeldgewahrung fur Herrn M. L. (L.), wie eine Mehrfertigung des\nWiderspruchsbescheides vom 14. Marz 2007 vorgelegt. \n--- \n--- \n| 12 \n--- \n| Die Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid vom 7.\nSeptember 2006 entgegengetreten. Sie trug vor, dass ein\nVersicherungspflichtverhaltnis nach § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III als Freiganger\nanwartschaftbegrundend sei und auch bei der Anspruchsdauer Berucksichtigung\nfinden wurde, die erzielten Entgelte jedoch bei der Bemessung des\nArbeitslosengeldes nicht berucksichtigt werden konnen. Der Klager habe im\nerweiterten Bemessungsrahmen nur aus seiner Tatigkeit bei der A- GmbH, einem\nBeschaftigungsverhaltnis nach § 25 SGB III, Arbeitsentgelt erzielt. Da dies\nuber einen Zeitraum von mehr als 150 Tagen erzielt worden sei, scheide auch\neine fiktive Einstufung aus. \n--- \n--- \n| 13 \n--- \n| Das SG fuhrte sodann eine schriftliche Zeugeneinvernahme bei der JVA U.\ndurch. Unter dem 20. Marz 2007 hat die Geschaftsfuhrerin des vollzuglichen\nArbeitswesens der JVA U., Frau Regierungsoberinspektorin Sch., mitgeteilt, der\nKlager sei vom 4. Januar 2006 bis zum 10. August 2006 in der JVA U. in Haft\ngewesen. Vom 25. Januar 2006 bis zum 9. August 2006 sei er zur Arbeit im\nFreigang ohne freies Beschaftigungsverhaltnis eingeteilt gewesen. In diesem\nRahmen wurde er bei der E- GmbH eingesetzt. Es habe sich hierbei um eine\nzugewiesene Tatigkeit nach § 37 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) und nicht um\nein freies Beschaftigungsverhaltnis nach § 39 StVollzG gehandelt. Beim\nFreigang ofB bestehe ein Vertrag zwischen der JVA U. und dem Unternehmer, der\ndie Gefangenen beschaftigt. Die JVA bestimme, welche Gefangenen zur Arbeit\neingeteilt werden. Zwischen dem Klager und der E- GmbH habe kein\nArbeitsvertrag bestanden. Versicherungsbeitrage seien abgefuhrt worden. \n--- \n--- \n| 14 \n--- \n| Mit Urteil vom 13. August 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur\nBegrundung hat es ausgefuhrt, dass die Einkunfte, die der Klager aus seiner\nTatigkeit bei der E- GmbH erzielt habe, kein beitragspflichtiges\nArbeitsentgelt im Sinne des § 131 Abs. 1 SGB III darstelle. Bei der\nBegriffsbestimmung des Arbeitsentgeltes sei im SGB III auf § 14 Abs. 1 Satz 1\nSozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) zuruckzugreifen. Danach seien alle\nlaufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschaftigung, gleichgultig, ob\nein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder\nin welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der\nBeschaftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden, als Arbeitsentgelt\nzu werten. Die Einnahmen mussten nicht einem Arbeitsverhaltnis zuzuordnen\nsein. Zwar konne wahrend einer Inhaftierung ein Beschaftigungsverhaltnis im\nSinne des § 25 SGB III mit einem Arbeitgeber begrundet werden, auch seien\nEinnahmen aus einem solchen Verhaltnis sodann als Entgelt im Rahmen des § 131\nSGB III zu berucksichtigen, der Klager sei jedoch auf Grund einer Zuweisung\ndurch die JVA U. fur die E- GmbH tatig gewesen, weswegen ein freies\nBeschaftigungsverhaltnis nicht vorliege. Die JVA U. habe dies auf nochmalige\nAnfrage bestatigt. Soweit klagerseits zuletzt ein fiktives Arbeitsentgelt nach\n§ 132 SGB III geltend gemacht worden sei, konne ein solches nicht\nberucksichtigt werden, da der Klager im erweiterten Bemessungsrahmen uber\neinen Zeitraum von mehr als 150 Tagen Arbeitsentgelt erzielt habe. \n--- \n--- \n| 15 \n--- \n| Gegen das, der Bevollmachtigten des Klagers am 22. August 2007 gegen\nEmpfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat der Klager am 19. September 2007\nBerufung eingelegt. Zur Begrundung verweist der Klager auf den Vortrag in der\nersten Instanz. Ferner tragt er vor, dass das SG die Frage der Zuweisung\nverkenne. Er hatte durchaus die Wahl gehabt, ab Januar 2006 sofort als\nFreiganger mit festem Beschaftigungsverhaltnis zu arbeiten. Da er aber zum\ndamaligen Zeitpunkt der Ansicht war, dass im Hinblick auf das ggf. spater zu\ngewahrende Arbeitslosengeld wegen der dann vorzunehmenden Schatzung des\nEinkommens, die Situation als „ofB-ler" besser ware als als „mfB-ler", habe er\nsich entschieden, in freier Wahl und ohne hierzu von der JVA gezwungen\ngeworden zu sein, die Stelle bei der E- GmbH anzutreten. In diesem selbstandig\neingegangenen Arbeitsverhaltnis sei daher, entgegen der Auffassung des SG, ein\nBeschaftigungsverhaltnis im Sinne des § 25 SGB III zu erblicken. Die Frage der\nZuweisung durch die JVA habe nur insofern Bedeutung, als nur drei Betriebe fur\neine Tatigkeit als „ofB-ler" zur Verfugung standen. Fur ein selbstandig\neingegangenes Arbeitsverhaltnis spreche auch der Umstand, dass die JVA nicht\nanders gehandelt habe, als eine Zeitarbeitsfirma. Die JVA verleihe ihre\nGefangenen fur ein Entgelt von 10,- bis 12,- EUR in der Stunde und leite\nhiervon nur 2,- EUR an die Gefangenen weiter. Die JVA musse aus den kassierten\nBetragen auch Steuern und Sozialversicherung bezahlen. Auch „mfB-ler" wurden\nvon der JVA ausgeliehen. Der Arbeitsvertrag werde mit der JVA geschlossen, die\ndie Gefangenen dann an eine Zeitarbeitsfirma ausleihe. Er sei wahrend seiner\nGefangenschaft auch fur die Firma G. tatig gewesen, wobei er zuerst einen\nArbeitsvertrag mit der JVA abgeschlossen habe und erst dann mit der\nZeitarbeitsfirma. Beide Falle seien gleich zu behandeln. Die Tatigkeit, die\nauf Grundlage eines Arbeitsvertrages zwischen der JVA und dem Arbeitgeber\nerfolgt sei, die dann als zugewiesen Tatigkeit betrachtet werde, sei hiernach\nals Beschaftigungsverhaltnis im Sinne des § 25 SGB III anzusehen, weswegen das\nhieraus erzielte Einkommen zu berucksichtigen sei. \n--- \n--- \n| 16 \n--- \n| Der Klager beantragt, \n--- \n--- \n| 17 \n--- \n| die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Stuttgart vom\n13. August 2007 und unter Abanderung des Bescheides vom 11. August 2006 in der\nGestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2006 zu verurteilen, dem\nKlager ab dem 12. August 2006 bis zum 30. September 2006 hoheres\nArbeitslosengeld unter Berucksichtigung seiner Tatigkeiten als Freiganger der\nJustizvollzugsanstalt U. bei der Firma E., die er vom 27. Januar 2006 bis zum\n9. August 2006 ausgeubt hat und der Tatigkeit, die er ebenfalls als Freiganger\nder Justizvollzugsanstalt U. vom 10. August 2004 bis zum 31. August 2004\nausubt hatte, zu gewahren. \n--- \n--- \n| 18 \n--- \n| Die Beklagte beantragt, \n--- \n--- \n| 19 \n--- \n| die Berufung zuruckzuweisen. \n--- \n--- \n| 20 \n--- \n| Zur Begrundung ihres Antrages tragt die Beklagte vor, das Urteil des SG sei\nnicht zu beanstanden. Sie gehe weiter davon aus, dass es sich bei den\nstreitigen Zeiten um solche handele, in denen der Klager zur Arbeit im\nFreigang ohne freies Beschaftigungsverhaltnis zugeteilt gewesen sei. Es handle\nsich um zugewiesene Tatigkeiten nach § 37 StVollzG und nicht um freie\nBeschaftigungsverhaltnisse nach § 39 StVollzG. Die bescheinigten Zeiten wurden\nzur Erfullung der Anwartschaftszeit und Berechnung der Anspruchsdauer\nberucksichtigt. Letztendlich handle es sich um sonstige\nVersicherungsverhaltnisse im Sinne des § 26 SGB III, die bei der Bemessung\naußer Betracht blieben. \n--- \n--- \n| 21 \n--- \n| Die Beteiligten wurden darauf hingewiesen, dass der Senat erwagt, nach § 153\nAbs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mundliche Verhandlung durch\nBeschluss zu entscheiden. \n--- \n--- \n| 22 \n--- \n| Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des\nVorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der\nBeklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen. \n--- \n**II.** \n--- \n| 23 \n--- \n| Die Berufung fuhrt fur den Klager nicht zum Erfolg. \n--- \n--- \n| 24 \n--- \n| Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klagers (vgl. § 151 Abs.\n1 SGG), uber die der Senat nach Anhorung der Beteiligten nach § 153 Abs. 4 SGG\nohne mundliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden kann, ist statthaft, da\nder Wert des Beschwerdegegenstandes den nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG in der bis\nzum 31. Marz 2008 geltenden Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des\nSozialgerichtsgesetzes vom 17. August 2001 (BGBl. I S.2144) maßgeblichen\nBetrag von 500,00 EUR ubersteigt. Die Erhohung des Beschwerdewerts auf\n750,-EUR, die durch das SGGArbGGÄndG vom 26. Marz 2008 (BGBl. I 2008, S. 417,\n444 ff) mit dem 1.April 2008 in Kraft getreten ist, ist fur zum Zeitpunkt des\nInkrafttretens der Gesetzesanderung bereits anhangige Berufungsverfahren,\nnicht anzuwenden (Leitherer in Mayer- Ladewig/ Keller/ Leitherer,\nSozialgerichtsgesetz -Kommentar- 9.Auflage, 2008, §144, Rn. 2a). \n--- \n| 25 \n--- \n| Bei der Berechnung des Beschwerdewerts ist auf den Betrag abzustellen, den\ndas SG dem Klager verwehrt hat (Bundessozialgericht, Urteil vom 17.November\n2005, Az.: B 11a/11 AL 57/04 R, Leitherer, a.a.O., Rn. 14 m.w.N). Der Klager\nbegehrt, der Hohe des bezogenen Arbeitslosengeldes u.a. auch Einkunfte aus\neiner Tatigkeit fur die E- GmbH zu Grunde zu legen, fur die er, als Freiganger\nder JVA U. tatig war, der Gestalt zu Grunde zu legen, dass der tatsachlich\nerhaltene Stundenlohn 1,48 EUR -mit 10 oder 11 faktorisiert- als\nBemessungsentgelt Berucksichtigung finden soll. Vor diesem Vortrag errechnet\ndas Begehren des Klagers ein Bemessungsentgelt von taglich 154,71 EUR (1,48\nEUR x 10 x 8 tagliche Arbeitsstunden = 118,40 EUR + 36,31 EUR [bereits\nberucksichtigtes Bemessungsentgelt]). Hieraus errechnet sich ein\n(hypothetischer) taglicher Leistungssatz von 38,33 EUR. Die Differenz zum\ngewahrten taglichen Leistungssatz von 12,55 EUR betragt 25,78 EUR, der,\nmultipliziert mit 50 Leistungstagen (12.August 2006 bis zum 30.September 2006)\neinen Betrag von 1.289,-EUR ergibt, der oberhalb der Wertgrenze des § 144 Abs.\n1 Nr. 1 SGG liegt. Die Berufung ist hiernach zulassig. \n--- \n--- \n| 26 \n--- \n| Die Berufung ist jedoch nach einstimmiger Auffassung des Senats unbegrundet.\nDas SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 11.\nAugust 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2006\nist rechtmaßig und verletzt den Klager nicht in seinen Rechten. \n--- \n--- \n| 27 \n--- \n| Der Klager hat keinen Anspruch auf hoheres Arbeitslosengeld ab dem 12.\nAugust 2006. \n--- \n--- \n| 28 \n--- \n| Der Klager hat ab dem 12. August 2006 - unstreitig - Anspruch auf\nArbeitslosengeld. Er hat sich mit Wirkung zum 12. August 2006 bei der\nBeklagten arbeitslos gemeldet, hat die Anwartschaftszeit erfullt und war\narbeitslos (vgl. §§ 117 Abs. 1 Nr. 1, 118 Abs. 1 SGB III in der ab dem 1.\nJanuar 2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes fur moderne\nDienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 [BGBl. I S. 2848]). \n--- \n| 29 \n--- \n| Das Arbeitslosengeld betragt gem. § 129 SGB III fur Arbeitslose, die\nmindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des\nEinkommenssteuergesetzes haben, sowie fur Arbeitslose, deren Ehegatte oder\nLebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des\nEinkommenssteuergesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner\nunbeschrankt Einkommenssteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben,\n67 % (erhohter Leistungssatz) (§ 129 Nr. 1 SGB III), fur die ubrigen\nArbeitslosen 60 % (allgemeiner Leistungssatz) (§ 129 Nr. 2 SGB III) des\npauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem\nBruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat\n(Bemessungsentgelt). \n--- \n| 30 \n--- \n| Bemessungsentgelt ist gem. § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III i.d.F des Dritten\nGesetzes fur moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt das durchschnittlich auf\nden Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im\nBemessungszeitraum erzielt hat. Der Bemessungszeitraum umfasst gem. § 130 Abs.\n1 Satz 1 SGB III i.d.F des Dritten Gesetzes fur moderne Dienstleistungen am\nArbeitsmarkt die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen\nBeschaftigungsverhaltnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraume der\nversicherungspflichtigen Beschaftigungen im Bemessungsrahmen. Der\nBemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten\nVersicherungspflichtverhaltnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs.\n1 Satz 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird gem. § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1\nSGB III auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150\nTage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthalt. \n--- \n| 31 \n--- \n| Nachdem das letzte Versicherungspflichtverhaltnis (§ 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB\nIII) des Klager mit dem 9. August 2006 endete, reicht der einjahrige\nBemessungsrahmen bis zum 10. August 2005 zuruck. In diesem Zeitraum hat der\nKlager jedoch nur 61 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt belegt, weswegen die\nBeklagte zutreffend den Bemessungsrahmen auf zwei Jahre, d.h. bis zum 10.\nAugust 2004 zuruck, erweitert hat. Innerhalb dieses Zeitrahmens hat der Klager\nan 395 Tagen ein Entgelt von 14.344,24 EUR erzielt, woraus die Beklagte\nzutreffend ein tagliches Bemessungsentgelt von 36,31 EUR errechnet hat. \n--- \n--- \n| 32 \n--- \n| Entgelt, das der Klager aus der Tatigkeit fur die E- GmbH vom 27. Januar\n2006 bis zum 9. August 2006 erzielt hat, ist, wie das Entgelt, das er aus\neiner Tatigkeit vom 10. bis zum 31. August 2004 erzielt hat, bei der\nErmittlung des maßgeblichen Bemessungsentgelts, entgegen der Einschatzung des\nKlagers, nicht zu berucksichtigen. Zum Arbeitsentgelt im Sinne des § 131 Abs.\n1 Satz 1 SGB III rechnen, worauf das SG zutreffend hingewiesen hat, alle\nlaufenden oder einmaligen Einnahmen aus dem Arbeitsverhaltnis (§ 14 Abs. 1\nSatz 1 SGB IV). § 342 SGB III bestimmt insofern ubereinstimmend, dass\nbeitragspflichtige Einnahmen bei Personen, die beschaftigt sind, das\nArbeitsentgelt ist. Arbeitsentgelte sind nur Einkunfte aus einer\nBeschaftigung. Nur Personen, die in einem Beschaftigungsverhaltnis im Sinne\ndes § 7 Abs. 1 SGB IV stehen, konnen Arbeitsentgelt beziehen (Rolfs in Gagel,\nSGB III Arbeitsforderung mit SGB II Grundsicherung fur Arbeitsuchende\n-Kommentar-, Stand Okt. 2008, § 342, Rn. 6 und § 131, Rn. 15; Berend in\nEicher/Schlegel, SGB III Arbeitsforderung -Kommentar mit Nebenrechten- Band 2,\nStand September 2006, § 131, Rn. 27). Kennzeichnend fur ein\nversicherungspflichtiges Beschaftigungsverhaltnis im Sinne des § 7 SGB IV ist\neine faktische Beziehung, die die Leistung von Arbeit unter personlicher\nAbhangigkeit von einem Anderen zum Inhalt hat, wobei sich diese Abhangigkeit\nauf der einen Seite in der tatsachlichen Verfugungsgewalt und auf der anderen\nSeite in der faktischen Dienstbereitschaft auswirkt. Ungeschriebenes Merkmal\nist hierbei die Freiwilligkeit der Tatigkeit (Bundessozialgericht, Urteil vom\n18. April 1981, Az: 7 RAr 106/90). Nachdem die Tatigkeit des Klagers fur die\nE- GmbH vom 27. Januar 2006 bis zum 9. August 2006 nach der Stellungnahme von\nFr. Sch. auf Grund einer Zuweisung der JVA nach § 37 Abs. 2 StVollzG ausgeubt\nwurde, war die Tatigkeit des Klagers nicht freiwillig im Sinne eines\nBeschaftigungsverhaltnisses nach § 7 SGB IV. Soweit der Klager vorbringt, fur\nihn habe die Wahl bestanden, die auszuubende Tatigkeit in Rahmen eines freien\nBeschaftigungsverhaltnisses oder außerhalb eines solchen auszuuben, verkennt\nder Klager, dass die Freiwilligkeit nicht an die Art bzw. den Arbeitgeber der\nTatigkeit anknupft, sondern vor dem Hintergrund des § 41 Abs. 1 Satz 1\nStVollzG und der dort normierten Arbeitspflicht von Gefangenen, durch die\nZuweisung der JVA ein offentlich-rechtliches Beschaftigungsverhaltnis eigener\nArt begrundet wird, welches die Annahme einer freiwilligen Beschaftigung\nausschließt (vgl. Schorn, Sozialversicherung im Strafvollzug, NZS, 1995, S.\n444, 445). Die klagerseits angefuhrte „Wahlfreiheit" zwischen\nunterschiedlichen Beschaftigungsverhaltnissen ist daher nicht geeignet, die\nerforderliche Freiwilligkeit eines Beschaftigungsverhaltnisses im Sinne des §\n7 SGB IV zu begrunden. \n--- \n--- \n| 33 \n--- \n| Mithin ist das aus der Tatigkeit fur die E- GmbH erzielte Entgelt kein\nArbeitsentgelt im Sinne des § 131 SGB III, weswegen eine Berucksichtigung bei\nErmittlung des Bemessungsentgeltes nicht moglich ist. \n--- \n--- \n| 34 \n--- \n| Soweit der Klager auch die Berucksichtigung der in der Zeit vom 10. bis zum\n31. August 2004 erzielten Entgelte begehrt, ist dies gleichfalls nicht\nmoglich. Durch die JVA wurde fur diesen Zeitraum mitgeteilt, dass Beitrage\nnach § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III abgefuhrt worden seien. Anders als\nBeschaftigungsverhaltnisse im Sinne des § 7 SGB IV, die ein solches nach § 25\nSGB III begrunden, sind Versicherungspflichtverhaltnisse nach § 26 Abs. 1 Nr.\n4 SGB III mit den daraus erzielten Entgelten nicht bei der Ermittlung des\nBemessungsentgeltes einzustellen. § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III tragt dem Umstand\nRechnung, dass die Arbeit von Gefangenen auf einer offentlich- rechtlichen\nArbeitspflicht beruht, die nach der obigen Dogmatik einem\nBeschaftigungsverhaltnis entgegensteht; dennoch aus Grunden der\nResozialisierung ein Bedurfnis besteht, Strafgefangene fur die Zeit nach der\nHaftentlassung so zu stellen, als waren sie auf Grund der in der Haft\nverrichteten Arbeit „beschaftigt" gewesen. Diesem Umstand ist gesetzgeberisch\nin § 26 Abs. 1 Nr.4 SGB III, wie in den Vorgangerregelungen der §§ 107, 186\nArbeitsforderungsgesetz, der Gestalt Rechnung getragen, dass Zeiten der Haft\nals versicherungspflichtige Zeiten bei Ausfullung der Anwartschaftszeit (§ 123\nSGB III) zu berucksichtigen sind. Eine daruber hinausgehende Gleichstellung in\ndem Sinne, dass das erzielte Entgelt faktorisiert bei der Ermittlung des\nBemessungsentgelts einzustellen ware, ist hingegen gesetzlich nicht\nvorgesehen. \n--- \n--- \n| 35 \n--- \n| Soweit klagerseits vorgebracht wird, aus den erzielten Entgelten seien\nSozialversicherungsbeitrage abgefuhrt worden, ist dieser Vortrag nicht\ngeeignet, eine abweichende Beurteilung zu bedingen. Vielmehr wird aus der\nBeitragstragung ersichtlich, dass eine Berucksichtigung der erzielten Entgelte\nzu Recht unterbleibt. § 347 Nr. 3 SGB III bestimmt insofern, dass die Beitrage\nfur Gefangene von dem fur die Vollzugsanstalt zustandigen Land getragen\nwerden. § 345 Nr. 3 SGB III bestimmt ferner, dass bei Personen, die als\nGefangene versicherungspflichtig sind, ein Arbeitsentgelt in Hohe von 90 % der\nBezugsgroße als beitragspflichtige Einnahme gilt. Hieraus wird die\nunterschiedliche Behandlung von Tatigkeiten von Gefangener mit oder ohne\nfreies Beschaftigungsverhaltnis deutlich. Bei einem freien\nBeschaftigungsverhaltnis werden die Beitrage gem. § 346 Abs. 1 Satz 1 SGB III\nvon den versicherungspflichtig Beschaftigten und den Arbeitgebern je zur\nHalfte getragen. Sie werden gem. § 341 Abs. 1 SGB III nach einem Prozentsatz\n(Beitragssatz) von der Beitragsbemessungsgrundlage erhoben. Eine\nBeitragsabfuhrung im letztbenannten Sinne ist indes nicht erfolgt. \n--- \n--- \n| 36 \n--- \n| Soweit klagerseits ferner vorgebracht wird, bei einem Mitinsassen der JVA\nseien, anders als bei ihm selbst, die aus der Tatigkeit fur die E- GmbH\nerzielten Entgelte berucksichtigt worden, ist dieser Vortrag unzutreffend.\nAnders als klagerseits vorgetragen, grundet die Hohe des Bemessungsentgeltes\nwelches der Arbeitslosengeldgewahrung des L. zu Grunde lag, wie aus dem\nWiderspruchsbescheid ersichtlich, nicht in der Hohe des erzielten\nArbeitsentgelts bzw. dem Charakter der ausgeubten Tatigkeit, sondern vielmehr\ndarin, dass dem Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt (§ 132 Abs. 2\nSGB III) zu Grunde gelegt ist. \n--- \n--- \n| 37 \n--- \n| Mithin kann bei der Ermittlung, des, der Hohe des Arbeitslosengeldes zu\nGrunde liegenden Bemessungsentgeltes, weder das aus der Tatigkeit des Klagers\nfur die E- GmbH erzielte Entgelt, noch das aus einer Tatigkeit vom 10. bis zum\n31. August 2004 berucksichtigt werden. Die Hohe des taglichen\nBemessungsentgeltes, wie es von der Beklagten mit 36,31 EUR taglich\nberucksichtigt ist, ist hiernach nicht zu beanstanden. Gleichfalls unterliegt\ndie Berechnung des taglichen Leistungssatzes von 12,55 EUR keine Bedenken. Der\nSenat verweist insofern auf die zutreffenden Berechnungen der Beklagten im\nBescheid vom 11. August 2006 (Bl. 37 der Verwaltungsakte) und macht sich diese\nnach eigener Überprufung zu eigen. \n--- \n--- \n| 38 \n--- \n| Der Klager hat hiernach keinen Anspruch auf die Gewahrung hoheren\nArbeitslosengeldes ab dem 12. August 2006. Der Bescheid der Beklagten vom 11.\nAugust 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2006\nist rechtmaßig und verletzt den Klager nicht in seinen Rechten. Das SG hat die\nKlage zu Recht abgewiesen. Die Berufung ist hiernach zuruckzuweisen. \n--- \n--- \n| 39 \n--- \n| Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. \n--- \n--- \n| 40 \n--- \n| Grunde, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor. \n---\n\n |
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135,792 | arbg-heilbronn-2009-03-26-7-ca-2809 | 118 | Arbeitsgericht Heilbronn | arbg-heilbronn | Heilbronn | Baden-Württemberg | Arbeitsgerichtsbarkeit | 7 Ca 28/09 | 2009-03-26 | 2019-01-07 11:14:52 | 2019-01-17 11:55:55 | Urteil | ## Tenor\n\n1\\. Die Klage wird abgewiesen.\n\n2\\. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klagerin zu tragen.\n\n3\\. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf EUR 10.000,00 festgesetzt.\n\n4\\. Die Berufung wird zugelassen.\n\n## Tatbestand\n\n| | \n--- \n| 1 \n--- \n| Die Parteien streiten um ein Zugangsrecht betriebsfremder\nGewerkschaftsbeauftragter zu kirchlichen Einrichtungen. \n--- \n--- \n| 2 \n--- \n| Die Klagerin ist eine im Betrieb der Beklagten vertretene\nEinzelgewerkschaft. Die Beklagte ist Mitglied des Diakonischen Werks der\nEvangelischen Kirche in Wurttemberg und Mehrheitsgesellschafter der\nGesundheitsholding S. gGmbH, die wiederum Tragerin der D. Klinikum S. gGmbH\nist. Der Sitz der Beklagten ist „Am M.", der der D. Klinikum S. gGmbH in der\nD.-Straße, jeweils in S.. \n--- \n--- \n| 3 \n--- \n| Nachdem die Klagerin außergerichtlich erfolglos von der Beklagten gefordert\nhatte, in deren Betrieb durch einen Aushang an einem Schwarzen Brett uber die\nGewerkschaftsarbeit zu informieren, begehrt die Klagerin mit der am 15.01.2009\nbeim Arbeitsgericht eingegangenen Klage neben der Bereitstellung eines eigenen\nSchwarzen Brettes im Haupthaus der Beklagten auch den Zugang eines externen\nGewerkschaftsbeauftragten zum Zwecke der Anbringung von Informationsmaterial. \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| Die Klagerin ist der Auffassung, \n--- \n--- \n| 5 \n--- \n| ein solcher Zugangsanspruch ergebe sich unmittelbar aus Artikel 9 Abs. 3 GG,\nnachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 14.11.1995 die bis\ndahin vertretene Kernbereichslehre aufgegeben habe. Zur Garantie\nkoalitionsmaßiger Betatigung zahle auch die Befugnis, im Betrieb uber die\nGewerkschaftstatigkeit zu informieren, wobei der Arbeitgeber gegebenenfalls\nauch Schwarze Bretter zur Verfugung zu stellen habe. Zum Zwecke der Bewerbung\ndes Gewerkschaftsbeitritts konnten betriebsfremde Gewerkschaftsbeauftragte\nauch dann im Betrieb werben, wenn dort schon Gewerkschaftsmitglieder\narbeiteten. Nachdem der Schutz des Artikel 9 Abs. 3 GG sich nicht nur auf\ndiejenigen Tatigkeiten beschranke, die fur die Erhaltung und Sicherung des\nBestandes der Koalition unerlasslich seien und damit alle\nkoalitionsspezifischen Verhaltensweisen umfasse, gelte Artikel 9 Abs. 3 GG\nauch in kirchlichen Einrichtungen und Dienststellen und umfasse auch\nZutrittsrechte betriebsfremder Gewerkschaftsbeauftragter, solange und sofern\ndiese den besonderen Charakter kirchlicher Einrichtungen und Dienststellen\nrespektierten. Zwar sei eine Guterabwagung zwischen weltlichem bzw.\nstaatlichem Recht und kirchlichem Recht vorzunehmen, diese unterliege jedoch\nnicht allein der klerikalen Bestimmung. Zudem werde durch das Zutrittsrecht\nbetriebsfremder Gewerkschaftsangehoriger zu kirchlichen Einrichtungen das\nkirchliche Selbstbestimmungsrecht gemaß Artikel 140 GG grundsatzlich nicht\nverletzt. Die Klagerin sei nicht kirchenfeindlich und bekenne sich nach § 5\nihrer Satzung zu den Grundsatzen des demokratischen und sozialen Rechtsstaats\nund sei den Prinzipien der Einheitsgewerkschaft verpflichtet. Sofern nur\nBetriebsangehorige der Beklagten werben durften, mussten diese ihre\nMitgliedschaft bei der Klagerin offenbaren, was ihnen gerade in einem\nkirchlichen Haus unzumutbar ware. Diese Auspragung der negativen\nKoalitionsfreiheit des einzelnen Beschaftigten wurde daher letztlich bei der\nAbwagung uberwiegen. Das Bundesarbeitsgericht habe in seinem Urteil vom\n28.02.2006 auf Grundlage der neueren Rechtsprechung des\nBundesverfassungsgerichts ein Zugangsrecht betriebsfremder\nGewerkschaftsmitglieder zum Zwecke der Mitgliederwerbung ausdrucklich\nanerkannt. Bei der Beklagten handele es sich aber als Krankenhaus um einen\nWirtschaftsbetrieb, der im Wettbewerb stehe und sich zudem in einem politisch\nregulierten Segment bewege. Das im Grundgesetz garantierte Recht auf\nGlaubensfreiheit und das Recht der Religionsgemeinschaften, ihre\nAngelegenheiten selbstandig zu verwalten und zu ordnen, bedeute nicht, dass\ndie Kirchen außerhalb der Verfassung und Rechtsordnung stehen wurden.\nDerselben Gewerkschaft, die sich im Jahr 2007 fur den Abschluss des\nStaatskirchenvertrages eingesetzt habe, nunmehr das Zutrittsrecht zu\nverweigern und sich dabei auf die Weimarer Reichsverfassung vom 11.08.1919 zu\nberufen, sei nicht mehr zeitgemaß und deswegen auch rechtswidrig. Dies gelte\nauch deswegen, weil die Weimarer Reichsverfassung die evangelische Kirche aus\ndem Jahr 1918 und davor im Blick gehabt habe. Auch im Hinblick auf die\nVorschrift des § 9 AGG und der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.\nNovember 2000 sei der Begriff des kirchlichen Selbstverstandnisses neu zu\ninterpretieren. Der Umstand, dass die Moglichkeit, Informationsmaterial im\nHaus der Beklagten anzubringen ausschließlich Gewerkschaftsmitgliedern, die\nsich als solche zuvor offenbar haben mussen, gestattet sein soll, sei eine\nunzulassige unterschiedliche Behandlung aus weltanschaulichen Grunden. Aus dem\nkirchlichen Selbstverstandnis lasse sich jedoch kein allgemeiner Anspruch auf\nunterschiedliche Behandlung ableiten. Ein solcher konne sich nur auf den\nwesentlichen Kernbereich von Berufsfeldern beschranken, die inhaltlich direkt\nmit der Vermittlung der Inhalt der Religion befasst seien und die der\nunmittelbaren Ausubung des Glaubens oder Anschauung dienten. Insgesamt seine\nKirchenautonomie und Koalitionsbetatigungsfreiheit im Jahre 2009 neu\ngegeneinander abzuwagen. \n--- \n--- \n| 6 \n--- \n| Die Klagerin hat beantragt: \n--- \n--- \n| 7 \n--- \n| **1\\. Der Beklagte wird verurteilt, der Kl agerin ein eigenes Schwarzes\nBrett im Haupthaus, D.-Straße zur Verfugung zu stellen und dem\nGewerkschaftsbeauftragten der Klagerin zum Zweck der Anbringung von\nInformationsmaterial den Zutritt zu gestatten.** \n--- \n| 8 \n--- \n| **Hilfsweise wird der Beklagte verurteilt, am bestehenden Informationsbrett\nf ur die Beschaftigten im Haupthaus, D.-Straße, dem Gewerkschaftsbeauftragten\nzum Zweck der Anbringung von Informationsmaterial den Zutritt zu gestatten.** \n--- \n--- \n| 9 \n--- \n| **2\\. F ur jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Zutrittsrecht der\nKlagerin wird dem Beklagten - bezogen auf jeden Tag und jeden Arbeitnehmer -\nein Ordnungsgeld, dessen Hohe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird,\nangedroht.** \n--- \n--- \n| 10 \n--- \n| Die Beklagte hat beantragt: \n--- \n--- \n| 11 \n--- \n| **Die Klage wird abgewiesen.** \n--- \n--- \n| 12 \n--- \n| Die Beklagte ist der Auffassung, \n--- \n--- \n| 13 \n--- \n| bei den Antragen der Klagerin handele es sich um unzulassige Globalantrage,\nda aus ihnen die zu duldenden Handlungen nicht eindeutig entnommen werden\nkonnten. Im Übrigen stehe der Klagerin als Gewerkschaft in kirchlichen\nBetrieben kein Zutrittsrecht zu. Insoweit missinterpretiere die Klagerin die\nEntscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14.11.1995, in der uber den\nFall eines gewerblichen sakularen Betriebs entschieden worden sei. Eine\npauschale Erweiterung der Rechtsprechung auf kirchliche Einrichtungen,\ngestutzt auf das Betatigungsfeld der Koalitionen nach Artikel 9 Abs. 3 GG\nverkenne die gegenuber den Grundrechten des Grundgesetztes besondere\nrechtssystematische Stellung von Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3\nWeimarer Reichsverfassung und ziehe deshalb aus der Rechtssprechungsanderung\nzu Artikel 9 Abs. 3 GG falsche Schlusse. Bei einer Kollision des Artikel 140\nGG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung mit den Rechten aus\nArtikel 9 Abs. 3 GG mussten erstere Rechte nur dann weichen, wenn zwingende\nGrunde des Gemeinwohls vorlagen. Allein eine Einschrankung der sich aus\nArtikel 9 Abs. 3 GG ergebenden Koalitionsrechte als solche reichten nicht aus,\num die kirchliche Selbstbestimmung einzuschranken. Die Beklagte partizipiere\nals Mitglied im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Wurttemberg als\nder Kirche zugeordnete Einrichtung in vollem Umfang an dem den Kirchen nach\nArtikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung zustehenden\nRecht, die Angelegenheiten selbstandig innerhalb der Schranken des fur alle\ngeltenden Gesetzes zu ordnen und zu verwalten. \n--- \n--- \n| 14 \n--- \n| Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten\nSchriftsatze sowie auf das Verhandlungsprotokoll vom 05.03.2009 voll\numfanglich verwiesen. Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden. \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| | \n--- \n| 15 \n--- \n| Die Klage ist zulassig, jedoch unbegrundet. \n--- \n**I.** \n--- \n| 16 \n--- \n| Die Klage ist zulassig. \n--- \n--- \n| 17 \n--- \n| 1\\. Die Zustandigkeit der Arbeitsgerichte ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG\ngegeben. Soweit die Klagerin ein gewerkschaftliches Zutrittsrecht geltend\nmacht, handelt es sich um eine burgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen\ntariffahigen Parteien und dort um Fragen der Vereinigungsfreiheit\neinschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betatigungsrecht der\nVereinigungen (vgl. BAG, Urteil vom 30.08.1993 - 1 AZR 121/81, AP Nr. 38 zu\nArtikel 9 GG). In diesen Rechtsstreitigkeiten ist nach § 2 Abs. 5 ArbGG das\nUrteilsverfahren die statthafte Verfahrensart. \n--- \n--- \n| 18 \n--- \n| 2\\. Soweit die Klagerin beantragt hat zu erkennen, die Beklagte dazu zu\nverurteilen, ihr den Zutritt im Haupthaus „zu gestatten", geht es der Klagerin\n- auch nach den Erorterungen in der mundlichen Verhandlung - erkennbar darum,\nam Zugang zum Betrieb nicht gehindert zu werden, um dort Informationsmaterial\nanbringen zu konnen. Insoweit handelt es sich daher um einen Antrag, der auf\ndie Verurteilung der Beklagten zur Duldung von Handlungen der Klagerin im\nSinne von § 890 Abs. 1 ZPO gerichtet ist (vgl. auch BAG, Urteil vom 28.02.2006\n- 1 AZR 460/04, AP Nr. 127 zu Artikel 9 GG). Soweit die Klagerin mit ihrem\nHauptantrag zudem begehrt, die Beklagte zu verurteilen, ein eigenes Schwarzes\nBrett im Haupthaus zur Verfugung zu stellen, handelt es sich demgegenuber um\neine Klage, die auf die Verurteilung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung\nim Sinne des § 887 ZPO gerichtet ist. \n--- \n--- \n| 19 \n--- \n| 3\\. Die Antrage sind auch hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2\nZPO. Soweit die Klagerin im Hinblick auf den Zeitpunkt und die Person(en),\ndenen der Zutritt zu gestatten sein soll, keine weitere Einschrankung\nvorgenommen hat, erfasst der Antrag offensichtlich eine unbeschrankte Anzahl\nvon Gewerkschaftsbeauftragten sowie einen zeitlich vollig unbeschrankten\nZutritt. Ob der Klagerin in diesem Umfang ein Anspruch zusteht, ist eine Frage\nder Begrundetheit, nicht jedoch der Bestimmtheit des Klageantrags. \n--- \n**II.** \n--- \n| 20 \n--- \n| Die Klage ist sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag unbegrundet. Der\nKlagerin steht ein Zutrittsrecht fur betriebsfremde Gewerkschaftsangehorige\nnicht zu. \n--- \n--- \n| 21 \n--- \n| 1\\. Die Kammer sieht sich schon aufgrund der Entscheidung des\nBundesverfassungsgerichts vom 17.02.1981 (2 BvR 384/78, AP Nr. 9 zu Artikel\n140 GG) nicht in der Lage, der Klagerin einen Zugangsanspruch zu gewahren.\nInsoweit hatte das Bundesverfassungsgericht zur Frage des gewerkschaftlichen\nZutrittsrechts zu kirchlichen Einrichtungen entschieden, dass kein fur alle\ngeltendes Gesetz im Sinne von Artikel 137 Abs. 3 WRV existiert, das\nbetriebsfremden Gewerkschaftsangehorigen ein Zutrittsrecht zu kirchlichen\nEinrichtungen einraumt. Insbesondere wurde festgestellt, dass Artikel 9 Abs. 3\nGG kein allgemeines berufsverbandliches Zutrittsrecht fur betriebsfremde\nGewerkschaftsbeauftragte mit dem Ziel der Werbung, Informierung und Betreuung\norganisierter Belegschaftsmitglieder gewahrleistet. An diese Entscheidung des\nBundesverfassungsgerichts sieht sich die Kammer gebunden gemaß § 31 BVerfGG. \n--- \n--- \n| 22 \n--- \n| a) Auch der Beklagten, als privatrechtlichem diakonischen Werk, steht das\nkirchliche Selbstbestimmungsrecht gemaß Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs.\n3 WRV zu. Dieses kirchliche Selbstbestimmungsrecht garantiert den Kirchen die\nFreiheit, ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken des fur alle geltenden\nGesetzes selbstandig zu ordnen und zu verwalten. Hierzu rechnet alles, was\nmateriell, der Natur der Sache oder der Zweckbestimmung nach als eigene\nAngelegenheit der Kirche anzusehen ist, wobei das Selbstverstandnis der\nKirchen und Religionsgemeinschaften fur die Qualifizierung einer Angelegenheit\nals eigene im Sinne des Artikel 137 Abs. 3 WRV maßgebend ist (vgl. BVerfG,\nEntscheidung vom 16.10.1968 - 1 BVR 241/66, BVerfGE 24, 236). Die caritative\nTatigkeit ist eine eigene Angelegenheit der Religionsgemeinschaften, die auch\ndurch Artikel 4 Abs. 2 GG als Religionsausubung geschutzt ist („Grundrecht der\nfreien caritativen Betatigung"). Die privatrechtlich organisierten\ndiakonischen und caritativen Werke und Einrichtungen der Kirche haben als\nMitglieder des Diakonischen Werkes oder des Caritasverbandes unstreitig am\nkirchlichen Auftrag teil und stehen damit auch unter dem\nreligionsverfassungsrechtlichen Schutz des kirchlichen\nSelbstbestimmungsrechts, unabhangig davon, ob sie sich einer Organisationsform\nstaatlichen Rechts bedienen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17.10.2007\n- 2 BvR 1095/05, GVBL 2007, 1555 - 1564; Beschluss vom 17.02.1981 - 2 BvR\n384/78 a.a.O., jeweils m.w.N.). Bei der Beklagten handelt es sich daher - und\ndies ist zwischen den Parteien auch unstreitig - um eine kirchliche\nEinrichtung im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom\n17.02.1981. Dies muss jedenfalls insoweit gelten, als die Beklagte und nicht\netwa deren Tochtergesellschaften in Anspruch genommen worden sind. \n--- \n--- \n| 23 \n--- \n| b) Gemaß § 31 Abs. 1 BVerfGG binden die Entscheidungen des\nBundesverfassungsgerichts die Verfassungsorgane des Bundes und der Lander\nsowie alle Gerichte und Behorden. Diese Bindungswirkung bedeutet nach der\nRechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass die sich aus dem Tenor und\nden tragenden Grunden der Entscheidung ergebenden Grundsatze fur die Auslegung\nder Verfassung von den Gerichten und Behorden in allen kunftigen Fallen\nbeachtet werden mussen. Die tragenden Grunde der Entscheidung, also diejenigen\nTeile der Entscheidungsbegrundung, die aus der Deduktion des Gerichts nicht\nhinwegzudenken sind, ohne dass sich das im Tenor formulierte Ergebnis andert,\nnehmen mithin an der Bindungswirkung teil (vgl. BAG, Urteil vom 19.01.1982 - 1\nAZR 279/81, AP Nr. 10 zu Artikel 140 GG m.w.N.). Entsprechend hat das\nBundesarbeitsgericht in der zitierten Entscheidung im Anschluss an das\nBundesverfassungsgericht festgestellt, dass Gewerkschaften jedenfalls dann\nkeinen unmittelbar aus Artikel 9 Abs. 3 GG ableitbaren Anspruch auf Duldung\ngewerkschaftlicher Werbe-, Informations- und Betreuungstatigkeit durch\nbetriebsfremde Gewerkschaftsbeauftragte in kirchlichen Einrichtungen haben,\nwenn sie in diesen Einrichtungen bereits durch betriebsangehorige Mitglieder\nvertreten sind, wobei unerheblich ist, ob ihre betriebsangehorigen Mitglieder\nzu einer solchen gewerkschaftlichen Betatigung auch bereit sind (vgl. BAG\na.a.O.). Hierzu hat bereits das Bundesverfassungsgericht ausgefuhrt, dass\njedenfalls dort, wo die Gewerkschaft bereits in Betrieben und Anstalten durch\nMitglieder vertreten ist, mit Sicherheit auszuschließen ist, dass ohne\nberufsverbandliches Zutrittsrecht fur betriebsexterne Gewerkschaftsangehorige\ndie Erhaltung und Sicherung der Koalition gefahrdet ware und das Zutrittsrecht\nals unerlasslich betrachtet werden musste und somit durch Artikel 9 Abs. 3 GG\npostuliert ware (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.02.1981 a.a.O.). \n--- \n--- \n| 24 \n--- \n| Soweit zwischen den Parteien unstreitig ist, dass bei der Beklagten\nMitglieder der Klagerin beschaftigt werden, muss daher bereits gemaß § 31\nBVerfGG ein Zutrittsrecht verneint werden. \n--- \n--- \n| 25 \n--- \n| c) Die Ablehnung eines gewerkschaftlichen Zutrittrechts jedenfalls zu\nkirchlichen Einrichtungen wird auch nicht dadurch beruhrt, dass das\nBundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 14.11.1995 (1 BvR 601/92, AP\nNr. 80 bis zu Artikel 9 GG) klargestellt hat, dass der Schutz des Artikel 9\nAbs. 3 GG sich nicht nur auf diejenigen Tatigkeiten beschranke, die fur die\nErhaltung und Sicherung des Bestandes der Koalition unerlasslich seinen,\nsondern alle koalitionsspezifischen Handlungsweisen umfasse, zu denen die\nMitgliederwerbung durch die Koalition und deren Mitglieder gehore. \n--- \n--- \n| 26 \n--- \n| Damit hat das Bundesverfassungsgericht aber lediglich klargestellt, dass\nder Schutzbereich des Artikel 9 Abs. 3 GG nicht von vornherein nur auf einen\nKernbereich der Koalitionsbetatigung beschrankt ist. Zur Frage, ob es Artikel\n9 Abs. 3 GG zwingend gebietet, auch ohne einfach-gesetzliche Grundlage ein\ngewerkschaftliches Zutrittsrecht betriebsfremder Gewerkschaftsangehoriger zu\nkirchlichen Einrichtungen anzunehmen, wird keine Aussage getroffen. Im\nGegenteil ist den Entscheidungsgrunden zu entnehmen, dass an der Entscheidung\nvom 17.02.1981 nach wie vor festzuhalten ist. Die Entscheidung vom 14.11.1995\nbezog sich lediglich auf die Mitgliederwerbung durch einen\ngewerkschaftsangehorigen Arbeitnehmer. Daher hat das Bundesverfassungsgericht\nauch nur beanstandet, dass bei der Auslegung des Arbeitsvertrages der\nSchutzbereich der Koalitionsfreiheit verkannt worden ist. So fuhrt das\nBundesverfassungsgericht unter II.2. der Grunde aus, anders als in der vom\nBundesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang angefuhrten Entscheidung des\nBundesverfassungsgerichts, in der es um das Zutrittsrecht betriebsfremder\nGewerkschaftsbeauftragter zu einer kirchlichen Einrichtung ging, werde uber\neine Vertragsverletzung gestritten, deren Vorliegen allein vom Inhalt des\nArbeitsvertrages und nicht von einer speziellen gesetzlichen Regelung abhinge.\nNur hier sei eine besondere Rechtsgrundlage fur das beanstandete Verhalten aus\nverfassungsrechtlicher Sicht nicht erforderlich (vgl. BVerfG, Beschluss vom\n14.11.1995 a.a.O.). \n--- \n--- \n| 27 \n--- \n| Auch das Bundesarbeitsgericht, soweit es in seiner Entscheidung vom\n28.02.2006 nunmehr ein allgemeines Zugangsrecht betriebsfremder\nGewerkschaftsbeauftragter aus Artikel 9 Abs. 3 S. 1 GG herleitet, sieht die\nFrage eines betrieblichen Zutrittsrechts der Gewerkschaften zum Zwecke der\nMitgliederwerbung nur fur Betriebe weltlicher Arbeitgeber aufgrund der\nEntscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Februar 1981 als nicht mit\nBindungswirkung verneint an, da diese Entscheidung allein den Sonderfall des\ngewerkschaftlichen Zugangsrechts zu kirchlichen Einrichtungen betroffen habe\n(vgl. BAG, Urteil vom 28.02.2006 - 1 AZR 460/04, AP Nr. zu Artikel 9 GG zu B\nII 1 c bb der Grunde). \n--- \n--- \n| 28 \n--- \n| 2\\. Aber auch dann, wollte man die Bindungswirkung der Entscheidung des\nBundesverfassungsgerichts vom 17.02.1981 gemaß § 31 Abs. 1 BVerfGG auch im\nBezug auf kirchliche Einrichtungen verneinen, stunde der Klagerin kein\nDuldungsanspruch zu. \n--- \n--- \n| 29 \n--- \n| a) Ein Anspruch ergibt sich nicht aus § 2 Abs. 2 BetrVG. Das\nbetriebsverfassungsrechtliche Zutrittsrecht dient besonderen Aufgaben und\nsteht unter der im Gesetz normierten Kooperations- und Friedenspflicht gemaß\n§§ 2 Abs. 1, 74 BetrVG. Gemaß § 118 Abs. 2 BetrVG findet es kraft\nausdrucklicher Entscheidung des Gesetzgebers auf Kirchen und ihre\nEinrichtungen keine Anwendung. Diese gesetzgeberische Entscheidung entspricht\nim Hinblick auf Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 WRV dem\n„verfassungsrechtlich Gebotenen" (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.02.1981 a.a.O.\nm.w.N.). \n--- \n--- \n| 30 \n--- \n| b) Soweit die Klagerin die Richtlinie 2000/78/EG bzw. § 9 AGG bemuht, so\nist fur die Kammer nicht ersichtlich, weshalb sich hieraus ein Anspruch auf\nDuldung des gewerkschaftlichen Zutritts zu kirchlichen Einrichtungen ergeben\nsollte. Unbeschadet der Tatsache, dass die Klagerin nicht Tragerin eines durch\ndas AGG verponte Diskriminierungsmerkmal ist, fallen in den Anwendungsbereich\nsowohl der Richtlinie 2000/78/EG als auch des AGG (vgl. § 6 Abs. 1)\nausschließlich Beschaftigte. \n--- \n--- \n| 31 \n--- \n| c) Ein Anspruch auf Duldung des Zutritts zum Betrieb der Beklagten ergibt\nsich auch nicht direkt oder mittelbar aus Artikel 9 Abs. 3 GG. \n--- \n--- \n| 32 \n--- \n| aa) Zwar hat das Bundesarbeitsgericht (vgl. BAG, Urteil vom 28.02.2006\na.a.O.) aus Artikel 9 Abs. 3 S. 1 GG im Wege richterlicher Rechtsfortbildung\nein allgemeines Zugangsrecht betriebsfremder Gewerkschaftsbeauftragter\nabgeleitet. Wie bereits zur Frage der Bindungswirkung im Sinne des § 31 Abs. 1\nBVerfGG ausgefuhrt, betraf diese Entscheidung den nicht kirchlichen Bereich.\nDas Bundesarbeitsgericht hat ausdrucklich ausgefuhrt (s.o. II 1 c), fur\nBetriebe nicht kirchlicher Arbeitgeber sei zwar ein betriebliches\nZutrittsrecht der Gewerkschaften zum Zwecke der Mitgliederwerbung nicht mit\nBindungswirkung verneint. Das Bundesarbeitsgericht fuhrt weiter aus, die\nEntscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Februar 1981 habe allein\nden Sonderfall des gewerkschaftlichen Zugangsrechts zu kirchlichen\nEinrichtungen betroffen, die Ausfuhrungen zu Artikel 9 Abs. 3 GG seien im\nKontext des Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 WRV erfolgt. Daher konne\ndahin stehen, ob die Bindungswirkung der Entscheidung vom 17. Februar 1981\ndurch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14. November 1995 eine\nwirksame Einschrankung erfahren habe (vgl. BAG, Urteil vom 28.02.2006 a.a.O.).\nDamit beschrankt das Bundesarbeitsgericht aber den von ihm im Wege\nrichterlicher Rechtsfortbildung hergeleiteten allgemeinen Zugangsanspruch auf\nnicht kirchliche Betriebe. Andernfalls hatte es sich mit der kirchlichen\nSelbstverwaltungsgarantie des Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 WRV\nauseinandergesetzt. \n--- \n--- \n| 33 \n--- \n| bb) Aus verfassungsrechtlichen Grunden ist es auch nicht moglich, uber den\nvom Bundesarbeitsgericht statuierten allgemeinen Zugangsanspruch hinaus einen\nZugangsanspruch auch zu kirchlichen Betrieben im Wege richterlichter\nRechtsfortbildung zu bejahen, jedenfalls dann, wenn die Gewerkschaft in diesen\nEinrichtungen bereits durch betriebsangehorige Mitglieder vertreten ist. \n--- \n--- \n| 34 \n--- \n| (1) Staatliche Regelungen sind in diesem Bereich nur durch ein „fur alle\ngeltendes Gesetz" im Sinne von Artikel 137 Abs. 3 WRV zulassig. Unter anderem\nmuss die gesetzliche Grundlage hinreichend bestimmt sein (vgl. BVerfG,\nEntscheidung vom 17.10.2007 - 2 BvR 1095/05 a.a.O. m.w.N.). Fur alle geltenden\nGesetze sind nur solche, die fur die Religions- und\nWeltanschauungsgemeinschaften dieselbe Bedeutung haben wie fur jedermann, die\ndiese also in ihren Besonderheiten nicht harter treffen als andere. Mit\nRucksicht darauf, dass die Kirchen zum Staat ein qualitativ anderes Verhaltnis\nbesitzen als irgendeine andere gesellschaftliche Großgruppe, kann die genannte\nSchranke nicht im Sinne des allgemeinen Gesetzesvorbehalts einiger\nGrundrechtsgarantien oder im Sinne des „allgemeinen Gesetzes", das eine\nSchranke der Meinungsfreiheit bildet (Artikel 5 Abs. 2 GG), verstanden werden.\nBei rein inneren kirchlichen Angelegenheiten kann ein staatliches Gesetz fur\ndie Kirche uberhaupt keine Schranke ihres Handelns bilden. Dies betrifft\nvornehmlich Fragen der richtigen Glaubenslehre, aber auch solche des\nkirchlichen Organisationsrechts, wenn und soweit es allein um die innere\nOrganisation geht, die den burgerlichen Rechtskreis nicht beruhrt. Aber auch\ndann, wenn der Gesetzgeber auf den Gebieten gemeinsamer Wahrnehmung von\n„offentlichen Aufgaben" durch Staat und Kirche mit seinen Regelungsvorbehalten\nden unantastbaren Kern des kirchlichen Selbstbestimmungsrecht nicht beruhrt,\nist er gehalten, Sinn und Geist der grundgesetzlichen Wertordnung zu beachten.\nDie inkorporierten Kirchenartikel der Weimarer Verfassung bilden mit dem\nGrundgesetz ein organisches Ganzes (vgl. BVerfG a.a.O.). \n--- \n--- \n| 35 \n--- \n| Somit trifft jedes dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht Schranken\nziehende Gesetz seinerseits auf eine ebensolche Schranke, namlich auf die\nmaterielle Wertentscheidung der Verfassung, uber einen fur die Staatsgewalt\nunantastbaren Freiheitsbereich hinaus die besondere Eigenstandigkeit der\nKirchen und ihrer Einrichtungen gegenuber dem Staat anzuerkennen. Die\nErkenntnis der wertsetzenden Bedeutung dieses Grundsatzes fuhrt im Sinne einer\nWechselwirkung dazu, dass sich uber die formalen Maßstabe des „fur-alle-\ngelten" hinaus durch je nach Ort und Gewicht der Beruhrungspunkte staatlicher\nund kirchlicher Ordnung fur die staatliche Rechtssetzungsbefugnis bestimmte\nmaterielle Grenzen ergeben (vgl. BVerfG a.a.O. m.w.N.). \n--- \n--- \n| 36 \n--- \n| Artikel 137 Abs. 3 S. 1 WRV gewahrleistet in Rucksicht auf das zwingende\nErfordernis friedlichen Zusammenlebens von Staat und Kirche sowohl das\nselbstandige Ordnen und Verwalten der eigenen Angelegenheiten durch die\nKirchen, als auch den staatlichen Schutz anderer fur das Gemeinwesen\nbedeutsamer Rechtsguter. Dieser Wechselwirkung von Kirchenfreiheit und\nSchrankenzweck ist durch entsprechende Guterabwagung Rechnung zu tragen. Dabei\nkommt dem Selbstverstandnis der Kirchen, soweit es in dem Bereich eher durch\nArtikel 4 Abs. 1 GG als unverletzlich gewahrleisteten Glaubens- und\nBekenntnisfreiheit wurzelt und sich in der durch Artikel 4 Abs. 2 GG\ngeschutzten Religionsausubung verwirklicht, besonderes Gewicht zu. Eingriffe\nsind nur dann zulassig, wenn die entsprechenden Regelungen im kirchlichen\nBereich aus zwingenden Grunden geboten sind oder zur Erfullung der staatlichen\nAufgabe und im Blick auf das Gemeinwohl als unumganglich erscheinen (vgl.\nBVerfG a.a.O. m.w.N.). \n--- \n--- \n| 37 \n--- \n| (2) Vor diesem Hintergrund hat die Kammer bereits Zweifel, ob ein\ngewerkschaftliches Zutrittsrecht zu kirchlichen Einrichtungen uberhaupt im\nWege der richterlichen Rechtsfortbildung statuiert werden kann oder diese\nEntscheidung und ihre Ausgestaltung dem parlamentarischen Gesetzgeber\nvorbehalten ist. So hat auch das Bundesverfassungsgericht in seiner\nEntscheidung vom 17.02.1981 angedeutet, dass ein Eingriff in Artikel 140 GG\ni.V.m. Artikel 137 Abs. 3 WRV in diesem Zusammenhang einer Rechtfertigung\ndurch ein formelles Gesetz bedurfe. Weder Artikel 9 Abs. 3 GG noch die in\nseinem Umfeld gewachsenen Rechtsgrundsatze und wissenschaftlichen Meinungen,\nerst recht nicht das streng dualistische System des\nBetriebsverfassungsgesetzes boten hinreichende Ansatzpunkte, die es erlauben\nwurden, die Grenzen der richterlichen Gesetzesbildung auf diesem\nkonflikttrachtigen Gebiet soweit zu ziehen und hier die „Sache des\nGesetzgebers", namlich „die Tragweite der Koalitionsfreiheit zu bestimmen und\ndie Befugnisse der Koalitionen auszugestalten und naher zu regeln", dem\nRichter zu uberburden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.02.1981 a.a.O. zu C II 4\nb). \n--- \n--- \n| 38 \n--- \n| Unbeschadet dessen ist - jedenfalls dann, wenn die Gewerkschaft durch\ngewerkschaftsangehorige Mitarbeiter im Betrieb vertreten ist - ein\nZutrittsrecht eines betriebsfremden Gewerkschaftsbeauftragten nicht aus\nzwingenden Grunden geboten. Auch wenn sich der Schutz des Artikel 9 Abs. 2 GG\nnicht nur auf diejenigen Tatigkeiten beschrankt, die fur die Erhaltung und die\nSicherung des Bestandes der Koalition unerlasslich sind, so wird auch die\nKoalitionsfreiheit vom Grundgesetzgeber nicht schrankenlos gewahrleistet.\nDemgemaß durfen dem Betatigungsrecht der Koalitionen solche Schranken gezogen\nwerden, die im konkreten Fall zum Schutz anderer Rechtsguter von der Sache her\ngeboten sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom14.11.1995 a.a.O.). Wo die\nGewerkschaft in Betrieben und Anstalten durch Mitglieder vertreten ist, konnen\nsich die Koalitionen nicht nur den Betriebsangehorigen gegenuber\naußerbetrieblich uneingeschrankt betatigen. Sie konnen durch ihre zur\nBelegschaft zahlenden Mitglieder auch innerbetrieblich werbend tatig werden.\nInsoweit bleibt es den gewerkschaftlich organisierten Betriebsangehorigen\nunbenommen, sich - gegebenenfalls nach entsprechender Einfuhrung - innerhalb\ndes Betriebs, am gemeinsamen Arbeitsort, werbend und unterrichtend zu\nbetatigen, in zulassigem Umfang Plakate auszuhangen, Prospekte auszulegen und\nzu verteilen und mit den Arbeitnehmern zu sprechen (vgl. auch BVerfG,\nBeschluss vom 17.02.1981 a.a.O.). Hiergegen spricht auch nicht die klagerseits\ngeaußerte Befurchtung, die betriebsangehorigen Gewerkschaftsmitglieder mussten\nhierzu ihre Koalitionszugehorigkeit offenbaren. Denn einerseits sind durchaus\nzahlreiche Werbemoglichkeiten im Betrieb denkbar, fur die die\nbetriebsangehorigen Gewerkschaftsmitglieder ihre Mitgliedschaft nicht -\njedenfalls gegenuber dem Arbeitgeber - offenbaren mussten. Dies betrifft zum\nBeispiel die wohl wirksamste Werbemoglichkeit, namlich die direkte Ansprache\nvon Arbeitskolleginnen und -kollegen. Andererseits erscheint es - gerade vor\ndem Hintergrund, dass zwar die Frage nach der Gewerkschaftszugehorigkeit vor\nbzw. bei Abschluss des Arbeitsvertrages unzulassig ist, im bestehenden\nArbeitsverhaltnis hingegen ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers\nbestehen kann, uber die Gewerkschaftszugehorigkeit und damit insbesondere uber\neine eventuelle Tarifbindung Auskunfte zu erhalten - nicht schlechthin\nunzumutbar, zum Zwecke der Mitgliederwerbung seine koalitionsmaßige\nZugehorigkeit eben auch offen zu legen. In diesen Fallen liegen daher\nzwingende Grunde, die einen weitreichenden Eingriff in Artikel 140 GG i.V.m.\nArtikel 137 Abs. 3 S. 1 WRV im Wege richterlicher Rechtsfortbildung\nrechtfertigen wurden, nicht vor. Ob es auch dem Parlamentsgesetzgeber\nuntersagt ist, ein Zutrittsrecht zu kirchlichen Einrichtungen zum Zwecke der\nMitgliederwerbung zu schaffen, ist damit nicht gesagt. Solange jedoch der\nGesetzgeber eine solche ausreichende gesetzliche Grundlage nicht geschaffen\nhat, ist es den Arbeitsgerichten verwehrt, jedenfalls in den Fallen\nvorbenannter Art, einen allgemeinen Zugangsanspruch anzunehmen. \n--- \n--- \n| 39 \n--- \n| 3\\. Soweit schon grundsatzlich ein Zutrittsrecht zu kirchlichen\nEinrichtungen verneint werden muss, kam es vorliegend fur die Entscheidung\nnicht mehr darauf an, ob es sich bei den Antragen der Klagerin um\nGlobalantrage handelt, soweit eine zeitliche Begrenzung oder eine Beschrankung\nder Zahl der betriebsfremden Gewerkschaftsbeauftragten nicht vorgenommen\nwurde. \n--- \n--- \n| 40 \n--- \n| Aus dem gleichen Grund kann auch unentschieden bleiben, ob es der Klagerin\nbeispielsweise rechtlich unmoglich ware, Zutritt am Sitz und der Adresse der\nD. Klinikum S. gGmbH zu gewahren, die lediglich eine Tochtergesellschaft der\nGesundheitsholding S. gGmbH ist, an der die Beklagte lediglich die\nMehrheitsrechte halt. \n--- \n--- \n| 41 \n--- \n| 4\\. Die Kammer konnte auch nicht etwa der Klagerin nur einen Teil des\nHauptantrags, namlich isoliert die zur Verfugungsstellung eines eigenen\nSchwarzen Brettes im Mutterhaus, zusprechen, um hierdurch die\nMitgliederwerbung durch betriebsangehorige Gewerkschaftsmitglieder zu\nerleichtern. Aus Klageantrag und Klagebegrundung geht hervor, dass die\nKlagerin einheitlich ein Zutrittsrecht begehrt, um sodann an einem von der\nBeklagten zur Verfugung zu stellenden Schwarzen Brett Informationsmaterial\nanzubringen. Insoweit wurde es sich bei Zuspruch eines isolierten Anspruchs\nauf die zur Verfugungsstellung eines eigenen Schwarzen Bretts um ein Aliud und\nnicht etwa nur um ein Weniger als ursprunglich begehrt handeln, so dass dem §\n308 ZPO entgegensteht. \n--- \n--- \n| 42 \n--- \n| Jedenfalls fehlt es auch an einer Anspruchsgrundlage, aus der die Beklagte\nverpflichtet werden konnte, ein eigenes Schwarzes Brett zur Verfugung zu\nstellen. Insoweit kann auf die Ausfuhrungen zum Zutrittsrecht (vgl. II 2)\nverwiesen werden. \n--- \n--- \n| 43 \n--- \n| Ob die Beklagte verpflichtet werden kann, das Anbringen von Werbematerial\nan einem bestehenden Informationsbrett durch betriebsangehorige\nGewerkschaftsmitglieder zu dulden, braucht vorliegend nicht entschieden zu\nwerden, da dies - auch nicht hilfsweise - beantragt wurde und ebenfalls - als\nAliud - uber den klagerischen Antrag im Sinne des § 308 ZPO hinausgehen wurde. \n--- \n**III.** \n--- \n| 44 \n--- \n| Soweit die Klagerin voll umfanglich unterlegen ist, hat sie gemaß §§ 46\nAbs. 2 ArbGG, 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. \n--- \n--- \n| 45 \n--- \n| Die Streitwertfestsetzung folgt - mangels einer Angabe der Klagerin - dem\ngeschatzten Interesse an der Durchsetzung des Zugangsrechts, §§ 61 Abs. 1\nArbGG, 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO. \n--- \n--- \n| 46 \n--- \n| Unbeschadet der Moglichkeit, vorliegend auf Grund des Werts der Beschwer im\nSinne des §§ 64 Abs. 2 b ArbGG Berufung einzulegen, handelt es sich bei der\nvorliegenden Frage des gewerkschaftlichen Zutrittsrechts zu kirchlichen\nEinrichtungen um eine Rechtssache grundsatzlicher Bedeutung, so dass die\nBerufung daruber hinaus gemaß §§ 64 Abs. 2 a, Abs. 3 Nr. 1 ArbGG zuzulassen\nwar. \n--- \n \n## Gründe\n\n| | \n--- \n| 15 \n--- \n| Die Klage ist zulassig, jedoch unbegrundet. \n--- \n**I.** \n--- \n| 16 \n--- \n| Die Klage ist zulassig. \n--- \n--- \n| 17 \n--- \n| 1\\. Die Zustandigkeit der Arbeitsgerichte ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG\ngegeben. Soweit die Klagerin ein gewerkschaftliches Zutrittsrecht geltend\nmacht, handelt es sich um eine burgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen\ntariffahigen Parteien und dort um Fragen der Vereinigungsfreiheit\neinschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betatigungsrecht der\nVereinigungen (vgl. BAG, Urteil vom 30.08.1993 - 1 AZR 121/81, AP Nr. 38 zu\nArtikel 9 GG). In diesen Rechtsstreitigkeiten ist nach § 2 Abs. 5 ArbGG das\nUrteilsverfahren die statthafte Verfahrensart. \n--- \n--- \n| 18 \n--- \n| 2\\. Soweit die Klagerin beantragt hat zu erkennen, die Beklagte dazu zu\nverurteilen, ihr den Zutritt im Haupthaus „zu gestatten", geht es der Klagerin\n- auch nach den Erorterungen in der mundlichen Verhandlung - erkennbar darum,\nam Zugang zum Betrieb nicht gehindert zu werden, um dort Informationsmaterial\nanbringen zu konnen. Insoweit handelt es sich daher um einen Antrag, der auf\ndie Verurteilung der Beklagten zur Duldung von Handlungen der Klagerin im\nSinne von § 890 Abs. 1 ZPO gerichtet ist (vgl. auch BAG, Urteil vom 28.02.2006\n- 1 AZR 460/04, AP Nr. 127 zu Artikel 9 GG). Soweit die Klagerin mit ihrem\nHauptantrag zudem begehrt, die Beklagte zu verurteilen, ein eigenes Schwarzes\nBrett im Haupthaus zur Verfugung zu stellen, handelt es sich demgegenuber um\neine Klage, die auf die Verurteilung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung\nim Sinne des § 887 ZPO gerichtet ist. \n--- \n--- \n| 19 \n--- \n| 3\\. Die Antrage sind auch hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2\nZPO. Soweit die Klagerin im Hinblick auf den Zeitpunkt und die Person(en),\ndenen der Zutritt zu gestatten sein soll, keine weitere Einschrankung\nvorgenommen hat, erfasst der Antrag offensichtlich eine unbeschrankte Anzahl\nvon Gewerkschaftsbeauftragten sowie einen zeitlich vollig unbeschrankten\nZutritt. Ob der Klagerin in diesem Umfang ein Anspruch zusteht, ist eine Frage\nder Begrundetheit, nicht jedoch der Bestimmtheit des Klageantrags. \n--- \n**II.** \n--- \n| 20 \n--- \n| Die Klage ist sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag unbegrundet. Der\nKlagerin steht ein Zutrittsrecht fur betriebsfremde Gewerkschaftsangehorige\nnicht zu. \n--- \n--- \n| 21 \n--- \n| 1\\. Die Kammer sieht sich schon aufgrund der Entscheidung des\nBundesverfassungsgerichts vom 17.02.1981 (2 BvR 384/78, AP Nr. 9 zu Artikel\n140 GG) nicht in der Lage, der Klagerin einen Zugangsanspruch zu gewahren.\nInsoweit hatte das Bundesverfassungsgericht zur Frage des gewerkschaftlichen\nZutrittsrechts zu kirchlichen Einrichtungen entschieden, dass kein fur alle\ngeltendes Gesetz im Sinne von Artikel 137 Abs. 3 WRV existiert, das\nbetriebsfremden Gewerkschaftsangehorigen ein Zutrittsrecht zu kirchlichen\nEinrichtungen einraumt. Insbesondere wurde festgestellt, dass Artikel 9 Abs. 3\nGG kein allgemeines berufsverbandliches Zutrittsrecht fur betriebsfremde\nGewerkschaftsbeauftragte mit dem Ziel der Werbung, Informierung und Betreuung\norganisierter Belegschaftsmitglieder gewahrleistet. An diese Entscheidung des\nBundesverfassungsgerichts sieht sich die Kammer gebunden gemaß § 31 BVerfGG. \n--- \n--- \n| 22 \n--- \n| a) Auch der Beklagten, als privatrechtlichem diakonischen Werk, steht das\nkirchliche Selbstbestimmungsrecht gemaß Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs.\n3 WRV zu. Dieses kirchliche Selbstbestimmungsrecht garantiert den Kirchen die\nFreiheit, ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken des fur alle geltenden\nGesetzes selbstandig zu ordnen und zu verwalten. Hierzu rechnet alles, was\nmateriell, der Natur der Sache oder der Zweckbestimmung nach als eigene\nAngelegenheit der Kirche anzusehen ist, wobei das Selbstverstandnis der\nKirchen und Religionsgemeinschaften fur die Qualifizierung einer Angelegenheit\nals eigene im Sinne des Artikel 137 Abs. 3 WRV maßgebend ist (vgl. BVerfG,\nEntscheidung vom 16.10.1968 - 1 BVR 241/66, BVerfGE 24, 236). Die caritative\nTatigkeit ist eine eigene Angelegenheit der Religionsgemeinschaften, die auch\ndurch Artikel 4 Abs. 2 GG als Religionsausubung geschutzt ist („Grundrecht der\nfreien caritativen Betatigung"). Die privatrechtlich organisierten\ndiakonischen und caritativen Werke und Einrichtungen der Kirche haben als\nMitglieder des Diakonischen Werkes oder des Caritasverbandes unstreitig am\nkirchlichen Auftrag teil und stehen damit auch unter dem\nreligionsverfassungsrechtlichen Schutz des kirchlichen\nSelbstbestimmungsrechts, unabhangig davon, ob sie sich einer Organisationsform\nstaatlichen Rechts bedienen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17.10.2007\n- 2 BvR 1095/05, GVBL 2007, 1555 - 1564; Beschluss vom 17.02.1981 - 2 BvR\n384/78 a.a.O., jeweils m.w.N.). Bei der Beklagten handelt es sich daher - und\ndies ist zwischen den Parteien auch unstreitig - um eine kirchliche\nEinrichtung im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom\n17.02.1981. Dies muss jedenfalls insoweit gelten, als die Beklagte und nicht\netwa deren Tochtergesellschaften in Anspruch genommen worden sind. \n--- \n--- \n| 23 \n--- \n| b) Gemaß § 31 Abs. 1 BVerfGG binden die Entscheidungen des\nBundesverfassungsgerichts die Verfassungsorgane des Bundes und der Lander\nsowie alle Gerichte und Behorden. Diese Bindungswirkung bedeutet nach der\nRechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass die sich aus dem Tenor und\nden tragenden Grunden der Entscheidung ergebenden Grundsatze fur die Auslegung\nder Verfassung von den Gerichten und Behorden in allen kunftigen Fallen\nbeachtet werden mussen. Die tragenden Grunde der Entscheidung, also diejenigen\nTeile der Entscheidungsbegrundung, die aus der Deduktion des Gerichts nicht\nhinwegzudenken sind, ohne dass sich das im Tenor formulierte Ergebnis andert,\nnehmen mithin an der Bindungswirkung teil (vgl. BAG, Urteil vom 19.01.1982 - 1\nAZR 279/81, AP Nr. 10 zu Artikel 140 GG m.w.N.). Entsprechend hat das\nBundesarbeitsgericht in der zitierten Entscheidung im Anschluss an das\nBundesverfassungsgericht festgestellt, dass Gewerkschaften jedenfalls dann\nkeinen unmittelbar aus Artikel 9 Abs. 3 GG ableitbaren Anspruch auf Duldung\ngewerkschaftlicher Werbe-, Informations- und Betreuungstatigkeit durch\nbetriebsfremde Gewerkschaftsbeauftragte in kirchlichen Einrichtungen haben,\nwenn sie in diesen Einrichtungen bereits durch betriebsangehorige Mitglieder\nvertreten sind, wobei unerheblich ist, ob ihre betriebsangehorigen Mitglieder\nzu einer solchen gewerkschaftlichen Betatigung auch bereit sind (vgl. BAG\na.a.O.). Hierzu hat bereits das Bundesverfassungsgericht ausgefuhrt, dass\njedenfalls dort, wo die Gewerkschaft bereits in Betrieben und Anstalten durch\nMitglieder vertreten ist, mit Sicherheit auszuschließen ist, dass ohne\nberufsverbandliches Zutrittsrecht fur betriebsexterne Gewerkschaftsangehorige\ndie Erhaltung und Sicherung der Koalition gefahrdet ware und das Zutrittsrecht\nals unerlasslich betrachtet werden musste und somit durch Artikel 9 Abs. 3 GG\npostuliert ware (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.02.1981 a.a.O.). \n--- \n--- \n| 24 \n--- \n| Soweit zwischen den Parteien unstreitig ist, dass bei der Beklagten\nMitglieder der Klagerin beschaftigt werden, muss daher bereits gemaß § 31\nBVerfGG ein Zutrittsrecht verneint werden. \n--- \n--- \n| 25 \n--- \n| c) Die Ablehnung eines gewerkschaftlichen Zutrittrechts jedenfalls zu\nkirchlichen Einrichtungen wird auch nicht dadurch beruhrt, dass das\nBundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 14.11.1995 (1 BvR 601/92, AP\nNr. 80 bis zu Artikel 9 GG) klargestellt hat, dass der Schutz des Artikel 9\nAbs. 3 GG sich nicht nur auf diejenigen Tatigkeiten beschranke, die fur die\nErhaltung und Sicherung des Bestandes der Koalition unerlasslich seinen,\nsondern alle koalitionsspezifischen Handlungsweisen umfasse, zu denen die\nMitgliederwerbung durch die Koalition und deren Mitglieder gehore. \n--- \n--- \n| 26 \n--- \n| Damit hat das Bundesverfassungsgericht aber lediglich klargestellt, dass\nder Schutzbereich des Artikel 9 Abs. 3 GG nicht von vornherein nur auf einen\nKernbereich der Koalitionsbetatigung beschrankt ist. Zur Frage, ob es Artikel\n9 Abs. 3 GG zwingend gebietet, auch ohne einfach-gesetzliche Grundlage ein\ngewerkschaftliches Zutrittsrecht betriebsfremder Gewerkschaftsangehoriger zu\nkirchlichen Einrichtungen anzunehmen, wird keine Aussage getroffen. Im\nGegenteil ist den Entscheidungsgrunden zu entnehmen, dass an der Entscheidung\nvom 17.02.1981 nach wie vor festzuhalten ist. Die Entscheidung vom 14.11.1995\nbezog sich lediglich auf die Mitgliederwerbung durch einen\ngewerkschaftsangehorigen Arbeitnehmer. Daher hat das Bundesverfassungsgericht\nauch nur beanstandet, dass bei der Auslegung des Arbeitsvertrages der\nSchutzbereich der Koalitionsfreiheit verkannt worden ist. So fuhrt das\nBundesverfassungsgericht unter II.2. der Grunde aus, anders als in der vom\nBundesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang angefuhrten Entscheidung des\nBundesverfassungsgerichts, in der es um das Zutrittsrecht betriebsfremder\nGewerkschaftsbeauftragter zu einer kirchlichen Einrichtung ging, werde uber\neine Vertragsverletzung gestritten, deren Vorliegen allein vom Inhalt des\nArbeitsvertrages und nicht von einer speziellen gesetzlichen Regelung abhinge.\nNur hier sei eine besondere Rechtsgrundlage fur das beanstandete Verhalten aus\nverfassungsrechtlicher Sicht nicht erforderlich (vgl. BVerfG, Beschluss vom\n14.11.1995 a.a.O.). \n--- \n--- \n| 27 \n--- \n| Auch das Bundesarbeitsgericht, soweit es in seiner Entscheidung vom\n28.02.2006 nunmehr ein allgemeines Zugangsrecht betriebsfremder\nGewerkschaftsbeauftragter aus Artikel 9 Abs. 3 S. 1 GG herleitet, sieht die\nFrage eines betrieblichen Zutrittsrechts der Gewerkschaften zum Zwecke der\nMitgliederwerbung nur fur Betriebe weltlicher Arbeitgeber aufgrund der\nEntscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Februar 1981 als nicht mit\nBindungswirkung verneint an, da diese Entscheidung allein den Sonderfall des\ngewerkschaftlichen Zugangsrechts zu kirchlichen Einrichtungen betroffen habe\n(vgl. BAG, Urteil vom 28.02.2006 - 1 AZR 460/04, AP Nr. zu Artikel 9 GG zu B\nII 1 c bb der Grunde). \n--- \n--- \n| 28 \n--- \n| 2\\. Aber auch dann, wollte man die Bindungswirkung der Entscheidung des\nBundesverfassungsgerichts vom 17.02.1981 gemaß § 31 Abs. 1 BVerfGG auch im\nBezug auf kirchliche Einrichtungen verneinen, stunde der Klagerin kein\nDuldungsanspruch zu. \n--- \n--- \n| 29 \n--- \n| a) Ein Anspruch ergibt sich nicht aus § 2 Abs. 2 BetrVG. Das\nbetriebsverfassungsrechtliche Zutrittsrecht dient besonderen Aufgaben und\nsteht unter der im Gesetz normierten Kooperations- und Friedenspflicht gemaß\n§§ 2 Abs. 1, 74 BetrVG. Gemaß § 118 Abs. 2 BetrVG findet es kraft\nausdrucklicher Entscheidung des Gesetzgebers auf Kirchen und ihre\nEinrichtungen keine Anwendung. Diese gesetzgeberische Entscheidung entspricht\nim Hinblick auf Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 WRV dem\n„verfassungsrechtlich Gebotenen" (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.02.1981 a.a.O.\nm.w.N.). \n--- \n--- \n| 30 \n--- \n| b) Soweit die Klagerin die Richtlinie 2000/78/EG bzw. § 9 AGG bemuht, so\nist fur die Kammer nicht ersichtlich, weshalb sich hieraus ein Anspruch auf\nDuldung des gewerkschaftlichen Zutritts zu kirchlichen Einrichtungen ergeben\nsollte. Unbeschadet der Tatsache, dass die Klagerin nicht Tragerin eines durch\ndas AGG verponte Diskriminierungsmerkmal ist, fallen in den Anwendungsbereich\nsowohl der Richtlinie 2000/78/EG als auch des AGG (vgl. § 6 Abs. 1)\nausschließlich Beschaftigte. \n--- \n--- \n| 31 \n--- \n| c) Ein Anspruch auf Duldung des Zutritts zum Betrieb der Beklagten ergibt\nsich auch nicht direkt oder mittelbar aus Artikel 9 Abs. 3 GG. \n--- \n--- \n| 32 \n--- \n| aa) Zwar hat das Bundesarbeitsgericht (vgl. BAG, Urteil vom 28.02.2006\na.a.O.) aus Artikel 9 Abs. 3 S. 1 GG im Wege richterlicher Rechtsfortbildung\nein allgemeines Zugangsrecht betriebsfremder Gewerkschaftsbeauftragter\nabgeleitet. Wie bereits zur Frage der Bindungswirkung im Sinne des § 31 Abs. 1\nBVerfGG ausgefuhrt, betraf diese Entscheidung den nicht kirchlichen Bereich.\nDas Bundesarbeitsgericht hat ausdrucklich ausgefuhrt (s.o. II 1 c), fur\nBetriebe nicht kirchlicher Arbeitgeber sei zwar ein betriebliches\nZutrittsrecht der Gewerkschaften zum Zwecke der Mitgliederwerbung nicht mit\nBindungswirkung verneint. Das Bundesarbeitsgericht fuhrt weiter aus, die\nEntscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Februar 1981 habe allein\nden Sonderfall des gewerkschaftlichen Zugangsrechts zu kirchlichen\nEinrichtungen betroffen, die Ausfuhrungen zu Artikel 9 Abs. 3 GG seien im\nKontext des Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 WRV erfolgt. Daher konne\ndahin stehen, ob die Bindungswirkung der Entscheidung vom 17. Februar 1981\ndurch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14. November 1995 eine\nwirksame Einschrankung erfahren habe (vgl. BAG, Urteil vom 28.02.2006 a.a.O.).\nDamit beschrankt das Bundesarbeitsgericht aber den von ihm im Wege\nrichterlicher Rechtsfortbildung hergeleiteten allgemeinen Zugangsanspruch auf\nnicht kirchliche Betriebe. Andernfalls hatte es sich mit der kirchlichen\nSelbstverwaltungsgarantie des Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 WRV\nauseinandergesetzt. \n--- \n--- \n| 33 \n--- \n| bb) Aus verfassungsrechtlichen Grunden ist es auch nicht moglich, uber den\nvom Bundesarbeitsgericht statuierten allgemeinen Zugangsanspruch hinaus einen\nZugangsanspruch auch zu kirchlichen Betrieben im Wege richterlichter\nRechtsfortbildung zu bejahen, jedenfalls dann, wenn die Gewerkschaft in diesen\nEinrichtungen bereits durch betriebsangehorige Mitglieder vertreten ist. \n--- \n--- \n| 34 \n--- \n| (1) Staatliche Regelungen sind in diesem Bereich nur durch ein „fur alle\ngeltendes Gesetz" im Sinne von Artikel 137 Abs. 3 WRV zulassig. Unter anderem\nmuss die gesetzliche Grundlage hinreichend bestimmt sein (vgl. BVerfG,\nEntscheidung vom 17.10.2007 - 2 BvR 1095/05 a.a.O. m.w.N.). Fur alle geltenden\nGesetze sind nur solche, die fur die Religions- und\nWeltanschauungsgemeinschaften dieselbe Bedeutung haben wie fur jedermann, die\ndiese also in ihren Besonderheiten nicht harter treffen als andere. Mit\nRucksicht darauf, dass die Kirchen zum Staat ein qualitativ anderes Verhaltnis\nbesitzen als irgendeine andere gesellschaftliche Großgruppe, kann die genannte\nSchranke nicht im Sinne des allgemeinen Gesetzesvorbehalts einiger\nGrundrechtsgarantien oder im Sinne des „allgemeinen Gesetzes", das eine\nSchranke der Meinungsfreiheit bildet (Artikel 5 Abs. 2 GG), verstanden werden.\nBei rein inneren kirchlichen Angelegenheiten kann ein staatliches Gesetz fur\ndie Kirche uberhaupt keine Schranke ihres Handelns bilden. Dies betrifft\nvornehmlich Fragen der richtigen Glaubenslehre, aber auch solche des\nkirchlichen Organisationsrechts, wenn und soweit es allein um die innere\nOrganisation geht, die den burgerlichen Rechtskreis nicht beruhrt. Aber auch\ndann, wenn der Gesetzgeber auf den Gebieten gemeinsamer Wahrnehmung von\n„offentlichen Aufgaben" durch Staat und Kirche mit seinen Regelungsvorbehalten\nden unantastbaren Kern des kirchlichen Selbstbestimmungsrecht nicht beruhrt,\nist er gehalten, Sinn und Geist der grundgesetzlichen Wertordnung zu beachten.\nDie inkorporierten Kirchenartikel der Weimarer Verfassung bilden mit dem\nGrundgesetz ein organisches Ganzes (vgl. BVerfG a.a.O.). \n--- \n--- \n| 35 \n--- \n| Somit trifft jedes dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht Schranken\nziehende Gesetz seinerseits auf eine ebensolche Schranke, namlich auf die\nmaterielle Wertentscheidung der Verfassung, uber einen fur die Staatsgewalt\nunantastbaren Freiheitsbereich hinaus die besondere Eigenstandigkeit der\nKirchen und ihrer Einrichtungen gegenuber dem Staat anzuerkennen. Die\nErkenntnis der wertsetzenden Bedeutung dieses Grundsatzes fuhrt im Sinne einer\nWechselwirkung dazu, dass sich uber die formalen Maßstabe des „fur-alle-\ngelten" hinaus durch je nach Ort und Gewicht der Beruhrungspunkte staatlicher\nund kirchlicher Ordnung fur die staatliche Rechtssetzungsbefugnis bestimmte\nmaterielle Grenzen ergeben (vgl. BVerfG a.a.O. m.w.N.). \n--- \n--- \n| 36 \n--- \n| Artikel 137 Abs. 3 S. 1 WRV gewahrleistet in Rucksicht auf das zwingende\nErfordernis friedlichen Zusammenlebens von Staat und Kirche sowohl das\nselbstandige Ordnen und Verwalten der eigenen Angelegenheiten durch die\nKirchen, als auch den staatlichen Schutz anderer fur das Gemeinwesen\nbedeutsamer Rechtsguter. Dieser Wechselwirkung von Kirchenfreiheit und\nSchrankenzweck ist durch entsprechende Guterabwagung Rechnung zu tragen. Dabei\nkommt dem Selbstverstandnis der Kirchen, soweit es in dem Bereich eher durch\nArtikel 4 Abs. 1 GG als unverletzlich gewahrleisteten Glaubens- und\nBekenntnisfreiheit wurzelt und sich in der durch Artikel 4 Abs. 2 GG\ngeschutzten Religionsausubung verwirklicht, besonderes Gewicht zu. Eingriffe\nsind nur dann zulassig, wenn die entsprechenden Regelungen im kirchlichen\nBereich aus zwingenden Grunden geboten sind oder zur Erfullung der staatlichen\nAufgabe und im Blick auf das Gemeinwohl als unumganglich erscheinen (vgl.\nBVerfG a.a.O. m.w.N.). \n--- \n--- \n| 37 \n--- \n| (2) Vor diesem Hintergrund hat die Kammer bereits Zweifel, ob ein\ngewerkschaftliches Zutrittsrecht zu kirchlichen Einrichtungen uberhaupt im\nWege der richterlichen Rechtsfortbildung statuiert werden kann oder diese\nEntscheidung und ihre Ausgestaltung dem parlamentarischen Gesetzgeber\nvorbehalten ist. So hat auch das Bundesverfassungsgericht in seiner\nEntscheidung vom 17.02.1981 angedeutet, dass ein Eingriff in Artikel 140 GG\ni.V.m. Artikel 137 Abs. 3 WRV in diesem Zusammenhang einer Rechtfertigung\ndurch ein formelles Gesetz bedurfe. Weder Artikel 9 Abs. 3 GG noch die in\nseinem Umfeld gewachsenen Rechtsgrundsatze und wissenschaftlichen Meinungen,\nerst recht nicht das streng dualistische System des\nBetriebsverfassungsgesetzes boten hinreichende Ansatzpunkte, die es erlauben\nwurden, die Grenzen der richterlichen Gesetzesbildung auf diesem\nkonflikttrachtigen Gebiet soweit zu ziehen und hier die „Sache des\nGesetzgebers", namlich „die Tragweite der Koalitionsfreiheit zu bestimmen und\ndie Befugnisse der Koalitionen auszugestalten und naher zu regeln", dem\nRichter zu uberburden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.02.1981 a.a.O. zu C II 4\nb). \n--- \n--- \n| 38 \n--- \n| Unbeschadet dessen ist - jedenfalls dann, wenn die Gewerkschaft durch\ngewerkschaftsangehorige Mitarbeiter im Betrieb vertreten ist - ein\nZutrittsrecht eines betriebsfremden Gewerkschaftsbeauftragten nicht aus\nzwingenden Grunden geboten. Auch wenn sich der Schutz des Artikel 9 Abs. 2 GG\nnicht nur auf diejenigen Tatigkeiten beschrankt, die fur die Erhaltung und die\nSicherung des Bestandes der Koalition unerlasslich sind, so wird auch die\nKoalitionsfreiheit vom Grundgesetzgeber nicht schrankenlos gewahrleistet.\nDemgemaß durfen dem Betatigungsrecht der Koalitionen solche Schranken gezogen\nwerden, die im konkreten Fall zum Schutz anderer Rechtsguter von der Sache her\ngeboten sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom14.11.1995 a.a.O.). Wo die\nGewerkschaft in Betrieben und Anstalten durch Mitglieder vertreten ist, konnen\nsich die Koalitionen nicht nur den Betriebsangehorigen gegenuber\naußerbetrieblich uneingeschrankt betatigen. Sie konnen durch ihre zur\nBelegschaft zahlenden Mitglieder auch innerbetrieblich werbend tatig werden.\nInsoweit bleibt es den gewerkschaftlich organisierten Betriebsangehorigen\nunbenommen, sich - gegebenenfalls nach entsprechender Einfuhrung - innerhalb\ndes Betriebs, am gemeinsamen Arbeitsort, werbend und unterrichtend zu\nbetatigen, in zulassigem Umfang Plakate auszuhangen, Prospekte auszulegen und\nzu verteilen und mit den Arbeitnehmern zu sprechen (vgl. auch BVerfG,\nBeschluss vom 17.02.1981 a.a.O.). Hiergegen spricht auch nicht die klagerseits\ngeaußerte Befurchtung, die betriebsangehorigen Gewerkschaftsmitglieder mussten\nhierzu ihre Koalitionszugehorigkeit offenbaren. Denn einerseits sind durchaus\nzahlreiche Werbemoglichkeiten im Betrieb denkbar, fur die die\nbetriebsangehorigen Gewerkschaftsmitglieder ihre Mitgliedschaft nicht -\njedenfalls gegenuber dem Arbeitgeber - offenbaren mussten. Dies betrifft zum\nBeispiel die wohl wirksamste Werbemoglichkeit, namlich die direkte Ansprache\nvon Arbeitskolleginnen und -kollegen. Andererseits erscheint es - gerade vor\ndem Hintergrund, dass zwar die Frage nach der Gewerkschaftszugehorigkeit vor\nbzw. bei Abschluss des Arbeitsvertrages unzulassig ist, im bestehenden\nArbeitsverhaltnis hingegen ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers\nbestehen kann, uber die Gewerkschaftszugehorigkeit und damit insbesondere uber\neine eventuelle Tarifbindung Auskunfte zu erhalten - nicht schlechthin\nunzumutbar, zum Zwecke der Mitgliederwerbung seine koalitionsmaßige\nZugehorigkeit eben auch offen zu legen. In diesen Fallen liegen daher\nzwingende Grunde, die einen weitreichenden Eingriff in Artikel 140 GG i.V.m.\nArtikel 137 Abs. 3 S. 1 WRV im Wege richterlicher Rechtsfortbildung\nrechtfertigen wurden, nicht vor. Ob es auch dem Parlamentsgesetzgeber\nuntersagt ist, ein Zutrittsrecht zu kirchlichen Einrichtungen zum Zwecke der\nMitgliederwerbung zu schaffen, ist damit nicht gesagt. Solange jedoch der\nGesetzgeber eine solche ausreichende gesetzliche Grundlage nicht geschaffen\nhat, ist es den Arbeitsgerichten verwehrt, jedenfalls in den Fallen\nvorbenannter Art, einen allgemeinen Zugangsanspruch anzunehmen. \n--- \n--- \n| 39 \n--- \n| 3\\. Soweit schon grundsatzlich ein Zutrittsrecht zu kirchlichen\nEinrichtungen verneint werden muss, kam es vorliegend fur die Entscheidung\nnicht mehr darauf an, ob es sich bei den Antragen der Klagerin um\nGlobalantrage handelt, soweit eine zeitliche Begrenzung oder eine Beschrankung\nder Zahl der betriebsfremden Gewerkschaftsbeauftragten nicht vorgenommen\nwurde. \n--- \n--- \n| 40 \n--- \n| Aus dem gleichen Grund kann auch unentschieden bleiben, ob es der Klagerin\nbeispielsweise rechtlich unmoglich ware, Zutritt am Sitz und der Adresse der\nD. Klinikum S. gGmbH zu gewahren, die lediglich eine Tochtergesellschaft der\nGesundheitsholding S. gGmbH ist, an der die Beklagte lediglich die\nMehrheitsrechte halt. \n--- \n--- \n| 41 \n--- \n| 4\\. Die Kammer konnte auch nicht etwa der Klagerin nur einen Teil des\nHauptantrags, namlich isoliert die zur Verfugungsstellung eines eigenen\nSchwarzen Brettes im Mutterhaus, zusprechen, um hierdurch die\nMitgliederwerbung durch betriebsangehorige Gewerkschaftsmitglieder zu\nerleichtern. Aus Klageantrag und Klagebegrundung geht hervor, dass die\nKlagerin einheitlich ein Zutrittsrecht begehrt, um sodann an einem von der\nBeklagten zur Verfugung zu stellenden Schwarzen Brett Informationsmaterial\nanzubringen. Insoweit wurde es sich bei Zuspruch eines isolierten Anspruchs\nauf die zur Verfugungsstellung eines eigenen Schwarzen Bretts um ein Aliud und\nnicht etwa nur um ein Weniger als ursprunglich begehrt handeln, so dass dem §\n308 ZPO entgegensteht. \n--- \n--- \n| 42 \n--- \n| Jedenfalls fehlt es auch an einer Anspruchsgrundlage, aus der die Beklagte\nverpflichtet werden konnte, ein eigenes Schwarzes Brett zur Verfugung zu\nstellen. Insoweit kann auf die Ausfuhrungen zum Zutrittsrecht (vgl. II 2)\nverwiesen werden. \n--- \n--- \n| 43 \n--- \n| Ob die Beklagte verpflichtet werden kann, das Anbringen von Werbematerial\nan einem bestehenden Informationsbrett durch betriebsangehorige\nGewerkschaftsmitglieder zu dulden, braucht vorliegend nicht entschieden zu\nwerden, da dies - auch nicht hilfsweise - beantragt wurde und ebenfalls - als\nAliud - uber den klagerischen Antrag im Sinne des § 308 ZPO hinausgehen wurde. \n--- \n**III.** \n--- \n| 44 \n--- \n| Soweit die Klagerin voll umfanglich unterlegen ist, hat sie gemaß §§ 46\nAbs. 2 ArbGG, 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. \n--- \n--- \n| 45 \n--- \n| Die Streitwertfestsetzung folgt - mangels einer Angabe der Klagerin - dem\ngeschatzten Interesse an der Durchsetzung des Zugangsrechts, §§ 61 Abs. 1\nArbGG, 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO. \n--- \n--- \n| 46 \n--- \n| Unbeschadet der Moglichkeit, vorliegend auf Grund des Werts der Beschwer im\nSinne des §§ 64 Abs. 2 b ArbGG Berufung einzulegen, handelt es sich bei der\nvorliegenden Frage des gewerkschaftlichen Zutrittsrechts zu kirchlichen\nEinrichtungen um eine Rechtssache grundsatzlicher Bedeutung, so dass die\nBerufung daruber hinaus gemaß §§ 64 Abs. 2 a, Abs. 3 Nr. 1 ArbGG zuzulassen\nwar. \n---\n\n |
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135,878 | vg-stuttgart-2010-03-23-6-k-233907 | 160 | Verwaltungsgericht Stuttgart | vg-stuttgart | Stuttgart | Baden-Württemberg | Verwaltungsgerichtsbarkeit | 6 K 2339/07 | 2010-03-23 | 2019-01-07 11:15:42 | 2019-01-17 11:56:01 | Urteil | ## Tenor\n\nDie Klage wird abgewiesen.\n\nDie Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der\nBeigeladenen, werden den Klagern auferlegt.\n\n## Tatbestand\n\n| | \n--- \n| 1 \n--- \n| Die Klager wenden sich gegen eine den Beigeladenen erteilte\nimmissionsschutz- und baurechtliche Genehmigung fur eine Schießanlage. \n--- \n--- \n| 2 \n--- \n| Die Klager sind Eigentumer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstucks ...,\ndas in einem durch Bebauungsplan ausgewiesenen WR-Gebiet liegt. \n--- \n--- \n| 3 \n--- \n| Die Beigeladenen betreiben auf einem im Außenbereich gelegenen Grundstuck im\n„...tal" eine Schießanlage mit mehreren 100m-, 50m- und 25m-Bahnen fur den\nKugelschuss sowie einer Wurfscheiben (Trap-) und Kipphasen-Anlage fur den\nSchrotschuss. Im Einzelnen handelt es sich um einen Pistolenstand, einen\nKleinkaliberstand mit zehn 25 m-Bahnen, einen Kleinkaliberstand mit acht\n50m-Bahnen sowie einen Klein- und Großkaliberstand mit drei 100m-Bahnen.\nParallel zur Schießanlage verlauft auf der anderen Seite des ...bachs im\nAbstand zwischen ca. 60 m und 100 m ein als „Geologischer Lehrpfad"\nausgestalteter Wanderweg. Die Entfernung zwischen der Schießanlage (ca. 320 m\nuber NN) und dem Wohngebiet „..." mit dem Grundstuck der Klager (ca. 370 m\nuber NN) betragt ca. 650 m, dazwischen liegt die bewaldete Erhebung „..." mit\neiner Hohe bis ca. 399 m uber NN. \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| Baurechtlich wurden die Kugelanlagen erstmals am 21.06.1968 genehmigt, die\n„laufende Wildscheibe" und die Wurftaubenanlage am 18.09.1969. \n--- \n--- \n| 5 \n--- \n| Eine waffenrechtliche Genehmigung wurde am 09.09.1970 fur die Schießbahnen\nund am 15.09.1970 fur die Wurftaubebanlage erteilt. \n--- \n--- \n| 6 \n--- \n| Am 30.06.1972 wurde die Schießanlage (Bahnen und Wurftauben) vom Ordnungsamt\n... als Waffenrechtsbehorde freigegeben, wobei der Schießbetrieb auf der\nWurftaubenanlage - nur fur diese - auf taglich zwischen 7 und 19 Uhr\nbeschrankt wurde, sonntags mit einer Pause von 12 bis 15 Uhr. Am 26.01.1981\nwurde die Kipphasenanlage waffenrechtlich genehmigt. \n--- \n--- \n| 7 \n--- \n| Am 18.09.1978 setzte die Stadt ... - Ordnungsamt - Schießzeiten fur die\nSchießstande fest und anderte die Schießzeiten fur die Wurftaubenanlage. Am\n22.08.1990 legte das Ordnungsamt erneut die Schießzeiten fur die Schießstande\nund die Wurftauben fest, die letztmalige Änderung der Schießzeiten durch das\nOrdnungsamt erfolgte am 06.10.1981 fur die Wurftaubenanlage. \n--- \n--- \n| 8 \n--- \n| Nach dem Inkrafttreten des BImSchG am 01.04.1974 unterlag die Schießanlage\n„..." nach § 4 Nr. 40 der 4. BImSchV 1975 ab dem 01.03.1975 der\nimmissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht im vereinfachten\nGenehmigungsverfahren. Fraglich ist, ob eine formliche Anzeige nach § 67\nBImSchG erfolgte. Jedenfalls wurde am 06.04.1977 eine Bestandsaufnahme der\nAnlage durch das GAA ... durchgefuhrt. Als Schießzeiten wurden angezeigt\nMittwoch von 13 bis 15 Uhr, Samstag 14 bis 17 Uhr und Sonntag 9 bis 12 Uhr. \n--- \n--- \n| 9 \n--- \n| 1985 und 1988 stellten die Beteiligten einen Antrag auf Erteilung einer\nimmissionsschutzrechtlichen Genehmigung fur eine wesentliche Änderung der\nAnlage. Vorgesehen waren eine weitere Waffenart (Schwarzpulver), ein\n„laufender Keiler" sowie eine teilweise Überdachung der 100m-Bahnen. Am\n31.12.1991/10.09.1992 folgte ein Antrag auf Erteilung einer\nimmissionsschutzrechtlichen Genehmigung fur die vollstandige Überdachung aller\nBahnen samt den beantragten Veranderungen aus 1985 und 1988 sowie auf\nGenehmigung der von der Stadt ... unzulassigerweise festgelegten Schießzeiten\nfur die Schießbahnen und die Wurftaubenanlage. Nachdem das Landratsamt ... das\nVerfahren fur die Schießbahnen und die Wurftaubenanlage aufgeteilt hatte,\nerteilte es am 18.12.1992 eine 1. Immissionsschutzrechtliche Teilgenehmigung\nfur die Überdachung der 25m-, 50m- und 100m-Bahnen und den Einbau eines\n„laufenden Keilers". Außerdem wurde eine Duldung der Wurftaubenanlage bis zum\nErgehen der 2. Teilgenehmigung ausgesprochen und ein Teil der von der Stadt\n... rechtswidrig festgelegten Schießzeiten wurde legalisiert. In der Folge\nwurde der Antrag auf Erteilung einer 1. Teilgenehmigung jedoch wieder\nzuruckgenommen, so dass die genehmigten und geduldeten Schießzeiten\ngegenstandslos wurden. \n--- \n--- \n| 10 \n--- \n| Mit Antrag vom 06.02.2003, erganzt am 09.03.2004, beantragten die\nBeigeladenen die Erteilung einer Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG.\nBeabsichtigt sind nunmehr die Sanierung der bisher mit Schadstoffen belasteten\nBereiche, die Änderung der Trap- und Kipphasenanlage mit kunftiger\nSchussrichtung nach Suden bzw. Sudwesten, der zusatzliche Bau einer Tontauben-\n(Skeet-) und Rollhasenanlage (die nur alternativ genutzt werden konnen und\nauch nicht gleichzeitig mit der bereits vorhandenen Trap-Anlage), die\nDurchfuhrung von Larmminderungsmaßnahmen durch eine Überdachung der\nSchutzenstande sowie durch Schall absorbierende Verkleidung der Wande und der\nEinbau einer laufenden Scheibe im Bereich der Kugelschießanlagen. Die Zahl der\nSchusse wurde auf 200.000 pro Jahr beziffert. Als Schießzeiten wurden\nangegeben: \n--- \n--- \n| 11 \n--- \n| \n--- \n| \\- fur die Schrotschussanlagen: \n--- \n| \\- gemaß dem Grundstucksvertrag vom 22.05.2002 12 Std./Woche, \n--- \n| \\- in der Zeit Mo -Samstag 9 - 12 Uhr und 14 - 19 Uhr. \n--- \n| \\- fur die Kugelanlagen: \n--- \n| \\- Haufigkeit gemaß Schallimmissionsprognose Kap. 5.2, \n--- \n| \\- in der Zeit werktags 8 - 20 Uhr, sonn- und feiertags 9 - 13 Uhr und 15 -\n19 Uhr. \n--- \n--- \n| 12 \n--- \n| Zur Prognose der zu erwartenden Larmwerte holten die Beigeladenen\nverschiedene Schallimmissionsprognosen der Fa. ... ein. Diese kam in ihrem\nGutachten vom 10.10.2002 zum Ergebnis, dass vor den Wohngebauden der ...\nSiedlung der fur ein WA-Gebiet zulassige Tagesrichtwert von 55 dB(A)\neingehalten wird und dass keine Zusatzbelastungen durch sonstige unter die TA-\nLarm fallende Gerausche vorlagen. \n--- \n--- \n| 13 \n--- \n| Ein weiteres Gutachten vom 02.12.2002 erbrachte, dass bei einem Vergleich\nder beim Ist-Stand auftretenden Maximalpegel mit der Situation nach dem Umbau\nder Anlage eine wesentliche Verbesserung der Larmsituation zu erwarten ist. \n--- \n--- \n| 14 \n--- \n| Der Erganzung II vom 10.12.2003 ist zu entnehmen, dass auch der fur ein WR-\nGebiet zulassige Tagesrichtwert von 50 dB(A) an der ... Siedlung sicher\neingehalten werden kann, und dies bei der nach der VDI-Richtlinie 3745 maximal\nmoglichen Schusszahl, die jedoch in der Praxis bei Weitem nicht erreicht wird. \n--- \n--- \n| 15 \n--- \n| In der Erganzung III vom 14.05.2004 wurden zwei weitere Immissionsorte - die\nTeilorte ... und ... - in die Untersuchung einbezogen. \n--- \n--- \n| 16 \n--- \n| In der Erganzung IV vom 11.06.2004 wurden die bei Wettkampfveranstaltungen\nzu erwartenden Larmwerte errechnet. Dabei ist beim Schießbetrieb zwischen den\nVarianten (Hauptnutzungen) Hauptubungstag (HT), Jagertag (JT) und der Variante\nKugeltag (KT), bei der ausschließlich auf den Kugelstanden geschossen wird, zu\nunterscheiden. Fur diese drei Varianten wurden vom Gutachter fur die\njeweiligen Schießdisziplinen (Trap, Skeet, Kipphase, Kugelstande usw.) aus den\nerrechneten Schusszahlen/Tag die kunftigen Nutzungszeiten ermittelt. Bei\nEinhaltung dieser Schusszahlen innerhalb der einzelnen Varianten wird nach den\nBerechnungen des Gutachters auch der fur ein Dorfgebiet zulassige Richtwert\nvon 60 dB(A) in ... und ... eingehalten. \n--- \n--- \n| 17 \n--- \n| Der Gemeinderat der Stadt ... erteilte am 24.03.2004 das nach § 36 BauGB\nerforderliche Einvernehmen unter gewissen Bedingungen (insbes. Beachtung der\nForderungen der Trager offentlicher Belange, Auflagenvorbehalt zur\nnachtraglichen Einschrankung der Schießzeiten, der Schusszahlen und fur\nnachtragliche immissionsmindernde Veranderungen). \n--- \n--- \n| 18 \n--- \n| Mit Bescheid vom 01.07.2004 erteilte das Landratsamt ... die\nimmissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung fur die umweltgerechte\nUmgestaltung der Schießstandanlage „..." einschließlich der baurechtlichen\nGenehmigung. Diese umfasste insbesondere folgende Maßnahmen: \n--- \n--- \n| 19 \n--- \n| \n--- \n| \\- die Sanierung der bisher mit Schadstoffen (Wurfscheibenreste,\nBleischrote, Munitionshulsen usw.) belasteten Bereiche, \n--- \n| \\- die Verlegung und Änderung der bisherigen Wurfscheiben- (Trap-) und\nKipphasenanlage mit kunftiger Schussrichtung in sudlicher bzw. sudwestlicher\nRichtung, \n--- \n| \\- den zusatzlichen Bau einer Skeet- und Rollhasenanlage, \n--- \n| \\- die Durchfuhrung von Larmminderungsmaßnahmen (Überdachung bis 10 m vor\nden Schutzenstanden, Schall absorbierende Verkleidung der Wande), \n--- \n| \\- den Einbau einer Kombi-Anlage (50m/100m/laufende Scheibe) im Bereich der\n50m-Kleinkaliber-Schießbahnen, \n--- \n| \\- den zusatzlichen Einbau einer „laufenden Scheibe" im Bereich der\n50m-Bahnen, \n--- \n| \\- den Bau eines neuen Schießbahnenabschlusses mit Geschossfang und \n--- \n| \\- die Modellierung eines Hanges mit Schrotfangsystem. \n--- \n--- \n| 20 \n--- \n| Der Genehmigung beigefugt waren u. a. Nebenbestimmungen zum Brandschutz (Nr.\n2), Wasserrecht (Nr. 3) - insbesondere Grundwasserschutz -, zum Bodenschutz\n(Nr. 4) - insbesondere zur Einhaltung des Sanierungskonzepts, das einen\nSanierungsplan darstelle, sowie zum teilweisen Einbau des verunreinigten\nMaterials in den Schrotfangwall - sowie zum Abfallrecht (Nr. 5) - insbesondere\nzur Entsorgung des abgetragenen kontaminierten Erdreichs, zur regelmaßigen\nEntsorgung der Bleischrote, Wurfscheibenreste, Schrotbecher, Streukreuze\n(Filzpfropfen) und Patronenhulsen. \n--- \n--- \n| 21 \n--- \n| Die Nebenbestimmung Nr. 6 - Immissionsschutz - enthalt Regelungen zu den\nSchießzeiten (6.1) auf der Wurfscheibenschießanlage sowie auf den 25m-, 50m-\nund 100m-Bahnen. Als Rahmen-Zeitraum wurde fur die Wurfscheibenschießanlage\nMontag - Samstag 9 -12 Uhr und 14 -19 Uhr festgelegt, fur die Kugelbahnen\nwerktags 8 - 20 Uhr, sonn- und feiertags 9 -13 Uhr und 15 -19 Uhr, jeweils mit\nzusatzlichen zeitlichen Beschrankungen fur Hauptubungstage, Jagertage und\nausschließlichen Kugelstandbetrieb. Nr. 6.2 enthalt die Immissionsrichtwerte,\ndie nicht uberschritten werden durfen: \n--- \n--- \n| 22 \n--- \n| \n--- \n| \\- an der Wohnbebauung ... Siedlung tags 50 dB(A), Einzelschusspegel 80\ndB(A), \n--- \n| \\- an der nachstgelegenen Stelle des geologischen Lehrpfades durch\nEinzelschusspegel zulassiger Spitzenpegel 95 dB(A), \n--- \n| \\- an der Wohnbebauung ... tags 60 dB(A) - MI-Gebiet -, Einzelschusspegel 90\ndB(A). \n--- \n--- \n| 23 \n--- \n| Nach Nr. 6.3 (Seltene Ereignisse) durfen z. B. bei Wettkampfen die\nRichtwerte an der Wohnbebauung uberschritten werden, d. h. tags sind 70 dB(A)\nzulassig, fur den Einzelschusspegel max. 90 dB(A). Zulassig ist dies an max.\n10 Tagen im Jahr, jedoch an nicht mehr als zwei aufeinanderfolgenden\nWochenenden. \n--- \n--- \n| 24 \n--- \n| In Nr. 6.4 (Schusszahlen) ist vorgegeben, dass die vom Gutachter errechneten\nSchusszahlen nicht uberschritten werden durfen und ein Schussbuch gefuhrt\nwerden muss. \n--- \n--- \n| 25 \n--- \n| Schließlich enthalt Nr. 6.5 (Nachmessung) die Auflage, dass die Einhaltung\nder Richtwerte spatestens drei Monate nach Abschluss der Maßnahme durch eine\nMessung nachzuweisen ist. \n--- \n--- \n| 26 \n--- \n| Nr. 7 (Naturschutz) regelt außerdem Kompensationsmaßnahmen und Nr. 8 enthalt\nAuflagen zur Sicherheitstechnik. \n--- \n--- \n| 27 \n--- \n| Zur Begrundung des Genehmigungsbescheides wurde ausgefuhrt, die auf der\nGrundlage des § 48 BImSchG als Verwaltungsvorschrift erlassene TA Larm\nkonkretisiere den Schutzgrundsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch generelle\nStandards, die in hohem Maße wissenschaftlichen Sachverstand verkorperten. Der\nGutachter habe nachgewiesen, dass bei Einhaltung der beantragten Schießzeiten\nund der festgelegten Schusszahlen bei unterschiedlichen Varianten (HT, JT, KT)\ndie zulassigen Immissionsrichtwerte an den jeweiligen Immissionsorten\neingehalten wurden. Das im Außenbereich gelegene Waldgebiet im ...tal als nach\ndem Regionalplan schutzbedurftiges Gebiet sei nach der TA Larm nicht als\nImmissionsort vorgesehen. Bei einer Einzelfallprufung sei am geologischen\nLehrpfad ein Spitzenpegel von 95 dB(A) vertretbar. Erganzend wurde auf die\nMoglichkeit nachtraglicher Anordnungen gemaß § 17 BImSchG fur den Fall\nhingewiesen, dass die Larmrichtwerte uberschritten werden. In baurechtlicher\nHinsicht wurde ausgefuhrt, die baurechtliche Genehmigung werde gemaß § 13\nBImSChG von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung mit umfasst. Das\nVorhaben sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert, weil es sinnvoll nur\nim Außenbereich realisiert werden konne. Durch die von der Anlage ausgehenden\nBeeintrachtigungen, insbesondere den Schießlarm, werde das Rucksichtnahmegebot\nnicht verletzt. \n--- \n--- \n| 28 \n--- \n| Hiergegen erhoben die Klager am 04.08.2004 Widerspruch mit der Begrundung,\ndie Genehmigung des Vorhabens verletze sie in ihrem Eigentumsrecht, weil der\nSchießbetrieb zu unzumutbaren Larmbelastigungen fur ihr Grundstuck fuhre.\nZudem mache die Verwendung alten, belasteten Bodenmaterials in sog. „big bags"\ndie Durchfuhrung eines Planfeststellungsverfahrens erforderlich oder die\nErteilung einer Plangenehmigung, weil die Schießanlage „Deponieeigenschaft"\nbesitze. \n--- \n--- \n| 29 \n--- \n| Mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2007, berichtigt am 08.02.2007, wies das\nRegierungsprasidium ... den Widerspruch zuruck. In der Begrundung heißt es,\nder Schießlarm fuhre zu keinen unzumutbaren Belastigungen auf dem Grundstuck\nder Klager. Die moglichen Auswirkungen des Schießbetriebs auf andere\nGrundstucke wie auch etwa die aufgeworfenen abfall- und naturschutzrechtlichen\nFragen seien fur das Widerspruchsverfahren rechtlich nicht von Bedeutung. Die\nLarmwerte seien den Vorschriften gemaß ermittelt worden, der fur ein WR-Gebiet\nvorgeschriebene Richtwert von tags 50 dB(A) werde auf dem Grundstuck der\nKlager nicht uberschritten. Die Einhaltung dieser Obergrenze sei auch durch\ndie Anordnung einer Nachmessung gewahrleistet. Dabei mussten die Betreiber den\nNachweis erbringen, dass die Larmrichtwerte eingehalten werden. Es werde also\nnicht den Nachbarn die Last aufgeburdet, eine Überschreitung nachzuweisen. Im\nÜbrigen komme die Schallprognose der Firma ... zu zutreffenden Ergebnissen. \n--- \n--- \n| 30 \n--- \n| Am 20.02.2007 haben die Klager Klage erhoben. Sie machen geltend, der\nGenehmigungsbescheid vom 01.07.2004 leide an besonders schwer wiegenden\nFehlern, die zur Nichtigkeit nach § 44 LVwVfG fuhrten. So sei bereits die\nBezeichnung „Änderungsgenehmigung" rechtlich zu beanstanden, da fur die Anlage\nkeine Anzeige innerhalb der Frist des § 67 BImSchG erfolgt sei, so dass es an\neiner Erstgenehmigung fehle. Die Kombination von\nimmissionsschutz-/baurechtlicher Genehmigung samt Nebenbestimmungen mit\nsonstigen Anordnungen, insbesondere zur bodenschutzrechtlichen Sanierung und\nabfallrechtlichen Entsorgung, verstoße gegen das Koppelungsverbot. Der\nSanierungsplan habe nicht als Nebenbestimmung formuliert werden durfen, da ein\nsolcher Plan ausgefuhrt werden musse; dies hange hier jedoch davon ab, ob von\nder Genehmigung Gebrauch gemacht werde. Insoweit fehle es dem Bescheid an der\nausreichenden Bestimmtheit. Die Schießzeiten hatten nicht als\nNebenbestimmungen und Hinweise angefugt werden durfen, da sie Modalitaten des\ngenehmigten Schießens seien und damit Inhalt und Umfang der Genehmigung\nkennzeichneten. Die TA Larm sei nicht anwendbar, da im Außenbereich kein der\nZiff. 2.3 entsprechender maßgeblicher Immissionsort zugeordnet werden konne.\nWenn aber kein Immissionsort nach Ziff. 6 ff festgestellt werden konne (auch\nnicht 6.6), so habe das Landratsamt keine Richtwerte fur den Beurteilungspegel\nbestimmen durfen. Falls die TA Larm uberhaupt anwendbar sei, komme als\nImmissionsort allein der geologische Pfad in Betracht. Die Gutachten seien\nnicht verwertbar, weil der gewahlte Ansatz nicht der neuen TA-Larm 11/1998\nentspreche. Sie habe am 01.11.1998 die noch auf der Basis der Gewerbeordnung\nerlassene TA-Larm abgelost. Neu sei das Verstandnis der Immissionsrichtwerte\nals Gesamtbelastung aller Anlagen, fur die die TA Anwendung finde. Diesen\nAnsatz hatten die Gutachten nicht beachtet. Im Bescheid sei daher entgegen der\nZiff. 3.2.1 der TA Larm der Immissionsrichtwert fur die ... Siedlung nicht als\nrechnerische Große fur die Gesamtbelastung angesetzt. Falls die TA Larm\nanwendbar sei, wurde sie das Schutzgebot des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht\nkonkretisieren, sondern dessen Intention grob verfehlen, da\nGesundheitsbeeintrachtigungen und erhebliche Wertminderung ihres Grundstucks\ndie Folge waren. Die Zulassung von 80 Std. Schießbetrieb je Woche, d. h. das\n10fache gegenuber 1977 bzw. nahezu das Doppelte gegenuber 1981 (42 Std.), mit\nbis zu 16000 Schussen taglich bei Einzelschusspegeln bis zu 95 dB(A) am\ngeologischen Pfad, an 10 Tagen im Jahr sogar ohne diese Begrenzung, stelle\nnicht nur eine erhebliche Belastigung, sondern eine Gesundheitsgefahrdung der\nAllgemeinheit i. S. d. § 5 BImSchG dar. Da zudem die genehmigten Schießzeiten\nuber den aktuellen Bedarf hinausgingen, wie in der Sitzung des Bau- und\nUmweltausschusses vom 17.03.2004 behauptet, sei im Genehmigungsbescheid eine\n„unzulassige Vorrats- und Auswahlbewilligung" gewahrt worden. Auch sei\nentgegen § 6 BImSchG nicht gesichert, dass die auferlegten Pflichten\neingehalten wurden. Unabhangig davon, dass der Einbau kontaminierten Materials\nin einen Wall bodenschutzrechtlich nicht zulassig sei, seien keine Maßnahmen\nund Überwachungsmoglichkeiten fur den Fall gebrochener Folien ersichtlich (§ 5\nBBoSchVO). Es sei auch gegen das Baurecht verstoßen worden. Der Gemeinderat\nhabe bei der Erteilung des Einvernehmens nach § 36 BauGB kein Planungsermessen\nausgeubt, da er falsch unterrichtet gewesen sei. Die Schießanlage sei in dem\nlaut Regionalplan ausgewiesenen Erholungsgebiet auch kein im Außenbereich\nprivilegiertes Vorhaben, da offentliche Belange in Form des Regionalplans\nentgegenstunden. Die Genehmigung verstoße auch gegen das Bodenschutzrecht.\nWegen der Beteiligtenrolle der Stadt ... nach § 20 LBoSchG sei nicht das\nLandratsamt, sondern das Regierungsprasidium ... zustandig gewesen (§ 20 Abs.\n3). Außerdem konne die angeordnete Sanierungsuntersuchung nicht Teil des\ngenehmigten Sanierungsplans sein, da ein Plan _vorherige_ Untersuchungen\ngerade voraussetze. Es lage auch ein Verstoß gegen das Kreislaufwirtschafts-\nund Abfallgesetz vor, denn der Einbau von kontaminiertem Boden in den Wall\nbedeute eine Endlagerung, mithin eine Deponierung, was ein\nPlanfeststellungsverfahren durch das Regierungsprasidium ... erforderlich\ngemacht hatte. Ab der Herausnahme des kontaminierten Erdreichs aus dem Boden\nkomme Abfallrecht zur Anwendung. Abfall musse nach dem Kreislaufwirtschafts-\nund Abfallgesetz in erster Linie verwertet, in zweiter Linie beseitigt werden.\nDer Einbau stelle, entgegen dem Landratsamt, keine Verwertung dar. Diese\nbesonders schwerwiegenden Fehler, die alle offensichtlich seien, fuhrten zur\nNichtigkeit der Genehmigung.Diese sei aber auch nach § 44 Abs. 5 LVwVfG\nnichtig, da die Betreiber zur Anlegung einer illegalen Deponie aufgefordert\nwurden ohne Durchfuhrung eines vorherigen rechtmaßigen\nPlanfeststellungsverfahrens, so dass die §§ 326, 327 StGB tangiert seien. \n--- \n--- \n| 31 \n--- \n| Hilfsweise seien die genannten Bescheide aufzuheben. Die objektive\nRechtswidrigkeit des Verwaltungsakts genuge, um festzustellen, dass die Klager\nin ihren Rechten verletzt seien. Selbst die Verletzung nur dem offentlichen\nInteresse dienender Vorschriften konne rechtliche Interessen der Klager\nverletzen, wenn diese offentlich-rechtlichen Vorschriften zumindest im\nErgebnis subjektive Rechte der Klager betrafen, also alle Normen, die einen\nSchutz vor Larm, Dauerbeschallung und Beeintrachtigung des Eigentums\ngewahrleisteten, d. h. in erster Linie Normen des\nBundesimmissionsschutzgesetzes und des Grundgesetzes. Dies bedeute, dass\nobjektive Rechtswidrigkeit - wie hier - und belastender Charakter als\nVoraussetzungen genugten. \n--- \n--- \n| 32 \n--- \n| Die Klager beantragen, \n--- \n--- \n| 33 \n--- \n| festzustellen, dass der Genehmigungsbescheid des Landratsamts ... vom\n01.07.2004 und der Widerspruchsbescheid des Regierungsprasidiums ... vom\n06.02.2007/08.02.2007 nichtig sind, \n--- \n--- \n| 34 \n--- \n| hilfsweise, die angefochtenen Bescheide aufzuheben. \n--- \n--- \n| 35 \n--- \n| Der Beklagte beantragt, \n--- \n--- \n| 36 \n--- \n| die Klage abzuweisen. \n--- \n--- \n| 37 \n--- \n| Er halt die angefochtenen Entscheidungen fur rechtmaßig und verweist zur\nBegrundung im Wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide. \n--- \n--- \n| 38 \n--- \n| Die Beigeladenen beantragen ebenfalls, \n--- \n--- \n| 39 \n--- \n| die Klage abzuweisen. \n--- \n--- \n| 40 \n--- \n| Auch sie halten die Klage fur unbegrundet, weil der zulassige Larm-Richtwert\nam Grundstuck der Klager eingehalten werde, so dass auch das\nRucksichtnahmegebot nicht verletzt werde. \n--- \n--- \n| 41 \n--- \n| Im Eilverfahren 6 K 4757/04 hat die Kammer mit Beschluss vom 30.06.2005 den\nAntrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des von den Klagern\nerhobenen Widerspruchs mit der Maßgabe abgelehnt, dass bis zum unanfechtbaren\nAbschluss des Hauptsacheverfahrens bestimmte Schießzeiten einzuhalten sind. \n--- \n--- \n| 42 \n--- \n| Am 08.11.2005 zeigten die Beigeladenen eine Plananderung nach § 15 Abs. 1\nBImSchG an unter Beifugung einer Schallimmissionsprognose (Erganzung VI) vom\n13.10.2005 samt Lageplanskizze und nochmaliger Erganzung vom 19.12.2005.\nGegenstand der Änderung ist die Drehung des Schrotfangwalls nach Sudwesten.\nZudem soll kein kontaminiertes Erdreich mehr verwendet werden. Zur\nLarmminderung soll eine veranderte Platzierung der Schrotschussanlagen\nerfolgen, zudem sind eine 5 m hohe Schirmwand am Trap- und Kipphasenstand mit\neiner Lange von 16 m bzw. 7 m vorgesehen, eine Überdachung des\nKipphasenstandes auf einer Lange von 7 m sowie im Bereich des Zimmerstutzen-\nStandes eine 3,5 m hohe Wand auf dem geplanten Wall. \n--- \n--- \n| 43 \n--- \n| Mit Bescheid vom 18.01.2006 teilte das Landratsamt ... den Beigeladenen mit,\ndass die veranderte Ausfuhrung der am 01.07.2004 genehmigten Umgestaltung der\nSchießanlagen ...tal keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedurfe.\nZur Begrundung wurde ausgefuhrt, die angezeigte veranderte Ausfuhrung der\nUmgestaltung der Schießanlage stelle keine wesentliche Änderung i. S. v. § 16\nAbs. 1 BImSchG dar. Durch die vorgesehenen Änderungen, insbesondere durch die\nVerlegung der Kipphasenanlage von Westen nach Osten und durch die geringfugige\nÄnderung der Standorte der Schutzenstande und der Skeet-, Trap- und\nRollhasenanlage - dies bedingt durch die leichte Drehung des Schrotfangwalls -\nandere sich die genehmigte Schießanlage nicht wesentlich. Hierbei sei auch zu\nberucksichtigen, dass die jetzigen Änderungen die Kugelschießstande nicht\ntangierten. In der Schallimmissionsprognose - Erganzung VI - vom 13.10.2005\nwerde ausgefuhrt, dass sich durch die Änderungen gegenuber der bisherigen\nPlanung geringere Pegel ergeben wurden. Fur keine der Schießvarianten komme es\nzu einem Anstieg des Beurteilungspegels. Eine Überprufung durch den\nFachbereich Gewerbeaufsicht habe ergeben, dass die Schallimmissionsprognose\nschlussig und nachvollziehbar sei. \n--- \n--- \n| 44 \n--- \n| Auch hiergegen erhoben die Klager am 20.02.2006 Widerspruch. Eine Begrundung\nerfolgte nicht. \n--- \n--- \n| 45 \n--- \n| Mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2007 wies das Regierungsprasidium ... den\nWiderspruch der Klager zuruck. In der Begrundung heißt es, die nunmehr\nbeabsichtigten Änderungen seien gegenuber der bisherigen Planung unwesentlich,\nso dass es keiner erneuten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedurfe. \n--- \n--- \n| 46 \n--- \n| Die von den Klagern auch hiergegen am 29.05.2007 erhobene Klage ist unter\ndem Aktenzeichen 6 K 3502/07 beim Gericht anhangig. Über diese Klage wurde\nebenfalls mit Datum vom 23.03.2010 entschieden. \n--- \n--- \n| 47 \n--- \n| Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Gericht vorliegenden\nBehordenakten sowie auf die Gerichtsakten verwiesen. \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| | \n--- \n**I.** \n--- \n| 48 \n--- \n| Die Klage ist mit dem Hauptantrag zulassig. Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann die\nFeststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der\nKlager ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Der\nBegriff des „berechtigten Interesses" erfasst nicht nur rechtliche, sondern\nauch schutzwurdige Interessen tatsachlicher, insbesondere wirtschaftlicher\noder auch ideeller Art (vgl. BVerwG, Urt. 26.01.1996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE\n100, 262). Daruber hinaus ist jedoch ein Bezug des Verwaltungsakts zur\nRechtssphare des Klagers erforderlich. Diese subjektivrechtliche Anbindung\nwird durch die analoge Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO erreicht, d. h. der\nKlager muss geltend machen konnen, in seinen Rechten verletzt zu sein (vgl.\nVGH Bad.-Wurtt., Urt. v. 31.03.2006 - 1 S 2115/05 -, juris = VBlBW 2006, 386,\nunter Hinweis auf die Rspr. des BVerwG). Im vorliegenden Fall konnen die\nKlager eine Betroffenheit in eigenen Rechten geltend machen. Sie sind zwar an\ndem der Genehmigung zu Grunde liegenden Rechtsverhaltnis nicht selbst\nbeteiligt, weil sie nicht Betreiber der genehmigten Anlage sind; sie sind\njedoch _insoweit_ durch die vorliegende immissionsschutzrechtliche Genehmigung\nrechtlich betroffen, als nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BImSchG schadliche\nUmwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche\nBelastigungen fur die Allgemeinheit _und die Nachbarschaft_ zu vermeiden sind.\nDieser Vorschrift kommt drittschutzende Wirkung zu. Die Klager gehoren auch\nzum Kreis der Geschutzten, da ihr Grundstuck vom Schießlarm betroffen sein\nkann. \n--- \n--- \n| 49 \n--- \n| Soweit die Genehmigung die erforderliche Baugenehmigung einschließt (§ 13\nBImSchG), kommt eine Rechtsverletzung der Klager uber das nach § 35 BauGB zu\nbeachtende Rucksichtnahmegebot in Betracht. \n--- \n--- \n| 50 \n--- \n| Das Rechtsschutzinteresse ist auch nicht dadurch entfallen, dass die Planung\nfur die Schießanlage in mehreren Punkten geandert und auf eine entsprechende\nAnzeige nach § 15 Abs. 1 BImSchG hin ein sog. Freistellungsbescheid nach Abs.\n2 dieser Vorschrift erlassen wurde. Eine Änderungsanzeige gem. § 15 BImSchG\nlasst den ursprunglich erteilten immissionsschutzrechtlichen\nGenehmigungsbescheid einschließlich seiner Nebenbestimmungen unberuhrt und\nverandert seinen Regelungs- und Gestattungsumfang nicht (vgl. Bay. VGH,\nBeschl. v. 17.11.2005 - 22 AS 05.2945 -, juris). Damit bildet der Bescheid vom\n01.07.2004 nach wie vor die rechtliche Grundlage fur das Vorhaben auch in der\ngeanderten Ausfuhrung. \n--- \n--- \n| 51 \n--- \n| Die Klage ist jedoch nicht begrundet. Die Klager haben keinen Anspruch auf\nFeststellung, dass die angefochtenen Bescheide nichtig sind, denn die\nVoraussetzungen des § 44 Abs. 1 LVwVfG sind nicht erfullt. Nach Abs. 1 dieser\nVorschrift ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders\nschwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verstandiger Wurdigung aller in\nBetracht kommenden Umstande offenkundig ist. \n--- \n--- \n| 52 \n--- \n| Allerdings pruft das Gericht - anders als im Falle einer Verpflichtungsklage\ndes Bauherrn - nicht alle rechtlichen Aspekte, die die Genehmigung betreffen,\nsondern nur, soweit die Klager ein berechtigtes Interesse an der Feststellung\nhaben. Ebenso wie bei der Überprufung der Rechtswidrigkeit eines\nVerwaltungsakts findet eine Überprufung durch das Gericht nur in Bezug auf\nsolche Normen statt, die Auswirkungen auf subjektive Rechte bzw. Interessen\nder Klager haben (Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage, § 113 Rdnr. 25). Fur einen\nschwerwiegenden Verstoß, der die Nichtigkeit der Genehmigung zur Folge haben\nkonnte, kommen demnach vorliegend die drittschutzenden Vorschriften des\nBundesimmissionsschutzgesetzes und des Baugesetzbuchs in Betracht. \n--- \n--- \n| 53 \n--- \n| Die Genehmigung der Schießanlage lasst jedoch weder in\nimmissionsschutzrechtlicher noch in baurechtlicher Hinsicht einen besonders\nschwerwiegenden Fehler erkennen, der offensichtlich ware (§ 44 Abs. 1 LVwVfG).\nDie Tatbestande des § 44 Abs. 2 LVwVfG sind ebenfalls nicht erfullt. Die\ninsoweit erhobenen Rugen der Klager greifen nicht: \n--- \n--- \n| 54 \n--- \n| Die Frage, ob die Bezeichnung „Änderungsgenehmigung" zutrifft oder nicht,\nlasst sich nicht ohne Weiteres beantworten. Hierzu bedurfte es insbesondere\neiner Prufung, ob die bereits vorhandene Anlage nach dem Inkrafttreten des\nBundesimmissionsschutzgesetzes nach § 67 BImSchG angezeigt wurde. Selbst fur\nden Fall, dass noch keine Erstgenehmigung vorlag und der Bescheid daher nicht\nals „Änderung" ergehen konnte, wurde dies fur die Klager keinen rechtlichen\nNachteil bedeuten, weil auch fur eine „neue Genehmigung" das vereinfachte\nVerfahren nach § 19 BImSchG einschlagig gewesen ware und weil die Frage der\nLarmbelastung auch im Rahmen der „Änderungsgenehmigung" umfassend in Bezug auf\ndie neue Anlage in ihrer Gesamtheit und nicht etwa nur hinsichtlich der\nÄnderungen gepruft wurde. \n--- \n--- \n| 55 \n--- \n| Die Aufnahme der Schießzeiten in den Katalog der Nebenbestimmungen und\nHinweise durfte selbst dann kein schwer wiegender Fehler sein, wenn diese\nRegelung als den Umfang der Genehmigung konkretisierend einzustufen ware und\ndaher moglicherweise von einer „modifizierenden Auflage" ausgegangen werden\nmusste. Welchen Inhalt eine Nebenbestimmung hat, bedarf der Auslegung durch\ndas Gericht, so dass eine unzutreffende Bezeichnung rechtlich unschadlich\nware. Zudem konnte auch insoweit eine „Offensichtlichkeit" eines moglichen\nRechtsfehlers nicht bejaht werden. \n--- \n--- \n| 56 \n--- \n| Es steht auch nicht offensichtlich fest, dass die TA-Larm nicht oder nur mit\neinem ganz bestimmten Inhalt anwendbar ware. Und schließlich wurde auch ein\nGutachten, das unzutreffende Annahmen und Schlussfolgerungen enthalt, nicht\nzur Nichtigkeit einer darauf basierenden Genehmigung fuhren, sondern\nallenfalls zu deren Rechtswidrigkeit, von der fehlenden Offensichtlichkeit\nganz abgesehen. Ob die genehmigten Schießzeiten uber den aktuellen Bedarf der\nVereine hinausgehen, wie von den Klagern behauptet, kann offen bleiben, da\nauch insoweit kein offensichtlich schwer wiegender Fehler vorliegen wurde. \n--- \n--- \n| 57 \n--- \n| Soweit die Klager daruber hinaus Verstoße gegen andere Rechtsvorschriften\nrugen, ist keine Betroffenheit in eigenen Rechten und damit auch kein\nberechtigtes Interesse i. S. v. § 43 Abs. 1 VwGO zu erkennen. Die von den\nKlagern beanstandete Aufnahme von Nebenbestimmungen und sonstigen Anordnungen\ninsbesondere zur bodenschutzrechtlichen Sanierung und zur abfallrechtlichen\nEntsorgung in die Genehmigung tangiert kein privates Interesse. Dies gilt\nauch, soweit der Einbau kontaminierten Materials in den Schrotfangwall\nbodenschutzrechtlich zugelassen wurde. Auch die Frage, ob das Landratsamt ...\nim Hinblick auf die bodenschutzrechtlichen Vorschriften die zustandige Behorde\nwar und ob die (Verfahrens-) Vorgaben des Kreislaufwirtschafts- und\nAbfallgesetzes eingehalten wurden, betrifft keine Rechtsposition der Klager,\nsondern ausschließlich die Interessen der Allgemeinheit. Ebenso ist der\nEinwand der Klager, der Gemeinderat der Stadt ... sei, als er das Einvernehmen\nnach § 36 BauGB erteilt habe, falsch unterrichtet gewesen, unbeachtlich, weil\ndas Erfordernis des Einvernehmens allein dem Schutz der Planungshoheit der\nGemeinde dient, nicht jedoch dem Interesse Privater. Wenn die Klager\nschließlich vortragen, dem Außenbereichsvorhaben stunden _o ffentliche\nBelange_ im Hinblick auf den Regionalplan entgegen, so scheidet auch insoweit\n- wie die Bezeichnung „offentliche Belange" unmissverstandlich zum Ausdruck\nbringt - eine Verletzung eigener Rechte aus. \n--- \n--- \n| 58 \n--- \n| Damit kann die Nichtigkeitsfeststellungsklage keinen Erfolg haben. \n--- \n--- \n**II.** \n--- \n| 59 \n--- \n| Mit dem Hilfsantrag ist die Klage zulassig. Wie bereits ausgefuhrt, ist das\nRechtsschutzinteresse an der Aufhebung der angefochtenen Bescheide durch die\nnachtragliche Änderung der Planung und das Ergehen des diesbezuglichen\nFreistellungsbescheides nicht entfallen. Der Genehmigungsbescheid vom\n01.07.2004 bildet nach wie vor die rechtliche Grundlage fur das Vorhaben auch\nin der geanderten Ausfuhrung. \n--- \n--- \n| 60 \n--- \n| Die Klage ist jedoch nicht begrundet. Die angefochtenen Bescheide verletzen\ndie Klager nicht in ihren Rechten als Nachbarn i. S. d. Immissionsschutz- bzw.\ndes Baurechts (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). \n--- \n--- \n| 61 \n--- \n| Die gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung gerichtete Klage eines\nNachbarn ist begrundet, wenn durch die Errichtung oder den Betrieb der Anlage\nentgegen § 6 Abs. 1 BImSchG schadliche Umwelteinwirkungen und sonstige\nGefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belastigungen fur die\n_Nachbarschaft_ i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BImSchG hervorgerufen wurden.\nInsoweit kommt der letztgenannten Vorschrift drittschutzende Wirkung zu. Die\nKlager gehoren auch zum Kreis der Geschutzten, da ihr Grundstuck vom\nSchießlarm betroffen sein kann. Nur eine Verletzung dieser Rechtsposition\nkonnen sie geltend machen, daruber hinaus haben sie keine Abwehrrechte.\nInsbesondere sind die moglichen Auswirkungen des Schießbetriebs auf andere\nGrundstucke - etwa im Bereich des geologischen Lehrpfades oder an den\nStandorten ... und ... - fur das vorliegende Verfahren rechtlich nicht von\nBedeutung. \n--- \n--- \n| 62 \n--- \n| Soweit die Genehmigung die erforderliche Baugenehmigung einschließt (§ 13\nBImSchG), ist die Klage des Nachbarn begrundet, wenn dem Vorhaben offentlich-\nrechtliche Vorschriften entgegenstehen (vgl. § 58 Abs. 1 S. 1 LBO), die\nBaugenehmigung damit rechtswidrig ist und dadurch rechtlich geschutzte\nInteressen des Nachbarn verletzt. Dies setzt voraus, dass die Baugenehmigung\ngegen eine Vorschrift verstoßt, die auch dem Schutz der Interessen des\nklagenden Nachbarn zu dienen bestimmt ist. In bauplanungsrechtlicher Hinsicht\nist die Schießanlage nach § 35 BauGB zu beurteilen, denn sie soll im\nAußenbereich errichtet werden. Im Rahmen dieser Vorschrift kommt eine\nnachbarschutzende Wirkung nur in Betracht, wenn mit der Zulassung des\nVorhabens das Rucksichtnahmegebot zu Lasten des Baunachbarn verletzt wurde. In\nFallen, in denen - wie hier - eine Verletzung des Rucksichtnahmegebots durch\nunzumutbare Beeintrachtigungen in Form von Immissionen geltend gemacht wird,\nkann bezuglich der Zumutbarkeit auf die Grundsatze und Begriffe des\nBundesimmissionsschutzgesetzes zuruckgegriffen werden mit der Folge, dass\nImmissionen, die das nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BImSchG zulassige Maß nicht\nuberschreiten, auch unter dem Gesichtspunkt des baurechtlichen\nRucksichtnahmegebots keine Abwehr- oder Schutzanspruche begrunden. Insoweit\nsind die Maßstabe der „erheblichen Belastigungen" nach Immissionsschutzrecht\nund der „Verletzung des Rucksichtnahmegebots" nach Baurecht deckungsgleich. \n--- \n--- \n| 63 \n--- \n| Im Fall der Klager kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass\ninsbesondere der Betrieb der Schießanlage zu erheblichen und damit\nunzumutbaren Larmbelastigungen fur ihr Grundstuck fuhren wird. \n--- \n--- \n| 64 \n--- \n| Zu Recht durfte das Landratsamt ... in dem angefochtenen Bescheid davon\nausgegangen sein, dass es sich bei der Änderung und Erweiterung der\nbestehenden Schießanlage um eine wesentliche Änderung handelt, die der\nimmissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedarf, welche im vereinfachten\nVerfahren nach § 19 BImSchG zu erteilen ist (vgl. Nr. 10.18 Spalte 2 des\nAnhangs zur 4. BImSchV, § 16 BImSchG). Offen bleiben kann, ob die Bezeichnung\n„Änderungsgenehmigung" zutreffend ist oder ob moglicherweise noch gar keine\nErstgenehmigung vorlag und der Bescheid daher nicht als „Änderung" hatte\nergehen konnen. Die Klager erleiden insoweit jedenfalls - wie bereits\nausgefuhrt - keinen Rechtsnachteil. \n--- \n--- \n| 65 \n--- \n| Fur die immissionsschutz- und baurechtliche Frage, welchen Schutz das\nGrundstuck der Klager gegenuber den von der Schießanlage herruhrenden\nLarmimmissionen beanspruchen kann, damit keine erheblichen Belastigungen durch\nden Schießlarm eintreten, ist die TA Larm als normkonkretisierende\nVerwaltungsvorschrift heranzuziehen. Sie findet Anwendung, weil auf dem\nSchießplatz nur mit Waffen mit weniger als Kaliber 20 mm geschossen wird und\nweil die Sportanlagenlarmschutzverordnung (18. BImSchV) nicht einschlagig ist\n(Anhang Ziff. 1 Buchst. a und d der TA Larm). Denn diese gilt nach ihrem § 1\nAbs. 1 nur fur Sportanlagen, die einer Genehmigung nach § 4 BImSchG nicht\nbedurfen. Die Schießanlage bedarf indes nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 der 4.\nBImSchV i. V. m. Nr. 10.18, Spalte 2 des Anhangs einer Genehmigung im\nvereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG, da nicht zu erkennen ist, dass ein\nUVP-Verfahren durchzufuhren gewesen ware. Die TA Larm enthalt Regelungen uber\nden maßgeblichen Immissionsort, d. h. den Ort im Einwirkungsbereich der\nAnlage, an dem eine Überschreitung der Immissionswerte am ehesten zu erwarten\nist. Es ist derjenige Ort, fur den die Gerauschbeurteilung nach der TA Larm\nvorgenommen wird (Nr. 2.3). Bei bebauten Flachen wie dem Grundstuck der Klager\ngilt Nr. A.1.3a des Anhangs. Nach Nr. 3.2.1 ist der Schutz vor schadlichen\nUmwelteinwirkungen durch Gerausche im Regelfall sichergestellt, wenn die\nGesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach\nNr. 6 nicht uberschreitet. Gesamtbelastung ist die Belastung eines\nImmissionsortes, die von allen Anlagen hervorgerufen wird, fur die die TA Larm\ngilt (Nr. 2. 4 Abs. 3). Bei Vorliegen besonderer Umstande im Einzelfall, die\nbei der Regelfallprufung keine Berucksichtigung finden, ist eine\nSonderfallprufung vorgeschrieben (Nr. 3.2.2). Der Immissionsrichtwert betragt\nnach Nr. 6.1e in reinen Wohngebieten tags 50 dB(A), bei seltenen Ereignissen\ntags 70 dB(A), wobei einzelne kurzzeitige Gerauschspitzen diesen Wert tags um\nnicht mehr als 20 dB(A) uberschreiten durfen (Nr. 6.3). Der\nImmissionsrichtwert bezieht sich tags auf die Zeit von 6 Uhr bis 22 Uhr\n(Beurteilungszeit nach Nr. 6.4). Fur Tageszeiten mit erhohter Empfindlichkeit\nist bei der Ermittlung des Beurteilungspegels ein Zuschlag von 6 dB zu\nberucksichtigen (Nr. 6.5). \n--- \n--- \n| 66 \n--- \n| Schießgerauschimmissionen werden nach Anlage 1.6 der TA Larm im Wesentlichen\nnach der Richtlinie VDI 3745 Blatt 1, Ausgabe Mai 1993, ermittelt. In dieser\nRichtlinie wird als Messgroße der A-bewertete Schalldruckpegel mit der\nZeitbewertung „F" benutzt (Nr. 1 Abs. 2). Die Beurteilung der Schießgerausche\nerfolgt anhand des Beurteilungspegels. Dieser wird aus den Einzelschusspegeln\nund den Schusszahlen unter Berucksichtigung von Zuschlagen fur Ruhezeiten und\nImpulshaltigkeit ermittelt (Nr. 1 Abs. 6). Der Beurteilungspegel wiederum ist\ndie Große, auf die sich die Immissionsrichtwerte beziehen (vgl. Ziff. 2.10 der\nTA Larm). In Anhang A sind die maximal moglichen stundlichen Schusszahlen fur\ndie einzelnen Schießdisziplinen aufgefuhrt. \n--- \n--- \n| 67 \n--- \n| Die Genehmigungsbehorde hat vor Erteilung der Genehmigung eine Prognose\nanzustellen, ob bei Beachtung dieses Regelwerkes die zulassigen Richtwerte\neingehalten werden, und durch entsprechende Nebenbestimmungen sicherzustellen,\ndass die im Einwirkungsbereich der Anlage liegenden Grundstucke keinen\nunzumutbaren Larmbelastigungen ausgesetzt werden. Dieser Verpflichtung ist das\nLandratsamt ... im vorliegenden Fall ausreichend gerecht geworden. Die\nGenehmigungsbehorde ist zu Recht davon ausgegangen, dass die zulassigen\nRichtwerte am Grundstuck der Klager eingehalten werden konnen. Sie hat sich\ndabei u. a. auf die Schallimmissionsprognose der Fa. ... vom 10.12.2003\n(Erganzung II) gestutzt, wonach die fur ein WR-Gebiet zulassigen Richtwerte an\nder ... Siedlung eingehalten werden, selbst wenn man fur die beantragten\nSchießzeiten die nach VDI 3745 maximal moglichen Schusszahlen zu Grunde legt.\nDiese Prognose gibt keinen Anlass zu substanziellen Bedenken gegen die ihr zu\nGrunde liegenden Annahmen und Folgerungen. Sie erscheint umso tragfahiger, als\ndie maximalen Schusszahlen, von denen in der VDI-Richtlinie 3745 ausgegangen\nwird, in der Praxis nicht erreicht werden, sondern nur etwa zu 50 %, wodurch\nsich der prognostizierte Pegel um ca. 3 dB(A) verringert (vgl. Stellungnahme\ndes Gewerbeaufsichtsamts ... vom 23.08.2004). Eine Zusatzbelastung, die im\nRahmen der Ermittlung der Gesamtbelastung nach Nr. 3.2.1 am maßgeblichen\nImmissionsort zu berucksichtigen ware, fehlt hier, weil es am reinen\nWohngebiet „... Siedlung" keine unter die TA-Larm fallende weitere Anlage gibt\n(vgl. Nr. 2.4 und Nr. 1 Abs. 2 der TA-Larm). \n--- \n--- \n| 68 \n--- \n| Entsprechend diesem Gutachten hat die Genehmigungsbehorde in Nr. 6.2 der\nNebenbestimmungen zum Bescheid vom 01.07.2004 festgelegt, dass der fur ein\nreines Wohngebiet vorgeschriebene Richtwert von tags 50 dB (A) an der „...\nSiedlung", also auch am Grundstuck der Klager, nicht uberschritten werden\ndarf. Fur Einzelschusspegel wurde die Obergrenze auf 80 dB(A) festgesetzt. Bei\nseltenen Ereignissen - an maximal 10 Tagen im Jahr - betragt der\nImmissionsrichtwert tags 70 dB(A), Einzelschusspegel durfen 90 dB(A) nicht\nuberschreiten. Diese Werte stimmen mit den genannten Vorgaben der TA-Larm\nuberein. Die festgelegten Schießzeiten entsprechen dem Antrag der Beigeladenen\nund den Annahmen des Gutachters. Um sicherzustellen, dass die zulassigen\nSchusszahlen nicht uberschritten werden, wurde die Fuhrung eines Schussbuches\naufgegeben. Ob sich die prognostizierten Larmwerte in der Praxis tatsachlich\nbewahrheiten, ist eine Frage des Vollzugs der Genehmigung. Insoweit wurde fur\nden Fall, dass der Schießlarm in der taglichen Praxis lauter als\nprognostiziert ausfallen sollte, Vorsorge getroffen, indem den Beigeladenen in\nNr. 6.5 der Nebenbestimmungen aufgegeben wurde, spatestens drei Monate nach\nAbschluss der Maßnahmen (Fertigstellung der Anlage) die Einhaltung der\nzulassigen Richtwerte durch eine Messung nachzuweisen. Ggf. ware die\nEinhaltung der zulassigen Richtwerte durch eine nachtragliche Auflage nach §\n17 BImSchG sicherzustellen, etwa durch eine Beschrankung der Schusszahlen oder\nder Schießzeiten. In jedem Fall kann eine Überschreitung der Richtwerte\nverhindert werden. \n--- \n--- \n| 69 \n--- \n| Entgegen der Auffassung der Klager liefert die Anwendung der TA-Larm i. V.\nm. der VDI-Richtlinie 3745 auf Schießanlagen keine den _Grunds atzen des\nBundesimmissionsschutzgesetzes widersprechenden Ergebnisse_ . Zwar mag es\natypische Larmquellen geben, deren Besonderheiten das Beurteilungsverfahren\nund die Immissionsrichtwerte der TA-Larm nicht gerecht werden. Die TA-Larm\nsieht in diesem Sinne in Nr. 3.2.2 selbst vor, dass - abweichend von der\nRegelfallprufung nach Nr. 3.2.1 - eine Sonderfallprufung durchzufuhren ist,\nwenn besondere Umstande vorliegen, die nach Art und Gewicht wesentlichen\nEinfluss auf die Beurteilung haben konnen, ob die Anlage zum Entstehen\nschadlicher Umwelteinwirkungen relevant beitragt. Schießanlagen fallen jedoch\nnicht unter diese Regelung. Schießgerausche weisen zwar eine besondere\nImpulshaftigkeit und Lastigkeit auf. Dieser Besonderheit ist jedoch bereits\ndurch die Anwendung der speziellen Maßstabe der VDI-Richtlinie 3745 Rechnung\ngetragen worden (vgl. Nieders. OVG, Beschl. v. 21.12.2007 - 12 ME 299/07 -,\njuris). Im Gegensatz zu den Vorstellungen der Klager kommt es fur die\nBeurteilung der Zumutbarkeit des Schießlarms auch nicht auf die _w\nochentliche_ Dauer des Schießbetriebs an, sondern auf den Beurteilungspegel,\nder aus den Einzelschusspegeln und den zugehorigen Schusszahlen wahrend der\nBeurteilungszeiten - hier _t aglich_ von 6 Uhr bis 22 Uhr - gebildet wird\n(vgl. Nr. 6. 4 i. V. m. Nr. 6.1 und 6. 2 der VDI-Richtlinie 3745). \n--- \n--- \n| 70 \n--- \n| Die von den Klagern eingeholte gutachterliche Stellungnahme des Dr. ... vom\n10.11.2004 zu den Larmgutachten der Fa. ... vermag die Rechtmaßigkeit der\nGenehmigung nicht in Frage zu stellen. Die darin geaußerten Bedenken betreffen\nhauptsachlich die Berechnung der Pegelminderung durch die Blenden an den\nSchießbahnen sowie die Auswirkungen der Topografie auf die Larmausbreitung.\nSelbst fur den Fall, dass insoweit gewisse Korrekturen vorgenommen werden\nmussten, wurde dies nichts an der Tatsache andern, dass - wie bereits\nausgefuhrt - die zulassigen Larmrichtwerte in jedem Fall eingehalten werden\nkonnen. Eine Prognose ist zwangslaufig mit gewissen Unsicherheiten behaftet.\nOb sie tatsachlich in allen Punkten zutrifft, lasst sich erst beim Vollzug der\nGenehmigung beantworten. Insoweit liegt die Beweislast beim Betreiber der\nAnlage, der die Einhaltung der vorgegebenen Immissionsrichtwerte nach der\nFertigstellung der Schießanlage durch entsprechende Kontrollmessungen\nnachzuweisen hat. Selbst wenn diese Messungen ergeben sollten, dass der\nSchießbetrieb die vorgegebenen Richtwerte teilweise uberschreitet, wurde dies\nnicht die Rechtswidrigkeit der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen\nGenehmigung begrunden, sondern nur die Beigeladenen dazu verpflichten, durch\nweitere larmmindernde Maßnahmen oder Einschrankungen des Schießbetriebs die\nLarmbelastigung fur die Nachbarn auf das vorgegebene Maß zu reduzieren, was\nggf. durch zusatzliche Auflagen fur den Betrieb der Schießanlage gewahrleistet\nwerden musste. \n--- \n--- \n| 71 \n--- \n| Fur die Annahme, dass die genehmigten Schießzeiten uber den aktuellen Bedarf\nder Vereine hinausgehen, wie von den Klagern behauptet, gibt es keine\nhinreichenden Anhaltspunkte. Diese Frage bedarf jedoch keiner Klarung durch\ndas Gericht. Fur den Erfolg der Klage kommt es nicht auf den Bedarf der\nbeigeladenen Vereine an Schießzeiten, sondern auf den Umfang des am Grundstuck\nder Klager auftretenden Schießlarms an. Im Übrigen entsprechen die Zeiten, in\ndenen nach der Genehmigung geschossen werden darf, den im Genehmigungsantrag\nder Beigeladenen genannten Schießzeiten. \n--- \n--- \n| 72 \n--- \n| Damit ist auf Grund der der Genehmigung beigefugten Nebenbestimmungen\nausreichend gewahrleistet, dass der nach der TA-Larm zulassige Richtwert am\nGrundstuck der Klager eingehalten wird und dieses somit keinen unzumutbaren\nLarmbelastigungen ausgesetzt sein wird. \n--- \n--- \n| 73 \n--- \n| Soweit die Klager daruber hinaus Verstoße gegen andere Rechtsvorschriften\nrugen, ist keine Verletzung eigener Rechte zu erkennen. Wie bereits bei der\nPrufung des Vorliegens eines berechtigten Interesses i. S. v. § 43 Abs. 1 VwGO\nausgefuhrt, findet eine Überprufung der Rechtswidrigkeit durch das Gericht\ngrundsatzlich nur in Bezug auf solche Normen statt, durch welche subjektive\nRechte des Klagers begrundet werden (Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 113\nRdnr. 25). Soweit die Genehmigung andere Regelungen enthalt, z. B. zum Abfall-\nund Bodenschutzrecht, vermittelt sie keinen Bezug zur Rechtssphare der Klager.\nAls Dritte, die von dem Bescheid betroffen sind, ohne dessen Adressaten zu\nsein, haben sie nur ein Recht zur Anfechtung, wenn und soweit sie sich auf\neine offentlich-rechtliche Norm stutzen konnen, die ihnen eine eigene\nschutzfahige Rechtsposition einraumt. Drittschutz vermitteln jedoch nur solche\nVorschriften, die auch der Rucksichtnahme auf Interessen eines\nindividualisierbaren, d. h. sich von der Allgemeinheit unterscheidenden\nPersonenkreises dienen (VGH Bad.-Wurtt., Urt. v. 31.03.2006 - 1 S 2115/05 -).\nDies trifft weder fur bodenschutzrechtliche noch fur abfallrechtliche\nVorschriften zu und auch nicht fur Ausweisungen des Regionalplans, die\nausschließlich die offentlichen Interessen der Allgemeinheit schutzen. Ebenso\ndient das Erfordernis des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 BauGB nicht\ndem Interesse Privater, sondern allein dem Schutz der Planungshoheit der\nGemeinde. \n--- \n--- \n| 74 \n--- \n| Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es\nentspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der beigeladenen\nBetreiber der Anlage fur erstattungsfahig zu erklaren, da diese jedenfalls\neinen Sachantrag gestellt und damit auch ein eigenes Kostenrisiko ubernommen\nhaben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). \n--- \n| 75 \n--- \n| **Beschluss vom 23. M arz 2010** \n--- \n| 76 \n--- \n| Der Streitwert wird gem. den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG auf **15.000.-\nEUR** festgesetzt. \n--- \n \n## Gründe\n\n| | \n--- \n**I.** \n--- \n| 48 \n--- \n| Die Klage ist mit dem Hauptantrag zulassig. Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann die\nFeststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der\nKlager ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Der\nBegriff des „berechtigten Interesses" erfasst nicht nur rechtliche, sondern\nauch schutzwurdige Interessen tatsachlicher, insbesondere wirtschaftlicher\noder auch ideeller Art (vgl. BVerwG, Urt. 26.01.1996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE\n100, 262). Daruber hinaus ist jedoch ein Bezug des Verwaltungsakts zur\nRechtssphare des Klagers erforderlich. Diese subjektivrechtliche Anbindung\nwird durch die analoge Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO erreicht, d. h. der\nKlager muss geltend machen konnen, in seinen Rechten verletzt zu sein (vgl.\nVGH Bad.-Wurtt., Urt. v. 31.03.2006 - 1 S 2115/05 -, juris = VBlBW 2006, 386,\nunter Hinweis auf die Rspr. des BVerwG). Im vorliegenden Fall konnen die\nKlager eine Betroffenheit in eigenen Rechten geltend machen. Sie sind zwar an\ndem der Genehmigung zu Grunde liegenden Rechtsverhaltnis nicht selbst\nbeteiligt, weil sie nicht Betreiber der genehmigten Anlage sind; sie sind\njedoch _insoweit_ durch die vorliegende immissionsschutzrechtliche Genehmigung\nrechtlich betroffen, als nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BImSchG schadliche\nUmwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche\nBelastigungen fur die Allgemeinheit _und die Nachbarschaft_ zu vermeiden sind.\nDieser Vorschrift kommt drittschutzende Wirkung zu. Die Klager gehoren auch\nzum Kreis der Geschutzten, da ihr Grundstuck vom Schießlarm betroffen sein\nkann. \n--- \n--- \n| 49 \n--- \n| Soweit die Genehmigung die erforderliche Baugenehmigung einschließt (§ 13\nBImSchG), kommt eine Rechtsverletzung der Klager uber das nach § 35 BauGB zu\nbeachtende Rucksichtnahmegebot in Betracht. \n--- \n--- \n| 50 \n--- \n| Das Rechtsschutzinteresse ist auch nicht dadurch entfallen, dass die Planung\nfur die Schießanlage in mehreren Punkten geandert und auf eine entsprechende\nAnzeige nach § 15 Abs. 1 BImSchG hin ein sog. Freistellungsbescheid nach Abs.\n2 dieser Vorschrift erlassen wurde. Eine Änderungsanzeige gem. § 15 BImSchG\nlasst den ursprunglich erteilten immissionsschutzrechtlichen\nGenehmigungsbescheid einschließlich seiner Nebenbestimmungen unberuhrt und\nverandert seinen Regelungs- und Gestattungsumfang nicht (vgl. Bay. VGH,\nBeschl. v. 17.11.2005 - 22 AS 05.2945 -, juris). Damit bildet der Bescheid vom\n01.07.2004 nach wie vor die rechtliche Grundlage fur das Vorhaben auch in der\ngeanderten Ausfuhrung. \n--- \n--- \n| 51 \n--- \n| Die Klage ist jedoch nicht begrundet. Die Klager haben keinen Anspruch auf\nFeststellung, dass die angefochtenen Bescheide nichtig sind, denn die\nVoraussetzungen des § 44 Abs. 1 LVwVfG sind nicht erfullt. Nach Abs. 1 dieser\nVorschrift ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders\nschwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verstandiger Wurdigung aller in\nBetracht kommenden Umstande offenkundig ist. \n--- \n--- \n| 52 \n--- \n| Allerdings pruft das Gericht - anders als im Falle einer Verpflichtungsklage\ndes Bauherrn - nicht alle rechtlichen Aspekte, die die Genehmigung betreffen,\nsondern nur, soweit die Klager ein berechtigtes Interesse an der Feststellung\nhaben. Ebenso wie bei der Überprufung der Rechtswidrigkeit eines\nVerwaltungsakts findet eine Überprufung durch das Gericht nur in Bezug auf\nsolche Normen statt, die Auswirkungen auf subjektive Rechte bzw. Interessen\nder Klager haben (Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage, § 113 Rdnr. 25). Fur einen\nschwerwiegenden Verstoß, der die Nichtigkeit der Genehmigung zur Folge haben\nkonnte, kommen demnach vorliegend die drittschutzenden Vorschriften des\nBundesimmissionsschutzgesetzes und des Baugesetzbuchs in Betracht. \n--- \n--- \n| 53 \n--- \n| Die Genehmigung der Schießanlage lasst jedoch weder in\nimmissionsschutzrechtlicher noch in baurechtlicher Hinsicht einen besonders\nschwerwiegenden Fehler erkennen, der offensichtlich ware (§ 44 Abs. 1 LVwVfG).\nDie Tatbestande des § 44 Abs. 2 LVwVfG sind ebenfalls nicht erfullt. Die\ninsoweit erhobenen Rugen der Klager greifen nicht: \n--- \n--- \n| 54 \n--- \n| Die Frage, ob die Bezeichnung „Änderungsgenehmigung" zutrifft oder nicht,\nlasst sich nicht ohne Weiteres beantworten. Hierzu bedurfte es insbesondere\neiner Prufung, ob die bereits vorhandene Anlage nach dem Inkrafttreten des\nBundesimmissionsschutzgesetzes nach § 67 BImSchG angezeigt wurde. Selbst fur\nden Fall, dass noch keine Erstgenehmigung vorlag und der Bescheid daher nicht\nals „Änderung" ergehen konnte, wurde dies fur die Klager keinen rechtlichen\nNachteil bedeuten, weil auch fur eine „neue Genehmigung" das vereinfachte\nVerfahren nach § 19 BImSchG einschlagig gewesen ware und weil die Frage der\nLarmbelastung auch im Rahmen der „Änderungsgenehmigung" umfassend in Bezug auf\ndie neue Anlage in ihrer Gesamtheit und nicht etwa nur hinsichtlich der\nÄnderungen gepruft wurde. \n--- \n--- \n| 55 \n--- \n| Die Aufnahme der Schießzeiten in den Katalog der Nebenbestimmungen und\nHinweise durfte selbst dann kein schwer wiegender Fehler sein, wenn diese\nRegelung als den Umfang der Genehmigung konkretisierend einzustufen ware und\ndaher moglicherweise von einer „modifizierenden Auflage" ausgegangen werden\nmusste. Welchen Inhalt eine Nebenbestimmung hat, bedarf der Auslegung durch\ndas Gericht, so dass eine unzutreffende Bezeichnung rechtlich unschadlich\nware. Zudem konnte auch insoweit eine „Offensichtlichkeit" eines moglichen\nRechtsfehlers nicht bejaht werden. \n--- \n--- \n| 56 \n--- \n| Es steht auch nicht offensichtlich fest, dass die TA-Larm nicht oder nur mit\neinem ganz bestimmten Inhalt anwendbar ware. Und schließlich wurde auch ein\nGutachten, das unzutreffende Annahmen und Schlussfolgerungen enthalt, nicht\nzur Nichtigkeit einer darauf basierenden Genehmigung fuhren, sondern\nallenfalls zu deren Rechtswidrigkeit, von der fehlenden Offensichtlichkeit\nganz abgesehen. Ob die genehmigten Schießzeiten uber den aktuellen Bedarf der\nVereine hinausgehen, wie von den Klagern behauptet, kann offen bleiben, da\nauch insoweit kein offensichtlich schwer wiegender Fehler vorliegen wurde. \n--- \n--- \n| 57 \n--- \n| Soweit die Klager daruber hinaus Verstoße gegen andere Rechtsvorschriften\nrugen, ist keine Betroffenheit in eigenen Rechten und damit auch kein\nberechtigtes Interesse i. S. v. § 43 Abs. 1 VwGO zu erkennen. Die von den\nKlagern beanstandete Aufnahme von Nebenbestimmungen und sonstigen Anordnungen\ninsbesondere zur bodenschutzrechtlichen Sanierung und zur abfallrechtlichen\nEntsorgung in die Genehmigung tangiert kein privates Interesse. Dies gilt\nauch, soweit der Einbau kontaminierten Materials in den Schrotfangwall\nbodenschutzrechtlich zugelassen wurde. Auch die Frage, ob das Landratsamt ...\nim Hinblick auf die bodenschutzrechtlichen Vorschriften die zustandige Behorde\nwar und ob die (Verfahrens-) Vorgaben des Kreislaufwirtschafts- und\nAbfallgesetzes eingehalten wurden, betrifft keine Rechtsposition der Klager,\nsondern ausschließlich die Interessen der Allgemeinheit. Ebenso ist der\nEinwand der Klager, der Gemeinderat der Stadt ... sei, als er das Einvernehmen\nnach § 36 BauGB erteilt habe, falsch unterrichtet gewesen, unbeachtlich, weil\ndas Erfordernis des Einvernehmens allein dem Schutz der Planungshoheit der\nGemeinde dient, nicht jedoch dem Interesse Privater. Wenn die Klager\nschließlich vortragen, dem Außenbereichsvorhaben stunden _o ffentliche\nBelange_ im Hinblick auf den Regionalplan entgegen, so scheidet auch insoweit\n- wie die Bezeichnung „offentliche Belange" unmissverstandlich zum Ausdruck\nbringt - eine Verletzung eigener Rechte aus. \n--- \n--- \n| 58 \n--- \n| Damit kann die Nichtigkeitsfeststellungsklage keinen Erfolg haben. \n--- \n--- \n**II.** \n--- \n| 59 \n--- \n| Mit dem Hilfsantrag ist die Klage zulassig. Wie bereits ausgefuhrt, ist das\nRechtsschutzinteresse an der Aufhebung der angefochtenen Bescheide durch die\nnachtragliche Änderung der Planung und das Ergehen des diesbezuglichen\nFreistellungsbescheides nicht entfallen. Der Genehmigungsbescheid vom\n01.07.2004 bildet nach wie vor die rechtliche Grundlage fur das Vorhaben auch\nin der geanderten Ausfuhrung. \n--- \n--- \n| 60 \n--- \n| Die Klage ist jedoch nicht begrundet. Die angefochtenen Bescheide verletzen\ndie Klager nicht in ihren Rechten als Nachbarn i. S. d. Immissionsschutz- bzw.\ndes Baurechts (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). \n--- \n--- \n| 61 \n--- \n| Die gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung gerichtete Klage eines\nNachbarn ist begrundet, wenn durch die Errichtung oder den Betrieb der Anlage\nentgegen § 6 Abs. 1 BImSchG schadliche Umwelteinwirkungen und sonstige\nGefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belastigungen fur die\n_Nachbarschaft_ i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BImSchG hervorgerufen wurden.\nInsoweit kommt der letztgenannten Vorschrift drittschutzende Wirkung zu. Die\nKlager gehoren auch zum Kreis der Geschutzten, da ihr Grundstuck vom\nSchießlarm betroffen sein kann. Nur eine Verletzung dieser Rechtsposition\nkonnen sie geltend machen, daruber hinaus haben sie keine Abwehrrechte.\nInsbesondere sind die moglichen Auswirkungen des Schießbetriebs auf andere\nGrundstucke - etwa im Bereich des geologischen Lehrpfades oder an den\nStandorten ... und ... - fur das vorliegende Verfahren rechtlich nicht von\nBedeutung. \n--- \n--- \n| 62 \n--- \n| Soweit die Genehmigung die erforderliche Baugenehmigung einschließt (§ 13\nBImSchG), ist die Klage des Nachbarn begrundet, wenn dem Vorhaben offentlich-\nrechtliche Vorschriften entgegenstehen (vgl. § 58 Abs. 1 S. 1 LBO), die\nBaugenehmigung damit rechtswidrig ist und dadurch rechtlich geschutzte\nInteressen des Nachbarn verletzt. Dies setzt voraus, dass die Baugenehmigung\ngegen eine Vorschrift verstoßt, die auch dem Schutz der Interessen des\nklagenden Nachbarn zu dienen bestimmt ist. In bauplanungsrechtlicher Hinsicht\nist die Schießanlage nach § 35 BauGB zu beurteilen, denn sie soll im\nAußenbereich errichtet werden. Im Rahmen dieser Vorschrift kommt eine\nnachbarschutzende Wirkung nur in Betracht, wenn mit der Zulassung des\nVorhabens das Rucksichtnahmegebot zu Lasten des Baunachbarn verletzt wurde. In\nFallen, in denen - wie hier - eine Verletzung des Rucksichtnahmegebots durch\nunzumutbare Beeintrachtigungen in Form von Immissionen geltend gemacht wird,\nkann bezuglich der Zumutbarkeit auf die Grundsatze und Begriffe des\nBundesimmissionsschutzgesetzes zuruckgegriffen werden mit der Folge, dass\nImmissionen, die das nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BImSchG zulassige Maß nicht\nuberschreiten, auch unter dem Gesichtspunkt des baurechtlichen\nRucksichtnahmegebots keine Abwehr- oder Schutzanspruche begrunden. Insoweit\nsind die Maßstabe der „erheblichen Belastigungen" nach Immissionsschutzrecht\nund der „Verletzung des Rucksichtnahmegebots" nach Baurecht deckungsgleich. \n--- \n--- \n| 63 \n--- \n| Im Fall der Klager kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass\ninsbesondere der Betrieb der Schießanlage zu erheblichen und damit\nunzumutbaren Larmbelastigungen fur ihr Grundstuck fuhren wird. \n--- \n--- \n| 64 \n--- \n| Zu Recht durfte das Landratsamt ... in dem angefochtenen Bescheid davon\nausgegangen sein, dass es sich bei der Änderung und Erweiterung der\nbestehenden Schießanlage um eine wesentliche Änderung handelt, die der\nimmissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedarf, welche im vereinfachten\nVerfahren nach § 19 BImSchG zu erteilen ist (vgl. Nr. 10.18 Spalte 2 des\nAnhangs zur 4. BImSchV, § 16 BImSchG). Offen bleiben kann, ob die Bezeichnung\n„Änderungsgenehmigung" zutreffend ist oder ob moglicherweise noch gar keine\nErstgenehmigung vorlag und der Bescheid daher nicht als „Änderung" hatte\nergehen konnen. Die Klager erleiden insoweit jedenfalls - wie bereits\nausgefuhrt - keinen Rechtsnachteil. \n--- \n--- \n| 65 \n--- \n| Fur die immissionsschutz- und baurechtliche Frage, welchen Schutz das\nGrundstuck der Klager gegenuber den von der Schießanlage herruhrenden\nLarmimmissionen beanspruchen kann, damit keine erheblichen Belastigungen durch\nden Schießlarm eintreten, ist die TA Larm als normkonkretisierende\nVerwaltungsvorschrift heranzuziehen. Sie findet Anwendung, weil auf dem\nSchießplatz nur mit Waffen mit weniger als Kaliber 20 mm geschossen wird und\nweil die Sportanlagenlarmschutzverordnung (18. BImSchV) nicht einschlagig ist\n(Anhang Ziff. 1 Buchst. a und d der TA Larm). Denn diese gilt nach ihrem § 1\nAbs. 1 nur fur Sportanlagen, die einer Genehmigung nach § 4 BImSchG nicht\nbedurfen. Die Schießanlage bedarf indes nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 der 4.\nBImSchV i. V. m. Nr. 10.18, Spalte 2 des Anhangs einer Genehmigung im\nvereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG, da nicht zu erkennen ist, dass ein\nUVP-Verfahren durchzufuhren gewesen ware. Die TA Larm enthalt Regelungen uber\nden maßgeblichen Immissionsort, d. h. den Ort im Einwirkungsbereich der\nAnlage, an dem eine Überschreitung der Immissionswerte am ehesten zu erwarten\nist. Es ist derjenige Ort, fur den die Gerauschbeurteilung nach der TA Larm\nvorgenommen wird (Nr. 2.3). Bei bebauten Flachen wie dem Grundstuck der Klager\ngilt Nr. A.1.3a des Anhangs. Nach Nr. 3.2.1 ist der Schutz vor schadlichen\nUmwelteinwirkungen durch Gerausche im Regelfall sichergestellt, wenn die\nGesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach\nNr. 6 nicht uberschreitet. Gesamtbelastung ist die Belastung eines\nImmissionsortes, die von allen Anlagen hervorgerufen wird, fur die die TA Larm\ngilt (Nr. 2. 4 Abs. 3). Bei Vorliegen besonderer Umstande im Einzelfall, die\nbei der Regelfallprufung keine Berucksichtigung finden, ist eine\nSonderfallprufung vorgeschrieben (Nr. 3.2.2). Der Immissionsrichtwert betragt\nnach Nr. 6.1e in reinen Wohngebieten tags 50 dB(A), bei seltenen Ereignissen\ntags 70 dB(A), wobei einzelne kurzzeitige Gerauschspitzen diesen Wert tags um\nnicht mehr als 20 dB(A) uberschreiten durfen (Nr. 6.3). Der\nImmissionsrichtwert bezieht sich tags auf die Zeit von 6 Uhr bis 22 Uhr\n(Beurteilungszeit nach Nr. 6.4). Fur Tageszeiten mit erhohter Empfindlichkeit\nist bei der Ermittlung des Beurteilungspegels ein Zuschlag von 6 dB zu\nberucksichtigen (Nr. 6.5). \n--- \n--- \n| 66 \n--- \n| Schießgerauschimmissionen werden nach Anlage 1.6 der TA Larm im Wesentlichen\nnach der Richtlinie VDI 3745 Blatt 1, Ausgabe Mai 1993, ermittelt. In dieser\nRichtlinie wird als Messgroße der A-bewertete Schalldruckpegel mit der\nZeitbewertung „F" benutzt (Nr. 1 Abs. 2). Die Beurteilung der Schießgerausche\nerfolgt anhand des Beurteilungspegels. Dieser wird aus den Einzelschusspegeln\nund den Schusszahlen unter Berucksichtigung von Zuschlagen fur Ruhezeiten und\nImpulshaltigkeit ermittelt (Nr. 1 Abs. 6). Der Beurteilungspegel wiederum ist\ndie Große, auf die sich die Immissionsrichtwerte beziehen (vgl. Ziff. 2.10 der\nTA Larm). In Anhang A sind die maximal moglichen stundlichen Schusszahlen fur\ndie einzelnen Schießdisziplinen aufgefuhrt. \n--- \n--- \n| 67 \n--- \n| Die Genehmigungsbehorde hat vor Erteilung der Genehmigung eine Prognose\nanzustellen, ob bei Beachtung dieses Regelwerkes die zulassigen Richtwerte\neingehalten werden, und durch entsprechende Nebenbestimmungen sicherzustellen,\ndass die im Einwirkungsbereich der Anlage liegenden Grundstucke keinen\nunzumutbaren Larmbelastigungen ausgesetzt werden. Dieser Verpflichtung ist das\nLandratsamt ... im vorliegenden Fall ausreichend gerecht geworden. Die\nGenehmigungsbehorde ist zu Recht davon ausgegangen, dass die zulassigen\nRichtwerte am Grundstuck der Klager eingehalten werden konnen. Sie hat sich\ndabei u. a. auf die Schallimmissionsprognose der Fa. ... vom 10.12.2003\n(Erganzung II) gestutzt, wonach die fur ein WR-Gebiet zulassigen Richtwerte an\nder ... Siedlung eingehalten werden, selbst wenn man fur die beantragten\nSchießzeiten die nach VDI 3745 maximal moglichen Schusszahlen zu Grunde legt.\nDiese Prognose gibt keinen Anlass zu substanziellen Bedenken gegen die ihr zu\nGrunde liegenden Annahmen und Folgerungen. Sie erscheint umso tragfahiger, als\ndie maximalen Schusszahlen, von denen in der VDI-Richtlinie 3745 ausgegangen\nwird, in der Praxis nicht erreicht werden, sondern nur etwa zu 50 %, wodurch\nsich der prognostizierte Pegel um ca. 3 dB(A) verringert (vgl. Stellungnahme\ndes Gewerbeaufsichtsamts ... vom 23.08.2004). Eine Zusatzbelastung, die im\nRahmen der Ermittlung der Gesamtbelastung nach Nr. 3.2.1 am maßgeblichen\nImmissionsort zu berucksichtigen ware, fehlt hier, weil es am reinen\nWohngebiet „... Siedlung" keine unter die TA-Larm fallende weitere Anlage gibt\n(vgl. Nr. 2.4 und Nr. 1 Abs. 2 der TA-Larm). \n--- \n--- \n| 68 \n--- \n| Entsprechend diesem Gutachten hat die Genehmigungsbehorde in Nr. 6.2 der\nNebenbestimmungen zum Bescheid vom 01.07.2004 festgelegt, dass der fur ein\nreines Wohngebiet vorgeschriebene Richtwert von tags 50 dB (A) an der „...\nSiedlung", also auch am Grundstuck der Klager, nicht uberschritten werden\ndarf. Fur Einzelschusspegel wurde die Obergrenze auf 80 dB(A) festgesetzt. Bei\nseltenen Ereignissen - an maximal 10 Tagen im Jahr - betragt der\nImmissionsrichtwert tags 70 dB(A), Einzelschusspegel durfen 90 dB(A) nicht\nuberschreiten. Diese Werte stimmen mit den genannten Vorgaben der TA-Larm\nuberein. Die festgelegten Schießzeiten entsprechen dem Antrag der Beigeladenen\nund den Annahmen des Gutachters. Um sicherzustellen, dass die zulassigen\nSchusszahlen nicht uberschritten werden, wurde die Fuhrung eines Schussbuches\naufgegeben. Ob sich die prognostizierten Larmwerte in der Praxis tatsachlich\nbewahrheiten, ist eine Frage des Vollzugs der Genehmigung. Insoweit wurde fur\nden Fall, dass der Schießlarm in der taglichen Praxis lauter als\nprognostiziert ausfallen sollte, Vorsorge getroffen, indem den Beigeladenen in\nNr. 6.5 der Nebenbestimmungen aufgegeben wurde, spatestens drei Monate nach\nAbschluss der Maßnahmen (Fertigstellung der Anlage) die Einhaltung der\nzulassigen Richtwerte durch eine Messung nachzuweisen. Ggf. ware die\nEinhaltung der zulassigen Richtwerte durch eine nachtragliche Auflage nach §\n17 BImSchG sicherzustellen, etwa durch eine Beschrankung der Schusszahlen oder\nder Schießzeiten. In jedem Fall kann eine Überschreitung der Richtwerte\nverhindert werden. \n--- \n--- \n| 69 \n--- \n| Entgegen der Auffassung der Klager liefert die Anwendung der TA-Larm i. V.\nm. der VDI-Richtlinie 3745 auf Schießanlagen keine den _Grunds atzen des\nBundesimmissionsschutzgesetzes widersprechenden Ergebnisse_ . Zwar mag es\natypische Larmquellen geben, deren Besonderheiten das Beurteilungsverfahren\nund die Immissionsrichtwerte der TA-Larm nicht gerecht werden. Die TA-Larm\nsieht in diesem Sinne in Nr. 3.2.2 selbst vor, dass - abweichend von der\nRegelfallprufung nach Nr. 3.2.1 - eine Sonderfallprufung durchzufuhren ist,\nwenn besondere Umstande vorliegen, die nach Art und Gewicht wesentlichen\nEinfluss auf die Beurteilung haben konnen, ob die Anlage zum Entstehen\nschadlicher Umwelteinwirkungen relevant beitragt. Schießanlagen fallen jedoch\nnicht unter diese Regelung. Schießgerausche weisen zwar eine besondere\nImpulshaftigkeit und Lastigkeit auf. Dieser Besonderheit ist jedoch bereits\ndurch die Anwendung der speziellen Maßstabe der VDI-Richtlinie 3745 Rechnung\ngetragen worden (vgl. Nieders. OVG, Beschl. v. 21.12.2007 - 12 ME 299/07 -,\njuris). Im Gegensatz zu den Vorstellungen der Klager kommt es fur die\nBeurteilung der Zumutbarkeit des Schießlarms auch nicht auf die _w\nochentliche_ Dauer des Schießbetriebs an, sondern auf den Beurteilungspegel,\nder aus den Einzelschusspegeln und den zugehorigen Schusszahlen wahrend der\nBeurteilungszeiten - hier _t aglich_ von 6 Uhr bis 22 Uhr - gebildet wird\n(vgl. Nr. 6. 4 i. V. m. Nr. 6.1 und 6. 2 der VDI-Richtlinie 3745). \n--- \n--- \n| 70 \n--- \n| Die von den Klagern eingeholte gutachterliche Stellungnahme des Dr. ... vom\n10.11.2004 zu den Larmgutachten der Fa. ... vermag die Rechtmaßigkeit der\nGenehmigung nicht in Frage zu stellen. Die darin geaußerten Bedenken betreffen\nhauptsachlich die Berechnung der Pegelminderung durch die Blenden an den\nSchießbahnen sowie die Auswirkungen der Topografie auf die Larmausbreitung.\nSelbst fur den Fall, dass insoweit gewisse Korrekturen vorgenommen werden\nmussten, wurde dies nichts an der Tatsache andern, dass - wie bereits\nausgefuhrt - die zulassigen Larmrichtwerte in jedem Fall eingehalten werden\nkonnen. Eine Prognose ist zwangslaufig mit gewissen Unsicherheiten behaftet.\nOb sie tatsachlich in allen Punkten zutrifft, lasst sich erst beim Vollzug der\nGenehmigung beantworten. Insoweit liegt die Beweislast beim Betreiber der\nAnlage, der die Einhaltung der vorgegebenen Immissionsrichtwerte nach der\nFertigstellung der Schießanlage durch entsprechende Kontrollmessungen\nnachzuweisen hat. Selbst wenn diese Messungen ergeben sollten, dass der\nSchießbetrieb die vorgegebenen Richtwerte teilweise uberschreitet, wurde dies\nnicht die Rechtswidrigkeit der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen\nGenehmigung begrunden, sondern nur die Beigeladenen dazu verpflichten, durch\nweitere larmmindernde Maßnahmen oder Einschrankungen des Schießbetriebs die\nLarmbelastigung fur die Nachbarn auf das vorgegebene Maß zu reduzieren, was\nggf. durch zusatzliche Auflagen fur den Betrieb der Schießanlage gewahrleistet\nwerden musste. \n--- \n--- \n| 71 \n--- \n| Fur die Annahme, dass die genehmigten Schießzeiten uber den aktuellen Bedarf\nder Vereine hinausgehen, wie von den Klagern behauptet, gibt es keine\nhinreichenden Anhaltspunkte. Diese Frage bedarf jedoch keiner Klarung durch\ndas Gericht. Fur den Erfolg der Klage kommt es nicht auf den Bedarf der\nbeigeladenen Vereine an Schießzeiten, sondern auf den Umfang des am Grundstuck\nder Klager auftretenden Schießlarms an. Im Übrigen entsprechen die Zeiten, in\ndenen nach der Genehmigung geschossen werden darf, den im Genehmigungsantrag\nder Beigeladenen genannten Schießzeiten. \n--- \n--- \n| 72 \n--- \n| Damit ist auf Grund der der Genehmigung beigefugten Nebenbestimmungen\nausreichend gewahrleistet, dass der nach der TA-Larm zulassige Richtwert am\nGrundstuck der Klager eingehalten wird und dieses somit keinen unzumutbaren\nLarmbelastigungen ausgesetzt sein wird. \n--- \n--- \n| 73 \n--- \n| Soweit die Klager daruber hinaus Verstoße gegen andere Rechtsvorschriften\nrugen, ist keine Verletzung eigener Rechte zu erkennen. Wie bereits bei der\nPrufung des Vorliegens eines berechtigten Interesses i. S. v. § 43 Abs. 1 VwGO\nausgefuhrt, findet eine Überprufung der Rechtswidrigkeit durch das Gericht\ngrundsatzlich nur in Bezug auf solche Normen statt, durch welche subjektive\nRechte des Klagers begrundet werden (Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 113\nRdnr. 25). Soweit die Genehmigung andere Regelungen enthalt, z. B. zum Abfall-\nund Bodenschutzrecht, vermittelt sie keinen Bezug zur Rechtssphare der Klager.\nAls Dritte, die von dem Bescheid betroffen sind, ohne dessen Adressaten zu\nsein, haben sie nur ein Recht zur Anfechtung, wenn und soweit sie sich auf\neine offentlich-rechtliche Norm stutzen konnen, die ihnen eine eigene\nschutzfahige Rechtsposition einraumt. Drittschutz vermitteln jedoch nur solche\nVorschriften, die auch der Rucksichtnahme auf Interessen eines\nindividualisierbaren, d. h. sich von der Allgemeinheit unterscheidenden\nPersonenkreises dienen (VGH Bad.-Wurtt., Urt. v. 31.03.2006 - 1 S 2115/05 -).\nDies trifft weder fur bodenschutzrechtliche noch fur abfallrechtliche\nVorschriften zu und auch nicht fur Ausweisungen des Regionalplans, die\nausschließlich die offentlichen Interessen der Allgemeinheit schutzen. Ebenso\ndient das Erfordernis des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 BauGB nicht\ndem Interesse Privater, sondern allein dem Schutz der Planungshoheit der\nGemeinde. \n--- \n--- \n| 74 \n--- \n| Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es\nentspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der beigeladenen\nBetreiber der Anlage fur erstattungsfahig zu erklaren, da diese jedenfalls\neinen Sachantrag gestellt und damit auch ein eigenes Kostenrisiko ubernommen\nhaben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). \n--- \n| 75 \n--- \n| **Beschluss vom 23. M arz 2010** \n--- \n| 76 \n--- \n| Der Streitwert wird gem. den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG auf **15.000.-\nEUR** festgesetzt. \n---\n\n |
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135,908 | ag-kehl-2011-02-28-4-c-20510 | 52 | Amtsgericht Kehl | ag-kehl | Kehl | Baden-Württemberg | Ordentliche Gerichtsbarkeit | Amtsgericht | 4 C 205/10 | 2011-02-28 | 2019-01-07 11:16:20 | 2019-01-17 11:56:03 | Urteil | ## Tenor\n\n**1\\. Die Klage wird abgewiesen.**\n\n**2\\. Der Kl ager hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.**\n\n**3\\. Das Urteil ist vorl aufig vollstreckbar.**\n\n## Tatbestand\n\n| \n---|--- \n| 1 \n--- \n| Der Klager begehrt von der beklagten Haftpflichtversicherin Bezahlung\nrestlichen Schadensersatzes. \n--- \n| 2 \n--- \n| Der Klager verunfallte am 05.02.2010 in Kehl mit seinem Peugeot 306 Break,\nfranzosisches Kennzeichen: … . Am Morgen des 08.02.2010 brachte er das\nFahrzeug zur Firma H., die sich in Kehl-Auenheim neben seiner Arbeitsstelle\nbefindet. Am Abend hatte die Werkstatt ohne Kenntnis des Klagers dessen Auto\nzerlegt. Auf Weisung der Werkstatt unterschrieb er einen Mietvertrag der Firma\nW. GmbH, O., und nahm deren Mietwagen, der sich bereits vor Ort befand, in\nBesitz. Nach Beendigung der Reparatur gab der Klager das Mietfahrzeug am\n12.02.2010 in Auenheim ab. Auf die Rechnung der Autovermietung vom 12.02.2010\nuber 610 EUR (AS 19) fur vier Tage Mietzeit hatte die Beklagte vorgerichtlich\n300 EUR bezahlt. Mit der Klage begehrt der Klager weitere 245,12 EUR. Daruber\nhinaus begehrt er uber die von der Beklagten am 08.04.2010 bezahlten 316,18\nEUR weitere 44,99 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, hilfsweise\nFreistellung, jeweils zzgl. Zinsen. \n--- \n| 3 \n--- \n| Der Klager ist der Auffassung, dass die Beklagte Bezahlung weiterer\nMietwagenkosten in Hohe von 245,12 EUR schulde. Auf der Grundlage des\nSchwacke-Mietpreisspiegels 2009, Gruppe 3, PLZ 776, konne er Kosten in Hohe\nvon 545,12 EUR geltend machen, namlich \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| \n--- \n| 1x Dreitagespauschale: \n--- \n| 297,00 EUR \n--- \n| 1x Ein-Tagespauschale: \n--- \n| 99,00 EUR \n--- \n| abzgl. 3% Eigenersparnis: \n--- \n| 11,88 EUR \n--- \n| zzgl. Nebenkosten gemaß Rechnung \n--- \n| \n--- \n| Vollkasko 3 Tage: \n--- \n| 54,00 EUR \n--- \n| Vollkasko 1 Tag: \n--- \n| 21,00 EUR \n--- \n| Zustellkosten: \n--- \n| 23,00 EUR \n--- \n| Abholkosten: \n--- \n| 23,00 EUR \n--- \n| Winterbereifung: \n--- \n| 40,00 EUR \n--- \n| **Summe brutto:** \n--- \n| **545,12 EUR** \n--- \n--- \n| 5 \n--- \n| Bei dem geltend gemachten Betrag handele es sich um den Normaltarif. Dass\nnach dem Schwacke-Mietpreisspiegel die Gruppe 3 teurer sei als die Gruppe 4\nstelle dessen Tauglichkeit als Schatzgrundlage nicht in Frage. \n--- \n| 6 \n--- \n| Weiter konne er Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Hohe von\ninsgesamt 361,17 EUR verlangen, namlich eine 1,5 Gebuhr aus einem\nGegenstandswert von 2.538,25 EUR zzgl. Post- und Telekommunikationspauschale\nund Umsatzsteuer (vgl. Rechnung vom 07.06.2010, AS 327). Es seien mehrere\nAnspruchsschreiben erforderlich gewesen. Zudem stehe seinem\nProzessbevollmachtigten, einem Fachanwalt fur Verkehrsrecht, ein\nErmessensspielraum zu, der innerhalb einer 30%-Grenze nicht uberprufbar sei. \n--- \n| 7 \n--- \n| **Der Kl ager beantragt, die Beklagte zu verurteilen,** \n--- \n| 8 \n--- \n| **1\\. an den Kl ager 245,12 EUR nebst Zinsen in Hohe von funf Prozentpunkten\nuber dem Basiszinssatz seit dem 25.02.2010 zu bezahlen;** \n--- \n| 9 \n--- \n| **2\\. an den Kl ager weitere 361,17 EUR nebst Zinsen in Hohe von funf\nProzentpunkten uber dem Basiszinssatz seit dem 22.02.2010 abzgl. am 08.04.2010\nbezahlter 316,18 EUR zu bezahlen;** \n--- \n| 10 \n--- \n| **hilfsweise den Kl ager gegenuber seinen Prozessbevollmachtigten bezuglich\nder vorgerichtlichen Anwaltskosten aus dem Unfallereignis vom 05.02.2010 uber\n361,17 EUR nebst Zinsen in Hohe von funf Prozentpunkten uber dem Basiszinssatz\nseit dem 22.02.2010 abzgl. am 08.04.2010 gezahlter 316,18 EUR freizustellen.** \n--- \n| 11 \n--- \n| **Die Beklagte beantragt,** \n--- \n| 12 \n--- \n| **die Klage abzuweisen.** \n--- \n| 13 \n--- \n| Sie bestreitet, dass sich der Klager uberhaupt wirksam gegenuber der\nAutovermietung verpflichtet habe, da ihm ein Preis nicht bekannt gewesen sei.\nDer Klager habe auch nicht substantiiert dargelegt, dass die Inanspruchnahme\neines Mietwagens erforderlich gewesen sei. Schon gar nicht sei es notwendig\ngewesen, zu dem berechneten Tarif anzumieten. Bei Europcar hatte er zu\ngleichen Bedingungen fur 207,96 EUR, bei Avis fur 140 EUR, bei Sixt fur 210,92\nEUR und bei Hertz fur 244,00 EUR anmieten konnen. Diese Preise seien auch\nortsublich und dem Klager zuganglich gewesen. Die vorgerichtlichen\nRechtsanwaltskosten seien mangels Rechnung gemaß § 10 RVG nicht einforderbar\ngewesen. Der Fachanwaltstitel rechtfertige keine Erhohung. Die Angelegenheit\nsei auch nicht uberdurchschnittlich umfangreich oder schwierig gewesen. \n--- \n| 14 \n--- \n| Das Gericht hat den Klager informatorisch angehort und Beweis erhoben zur\nFrage der Angemessenheit der geltend gemachten Mietwagenkosten durch Einholung\neines mundlichen Gutachtens. Hinsichtlich der Angaben des Klagers und der\nFeststellungen des Sachverstandigen Dipl.-Ing. K. wird auf das Protokoll der\nmundlichen Verhandlung vom 31.01.2011 (AS 353 ff) verwiesen. Hinsichtlich der\nweiteren Einzelheiten des Parteivorbringens und zur Erganzung des Tatbestandes\nwird auf die Schriftsatze der Parteien nebst Anlagen und sonstigen Aktenteile\nBezug genommen. \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| | **I.** \n--- \n| 15 \n--- \n| Die Klage ist zulassig, in der Sache aber ohne Erfolg. \n--- \n| 16 \n--- \n| 1\\. Der Klager kann von der Beklagten gemaß §§ 7 StVG, 115 VVG, 249 BGB uber\ndie bereits bezahlten 300,00 EUR weder Zahlung noch Freistellung von weiteren\nMietwagenkosten verlangen. \n--- \n| 17 \n--- \n| Nach § 249 BGB kann der Geschadigte vom Schadiger (bzw. dessen\nHaftpflichtversicherer) als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz\nderjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verstandiger, wirtschaftlich\nvernunftig denkender Mensch in der Lage des Geschadigten fur zweckmaßig und\nnotwendig halten durfte. Der Geschadigte ist dabei ebenso wie bei anderen\nKosten der Wiederherstellung nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit\nhergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren\nvon mehreren moglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu\nwahlen. Das bedeutet fur den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren\nauf dem ortlich relevanten Markt - nicht nur fur Unfallgeschadigte -\nerhaltlichen Tarifen fur die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges\ngrundsatzlich nur den gunstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann (BGH NJW\n2006, 1506; BGH NJW 2007, 1122; BGH NJW 2008, 1519). \n--- \n| 18 \n--- \n| Die vom Klager geltend gemachten Mietwagenkosten entsprechen im hier zu\nbeurteilenden Einzelfall nicht der Erforderlichkeit. Es kann dabei offen\nbleiben, ob es fur den Klager uberhaupt objektiv erforderlich war, im\nZusammenhang mit der Reparatur seines Fahrzeuges einen Mietwagen anzumieten.\nDies erscheint deshalb zweifelhaft, weil der Klager nach seinen eigenen\nAngaben bei der personlichen Anhorung von seiner Werkstatt - offenbar in\nAbsprache mit der Mietwagenfirma - vor vollendete Tatsachen gestellt wurde.\nAnders ist es nicht erklarbar, dass der Klager zeitnah weder uber die\nZerlegung seines Fahrzeugs informiert wurde noch daruber, dass die Mietfirma\neinen Mietwagen zur Werkstatt bringen wurde. \n--- \n| 19 \n--- \n| Es kann auch dahin stehen, ob der Schwacke-Mietpreisspiegel 2009 im\nPostleitzahlengebiet 776 generell als Schatzgrundlage ungeeignet ist. Denn\njedenfalls im Bereich der vom Klager beanspruchten Mietwagengruppe 3 kann kein\nZweifel an seiner Unbrauchbarkeit bestehen, da es keinen plausiblen Grund\ndafur gibt, dass die Preise der Gruppe 3 teurer sind als die der Gruppe 4. Die\nSchatzgrundlage ist insoweit aus sich heraus widerspruchlich und daher\nungeeignet. \n--- \n| 20 \n--- \n| Es kann andererseits auch dahin stehen, ob der Fraunhofer Mietpreisspiegel\nals Schatzgrundlage generell vorzugswurdig ist. Denn vorliegend hat das\nGericht nach der durchgefuhrten Beweisaufnahme keine Zweifel, dass etwaige\nMietwagenkosten des Klagers fur vier Tage mit 300 EUR ausreichend reguliert\nwurden (§ 287 ZPO). Der gerichtliche Sachverstandige hat in seinem mundlichen\nGutachten festgestellt, dass bei im Wesentlichen vergleichbaren Konditionen\nbei der Firma AVIS in Offenburg inklusive Zustellung innerhalb Offenburgs fur\n300,00 EUR, bei der Firma Europcar fur 340,00 EUR, bei der Firma Jacobi fur\n292,00 EUR (ohne Zustellung), bei Sixt fur 295,97 EUR, bei PennyCar fur 236,00\nEUR(ohne Zustellung) und bei der Firma ACO Autocenter fur 237,00 EUR (ohne\nZustellung) hatte angemietet werden konnen. \n--- \n| 21 \n--- \n| Bei dieser Angebotssituation ware es dem Klager bei entsprechender\nInformation ohne weiteres moglich gewesen, fur deutlich unter 300 EUR,\njedenfalls bis zu 300 EUR, fur vier Tage ein Mietfahrzeug anzumieten. \n--- \n| 22 \n--- \n| Die Einwendungen des Klagers gegen das Sachverstandigen-Gutachten, die sich\ndarauf stutzen, dass dieser seine Umfrage um den Jahreswechsel 2010/11 gemacht\nbzw. nicht alle Vermieter in seine Umfrage einbezogen habe, greifen nicht\ndurch. Der Klager zeigt namlich nicht mit konkreten Tatsachen auf, dass die\ngeltend gemachten angeblichen Mangel sich auf den zu entscheidenden Fall\nauswirken (vgl. BGH NJW 2008, 1519). Dass es auch noch andere teure und sogar\nnoch teurere Mietwagenfirmen geben mag, andert nichts daran, dass der Klager\nfur vier Tage zu einem Preis von 300 EUR hatte anmieten _k onnen_. \n--- \n| 23 \n--- \n| 2\\. Der Klager kann auch keine weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten\nverlangen. Vielmehr sind diese uberzahlt, da richtigerweise unter\nZugrundelegung der Abrechnungspositionen vom 16.02.2010 (Anlage K4, AS 21) von\neinem Gegenstandswert von bis zu 2.500 EUR (2.293,13 EUR) auszugehen ist,\njedoch von der Beklagten aus einem Gegenstandswert von bis zu 3.000 EUR\nreguliert wurde. Ersatzfahig ist nur eine 1,3 Geschaftsgebuhr. Einforderbar\nwaren die Kosten nicht vor Rechnungsstellung, da der Klager bis dahin nicht\nmit dieser Verbindlichkeit beschwert war (BGH NJW 2007, 1809 ff). \n--- \n| 24 \n--- \n| Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt bei Rahmengebuhren wie der\nGeschaftsgebuhr der Rechtsanwalt die Gebuhr im Einzelfall unter\nBerucksichtigung aller Umstande, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit\nder anwaltlichen Tatigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der\nEinkommens- und Vermogensverhaltnisse des Auftraggebers, nach billigem\nErmessen. Ist die Gebuhr - wie hier - von einem Dritten zu ersetzen, ist die\nvon dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nach §14 Abs. 1 Satz 4 RVG nicht\nverbindlich, wenn sie unbillig ist. Nach Nr. 2300 VV RVG ist die\nGeschaftsgebuhr des Rechtsanwalts als Rahmengebuhr mit einem Gebuhrenrahmen\nzwischen 0,5 bis 2,5 ausgestaltet. Eine Gebuhr uber 1,3 kann jedoch wegen des\nNachsatzes in Nr. 2300 VV RVG nur gefordert werden, wenn die Tatigkeit\numfangreich oder schwierig, mithin uberdurchschnittlich gewesen ist. Bei der\nAbwicklung eines „durchschnittlichen" bzw. „normalen" Verkehrsunfalls ist\ndamit auch nur eine 1,3 Geschaftsgebuhr gerechtfertigt (BGH Urt. v. 31.10.2006\n- VI ZR 261/05, juris Rn. 6 a.a.O. Rn. 7). Der Klager hat im vorliegenden Fall\nnicht ausreichend Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt hat, aus\ndenen sich ergibt, dass die Angelegenheit schwierig oder umfangreich war. Hier\nhandelt es sich um einen nur durchschnittlichen Verkehrsunfall, da die Haftung\ndem Grunde nach von Beginn an unstreitig war und sich die Parteien lediglich\nbei einem Standardproblem (Mietwagenkosten) uneins waren. Es ist nicht\ndargelegt oder ersichtlich, dass der Auslandswohnsitz des deutsch sprechenden\nKlagers zu einem Mehraufwand gefuhrt hatte. Es ist auch nicht ersichtlich,\nweshalb hier eine Vielzahl von Schreiben und Besprechungen erforderlich war.\nAuf die Erforderlichkeit kommt es jedoch an, da ein erhohter Zeitaufwand\nnamlich dann nicht zu einer hoheren Gebuhr fuhren darf, wenn dieser\nZeitaufwand lediglich subjektiv - aus der Sicht des Rechtsanwalts -\nerforderlich, aber objektiv uberflussig war (so auch Hartmann, Kostengesetze,\n37. Aufl., RVG § 14 Rahmengebuhren RN. 3). Der Fachanwaltstitel als solcher\nallein rechtfertigt keine Erhohung. Der Klager(Vertreter) kann auch nicht\ndamit gehort werden, dass eine 1,5 Gebuhr als nicht unbillig hinzunehmen sei,\nweil eine 1,3 Gebuhr angemessen sei. Es ist schon nicht ersichtlich, dass der\nKlager-Vertreter uberhaupt sein Ermessen im Sinne von § 14 RVG ausgeubt hat.\nWurde man sich schematisch der Argumentation des Klager-Vertreters\nanschließen, der Anspruch auf Ersatz der 1,5 Gebuhr sei schon deshalb\nbegrundet, weil eine 1,3 Gebuhr angemessen ist, hatte dies zur Folge, dass ein\nRechtsanwalt den Regelfall stets mit einer 1,5 Gebuhr abrechnen konnte, ohne\ndarlegen zu mussen, weshalb im konkreten Einzelfall ausnahmsweise eine hohere\nGebuhr angemessen ist. \n--- \n**II.** \n--- \n| 25 \n--- \n| Die prozessualen Nebenentscheidungen hinsichtlich der Kosten und der\nvorlaufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 91 Abs. 1 ZPO bzw. §§ 708 Nr. 11,\n711, 713 ZPO. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder\ngrundsatzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die\nSicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des\nBerufungsgerichts erfordert (§ 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Es kann nicht ernsthaft\nin Zweifel gezogen werden, dass der Tatrichter die Erforderlichkeit von\nMietwagenkosten gemaß § 287 ZPO sowohl auf der Grundlage von Listen als auch\nmit Hilfe eines Sachverstandigen schatzen kann. \n--- \n \n## Gründe\n\n| | **I.** \n--- \n| 15 \n--- \n| Die Klage ist zulassig, in der Sache aber ohne Erfolg. \n--- \n| 16 \n--- \n| 1\\. Der Klager kann von der Beklagten gemaß §§ 7 StVG, 115 VVG, 249 BGB uber\ndie bereits bezahlten 300,00 EUR weder Zahlung noch Freistellung von weiteren\nMietwagenkosten verlangen. \n--- \n| 17 \n--- \n| Nach § 249 BGB kann der Geschadigte vom Schadiger (bzw. dessen\nHaftpflichtversicherer) als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz\nderjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verstandiger, wirtschaftlich\nvernunftig denkender Mensch in der Lage des Geschadigten fur zweckmaßig und\nnotwendig halten durfte. Der Geschadigte ist dabei ebenso wie bei anderen\nKosten der Wiederherstellung nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit\nhergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren\nvon mehreren moglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu\nwahlen. Das bedeutet fur den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren\nauf dem ortlich relevanten Markt - nicht nur fur Unfallgeschadigte -\nerhaltlichen Tarifen fur die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges\ngrundsatzlich nur den gunstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann (BGH NJW\n2006, 1506; BGH NJW 2007, 1122; BGH NJW 2008, 1519). \n--- \n| 18 \n--- \n| Die vom Klager geltend gemachten Mietwagenkosten entsprechen im hier zu\nbeurteilenden Einzelfall nicht der Erforderlichkeit. Es kann dabei offen\nbleiben, ob es fur den Klager uberhaupt objektiv erforderlich war, im\nZusammenhang mit der Reparatur seines Fahrzeuges einen Mietwagen anzumieten.\nDies erscheint deshalb zweifelhaft, weil der Klager nach seinen eigenen\nAngaben bei der personlichen Anhorung von seiner Werkstatt - offenbar in\nAbsprache mit der Mietwagenfirma - vor vollendete Tatsachen gestellt wurde.\nAnders ist es nicht erklarbar, dass der Klager zeitnah weder uber die\nZerlegung seines Fahrzeugs informiert wurde noch daruber, dass die Mietfirma\neinen Mietwagen zur Werkstatt bringen wurde. \n--- \n| 19 \n--- \n| Es kann auch dahin stehen, ob der Schwacke-Mietpreisspiegel 2009 im\nPostleitzahlengebiet 776 generell als Schatzgrundlage ungeeignet ist. Denn\njedenfalls im Bereich der vom Klager beanspruchten Mietwagengruppe 3 kann kein\nZweifel an seiner Unbrauchbarkeit bestehen, da es keinen plausiblen Grund\ndafur gibt, dass die Preise der Gruppe 3 teurer sind als die der Gruppe 4. Die\nSchatzgrundlage ist insoweit aus sich heraus widerspruchlich und daher\nungeeignet. \n--- \n| 20 \n--- \n| Es kann andererseits auch dahin stehen, ob der Fraunhofer Mietpreisspiegel\nals Schatzgrundlage generell vorzugswurdig ist. Denn vorliegend hat das\nGericht nach der durchgefuhrten Beweisaufnahme keine Zweifel, dass etwaige\nMietwagenkosten des Klagers fur vier Tage mit 300 EUR ausreichend reguliert\nwurden (§ 287 ZPO). Der gerichtliche Sachverstandige hat in seinem mundlichen\nGutachten festgestellt, dass bei im Wesentlichen vergleichbaren Konditionen\nbei der Firma AVIS in Offenburg inklusive Zustellung innerhalb Offenburgs fur\n300,00 EUR, bei der Firma Europcar fur 340,00 EUR, bei der Firma Jacobi fur\n292,00 EUR (ohne Zustellung), bei Sixt fur 295,97 EUR, bei PennyCar fur 236,00\nEUR(ohne Zustellung) und bei der Firma ACO Autocenter fur 237,00 EUR (ohne\nZustellung) hatte angemietet werden konnen. \n--- \n| 21 \n--- \n| Bei dieser Angebotssituation ware es dem Klager bei entsprechender\nInformation ohne weiteres moglich gewesen, fur deutlich unter 300 EUR,\njedenfalls bis zu 300 EUR, fur vier Tage ein Mietfahrzeug anzumieten. \n--- \n| 22 \n--- \n| Die Einwendungen des Klagers gegen das Sachverstandigen-Gutachten, die sich\ndarauf stutzen, dass dieser seine Umfrage um den Jahreswechsel 2010/11 gemacht\nbzw. nicht alle Vermieter in seine Umfrage einbezogen habe, greifen nicht\ndurch. Der Klager zeigt namlich nicht mit konkreten Tatsachen auf, dass die\ngeltend gemachten angeblichen Mangel sich auf den zu entscheidenden Fall\nauswirken (vgl. BGH NJW 2008, 1519). Dass es auch noch andere teure und sogar\nnoch teurere Mietwagenfirmen geben mag, andert nichts daran, dass der Klager\nfur vier Tage zu einem Preis von 300 EUR hatte anmieten _k onnen_. \n--- \n| 23 \n--- \n| 2\\. Der Klager kann auch keine weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten\nverlangen. Vielmehr sind diese uberzahlt, da richtigerweise unter\nZugrundelegung der Abrechnungspositionen vom 16.02.2010 (Anlage K4, AS 21) von\neinem Gegenstandswert von bis zu 2.500 EUR (2.293,13 EUR) auszugehen ist,\njedoch von der Beklagten aus einem Gegenstandswert von bis zu 3.000 EUR\nreguliert wurde. Ersatzfahig ist nur eine 1,3 Geschaftsgebuhr. Einforderbar\nwaren die Kosten nicht vor Rechnungsstellung, da der Klager bis dahin nicht\nmit dieser Verbindlichkeit beschwert war (BGH NJW 2007, 1809 ff). \n--- \n| 24 \n--- \n| Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt bei Rahmengebuhren wie der\nGeschaftsgebuhr der Rechtsanwalt die Gebuhr im Einzelfall unter\nBerucksichtigung aller Umstande, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit\nder anwaltlichen Tatigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der\nEinkommens- und Vermogensverhaltnisse des Auftraggebers, nach billigem\nErmessen. Ist die Gebuhr - wie hier - von einem Dritten zu ersetzen, ist die\nvon dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nach §14 Abs. 1 Satz 4 RVG nicht\nverbindlich, wenn sie unbillig ist. Nach Nr. 2300 VV RVG ist die\nGeschaftsgebuhr des Rechtsanwalts als Rahmengebuhr mit einem Gebuhrenrahmen\nzwischen 0,5 bis 2,5 ausgestaltet. Eine Gebuhr uber 1,3 kann jedoch wegen des\nNachsatzes in Nr. 2300 VV RVG nur gefordert werden, wenn die Tatigkeit\numfangreich oder schwierig, mithin uberdurchschnittlich gewesen ist. Bei der\nAbwicklung eines „durchschnittlichen" bzw. „normalen" Verkehrsunfalls ist\ndamit auch nur eine 1,3 Geschaftsgebuhr gerechtfertigt (BGH Urt. v. 31.10.2006\n- VI ZR 261/05, juris Rn. 6 a.a.O. Rn. 7). Der Klager hat im vorliegenden Fall\nnicht ausreichend Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt hat, aus\ndenen sich ergibt, dass die Angelegenheit schwierig oder umfangreich war. Hier\nhandelt es sich um einen nur durchschnittlichen Verkehrsunfall, da die Haftung\ndem Grunde nach von Beginn an unstreitig war und sich die Parteien lediglich\nbei einem Standardproblem (Mietwagenkosten) uneins waren. Es ist nicht\ndargelegt oder ersichtlich, dass der Auslandswohnsitz des deutsch sprechenden\nKlagers zu einem Mehraufwand gefuhrt hatte. Es ist auch nicht ersichtlich,\nweshalb hier eine Vielzahl von Schreiben und Besprechungen erforderlich war.\nAuf die Erforderlichkeit kommt es jedoch an, da ein erhohter Zeitaufwand\nnamlich dann nicht zu einer hoheren Gebuhr fuhren darf, wenn dieser\nZeitaufwand lediglich subjektiv - aus der Sicht des Rechtsanwalts -\nerforderlich, aber objektiv uberflussig war (so auch Hartmann, Kostengesetze,\n37. Aufl., RVG § 14 Rahmengebuhren RN. 3). Der Fachanwaltstitel als solcher\nallein rechtfertigt keine Erhohung. Der Klager(Vertreter) kann auch nicht\ndamit gehort werden, dass eine 1,5 Gebuhr als nicht unbillig hinzunehmen sei,\nweil eine 1,3 Gebuhr angemessen sei. Es ist schon nicht ersichtlich, dass der\nKlager-Vertreter uberhaupt sein Ermessen im Sinne von § 14 RVG ausgeubt hat.\nWurde man sich schematisch der Argumentation des Klager-Vertreters\nanschließen, der Anspruch auf Ersatz der 1,5 Gebuhr sei schon deshalb\nbegrundet, weil eine 1,3 Gebuhr angemessen ist, hatte dies zur Folge, dass ein\nRechtsanwalt den Regelfall stets mit einer 1,5 Gebuhr abrechnen konnte, ohne\ndarlegen zu mussen, weshalb im konkreten Einzelfall ausnahmsweise eine hohere\nGebuhr angemessen ist. \n--- \n**II.** \n--- \n| 25 \n--- \n| Die prozessualen Nebenentscheidungen hinsichtlich der Kosten und der\nvorlaufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 91 Abs. 1 ZPO bzw. §§ 708 Nr. 11,\n711, 713 ZPO. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder\ngrundsatzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die\nSicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des\nBerufungsgerichts erfordert (§ 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Es kann nicht ernsthaft\nin Zweifel gezogen werden, dass der Tatrichter die Erforderlichkeit von\nMietwagenkosten gemaß § 287 ZPO sowohl auf der Grundlage von Listen als auch\nmit Hilfe eines Sachverstandigen schatzen kann. \n---\n\n |
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135,931 | lg-karlsruhe-2011-03-04-6-s-1310 | 135 | Landgericht Karlsruhe | lg-karlsruhe | Karlsruhe | Baden-Württemberg | Ordentliche Gerichtsbarkeit | Landgericht | 6 S 13/10 | 2011-03-04 | 2019-01-07 11:16:34 | 2019-01-17 11:56:04 | Urteil | ## Tenor\n\n**1\\. Die Berufung des Kl agers gegen das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe\nvom 22.10.2010, Az.: 2 C 323/10, wird zuruckgewiesen.**\n\n**2\\. Der Kl ager tragt die Kosten der Berufung.**\n\n**3\\. Das Urteil ist vorl aufig vollstreckbar.**\n\n**4\\. Die Revision wird nicht zugelassen.**\n\n## Gründe\n\n| \n---|--- \n| 1 \n--- \n| Die zulassige Berufung des Klagers hat keinen Erfolg. \n--- \n--- \n| 2 \n--- \n| **A.** \n--- \n**( § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO):** \n--- \n--- \n| 3 \n--- \n| Wegen des Parteivorbringens in erster Instanz und der dort getroffenen\ntatsachlichen Feststellungen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgrunde des\nangefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Lediglich zur\nErganzung wird folgendes angemerkt: \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| Der Klager begehrt von der Beklagten die Zahlung einer wegen Ruhens gemaß §\n41 Abs. 4 VBLS einbehaltenen Betriebsrente. \n--- \n--- \n| 5 \n--- \n| Die beklagte Versorgungsanstalt des Bundes und der Lander (VBL) hat die\nAufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des\noffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusatzliche\nAlters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewahren. \n--- \n--- \n| 6 \n--- \n| Der Klager ist seit dem 01.10.1993 bei der Beklagten pflichtversichert. \n--- \n--- \n| 7 \n--- \n| Im August 2008 erkrankte der Klager an Parkinson. Vom 06.10.2008 bis zum\n10.11.2008 und vom 10.12.2008 bis zum 29.05.2009 hat der Klager Krankengeld\nvon der Techniker Krankenkasse erhalten. Das kalendermaßige Krankengeld betrug\nvor der Rentenbewilligung 64,28 EUR, was einem Monatsbetrag von 1.928,40 EUR\nentspricht (AH 167). \n--- \n--- \n| 8 \n--- \n| Ab dem 01.06.2009 hat der Klager seine Arbeitszeit reduziert, nachdem er bis\nzum 31.05.2009 vollzeitbeschaftigt war. \n--- \n--- \n| 9 \n--- \n| Mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) vom 16.04.2009\nwurde dem Klager ruckwirkend ab 01.09.2008 eine befristete Rente wegen\nteilweiser Erwerbsminderung bewilligt. Wegen Hinzuverdienstes wurde die Rente\nvom 01.09.2008 bis zum 30.09.2008 nicht gezahlt. \n--- \n--- \n| 10 \n--- \n| Die DRV Bund hat das Krankengeld nicht nach § 96a Abs. 3 SGB VI auf die\nRente wegen teilweiser Erwerbsminderung angerechnet. Nach Vorlage des\nRentenbescheids der DRV Bund vom 16.04.2009 hat die Techniker Krankenkasse fur\ndie Dauer des bereits bezahlten Krankengelds bis zum 08.04.2009 einen\nErstattungsanspruch auf die Rentennachzahlung geltend gemacht und bei der\nruckwirkenden Neuanweisung des Krankengelds ab 09.04.2009 das Krankengeld um\nden Rentenbetrag gekurzt. Der von der Techniker Krankenkasse insgesamt geltend\ngemachte Erstattungsanspruch betrug 2.451,22 EUR (AH 167). Auch nach der\nVerrechnung mit der gesetzlichen Rente verblieb noch ein monatliches\nKrankengeld in Hohe von 483,65 EUR bis zu 1.453,06 EUR (AH 29-31). \n--- \n--- \n| 11 \n--- \n| Mit Mitteilung vom 10.07.2009 (AH 1 ff.) errechnete die Beklagte dem Klager\nab dem 01.09.2008 eine Betriebsrente gemaß § 25 VBLS. In der Zeit vom\n01.09.2008 bis zum 30.09.2008 wurde die Betriebsrente - analog zur Rente der\ngesetzlichen Rentenversicherung - wegen Hinzuverdienstes gemaß § 41 Abs. 2\nVBLS nicht gezahlt (AH 27). Fur die Zeit vom 01.10.2008 bis zum 31.05.2009\nwurde die Betriebsrente in Hohe von monatlich 139,04 EUR brutto / 114,78 EUR\nnetto wegen Ruhens gemaß § 41 Abs. 4 VBLS vollstandig einbehalten (AH 29 ff.).\nBei der Anrechnung des Krankengelds hat die Beklagte zugunsten des Klagers\njeweils die von der Krankenkasse von der DRV Bund fur den entsprechenden Monat\nerhaltene Rente in Abzug gebracht. Insgesamt wurde aufgrund der Anwendung der\nRuhensvorschrift von der Beklagten ein Betrag in Hohe von 1.112,32 EUR\neinbehalten. \n--- \n--- \n| 12 \n--- \n| Das Amtsgericht hat die Klage mit der Begrundung abgewiesen, § 41 Abs. 4\nVBLS sei von der Beklagten richtig angewandt worden, halte einer AGB-\nrechtlichen Kontrolle gemaß §§ 307 ff. BGB stand und verstoße nicht gegen Art.\n14 GG. \n--- \n--- \n| 13 \n--- \n| Mit der Berufung verfolgt der Klager sein erstinstanzliches Begehren\nvollumfanglich weiter. Unter Abanderung des amtsgerichtlichen Urteils vom\n18.12.2009 - 2 C 120/04 - beantragt er, \n--- \n--- \n| 14 \n--- \n| festzustellen, dass die Beklagte dem Klager eine Betriebsrente in der Zeit\nvom 01.10.2008 bis 31.05.2009 ohne Anwendung der Ruhensregelung des § 41 Abs.\n4 VBLS schuldet. \n--- \n--- \n| 15 \n--- \n| Die Beklagte beantragt, \n--- \n--- \n| 16 \n--- \n| die Berufung zuruckzuweisen. \n--- \n--- \n| 17 \n--- \n| Die Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Der\nKlager macht insbesondere geltend, dass § 41 Abs. 4 VBLS gegen AGB-Recht\nverstoße. Es handele sich um eine uberraschende Klausel im Sinne von § 305 c\nAbs. 1 BGB. Die Regelung verstoße auch gegen das Transparenzgebot des § 307\nAbs. 1 BGB, da sie zum einen fur einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer\nnicht verstandlich sei und da zum anderen der Verweis auf eine Norm des SGB VI\nnicht zulassig sei. Es liege auch ein Eingriff in Art. 14 GG, der auch\nAnwartschaften schutze, vor. \n--- \n--- \n| 18 \n--- \n| Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der\nvorbereitenden Schriftsatze nebst Anlagen verwiesen. \n--- \n--- \n| 19 \n--- \n| **B.** \n--- \n**( § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO):** \n--- \n--- \n| 20 \n--- \n| Die Berufung des Klagers ist zulassig aber nicht begrundet. \n--- \n--- \n**I.** \n--- \n| 21 \n--- \n| Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klager hat gegen die\nBeklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Betriebsrente in der Zeit vom\n01.10.2008 bis 31.05.2009 ohne Anwendung der Ruhensregelung in § 41 Abs. 4\nVBLS. \n--- \n--- \n| 22 \n--- \n| 1\\. § 41 Abs. 4 VBLS wurde von der Beklagten richtig angewandt. Der Klager\nerhielt vom 06.10.2008 bis 10.11.2008 und vom 10.12.2008 bis 29.05.2008\nKrankengeld gezahlt, das nicht nach § 96 a Abs. 3 SGB VI auf die gesetzliche\nRente angerechnet wurde. Auch nach der Verrechnung des Krankengelds mit der\ngesetzlichen Rente verblieb dem Klager noch ein monatliches Krankengeld in\nHohe von 483,65 EUR bis zu 1.453,06 EUR (AH 29-31). Somit uberstieg auch das\ndem Klager fur die Monate Oktober, November und Dezember 2008 gezahlte\nKrankengeld, das dem Klager nach der Verrechnung mit der gesetzlichen Rente\nverblieb, die monatliche Betriebsrente in Hohe von 139,04 EUR brutto (AH 29),\nso dass diese unter Anwendung des § 41 Abs. 4 VBLS vollstandig ruhte. \n--- \n--- \n| 23 \n--- \n| 2\\. Eine andere Auslegung des § 41 Abs. 4 VBLS ist nicht geboten, d. h.\nergibt sich weder aufgrund eines Verstoßes gegen die §§ 305 ff. BGB noch aus\nhoherrangigem Recht. \n--- \n--- \n| 24 \n--- \n| a. Ein Verstoß gegen die AGB-rechtlichen Bestimmungen der §§ 305 ff. BGB\nliegt nicht vor. \n--- \n--- \n| 25 \n--- \n| (1) Das Gericht geht insoweit von einem eingeschrankten Prufungsmaßstab aus. \n--- \n--- \n| 26 \n--- \n| Ein Vergleich von § 12 Abs. 5 des Tarifvertrages Altersversorgung vom 01.\nMarz 2002 mit der im Wesentlichen identischen Regelung in § 41 Abs. 4 VBLS\nzeigt, dass die Satzungsbestimmung auf einer maßgeblichen Grundentscheidung\nder Tarifvertragsparteien beruht. Diese Entscheidung entspringt damit dem\nKernbereich der von Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG geschutzten Tarifautonomie. Der\nGrundrechtsschutz ist nicht fur alle koalitionsmaßigen Betatigungen gleich\nintensiv. Die Wirkkraft des Grundrechts nimmt vielmehr in dem Maße zu, in dem\neine Materie aus Sachgrunden am besten von den Tarifvertragsparteien geregelt\nwerden kann, weil sie nach der dem Art. 9 Abs. 3 GG zugrunde liegenden\nVorstellung des Verfassungsgebers die gegenseitigen Interessen angemessener\nzum Ausgleich bringen konnen als der Staat. Das gilt vor allem fur die\nFestsetzung der Lohne und der anderen materiellen Arbeitsbedingungen (vgl.\nBVerfGE 94, 268, 284 f.). Auch die Zusatzversorgung im offentlichen Dienst hat\nEntgeltcharakter, zahlt mithin im weiteren Sinne zum Bereich der Lohne und\nmateriellen Arbeitsbedingungen. Vor diesem Hintergrund betrifft die Festlegung\nvon Kriterien fur das Auszahlen bzw. Ruhen der Betriebsrente nicht lediglich\neinen peripheren Regelungsgegenstand, sondern einen wesentlichen Teil der\nVersorgungszusage. Die dieser tarifvertraglichen Vorgabe folgende\nSatzungsbestimmung des § 41 Abs. 4 VBLS ist deshalb der Inhaltskontrolle nach\nden AGB-rechtlichen Bestimmungen des Burgerlichen Gesetzbuches entzogen (vgl.\nBGH, Urteil vom 14. November 2007 - IV ZR 74/06 - BGHZ 174, 127 Tz. 32\nm.w.N.). Bei der Umsetzung und inhaltlichen Ausgestaltung solcher\nEntscheidungen der Tarifvertragsparteien genießt auch der Satzungsgeber eine\nweitgehende Gestaltungsfreiheit, die die Gerichte grundsatzlich zu\nrespektieren haben (BGHZ 174 a.a.O. m.w.N.). Insoweit wirkt der Schutz der\nTarifautonomie fort, die den Tarifvertragsparteien besondere Beurteilungs-,\nBewertungs- und Gestaltungsspielraume eroffnet. \n--- \n--- \n| 27 \n--- \n| (2) § 41 Abs. 4 VBLS ist nicht uberraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB.\nDie Regelung ist nicht so ungewohnlich, dass ein Versicherter in der Situation\ndes Klagers mit ihr nicht zu rechnen brauchte. Eine entsprechende\nRuhensbestimmung enthielt bereits § 65 Abs. 3 a Buchst. a VBLS a. F. \n--- \n--- \n| 28 \n--- \n| (3) § 41 Abs. 4 VBLS ist auch hinreichend klar und verstandlich (§ 307 Abs.\n1 Satz 2 BGB). Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender von Allgemeinen\nGeschaftsbedingungen, Rechte und Pflichte seines Vertragspartners im Rahmen\ndes Moglichen klar, einfach und prazise darzustellen, wobei die Anforderungen\nnicht uberspannt werden durfen. Bei der Beurteilung, ob eine Klausel dem\nTransparenzgebot genugt, ist auf den aufmerksamen und sorgfaltigen Teilnehmer\nam Wirtschaftsverkehr abzustellen (vgl. Palandt/Gruneberg, BGB, 69. Aufl., §\n307, Rn. 16-19). \n--- \n--- \n| 29 \n--- \n| § 41 Abs. 4 VBLS erfullt die dargestellten Anforderungen an eine\ntransparente Regelung. Der Regelungsgehalt der Norm ist hinreichend klar zu\nerfassen. Sie stellt verstandlich dar, dass gezahltes Krankengeld unter den\ndort genannten Voraussetzungen auf die Betriebsrente anzurechnen ist. \n--- \n--- \n| 30 \n--- \n| Auch der Verweis in § 41 Abs. 4 VBLS auf § 96a Abs. 3 SGB VI fuhrt nicht zur\nIntransparenz. Das Bestimmtheitsgebot als hier maßgebliche Auspragung des\nTransparenzgebots verlangt lediglich, dass die tatbestandlichen\nVoraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass fur den\nVerwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielraume entstehen und der\nGefahr vorgebeugt wird, dass der Vertragspartner von der Durchsetzung\nbestehender Rechte abgehalten wird (vgl. BGH, NJW 2004, 1598)_._\nUngerechtfertigte Beurteilungsspielraume entstehen hier durch den Verweis auf\neine Regelung des SGB VI nicht. \n--- \n--- \n| 31 \n--- \n| b. Eine andere Auslegung des § 41 Abs. 4 VBLS ergibt sich nicht aus\nhoherrangigem Recht. \n--- \n--- \n| 32 \n--- \n| (1) Da die Beklagte als Anstalt des offentlichen Rechts (§ 1 Satz 1 VBLS)\neine offentliche Aufgabe wahrnimmt, ist die gerichtliche Kontrolle ihrer\nSatzungsbestimmungen nach standiger Rechtsprechung neben der Prufung, ob die\nRechtsvorschriften der Europaischen Gemeinschaft beachtet sind, darauf zu\nerstrecken, ob ein Verstoß gegen das Grundgesetz vorliegt (vgl. BGHZ 174\na.a.O. Tz. 33 f. m.w.N.). Da die Rechtssetzung durch Tarifvertrag in Ausubung\neines Grundrechts der Tarifvertragsparteien (Art. 9 Abs. 3 GG) erfolgt, es\nsich um eine privatautonome Gestaltung auf kollektiver Ebene handelt und dabei\ndie auf der einzelvertraglichen Ebene bestehenden Vertragsparitatsdefizite\ntypischerweise ausgeglichen werden, sind den Tarifvertragsparteien allerdings\ngroßere Freiheiten einzuraumen als dem Gesetzgeber. Ihre großere Sachnahe\neroffnet ihnen Gestaltungsmoglichkeiten, die dem Gesetzgeber verschlossen sind\n(vgl. dazu BGHZ 174 aaO Tz. 36; BAGE 69, 257, 269 f. unter Hinweis auf BVerfGE\n82, 126, 154). \n--- \n--- \n| 33 \n--- \n| Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschutzte Koalitionsfreiheit und die sich daraus\nergebende Tarifautonomie werden durch kollidierendes Verfassungsrecht\neingeschrankt (vgl. u.a. BVerfGE 100, 271, 283 f.; 103, 293, 306 ff.; BAGE 99,\n112, 118 ff.). Entgegenstehende, verfassungsrechtlich begrundete Positionen\nkonnen sich insbesondere aus den Grundrechten der beteiligten Arbeitgeber und\nArbeitnehmer ergeben. Das Grundrecht des Art. 9 Abs. 3 GG und die Grundrechte\nder vom Tarifvertrag erfassten Personen begrenzen sich mithin wechselseitig.\nDie Grenzen sind durch einen moglichst schonenden Ausgleich zu ermitteln,\nwobei der Grundsatz der Verhaltnismaßigkeit zu beachten ist. Diese Maßstabe\nsind auch bei der Überprufung der Satzungsregelungen der Beklagten\nheranzuziehen (BGHZ 174 aaO Tz. 38). \n--- \n--- \n| 34 \n--- \n| (2) Gemessen daran halt die Regelung des § 41 Abs. 4 VBLS der gerichtlichen\nKontrolle stand. \n--- \n--- \n| 35 \n--- \n| Insbesondere liegt kein Eingriff in eine von Art. 14 Abs. 1 GG geschutzte\nRechtsposition vor (so bereits LG Karlsruhe, Urteil vom 15.02.2008 - 6 S\n41/07). Der Bundesgerichtshof hat die mit Eintritt des Versicherungs- bzw.\nVersorgungsfalles bestehenden Rentenanspruche aus der Zusatzversorgung des\noffentlichen Dienstes - ebenso wie das BAG die Rentenanspruche aus der\nbetrieblichen Altersversorgung (vgl. BAGE 101, 186, 194) - dem Schutz des Art.\n14 Abs. 1 GG unterstellt (vgl. BGHZ 155, 132, 140). Ob\nVersorgungsanwartschaften aus einer betrieblichen Altersversorgung von der\nEigentumsgarantie erfasst werden, hat das BVerfG (vgl. BVerfGE 98, 365) offen\ngelassen. Ein Eingriff lage aber auch dann nicht vor, wenn nicht nur Anspruche\nauf (Mindest-) Versorgungsrenten in den Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG\neinbezogen waren, sondern auch die entsprechenden Rentenanwartschaften als\nwesengleiches Minus (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.05.2008 - 12 U 103/07). \n--- \n--- \n| 36 \n--- \n| Wie weit der Schutz der Eigentumsgarantie reicht, hangt namlich vom Inhalt\nder die Versorgung bestimmenden privatrechtlichen Vereinbarungen ab (vgl. BGH,\nBeschluss vom 25.11.2009 - IV ZR 340/07; BGHZ 174 a.a.O.; BAGE 101 a.a.O. 194\nf.; BAG, Urteil vom 21. August 2007 - 3 AZR 102/06). Über die eingeraumten\nAnspruche hinausgehende Rechtspositionen gewahrleistet Art. 14 Abs. 1 GG\nnicht. Auch bloße Chancen und Erwartungen werden nicht geschutzt (vgl. BGH,\nBeschluss vom 25.11.2009 - IV ZR 340/07; BGHZ 174 a.a.O.; BAGE 101 a.a.O.;\nBAG, Urteil vom 21. August 2007 a.a.O. Tz. 34). Art. 14 GG schutzt nur\nAnspruche oder Anwartschaften, die bereits erworben wurden. Fur diesen Erwerb\nbildet Art. 14 GG keine Anspruchsgrundlage (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss\nvom 09.05.2007 - 1 BvR 1700/02). \n--- \n--- \n| 37 \n--- \n| Der Anspruch auf Gewahrung einer Betriebsrente stand hier von Anfang an\nunter dem Vorbehalt der Anwendung der Ruhensvorschrift (eine entsprechende\nRuhensbestimmung enthielt bereits § 65 Abs. 3 a Buchst. a VBLS a. F.), so dass\nder Anspruch auch nur beschrankt erworben werden konnte (vgl. BVerfG, Urteil\nvom 28.06.2000 - 1 BvR 387/00). Durch § 41 Abs. 4 VBLS wird der Inhalt des\nVersorgungsanspruchs ausgestaltet. Der Klager hatte zu keinem Zeitpunkt\nweitergehende Anwartschaften erworben. \n--- \n--- \n| 38 \n--- \n| Auch das OLG Karlsruhe (Urteil vom 06.05.2008 - 12 U 103/07) geht davon aus,\ndass es in der Gestaltungsmacht der Beklagten und der ihr vorgelagerten\nTarifvertragsparteien liegt, einen Betriebsrentenanspruch fur wenige Monate,\nwahrend derer dem Versicherten Krankengeld aus der gesetzlichen\nKrankenversicherung gezahlt wird, das ihm endgultig verbleibt und ihm auch\nnicht auf seine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet\nwird, teilweise oder ganzlich zum Ruhen zu bringen. \n--- \n--- \n| 39 \n--- \n| Die Rechtsprechung des BVerfG zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung\ngibt keinen Anlass, fur den Bereich der betrieblichen Altersversorgung von den\ndargestellten Grundsatzen abzurucken (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom\n09.05.2007 - 1 BvR 1700/02). Auch im Bereich der gesetzlichen\nRentenversicherung wird der Schutzbereich des Art. 14 GG durch das einfache\nRecht gepragt. Gegenstand dieses Schutzes ist dort die Anwartschaft, wie sie\nsich insgesamt aus der jeweiligen Gesetzeslage ergibt. Rentenanwartschaften\nberuhen auf verschiedenen Elementen, die erst in ihrem funktionalen\nZusammenwirken zu einer dem Schutz des Art. 14 GG unterfallenden\nRechtsposition fuhren. Die Einzelelemente konnen nicht losgelost voneinander\nbehandelt werden, als seien sie selbstandige Anspruche. Auch im\nRentenversicherungsrecht schutzt Art. 14 GG demnach keine (vermeintliche)\nRechtsposition, die nach dem (einfachen) Rentenversicherungsrecht so nie\nbestand oder die sich auf das Festhalten an einem bestimmten\nBerechnungselement beschrankt (vgl. BVerfG, a.a.O.). \n--- \n--- \n| 40 \n--- \n| Die Berufung war daher zuruckzuweisen. \n--- \n--- \n**II.** \n--- \n| 41 \n--- \n| Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. \n--- \n--- \n| 42 \n--- \n| Die Entscheidung uber die vorlaufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.\n10, 711, 713 ZPO. \n--- \n--- \n| 43 \n--- \n| Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2\nZPO nach Klarung der einschlagigen Grundsatzfragen durch den Bundesgerichtshof\nnicht vorliegen. \n---\n\n |
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137,272 | vghbw-2010-03-29-2-s-93908 | 161 | Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg | vghbw | Baden-Württemberg | Verwaltungsgerichtsbarkeit | 2 S 939/08 | 2010-03-29 | 2019-01-07 12:07:49 | 2019-01-17 11:57:25 | Urteil | ## Tenor\n\nDie Berufung der Klagerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe\nvom 21. Februar 2008 - 6 K 2136/07 - wird zuruckgewiesen.\n\nDie Klagerin tragt die Kosten des Berufungsverfahrens.\n\nDie Revision wird zugelassen.\n\n## Tatbestand\n\n| | \n--- \n| 1 \n--- \n| Die Klagerin begehrt Ersatz eines ihr entstandenen Gewerbesteuerausfalls. \n--- \n--- \n| 2 \n--- \n| Der Gewerbesteuerausfall betrifft die auf dem Gebiet der Klagerin ansassige\n... ... GmbH (H. GmbH). Die H. GmbH wurde durch einen am 18.12.1998 notariell\nbeurkundeten Umwandlungsbeschluss ruckwirkend zum 1.12.1998 von der ... ...\nGmbH & Co. KG (H. KG) formwechselnd in eine GmbH umgewandelt, wovon das\nzustandige Finanzamt Rastatt im Dezember 1998 Kenntnis erlangte. \n--- \n--- \n| 3 \n--- \n| Nach einer Betriebsprufung erließ das Finanzamt am 1.9.2004 geanderte\nGewerbesteuermessbescheide fur die Jahre 1996, 1997 und 1998, die es an die H.\nKG adressierte. Die auf der Grundlage dieser Bescheide ergangenen\nGewerbesteuerbescheide der Klagerin vom 24.9.2004 uber - einschließlich\nVeranlagungszinsen - insgesamt 352.837,98 EUR wurden ebenfalls an die H. KG\ngerichtet. \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| Gegen die Gewerbesteuermessbescheide legte die H. GmbH Einspruch ein, den\nsie mit Fehlern bei der Berechnung des vom Finanzamt angenommenen Gewinns\nbegrundete, und erhob nach dessen Zuruckweisung am 2.3.2005 beim Finanzgericht\nBaden-Wurttemberg Klage gegen das Land Baden-Wurttemberg, mit der sie geltend\nmachte, die Bescheide seien wegen ihrer Adressierung an die H. KG nichtig. Auf\nAnregung des Finanzgerichts stellte das Finanzamt im Hinblick auf diesen\nEinwand mit Schreiben vom 17.8.2006 gemaß § 125 Abs. 5 AO die Nichtigkeit der\nGewerbesteuermessbescheide fest, worauf der Rechtsstreit vor dem Finanzgericht\nvon den Beteiligten fur erledigt erklart wurde und das Finanzgericht mit\nBeschluss vom 12.9.2006 das Verfahren einstellte. Mit einem an die H. GmbH als\nRechtsnachfolgerin der H. KG gerichteten Bescheid vom 1.9.2006 setzte die\nBeklagte daraufhin die Gewerbesteuer fur die Jahre 1996 bis 1998 auf "0,00\nEUR" fest. \n--- \n--- \n| 5 \n--- \n| Mit Schreiben vom 25.9.2006 legte die Klagerin Einspruch gegen das\nSchreiben vom 17.8.2006 ein. Sie bat ferner um Überprufung, ob gemaß § 174\nAbs. 4 AO eine Nachveranlagung gegenuber der H. GmbH vorgenommen werden konne,\nund forderte, falls dies nicht moglich sein sollte, Erstattung der\nausgefallenen Gewerbesteuer. Das Finanzamt wies den Einspruch mit der\nBegrundung als unzulassig zuruck, das Schreiben vom 17.8.2006 sei kein\nVerwaltungsakt, sondern habe nur deklaratorischen Charakter. Den von der\nKlagerin gestellten Erstattungsantrag lehnte die Oberfinanzdirektion Karlsruhe\nmit Schreiben vom 24.1.2007 ab. Zur Begrundung fuhrte sie aus, eine Erstattung\naufgrund des allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruchs komme nicht in Betracht,\nda dieser Anspruch ausschließlich auf die Wiederherstellung eines fruheren\nrechtmaßigen Zustands gerichtet sei. Die Wiederherstellung des ursprunglichen\nZustands musse noch tatsachlich moglich und auch rechtlich zulassig sein,\nworan es im vorliegenden Fall fehle. Der allgemeine Folgenbeseitigungsanspruch\nverlange im Übrigen einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht. Bei\ndem Erlass von Gewerbesteuermessbescheiden werde die Landesfinanzverwaltung\ngegenuber einer Gemeinde nicht hoheitlich tatig. Vielmehr wirkten Finanzamt\nund Gemeinde insoweit bei der Erfullung einer gemeinsamen Aufgabe unter\ngleichberechtigter Aufteilung der Funktionen zusammen. Ein Erstattungsanspruch\nergebe sich ferner nicht aus § 839 BGB, da diese Vorschrift die Verletzung\neiner einem Dritten gegenuber obliegenden Amtspflicht voraussetze. Da es sich\nbei dem gewerbesteuerlichen Festsetzungs- und Erhebungsverfahren um eine\neinheitliche Verwaltungsaufgabe handele, die zwischen Finanzamt und Gemeinde\nnur funktionell aufgeteilt sei, konne die Gemeinde nicht als Dritter im Sinne\ndes § 839 BGB angesehen werden. Mit einem weiterem Schreiben vom 23.2.2007\nbekraftigte die Oberfinanzdirektion Karlsruhe diese Rechtsauffassung. \n--- \n--- \n| 6 \n--- \n| Den gegen diese Bescheide eingelegten Widerspruch der Klagerin wies die\nOberfinanzdirektion Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 5.7.2007 als\nunzulassig zuruck. Zur Begrundung fuhrte sie aus, der Klagerin fehle die\nerforderliche Widerspruchsbefugnis, da ein Gewerbesteuermessbescheid nur die\nInteressen der Gemeinde, nicht aber deren Rechte beruhre. Die Gemeinden seien\ndurch die Entscheidung der Finanzbehorden so wenig in ihren Rechten betroffen,\nwie es Bund und Lander durch Entscheidungen der Finanzbehorden in Bundes- und\nLandessteuersachen seien. § 40 Abs. 3 FGO versage daher den Gemeinden in\nsolchen Fallen generell die Klagebefugnis. \n--- \n--- \n| 7 \n--- \n| Die Klagerin hat am 12.7.2007 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage\nerhoben mit dem Antrag, die Bescheide der Oberfinanzdirektion vom 24.1. und\n23.2.2007 sowie den Widerspruchsbescheid vom 5.7.2007 aufzuheben und das\nbeklagte Land zu verpflichten, ihr den Ausfall der Gewerbesteuer\neinschließlich Veranlagungszinsen fur 1996, 1997 und 1998 in Hohe von\n352.837,98 EUR auszugleichen. Zur Begrundung hat sie geltend gemacht, sie sei\ninfolge der Fehlerhaftigkeit der Gewerbesteuermessbescheide in ihrer\ngemeindlichen Ertragshoheit und damit in ihrer Finanzhoheit als Bestandteil\nder gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie betroffen. Zwar stunden der\nGemeinde bei einer fehlerhaften Erledigung des dem Finanzamt vorbehaltenen\nTeils der Gewerbesteuerveranlagung gemaß § 40 Abs. 3 FGO grundsatzlich keine\nKlagerechte zu. Der Ausschluss derartiger Primaranspruche stehe jedoch der\nGeltendmachung von Sekundaranspruchen wegen eines Eingriffs in die\nErtragshoheit nicht entgegen. Folgenbeseitigungs- bzw.\nFolgenentschadigungsanspruche konnten auch zwischen verschiedenen\nVerwaltungstragern geltend gemacht werden. Daneben konne der geltend gemachte\nAnspruch auch auf die schuldhafte Verletzung von Pflichten aus einem\nverwaltungsrechtlichen Schuldverhaltnis gegrundet werden. Zwar arbeiteten das\nFinanzamt und die Gemeinde bei der Veranlagung und der Erhebung der\nGewerbesteuer arbeitsteilig derart zusammen, dass die Gemeinde nicht als\n"Dritter" im Sinne des § 839 BGB angesehen werden konne. Dieses "gleichsinnige\nZusammenwirken" begrunde jedoch eine nicht vertragliche Sonderbeziehung,\ninnerhalb der die Beteiligten aufeinander Rucksicht zu nehmen und bei\nPflichtverstoßen gegenseitig fur den daraus entstehenden Schaden einzustehen\nhatten. \n--- \n--- \n| 8 \n--- \n| Das beklagte Land hat Klagabweisung beantragt und erwidert: Die fehlerhafte\nFestsetzung des Gewerbesteuermessbetrags stelle weder einen Eingriff in die\nErtragshoheit noch in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde dar.\nRechtsbehelfsverfahren und Änderungsmitteilungen fuhrten haufig zu Minderungen\ndes ursprunglich festgesetzten Steuerbetrags bis hin zu Nullfestsetzungen.\nDerartige Schwankungen des Steueraufkommens ließen die Finanzhoheit und das\nSelbstverwaltungsrecht einer Kommune unberuhrt. Art. 28 Abs. 2 GG sei nur\nverletzt, wenn die Gemeinden aus ihren verfassungsrechtlich abgesicherten\nfinanziellen Teilhabepositionen ganzlich verdrangt wurden. Eine sinngemaße\nAnwendung des vertraglichen Schuldrechts setze voraus, dass eine besonders\nenge, mit einem privatrechtlichen Schuldverhaltnis vergleichbare Beziehung des\nEinzelnen zum Staat oder zur Verwaltung begrundet worden sei und mangels\nausdrucklicher gesetzlicher Regelung ein Bedurfnis fur eine angemessene\nVerteilung der Verantwortung bestehe. Hiervon konne im vorliegenden Fall nicht\nausgegangen werden, da die Gemeinde und das Finanzamt bei der\nGewerbebesteuerung eine gemeinsame Aufgabe erfullten. \n--- \n--- \n| 9 \n--- \n| Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 21.2.2008 abgewiesen\nund zur Begrundung ausgefuhrt: Fur die Klage sei der Rechtsweg zu den\nVerwaltungsgerichten gegeben, da die Geltendmachung des allgemeinen\nFolgenbeseitigungsanspruchs eine offentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne\ndes § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO darstelle. Ob der von der Klagerin ferner geltend\ngemachte Schadensersatzanspruch aus einem quasi-vertraglichen offentlich-\nrechtlichen Schuldverhaltnis ebenfalls von der Rechtswegzustandigkeit der\nVerwaltungsgerichte umfasst werde oder ob ein solcher Anspruch unter § 40 Abs.\n2 S. 1 Alt. 3 VwGO falle, konne dahinstehen, da die Kammer jedenfalls wegen §\n17 Abs. 2 S. 1 GVG uber den geltend gemachten Schadensersatzanspruch mit zu\nentscheiden habe. Die Klage sei unbegrundet. Die Klagerin habe keinen Anspruch\ngegen das beklagte Land auf einen Ausgleich des von ihr erlittenen\nGewerbesteuerausfalls. Der allgemeine Folgenbeseitigungsanspruch setze einen\nhoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht voraus, durch welchen ein noch\nandauernder rechtswidriger Zustand geschaffen worden sei. Ein hoheitlicher\nEingriff des beklagten Landes in ein Recht der Klagerin sei nicht zu erkennen.\nDas Versaumnis der Landesfinanzverwaltung, gegenuber dem richtigen\nSteuerschuldner, namlich der H. GmbH, fristgerecht einen\nGewerbesteuermessbescheid zu erlassen, sei nicht in einer hoheitlichen\nFunktion gegenuber der Klagerin, sondern im Rahmen eines im Hinblick auf die\neigene Verwaltungstatigkeit der Klagerin als Steuerbehorde auf dasselbe Ziel\ngerichteten behordlichen Verfahrens zur Erhebung der Gewerbesteuer erfolgt. Im\nRahmen dieses Verfahrens komme dem Finanzamt Rastatt zwar eine hoheitliche\nFunktion gegenuber dem Schuldner der Gewerbesteuer zu, nicht jedoch gegenuber\nder an dem Besteuerungsverfahren mit derselben Zielsetzung mitwirkenden\nGemeinde. Aus Art. 108 GG und § 9 Abs. 2 KAG ergebe sich, dass die Finanzamter\nfur die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen und fur die Festsetzung des\nSteuermessbetrags, die Gemeinden dagegen fur die Festsetzung und Erhebung der\nGewerbesteuer zustandig seien. Aus der verfassungsrechtlichen\nKompetenzaufteilung folge, dass Finanzamter und Gemeinden im\nMessbetragsverfahren nicht in einem hoheitlichen Über- und\nUnterordnungsverhaltnis stunden, sondern als gleichgeordnete Rechtstrager das\nGewerbesteuergesetz zu vollziehen hatten. Die Übertragung von\nVerwaltungsaufgaben auf verschiedene Hoheitstrager begrunde fur sich allein\nkeine Rechte eines dieser Hoheitstrager im Hinblick auf die Erfullung der\nVerwaltungsaufgaben durch den anderen Hoheitstrager. Davon abgesehen habe das\nUnterlassen des Finanzamts auch nicht zu einem Eingriff in ein subjektives\nRecht der Klagerin gefuhrt. Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG sowie Art. 106 Abs. 6 GG\ngewahrten den Gemeinden zwar einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf das\nAufkommen an den Realsteuern. Diese Gewahrleistung sei aber nur in dem Sinne\nzu verstehen, dass den Gemeinden das Aufkommen nicht durch einfaches Bundes-\noder Landesgesetz entzogen werden konne. Die Vorschrift begrunde kein\nsubjektives Recht der Gemeinden, im Einzelfall die sachliche Richtigkeit eines\nMessbescheids beanspruchen zu konnen. Der von der Klagerin geltend gemachte\nAnspruch lasse sich auch nicht auf einen Anspruch auf Schadensersatz aus einem\nquasi-vertraglichen offentlich-rechtlichen Schuldverhaltnis stutzen. Die\nsinngemaße Anwendung des vertraglichen Schuldrechts auch auf offentlich-\nrechtliche Verhaltnisse entspreche der gefestigten Rechtsprechung des\nBundesgerichtshofs, wenn eine besonders enge, mit einem privatrechtlichen\nSchuldverhaltnis vergleichbare Beziehung eines Dritten zum Staat oder zur\nVerwaltung begrundet worden und mangels ausdrucklicher gesetzlicher Regelung\nein Bedurfnis fur eine angemessene Verteilung der Verantwortung innerhalb des\noffentlichen Rechts gegeben sei. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden\nFall nicht gegeben. Wirkten wie hier das Finanzamt und die Gemeinde bei der\nErfullung einer ihnen gemeinsam ubertragenen Aufgabe gleichsinnig und nicht in\nVertretung einander widerstreitender Interessen derart zusammen, dass sie im\nRahmen dieser Aufgabe als Teil eines einheitlichen Ganzen erschienen, konnten\ndie Pflichten, die dem Finanzamt im Interesse der Forderung des gemeinsam\nangestrebten Ziels oblagen, nicht als Pflichten angesehen werden, deren\nVerletzung Schadensersatzanspruche auslosen konne. \n--- \n--- \n| 10 \n--- \n| Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene\nBerufung der Klagerin. Zu deren Begrundung macht die Klagerin geltend:\nEntgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts konne ein\nFolgenbeseitigungsanspruch auch und gerade dann geltend gemacht werden, wenn\nLand und Gemeinde bei der Erledigung staatlicher Aufgaben zusammenwirkten. So\nhabe das Bundesverwaltungsgericht einen Anspruch der Gemeinde auf\nRuckgangigmachung einer Rechtsverletzung fur den Fall bejaht, dass die\nBauaufsichtsbehorde ein Bauvorhaben ohne Herstellung des gemeindlichen\nEinvernehmens genehmigt habe. Auch im Rahmen der Zuweisung von Asylbewerbern\nhabe das Bundesverwaltungsgericht einen Folgenbeseitigungsanspruch nicht von\nvorneherein ausgeschlossen. In beiden Fallen wirkten Gemeinde und Land beim\nZustandekommen der einschlagigen Verwaltungsentscheidungen zusammen. Auch das\nArgument, dass die Finanzbehorde eine hoheitliche Funktion nur gegenuber dem\nSteuerpflichtigen und nicht auch gegenuber der am Besteuerungsverfahren\nmitwirkenden Gemeinde ausube, konne nicht verfangen, da auch die\nBauaufsichtsbehorde im Baugenehmigungsverfahren gegenuber der daran nach\nMaßgabe des § 36 BauGB mitwirkenden Gemeinde keine hoheitliche Funktion\nausube. Davon abgesehen entfalte der Gewerbesteuermessbescheid auch eine\nhoheitliche Wirkung gegenuber der Gemeinde, da diese beim Erlass des\nGewerbesteuerbescheids an den Messbescheid gebunden sei. Tatsachlich bestehe\ndaher ein Über- und Unterordnungsverhaltnis oder wenigstens ein\nAbhangigkeitsverhaltnis zwischen Finanzbehorde und Gemeinde. Dem\nVerwaltungsgericht konne auch insoweit nicht gefolgt werden, als es in dem\nVerhalten bzw. Unterlassen der Finanzverwaltung keinen Eingriff in ein ihr,\nder Klagerin, zustehendes subjektives Recht sehe. Zwar treffe es zu, dass der\nBundesfinanzhof Primaranspruche der ertragsberechtigten Gemeinde gegen die\nFeststellung der Grundlagen fur die Gewerbesteuer durch die Finanzbehorde und\ndamit ein subjektives Recht der Gemeinde, im Einzelfall die sachliche\nRichtigkeit eines Messbescheids durch unmittelbare Anfechtung desselben\nbeanspruchen zu konnen, verneint habe. Begrundet werde dies mit\nRechtssicherheitserwagungen, namlich damit, dass der Steuerpflichtige auf die\nBestandskraft der ihm gegenuber ergangenen Steuerbescheide vertrauen durfe.\nSekundaranspruche wegen eines Eingriffs in die Ertragshoheit der Gemeinde\nseien dadurch nicht ausgeschlossen. Der Annahme eines offentlich-rechtlichen\nSonderverhaltnisses zwischen der Finanzverwaltung und der Gemeinde stehe nicht\ndie Gleichgerichtetheit der Interessen entgegen. Der die Annahme einer\nvertragsahnlichen Sonderbeziehung rechtfertigende Aspekt sei vielmehr zum\neinen eine besonders enge, mit einem privatrechtlichen Schuldverhaltnis\nvergleichbare Beziehung der Beteiligten und zum anderen, dass mangels\nausdrucklicher gesetzlicher Regelungen ein Bedurfnis fur eine angemessene\nVerteilung der Verantwortung bestehe. \n--- \n--- \n| 11 \n--- \n| Die Klagerin beantragt, \n--- \n--- \n| 12 \n--- \n| das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21.2.2008 - 6 K 2136/07 -\nzu andern, die Bescheide der Oberfinanzdirektion vom 24.1. und 23.2.2007 sowie\nden Widerspruchsbescheid vom 5.7.2007 aufzuheben und das beklagte Land zu\nverpflichten, ihr den Ausfall der Gewerbesteuer einschließlich\nVeranlagungszinsen fur 1996, 1997 und 1998 in Hohe von 352.837,98 EUR\nauszugleichen. \n--- \n--- \n| 13 \n--- \n| Das beklagte Land beantragt, \n--- \n--- \n| 14 \n--- \n| die Berufung zuruckzuweisen. \n--- \n--- \n| 15 \n--- \n| Es erwidert: Bei den von der Klagerin zitierten Entscheidungen des\nBundesverwaltungsgerichts werde jeweils die besondere Rechtsstellung der\nGemeinde hervorgehoben, die in besonderen Vorschriften zur Geltung komme. So\nwerde der Gemeinde bspw. in § 36 BauGB ein subjektives Recht auf\nermessensfehlerfreie Entscheidung der zustandigen Baugenehmigungsbehorde\neingeraumt. Das aber sei beim Verfahren zur Gewerbesteuerfestsetzung nicht der\nFall. § 40 Abs. 3 FGO versage der Gemeinde vielmehr ausdrucklich eine\nKlagebefugnis gegen Gewerbesteuermessbescheide des Finanzamts. Wie das\nVerwaltungsgericht zutreffend ausgefuhrt habe, umfasse der\nFolgenbeseitigungsanspruch nur diejenigen Folgen, auf welche die Amtshandlung\nunmittelbar gerichtet gewesen sei. Der Steuerausfall beruhe jedoch darauf,\ndass im dem Zeitpunkt, in dem die Fehlerhaftigkeit der\nGewerbesteuermessbescheide festgestellt worden sei, bereits\nFestsetzungsverjahrung eingetreten sei. Die Rechtsfolge sei daher nicht durch\neine Amtshandlung, sondern durch eine gesetzliche Anordnung eingetreten. Die\nAnsicht der Klagerin, das Finanzamt trete der Gemeinde gegenuber hoheitlich\nauf, sei unrichtig. Die Bindung der Gemeinde an die Vorgaben des Finanzamts\nandere daran nichts. \n--- \n--- \n| 16 \n--- \n| Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat\nvorliegenden Akten des Finanzamts Rastatt, der Oberfinanzdirektion Karlsruhe\nund des Finanzgerichts Baden-Wurttemberg sowie auf die Schriftsatze der\nBeteiligten Bezug genommen. \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| | \n--- \n| 17 \n--- \n| Die Berufung ist unbegrundet. Auch nach Ansicht des Senats kann die\nKlagerin nicht beanspruchen, dass das beklagte Land fur den ihr in Folge des\nVerhaltens des Finanzamts Rastatt entstandenen Gewerbesteuerausfall Ersatz\nleistet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen. \n--- \n**I.** \n--- \n| 18 \n--- \n| Der Senat lasst offen, ob das Verwaltungsgericht die von der Klagerin\nerhobene Klage nicht schon im Hinblick auf die Regelung in § 40 Abs. 3 FGO als\nunzulassig hatte abweisen mussen. \n--- \n--- \n| 19 \n--- \n| Verwaltet eine Finanzbehorde des Bundes oder eines Landes eine Abgabe ganz\noder teilweise fur andere Abgabenberechtigte, konnen diese nach § 40 Abs. 3\nFGO nur in den Fallen Klage erheben, in denen der Bund oder das Land die\nAbgabe oder einen Teil der Abgabe unmittelbar oder mittelbar schulden wurde.\nIn allen anderen Fallen ist der Rechtsschutz nach der Finanzgerichtsordnung\nausgeschlossen. Die Gemeinde kann danach gegen einen von ihr fur falsch\ngehaltenen Grundsteuermessbescheid grundsatzlich keine Klage erheben (standige\nRechtsprechung des BFH, vgl. u. a. Urt. v. 30.1.1976 - III R 60/74 - BFHE 118,\n285; Urt. v. 21.10.1970 - I R 94/68 - BFHE 100, 295). \n--- \n--- \n| 20 \n--- \n| Die Klagerin klagt allerdings nicht gegen einen Grundsteuermessbescheid,\nsondern wegen eines solchen Bescheids. Damit stellt sich die Frage, ob § 40\nAbs. 3 FGO sich nur auf Anfechtungsklagen bezieht oder auch alle anderen\nKlagen ausschließen will, die von einer Gemeinde in ihrer Eigenschaft als\nAbgabenberechtigte gegen die diese Abgabe verwaltende Finanzbehorde des Bundes\noder eines Landes erhoben werden. Nach der Ansicht der Klagerin bezieht sich §\n40 Abs. 3 FGO nur auf die Primaranspruche der Gemeinde und nicht auch auf die\nGeltendmachung von Sekundaranspruchen wegen eines Eingriffs in die\nErtragshoheit in Folge einer fehlerhaften Steuerveranlagung, da die hinter\ndieser Regelung stehende Überlegung, nach welcher der Steuerpflichtige auf die\nBestandskraft der ihm gegenuber ergangenen Steuerbescheide solle vertrauen\ndurfen, bei der Geltendmachung von Sekundaranspruchen keine Rolle spiele. \n--- \n--- \n| 21 \n--- \n| Daran ist richtig, dass der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 30.1.1976\n- III R 60/74 - (BFHE 118, 285), mit dem er die Verfassungsmaßigkeit des § 40\nAbs. 3 FGO bestatigt hat, auch auf die Folgen hingewiesen hat, die es fur die\nRechtssicherheit, namlich fur das Vertrauen der Steuerpflichtigen in die\nBestandskraft der Steuerbescheide, hatte, wenn man den Steuerglaubigern -\naußer den Gemeinden auch dem Bund, den Landern hinsichtlich der von\nBundesfinanzbehorden verwalteten Biersteuer, den Kirchen und den\nberufsstandischen Kammern bezuglich ihrer Beitrage - ein Klagerecht einraumen\nwurde. Das ist jedoch keineswegs das einzige vom Bundesfinanzhof in diesem\nZusammenhang angefuhrte Argument. Es trifft ferner entgegen der Darstellung\nder Klagerin nicht zu, dass in der Kommentarliteratur allgemein oder\nuberwiegend die Meinung vertreten wird, § 40 Abs. 3 FGO beziehe sich nur auf\nAnfechtungsklagen. Tipke in Tipke/Kruse, Komm. zur Finanzgerichtsordnung, § 40\nTz. 73 (S. 30/2) ist vielmehr der Meinung, dass diese Vorschrift jede Art von\nKlage der Gemeinde ausschließe. \n--- \n**II.** \n--- \n| 22 \n--- \n| Der Senat sieht jedoch davon ab, dieser Frage weiter nachzugehen, da die\nvon der Klagerin erhobene Klage jedenfalls in der Sache keinen Erfolg haben\nkann. Die Klagerin kann weder gestutzt auf den allgemeinen\nFolgenbeseitigungsanspruch noch nach den Grundsatzen uber die sinngemaße\nAnwendung des vertraglichen Schuldrechts auf offentlich-rechtliche\nSonderbeziehungen verlangen, dass das beklagte Land fur den ihr entstandenen\nGewerbesteuerausfall Ersatz leistet. \n--- \n--- \n| 23 \n--- \n| 1\\. Der - gesetzlich nicht normierte - Folgenbeseitigungsanspruch setzt\nnach allgemeiner Auffassung einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives\nRecht voraus, durch welchen ein noch andauernder rechtswidriger Zustand\ngeschaffen worden ist, und ist auf die Wiederherstellung des Zustandes\ngerichtet, der im Zeitpunkt des Eingriffs bestand (vgl. u.a. BVerwG, Urt. v.\n21.9.2000 - 2 C 5.99 - NJW 2001, 1878; Urt. v. 26.8.1993 - 4 C 24.91 - BVerwGE\n94, 100). Entgegen der Auffassung der Klagerin liegen die tatbestandlichen\nVoraussetzungen eines solchen Anspruchs nicht vor. \n--- \n--- \n| 24 \n--- \n| a) Als moglicher Anknupfungspunkt fur eine Haftung des beklagten Landes\naufgrund des allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruchs kommt nach der Auffassung\ndes Verwaltungsgerichts nur das Unterlassen des zustandigen Finanzamts Rastatt\nin Betracht, innerhalb der steuerlichen Festsetzungsverjahrungsfrist\nGewerbesteuermessbescheide gegenuber dem richtigen Steuerschuldner, namlich\nder H. GmbH, zu erlassen. Das beruht auf der Annahme, die an die H. KG\ngerichteten Gewerbesteuermessbescheide vom 1.9.2004 seien nichtig, wovon auch\ndie Beteiligten bisher ubereinstimmend ausgegangen sind. Diese Annahme trifft\njedoch nicht zu. \n--- \n--- \n| 25 \n--- \n| Die Ansicht, die an die H. KG gerichteten Gewerbesteuermessbescheide seien\nnichtig, an der die Vertreter des beklagten Landes in der mundlichen\nVerhandlung vor dem Senat weiter festgehalten haben, beruht auf der standigen\nRechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach ein Verwaltungsakt unwirksam ist,\nwenn er sich gegen ein nicht oder nicht mehr existierendes Steuersubjekt\nrichtet. Hiervon ist der Bundesfinanzhofs u.a. fur den Fall ausgegangen, dass\nder Adressat des Verwaltungsakts eine Gesellschaft ist, die bei Erlass des\nVerwaltungsakts durch Umwandlung erloschen war und daher in diesem Zeitpunkt\nnicht mehr existierte (vgl. u. a. Urt. v. 25.1.2006 - I R 52/05 - BFH/NV 2006,\n1243; Beschl. des Großen Senats v. 21.10.1985 - GrS 4/84 - BFHE 145, 110). \n--- \n--- \n| 26 \n--- \n| Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben. Im Beschluss des Großen\nSenats des Bundesfinanzhofs vom 21.10.1985 (aaO) ging es um die Umwandlung\neiner GmbH in eine KG auf der Grundlage des seinerzeit geltenden\nUmwandlungsgesetzes vom 6.11.1969. Der Große Senat des Bundesfinanzhofs ging\ndabei davon aus, dass die Personenhandelsgesellschaft (KG)\nGesamtrechtsnachfolgerin der GmbH geworden sei, die mit der Eintragung des\nUmwandlungsbeschlusses in das Handelsregister erloschen sei. Die GmbH als\nRechtsvorgangerin und die Personenhandelsgesellschaft als\nGesamtrechtsnachfolgerin seien daher - anders als in den Fallen der\nformwechselnden Umwandlung von Kapitalgesellschaften und\nPersonengesellschaften, bei der die Rechtsperson der Gesellschaft identisch\nbleibe - verschiedene Rechtspersonen. \n--- \n--- \n| 27 \n--- \n| Fur das am 1.1.1995 in Kraft getretene Umwandlungsgesetz vom 28.10.1994\ngilt das nicht. Nach den §§ 190, 191 UmwG 1995 konnen\nPersonenhandelsgesellschaften durch Formwechsel in Gesellschaften mit\nbeschrankter Haftung umgewandelt werden. Von dieser Moglichkeit hat die hier\nin Rede stehende H. KG Ende 1998 Gebrauch gemacht. Gemaß § 202 Abs. 1 Nr. 1\nUmwG 1995 besteht im Anschluss an eine formwechselnde Umwandlung der\nformwechselnde Rechtstrager in der im Umwandlungsbeschluss bestimmten\nRechtsform weiter. Der Formwechsel fuhrt danach nicht zum Erloschen des\nursprunglich bestehenden und zur Entstehung eines neuen Rechtstragers;\nvielmehr besteht vor und nach dem Formwechsel ein und dasselbe Rechtssubjekt\n(BFH, Urt. v. 8.10.2008 - I R 3/06 - BFHE 223, 115 <Juris Rn. 21>; Urt. v.\n30.9.2003 - III R 6/02 - BFHE 203, 553). Die Gewerbesteuermessbescheide vom\n1.9.2004 hatten danach zwar korrekterweise statt an die H. KG an die H. GmbH\ngerichtet werden mussen. Sie sind deshalb aber nicht nichtig. Ihr Adressat ist\nvielmehr lediglich unrichtig bezeichnet worden, was bei der gebotenen\ninhaltlichen Auslegung ihrer Wirksamkeit nicht entgegensteht. \n--- \n--- \n| 28 \n--- \n| Der hiergegen in der mundlichen Verhandlung von den Vertretern des\nbeklagten Landes erhobene Einwand, dass sich durch die Umwandlung der H. KG in\ndie H. GmbH steuerrechtlich eine neue Situation ergeben habe, da\nKapitalgesellschaften anders als Personenhandelsgesellschaften\nkorperschaftsteuerpflichtig seien, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der\nEinwand geht schon deshalb ins Leere, weil es im vorliegenden Fall nicht um\neinen Korperschaftsteuer-, sondern um einen Gewerbesteuermessbescheid geht.\nAls Betreiberin eines gewerblichen Unternehmens war die H. GmbH auch schon vor\nihrer Umwandlung in eine GmbH gewerbesteuerpflichtig. \n--- \n--- \n| 29 \n--- \n| Hiervon ausgehend kann der mogliche Anknupfungspunkt fur einen allgemeinen\nFolgenbeseitigungsanspruch nicht in dem vom Verwaltungsgericht angenommenen\nUnterlassen des Finanzamts gesehen werden, innerhalb der\nFestsetzungsverjahrungsfrist wirksame Gewerbesteuermessbescheide gegenuber dem\nrichtigen Steuerschuldner zu erlassen. Zu dem Steuerausfall, dessen Ersatz die\nKlagerin begehrt, hat vielmehr gefuhrt, dass das Finanzamt in der irrigen\nAnnahme, dass die H. KG infolge der Umwandlung in eine GmbH erloschen sei, in\nseinem Schreiben vom 17.8.2006 die Nichtigkeit der Gewerbesteuermessbescheide\nfestgestellt hat, wodurch die Klagerin sich veranlasst gesehen hat, die von\nihr am 24.9.2004 erlassenen Gewerbesteuerbescheide mit ihrem Bescheid vom\n1.9.2006 der Sache nach aufzuheben. \n--- \n--- \n| 30 \n--- \n| b) Das Finanzamt hat den gegen das Schreiben vom 17.8.2006 eingelegten\nEinspruch der Klagerin mit der Begrundung zuruckgewiesen, das Schreiben sei\nnach der standigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kein Verwaltungsakt,\nsondern nur als unverbindliche Äußerung einer Rechtsansicht zu verstehen. Die\nFrage, ob das Finanzamt mit dem Schreiben in ein Recht der Klagerin\neingegriffen hat, durfte bei diesem Verstandnis des Schreibens von vornherein\nverneint werden mussen, da in der bloßen Äußerung einer Rechtsansicht\nschwerlich der Eingriff in ein fremdes Recht gesehen werden kann. Das kann\njedoch auf sich beruhen, da der Senat in dem Schreiben anders als das\nFinanzamt einen feststellenden Verwaltungsakt sieht. In seiner bisherigen\nRechtsprechung hat der Bundesfinanzhof allerdings angenommen, in der\nFeststellung des Finanzamts uber die Nichtigkeit eines Steuerbescheids sei nur\neine unverbindliche, deklaratorische Wissenserklarung ohne Regelungsgehalt zu\nsehen. Die herrschende Meinung in der Literatur geht dagegen in diesen Fallen\nvon einem die Behorde bindenden, feststellenden Verwaltungsakt aus (vgl. die\nNachweise zum Meinungsstand im Urteil des BFH vom 24.1.2008 - V R 36/06 - BFHE\n220, 208). Wie diese Frage im Allgemeinen zu beantworten ist, kann\ndahinstehen. Jedenfalls unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umstanden hat\nder Senat keinen Zweifel daran, dass die wahrend des anhangigen Rechtsstreits\nzwischen der H. GmbH und dem beklagten Land getroffenen Feststellung des\nFinanzamts, die von der H. GmbH angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide seien\nnichtig, nicht nur als eine unverbindliche Meinungsaußerung, sondern als ein\ndie Behorde bindender, feststellender Verwaltungsakt verstanden werden muss. \n--- \n--- \n| 31 \n--- \n| c) Das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen eines hoheitlichen Eingriffs\ndes beklagten Landes in ein Recht der Klagerin in erster Linie mit der\nBegrundung verneint, dass das - von ihm angenommene - Versaumnis des\nFinanzamts nicht in einer hoheitlichen Funktion gegenuber der Klagerin,\nsondern im Rahmen eines im Hinblick auf die eigene Verwaltungstatigkeit der\nKlagerin als Steuerbehorde auf dasselbe Ziel gerichteten behordlichen\nVerfahrens zur Erhebung der Gewerbesteuer erfolgt sei. Im Rahmen dieses\nVerfahrens komme dem Finanzamt zwar eine hoheitliche Funktion gegenuber dem\nGewerbesteuerschuldner zu, nicht aber gegenuber der an dem\nBesteuerungsverfahren mitwirkenden Gemeinde. Diese Argumentation beruht auf\nder Annahme, dass in Fallen, in denen ein Folgenbeseitigungsanspruch von einem\nHoheitstrager gegenuber einem anderen Hoheitstrager erhoben wird, das Bestehen\neines solchen Anspruchs voraussetzt, dass der in Anspruch genommene\nHoheitstrager auch im Verhaltnis zu dem diesen Anspruch erhebenden\nHoheitstrager hoheitlich gehandelt hat. \n--- \n--- \n| 32 \n--- \n| Ob das richtig ist, lasst der Senat offen (unten aa). Ein\nFolgenbeseitigungsanspruch der Klagerin gegen das beklagte Land ist jedenfalls\ndeshalb zu verneinen, weil weder in dem vom Verwaltungsgericht angenommenen\nUnterlassen des Finanzamts noch in dem nach der Ansicht des Senats allein als\nAnknupfungspunkt eines solchen Anspruchs in Betracht kommenden Schreiben des\nFinanzamts vom 17.8.2006 ein Eingriff in ein subjektives Recht der Klagerin\ngesehen werden kann (unten bb). \n--- \n--- \n| 33 \n--- \n| aa) Das Finanzamt hat bei der Abfassung seines Schreibens vom 17.8.2006,\nmit dem es die Nichtigkeit der Gewerbesteuermessbescheide festgestellt hat, im\nVerhaltnis zu der H. GmbH als Steuerschuldner fraglos hoheitlich gehandelt.\nAußer Frage steht ferner, dass zwischen dem Finanzamt und der Klagerin ein\nVerhaltnis der Über- und Unterordnung, wie es zwischen dem Finanzamt und dem\nSteuerschuldner besteht, aus den im Urteil des Verwaltungsgerichts genannten\nGrunden nicht existiert. Am Gewerbesteuerverfahren sind sowohl die\nLandesfinanzbehorden als auch die Gemeinden beteiligt. Die Finanzamter sind\ndabei zustandig fur die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen und fur die\nFestsetzung des Steuermessbetrags, die Festsetzung und Erhebung der\nGewerbesteuer auf der Grundlage dieses Betrags fallt dagegen in die\nZustandigkeit der Gemeinden. Finanzamter und Gemeinden stehen daher im\nGewerbesteuerverfahren nicht in einem Über- und Unterordnungsverhaltnis,\nsondern haben als gleichgeordnete Rechtstrager - nacheinander tatig werdend -\nnach Maßgabe des Grundgesetzes und des Landesrechts das Grundsteuergesetz zu\nvollziehen (vgl. BFH, Urt. v. 30.1.1976 - III R 60/74 - BFHE 118, 285; BGH,\nBeschl. v. 25.9.2003 - III ZR 362/02 - NVwZ 2004, 127). \n--- \n--- \n| 34 \n--- \n| Aus diesem Verhaltnis zwischen Finanzamtern und Gemeinden im\nGewerbesteuerverfahren hat der Bundesgerichtshof (Beschl. v. 25.9.2003, aaO)\ngeschlossen, dass eine Gemeinde, die wegen des Verhaltens des Finanzamts einen\nGewerbesteuerausfall erlitten habe, nicht gemaß § 839 Abs. 1 S. 1 BGB\nSchadensersatz verlangen konne, da Pflichten, die den Beteiligten im Interesse\nder Forderung des gemeinsam angestrebten Ziels oblagen, nicht als\ndrittgerichtete Amtspflichten angesehen werden konnten, deren Verletzung\naußenrechtliche Amtshaftungsanspruche der geschadigten Korperschaft auslose.\nOb mit einer entsprechenden Argumentation auch das Bestehen eines\nFolgenbeseitigungsanspruches verneint werden kann, wie dies das\nVerwaltungsgericht getan hat, halt der Senat fur fraglich. Die Klagerin\nverweist in diesem Zusammenhang zu Recht auf die Rechtsprechung des\nBundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 12.12.1991 - 4 C 31.89 - NVwZ 1992, 878),\nwonach die Gemeinde in ihrer Planungshoheit verletzt wird, wenn die\nBauaufsichtsbehorde sich im Baugenehmigungsverfahren uber ein ausdrucklich\nversagtes Einvernehmen der Gemeinde hinwegsetzt oder die Behorde rechtsirrig\ndie Baugenehmigungsfreiheit eines Vorhabens annimmt und aus diesem Grund die\nbei Durchfuhrung eines Baugenehmigungsverfahrens notwendige Beteiligung der\nGemeinde unterlasst. Wird in einem dieser Falle das Vorhaben in Folge des\nVerhaltens der Baugenehmigungsbehorde verwirklicht, kann die Gemeinde deshalb\n- nach Maßgabe der Regelungen, die das jeweilige Landesrecht in der die\nBauaufsichtsbehorde zum Einschreiten ermachtigenden Norm aufstellt -\nverlangen, dass der Zustand wiederhergestellt wird, der bestanden hatte, ware\ndas Recht beachtet worden. Bauaufsichtsbehorde und Gemeinde wirken im\nBaugenehmigungsverfahren zwar nicht in der gleichen Weise zusammen wie\nFinanzamt und Gemeinde im Gewerbesteuerverfahren. Ein Verhaltnis der Über- und\nUnterordnung zwischen staatlicher Behorde und Gemeinde ist jedoch im\nBaugenehmigungsverfahren ebenso wenig zu erkennen wie im\nGewerbesteuerverfahren. \n--- \n--- \n| 35 \n--- \n| bb) An den Voraussetzungen eines Folgenbeseitigungsanspruchs fehlt es\njedoch jedenfalls deshalb, weil das Finanzamt mit seinem Schreiben vom\n17.8.2006, mit dem es - zu Unrecht - die Nichtigkeit der\nGewerbesteuermessbescheide festgestellt hat, ebenso wenig in ein subjektives\nRecht der Klagerin eingegriffen hat, wie das bei einem zu niedrig\nfestgesetzten Grundsteuermessbetrag der Fall gewesen ware. \n--- \n--- \n| 36 \n--- \n| Die bereits erwahnte Regelung in § 40 Abs. 3 FGO schließt Klagen der\nGemeinde gegen einen von ihr fur falsch gehaltenen Grundsteuermessbescheid\ngrundsatzlich aus. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urt. v.\n30.1.1976 - III R 60/74 - BFHE 118, 285; Urt. v. 21.10.1970 - I R 94/68 - BFHE\n100, 295) verstoßt diese Regelung nicht gegen Art. 19 Abs. 4 GG, da die\nhebeberechtigten Gemeinden durch zu niedrig festgesetzte Steuermessbetrage\nnicht in ihren Rechten verletzt seien. Ein solches Recht ergebe sich weder aus\nder Beteiligung der Gemeinden an der Verwaltung der Gewerbesteuer noch aus der\nden Gemeinde gewahrleisteten Ertragshoheit. Aus der Kompetenzaufteilung bei\nder Verwaltung der Gewerbesteuer folge, dass Finanzamter und Gemeinden als\ngleichgeordnete Rechtstrager nach Maßgabe des Grundgesetzes und des\nLandesrechts das Grundsteuergesetz zu vollziehen hatten. Die Übertragung von\nVerwaltungsaufgaben auf verschiedene Hoheitstrager begrunde fur sich allein\nkeine Rechte eines dieser Hoheitstrager im Hinblick auf die Erfullung der\nVerwaltungsaufgaben durch den anderen Hoheitstrager. Auch unter dem\nGesichtspunkt der Ertragshoheit bestehe keine Rechtsverletzung. Art. 106 Abs.\n6 GG gewahre den Gemeinden zwar einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf das\nAufkommen an den Realsteuern. Das sei aber nur in dem Sinne gemeint, dass den\nGemeinden dieses Aufkommen nicht durch einfaches Bundes- oder Landesgesetz\nentzogen werden konne. \n--- \n--- \n| 37 \n--- \n| Der Senat teilt diese Beurteilung. Daran, dass die Beteiligung der\nGemeinden an der Verwaltung der Gewerbesteuer den Gemeinde keine Rechte in\nBezug auf die Tatigkeit der Finanzamter gewahrt, bestehen keine Zweifel. Etwas\nanderes wird auch von der Klagerin nicht vertreten. Die Finanzhoheit ist nach\nallgemeiner Ansicht Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und\ngenießt damit den Schutz des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG. Zu ihr gehort unter\nanderem die Steuer- und Abgabenhoheit, die den Gemeinden erlaubt, ihre\nEinwohner aus eigenem Recht zu den aus der Aufgabenerfullung resultierenden\nLasten heranzuziehen. Finanzzuweisungen und die Beteiligung an den\nLandessteuern durfen deshalb nicht die einzigen kommunalen Einnahmequellen\nsein. Der durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 27.10.1994 in\nArt. 28 GG eingefugte Abs. 2 S. 3, nach dem die Gewahrleistung der\nSelbstverwaltung auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung\numfasst, verdeutlicht dies. Aus Art. 28 Abs. 2 GG folgt aber uber das in Satz\n3 der Vorschrift Gewahrleistete hinaus keine bestimmte Ausgestaltung des\nkommunalen Einnahmesystems (BVerfG, Beschl. v. 27.1.2010 - 2 BvR 2185/04 -\nJuris). Der Umstand, dass der Klagerin durch das Verhalten des Finanzamts den\nihr gegen die H. KG zustehenden Gewerbesteueranspruch nicht realisieren\nkonnte, bedeutet daher keine Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts. \n--- \n--- \n| 38 \n--- \n| Aus Art. 106 Abs. 6 GG folgt nichts anderes. Danach steht zwar das\nAufkommen der Gewerbesteuer den Gemeinden zu (Satz 1) und ist den Gemeinden\ndas Recht einzuraumen, die Hebesatze der Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze\nfestzusetzen (Satz 2). Den Gemeinden ist damit aber weder eine bestimmte Hohe\ndes Steueraufkommens noch die Gewerbesteuer als solche von Verfassungs wegen\ngarantiert (BVerfG, Beschl. v. 27.1.2010, aaO). Die Gemeinden sind deshalb\nauch durch diese Vorschrift nicht davor geschutzt, dass bei der Festsetzung\ndes Gewerbesteuermessbetrags unterlaufene Fehler der Landerfinanzbehorden das\nAufkommen der Gewerbesteuer mindern. \n--- \n--- \n| 39 \n--- \n| 2\\. Wegen des von ihr erlittenen Steuerausfalls steht der Klagerin auch\nkein Schadensersatzanspruch nach den Grundsatzen uber die sinngemaße Anwendung\ndes vertraglichen Schuldrechts auf offentlich-rechtliche Sonderbeziehungen zu. \n--- \n--- \n| 40 \n--- \n| Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgefuhrt hat, entspricht die\nsinngemaße Anwendung des vertraglichen Schuldrechts als Ausdruck allgemeiner\nRechtsgedanken auch auf offentlich-rechtliche Verhaltnisse der standigen\nRechtsprechung, wenn eine besonders enge, mit einem privatrechtlichen\nSchuldverhaltnis vergleichbare Beziehung des Einzelnen zum Staat oder zur\nVerwaltung begrundet worden ist und mangels ausdrucklicher gesetzlicher\nRegelung ein Bedurfnis fur eine angemessene Verteilung der Verantwortung\ninnerhalb des offentlichen Rechts besteht (vgl. u. a. BGH, Urt. v. 11.1.2007 -\nIII ZR 294/05 - NJW-RR 2007, 457 mit weiteren Nachweisen). In Anwendung dieser\nGrundsatze hat der Bundesgerichtshof wegen Pflichtverstoßen von Bediensteten\ndes Strafvollzugs gegenuber Strafgefangenen lediglich Amtshaftungsanspruche\nfur moglich gehalten und entschieden, dass die nur als Nebenpflicht bestehende\nFursorgepflicht des Staates keinen Anlass biete, ein offentlich-rechtliches\nSchuldverhaltnis zum Strafgefangenen anzunehmen. Vertragsahnliche Beziehungen,\ndie die Anwendung des vertraglichen Schuldrechts erlauben, hat der\nBundesgerichtshof hingegen im Verhaltnis eines Anschlussnehmers zur Gemeinde\nhinsichtlich des Betriebs einer gemeindlichen Abwasserkanalisation, beim\nBetrieb der Wasserversorgung als offentliche Einrichtung, fur ein\nNutzungsverhaltnis zwischen dem Benutzer und dem hoheitlichen Trager eines\nkommunalen Schlachthofs und fur das Rechtsverhaltnis zwischen dem Bund und dem\nTrager der Beschaftigungsstelle angenommen, das mit der Anerkennung einer\nprivatrechtlich organisierten Beschaftigungsstelle des Zivildienstes nach § 4\nZDG begrundet wird (vgl. BGH, Urt. v. 23.2.2006 - III ZR 164/05 - BGHZ 166,\n268). \n--- \n--- \n| 41 \n--- \n| Nach den in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten\nMaßstaben kann von einem verwaltungsrechtliches Schuldverhaltnis zwischen den\nBeteiligten nicht ausgegangen werden. Wie dargestellt, haben die\nLandesfinanzbehorden und die Gemeinden das Gewerbesteuergesetz gemeinsam zu\nvollziehen. Bei der in die Zustandigkeit der Landesfinanzbehorden fallenden\nErmittlung der Besteuerungsgrundlagen und der Festsetzung des\nSteuermessbetrags sind die Finanzamter verpflichtet, die finanziellen\nInteressen der Gemeinde zu wahren. Das Bestehen dieser Pflicht begrundet\njedoch noch keine einem privatrechtlichen Schuldverhaltnis vergleichbare\nBeziehung zwischen Finanzamtern und Gemeinden, die den Trager der\nFinanzverwaltung nach den Regeln des vertraglichen Schuldrechts bei\nschuldhaften Pflichtverstoßen zum Schadensersatz verpflichtet. \n--- \n--- \n| 42 \n--- \n| 3\\. Der Senat weist erganzend auf Folgendes hin: Von der nach Art. 108 Abs.\n4 S. 2 GG bestehenden Befugnis, die nach dem Grundgesetz den\nLandesfinanzbehorden zustehende Kompetenz fur die Verwaltung der Gewerbesteuer\ndurch ein formliches Landesgesetz ganz oder zum Teil auf die Gemeinden zu\nubertragen, hat der baden-wurttembergische Landesgesetzgeber mit § 9 Abs. 2 S.\n1 KAG Gebrauch gemacht. Er hat damit aber die Verwaltung der Gewerbesteuer\nnicht insgesamt den Gemeinden ubertragen. Fur die Ermittlung der\nBesteuerungsgrundlagen und fur die Festsetzung und ggf. die Zerlegung der\nSteuermessbetrage sind vielmehr, wie bereits mehrfach angesprochen, auch\nweiterhin - der Regel des Art. 108 Abs. 2 GG entsprechend - die Finanzamter\nzustandig. Eine andere Regelung ware auch kaum praktikabel, da die Gemeinden\nmit der Beurteilung der sich in diesem Zusammenhang stellenden steuerlichen\nFragen vielfach uberfordert waren (s. auch Brandis in Tipke/Kruse, Komm. zur\nAbgabenordnung, § 184 AO Tz. 4). Was die in die Zustandigkeit der Finanzamter\nfallenden Tatigkeiten betrifft, hat diese Aufteilung der\nVerwaltungszustandigkeit zur Konsequenz, dass Durchfuhrungsverantwortung und\nKostentragungslast bei Fehlern auseinander fallen. Es besteht damit ein\nSpannungsverhaltnis zwischen dem Schutz der steueranspruchsberechtigten\nGemeinde vor den Folgen von Fehlern im Bereich der Finanzverwaltung und dem\nBedurfnis des Landes, bei diesen im Interesse der Gemeinde wahrgenommenen\nAufgaben nicht oder jedenfalls nicht in vollem Umfange das finanzielle Risiko\nfur Fehler im Steuervollzug tragen zu mussen. Dieses Spannungsverhaltnis kann\nnach Ansicht des Senats sachgerecht nur durch ein Gesetz bewaltigt werden. Ein\nsolches Gesetz fehlt. Weder der Folgenbeseitigungsanspruch noch der\nSchadensersatzanspruch aus der Verletzung eines quasi-vertraglichen\noffentlich-rechtlichen Schuldverhaltnisses sind geeignete Instrumente zur\nSchließung dieser Lucke. \n--- \n--- \n| 43 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Zulassung der\nRevision auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Frage, ob eine Gemeinde wegen eines\nFehlers des Finanzamts im Rahmen des Verfahrens zum Erlass von\nGewerbesteuermessbescheiden vom Trager der Landesfinanzverwaltung Ersatz des\nihr dadurch entstandenen Steuerausfalls verlangen kann, hat grundsatzliche\nBedeutung. \n--- \n--- \n| 44 \n--- \n| **Beschluss** \n--- \n| 45 \n--- \n| Der Streitwert fur das Berufungsverfahren wird auf **352.837,98 EUR**\nfestgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG). \n--- \n--- \n| 46 \n--- \n| Der Beschluss ist unanfechtbar. \n--- \n \n## Gründe\n\n| | \n--- \n| 17 \n--- \n| Die Berufung ist unbegrundet. Auch nach Ansicht des Senats kann die\nKlagerin nicht beanspruchen, dass das beklagte Land fur den ihr in Folge des\nVerhaltens des Finanzamts Rastatt entstandenen Gewerbesteuerausfall Ersatz\nleistet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen. \n--- \n**I.** \n--- \n| 18 \n--- \n| Der Senat lasst offen, ob das Verwaltungsgericht die von der Klagerin\nerhobene Klage nicht schon im Hinblick auf die Regelung in § 40 Abs. 3 FGO als\nunzulassig hatte abweisen mussen. \n--- \n--- \n| 19 \n--- \n| Verwaltet eine Finanzbehorde des Bundes oder eines Landes eine Abgabe ganz\noder teilweise fur andere Abgabenberechtigte, konnen diese nach § 40 Abs. 3\nFGO nur in den Fallen Klage erheben, in denen der Bund oder das Land die\nAbgabe oder einen Teil der Abgabe unmittelbar oder mittelbar schulden wurde.\nIn allen anderen Fallen ist der Rechtsschutz nach der Finanzgerichtsordnung\nausgeschlossen. Die Gemeinde kann danach gegen einen von ihr fur falsch\ngehaltenen Grundsteuermessbescheid grundsatzlich keine Klage erheben (standige\nRechtsprechung des BFH, vgl. u. a. Urt. v. 30.1.1976 - III R 60/74 - BFHE 118,\n285; Urt. v. 21.10.1970 - I R 94/68 - BFHE 100, 295). \n--- \n--- \n| 20 \n--- \n| Die Klagerin klagt allerdings nicht gegen einen Grundsteuermessbescheid,\nsondern wegen eines solchen Bescheids. Damit stellt sich die Frage, ob § 40\nAbs. 3 FGO sich nur auf Anfechtungsklagen bezieht oder auch alle anderen\nKlagen ausschließen will, die von einer Gemeinde in ihrer Eigenschaft als\nAbgabenberechtigte gegen die diese Abgabe verwaltende Finanzbehorde des Bundes\noder eines Landes erhoben werden. Nach der Ansicht der Klagerin bezieht sich §\n40 Abs. 3 FGO nur auf die Primaranspruche der Gemeinde und nicht auch auf die\nGeltendmachung von Sekundaranspruchen wegen eines Eingriffs in die\nErtragshoheit in Folge einer fehlerhaften Steuerveranlagung, da die hinter\ndieser Regelung stehende Überlegung, nach welcher der Steuerpflichtige auf die\nBestandskraft der ihm gegenuber ergangenen Steuerbescheide solle vertrauen\ndurfen, bei der Geltendmachung von Sekundaranspruchen keine Rolle spiele. \n--- \n--- \n| 21 \n--- \n| Daran ist richtig, dass der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 30.1.1976\n- III R 60/74 - (BFHE 118, 285), mit dem er die Verfassungsmaßigkeit des § 40\nAbs. 3 FGO bestatigt hat, auch auf die Folgen hingewiesen hat, die es fur die\nRechtssicherheit, namlich fur das Vertrauen der Steuerpflichtigen in die\nBestandskraft der Steuerbescheide, hatte, wenn man den Steuerglaubigern -\naußer den Gemeinden auch dem Bund, den Landern hinsichtlich der von\nBundesfinanzbehorden verwalteten Biersteuer, den Kirchen und den\nberufsstandischen Kammern bezuglich ihrer Beitrage - ein Klagerecht einraumen\nwurde. Das ist jedoch keineswegs das einzige vom Bundesfinanzhof in diesem\nZusammenhang angefuhrte Argument. Es trifft ferner entgegen der Darstellung\nder Klagerin nicht zu, dass in der Kommentarliteratur allgemein oder\nuberwiegend die Meinung vertreten wird, § 40 Abs. 3 FGO beziehe sich nur auf\nAnfechtungsklagen. Tipke in Tipke/Kruse, Komm. zur Finanzgerichtsordnung, § 40\nTz. 73 (S. 30/2) ist vielmehr der Meinung, dass diese Vorschrift jede Art von\nKlage der Gemeinde ausschließe. \n--- \n**II.** \n--- \n| 22 \n--- \n| Der Senat sieht jedoch davon ab, dieser Frage weiter nachzugehen, da die\nvon der Klagerin erhobene Klage jedenfalls in der Sache keinen Erfolg haben\nkann. Die Klagerin kann weder gestutzt auf den allgemeinen\nFolgenbeseitigungsanspruch noch nach den Grundsatzen uber die sinngemaße\nAnwendung des vertraglichen Schuldrechts auf offentlich-rechtliche\nSonderbeziehungen verlangen, dass das beklagte Land fur den ihr entstandenen\nGewerbesteuerausfall Ersatz leistet. \n--- \n--- \n| 23 \n--- \n| 1\\. Der - gesetzlich nicht normierte - Folgenbeseitigungsanspruch setzt\nnach allgemeiner Auffassung einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives\nRecht voraus, durch welchen ein noch andauernder rechtswidriger Zustand\ngeschaffen worden ist, und ist auf die Wiederherstellung des Zustandes\ngerichtet, der im Zeitpunkt des Eingriffs bestand (vgl. u.a. BVerwG, Urt. v.\n21.9.2000 - 2 C 5.99 - NJW 2001, 1878; Urt. v. 26.8.1993 - 4 C 24.91 - BVerwGE\n94, 100). Entgegen der Auffassung der Klagerin liegen die tatbestandlichen\nVoraussetzungen eines solchen Anspruchs nicht vor. \n--- \n--- \n| 24 \n--- \n| a) Als moglicher Anknupfungspunkt fur eine Haftung des beklagten Landes\naufgrund des allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruchs kommt nach der Auffassung\ndes Verwaltungsgerichts nur das Unterlassen des zustandigen Finanzamts Rastatt\nin Betracht, innerhalb der steuerlichen Festsetzungsverjahrungsfrist\nGewerbesteuermessbescheide gegenuber dem richtigen Steuerschuldner, namlich\nder H. GmbH, zu erlassen. Das beruht auf der Annahme, die an die H. KG\ngerichteten Gewerbesteuermessbescheide vom 1.9.2004 seien nichtig, wovon auch\ndie Beteiligten bisher ubereinstimmend ausgegangen sind. Diese Annahme trifft\njedoch nicht zu. \n--- \n--- \n| 25 \n--- \n| Die Ansicht, die an die H. KG gerichteten Gewerbesteuermessbescheide seien\nnichtig, an der die Vertreter des beklagten Landes in der mundlichen\nVerhandlung vor dem Senat weiter festgehalten haben, beruht auf der standigen\nRechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach ein Verwaltungsakt unwirksam ist,\nwenn er sich gegen ein nicht oder nicht mehr existierendes Steuersubjekt\nrichtet. Hiervon ist der Bundesfinanzhofs u.a. fur den Fall ausgegangen, dass\nder Adressat des Verwaltungsakts eine Gesellschaft ist, die bei Erlass des\nVerwaltungsakts durch Umwandlung erloschen war und daher in diesem Zeitpunkt\nnicht mehr existierte (vgl. u. a. Urt. v. 25.1.2006 - I R 52/05 - BFH/NV 2006,\n1243; Beschl. des Großen Senats v. 21.10.1985 - GrS 4/84 - BFHE 145, 110). \n--- \n--- \n| 26 \n--- \n| Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben. Im Beschluss des Großen\nSenats des Bundesfinanzhofs vom 21.10.1985 (aaO) ging es um die Umwandlung\neiner GmbH in eine KG auf der Grundlage des seinerzeit geltenden\nUmwandlungsgesetzes vom 6.11.1969. Der Große Senat des Bundesfinanzhofs ging\ndabei davon aus, dass die Personenhandelsgesellschaft (KG)\nGesamtrechtsnachfolgerin der GmbH geworden sei, die mit der Eintragung des\nUmwandlungsbeschlusses in das Handelsregister erloschen sei. Die GmbH als\nRechtsvorgangerin und die Personenhandelsgesellschaft als\nGesamtrechtsnachfolgerin seien daher - anders als in den Fallen der\nformwechselnden Umwandlung von Kapitalgesellschaften und\nPersonengesellschaften, bei der die Rechtsperson der Gesellschaft identisch\nbleibe - verschiedene Rechtspersonen. \n--- \n--- \n| 27 \n--- \n| Fur das am 1.1.1995 in Kraft getretene Umwandlungsgesetz vom 28.10.1994\ngilt das nicht. Nach den §§ 190, 191 UmwG 1995 konnen\nPersonenhandelsgesellschaften durch Formwechsel in Gesellschaften mit\nbeschrankter Haftung umgewandelt werden. Von dieser Moglichkeit hat die hier\nin Rede stehende H. KG Ende 1998 Gebrauch gemacht. Gemaß § 202 Abs. 1 Nr. 1\nUmwG 1995 besteht im Anschluss an eine formwechselnde Umwandlung der\nformwechselnde Rechtstrager in der im Umwandlungsbeschluss bestimmten\nRechtsform weiter. Der Formwechsel fuhrt danach nicht zum Erloschen des\nursprunglich bestehenden und zur Entstehung eines neuen Rechtstragers;\nvielmehr besteht vor und nach dem Formwechsel ein und dasselbe Rechtssubjekt\n(BFH, Urt. v. 8.10.2008 - I R 3/06 - BFHE 223, 115 <Juris Rn. 21>; Urt. v.\n30.9.2003 - III R 6/02 - BFHE 203, 553). Die Gewerbesteuermessbescheide vom\n1.9.2004 hatten danach zwar korrekterweise statt an die H. KG an die H. GmbH\ngerichtet werden mussen. Sie sind deshalb aber nicht nichtig. Ihr Adressat ist\nvielmehr lediglich unrichtig bezeichnet worden, was bei der gebotenen\ninhaltlichen Auslegung ihrer Wirksamkeit nicht entgegensteht. \n--- \n--- \n| 28 \n--- \n| Der hiergegen in der mundlichen Verhandlung von den Vertretern des\nbeklagten Landes erhobene Einwand, dass sich durch die Umwandlung der H. KG in\ndie H. GmbH steuerrechtlich eine neue Situation ergeben habe, da\nKapitalgesellschaften anders als Personenhandelsgesellschaften\nkorperschaftsteuerpflichtig seien, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der\nEinwand geht schon deshalb ins Leere, weil es im vorliegenden Fall nicht um\neinen Korperschaftsteuer-, sondern um einen Gewerbesteuermessbescheid geht.\nAls Betreiberin eines gewerblichen Unternehmens war die H. GmbH auch schon vor\nihrer Umwandlung in eine GmbH gewerbesteuerpflichtig. \n--- \n--- \n| 29 \n--- \n| Hiervon ausgehend kann der mogliche Anknupfungspunkt fur einen allgemeinen\nFolgenbeseitigungsanspruch nicht in dem vom Verwaltungsgericht angenommenen\nUnterlassen des Finanzamts gesehen werden, innerhalb der\nFestsetzungsverjahrungsfrist wirksame Gewerbesteuermessbescheide gegenuber dem\nrichtigen Steuerschuldner zu erlassen. Zu dem Steuerausfall, dessen Ersatz die\nKlagerin begehrt, hat vielmehr gefuhrt, dass das Finanzamt in der irrigen\nAnnahme, dass die H. KG infolge der Umwandlung in eine GmbH erloschen sei, in\nseinem Schreiben vom 17.8.2006 die Nichtigkeit der Gewerbesteuermessbescheide\nfestgestellt hat, wodurch die Klagerin sich veranlasst gesehen hat, die von\nihr am 24.9.2004 erlassenen Gewerbesteuerbescheide mit ihrem Bescheid vom\n1.9.2006 der Sache nach aufzuheben. \n--- \n--- \n| 30 \n--- \n| b) Das Finanzamt hat den gegen das Schreiben vom 17.8.2006 eingelegten\nEinspruch der Klagerin mit der Begrundung zuruckgewiesen, das Schreiben sei\nnach der standigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kein Verwaltungsakt,\nsondern nur als unverbindliche Äußerung einer Rechtsansicht zu verstehen. Die\nFrage, ob das Finanzamt mit dem Schreiben in ein Recht der Klagerin\neingegriffen hat, durfte bei diesem Verstandnis des Schreibens von vornherein\nverneint werden mussen, da in der bloßen Äußerung einer Rechtsansicht\nschwerlich der Eingriff in ein fremdes Recht gesehen werden kann. Das kann\njedoch auf sich beruhen, da der Senat in dem Schreiben anders als das\nFinanzamt einen feststellenden Verwaltungsakt sieht. In seiner bisherigen\nRechtsprechung hat der Bundesfinanzhof allerdings angenommen, in der\nFeststellung des Finanzamts uber die Nichtigkeit eines Steuerbescheids sei nur\neine unverbindliche, deklaratorische Wissenserklarung ohne Regelungsgehalt zu\nsehen. Die herrschende Meinung in der Literatur geht dagegen in diesen Fallen\nvon einem die Behorde bindenden, feststellenden Verwaltungsakt aus (vgl. die\nNachweise zum Meinungsstand im Urteil des BFH vom 24.1.2008 - V R 36/06 - BFHE\n220, 208). Wie diese Frage im Allgemeinen zu beantworten ist, kann\ndahinstehen. Jedenfalls unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umstanden hat\nder Senat keinen Zweifel daran, dass die wahrend des anhangigen Rechtsstreits\nzwischen der H. GmbH und dem beklagten Land getroffenen Feststellung des\nFinanzamts, die von der H. GmbH angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide seien\nnichtig, nicht nur als eine unverbindliche Meinungsaußerung, sondern als ein\ndie Behorde bindender, feststellender Verwaltungsakt verstanden werden muss. \n--- \n--- \n| 31 \n--- \n| c) Das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen eines hoheitlichen Eingriffs\ndes beklagten Landes in ein Recht der Klagerin in erster Linie mit der\nBegrundung verneint, dass das - von ihm angenommene - Versaumnis des\nFinanzamts nicht in einer hoheitlichen Funktion gegenuber der Klagerin,\nsondern im Rahmen eines im Hinblick auf die eigene Verwaltungstatigkeit der\nKlagerin als Steuerbehorde auf dasselbe Ziel gerichteten behordlichen\nVerfahrens zur Erhebung der Gewerbesteuer erfolgt sei. Im Rahmen dieses\nVerfahrens komme dem Finanzamt zwar eine hoheitliche Funktion gegenuber dem\nGewerbesteuerschuldner zu, nicht aber gegenuber der an dem\nBesteuerungsverfahren mitwirkenden Gemeinde. Diese Argumentation beruht auf\nder Annahme, dass in Fallen, in denen ein Folgenbeseitigungsanspruch von einem\nHoheitstrager gegenuber einem anderen Hoheitstrager erhoben wird, das Bestehen\neines solchen Anspruchs voraussetzt, dass der in Anspruch genommene\nHoheitstrager auch im Verhaltnis zu dem diesen Anspruch erhebenden\nHoheitstrager hoheitlich gehandelt hat. \n--- \n--- \n| 32 \n--- \n| Ob das richtig ist, lasst der Senat offen (unten aa). Ein\nFolgenbeseitigungsanspruch der Klagerin gegen das beklagte Land ist jedenfalls\ndeshalb zu verneinen, weil weder in dem vom Verwaltungsgericht angenommenen\nUnterlassen des Finanzamts noch in dem nach der Ansicht des Senats allein als\nAnknupfungspunkt eines solchen Anspruchs in Betracht kommenden Schreiben des\nFinanzamts vom 17.8.2006 ein Eingriff in ein subjektives Recht der Klagerin\ngesehen werden kann (unten bb). \n--- \n--- \n| 33 \n--- \n| aa) Das Finanzamt hat bei der Abfassung seines Schreibens vom 17.8.2006,\nmit dem es die Nichtigkeit der Gewerbesteuermessbescheide festgestellt hat, im\nVerhaltnis zu der H. GmbH als Steuerschuldner fraglos hoheitlich gehandelt.\nAußer Frage steht ferner, dass zwischen dem Finanzamt und der Klagerin ein\nVerhaltnis der Über- und Unterordnung, wie es zwischen dem Finanzamt und dem\nSteuerschuldner besteht, aus den im Urteil des Verwaltungsgerichts genannten\nGrunden nicht existiert. Am Gewerbesteuerverfahren sind sowohl die\nLandesfinanzbehorden als auch die Gemeinden beteiligt. Die Finanzamter sind\ndabei zustandig fur die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen und fur die\nFestsetzung des Steuermessbetrags, die Festsetzung und Erhebung der\nGewerbesteuer auf der Grundlage dieses Betrags fallt dagegen in die\nZustandigkeit der Gemeinden. Finanzamter und Gemeinden stehen daher im\nGewerbesteuerverfahren nicht in einem Über- und Unterordnungsverhaltnis,\nsondern haben als gleichgeordnete Rechtstrager - nacheinander tatig werdend -\nnach Maßgabe des Grundgesetzes und des Landesrechts das Grundsteuergesetz zu\nvollziehen (vgl. BFH, Urt. v. 30.1.1976 - III R 60/74 - BFHE 118, 285; BGH,\nBeschl. v. 25.9.2003 - III ZR 362/02 - NVwZ 2004, 127). \n--- \n--- \n| 34 \n--- \n| Aus diesem Verhaltnis zwischen Finanzamtern und Gemeinden im\nGewerbesteuerverfahren hat der Bundesgerichtshof (Beschl. v. 25.9.2003, aaO)\ngeschlossen, dass eine Gemeinde, die wegen des Verhaltens des Finanzamts einen\nGewerbesteuerausfall erlitten habe, nicht gemaß § 839 Abs. 1 S. 1 BGB\nSchadensersatz verlangen konne, da Pflichten, die den Beteiligten im Interesse\nder Forderung des gemeinsam angestrebten Ziels oblagen, nicht als\ndrittgerichtete Amtspflichten angesehen werden konnten, deren Verletzung\naußenrechtliche Amtshaftungsanspruche der geschadigten Korperschaft auslose.\nOb mit einer entsprechenden Argumentation auch das Bestehen eines\nFolgenbeseitigungsanspruches verneint werden kann, wie dies das\nVerwaltungsgericht getan hat, halt der Senat fur fraglich. Die Klagerin\nverweist in diesem Zusammenhang zu Recht auf die Rechtsprechung des\nBundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 12.12.1991 - 4 C 31.89 - NVwZ 1992, 878),\nwonach die Gemeinde in ihrer Planungshoheit verletzt wird, wenn die\nBauaufsichtsbehorde sich im Baugenehmigungsverfahren uber ein ausdrucklich\nversagtes Einvernehmen der Gemeinde hinwegsetzt oder die Behorde rechtsirrig\ndie Baugenehmigungsfreiheit eines Vorhabens annimmt und aus diesem Grund die\nbei Durchfuhrung eines Baugenehmigungsverfahrens notwendige Beteiligung der\nGemeinde unterlasst. Wird in einem dieser Falle das Vorhaben in Folge des\nVerhaltens der Baugenehmigungsbehorde verwirklicht, kann die Gemeinde deshalb\n- nach Maßgabe der Regelungen, die das jeweilige Landesrecht in der die\nBauaufsichtsbehorde zum Einschreiten ermachtigenden Norm aufstellt -\nverlangen, dass der Zustand wiederhergestellt wird, der bestanden hatte, ware\ndas Recht beachtet worden. Bauaufsichtsbehorde und Gemeinde wirken im\nBaugenehmigungsverfahren zwar nicht in der gleichen Weise zusammen wie\nFinanzamt und Gemeinde im Gewerbesteuerverfahren. Ein Verhaltnis der Über- und\nUnterordnung zwischen staatlicher Behorde und Gemeinde ist jedoch im\nBaugenehmigungsverfahren ebenso wenig zu erkennen wie im\nGewerbesteuerverfahren. \n--- \n--- \n| 35 \n--- \n| bb) An den Voraussetzungen eines Folgenbeseitigungsanspruchs fehlt es\njedoch jedenfalls deshalb, weil das Finanzamt mit seinem Schreiben vom\n17.8.2006, mit dem es - zu Unrecht - die Nichtigkeit der\nGewerbesteuermessbescheide festgestellt hat, ebenso wenig in ein subjektives\nRecht der Klagerin eingegriffen hat, wie das bei einem zu niedrig\nfestgesetzten Grundsteuermessbetrag der Fall gewesen ware. \n--- \n--- \n| 36 \n--- \n| Die bereits erwahnte Regelung in § 40 Abs. 3 FGO schließt Klagen der\nGemeinde gegen einen von ihr fur falsch gehaltenen Grundsteuermessbescheid\ngrundsatzlich aus. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urt. v.\n30.1.1976 - III R 60/74 - BFHE 118, 285; Urt. v. 21.10.1970 - I R 94/68 - BFHE\n100, 295) verstoßt diese Regelung nicht gegen Art. 19 Abs. 4 GG, da die\nhebeberechtigten Gemeinden durch zu niedrig festgesetzte Steuermessbetrage\nnicht in ihren Rechten verletzt seien. Ein solches Recht ergebe sich weder aus\nder Beteiligung der Gemeinden an der Verwaltung der Gewerbesteuer noch aus der\nden Gemeinde gewahrleisteten Ertragshoheit. Aus der Kompetenzaufteilung bei\nder Verwaltung der Gewerbesteuer folge, dass Finanzamter und Gemeinden als\ngleichgeordnete Rechtstrager nach Maßgabe des Grundgesetzes und des\nLandesrechts das Grundsteuergesetz zu vollziehen hatten. Die Übertragung von\nVerwaltungsaufgaben auf verschiedene Hoheitstrager begrunde fur sich allein\nkeine Rechte eines dieser Hoheitstrager im Hinblick auf die Erfullung der\nVerwaltungsaufgaben durch den anderen Hoheitstrager. Auch unter dem\nGesichtspunkt der Ertragshoheit bestehe keine Rechtsverletzung. Art. 106 Abs.\n6 GG gewahre den Gemeinden zwar einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf das\nAufkommen an den Realsteuern. Das sei aber nur in dem Sinne gemeint, dass den\nGemeinden dieses Aufkommen nicht durch einfaches Bundes- oder Landesgesetz\nentzogen werden konne. \n--- \n--- \n| 37 \n--- \n| Der Senat teilt diese Beurteilung. Daran, dass die Beteiligung der\nGemeinden an der Verwaltung der Gewerbesteuer den Gemeinde keine Rechte in\nBezug auf die Tatigkeit der Finanzamter gewahrt, bestehen keine Zweifel. Etwas\nanderes wird auch von der Klagerin nicht vertreten. Die Finanzhoheit ist nach\nallgemeiner Ansicht Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und\ngenießt damit den Schutz des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG. Zu ihr gehort unter\nanderem die Steuer- und Abgabenhoheit, die den Gemeinden erlaubt, ihre\nEinwohner aus eigenem Recht zu den aus der Aufgabenerfullung resultierenden\nLasten heranzuziehen. Finanzzuweisungen und die Beteiligung an den\nLandessteuern durfen deshalb nicht die einzigen kommunalen Einnahmequellen\nsein. Der durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 27.10.1994 in\nArt. 28 GG eingefugte Abs. 2 S. 3, nach dem die Gewahrleistung der\nSelbstverwaltung auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung\numfasst, verdeutlicht dies. Aus Art. 28 Abs. 2 GG folgt aber uber das in Satz\n3 der Vorschrift Gewahrleistete hinaus keine bestimmte Ausgestaltung des\nkommunalen Einnahmesystems (BVerfG, Beschl. v. 27.1.2010 - 2 BvR 2185/04 -\nJuris). Der Umstand, dass der Klagerin durch das Verhalten des Finanzamts den\nihr gegen die H. KG zustehenden Gewerbesteueranspruch nicht realisieren\nkonnte, bedeutet daher keine Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts. \n--- \n--- \n| 38 \n--- \n| Aus Art. 106 Abs. 6 GG folgt nichts anderes. Danach steht zwar das\nAufkommen der Gewerbesteuer den Gemeinden zu (Satz 1) und ist den Gemeinden\ndas Recht einzuraumen, die Hebesatze der Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze\nfestzusetzen (Satz 2). Den Gemeinden ist damit aber weder eine bestimmte Hohe\ndes Steueraufkommens noch die Gewerbesteuer als solche von Verfassungs wegen\ngarantiert (BVerfG, Beschl. v. 27.1.2010, aaO). Die Gemeinden sind deshalb\nauch durch diese Vorschrift nicht davor geschutzt, dass bei der Festsetzung\ndes Gewerbesteuermessbetrags unterlaufene Fehler der Landerfinanzbehorden das\nAufkommen der Gewerbesteuer mindern. \n--- \n--- \n| 39 \n--- \n| 2\\. Wegen des von ihr erlittenen Steuerausfalls steht der Klagerin auch\nkein Schadensersatzanspruch nach den Grundsatzen uber die sinngemaße Anwendung\ndes vertraglichen Schuldrechts auf offentlich-rechtliche Sonderbeziehungen zu. \n--- \n--- \n| 40 \n--- \n| Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgefuhrt hat, entspricht die\nsinngemaße Anwendung des vertraglichen Schuldrechts als Ausdruck allgemeiner\nRechtsgedanken auch auf offentlich-rechtliche Verhaltnisse der standigen\nRechtsprechung, wenn eine besonders enge, mit einem privatrechtlichen\nSchuldverhaltnis vergleichbare Beziehung des Einzelnen zum Staat oder zur\nVerwaltung begrundet worden ist und mangels ausdrucklicher gesetzlicher\nRegelung ein Bedurfnis fur eine angemessene Verteilung der Verantwortung\ninnerhalb des offentlichen Rechts besteht (vgl. u. a. BGH, Urt. v. 11.1.2007 -\nIII ZR 294/05 - NJW-RR 2007, 457 mit weiteren Nachweisen). In Anwendung dieser\nGrundsatze hat der Bundesgerichtshof wegen Pflichtverstoßen von Bediensteten\ndes Strafvollzugs gegenuber Strafgefangenen lediglich Amtshaftungsanspruche\nfur moglich gehalten und entschieden, dass die nur als Nebenpflicht bestehende\nFursorgepflicht des Staates keinen Anlass biete, ein offentlich-rechtliches\nSchuldverhaltnis zum Strafgefangenen anzunehmen. Vertragsahnliche Beziehungen,\ndie die Anwendung des vertraglichen Schuldrechts erlauben, hat der\nBundesgerichtshof hingegen im Verhaltnis eines Anschlussnehmers zur Gemeinde\nhinsichtlich des Betriebs einer gemeindlichen Abwasserkanalisation, beim\nBetrieb der Wasserversorgung als offentliche Einrichtung, fur ein\nNutzungsverhaltnis zwischen dem Benutzer und dem hoheitlichen Trager eines\nkommunalen Schlachthofs und fur das Rechtsverhaltnis zwischen dem Bund und dem\nTrager der Beschaftigungsstelle angenommen, das mit der Anerkennung einer\nprivatrechtlich organisierten Beschaftigungsstelle des Zivildienstes nach § 4\nZDG begrundet wird (vgl. BGH, Urt. v. 23.2.2006 - III ZR 164/05 - BGHZ 166,\n268). \n--- \n--- \n| 41 \n--- \n| Nach den in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten\nMaßstaben kann von einem verwaltungsrechtliches Schuldverhaltnis zwischen den\nBeteiligten nicht ausgegangen werden. Wie dargestellt, haben die\nLandesfinanzbehorden und die Gemeinden das Gewerbesteuergesetz gemeinsam zu\nvollziehen. Bei der in die Zustandigkeit der Landesfinanzbehorden fallenden\nErmittlung der Besteuerungsgrundlagen und der Festsetzung des\nSteuermessbetrags sind die Finanzamter verpflichtet, die finanziellen\nInteressen der Gemeinde zu wahren. Das Bestehen dieser Pflicht begrundet\njedoch noch keine einem privatrechtlichen Schuldverhaltnis vergleichbare\nBeziehung zwischen Finanzamtern und Gemeinden, die den Trager der\nFinanzverwaltung nach den Regeln des vertraglichen Schuldrechts bei\nschuldhaften Pflichtverstoßen zum Schadensersatz verpflichtet. \n--- \n--- \n| 42 \n--- \n| 3\\. Der Senat weist erganzend auf Folgendes hin: Von der nach Art. 108 Abs.\n4 S. 2 GG bestehenden Befugnis, die nach dem Grundgesetz den\nLandesfinanzbehorden zustehende Kompetenz fur die Verwaltung der Gewerbesteuer\ndurch ein formliches Landesgesetz ganz oder zum Teil auf die Gemeinden zu\nubertragen, hat der baden-wurttembergische Landesgesetzgeber mit § 9 Abs. 2 S.\n1 KAG Gebrauch gemacht. Er hat damit aber die Verwaltung der Gewerbesteuer\nnicht insgesamt den Gemeinden ubertragen. Fur die Ermittlung der\nBesteuerungsgrundlagen und fur die Festsetzung und ggf. die Zerlegung der\nSteuermessbetrage sind vielmehr, wie bereits mehrfach angesprochen, auch\nweiterhin - der Regel des Art. 108 Abs. 2 GG entsprechend - die Finanzamter\nzustandig. Eine andere Regelung ware auch kaum praktikabel, da die Gemeinden\nmit der Beurteilung der sich in diesem Zusammenhang stellenden steuerlichen\nFragen vielfach uberfordert waren (s. auch Brandis in Tipke/Kruse, Komm. zur\nAbgabenordnung, § 184 AO Tz. 4). Was die in die Zustandigkeit der Finanzamter\nfallenden Tatigkeiten betrifft, hat diese Aufteilung der\nVerwaltungszustandigkeit zur Konsequenz, dass Durchfuhrungsverantwortung und\nKostentragungslast bei Fehlern auseinander fallen. Es besteht damit ein\nSpannungsverhaltnis zwischen dem Schutz der steueranspruchsberechtigten\nGemeinde vor den Folgen von Fehlern im Bereich der Finanzverwaltung und dem\nBedurfnis des Landes, bei diesen im Interesse der Gemeinde wahrgenommenen\nAufgaben nicht oder jedenfalls nicht in vollem Umfange das finanzielle Risiko\nfur Fehler im Steuervollzug tragen zu mussen. Dieses Spannungsverhaltnis kann\nnach Ansicht des Senats sachgerecht nur durch ein Gesetz bewaltigt werden. Ein\nsolches Gesetz fehlt. Weder der Folgenbeseitigungsanspruch noch der\nSchadensersatzanspruch aus der Verletzung eines quasi-vertraglichen\noffentlich-rechtlichen Schuldverhaltnisses sind geeignete Instrumente zur\nSchließung dieser Lucke. \n--- \n--- \n| 43 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Zulassung der\nRevision auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Frage, ob eine Gemeinde wegen eines\nFehlers des Finanzamts im Rahmen des Verfahrens zum Erlass von\nGewerbesteuermessbescheiden vom Trager der Landesfinanzverwaltung Ersatz des\nihr dadurch entstandenen Steuerausfalls verlangen kann, hat grundsatzliche\nBedeutung. \n--- \n--- \n| 44 \n--- \n| **Beschluss** \n--- \n| 45 \n--- \n| Der Streitwert fur das Berufungsverfahren wird auf **352.837,98 EUR**\nfestgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG). \n--- \n--- \n| 46 \n--- \n| Der Beschluss ist unanfechtbar. \n---\n\n |
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138,629 | vghbw-2009-05-06-13-s-242808 | 161 | Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg | vghbw | Baden-Württemberg | Verwaltungsgerichtsbarkeit | 13 S 2428/08 | 2009-05-06 | 2019-01-07 14:04:02 | 2019-01-17 11:58:49 | Urteil | ## Tenor\n\nAuf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts\nStuttgart vom 26. November 2007 - 11 K 3108/06 - geandert.\n\nDie Klage wird abgewiesen.\n\nDer Klager tragt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszuge.\n\nDie Revision wird nicht zugelassen.\n\n## Tatbestand\n\n| | \n--- \n| 1 \n--- \n| Der Klager begehrt seine Einburgerung in den deutschen Staatsverband. \n--- \n--- \n| 2 \n--- \n| Der am … 1971 geborene Klager ist serbischer Staatsangehoriger albanischer\nVolkszugehorigkeit aus dem Kosovo. Er kam Ende 1991 in das Bundesgebiet und\nstellte einen Asylantrag. Nachdem er am 01.09.1995 eine deutsche\nStaatsangehorige geheiratet hatte, nahm er seinen Asylantrag zuruck. In der\nFolgezeit erhielt er fortlaufend verlangerte Aufenthaltserlaubnisse, zuletzt\nbis 06.12.2002. Seit 21.05.2002 ist der Klager im Besitz einer unbefristeten\nAufenthaltserlaubnis, jetzt Niederlassungserlaubnis. Der Klager lebt nach wie\nvor in ehelicher Lebensgemeinschaft mit einer deutschen Staatsangehorigen. Aus\ndieser Ehe sind mittlerweile zwei Kinder hervorgegangen, die ebenfalls die\ndeutsche Staatsangehorigkeit haben. \n--- \n--- \n| 3 \n--- \n| Nach einer aktuellen Auskunft aus dem Zentralregister vom 11.03.2009 wurde\nder Klager bestraft durch \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| \\- Urteil des Amtsgerichts B. vom 09.05.1993 (2 C 222/93) wegen\nvorsatzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 25\nTagessatzen je 60,- DM; \n--- \n--- \n| 5 \n--- \n| \\- Urteil des Amtsgerichts S. vom 29.03.1994 (11 CS 156/94) wegen Fahrens\nohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit einer wiederholten Zuwiderhandlung gegen\neine Aufenthaltsbeschrankung nach dem Asylverfahrensgesetz zu einer Geldstrafe\nvon 70 Tagessatzen je 60,- DM; \n--- \n--- \n| 6 \n--- \n| \\- Urteil des Amtsgerichts B. vom 29.09.1994 (2 DS 166/94) wegen Fahrens\nohne Fahrerlaubnis in zwei Fallen zu einer Geldstrafe in Hohe von 90\nTagessatzen je 45,- DM; \n--- \n--- \n| 7 \n--- \n| \\- Urteil des Amtsgerichts B. vom 19.01.1995 (2 DS 316/94) wegen\nvorsatzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe in Hohe von\ndrei Monaten, die zur Bewahrung ausgesetzt wurde; \n--- \n--- \n| 8 \n--- \n| \\- Urteil des Amtsgerichts B. vom 20.07.1995 (2 DS 18/95) wegen\nvorsatzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fahrlassiger\nStraßenverkehrsgefahrdung und fahrlassiger Korperverletzung unter Einbeziehung\nder Verurteilung vom 19.01.1995 zu einer Freiheitsstrafe in Hohe von sieben\nMonaten und zwei Wochen, die zur Bewahrung ausgesetzt wurde; \n--- \n--- \n| 9 \n--- \n| \\- Urteil des Amtsgerichts B. vom 09.05.1996 (2 DS 61/96) wegen\nvorsatzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter Einbeziehung der Verurteilungen\nvom 19.01.1995 und 20.07.1995 zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten und\nzwei Wochen Freiheitsstrafe, die zur Bewahrung ausgesetzt wurde; \n--- \n--- \n| 10 \n--- \n| \\- Urteil des Amtsgerichts B. vom 14.05.1998 (2 DS 23938/98 1248 VRS) wegen\nvorsatzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sechs\nMonaten, wobei eine Reststrafe zur Bewahrung ausgesetzt und schließlich mit\nWirkung vom 03.11.2002 erlassen wurde; \n--- \n--- \n| 11 \n--- \n| \\- Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 14.02.2008 (5 Cs 12 Js 9814/07)\nwegen Betrugs zu einer Geldstrafe in Hohe von 20 Tagessatzen je 30,- EUR. \n--- \n--- \n| 12 \n--- \n| Am 07.02.2003 beantragte der Klager beim Landratsamt Schwabisch Hall, ihn\nin den deutschen Staatsverband einzuburgern, nachdem er einen ersten\nEinburgerungsantrag im Jahre 2000 zuruckgenommen hatte. \n--- \n--- \n| 13 \n--- \n| Am 19.09.2003 erteilte der Beklagte dem Klager eine bis 18.09.2005 gultige\nEinburgerungszusicherung. Darin wird dem Klager die Einburgerung fur den Fall\nzugesagt, dass der Verlust der serbisch-montenegrinischen Staatsangehorigkeit\nnachgewiesen werde. \n--- \n--- \n| 14 \n--- \n| In der Folgezeit zog sich die Ausstellung serbisch-montenegrinischer\nDokumente durch das Generalkonsulat vom Serbien-Montenegro hin. \n--- \n--- \n| 15 \n--- \n| Im April 2005 verweigerte das Regierungsprasidium Stuttgart seine\nZustimmung zur Einburgerung. Da die letzte Verurteilung des Klagers im Jahre\n1998 nicht insgesamt zur Bewahrung ausgesetzt worden sei, sondern lediglich\nein Strafrest nach Teilverbußung dieser Haftstrafe, sei die Grundlage fur eine\nErmessensentscheidung schon nicht gegeben. Mit Erlass vom 19.05.2005 wies das\nRegierungsprasidium Stuttgart das Landratsamt auf eine seit dem 10.03.2005\ngeanderte Erlasslage fur serbisch-montenegrinische Staatsangehorige hin,\nwonach erst dann eine Einburgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit erfolgen\nkonne, wenn von Seiten der serbisch-montenegrinischen Behorden nicht innerhalb\neines Zeitraumes von nunmehr zwei Jahren uber einen entsprechenden Antrag des\nEinburgerungsbewerbers auf Ausstellung eines Reisepasses, eines\nStaatsangehorigkeitsnachweises bzw. auf Nachregistrierung entschieden sei. \n--- \n--- \n| 16 \n--- \n| Das Landratsamt horte daraufhin den Klager mit Schreiben vom 07.07.2005 zu\neiner beabsichtigten Ablehnung seines Einburgerungsantrages an. Zur Begrundung\nwurde auf seine im Bundeszentralregister eingetragenen Vorstrafen verwiesen,\ndie erst im Jahre 2013 Tilgungsreife erreichten. \n--- \n--- \n| 17 \n--- \n| Daraufhin beantragte der Klager beim Generalbundesanwalt die vorzeitige\nTilgung samtlicher Freiheitsstrafen, die uber ihn im Bundeszentralregister\ngefuhrt werden. Diesen Antrag lehnte der Generalbundesanwalt ab unter Hinweis\ndarauf, damit wurde im Fall des Klagers eine Voraussetzung fur seine\nEinburgerung erst geschaffen. Dies liefe aber im Ergebnis auf eine\nEntscheidung des Generalbundesanwalts anstelle der eigentlich zustandigen\nBehorde uber den Einburgerungsantrag des Klagers hinaus. Dies sei kein\nzweckentsprechender Gebrauch der Tilgungsmoglichkeit des § 49 Abs. 1 BZRG. \n--- \n--- \n| 18 \n--- \n| Mit Verfugung vom 19.01.2006 lehnte das Landratsamt Schwabisch Hall den\nEinburgerungsantrag ab und fuhrte zur Begrundung aus: Der noch unter Geltung\ndes § 85 AuslG gestellte Einburgerungsantrag sei nach Inkrafttreten des\nZuwanderungsgesetzes zum 01.01.2005 nach den Vorschriften des\nStaatsangehorigkeitsgesetzes zu bescheiden. Gemaß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5\nStAG setze ein Einburgerungsanspruch voraus, dass der Einburgerungsbewerber\nnicht wegen einer Straftat verurteilt sei. Ausnahmen von dieser Regelung\nergaben sich aus § 12 a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StAG sowie in Einzelfallen aus Satz\n2 dieser Vorschrift. Vorliegend ergebe sich, dass die nach der Auskunft aus\ndem Bundeszentralregister beim Klager vorliegenden strafrechtlichen\nVerurteilungen Nr. 5 und 6 eine Ermessensentscheidung der Einburgerungsbehorde\nuber ihre Berucksichtigung erforderten. Diese fuhre im jetzigen Zeitpunkt\nunter Abwagung des Fur und Wider dazu, dass diese nicht außer Betracht bleiben\nkonnten. Hinsichtlich der letzten Verurteilung durch das Amtsgericht Backnang\nim Jahre 1998 lagen noch nicht einmal die Voraussetzungen einer\nEinzelfallentscheidung vor. Die damalige Freiheitsstrafe von sechs Monaten sei\nnicht insgesamt zur Bewahrung ausgesetzt worden. Der Klager konne auch nicht\nnach § 8 StAG eingeburgert werden. Voraussetzung hierfur sei, dass der\nEinburgerungsbewerber keinen Ausweisungsgrund nach den §§ 53, 54 oder 55 Abs.\n2 Nr. 1 bis 4 AufenthG erfulle. Mit den abgeurteilten Straftaten lagen bei ihm\naber Rechtsverstoße vor, die weder vereinzelt noch geringfugig gewesen seien.\nWie lange ihm danach eine Straftat im Einburgerungsverfahren auch nach § 8\nStAG vorgeworfen werden konne, richte sich mangels eigener Regelungen nach den\nEintragungen im Bundeszentralregister. Da die Tilgungsreife fruhestens im\nJahre 2013 eintreten konne, sei eine Einburgerung auch nach § 8 StAG derzeit\nnicht moglich. \n--- \n--- \n| 19 \n--- \n| Gegen diesen ihm am 23.01.2006 zugestellten Bescheid legte der Klager am\n23.02.2006 Widerspruch ein. \n--- \n--- \n| 20 \n--- \n| Mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2006 wies das Regierungsprasidium\nStuttgart den Widerspruch des Klagers zuruck. Zur Begrundung wurde nach\nBezugnahme auf den Bescheid des Landratsamts erganzend ausgefuhrt: Zwar werde\nnicht verkannt, dass beim Klager in letzter Zeit eine charakterliche\nStabilisierung eingetreten sei. Er lebe seit einigen Jahren straffrei in\nDeutschland mit Frau und Kindern. Das offentliche Interesse, die Einburgerung\nbei fehlender strafrechtlicher Unbescholtenheit grundsatzlich zu versagen,\nuberlagere jedoch seine Interessen. Vor Ablauf der Tilgungsfrist im\nBundeszentralregister sei eine Einburgerung daher nicht moglich. Auch die\nleichteren Reisemoglichkeiten mit einem deutschen Pass, die Schwierigkeiten\nbei der Erlangung eines serbisch-montenegrinischen Reisepasses fur Kosovaren\nund schließlich eine dem Klager in Aussicht gestellte Arbeitsstelle bei einer\nSchweizer Firma rechtfertigten keinen Ausnahmetatbestand. \n--- \n--- \n| 21 \n--- \n| Der Klager hat am 18. August 2006 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart\nerhoben und ausgefuhrt: Unter Berucksichtigung der Umstande des Einzelfalles\nmussten auch die gegen ihn am 20.07.1995 und am 09.05.1996 verhangten\nFreiheitsstrafen, die insgesamt zur Bewahrung ausgesetzt worden seien, außer\nBetracht bleiben. Er lebe nunmehr seit acht Jahren straffrei in der\nBundesrepublik Deutschland. Bei den abgeurteilten Straftaten habe es sich\nausschließlich um Straßenverkehrsdelikte gehandelt. Er sei auf die\nEinburgerung dringend angewiesen, um die ihm angebotene Arbeitsstelle in der\nSchweiz anzunehmen und dadurch fur seine Familie den Unterhalt zu sichern.\nSamtliche anderen Familienmitglieder, die Ehefrau und zwei Kinder, besaßen die\ndeutsche Staatsangehorigkeit. \n--- \n--- \n| 22 \n--- \n| Der Klager ist im laufenden Verfahren in den Zustandigkeitsbereich des\nLandratsamtes Waldshut verzogen. Mit Schreiben vom 28.08.2007 erteilte das\nLandratsamts Waldshut gemaß § 3 Abs. 3 LVwVfG seine Zustimmung zur Fortsetzung\ndes Verfahrens durch das Landratsamt Schwabisch Hall. \n--- \n--- \n| 23 \n--- \n| Durch Urteil vom 26.11.2007 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter\nAufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, uber den\nEinburgerungsantrag des Klagers unter Beachtung der Rechtsauffassung des\nGerichts erneut zu entscheiden; im Übrigen hat es den weitergehenden\nVerpflichtungsantrag abgewiesen. \n--- \n--- \n| 24 \n--- \n| Zur Begrundung hat es ausgefuhrt: Gemaß § 40c StAG in der seit 28.08.2007\ngeltenden Fassung seien auf Einburgerungsantrage, die - wie hier - vor dem\n30.03.2007 gestellt worden seien, die §§ 8 bis 14 StAG in ihrer vor dem\n28.08.2007 geltenden Fassung anzuwenden, soweit diese gunstigere Bestimmungen\nenthielten. Da dies fur die hier in Rede stehenden Rechtsfragen samtlich der\nFall sei, kamen fur die begehrte Einburgerung als Rechtsgrundlage daher die §§\n8 ff. StAG i.d.F. des Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 zur\nAnwendung. \n--- \n--- \n| 25 \n--- \n| Zutreffend gehe der Beklagte allerdings davon aus, dass dem Klager eine\nEinburgerung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG a.F. habe versagt werden durfen. Im\nmaßgeblichen Zeitpunkt der mundlichen Verhandlung fehle es zumindest an der\nVoraussetzung nach Nr. 5 der Norm, da der Klager bereits mehrfach wegen einer\nStraftat verurteilt worden sei. Fur diesen Fall bestimme § 12 a StAG a.F.,\ndass Strafen bis zu einer bestimmten Hohe außer Betracht zu bleiben hatten und\ndaruber hinausgehend, dass die Einburgerungsbehorde im Einzelfall nach\nErmessen zu entscheiden habe, ob eine Straftat außer Betracht bleiben konne,\nwenn der Einburgerungsbewerber zu einer hoheren Strafe verurteilt worden sei.\nDas Gericht konne sich nicht der Rechtsansicht des Beklagten anschließen, die\nletzte gegen den Klager ausgesprochene Verurteilung vom 14.05.1998 zu einer\nFreiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewahrung stelle eine Straftat dar, die\nin keinem Fall im Ermessenswege infolge einer Entscheidung der\nEinburgerungsbehorde außer Betracht bleiben konne. Soweit sich der Beklagte\nauf den Standpunkt stelle, eine das „Nichtberucksichtigungsermessen" gemaß §\n12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. eroffnende „hohere Strafe" konne nur eine Strafe\nsein, die insgesamt zur Bewahrung ausgesetzt worden sei, gehe dies fehl.\nEntgegen der Auffassung des Beklagten sei der Wortlaut nicht eindeutig. Das\nder Einburgerungsbehorde eingeraumte Nichtberucksichtigungsermessen konne\nhinsichtlich jedweder Strafe ausgeubt werden, die, weil sie ein einzelnes\nMerkmal uberschreite, nicht unter Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 der Vorschrift\nfalle. Auch angesichts der Weite des nach § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F.\neingeraumten Nichtberucksichtigungsermessens bestehe kein uberzeugender Grund,\ndie Strafaussetzung zur Bewahrung bereits als ungeschriebenes\nTatbestandsmerkmal in Abs. 1 Satz 2 „hineinzuinterpretieren", indem bei\nkurzzeitigen Freiheitsstrafen , die nicht zur Bewahrung ausgesetzt worden\nseien, eine Ermessensmoglichkeit schon von vorneherein verneint werde.\nGleichwohl ergebe sich daraus nicht die Rechtswidrigkeit der Entscheidung, dem\nKlager eine Einburgerung nach § 10 Abs. 1 StAG a.F. zu versagen. Denn zu Recht\nhabe der Beklagte erkannt, schon wegen Vorliegens der tatbestandlichen\nVoraussetzungen gemaß § 12 a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F. auch eine\nErmessensentscheidung hinsichtlich der beiden zur Bewahrung ausgesetzten\nVerurteilungen nach Nr. 5 und Nr. 6 des Strafregisterauszuges treffen zu\nmussen. Diese Ermessensentscheidung sei im Ergebnis nicht zu beanstanden.\nGemaß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG a. F. i.V.m. § 12 a Abs. 1 StAG a. F. sei\nbei der Prufung, ob eine strafrechtliche Verurteilung den\nEinburgerungsanspruch eines Auslanders aus § 10 StAG a.F. hindere, eine\njeweils einzelne Betrachtung geboten. Lagen (eine oder mehrere)\nstrafrechtliche Verurteilungen vor, die nicht generell gemaß § 12 a Abs. 1\nSatz 1 Nr. 1 bis 3 StAG a. F. außer Betracht bleiben mussten, so erfolge nicht\netwa eine generelle Ermessensprufung, ob der Betreffende gleichwohl\neingeburgert werden konne. Die Ermessensprufung orientiere sich vielmehr an\njeder einzelnen strafrechtlichen Verurteilung. Entscheide sich die\nEinburgerungsbehorde in Ausubung des ihr so eingeraumten pflichtgemaßen\nErmessens, auch nur hinsichtlich einer einzigen insoweit zu prufenden\nstrafrechtlichen Verurteilung, diese nicht außer Betracht zu lassen und sei\nihr jedenfalls insoweit kein Ermessensfehler anzulasten, scheide eine\nEinburgerung in Anwendung von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG a. F. aus. So\nliege es hier. Der Beklagte habe erkannt, dass die strafrechtlichen\nVerurteilungen nach Nr. 5 und nach Nr. 6 des Strafregisterauszuges des Klagers\nnicht generell nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 StAG a.F. außer Betracht bleiben\nkonnten, da der Strafausspruch jeweils zur Bewahrung ausgesetzt worden sei.\nDie Ermessensbetatigung der Behorden, diese beiden strafrechtlichen\nVerurteilungen einburgerungsrechtlich nicht unberucksichtigt zu lassen, sei\nnicht zu beanstanden. Es komme hinsichtlich der zu prufenden\nErmessensbetatigung auf die letzte behordliche Entscheidung, also auf den\nWiderspruchsbescheid des Regierungsprasidiums Stuttgart vom 20.07.2006 an.\nDessen Ausfuhrungen berucksichtigten zutreffend alle mit den strafrechtlichen\nVerurteilungen in Zusammenhang stehenden Umstande und hatten diese in nicht zu\nbeanstandender Weise abgewogen. Es sei nicht zu verkennen, dass - wie dort\nausgefuhrt - eine Verurteilung zu einer, wenn auch zur Bewahrung ausgesetzten,\nFreiheitsstrafe von zehn Monaten und zwei Wochen bereits eine erhebliche\nStrafe darstelle. Ebenfalls habe vom Beklagten negativ berucksichtigt werden\ndurfen, dass der Klager immer wieder wegen desselben Deliktes strafrechtlich\nin Erscheinung getreten sei und daher eine gewisse Renitenz in der Missachtung\nder Rechtsordnung aufgewiesen habe. Soweit demgegenuber der angegriffene\nAusgangsbescheid des Beklagten im Rahmen der Betatigung des\nNichtberucksichtigungsermessens moglicherweise die personlichen Interessen des\nKlagers zu wenig berucksichtigt habe, sei dieser Mangel jedenfalls durch den\nWiderspruchsbescheid des Regierungsprasidiums Stuttgart vom 20.07.2006 geheilt\nworden. Dort seien die in letzter Zeit offenbar eingetretene charakterliche\nStabilisierung des Klagers, seine familiaren Umstande, seine\nArbeitsplatzsituation, die mit einem deutschen Pass verbundenen besseren\nReisemoglichkeiten sowie allgemein die Passproblematik serbisch-\nmontenegrinischer Staatsangehoriger aus dem Kosovo berucksichtigt worden. \n--- \n--- \n| 26 \n--- \n| Der Klager erfulle aber die wesentlichen Voraussetzungen fur einen\nEinburgerungsanspruch nach den §§ 8 und 9 StAG a.F. Auch insoweit finde gemaß\n§ 40 c StAG die bis zum 28.08.2007 geltende Fassung des § 9 StAG Anwendung, da\ndiese fur den Klager gunstiger sei. Die maßgeblichen Voraussetzungen fur die\nEinburgerung des Klagers lagen insoweit auch vor. Soweit § 9 StAG a.F. auf das\nVorliegen der Voraussetzungen des § 8 StAG a. F. verweise, seien auch diese\nerfullt. Fur die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 StAG\na. F. sei dies zwischen den Beteiligten unstrittig. Dies gelte aber auch fur\ndie Voraussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F., da der Klager,\njedenfalls derzeit, keinen Ausweisungsgrund nach §§ 53, 54 oder 55 Abs. 2 Nr.\n1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes mehr erfulle. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F. sei\ndurch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, auslander- und\nstaatsangehorigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30.06.1993 neu gefasst\nworden. Mit der Gesetzesanderung habe der Begriff des „unbescholtenen\nLebenswandels" durch wesentlich konkretere Kriterien ersetzt werden sollen,\nnamlich das Vorliegen bestimmter Ausweisungsgrunde im Zeitpunkt der\nEntscheidung uber das Einburgerungsbegehren. Die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Nr.\n2 AuslG a.F. enthalte ebenso wenig wie vergleichbare auslanderrechtliche\nVorschriften (vgl. etwa §§ 5 Abs. 1 Nr. 2; 28 Abs. 2 AufenthG) eine zeitlich\ngenau bestimmbare Grenze fur die Erfullung bzw. das Vorliegen eines\nAusweisungsgrundes. Allerdings ergebe sich bereits aus der Verwendung der\njeweiligen Prasens-Form, dass es sich jedenfalls um eine aktuelle\nBetrachtungsweise und nicht um die Berucksichtigung historischer Vorgange\n(„...erfullt hat." bzw. „... vorgelegen haben.") handeln musse. Wann ein\nAusweisungsgrund nicht mehr aktuell vorliege und daher nicht mehr herangezogen\nwerden durfe, lasse sich nicht allgemein festlegen; hierzu komme es auf die\nArt und den Inhalt des jeweiligen Ausweisungsgrundes an. \n--- \n--- \n| 27 \n--- \n| Nicht uberzeugend sei die vom Beklagten vertretene Auffassung, die aus den\nJahren 1993 bis 1998 herruhrenden Ausweisungsgrunde stunden einer Einburgerung\ndes Klagers bis zur Tilgung im Bundeszentralregister entgegen. Der Beklagte\nstelle damit auf das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG ab. Das\nVerwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG markiere auch fur\nEinburgerungsverfahren grundsatzlich - von der vorliegend nicht einschlagigen\nAusnahme des § 52 Abs. 1 Nr. 1 BZRG abgesehen - die außerste zeitliche Grenze\neiner im Rechtsverkehr moglichen Verwertung. Aus dem Verwertungsverbot lasse\nsich jedoch nicht - aufgrund eines Umkehrschlusses - auf die rechtlich\ngebotene Verwertbarkeit der Eintragung vor Ablauf der Tilgungsfrist schließen.\nDenn es konne nicht ubersehen werden, dass die Tilgungsfristen in § 46 Abs. 1\nNr. 1 - 4 BZRG - funf, zehn, funfzehn, zwanzig Jahre, gegebenenfalls erhoht um\ndie jeweils ausgesprochene Freiheitsstrafe - außerst pauschal gehalten seien\nund mit ihren Funf-Jahres-Sprungen auch vergleichsweise wenig Raum fur eine\nEinzelfallbetrachtung boten. Dies moge fur ein Registergesetz im Sinne einer\nVerwaltungspraktikabilitat hinnehmbar sein. Um den fruher in § 8 Abs. 1 StAG\nverwendeten Begriff des „unbescholtenen Lebenswandels" durch wesentlich\nkonkretere Kriterien zu ersetzen, was ausdrucklich Sinn der gesetzgeberischen\nReform des Jahres 1993 gewesen sei, erscheine ein generelles Abstellen auf\nnoch nicht getilgte Eintragungen im Bundeszentralregister zur Beantwortung der\nFrage, ob ein Einburgerungsbewerber aktuell einen Ausweisungsgrund erfulle,\ndaher eher ungeeignet. Insbesondere, wenn ein Einburgerungsbewerber etwa die\nVoraussetzungen des § 46 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) - c) BZRG nur geringfugig\nuberschreite, sei es kaum zu rechtfertigen, ihm deshalb die Moglichkeit einer\nEinburgerung statt fur zehn Jahre sogleich fur funfzehn Jahre zu versagen. Bei\nder Frage, wie lange eine Straftat nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a.F. als\nAusweisungsgrund einem Einburgerungsbewerber entgegengehalten werden durfe,\nseien vielmehr Sinn und Zweck des jeweiligen Ausweisungsgrundes von\nmaßgeblicher Bedeutung. Liege dem Ausweisungsgrund eine Straftat zugrunde, so\nseien das der Verurteilung zugrunde liegende Verhalten zu berucksichtigen, die\nSchwere und Eigenart des Delikts sowie die ausgesprochene Strafhohe. Lagen die\nvorwerfbaren Taten mehrere Jahre zuruck, so sei von Bedeutung, wie sich der\nAuslander in der Folgezeit verhalten habe und auch, welche kunftige\nRuckfallprognose dem Einburgerungsbewerber noch ausgestellt werden musse.\nDanach konne heute nicht mehr davon ausgegangen werden, der Klager erfulle\nnoch einen Ausweisungsgrund. Bei den vom Klager in den Jahren 1993 bis 1998\nbegangenen Straftaten handele es sich jeweils um Straßenverkehrsdelikte,\nnahezu ausschließlich um Fahren ohne Fahrerlaubnis. Eigentums- oder gar\nGewaltkriminalitat sei dem Klager nicht vorzuwerfen. Innerhalb der Biografie\ndes Klagers nahmen sich diese Straftaten „episodenhaft" aus. Seit 1998 sei der\nKlager nicht mehr auffallig geworden. Nachdem er zwischenzeitlich im Besitz\neiner deutschen Fahrerlaubnis sei, konne nahezu ausgeschlossen werden, dass\nsich bei ihm Vergleichbares wiederhole. Zwar habe der Klager in dem genannten\nZeitraum eine auffallige Renitenz zur Missachtung der Rechtsordnung an den Tag\ngelegt, in dem er sich zahlreichen jeweils vorangegangenen Urteilen wegen\neiner Straftat des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nicht gebeugt, sondern sein\nVerhalten zunachst fortgesetzt habe. Allerdings habe der Klager offenkundig\ndieses Verhalten lediglich auf diesem einen Rechtsgebiet gezeigt. Eine\nanderweitige Neigung zur Missachtung der Rechtsordnung sei beim Klager weder\nin dem genannten Zeitraum zu Tage getreten, noch habe sich solches in den\nvergangenen beinahe 10 Jahren anderweitig gezeigt. Nachdem der Klager\nzwischenzeitlich mit einer deutschen Staatsangehorigen eine Familie gegrundet\nhabe, sei ersichtlich, dass bei ihm eine charakterliche Stabilisierung\neingetreten sei. Die vor beinahe 10 Jahren teilweise und kurzzeitig verbußte\nHaftstrafe habe offenkundig beim Klager in seinem Verhalten eine Zasur\nbewirkt. Es konne daher heute nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der\nKlager aktuell noch einen Ausweisungsgrund erfulle. Unabhangig von\nVorstehendem lagen beim Klager die Voraussetzung des § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2\nStAG a. F. aber auch noch aus einem weiteren Grund vor. Der Klager erfulle\nschon deshalb keinen Ausweisungsgrund nach §§ 54 Nr. 1, 55 Abs. 2 Nr. 2\nAufenthG mehr, weil diese ursprunglich gegebenen Ausweisungsgrunde\nzwischenzeitlich staatsangehorigkeitsrechtlich „verbraucht" seien. In der\nRechtsprechung sei anerkannt, dass ein Ausweisungsgrund in Anwendung des\nGrundsatzes des Vertrauensschutzes einem Auslander nur dann und solange\nentgegengehalten werden durfe, als er noch „aktuell" und nicht „verbraucht"\nsei bzw. die zustandige Behorde auf seine Geltendmachung nicht ausdrucklich\noder konkludent "verzichtet" habe. Ein solcher Verbrauch der beim Klager\nursprunglich vorliegenden Ausweisungsgrunde sei im Sinne der Rechtsprechung\ndes Bundesverwaltungsgerichts hier durch die dem Klager am 19.09.2003 erteilte\nEinburgerungszusicherung eingetreten. Nachdem der Beklagte nach Erkennen\nseines Fehlers insoweit die vorangegangene Einburgerungszusicherung auch nicht\netwa zuruckgenommen habe, liege zum jetzigen Zeitpunkt ein Ausweisungsgrund,\nder dem Klager gemaß § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG a. F. entgegengehalten werden\nkonnte, nicht mehr vor. Der Klager habe somit einen Anspruch darauf, dass der\nBeklagte sein Einburgerungsbegehren nach §§ 8, 9 StAG a. F. neu bescheide. \n--- \n--- \n| 28 \n--- \n| Das Urteil wurde dem Beklagten am 20.03.2008 zugestellt. Auf den von ihm am\n15.04.2008 gestellten und am 15.05.2008 begrundeten Antrag hat der Senat durch\nBeschluss vom 25.08.2008 die Berufung zugelassen. \n--- \n--- \n| 29 \n--- \n| Am 23.09.2008 hat der Beklagte unter Stellung eines Antrags die Berufung\nwie folgt begrundet: \n--- \n--- \n| 30 \n--- \n| Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht § 8 StAG in der bis 27.08.2007\ngeltenden Fassung angewandt. Der nach § 40c StAG anzustellende\nGunstigkeitsvergleich, der fur jede Einburgerungsvoraussetzung anzustellen\nsei, fuhre zu den Ergebnis, dass die neue Fassung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG\ndie gunstigere Bestimmung sei. Denn wahrend es nach der alten Fassung des § 8\nAbs. 1 Satz 1 Nr. 2 auf das bloße Vorliegen von bestimmten Ausweisungsgrunden\nangekommen sei und daher auch strafrechtlich unerhebliches Verhalten der\nEinburgerung habe entgegen stehen konnen, seien jetzt nur noch Verurteilungen\nwegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe oder die Anordnung einer\nMaßregel relevant, soweit die in § 12a Abs. 1 Nr. 1 StAG genannten\nBagatellgrenzen uberschritten wurden. Derartige Verurteilungen, welche die\nGrenze des § 12a Abs. 1 StAG uberstiegen, seien auch unter den Begriff der\nvereinzelten und geringfugigen Rechtsversstoße nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG\nzu rechnen und stellten daher regelmaßig einen Ausweisungsgrund dar, machten\njedoch nur eine Teilmenge aller denkbaren Ausweisungsgrunde aus, weshalb die\nneue Fassung gunstiger sei. Bei Anwendung des neuen Rechts stunden die vom\nKlager begangenen Straftaten, die nicht getilgt seien, einer Einburgerung\nentgegen und seien auch im Rahmen des durch § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F.\neroffneten Ermessens zu Recht unberucksichtigt geblieben und auch nach § 12a\nAbs. 1 Satz 3 StAG n.F. nicht zu berucksichtigen. Die Taten konnten auch\nausnahmslos berucksichtigt werden, da gem. § 46 Abs. 1 Nr. 2 BZRG\nTilgungsreife erst im Jahre 2013 eintreten werde. \n--- \n--- \n| 31 \n--- \n| Die Entscheidung sei allerdings auch dann unrichtig, wenn man § 8 Abs. 1\nSatz 1 Nr. 2 StAG in der alten Fassung anwende. Denn der Klager erfulle einen\nAusweisungsgrund, der nicht verbraucht sei. Fur die Frage, ob ein\nAusweisungsgrund vorliege, komme es allein darauf an, ob dieser erfullt sei,\nnicht jedoch darauf, ob tatsachlich eine Ausweisung erfolgen konne. Im\nvorliegenden Fall sei der Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG\neinschlagig, weil der Klager insgesamt wegen desselben Vergehens zu\nerheblichen Freiheitsstrafen verurteilt worden sei. Beim Klager habe ein\nunbelehrbares Verhalten vorgelegen. Die Verstoße seien weder vereinzelt noch\ngeringfugig gewesen. Die Vorwerfbarkeit sei auch nicht nachtraglich entfallen.\nIn Ermangelung einschlagiger Regelungen in den §§ 8 und 9 StAG konne\nhinsichtlich der Verwertbarkeit strafrechtlicher Verurteilungen auf die\nBestimmungen des Bundeszentralregistergesetzes zuruckgegriffen werden. Der\nAusweisungsgrund ware daher nur dann unbeachtlich, wenn die zugrunde liegenden\nStraftaten getilgt waren, was jedoch nicht der Fall sei. Entgegen der fruheren\nRechtslage, nach der auf einen „unbescholtenen Lebenswandel" abgestellt worden\nsei, sei nunmehr auch aus Grunden der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit\nkeine umfassende Abwagungsentscheidung mehr zu treffen, sofern festgestellt\nworden sei, dass der Verstoß weder vereinzelt noch geringfugig gewesen sei. Im\nÜbrigen konne der Sichtweise des Verwaltungsgerichts auch aus systematischen\nErwagungen nicht gefolgt werden. Denn in der bis 27.08.2007 geltenden Fassung\nsei eine Abwagungsentscheidung bei Straftaten auf den Fall des § 12a Abs. 1\nSatz 2 StAG beschrankt gewesen. Ware bei § 8 Abs. 1 Nr. 1 StAG auch eine\nsolche Abwagungsentscheidung gewollt gewesen, so hatte es nahe gelegen, in § 8\nAbs. 2 nicht nur die Moglichkeit eines Dispenses von den Voraussetzungen des §\n8 Abs. 1 Nr. 4 vorzusehen, sondern dort auch auf § 8 Abs. 1 Nr. 2 Bezug zu\nnehmen. Erst die neue Fassung des § 8 Abs. 2 habe eine Erweiterung um den Fall\ndes Abs. 1 Nr. 2 vorgenommen. Ware die Entscheidung des Verwaltungsgerichts\nrichtig, so hatte es dieser Anpassung nicht bedurft. \n--- \n--- \n| 32 \n--- \n| Die vom Klager begangenen Straftaten seien auch nicht durch die\nEinburgerungszusicherung verbraucht. Mit der Einburgerungszusicherung nach §\n38 LVwVfG werde dem Einburgerungsbewerber die Einburgerung fur den Fall\nzugesagt, dass er den Verlust der bisherigen Staatsangehorigkeit nachweise.\nMit Ablauf der Frist von zwei Jahren habe deren Wirkung geendet, eine\nVerlangerung sei nicht erfolgt. Hatte die Einburgerungszusicherung die ihr vom\nVerwaltungsgericht beigemessene Wirkung, so nahme sie im Hinblick auf\nsamtliche Einzelfragen der Einburgerung mit Ausnahme der Hinnahme der\nMehrstaatigkeit die endgultige Entscheidung uber den Einburgerungsantrag\nverbindlich vorweg und ware ein vorgezogener Ausschnitt aus der umfassenderen\nEinburgerung und als solcher eine Art feststellender Verwaltungsakt. Ihre\nWirkungen glichen denjenigen des Vorbescheids im Baurecht. Dies entspreche\njedoch nicht den gesetzlichen Vorgaben. Die Einburgerungszusicherung nehme\nnicht einen Abschnitt des spater erlassenen Verwaltungsakts vorweg, sondern\nsage lediglich dessen Erlass zu. Dies habe zur Folge, dass die Zusicherung mit\nAblauf der Frist ihre Wirkungen verliere. Zwar konne es ausnahmsweise Falle\ngeben, in denen die Behorde nach Treu und Glauben sich nicht auf einen\nFristablauf berufen konne, wenn der Einburgerungsbewerber die einzige\nBedingung erfullt habe, sich die Behorde jedoch gleichwohl geweigert habe, die\nEinburgerung vorzunehmen und deshalb die Frist abgelaufen sei. So lagen die\nDinge hier jedoch nicht. Ein schutzwurdiges Vertrauen und Interesse des\nKlagers bestehe daher nicht. \n--- \n--- \n| 33 \n--- \n| Der Beklagte beantragt, \n--- \n--- \n| 34 \n--- \n| das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. November 2007 - 11 K\n3108/06 - zu andern und die Klage abzuweisen. \n--- \n--- \n| 35 \n--- \n| Der Klager beantragt, \n--- \n--- \n| 36 \n--- \n| die Berufung zuruckzuweisen. \n--- \n--- \n| 37 \n--- \n| Er verteidigt das angegriffene Urteil und fuhrt noch aus: Der vom Beklagten\nbefurwortete Ruckgriff auf die Regelungen des Bundeszentralregistergesetz\nfinde im Gesetz keine Stutze und sei nicht sachgerecht. Das Verwaltungsgericht\nfuhre richtigerweise aus, dass die Tilgungsfristen wegen der großen\nZeitsprunge wenig Raum fur eine Einzelfallbetrachtung boten. Es musse\nberucksichtigt werden, dass er die Taten nicht mehr begehen konne, weil er\nseit 2002 einen Fuhrerschein besitze. Er lebe seit 10 Jahren vollig straffrei.\nSeine aktuelle Arbeitslosigkeit stehe der Einburgerung nicht entgegen. Er habe\nLeistungen der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung erworben, die mindestens\n12 Monate bezahlt wurden. Durch eine zusatzliche Tatigkeit bei Mc Donalds\nwerde er rund 200,00 EUR hinzuverdienen. Er habe auch seit Januar eine Stelle\nin der Schweiz erhalten. Er sei Grenzganger, was aber auf Dauer nur moglich\nsei, wenn er deutscher Staatsangehoriger sei. Ansonsten konne er nur mit einem\nVisum zwischen den Landern verkehren. Ohne die deutsche Staatsangehorigkeit\nwerde er die Stelle wieder verlieren. Er habe sich im Übrigen bei\nverschiedenen Zeitarbeitsfirmen beworben. \n--- \n--- \n| 38 \n--- \n| Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird\nerganzend auf deren Schriftsatze verwiesen. \n--- \n--- \n| 39 \n--- \n| Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Landratsamts Schwabisch Hall, die\nWiderspruchakten des Regierungsprasidiums Stuttgart, die Strafakten des\nAmtsgerichts Backnang und Waldshut-Tiengen und die Akten des\nVerwaltungsgerichts Stuttgart vor. \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| | \n--- \n| 40 \n--- \n| Die zulassige, insbesondere unter Stellung eines Antrags ordnungsgemaß\nbegrundete Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hatte die\nKlage in vollem Umfang abweisen mussen. Der Klager hat auch keinen Anspruch\ndarauf, dass der Beklagte seinen Antrag auf Einburgerung neu bescheidet (vgl.\n§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). \n--- \n--- \n| 41 \n--- \n| 1\\. Was die Behandlung und Beurteilung eines moglichen\nEinburgerungsanspruchs nach § 10 StAG betrifft, kann der Senat auf die\nAusfuhrungen des Verwaltungsgerichts verweisen, denen nichts Wesentliches\nhinzuzufugen ist und die er sich zu Eigen macht (vgl. § 130b Satz 2 VWGO). \n--- \n--- \n| 42 \n--- \n| Der Senat lasst dabei ausdrucklich offen, ob dem Verwaltungsgericht zu\nfolgen ware, dass „eine hohere Strafe" im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG\na.F. auch eine nicht zur Bewahrung ausgesetzte Strafe sein kann. Denn diese\nFrage ist nicht entscheidungserheblich, wovon letztlich das Verwaltungsgericht\nselbst ausgegangen ist. \n--- \n--- \n| 43 \n--- \n| 2\\. Der Klager, der mit einer deutschen Staatsangehorigen verheiratet ist,\nkann seine Einburgerung auch nicht nach § 9 (i.V.m. § 8) StAG beanspruchen;\nauch eine Neubescheidung seines Antrags kommt nicht in Betracht. \n--- \n--- \n| 44 \n--- \n| Nachdem der Klager seinen Einburgerungsantrag am 07.02.2003 und damit vor\ndem 01.04.2007 gestellt hatte, ist mit Rucksicht auf § 40c StAG zunachst der\nFrage nachzugehen, ob insoweit das bis 27.08.2007 geltende Recht fur den\nKlager gunstigere Einburgerungsvoraussetzungen aufgestellt hatte und damit -\nwas die rechtliche Beurteilung, nicht allerdings die tatsachlichen\nVerhaltnisse betrifft - entgegen dem allgemeinen Grundsatz, nicht auf den\nZeitpunkt der mundlichen Verhandlung abzustellen ware. Zur Beantwortung der\nFrage, welche Bestimmungen fur den Einburgerungsbewerber gunstiger sind, ist\njede einzelne Einburgerungsvoraussetzung getrennt in den Blick zu nehmen (vgl.\nBerlit InfAuslR 2007, 457 <466>). Beim dem hiernach anzustellenden\nGunstigkeitsvergleich ist anhand des konkreten Sachverhalts eine\nAlternativprufung vorzunehmen. \n--- \n--- \n| 45 \n--- \n| a) Unverandert geblieben ist allerdings die zwingende\nEinburgerungsvoraussetzung, dass der Einburgerungsbewerber seinen rechtmaßigen\ngewohnlichen Aufenthalt im Inland haben muss. Dieses ist nach dem im\nmaßgeblichen Zeitpunkt der mundlichen Verhandlung gegebenen Sachverhalt nicht\nmehr der Fall. \n--- \n--- \n| 46 \n--- \n| Seinen gewohnlichen Aufenthalt begrundet jemand dort, wo er sich unter\nUmstanden aufhalt, die erkennen lassen, dass er dort nicht vorubergehend,\nsondern grundsatzlich auf nicht im Einzelnen absehbare Zeit verweilt bzw.\nverweilen wird und an dem der Schwerpunkt der Bindungen, insbesondere\nfamiliarer oder beruflicher Hinsicht liegt. Grundsatzlich sind hiernach alle\nUmstande des Einzelfalls in den Blick zu nehmen und zu wurdigen, wobei es in\nerster Linie auf die objektiv feststellbaren Umstande ankommt (vgl. Berlit,\nin: GK-StAR, § 10 Rdn. 81, 85). Ausgehend hiervon hat der Klager jedenfalls zu\nBeginn dieses Jahres seinen gewohnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet\naufgegeben. Dies ergibt sich aus folgendem: Nachdem er Ende des vergangenen\nJahres eine Stelle in der Schweiz, namlich in B. gefunden hat und nach dem in\nder mundlichen Verhandlung vorgelegten schweizerischen Aufenthaltstitel sich\nseit 01.12.2008 regelmaßig in der Schweiz aufhalt, ist er im April diesen\nJahres mit der gesamten Familie in die Schweiz nach W. gezogen. Die Wohnung in\nW. wurde vollstandig aufgegeben. Unter der von ihm angegebenen Anschrift in G.\nleben seine Schwiegereltern in einem Haus, ohne dass dem Klager und seiner\nFamilie dort eine vollstandige eigene Wohnung zur Verfugung steht. Dort konnen\nsich der Klager und seine Familie an den Wochenenden und in den Ferien\naufhalten, was sie auch tun. Allerdings ist nach den Angaben des Klagers in\nder mundlichen Verhandlung der in der Schweiz abgeschlossene Arbeitsvertrag\nzunachst bis 07.09.2009 befristet. Befristet ist in gleicher Weise zunachst\nder von der Schweiz erteilte Aufenthaltstitel. Dieser Umstand konnte\nmoglicherweise der Annahme entgegenstehen, der Klager habe inzwischen seinen\ngewohnlichen Aufenthalt in der Schweiz genommen. Dieser Schluss ist aber nicht\ngerechtfertigt. Denn aus der Tatsache, dass der Klager nach seinen eigenen\nAngaben insbesondere seine Kinder mitgenommen und in der Schweiz eingeschult\nhat, und das sogar noch wahrend des laufenden Schuljahrs, kann nur der Schluss\ngezogenen werden, dass der Aufenthalt in der Schweiz auf Dauer angelegt ist\nund nicht nur auf kurze Zeit bis Anfang September 2009, und der Klager selbst\ndavon ausgeht, dass der Aufenthalt nicht zu diesem Zeitpunkt enden soll. \n--- \n--- \n| 47 \n--- \n| b) Nach der aktuellen Rechtslage stehen gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG auch die\nstrafrechtlichen Verurteilungen des Klagers einer Einburgerung zwingend\nentgegen. In diesem Zusammenhang stellt sich die im Rahmen der Anwendung der\nfruher geltenden Fassung vom Verwaltungsgericht erorterte Frage, ob auch vor\nEintritt der Tilgungsreife eine Straftat nicht mehr verwertet bzw. vorgehalten\nwerden kann, von vornherein nicht (vgl. hierzu im Folgenden). Verurteilungen\nkonnen - wie im Anwendungsbereich des § 10 StAG - vor Eintritt der\nTilgungsreife allein nach Maßgabe des § 12a Abs. 1 StAG außer Betracht\nbleiben. Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 liegen ersichtlich nicht\nvor. Die hohere Strafe kann auch nicht nach Satz 3 außer Betracht bleiben, da\nvon einem nur geringfugigen Überschreiten des Rahmens nach den Satzen 1 und 2\nnicht die Rede sein kann. \n--- \n--- \n| 48 \n--- \n| Von der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG kann auch nicht nach dessen\nAbsatz 2 abgesehen werden. Ein offentliches Interesse ist nicht erkennbar.\nAber auch eine besondere Harte liegt nicht vor. Hierzu muss zunachst ein\natypischer Sachverhalt gegeben sein, der den Einburgerungsbewerber in\nbesonderer Weise, d.h. qualifiziert beschwert, wenn und weil er nicht bzw.\nerst spater eingeburgert wurde; die Harte muss also gerade infolge der\nEinburgerung bzw. der fruhzeitigeren Einburgerung beseitigt werden konnen.\nDies ware vielleicht in Betracht zu ziehen, wenn allein die letzte Straftat\naus dem Jahre 2008 dazu gefuhrt hatte, dass die fruheren Straftaten nicht\ngetilgt werden konnen, diese letzte Tat Bagatellcharakter hatte und ihm ein\nweiteres vorlaufiges Verbleiben im Status des Auslanders nicht mehr zuzumuten\nware. Dies ist allerdings hier nicht der Fall, wie noch im Folgenden\ndargestellt wird. Dann jedoch liegt eine typische einburgerungschadliche Folge\nder erheblichen und beharrlichen Kriminalitat des Klagers und der hiermit\nverbundenen langeren Tilgungsfristen vor. Ob eine besondere Harte darin zu\nerblicken sein konnte, dass der Klager ohne Einburgerung nicht unter\nerleichterten Bedingungen in die Schweiz zu einem Arbeitsplatz pendeln kann,\nbedarf keiner abschließenden Bewertung. Denn es ist nichts dafur ersichtlich,\ndass der Klager von seiner Ausbildung oder seinen Befahigungen her zwingend\nauf den Arbeitsmarkt der Schweiz angewiesen sein konnte. \n--- \n--- \n| 49 \n--- \n| Nach der fruheren Rechtslage steht der Einburgerung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2\nStAG zwingend entgegen, dass Klager einen der im Einzelnen enumerativ\naufgezahlten Ausweisungsgrunde erfullt. Relevant ist hier § 55 Abs. 2 Nr. 2\nAufenthG. Zweifelsfrei lagen diese Voraussetzungen mit Rucksicht auf die\nerheblichen strafgerichtlichen Verurteilungen vor. Sie konnen mangels\nTilgungsreife dem Klager auch heute noch vorgehalten werden. \n--- \n--- \n| 50 \n--- \n| Zunachst ist festzuhalten, dass die zu § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5\nAbs. 1 Nr. 2 AufenthG ergangene Rechtsprechung uber den auslanderrechtlichen\n„Verbrauch" von Ausweisungsgrunden bei Erteilung oder Verlangerung eines\nTitels in Kenntnis des Vorliegens eines Ausweisungsgrundes (vgl. hierzu\nBauerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106 ff m.w.N.) nicht in das\nStaatsangehorigkeitsrecht ubertragen werden kann. Die die gegenteilige\nSichtweise befurwortende Literatur (vgl. etwa Marx, in: StAR § 8 Rdn. 67 f.),\nder das Verwaltungsgericht zuzuneigen scheint, ubersieht, dass es keinen\nnachvollziehbaren Grund geben kann, insoweit eine Bindung der\nStaatsangehorigkeitsbehorde durch eine Auslanderbehorde vorzunehmen, die\n„lediglich" uber eine weitere aufenthaltsrechtliche Hinnahme des Aufenthalts\neines Auslanders oder einer Auslanderin zu entscheiden hat (vgl. etwa\nSenatsurteil vom 12.09.2002 - 13 S 880/00 - EzAR 271 Nr. 37). Weiter ist davon\nauszugehen, dass die Voraussetzungen eines Ausweisungsgrundes nicht erst dann\nerfullt sind, wenn im konkreten Fall eine Ausweisung rechtmaßig verfugt werden\nkonnte. Dies entspricht der einhelligen hochst- und obergerichtlichen\nRechtsprechung zum Auslander- bzw. Aufenthaltsrecht (vgl. Bauerle, in: GK-\nAufenthG § 5 Rdn. 95 ff m.w.N.). Im Staatsangehorigkeitsrecht gilt nichts\nanderes (vgl. ausdrucklich BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris). \n--- \n--- \n| 51 \n--- \n| Allerdings finden sich in Rechtsprechung und Literatur regelmaßig dahin\ngehende Formulierungen, dass ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr.\n1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nur vorliegen konne, wenn dieser\nnoch gegenwartig aktuell und nicht durch die zeitliche Entwicklung uberholt\nist. Dies soll, wie auch das Verwaltungsgericht meint, aus dem\nTatbestandsmerkmal „vorliegen" bzw. „erfullt" folgen (so wohl auch\nSenatsbeschluss vom 17.10.1996 - 13 S 1279/96 - InfAuslR 1997, 111; vgl. auch\nBauerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 104 ff m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist\nallerdings darauf hinzuweisen, dass der Gesichtspunkt der Aktualitat im\nSchwerpunkt und vornehmlich fur die Falle eines „Verbrauchs" des\nAusweisungsgrundes infolge einer entsprechenden regelmaßig vertrauenstiftenden\nHandlung der Auslanderbehorde, wie etwa der Verlangerung eines\nAufenthaltstitels, erortert wird (vgl. ausdrucklich Bauerle, in: GK-AufenthG §\n5 Rdn. 106). Gleichwohl bedarf die Auffassung, wonach ausnahmslos nur\n„aktuelle" Ausweisungsgrunde vorgehalten werden konnen, der Prazisierung. Denn\ndas Aufenthaltsgesetz unterscheidet ausdrucklich zwischen den verschiedenen\nAusweisungsgrunden. Diese haben namlich keine identische Struktur. So kennt\ndas Aufenthaltsgesetz Ausweisungsgrunde, die allein darauf abstellen, dass es\nin der Vergangenheit zu einer strafgerichtlichen Verurteilung gekommen ist\n(vgl. §§ 53, 54 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG; „…verurteilt worden ist…") bzw. der\nAuslander oder die Auslanderin in der Vergangenheit eine bestimmte Handlung\nbegangen hat (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG; „…gemacht hat…" bzw. „…nicht\nmitgewirkt hat…"). Die anderen Ausweisungsgrunde stellen hingegen allein\ndarauf ab, dass gegenwartig bestimmte Handlungen begangen werden und hieraus\naktuell eine bestimmte Gefahrensituation resultiert. Deshalb „liegt" ein\nAusweisungsgrund im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung im Sinne des §\n5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auch und bereits dann „vor", wenn der Zeitpunkt der\nVerurteilung schon langer zuruck liegt. Im aufenthaltsrechtlichen Kontext\nkommt im Falle der vergangenheitsbezogenen Ausweisungsgrunde des § 55 Abs. 2\nNr. 1 und Nr. 2 AufenthG dem Gesichtspunkt der Aktualitat auf einer anderen -\nzweiten - Stufe Bedeutung zu. Zum einen ist dieser Gesichtspunkt bei der\nkonkreten Ermessensausubung, ob eine Ausweisung verfugt werden soll, zu\nerortern; zum anderen bei der Prufung der Frage, ob eine von der Regel des § 5\nAbs. 1 Nr. 2 AufenthG abweichende Atypik besteht (in diesem Sinn wohl auch\nHailbronner, Auslanderrecht, § 5 AufenthG Rdn. 31). Denn es liegt auf der\nHand, dass ein vor Jahren begangener Rechtsverstoß, so er nicht ohnehin nur\nvereinzelt oder geringfugig begangen wurde und damit gar keinen\nAusweisungsgrund ausmacht, nicht in einer dem Verhaltnismaßigkeitsgrundsatz\ngenugenden Art und Weise eine Ausweisungsverfugung oder eine Verweigerung\neines Aufenthaltsrechts tragen kann, wenn kein innerer und zeitlicher\nZusammenhang mit den aktuellen Lebensverhaltnissen des Auslanders oder der\nAuslanderin mehr besteht. Dies gilt umso mehr fur andere Rechtsverstoße und\nunzutreffende Angaben (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG), die gar keiner\nTilgung im Bundeszentralregister unterliegen konnen. \n--- \n--- \n| 52 \n--- \n| Indem jedoch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG pauschal und undifferenziert auf\nbestimmte Ausweisungsgrunde verweist und damit nur unvollstandig die\ndargestellte aufenthaltsrechtliche Struktur ubernimmt, fallt der zweite\nPrufungsschritt gewissermaßen aus. Der Gesichtspunkt der Aktualitat des\nAusweisungsgrundes muss daher im staatsangehorigkeitsrechtlichen Kontext als\neine im Grundsatz der Verhaltnismaßigkeit zu verortende immanente Grenze des\nEinburgerungshindernisses des Ausweisungsgrundes begriffen und das\nTatbestandsmerkmal „erfullt" entsprechend verfassungskonform interpretiert\nwerden. \n--- \n--- \n| 53 \n--- \n| Was die Berucksichtigung von strafgerichtlichen Verurteilungen als\nAusweisungsgrund im aufenthaltsrechtlichen wie im\nstaatsangehorigkeitsrechtlichen Zusammenhang betrifft, ist es in Ermangelung\nanderer aussagekraftiger Hinweise im Aufenthalts- wie im\nStaatsangehorigkeitsgesetz im Ausgangspunkt folgerichtig, wenn die\nVerurteilung so lange als Ausweisungsgrund im Rechtsverkehr vorgehalten werden\nkann, als noch keine Tilgung im Bundeszentralregister erfolgt ist (vgl. in\ndiesem Sinn schon Senatsurteil vom 21.08.2003 - 13 S 888/03 - juris; a.A. etwa\nBauerle, a.a.O., § 5 Rdn. 111). Denn die Lange der Tilgungsfrist bildet die\nSchwere der begangenen Straftat durchaus realitatsgerecht ab (vgl. § 45 Abs. 3\nNr. 1, § 46 Abs. 1 BZRG) und ist daher grundsatzlich durchaus geeignet, auch\ngegenwartsbezogen Schlusse auf die Aktualitat des Ausweisungsgrundes und damit\nein weiterhin gegen eine Einburgerung sprechendes offentliches Interesse zu\nermoglichen. Es ist in diesem Zusammenhang anerkannt, dass unter dem Aspekt\nder Aktualitat und damit auch dem der Verhaltnismaßigkeit das Gewicht des\nAusweisungsgrundes und hier insbesondere die Schwere der Straftat bzw. die\nHohe der verhangten Strafe von erheblicher Aussagekraft dafur sein kann, ob\ngegenwartig der Ausweisungsgrund noch vorgehalten werden soll oder auch nur\nkann (vgl. etwa Bauerle, a.a.O., § 5 Rdn. 105; Hailbronner, a.a.O., § 5\nAufenthG Rdn. 31). Allerdings kann es der Gesichtspunkt der\nVerhaltnismaßigkeit erforderlich machen, auch noch nicht getilgte Straftaten\nauszuscheiden, wenn der Tilgungsmechanismus des Bundeszentralregistergesetzes\nzu unangemessenen und daher unverhaltnismaßigen Ergebnissen fuhren wurde. Da\ninfolge der Bestimmung des § 47 BZRG zeitlich vorher eingetragene, aber an\nsich tilgungsreife Verurteilungen erst getilgt werden, wenn bei der letzten\nvorangegangenen Verurteilung Tilgungsreife eingetreten ist, muss hier\nunmittelbar die Systematik des Aufenthalts- und Staatsangehorigkeitsrechts\nkorrigierend in den Blick genommen werden. Denn handelt es sich bei der\nletzten Verurteilung um eine Straftat, die nur einen vereinzelten oder aber\nv.a. geringfugigen Charakter im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG hatte und\ndaher gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, so ware es von vornherein\nverfehlt, langer zuruckliegende strafgerichtliche Verurteilungen, die bereits\ngetilgt werden konnten, wenn die letzte Verurteilung nicht eingetragen ware,\nnoch vorzuhalten. Daneben kann es im Einzelfall daruber hinaus mit Blick auf\ndie zugrunde liegenden Straftaten erforderlich werden, aus Grunden der\nVerhaltnismaßigkeit eine abweichende Beurteilung vorzunehmen. \n--- \n--- \n| 54 \n--- \n| So liegen die Verhaltnisse hier jedoch nicht. Eine vollstandige Tilgung\nwird hier erst im Jahre 2013 erfolgen. Dies hat seine Ursachen nicht darin,\ndass zuletzt die Verurteilung durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Waldshut-\nTiengen vom 14.02.2008 eingetragen ist, sondern beruht auf der Verurteilung\ndurch das Amtsgericht Backnang vom 14.05.1998, die eine Tilgungsfrist gem. §\n46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG von 15 Jahren ausgelost hat. Selbst wenn man daher\nzugunsten des Klagers davon ausgeht, dass die nach knapp 9-jahriger\nStraffreiheit im November 2006 begangene erst am 14.02.2008 abgeurteilte\nStraftat als vereinzelter oder geringfugiger Verstoß im Sinne des § 55 Abs. 2\nNr. 2 AufenthG (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris) zu\nwerten ware, so hat diese und die hiermit verbundene Tilgungsfrist von 5\nJahren (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG) keine Verlangerung der laufenden\nTilgungsfrist nach sich gezogen. Der Senat kann daher offen lassen, ob die\nimmerhin vorsatzlich begangene Straftat als vereinzelt oder geringfugig\nanzusehen ware und ob den vom Klager erhobenen Einwanden gegen die\nVerurteilung in Anbetracht der eingetretenen Rechtskraft uberhaupt nachzugehen\nware. Es besteht auch im Übrigen kein ausreichend tragfahiger Grund\nausnahmsweise trotz nicht erfolgter Tilgung die fruheren Verurteilungen nicht\nzu Lasten des Klagers zu berucksichtigen. Denn in der Kette der von ihm\nbegangenen Straftaten kommt eine hartnackige und unbelehrbare Missachtung der\nRechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck. Der Klager hat\ndurch seine Taten unmissverstandlich zu erkennen gegeben, dass er gesetzliche\nBeschrankungen seiner Handlungsfreiheit, die insbesondere der Sicherheit von\nLeib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer dienen, bei der Verfolgung seiner\nInteressen nicht hinzunehmen bereit ist. Demzufolge wurden dem Klager im\nUrteil des Amtsgerichts Backnang vom 14.05.1998 auch erhebliche charakterliche\nMangel bescheinigt. Bei dieser Sachlage ist es jedenfalls gegenwartig auch\nunter Berucksichtigung der zwischenzeitlichen Straffreiheit nicht geboten,\nausnahmsweise von diesen Verurteilungen abzusehen. Es ist nicht unangemessen,\ndurch weiteren Zeitablauf zusatzliche und endgultige Gewissheit zu erlangen,\ndass die zutiefst rechtsfeindliche Einstellung des Klagers zur Rechtsordnung\nuberwunden ist. \n--- \n--- \n| 55 \n--- \n| Auch § 8 Abs. 2 StAG a.F. ermoglicht keine Entscheidung zugunsten des\nKlagers. Denn die Bestimmung des 8 Abs. 2 StAG erlaubte in ihrer alten Fassung\nuberhaupt nur eine Ausnahme von der Voraussetzung des Abs. 1 Nr. 4; § 12a StAG\nwar in der alten Fassung nur auf den Fall des § 10 StAG anzuwenden. Da, wie\ndargelegt, schon keine Harte vorliegt, kann der Senat auch offen lassen, ob\naus verfassungsrechtlichen Grunden im Falle eines Verstoßes gegen den\nGrundsatz der Verhaltnismaßigkeit unter Umstanden eine einfach-gesetzlich\nnicht vorgesehene Ausnahme zugelassen werden musste, soweit diesem\nGesichtspunkt nicht ohnehin schon bei der Beurteilung, ob aus Grunden der\nVerhaltnismaßigkeit ausnahmsweise noch nicht getilgte Verurteilung nicht\nentgegengehalten werden durfen, Rechnung getragen wurde. Gleichermaßen kann\noffen bleiben, ob im Rahmen des Gunstigkeitsprinzips u. U. nach neuem Recht\ngunstigere Teile einer Norm (hier: § 8 Abs. 2 n.F.) neben anderen Teilen nach\naltem Recht (Absatz 1 Nr. 2) angewendet werden konnten. \n--- \n--- \n| 56 \n--- \n| c) Ein „Verbrauch" der Ausweisungsgrunde ist - entgegen der Auffassung des\nVerwaltungsgerichts - auch nicht deshalb erfolgt, weil der Beklagte dem Klager\nunter dem 19.09.2003 eine Einburgerungszusicherung (vgl. § 38 LVwVfG) erteilt\nhatte. Diese war auf zwei Jahre befristet und hat damit nach Ablauf der Frist\nihre rechtlichen Wirkungen verloren und ist demzufolge fur den Beklagten nicht\nmehr bindend. Jede andere Sicht der Dinge wurde die zeitliche Befristung\nunterlaufen und der Zusicherung eine uber diesen Zeitpunkt hinausreichende\nWirkung verleihen, die - auch aus der Sicht des Empfangers erkennbar (vgl. den\nRechtsgedanken der §§ 133, 157 BGB) - vom Beklagten dieser gerade nicht\nbeigemessen werden sollte, weshalb auch kein uber die zeitliche Geltung\nhinausgehender Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Sinn und Zweck einer\nBefristung der Zusicherung ist es gerade, deren Perpetuierung zu verhindern\nund insbesondere eine Rucknahme nach erkannter Fehlerhaftigkeit uberflussig zu\nmachen. Andernfalls kame der Zusicherung, wie der Beklagte zutreffend\nausfuhrt, der Charakter einer bereits endgultigen „Teilgenehmigung" zu, mit\nder einzelne Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Abschichtung bereits\nverbindlich und auf Dauer zwischen den Beteiligten entschieden und geregelt\nwurden. Wegen dieser andersartigen Struktur einer befristeten Zusicherung ist\nauch die vom Verwaltungsgericht gezogene Parallele zu der\nverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach durch einen in Kenntnis eines\nverwirklichten Ausweisungsgrundes erteilten Aufenthaltstitel diese\nAusweisungsgrunde verbraucht sind und spater nicht mehr entgegen gehalten\nwerden konnen, nicht tragfahig. Denn mit der Erteilung des Aufenthaltstitels\nwird in jeder Hinsicht uneingeschrankt und endgultig die begehrte\nRechtsposition eingeraumt, und nicht nur im Sinne einer Vorstufe auf Zeit.\nGegen Treu und Glauben wurde eine Berufung auf den Fristablauf nur dann\nverstoßen, wenn der Einburgerungsbewerber mittlerweile die einzige mit der\nZusicherung verknupfte Voraussetzung erfullt hatte und die Behorde sich\nnunmehr auf den Fristablauf berufen wurde. Dieser Fall ist aber hier nicht\ngegeben. \n--- \n--- \n| 57 \n--- \n| 3\\. Eine Einburgerung nach § 8 StAG scheitert aus den genannten Grunden. \n--- \n--- \n| 58 \n--- \n| 4\\. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. \n--- \n--- \n| 59 \n--- \n| Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein gesetzlicher Zulassungsgrund\nvorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO). \n--- \n| 60 \n--- \n| **Beschluss vom 06. Mai .2009** \n--- \n| 61 \n--- \n| Der Streitwert fur das Berufungsverfahren wird gemaß § 63 Abs. 2, § 47 und\n§ 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. \n--- \n--- \n| 62 \n--- \n| Dieser Beschluss ist unanfechtbar \n--- \n \n## Gründe\n\n| | \n--- \n| 40 \n--- \n| Die zulassige, insbesondere unter Stellung eines Antrags ordnungsgemaß\nbegrundete Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hatte die\nKlage in vollem Umfang abweisen mussen. Der Klager hat auch keinen Anspruch\ndarauf, dass der Beklagte seinen Antrag auf Einburgerung neu bescheidet (vgl.\n§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). \n--- \n--- \n| 41 \n--- \n| 1\\. Was die Behandlung und Beurteilung eines moglichen\nEinburgerungsanspruchs nach § 10 StAG betrifft, kann der Senat auf die\nAusfuhrungen des Verwaltungsgerichts verweisen, denen nichts Wesentliches\nhinzuzufugen ist und die er sich zu Eigen macht (vgl. § 130b Satz 2 VWGO). \n--- \n--- \n| 42 \n--- \n| Der Senat lasst dabei ausdrucklich offen, ob dem Verwaltungsgericht zu\nfolgen ware, dass „eine hohere Strafe" im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG\na.F. auch eine nicht zur Bewahrung ausgesetzte Strafe sein kann. Denn diese\nFrage ist nicht entscheidungserheblich, wovon letztlich das Verwaltungsgericht\nselbst ausgegangen ist. \n--- \n--- \n| 43 \n--- \n| 2\\. Der Klager, der mit einer deutschen Staatsangehorigen verheiratet ist,\nkann seine Einburgerung auch nicht nach § 9 (i.V.m. § 8) StAG beanspruchen;\nauch eine Neubescheidung seines Antrags kommt nicht in Betracht. \n--- \n--- \n| 44 \n--- \n| Nachdem der Klager seinen Einburgerungsantrag am 07.02.2003 und damit vor\ndem 01.04.2007 gestellt hatte, ist mit Rucksicht auf § 40c StAG zunachst der\nFrage nachzugehen, ob insoweit das bis 27.08.2007 geltende Recht fur den\nKlager gunstigere Einburgerungsvoraussetzungen aufgestellt hatte und damit -\nwas die rechtliche Beurteilung, nicht allerdings die tatsachlichen\nVerhaltnisse betrifft - entgegen dem allgemeinen Grundsatz, nicht auf den\nZeitpunkt der mundlichen Verhandlung abzustellen ware. Zur Beantwortung der\nFrage, welche Bestimmungen fur den Einburgerungsbewerber gunstiger sind, ist\njede einzelne Einburgerungsvoraussetzung getrennt in den Blick zu nehmen (vgl.\nBerlit InfAuslR 2007, 457 <466>). Beim dem hiernach anzustellenden\nGunstigkeitsvergleich ist anhand des konkreten Sachverhalts eine\nAlternativprufung vorzunehmen. \n--- \n--- \n| 45 \n--- \n| a) Unverandert geblieben ist allerdings die zwingende\nEinburgerungsvoraussetzung, dass der Einburgerungsbewerber seinen rechtmaßigen\ngewohnlichen Aufenthalt im Inland haben muss. Dieses ist nach dem im\nmaßgeblichen Zeitpunkt der mundlichen Verhandlung gegebenen Sachverhalt nicht\nmehr der Fall. \n--- \n--- \n| 46 \n--- \n| Seinen gewohnlichen Aufenthalt begrundet jemand dort, wo er sich unter\nUmstanden aufhalt, die erkennen lassen, dass er dort nicht vorubergehend,\nsondern grundsatzlich auf nicht im Einzelnen absehbare Zeit verweilt bzw.\nverweilen wird und an dem der Schwerpunkt der Bindungen, insbesondere\nfamiliarer oder beruflicher Hinsicht liegt. Grundsatzlich sind hiernach alle\nUmstande des Einzelfalls in den Blick zu nehmen und zu wurdigen, wobei es in\nerster Linie auf die objektiv feststellbaren Umstande ankommt (vgl. Berlit,\nin: GK-StAR, § 10 Rdn. 81, 85). Ausgehend hiervon hat der Klager jedenfalls zu\nBeginn dieses Jahres seinen gewohnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet\naufgegeben. Dies ergibt sich aus folgendem: Nachdem er Ende des vergangenen\nJahres eine Stelle in der Schweiz, namlich in B. gefunden hat und nach dem in\nder mundlichen Verhandlung vorgelegten schweizerischen Aufenthaltstitel sich\nseit 01.12.2008 regelmaßig in der Schweiz aufhalt, ist er im April diesen\nJahres mit der gesamten Familie in die Schweiz nach W. gezogen. Die Wohnung in\nW. wurde vollstandig aufgegeben. Unter der von ihm angegebenen Anschrift in G.\nleben seine Schwiegereltern in einem Haus, ohne dass dem Klager und seiner\nFamilie dort eine vollstandige eigene Wohnung zur Verfugung steht. Dort konnen\nsich der Klager und seine Familie an den Wochenenden und in den Ferien\naufhalten, was sie auch tun. Allerdings ist nach den Angaben des Klagers in\nder mundlichen Verhandlung der in der Schweiz abgeschlossene Arbeitsvertrag\nzunachst bis 07.09.2009 befristet. Befristet ist in gleicher Weise zunachst\nder von der Schweiz erteilte Aufenthaltstitel. Dieser Umstand konnte\nmoglicherweise der Annahme entgegenstehen, der Klager habe inzwischen seinen\ngewohnlichen Aufenthalt in der Schweiz genommen. Dieser Schluss ist aber nicht\ngerechtfertigt. Denn aus der Tatsache, dass der Klager nach seinen eigenen\nAngaben insbesondere seine Kinder mitgenommen und in der Schweiz eingeschult\nhat, und das sogar noch wahrend des laufenden Schuljahrs, kann nur der Schluss\ngezogenen werden, dass der Aufenthalt in der Schweiz auf Dauer angelegt ist\nund nicht nur auf kurze Zeit bis Anfang September 2009, und der Klager selbst\ndavon ausgeht, dass der Aufenthalt nicht zu diesem Zeitpunkt enden soll. \n--- \n--- \n| 47 \n--- \n| b) Nach der aktuellen Rechtslage stehen gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG auch die\nstrafrechtlichen Verurteilungen des Klagers einer Einburgerung zwingend\nentgegen. In diesem Zusammenhang stellt sich die im Rahmen der Anwendung der\nfruher geltenden Fassung vom Verwaltungsgericht erorterte Frage, ob auch vor\nEintritt der Tilgungsreife eine Straftat nicht mehr verwertet bzw. vorgehalten\nwerden kann, von vornherein nicht (vgl. hierzu im Folgenden). Verurteilungen\nkonnen - wie im Anwendungsbereich des § 10 StAG - vor Eintritt der\nTilgungsreife allein nach Maßgabe des § 12a Abs. 1 StAG außer Betracht\nbleiben. Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 liegen ersichtlich nicht\nvor. Die hohere Strafe kann auch nicht nach Satz 3 außer Betracht bleiben, da\nvon einem nur geringfugigen Überschreiten des Rahmens nach den Satzen 1 und 2\nnicht die Rede sein kann. \n--- \n--- \n| 48 \n--- \n| Von der Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG kann auch nicht nach dessen\nAbsatz 2 abgesehen werden. Ein offentliches Interesse ist nicht erkennbar.\nAber auch eine besondere Harte liegt nicht vor. Hierzu muss zunachst ein\natypischer Sachverhalt gegeben sein, der den Einburgerungsbewerber in\nbesonderer Weise, d.h. qualifiziert beschwert, wenn und weil er nicht bzw.\nerst spater eingeburgert wurde; die Harte muss also gerade infolge der\nEinburgerung bzw. der fruhzeitigeren Einburgerung beseitigt werden konnen.\nDies ware vielleicht in Betracht zu ziehen, wenn allein die letzte Straftat\naus dem Jahre 2008 dazu gefuhrt hatte, dass die fruheren Straftaten nicht\ngetilgt werden konnen, diese letzte Tat Bagatellcharakter hatte und ihm ein\nweiteres vorlaufiges Verbleiben im Status des Auslanders nicht mehr zuzumuten\nware. Dies ist allerdings hier nicht der Fall, wie noch im Folgenden\ndargestellt wird. Dann jedoch liegt eine typische einburgerungschadliche Folge\nder erheblichen und beharrlichen Kriminalitat des Klagers und der hiermit\nverbundenen langeren Tilgungsfristen vor. Ob eine besondere Harte darin zu\nerblicken sein konnte, dass der Klager ohne Einburgerung nicht unter\nerleichterten Bedingungen in die Schweiz zu einem Arbeitsplatz pendeln kann,\nbedarf keiner abschließenden Bewertung. Denn es ist nichts dafur ersichtlich,\ndass der Klager von seiner Ausbildung oder seinen Befahigungen her zwingend\nauf den Arbeitsmarkt der Schweiz angewiesen sein konnte. \n--- \n--- \n| 49 \n--- \n| Nach der fruheren Rechtslage steht der Einburgerung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2\nStAG zwingend entgegen, dass Klager einen der im Einzelnen enumerativ\naufgezahlten Ausweisungsgrunde erfullt. Relevant ist hier § 55 Abs. 2 Nr. 2\nAufenthG. Zweifelsfrei lagen diese Voraussetzungen mit Rucksicht auf die\nerheblichen strafgerichtlichen Verurteilungen vor. Sie konnen mangels\nTilgungsreife dem Klager auch heute noch vorgehalten werden. \n--- \n--- \n| 50 \n--- \n| Zunachst ist festzuhalten, dass die zu § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG 1990 und § 5\nAbs. 1 Nr. 2 AufenthG ergangene Rechtsprechung uber den auslanderrechtlichen\n„Verbrauch" von Ausweisungsgrunden bei Erteilung oder Verlangerung eines\nTitels in Kenntnis des Vorliegens eines Ausweisungsgrundes (vgl. hierzu\nBauerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 106 ff m.w.N.) nicht in das\nStaatsangehorigkeitsrecht ubertragen werden kann. Die die gegenteilige\nSichtweise befurwortende Literatur (vgl. etwa Marx, in: StAR § 8 Rdn. 67 f.),\nder das Verwaltungsgericht zuzuneigen scheint, ubersieht, dass es keinen\nnachvollziehbaren Grund geben kann, insoweit eine Bindung der\nStaatsangehorigkeitsbehorde durch eine Auslanderbehorde vorzunehmen, die\n„lediglich" uber eine weitere aufenthaltsrechtliche Hinnahme des Aufenthalts\neines Auslanders oder einer Auslanderin zu entscheiden hat (vgl. etwa\nSenatsurteil vom 12.09.2002 - 13 S 880/00 - EzAR 271 Nr. 37). Weiter ist davon\nauszugehen, dass die Voraussetzungen eines Ausweisungsgrundes nicht erst dann\nerfullt sind, wenn im konkreten Fall eine Ausweisung rechtmaßig verfugt werden\nkonnte. Dies entspricht der einhelligen hochst- und obergerichtlichen\nRechtsprechung zum Auslander- bzw. Aufenthaltsrecht (vgl. Bauerle, in: GK-\nAufenthG § 5 Rdn. 95 ff m.w.N.). Im Staatsangehorigkeitsrecht gilt nichts\nanderes (vgl. ausdrucklich BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris). \n--- \n--- \n| 51 \n--- \n| Allerdings finden sich in Rechtsprechung und Literatur regelmaßig dahin\ngehende Formulierungen, dass ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr.\n1 AuslG 1990 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nur vorliegen konne, wenn dieser\nnoch gegenwartig aktuell und nicht durch die zeitliche Entwicklung uberholt\nist. Dies soll, wie auch das Verwaltungsgericht meint, aus dem\nTatbestandsmerkmal „vorliegen" bzw. „erfullt" folgen (so wohl auch\nSenatsbeschluss vom 17.10.1996 - 13 S 1279/96 - InfAuslR 1997, 111; vgl. auch\nBauerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 104 ff m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist\nallerdings darauf hinzuweisen, dass der Gesichtspunkt der Aktualitat im\nSchwerpunkt und vornehmlich fur die Falle eines „Verbrauchs" des\nAusweisungsgrundes infolge einer entsprechenden regelmaßig vertrauenstiftenden\nHandlung der Auslanderbehorde, wie etwa der Verlangerung eines\nAufenthaltstitels, erortert wird (vgl. ausdrucklich Bauerle, in: GK-AufenthG §\n5 Rdn. 106). Gleichwohl bedarf die Auffassung, wonach ausnahmslos nur\n„aktuelle" Ausweisungsgrunde vorgehalten werden konnen, der Prazisierung. Denn\ndas Aufenthaltsgesetz unterscheidet ausdrucklich zwischen den verschiedenen\nAusweisungsgrunden. Diese haben namlich keine identische Struktur. So kennt\ndas Aufenthaltsgesetz Ausweisungsgrunde, die allein darauf abstellen, dass es\nin der Vergangenheit zu einer strafgerichtlichen Verurteilung gekommen ist\n(vgl. §§ 53, 54 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG; „…verurteilt worden ist…") bzw. der\nAuslander oder die Auslanderin in der Vergangenheit eine bestimmte Handlung\nbegangen hat (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG; „…gemacht hat…" bzw. „…nicht\nmitgewirkt hat…"). Die anderen Ausweisungsgrunde stellen hingegen allein\ndarauf ab, dass gegenwartig bestimmte Handlungen begangen werden und hieraus\naktuell eine bestimmte Gefahrensituation resultiert. Deshalb „liegt" ein\nAusweisungsgrund im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung im Sinne des §\n5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auch und bereits dann „vor", wenn der Zeitpunkt der\nVerurteilung schon langer zuruck liegt. Im aufenthaltsrechtlichen Kontext\nkommt im Falle der vergangenheitsbezogenen Ausweisungsgrunde des § 55 Abs. 2\nNr. 1 und Nr. 2 AufenthG dem Gesichtspunkt der Aktualitat auf einer anderen -\nzweiten - Stufe Bedeutung zu. Zum einen ist dieser Gesichtspunkt bei der\nkonkreten Ermessensausubung, ob eine Ausweisung verfugt werden soll, zu\nerortern; zum anderen bei der Prufung der Frage, ob eine von der Regel des § 5\nAbs. 1 Nr. 2 AufenthG abweichende Atypik besteht (in diesem Sinn wohl auch\nHailbronner, Auslanderrecht, § 5 AufenthG Rdn. 31). Denn es liegt auf der\nHand, dass ein vor Jahren begangener Rechtsverstoß, so er nicht ohnehin nur\nvereinzelt oder geringfugig begangen wurde und damit gar keinen\nAusweisungsgrund ausmacht, nicht in einer dem Verhaltnismaßigkeitsgrundsatz\ngenugenden Art und Weise eine Ausweisungsverfugung oder eine Verweigerung\neines Aufenthaltsrechts tragen kann, wenn kein innerer und zeitlicher\nZusammenhang mit den aktuellen Lebensverhaltnissen des Auslanders oder der\nAuslanderin mehr besteht. Dies gilt umso mehr fur andere Rechtsverstoße und\nunzutreffende Angaben (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG), die gar keiner\nTilgung im Bundeszentralregister unterliegen konnen. \n--- \n--- \n| 52 \n--- \n| Indem jedoch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG pauschal und undifferenziert auf\nbestimmte Ausweisungsgrunde verweist und damit nur unvollstandig die\ndargestellte aufenthaltsrechtliche Struktur ubernimmt, fallt der zweite\nPrufungsschritt gewissermaßen aus. Der Gesichtspunkt der Aktualitat des\nAusweisungsgrundes muss daher im staatsangehorigkeitsrechtlichen Kontext als\neine im Grundsatz der Verhaltnismaßigkeit zu verortende immanente Grenze des\nEinburgerungshindernisses des Ausweisungsgrundes begriffen und das\nTatbestandsmerkmal „erfullt" entsprechend verfassungskonform interpretiert\nwerden. \n--- \n--- \n| 53 \n--- \n| Was die Berucksichtigung von strafgerichtlichen Verurteilungen als\nAusweisungsgrund im aufenthaltsrechtlichen wie im\nstaatsangehorigkeitsrechtlichen Zusammenhang betrifft, ist es in Ermangelung\nanderer aussagekraftiger Hinweise im Aufenthalts- wie im\nStaatsangehorigkeitsgesetz im Ausgangspunkt folgerichtig, wenn die\nVerurteilung so lange als Ausweisungsgrund im Rechtsverkehr vorgehalten werden\nkann, als noch keine Tilgung im Bundeszentralregister erfolgt ist (vgl. in\ndiesem Sinn schon Senatsurteil vom 21.08.2003 - 13 S 888/03 - juris; a.A. etwa\nBauerle, a.a.O., § 5 Rdn. 111). Denn die Lange der Tilgungsfrist bildet die\nSchwere der begangenen Straftat durchaus realitatsgerecht ab (vgl. § 45 Abs. 3\nNr. 1, § 46 Abs. 1 BZRG) und ist daher grundsatzlich durchaus geeignet, auch\ngegenwartsbezogen Schlusse auf die Aktualitat des Ausweisungsgrundes und damit\nein weiterhin gegen eine Einburgerung sprechendes offentliches Interesse zu\nermoglichen. Es ist in diesem Zusammenhang anerkannt, dass unter dem Aspekt\nder Aktualitat und damit auch dem der Verhaltnismaßigkeit das Gewicht des\nAusweisungsgrundes und hier insbesondere die Schwere der Straftat bzw. die\nHohe der verhangten Strafe von erheblicher Aussagekraft dafur sein kann, ob\ngegenwartig der Ausweisungsgrund noch vorgehalten werden soll oder auch nur\nkann (vgl. etwa Bauerle, a.a.O., § 5 Rdn. 105; Hailbronner, a.a.O., § 5\nAufenthG Rdn. 31). Allerdings kann es der Gesichtspunkt der\nVerhaltnismaßigkeit erforderlich machen, auch noch nicht getilgte Straftaten\nauszuscheiden, wenn der Tilgungsmechanismus des Bundeszentralregistergesetzes\nzu unangemessenen und daher unverhaltnismaßigen Ergebnissen fuhren wurde. Da\ninfolge der Bestimmung des § 47 BZRG zeitlich vorher eingetragene, aber an\nsich tilgungsreife Verurteilungen erst getilgt werden, wenn bei der letzten\nvorangegangenen Verurteilung Tilgungsreife eingetreten ist, muss hier\nunmittelbar die Systematik des Aufenthalts- und Staatsangehorigkeitsrechts\nkorrigierend in den Blick genommen werden. Denn handelt es sich bei der\nletzten Verurteilung um eine Straftat, die nur einen vereinzelten oder aber\nv.a. geringfugigen Charakter im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG hatte und\ndaher gar keinen Ausweisungsgrund ausmacht, so ware es von vornherein\nverfehlt, langer zuruckliegende strafgerichtliche Verurteilungen, die bereits\ngetilgt werden konnten, wenn die letzte Verurteilung nicht eingetragen ware,\nnoch vorzuhalten. Daneben kann es im Einzelfall daruber hinaus mit Blick auf\ndie zugrunde liegenden Straftaten erforderlich werden, aus Grunden der\nVerhaltnismaßigkeit eine abweichende Beurteilung vorzunehmen. \n--- \n--- \n| 54 \n--- \n| So liegen die Verhaltnisse hier jedoch nicht. Eine vollstandige Tilgung\nwird hier erst im Jahre 2013 erfolgen. Dies hat seine Ursachen nicht darin,\ndass zuletzt die Verurteilung durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Waldshut-\nTiengen vom 14.02.2008 eingetragen ist, sondern beruht auf der Verurteilung\ndurch das Amtsgericht Backnang vom 14.05.1998, die eine Tilgungsfrist gem. §\n46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG von 15 Jahren ausgelost hat. Selbst wenn man daher\nzugunsten des Klagers davon ausgeht, dass die nach knapp 9-jahriger\nStraffreiheit im November 2006 begangene erst am 14.02.2008 abgeurteilte\nStraftat als vereinzelter oder geringfugiger Verstoß im Sinne des § 55 Abs. 2\nNr. 2 AufenthG (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 - juris) zu\nwerten ware, so hat diese und die hiermit verbundene Tilgungsfrist von 5\nJahren (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG) keine Verlangerung der laufenden\nTilgungsfrist nach sich gezogen. Der Senat kann daher offen lassen, ob die\nimmerhin vorsatzlich begangene Straftat als vereinzelt oder geringfugig\nanzusehen ware und ob den vom Klager erhobenen Einwanden gegen die\nVerurteilung in Anbetracht der eingetretenen Rechtskraft uberhaupt nachzugehen\nware. Es besteht auch im Übrigen kein ausreichend tragfahiger Grund\nausnahmsweise trotz nicht erfolgter Tilgung die fruheren Verurteilungen nicht\nzu Lasten des Klagers zu berucksichtigen. Denn in der Kette der von ihm\nbegangenen Straftaten kommt eine hartnackige und unbelehrbare Missachtung der\nRechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck. Der Klager hat\ndurch seine Taten unmissverstandlich zu erkennen gegeben, dass er gesetzliche\nBeschrankungen seiner Handlungsfreiheit, die insbesondere der Sicherheit von\nLeib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer dienen, bei der Verfolgung seiner\nInteressen nicht hinzunehmen bereit ist. Demzufolge wurden dem Klager im\nUrteil des Amtsgerichts Backnang vom 14.05.1998 auch erhebliche charakterliche\nMangel bescheinigt. Bei dieser Sachlage ist es jedenfalls gegenwartig auch\nunter Berucksichtigung der zwischenzeitlichen Straffreiheit nicht geboten,\nausnahmsweise von diesen Verurteilungen abzusehen. Es ist nicht unangemessen,\ndurch weiteren Zeitablauf zusatzliche und endgultige Gewissheit zu erlangen,\ndass die zutiefst rechtsfeindliche Einstellung des Klagers zur Rechtsordnung\nuberwunden ist. \n--- \n--- \n| 55 \n--- \n| Auch § 8 Abs. 2 StAG a.F. ermoglicht keine Entscheidung zugunsten des\nKlagers. Denn die Bestimmung des 8 Abs. 2 StAG erlaubte in ihrer alten Fassung\nuberhaupt nur eine Ausnahme von der Voraussetzung des Abs. 1 Nr. 4; § 12a StAG\nwar in der alten Fassung nur auf den Fall des § 10 StAG anzuwenden. Da, wie\ndargelegt, schon keine Harte vorliegt, kann der Senat auch offen lassen, ob\naus verfassungsrechtlichen Grunden im Falle eines Verstoßes gegen den\nGrundsatz der Verhaltnismaßigkeit unter Umstanden eine einfach-gesetzlich\nnicht vorgesehene Ausnahme zugelassen werden musste, soweit diesem\nGesichtspunkt nicht ohnehin schon bei der Beurteilung, ob aus Grunden der\nVerhaltnismaßigkeit ausnahmsweise noch nicht getilgte Verurteilung nicht\nentgegengehalten werden durfen, Rechnung getragen wurde. Gleichermaßen kann\noffen bleiben, ob im Rahmen des Gunstigkeitsprinzips u. U. nach neuem Recht\ngunstigere Teile einer Norm (hier: § 8 Abs. 2 n.F.) neben anderen Teilen nach\naltem Recht (Absatz 1 Nr. 2) angewendet werden konnten. \n--- \n--- \n| 56 \n--- \n| c) Ein „Verbrauch" der Ausweisungsgrunde ist - entgegen der Auffassung des\nVerwaltungsgerichts - auch nicht deshalb erfolgt, weil der Beklagte dem Klager\nunter dem 19.09.2003 eine Einburgerungszusicherung (vgl. § 38 LVwVfG) erteilt\nhatte. Diese war auf zwei Jahre befristet und hat damit nach Ablauf der Frist\nihre rechtlichen Wirkungen verloren und ist demzufolge fur den Beklagten nicht\nmehr bindend. Jede andere Sicht der Dinge wurde die zeitliche Befristung\nunterlaufen und der Zusicherung eine uber diesen Zeitpunkt hinausreichende\nWirkung verleihen, die - auch aus der Sicht des Empfangers erkennbar (vgl. den\nRechtsgedanken der §§ 133, 157 BGB) - vom Beklagten dieser gerade nicht\nbeigemessen werden sollte, weshalb auch kein uber die zeitliche Geltung\nhinausgehender Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Sinn und Zweck einer\nBefristung der Zusicherung ist es gerade, deren Perpetuierung zu verhindern\nund insbesondere eine Rucknahme nach erkannter Fehlerhaftigkeit uberflussig zu\nmachen. Andernfalls kame der Zusicherung, wie der Beklagte zutreffend\nausfuhrt, der Charakter einer bereits endgultigen „Teilgenehmigung" zu, mit\nder einzelne Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne einer Abschichtung bereits\nverbindlich und auf Dauer zwischen den Beteiligten entschieden und geregelt\nwurden. Wegen dieser andersartigen Struktur einer befristeten Zusicherung ist\nauch die vom Verwaltungsgericht gezogene Parallele zu der\nverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach durch einen in Kenntnis eines\nverwirklichten Ausweisungsgrundes erteilten Aufenthaltstitel diese\nAusweisungsgrunde verbraucht sind und spater nicht mehr entgegen gehalten\nwerden konnen, nicht tragfahig. Denn mit der Erteilung des Aufenthaltstitels\nwird in jeder Hinsicht uneingeschrankt und endgultig die begehrte\nRechtsposition eingeraumt, und nicht nur im Sinne einer Vorstufe auf Zeit.\nGegen Treu und Glauben wurde eine Berufung auf den Fristablauf nur dann\nverstoßen, wenn der Einburgerungsbewerber mittlerweile die einzige mit der\nZusicherung verknupfte Voraussetzung erfullt hatte und die Behorde sich\nnunmehr auf den Fristablauf berufen wurde. Dieser Fall ist aber hier nicht\ngegeben. \n--- \n--- \n| 57 \n--- \n| 3\\. Eine Einburgerung nach § 8 StAG scheitert aus den genannten Grunden. \n--- \n--- \n| 58 \n--- \n| 4\\. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. \n--- \n--- \n| 59 \n--- \n| Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein gesetzlicher Zulassungsgrund\nvorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO). \n--- \n| 60 \n--- \n| **Beschluss vom 06. Mai .2009** \n--- \n| 61 \n--- \n| Der Streitwert fur das Berufungsverfahren wird gemaß § 63 Abs. 2, § 47 und\n§ 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. \n--- \n--- \n| 62 \n--- \n| Dieser Beschluss ist unanfechtbar \n---\n\n |
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138,702 | olgstut-2010-04-27-7-u-4610 | 147 | Oberlandesgericht Stuttgart | olgstut | Baden-Württemberg | Oberlandesgericht | 7 U 46/10 | 2010-04-27 | 2019-01-07 14:04:38 | 2019-02-12 12:40:33 | Beschluss | ## Tenor\n\nDer Antrag des Klagers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe fur den zweiten\nRechtszug wird\n\n**z u r u c k g e w i e s e n .**\n\n## Gründe\n\n| | \n--- \n**I.** \n--- \n| 1 \n--- \n| Der Antrag des Klagers auf Gewahrung von Prozesskostenhilfe fur den zweiten\nRechtszug ist unbegrundet. Die mit der angekundigten Berufung beabsichtigte\nRechtsverfolgung hat keine Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO. \n--- \n--- \n| 2 \n--- \n| Der Klager hat weder Anspruch gem. §§ 1, 88 VVG n. F. (Art. 1 Abs. 2 EGVVG)\ni.V.m. § 12 Abs. 6 lit. b der zwischen den Parteien vereinbarten Allgemeinen\nBedingungen fur die Kraftfahrtversicherung (AKB) auf Vollkaskoleistung in Hohe\nvon 8.088,30 EUR wegen Vandalismusschadens am 22.07.2008 an seinem Fahrzeug\nMercedes Benz E 270 CDI noch Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen\nRechtsanwaltskosten in Hohe von 718,40 EUR. \n--- \n--- \n| 3 \n--- \n| 1\\. Dem Klager steht kein Anspruch gem. §§ 1, 88 VVG n. F. i.V.m. § 12 Abs.\n6 lit. b AKB zu. \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| Die Beklagte ist leistungsfrei, § 28 Abs. 2 S. 1 VVG n. F. i.V.m. §§ 7, 7a\nAKB. Der Klager hat mit den nicht zutreffenden und im Übrigen unschlussigen\nAngaben nach Entstehung des Versicherungsfalles gegen seine\nObliegenheitspflicht verstoßen. \n--- \n--- \n| 5 \n--- \n| Der Klager hat den eingetretenen Vandalismusschaden, Kratzspuren nahezu am\ngesamten Fahrzeug, vom 22.07.2008 in Frankfurt a. M. an seinem Mercedes Benz E\n270 CDI durch die Polizei aufnehmen lassen. Der Lackschaden wurde im von ihm\nbeauftragte Gutachten vom 24.07.2008 (Anlage B 8) des Sachverstandigenburos H.\nF. mit 8.791,79 EUR brutto errechnet. \n--- \n--- \n| 6 \n--- \n| Das Landgericht geht indes zu Recht von einer die Leistungsfreiheit gem. §\n28 Abs. 2 S. 1 VVG n. F. auslosenden Obliegenheitsverletzung des Klagers wegen\nfalscher Angaben aus. Der Klager hat in seiner Schadensmeldung vom 01.08.2008\n(Anlage B 10, Bl. 71 ff.) angegeben, dass sein Fahrzeug bereits repariert\nworden sei (Anlage B 10: „Auto wurde repariert"). Die im Rechtsstreit\nvorgelegte Rechnung vom 25.08.2008 (Anlage B 4, Bl. 38 ff.) uber die angeblich\nvollstandig ausgefuhrte Reparatur durch die wohl kurzzeitig existierende Fa.\n„D. P." (Bl. 85 ff.: „Mietwerkstatt, Reifendienst, Auto Aufbereitung, Auto An-\nund Verkauf") in Hohe von 8.068,20 EUR brutto (Anlage B 4, Bl. 38 ff.)\nbeziehungsweise 8.088,30 EUR brutto (Anlage B 5, Bl. 49 f.) vermochte die beim\nLandgericht entstandene und zutreffend begrundete Überzeugung gem. § 286 ZPO\nvon unzutreffenden Angaben durch den Klager nicht zu beseitigen. Nicht\nnachvollziehbar erklaren konnte der Klager etwa, weshalb er in der\nSchadensmeldung vom 01.08.2008 angibt, sein Fahrzeug sei repariert, wenn es\nausweislich der Rechnung der Fa. „P. D." erst uber zwei Wochen spater am\n„18.08.2008" repariert worden sein soll (Anlage B 4, Bl. 38). Das von der\nBeklagten im Rahmen der Nachbesichtigung vom 05.09.2008 in Auftrag gegebene\nGutachten des Sachverstandigenburos G. (Anlage B 9, Bl. 59 ff.) widerlegt die\nBehauptung des Klagers, das Fahrzeug sei vollstandig repariert und\ninsbesondere lackiert worden. Die Messungen des Sachverstandigenburos zur\nLackdichte hat ergeben, dass die behauptete und in Rechnung gestellte\nLackierung nicht durchgefuhrt worden ist, sondern die Kratzer im Lack\nanderweitig, etwa durch Auspolieren, beseitigt wurden. Unzweifelhaft ist im\nGutachten auch ausgefuhrt, dass das Fahrzeug auf dem Dach mit Sicherheit nicht\nlackiert worden sei. Die abgerechneten Kosten fur die nicht durchgefuhrte\nBeseitigung der Schweinwerferschaden, die der Klager als Mitarbeiter der Fa.\nPorsche wie jeder Laie unschwer entdecken konnte, durfte das Landgericht\nebenfalls in seine Überzeugung mit einstellen. \n--- \n--- \n| 7 \n--- \n| Der Klager hat zudem zunachst in der mundlichen Verhandlung vom 15.09.2009\n(Bl. 89 ff.) angegeben, er habe sein Fahrzeug an seinen Vater, J. S.,\nverkauft. Am 15.09.2009 hat er demgegenuber behauptet, das Fahrzeug sei nicht\nan den Vater, sondern an den Bruder des Klagers verkauft worden (Schriftsatz\nvom 10.11.2009, Bl. 101 ff.). Das Fahrzeug sei nach mehreren Weiterverkaufen\n„nunmehr im Ausland" (Schriftsatz vom 10.11.2009, Bl. 101). Das Landgericht\nhat den Klager mit Verfugung vom 16.11.2009 (Bl. 98) aufgefordert, eine\nAdresse zu benennen, wo das Fahrzeug durch den gerichtlichen Sachverstandigen\nbegutachtet werden konne. Es hat, nachdem der Klager den Standort des\nFahrzeugs im Ausland nicht benennen konnte oder wollte, den Beweisbeschluss\nvom 08.09.2009 am 04.01.2010 (Bl. 105) prozessordnungsgemaß aufgehoben und die\nParteien um Zustimmung im schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO\ngebeten. Die Berufung verkennt eklatant die Aufklarungspflichten des\nerkennenden Gerichts. Das Landgericht war nach der Verfugung vom 16.11.2009\n(Bl. 98) weder gehalten, nochmals auf die offensichtliche Nachteile fur den\nKlager bei Nichtbenennung des Fahrzeugstandortes (Beweismittelverlust)\nhinzuweisen, noch war es angezeigt, von Amts wegen und in einem solchen Falle\nzudem rechtsfehlerhaft uber Zeugenbeweis zu erforschen, ob nicht doch eine\nMoglichkeit bestand, die vom Klager im Rahmen der Dispositionsmaxime\nbeizubringende Adresse des Fahrzeugstandortes, unmittelbar oder mittelbar zu\nermitteln. \n--- \n--- \n| 8 \n--- \n| 2\\. Dem Klager steht mangels zugrundeliegender Forderung gem. §§ 1, 88 VVG\nn. F. i.V.m. §§ 12 Abs. 6 lit. b, 7, 7a AKB aus dem Versicherungsverhaltnis\nebenfalls kein Schadensersatzanspruch gem. §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB in\nHohe von 718,40 EUR wegen entstandener vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten\nzu. \n--- \n--- \n**II.** \n--- \n| 9 \n--- \n| Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Außergerichtliche Kosten\nwerden nicht erstattet, § 127 Abs. 4 ZPO. \n--- \n--- \n**III.** \n--- \n| 10 \n--- \n| Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht. Die gesetzlichen\nVoraussetzungen liegen nicht vor, § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 574 Abs. 3 i.V.m.\nAbs. 2 ZPO. \n---\n\n |
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161,523 | fg-baden-wurttemberg-2009-06-03-2-k-2707 | 126 | Finanzgericht Baden-Württemberg | fg-baden-wurttemberg | Baden-Württemberg | Baden-Württemberg | Finanzgerichtsbarkeit | 2 K 27/07 | 2009-06-03 | 2019-01-16 07:26:17 | 2019-01-17 12:06:30 | Urteil | ## Tenor\n\n1\\. Die Klage wird abgewiesen.\n\n2\\. Die Klager tragen die Kosten des Verfahrens.\n\n## Tatbestand\n\n| | \n--- \n| 1 \n--- \n| Streitig ist, ob die Aufwendungen fur die Erneuerung von Fenstern und einer\nHaustur als dauernde Last im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG zu\nberucksichtigen sind. \n--- \n--- \n| 2 \n--- \n| Die Klager sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt\nwerden. Der Klager Ziff. 1 ist Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen\nBetriebs, den er durch notariellen Übergabevertrag vom 28. Oktober 2003 von\nseinen Eltern ubernommen hat. In § 3 Nr. 1 a des Übergabevertrags wurde den\nEltern ein Wohnungsrecht gemaß § 1093 BGB zur ausschließlichen Benutzung aller\nRaume der Erdgeschosswohnung des ubergebenen Anwesens X eingeraumt. In Bezug\nauf die Instandsetzungskosten enthalt § 3 Nr. 1 a Abs. 3 des Übergabevertrages\nfolgende Regelung: \n--- \n--- \n| 3 \n--- \n| „Instandhaltungskosten einschließlich der außergewohnlichen\nInstandhaltungskosten und Schonheitsreparaturen hinsichtlich der\nWohnrechtsraume gehen zu Lasten des Übernehmers, der auch die Kosten fur\nHeizung, Strom, Wasser, Abwasser, Kaminfeger und Mull fur die Wohnrechtsraume\ntragt. Auch im Übrigen ist das Wohnungsrecht unentgeltlich, was\nschuldrechtlich vereinbart wird." \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| In der gemeinsamen Einkommensteuererklarung 2004 machten die Klager einen\nBetrag von 7.968,87 EUR‚ der nach ihren Angaben auf die Instandhaltung der\nAltenteilerwohnung entfallen sei, als Sonderausgaben in Form einer dauernden\nLast gemaß § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG geltend. Diesen Betrag ermittelten sie in\nfolgender Weise: \n--- \n--- \n| 5 \n--- \n| \n--- \n \nFenster | \n6.028,97 EUR \n \nHaustur | \n1.761,88 EUR \n \nContainer | \n147,38 EUR \n \ndiverses Material | \n \n| \n7.968,87 EUR \n--- \n| 6 \n--- \n| Bei der Veranlagung versagte der Beklagte (das Finanzamt - FA) den\nbegehrten Sonderausgabenabzug mit Einkommensteuerbescheid vom 25. Januar 2006\nunter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 25. August 1999 X R 38/95 (BStBl II 2000,\n21). \n--- \n--- \n| 7 \n--- \n| Mit Schreiben ihres Prozessbevollmachtigten vom 2. Februar 2002 erhoben die\nKlager Einspruch. Zur Begrundung machten sie geltend, dass die Fenster\naltersbedingt hatten erneuert werden mussen. Diese Aufwendungen seien\naußergewohnliche Instandhaltungsaufwendungen, das der Übernehmer sich im\nÜbergabevertrag vom 28. Oktober 2003 zur Übernahme dieser Aufwendungen\nverpflichtet habe und die Maßnahmen zur Erhaltung des im Zeitpunkt der\nÜbergabe vertragsgemaßen Zustands der Wohnung erforderlich gewesen seien. \n--- \n--- \n| 8 \n--- \n| Am 6. Februar 2006 erließ das FA einen gemaß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO\ngeanderter Bescheid, mit dem es einem weiteren, hier nicht erwahnten Einwand\nder Klager entsprach. \n--- \n--- \n| 9 \n--- \n| Mit Einspruchsentscheidung vom 20. Dezember 2006 wies das FA den Einspruch\nder Klager als unbegrundet zuruck. Zur Begrundung fuhrte es aus, dass die\ndurchgefuhrten Baumaßnahmen nicht dazu gedient hatten, die Wohnung der\nWohnungsberechtigten in dem Zustand zu erhalten, der im Zeitpunkt der\nÜbertragung von den Eltern auf den Klager gegeben war. Die Maßnahmen seien\ndaher als erhebliche Verbesserung des fruheren Gebaudezustands zu\nqualifizieren, die hauptsachlich im Eigeninteresse des Klagers erfolgt seien.\nIm Vordergrund habe nicht die Deckung der Grundbedurfnisse der\nWohnungsberechtigten, sondern die durch die Baumaßnahme eintretende\nWerterhohung des betroffenen Gebaudes gestanden. \n--- \n--- \n| 10 \n--- \n| Mit der am 23. Januar 2007 erhobenen Klage verfolgen die Klager ihr\nBegehren weiter. Zur Begrundung lassen sie im Wesentlichen vortragen, dass vom\ndispositiven Zivilrecht abweichende Vereinbarungen in Bezug auf die\nErhaltenspflicht steuerrechtlich anzuerkennen seien. Im Streitfall habe sich\nder Klager gerade auch besonders zur Übernahme der außerordentlichen\nInstandhaltungsaufwendungen verpflichtet. Insoweit habe man eine klare und\neindeutige Regelung getroffen. Da der Übergeber auf der Grundlage des\nÜbergabevertrages die Übernahme der außerordentlichen Instandhaltungskosten\nverlangen konne, seien diese Aufwendungen als Sonderausgabe abziehbar. \n--- \n--- \n| 11 \n--- \n| Im Streitfall hatten sich die bisher vorhandenen Holzrahmen der Fenster\nverzogen und seien undicht geworden. Die Fenster seien daher durch solche mit\nKunststoffrahmen ersetzt worden. Auch die inzwischen undicht gewordene Holztur\nsei durch eine Kunststoffture ersetzt worden. Bei der steuerrechtlichen\nBeurteilung dieser Maßnahmen sei zu berucksichtigen, dass der Klager lediglich\nden ursprunglichen Zustand einer zugfreien Wohnung wiederhergestellt habe. Er\nhabe sich bei der Wahl der Mittel auch keineswegs fur eine besonders\nhochwertige Ausfuhrung oder besonders hochwertige Materialien, sondern fur\neine vergleichsweise gunstige Losung entschieden. \n--- \n--- \n| 12 \n--- \n| Mit Schreiben vom 16. April 2007 wurde erganzend ausgefuhrt, dass das FA\nden streitigen Sonderausgabenabzug auch dann zu gewahren hatte, wenn die\nVertragsparteien im Übergabevertrag keine ausdruckliche Regelung getroffen\nhatten. Dies liege darin begrundet, dass undichte Fenster und die undichte\nTure fruher oder spater dazu gefuhrt hatten, dass der Klager die Wohnung nicht\nmehr in zu Wohnzwecken geeignetem Zustand zu Verfugung gestellt hatte. Um dies\nzu vermeiden, sei er zur Instandhaltung verpflichtet gewesen. \n--- \n--- \n| 13 \n--- \n| Die Klager beantragen, \n--- \n--- \n| 14 \n--- \n| den Einkommensteuerbescheid fur 2004 vom 6. Februar 2006 in Gestalt der\nEinspruchsentscheidung vom 20. Dezember 2006 dahingehend zu andern, dass\nweitere Sonderausgaben in Hohe von 7.968,87 Euro berucksichtigt werden. \n--- \n--- \n| 15 \n--- \n| Das FA beantragt, \n--- \n--- \n| 16 \n--- \n| die Klage anzuweisen. \n--- \n--- \n| 17 \n--- \n| Zur Begrundung verweist es auf die Einspruchsentscheidung. \n--- \n--- \n| 18 \n--- \n| Mit Schreiben vom 17. Marz 2007 und vom 5. August 2008 hat der\nBerichterstatter die Klager u. a. auf das Urteil des Niedersachsischen\nFinanzgerichts vom 3. August 2005 2 K 342/03 (DStRE 2006, 1445) hingewiesen. \n--- \n--- \n| 19 \n--- \n| Am 3. Juni 2009 hat vor dem Senat eine mundliche Verhandlung stattgefunden.\nAuf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen. \n--- \n--- \n| 20 \n--- \n| Mit Schriftsatz vom 8. Juni 2009 stellten die Klager einen Antrag auf\nWiedereroffnung der mundlichen Verhandlung. Zur Begrundung ließen sie\nvortragen, dass der Beklagte in der mundlichen Verhandlung erstmalig geaußert\nhabe, dass er die von dem Klagern geltend gemachten Aufwendungen und die in\ndiesem Zusammenhang vorgelegten Unterlagen weder gepruft noch sonst beachtet\nhabe. Mit dem Schriftsatz legten die Klager eine Anlage „Dauernde Lasten" zur\nEinkommensteuererklarung 2004 sowie mehrere Rechnungen vor, aus denen\nersichtlich ist, dass im Anwesen des Klagers in der Erd- und in der\nObergeschosswohnung neue Fenster, Rollladen und ein Hausturelement eingebaut\nworden waren. Zum Beweis der Tatsache, dass die geltend gemachten Aufwendungen\nausschließlich der Wohnung der Übergeber zuzurechnen seien, wurde die\nVernehmung der Eltern des Klagers als Zeugen beantragt. \n--- \n--- \n| 21 \n--- \n| Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird auf die zwischen den Beteiligten\ngewechselten Schriftsatze und auf die dem Senat vorliegenden Steuerakten\nverwiesen. \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| | \n--- \n| 22 \n--- \n| Der Senat sah keine Veranlassung zu einer Wiedereroffnung der mundliche\nVerhandlung. \n--- \n--- \n| 23 \n--- \n| Nach § 93 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht\ndie Wiedereroffnung der mundlichen Verhandlung beschließen. Die\nWiedereroffnung steht danach grundsatzlich im Ermessen des Gerichts (vgl. u.\na. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. April 2001 XI R 60/00, BFHE 195,\n9, BStBl II 2001, 726; BFH-Beschlusse vom 29. April 2005 VIII B 128/03, BFH/NV\n2005, 1823, und vom 5. September 2005 IV B 155/03, BFH/NV 2006, 98;\nGraber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 93 Rz 9; Schallmoser in\nHubschmann/Hepp/ Spitaler, § 93 FGO Rz 47; a.A. Stocker in Beermann/Gosch, FGO\n§ 93 Rz 77). \n--- \n--- \n| 24 \n--- \n| Das Ermessen ist allerdings dann auf Null reduziert, wenn durch die\nAblehnung der Wiedereroffnung wesentliche Prozessgrundsatze verletzt wurden,\nz. B. weil anderenfalls der Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehor\nverletzt wurde oder die Sachaufklarung nicht ausreicht (BFH-Entscheidungen in\nBFHE 195, 9, BStBl II 2001, 726, und in BFH/NV 2006, 98). Eine Wiedereroffnung\nkann deshalb geboten sein, wenn ein Beteiligter in der mundlichen Verhandlung\nmit Hinweisen oder Fragen des Gerichts uberrascht wurde, zu denen er nicht\nsofort Stellung nehmen konnte, und ihm das Gericht keine Moglichkeit mehr zur\nStellungnahme gegeben hat (BFH-Urteil in BFHE 195, 9, BStBl II 2001, 726). \n--- \n--- \n| 25 \n--- \n| Wenn sich ein Beteiligter in der mundlichen Verhandlung auf uberraschende\nFragen oder Ausfuhrungen nicht sofort erklaren kann, kann er die Einraumung\neiner Frist beantragen, um die Erklarung durch einen Schriftsatz nachzuholen\n(§ 155 FGO i.V.m. § 283 der Zivilprozessordnung; vgl. Tipke in Tipke/ Kruse,\nAbgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 93 FGO Rz 11). Nach Schluss der\nmundlichen Verhandlung konnen allerdings Angriffs- und Verteidigungsmittel\ngrundsatzlich nicht mehr vorgebracht werden (BFH-Beschluss vom 12. November\n1993 VIII R 17/93, BFH/NV 1994, 492, m. w. N.). \n--- \n--- \n| 26 \n--- \n| Im Streitfall wurde der Prozessbevollmachtigte der Klager durch eine Frage\nder Beklagtenvertreterin und nicht des Gerichts uberrascht. Es hatte ihm\ngleichwohl frei gestanden, eine Schriftsatzfrist zu beantragen. Nachdem er\ndies unterlassen hat, war das Ermessen des Gerichts bei der Entscheidung uber\ndie Wiedereroffnung der mundlichen Verhandlung nicht auf Null reduziert. \n--- \n--- \n| 27 \n--- \n| Der Senat sieht unter Ausubung seines Ermessens von einer Wiedereroffnung\nder mundlichen Verhandlung ab, da die im Schriftsatz vom 8. Juni 2009\ndargelegten Grunde hierzu keinen Anlass geben. Insbesondere enthalt der\nSchriftsatz keinerlei Umstande, die geeignet waren, eine andere Entscheidung\nzu begrunden. In der mundlichen Verhandlung hat der Vorsitzende zwar eine\ntatsachliche Verstandigung angeregt. Gleichzeitig wurden die Beteiligten aber\nauf die einschlagige BFH-Rechtsprechung und auf die Berichterstatterschreiben\nvom 17. Marz 2007 und vom 5. August 2008 hingewiesen. Die Klager hatten daher\nhinreichend Gelegenheit, sich mit den tatsachlichen und rechtlichen\nGesichtspunkten auseinanderzusetzen, auf die der Senat seine Entscheidung\nstutzt. \n--- \n--- \n| 28 \n--- \n| Die zulassige Klage ist nicht begrundet. \n--- \n--- \n| 29 \n--- \n| Der angefochtenen Einkommensteuerbescheid ist rechtmaßig und verletzt die\nKlager nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). \n--- \n--- \n| 30 \n--- \n| Das Finanzamt hat zu Recht die Aufwendungen des Klagers fur den Einbau der\nneuen Fenster und der neuen Tur nicht als dauernde Last i. S. d. § 10 Abs.\nAbs. 1 Nr. 1a EStG zum Abzug zugelassen. Nach dieser Norm (in der fur das\nStreitjahr geltenden Fassung) sind u. a. als Sonderausgaben die auf besonderen\nVerpflichtungsgrunden beruhenden Renten und dauernden Lasten abziehbar.\nAufwendungen des Eigentumers/Übernehmers auf ein im Wege der vorweggenommenen\nErbfolge ubernommenes Gebaude sind aber - auch wenn sie wie im Streitfall\nunstreitig die Altenteilswohnung betreffen - nicht zuletzt wegen des\noffenkundigen Interesses des Eigentumers an Modernisierungsmaßnahmen nach § 10\nAbs. Abs. 1 Nr. 1a EStG als dauernde Last nur dann abziehbar, wenn sich der\nÜbernehmer hierzu im Übergabevertrag eindeutig und klar gegenuber dem\nÜbergeber verpflichtet hat (BFH vom 25. August 1999, X R 38/95, a. a. O.). \n--- \n--- \n| 31 \n--- \n| Im Streitfall schuldete der Klager seinen Eltern den Einbau der neuen\nFenster und der neuen Ture weder aufgrund des Übergabevertrags vom 28. Oktober\n2003 noch aufgrund des Ausfuhrungsgesetz zum Burgerlichen Gesetzbuch des\nLandes Baden Wurttemberg (AGBGB-BW). Die streitigen Aufwendungen fur den\nEinbau neuer Fenster und einer neuer Tur fuhrten vielmehr zu außergewohnlichen\nVerbesserungsmaßnahmen, zu deren Übernahme sich der Klager seinen Eltern\ngegenuber nicht klar und eindeutig verpflichtet hatte. \n--- \n--- \n| 32 \n--- \n| Nach § 133 des Burgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist bei Auslegung von\nWillenserklarungen der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem\nbuchstablichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Außerdem sind nach § 157 BGB\nVertrage so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rucksicht auf die\nVerkehrssitte es erfordern. Verboten ist damit die Buchstabeninterpretation;\ngeboten die Berucksichtigung u. a. des sprachlichen Zusammenhangs der\nabgegebenen Willenserklarungen, die Stellung der auslegungsbedurftigen\nFormulierung im Gesamtzusammenhang des Textes und samtliche Begleitumstande. \n--- \n--- \n| 33 \n--- \n| Nach dem Wortlaut des Übergabevertrages hat sich der Klager dazu\nverpflichtet „Instandhaltungskosten einschließlich der außergewohnlichen\nInstandhaltungskosten und Schonheitsreparaturen hinsichtlich der\nWohnrechtsraume zu tragen". Bei den Aufwendungen fur den Einbau neuer Fenster\nund der neuen Tur handelt es sich nach der Überzeugung des Senats nicht um\nInstandhaltungskosten. Denn Instandhaltung bedeutet lediglich, den vertrags-\nund ordnungsgemaßen Zustand zu erhalten (Weidenkaff in: Palandt, Kommentar zum\nBurgerlichen Gesetzbuch, 67. Aufl. 2008, § 535 Rn. 38). Entscheidend ist damit\nder Zustand des Gebaudes im Zeitpunkt der Übergabe an den Klager. Zu diesem\nZeitpunkt war die Wohnung bewohn- und beheizbar und hatte keine\nFeuchtigkeitsschaden. Der Klager hat nicht zur Überzeugung des Senats\ndargelegt, dass er den Austausch aller Fenster und der Tur lediglich zur\nErfullung seiner Erhaltungspflicht durchgefuhrt hat. \n--- \n--- \n| 34 \n--- \n| Fur die Abgrenzung von gewohnlichen und außergewohnlichen\nErhaltungsmaßnahmen werden regelmaßig drei Kriterien herangezogen: die\nregelmaßige Wiederkehr der Maßnahmen, ihre Wiederkehr in kurzeren Perioden und\nihr Umfang (Pohlmann in: Munchener Kommentar -MK- zum BGB, 4. Aufl. 2004, §\n1041 Rn. 4f; BFH-Urteil vom 6. Juni 2003 V ZR 392/02, Neue Juristische\nWochenschrift Rechtsprechungs-Report -NJW-RR- 2003, 1290). Zu den gewohnlichen\nErhaltungsaufwendungen gehoren danach grundsatzlich nur solche, die bei\nordnungsgemaßer Bewirtschaftung regelmaßig, und zwar wiederkehrend innerhalb\nkurzerer Zeitabstande, zu erwarten sind (Urteil des BFH vom 5. September 1991\nIV R 40/90, BStBl. II 1992, 192). Diese Voraussetzungen erfullen die vom\nKlager durchgefuhrten Maßnahmen nicht. Denn der Austausch aller Fenster einer\nWohnung und der Wohnungsture fallt grundsatzlich nicht regelmaßig und\nwiederkehrend innerhalb kurzerer Zeit an. \n--- \n--- \n| 35 \n--- \n| Zum Zeitpunkt des Einbaus der neuen Fenster und der neuen Tur sollen sich\nderen Holzrahmen nach nur einem Winter so verzogen haben, dass bereits\nabsehbar gewesen sei, dass ein Austausch „fruher oder spater" erforderlich\nwerden wurde, um die Wohnung in einem zu Wohnzwecken geeignetem Zustand zu\nerhalten. Diese Formulierung versteht der Senat dahingehend, dass im\nStreitjahr ein Austausch aller Fenster und der Tur noch nicht zwingend\nerforderlich war, um die Wohnung in einem vertragsgemaßen Zustand zu erhalten.\nHierzu hatte der Klager das Alter der vorhandenen Fenster sowie den konkreten\nSchadensumfang an jedem einzelnen Fenster und der Haustur darlegen mussen.\nErgreift der Klager nach seinem eigenen Vorbringen bereits zu einem so fruhen\nZeitpunkt Maßnahmen, um lediglich ein in Zukunft absehbares Eindringen von\nZugluft oder Feuchtigkeit zu verhindern, verbesserte er dadurch die\nBausubstanz und den Zustand des Gebaudes wesentlich, so dass die\ndurchgefuhrten Maßnahmen uber eine Instandhaltung hinausgehen. Dass es dem\nKlager bei der Durchfuhrung der Maßnahme gerade auch um den außeren Zustand,\nd. h. den optischen Eindruck des Gebaudes ging, zeigt der Umstand, dass er\nsamtliche Fenster und nicht nur einzelne schadhafte Fenster ausgetauscht hat. \n--- \n--- \n| 36 \n--- \n| Dem Prozessbevollmachtigten ist zwar darin zuzustimmen, dass sich aus der\nRegelung im Übergabevertrag ohne weiteres ergibt, dass der Klager verpflichtet\nist, auch die Aufwendungen fur von ihm nach seinem Ermessen durchgefuhrte\naußergewohnliche Instandhaltungsmaßnahmen zu tragen. Dem Vertrag lasst sich\njedoch nicht entnehmen, dass die Beteiligten die dem Klager obliegende\nErhaltungspflicht dahingehend modifiziert hatten, dass dieser den\nWohnungsberechtigten gegenuber zur Vornahme außergewohnlicher\nVerbesserungsmaßnahmen - hier zur Erneuerung der Fenster und der Tur - nicht\nnur berechtigt, sondern auch verpflichtet sein solle, mit der Folge, dass\ndiese selbst gegen den Willen des Klagers deren Durchfuhrung auf Kosten des\nKlagers hatten verlangen konnen. Steuerrechtlich sind nur diejenigen\nAufwendungen des Eigentumers/Übernehmers auf das Gebaude als Sonderausgaben\nabziehbar, die der Vermogensubergeber zivilrechtlich beanspruchen kann. \n--- \n--- \n| 37 \n--- \n| Eine Modifizierung der Erhaltungspflicht ist im Übrigen steuerlich nur\ninsoweit beachtlich, als dadurch die Zuwendungen an die Übergerber ihren\nCharakter als Versorgungsleistungen nicht verlieren. Der Rechtsbegriff\n"Versorgungsleistungen" umfasst grundsatzlich solche Zuwendungen zur\nExistenzsicherung, durch welche die Grundbedurfnisse des Bezugsberechtigten\nwie Wohnen und Ernahrung und der sonstige Lebensbedarf abgedeckt werden.\nHierzu gehoren auch Aufwendungen fur die Instandhaltung der vom Übergeber zu\neigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung in dem bei Übergabe vertragsgemaßen\nZustand. Aufwendungen fur Baumaßnahmen, die uber die Erhaltung des bei\nÜbergabe als vertragsgemaß akzeptierten Zustandes hinausgehen, sind hiernach\nnicht Teil der durch die Übertragung typischerweise notwendig werdenden\nVersorgungsleistungen an den Übergeber. \n--- \n--- \n| 38 \n--- \n| Im Streitfall lasst sich der Formulierung „außergewohnlichen\nInstandhaltungskosten" schließlich nicht hinreichend klar und deutlich\nentnehmen, ob und ggf. welche konkreten außergewohnliche\nVerbesserungsmaßnahmen der Klager wann zu ergreifen hat. In Anbetracht des\nuberaus kurzen Zeitablaufs zwischen der Übergabe (Oktober 2003) und dem Einbau\nder Fenster (im Laufe des Jahres 2004) hatte ein ggf. erforderlicher Austausch\nder Fenster und der Ture schon zum Übergabezeitpunkt absehbar gewesen sein\nmussen. Denn ein Verziehen von Rahmen an samtlichen Fenstern und der Tur tritt\nnach der Überzeugung des Senats kaum aufgrund der Witterungsumstande nur eines\nWinters auf. \n--- \n--- \n| 39 \n--- \n| Eine Verpflichtung des Klagers zur Erneuerung der Fenster und der Tur\nergibt sich auch nicht aus den Regelungen im AGBGB-BW, die den Inhalt und die\nGrenzen der den Vertragspartnern obliegenden Leistungsverpflichtungen\numschreiben (Urteile des BFH vom 25. August 1999 X R 38/95, a. a. O.; und vom\n15. Februar 2006 X R 5/04, BFH/NV 2006, 1010). Nach § 11 AGBGB-BW hat der\nSchuldner dem Glaubiger eine Wohnung in einem Zustand zu ubergeben, der zum\nvertragsgemaßen Gebrauch geeignet ist, und sie in diesem Zustand zu erhalten.\nNach dieser Regelung sind nur solche Aufwendungen abzugsfahig, die einen\nkonkreten Bezug zur uberlassenen Wohnung aufweisen und den bei Übergabe\nvertragsgemaßen Zustand sichern. Nur sie beruhren das Versorgungsbedurfnis des\nVersorgungsberechtigten (vgl. Beschluss des BFH vom 1. Oktober 2003 X B 75/02,\nBFH/NV 2004, 44). Mit diesem Versorgungsgedanken ist eine Verpflichtung zur\nVerbesserung des Zustandes der Wohnung nicht vereinbar. \n--- \n--- \n| 40 \n--- \n| Im Übrigen handelte der Klager auch im eigenen Interesse. Die Aufwendungen\ndienten nach seinem Vortrag einer kostengunstigen Verhinderung von\nmoglicherweise zukunftig eintretenden Schaden durch Eindringen von Zugluft und\nFeuchtigkeit bzw. einer Reduzierung der von ihm zu tragenden Heizkosten. Es\nging ihm damit um den Erhalt des gesamten Gebaudes und dessen Wert. \n--- \n--- \n| 41 \n--- \n| Die Kostenfolge beruht auf § 135 FGO. \n--- \n \n## Gründe\n\n| | \n--- \n| 22 \n--- \n| Der Senat sah keine Veranlassung zu einer Wiedereroffnung der mundliche\nVerhandlung. \n--- \n--- \n| 23 \n--- \n| Nach § 93 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht\ndie Wiedereroffnung der mundlichen Verhandlung beschließen. Die\nWiedereroffnung steht danach grundsatzlich im Ermessen des Gerichts (vgl. u.\na. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. April 2001 XI R 60/00, BFHE 195,\n9, BStBl II 2001, 726; BFH-Beschlusse vom 29. April 2005 VIII B 128/03, BFH/NV\n2005, 1823, und vom 5. September 2005 IV B 155/03, BFH/NV 2006, 98;\nGraber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 93 Rz 9; Schallmoser in\nHubschmann/Hepp/ Spitaler, § 93 FGO Rz 47; a.A. Stocker in Beermann/Gosch, FGO\n§ 93 Rz 77). \n--- \n--- \n| 24 \n--- \n| Das Ermessen ist allerdings dann auf Null reduziert, wenn durch die\nAblehnung der Wiedereroffnung wesentliche Prozessgrundsatze verletzt wurden,\nz. B. weil anderenfalls der Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehor\nverletzt wurde oder die Sachaufklarung nicht ausreicht (BFH-Entscheidungen in\nBFHE 195, 9, BStBl II 2001, 726, und in BFH/NV 2006, 98). Eine Wiedereroffnung\nkann deshalb geboten sein, wenn ein Beteiligter in der mundlichen Verhandlung\nmit Hinweisen oder Fragen des Gerichts uberrascht wurde, zu denen er nicht\nsofort Stellung nehmen konnte, und ihm das Gericht keine Moglichkeit mehr zur\nStellungnahme gegeben hat (BFH-Urteil in BFHE 195, 9, BStBl II 2001, 726). \n--- \n--- \n| 25 \n--- \n| Wenn sich ein Beteiligter in der mundlichen Verhandlung auf uberraschende\nFragen oder Ausfuhrungen nicht sofort erklaren kann, kann er die Einraumung\neiner Frist beantragen, um die Erklarung durch einen Schriftsatz nachzuholen\n(§ 155 FGO i.V.m. § 283 der Zivilprozessordnung; vgl. Tipke in Tipke/ Kruse,\nAbgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 93 FGO Rz 11). Nach Schluss der\nmundlichen Verhandlung konnen allerdings Angriffs- und Verteidigungsmittel\ngrundsatzlich nicht mehr vorgebracht werden (BFH-Beschluss vom 12. November\n1993 VIII R 17/93, BFH/NV 1994, 492, m. w. N.). \n--- \n--- \n| 26 \n--- \n| Im Streitfall wurde der Prozessbevollmachtigte der Klager durch eine Frage\nder Beklagtenvertreterin und nicht des Gerichts uberrascht. Es hatte ihm\ngleichwohl frei gestanden, eine Schriftsatzfrist zu beantragen. Nachdem er\ndies unterlassen hat, war das Ermessen des Gerichts bei der Entscheidung uber\ndie Wiedereroffnung der mundlichen Verhandlung nicht auf Null reduziert. \n--- \n--- \n| 27 \n--- \n| Der Senat sieht unter Ausubung seines Ermessens von einer Wiedereroffnung\nder mundlichen Verhandlung ab, da die im Schriftsatz vom 8. Juni 2009\ndargelegten Grunde hierzu keinen Anlass geben. Insbesondere enthalt der\nSchriftsatz keinerlei Umstande, die geeignet waren, eine andere Entscheidung\nzu begrunden. In der mundlichen Verhandlung hat der Vorsitzende zwar eine\ntatsachliche Verstandigung angeregt. Gleichzeitig wurden die Beteiligten aber\nauf die einschlagige BFH-Rechtsprechung und auf die Berichterstatterschreiben\nvom 17. Marz 2007 und vom 5. August 2008 hingewiesen. Die Klager hatten daher\nhinreichend Gelegenheit, sich mit den tatsachlichen und rechtlichen\nGesichtspunkten auseinanderzusetzen, auf die der Senat seine Entscheidung\nstutzt. \n--- \n--- \n| 28 \n--- \n| Die zulassige Klage ist nicht begrundet. \n--- \n--- \n| 29 \n--- \n| Der angefochtenen Einkommensteuerbescheid ist rechtmaßig und verletzt die\nKlager nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). \n--- \n--- \n| 30 \n--- \n| Das Finanzamt hat zu Recht die Aufwendungen des Klagers fur den Einbau der\nneuen Fenster und der neuen Tur nicht als dauernde Last i. S. d. § 10 Abs.\nAbs. 1 Nr. 1a EStG zum Abzug zugelassen. Nach dieser Norm (in der fur das\nStreitjahr geltenden Fassung) sind u. a. als Sonderausgaben die auf besonderen\nVerpflichtungsgrunden beruhenden Renten und dauernden Lasten abziehbar.\nAufwendungen des Eigentumers/Übernehmers auf ein im Wege der vorweggenommenen\nErbfolge ubernommenes Gebaude sind aber - auch wenn sie wie im Streitfall\nunstreitig die Altenteilswohnung betreffen - nicht zuletzt wegen des\noffenkundigen Interesses des Eigentumers an Modernisierungsmaßnahmen nach § 10\nAbs. Abs. 1 Nr. 1a EStG als dauernde Last nur dann abziehbar, wenn sich der\nÜbernehmer hierzu im Übergabevertrag eindeutig und klar gegenuber dem\nÜbergeber verpflichtet hat (BFH vom 25. August 1999, X R 38/95, a. a. O.). \n--- \n--- \n| 31 \n--- \n| Im Streitfall schuldete der Klager seinen Eltern den Einbau der neuen\nFenster und der neuen Ture weder aufgrund des Übergabevertrags vom 28. Oktober\n2003 noch aufgrund des Ausfuhrungsgesetz zum Burgerlichen Gesetzbuch des\nLandes Baden Wurttemberg (AGBGB-BW). Die streitigen Aufwendungen fur den\nEinbau neuer Fenster und einer neuer Tur fuhrten vielmehr zu außergewohnlichen\nVerbesserungsmaßnahmen, zu deren Übernahme sich der Klager seinen Eltern\ngegenuber nicht klar und eindeutig verpflichtet hatte. \n--- \n--- \n| 32 \n--- \n| Nach § 133 des Burgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist bei Auslegung von\nWillenserklarungen der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem\nbuchstablichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Außerdem sind nach § 157 BGB\nVertrage so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rucksicht auf die\nVerkehrssitte es erfordern. Verboten ist damit die Buchstabeninterpretation;\ngeboten die Berucksichtigung u. a. des sprachlichen Zusammenhangs der\nabgegebenen Willenserklarungen, die Stellung der auslegungsbedurftigen\nFormulierung im Gesamtzusammenhang des Textes und samtliche Begleitumstande. \n--- \n--- \n| 33 \n--- \n| Nach dem Wortlaut des Übergabevertrages hat sich der Klager dazu\nverpflichtet „Instandhaltungskosten einschließlich der außergewohnlichen\nInstandhaltungskosten und Schonheitsreparaturen hinsichtlich der\nWohnrechtsraume zu tragen". Bei den Aufwendungen fur den Einbau neuer Fenster\nund der neuen Tur handelt es sich nach der Überzeugung des Senats nicht um\nInstandhaltungskosten. Denn Instandhaltung bedeutet lediglich, den vertrags-\nund ordnungsgemaßen Zustand zu erhalten (Weidenkaff in: Palandt, Kommentar zum\nBurgerlichen Gesetzbuch, 67. Aufl. 2008, § 535 Rn. 38). Entscheidend ist damit\nder Zustand des Gebaudes im Zeitpunkt der Übergabe an den Klager. Zu diesem\nZeitpunkt war die Wohnung bewohn- und beheizbar und hatte keine\nFeuchtigkeitsschaden. Der Klager hat nicht zur Überzeugung des Senats\ndargelegt, dass er den Austausch aller Fenster und der Tur lediglich zur\nErfullung seiner Erhaltungspflicht durchgefuhrt hat. \n--- \n--- \n| 34 \n--- \n| Fur die Abgrenzung von gewohnlichen und außergewohnlichen\nErhaltungsmaßnahmen werden regelmaßig drei Kriterien herangezogen: die\nregelmaßige Wiederkehr der Maßnahmen, ihre Wiederkehr in kurzeren Perioden und\nihr Umfang (Pohlmann in: Munchener Kommentar -MK- zum BGB, 4. Aufl. 2004, §\n1041 Rn. 4f; BFH-Urteil vom 6. Juni 2003 V ZR 392/02, Neue Juristische\nWochenschrift Rechtsprechungs-Report -NJW-RR- 2003, 1290). Zu den gewohnlichen\nErhaltungsaufwendungen gehoren danach grundsatzlich nur solche, die bei\nordnungsgemaßer Bewirtschaftung regelmaßig, und zwar wiederkehrend innerhalb\nkurzerer Zeitabstande, zu erwarten sind (Urteil des BFH vom 5. September 1991\nIV R 40/90, BStBl. II 1992, 192). Diese Voraussetzungen erfullen die vom\nKlager durchgefuhrten Maßnahmen nicht. Denn der Austausch aller Fenster einer\nWohnung und der Wohnungsture fallt grundsatzlich nicht regelmaßig und\nwiederkehrend innerhalb kurzerer Zeit an. \n--- \n--- \n| 35 \n--- \n| Zum Zeitpunkt des Einbaus der neuen Fenster und der neuen Tur sollen sich\nderen Holzrahmen nach nur einem Winter so verzogen haben, dass bereits\nabsehbar gewesen sei, dass ein Austausch „fruher oder spater" erforderlich\nwerden wurde, um die Wohnung in einem zu Wohnzwecken geeignetem Zustand zu\nerhalten. Diese Formulierung versteht der Senat dahingehend, dass im\nStreitjahr ein Austausch aller Fenster und der Tur noch nicht zwingend\nerforderlich war, um die Wohnung in einem vertragsgemaßen Zustand zu erhalten.\nHierzu hatte der Klager das Alter der vorhandenen Fenster sowie den konkreten\nSchadensumfang an jedem einzelnen Fenster und der Haustur darlegen mussen.\nErgreift der Klager nach seinem eigenen Vorbringen bereits zu einem so fruhen\nZeitpunkt Maßnahmen, um lediglich ein in Zukunft absehbares Eindringen von\nZugluft oder Feuchtigkeit zu verhindern, verbesserte er dadurch die\nBausubstanz und den Zustand des Gebaudes wesentlich, so dass die\ndurchgefuhrten Maßnahmen uber eine Instandhaltung hinausgehen. Dass es dem\nKlager bei der Durchfuhrung der Maßnahme gerade auch um den außeren Zustand,\nd. h. den optischen Eindruck des Gebaudes ging, zeigt der Umstand, dass er\nsamtliche Fenster und nicht nur einzelne schadhafte Fenster ausgetauscht hat. \n--- \n--- \n| 36 \n--- \n| Dem Prozessbevollmachtigten ist zwar darin zuzustimmen, dass sich aus der\nRegelung im Übergabevertrag ohne weiteres ergibt, dass der Klager verpflichtet\nist, auch die Aufwendungen fur von ihm nach seinem Ermessen durchgefuhrte\naußergewohnliche Instandhaltungsmaßnahmen zu tragen. Dem Vertrag lasst sich\njedoch nicht entnehmen, dass die Beteiligten die dem Klager obliegende\nErhaltungspflicht dahingehend modifiziert hatten, dass dieser den\nWohnungsberechtigten gegenuber zur Vornahme außergewohnlicher\nVerbesserungsmaßnahmen - hier zur Erneuerung der Fenster und der Tur - nicht\nnur berechtigt, sondern auch verpflichtet sein solle, mit der Folge, dass\ndiese selbst gegen den Willen des Klagers deren Durchfuhrung auf Kosten des\nKlagers hatten verlangen konnen. Steuerrechtlich sind nur diejenigen\nAufwendungen des Eigentumers/Übernehmers auf das Gebaude als Sonderausgaben\nabziehbar, die der Vermogensubergeber zivilrechtlich beanspruchen kann. \n--- \n--- \n| 37 \n--- \n| Eine Modifizierung der Erhaltungspflicht ist im Übrigen steuerlich nur\ninsoweit beachtlich, als dadurch die Zuwendungen an die Übergerber ihren\nCharakter als Versorgungsleistungen nicht verlieren. Der Rechtsbegriff\n"Versorgungsleistungen" umfasst grundsatzlich solche Zuwendungen zur\nExistenzsicherung, durch welche die Grundbedurfnisse des Bezugsberechtigten\nwie Wohnen und Ernahrung und der sonstige Lebensbedarf abgedeckt werden.\nHierzu gehoren auch Aufwendungen fur die Instandhaltung der vom Übergeber zu\neigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung in dem bei Übergabe vertragsgemaßen\nZustand. Aufwendungen fur Baumaßnahmen, die uber die Erhaltung des bei\nÜbergabe als vertragsgemaß akzeptierten Zustandes hinausgehen, sind hiernach\nnicht Teil der durch die Übertragung typischerweise notwendig werdenden\nVersorgungsleistungen an den Übergeber. \n--- \n--- \n| 38 \n--- \n| Im Streitfall lasst sich der Formulierung „außergewohnlichen\nInstandhaltungskosten" schließlich nicht hinreichend klar und deutlich\nentnehmen, ob und ggf. welche konkreten außergewohnliche\nVerbesserungsmaßnahmen der Klager wann zu ergreifen hat. In Anbetracht des\nuberaus kurzen Zeitablaufs zwischen der Übergabe (Oktober 2003) und dem Einbau\nder Fenster (im Laufe des Jahres 2004) hatte ein ggf. erforderlicher Austausch\nder Fenster und der Ture schon zum Übergabezeitpunkt absehbar gewesen sein\nmussen. Denn ein Verziehen von Rahmen an samtlichen Fenstern und der Tur tritt\nnach der Überzeugung des Senats kaum aufgrund der Witterungsumstande nur eines\nWinters auf. \n--- \n--- \n| 39 \n--- \n| Eine Verpflichtung des Klagers zur Erneuerung der Fenster und der Tur\nergibt sich auch nicht aus den Regelungen im AGBGB-BW, die den Inhalt und die\nGrenzen der den Vertragspartnern obliegenden Leistungsverpflichtungen\numschreiben (Urteile des BFH vom 25. August 1999 X R 38/95, a. a. O.; und vom\n15. Februar 2006 X R 5/04, BFH/NV 2006, 1010). Nach § 11 AGBGB-BW hat der\nSchuldner dem Glaubiger eine Wohnung in einem Zustand zu ubergeben, der zum\nvertragsgemaßen Gebrauch geeignet ist, und sie in diesem Zustand zu erhalten.\nNach dieser Regelung sind nur solche Aufwendungen abzugsfahig, die einen\nkonkreten Bezug zur uberlassenen Wohnung aufweisen und den bei Übergabe\nvertragsgemaßen Zustand sichern. Nur sie beruhren das Versorgungsbedurfnis des\nVersorgungsberechtigten (vgl. Beschluss des BFH vom 1. Oktober 2003 X B 75/02,\nBFH/NV 2004, 44). Mit diesem Versorgungsgedanken ist eine Verpflichtung zur\nVerbesserung des Zustandes der Wohnung nicht vereinbar. \n--- \n--- \n| 40 \n--- \n| Im Übrigen handelte der Klager auch im eigenen Interesse. Die Aufwendungen\ndienten nach seinem Vortrag einer kostengunstigen Verhinderung von\nmoglicherweise zukunftig eintretenden Schaden durch Eindringen von Zugluft und\nFeuchtigkeit bzw. einer Reduzierung der von ihm zu tragenden Heizkosten. Es\nging ihm damit um den Erhalt des gesamten Gebaudes und dessen Wert. \n--- \n--- \n| 41 \n--- \n| Die Kostenfolge beruht auf § 135 FGO. \n---\n\n |
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161,529 | vg-stuttgart-2009-06-09-6-k-465508 | 160 | Verwaltungsgericht Stuttgart | vg-stuttgart | Stuttgart | Baden-Württemberg | Verwaltungsgerichtsbarkeit | 6 K 4655/08 | 2009-06-09 | 2019-01-16 07:26:26 | 2019-01-17 12:06:30 | Urteil | ## Tenor\n\nDie Klage wird abgewiesen.\n\nDer Klager tragt die Kosten des Verfahrens.\n\nDie Berufung wird zugelassen.\n\n## Tatbestand\n\n| \n---|--- \n| 1 \n--- \n| Der Klager ist irakischer Staatsangehoriger. Er wurde am … 2003 in …\ngeboren. Seine Eltern haben erfolglos Asylverfahren betrieben. Sie werden\nderzeit geduldet; uber ihre Antrage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis\nwurde noch nicht entschieden. Sein am … .2004 geborener Bruder ist im Besitz\neiner Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG, nachdem das Bundesamt\nfur Migration und Fluchtlinge wegen seiner schweren Nierenerkrankung ein\nAbschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG festgestellt hatte. \n--- \n| 2 \n--- \n| Fur den Klager wurde am 30.11.2006 ein Asylantrag nach § 14 a Abs. 2\nAsylVfG als gestellt fingiert. Diesen Antrag lehnte das Bundesamt fur\nMigration und Fluchtlinge nach schriftlicher Anhorung durch Bescheid vom\n17.01.2007 als offensichtlich unbegrundet ab. Ferner stellte es fest, dass die\nVoraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG offensichtlich nicht vorlagen und\ndass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorlagen. Das\nBundesamt erließ außerdem eine Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung.\nDer Bescheid ist seit 27.01.2007 bestandskraftig. \n--- \n| 3 \n--- \n| Der Prozessbevollmachtigte des Klagers stellte durch Schreiben vom\n06.06.2008 gegenuber der Beklagten einen Antrag des Klagers, seiner Eltern und\nseines Bruders auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3\nAufenthG, hilfsweise einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG\nsowie auf Ausstellung eines Ausweisersatzes nach § 48 Abs. 2 AufenthG. Zur\nBegrundung fuhrte er aus, beim Bruder des Klagers lagen die Voraussetzungen\ndes § 25 Abs. 3 AufenthG vor. Daher sei den Eltern und dem Klager nach § 60\nAbs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK ebenfalls eine Aufenthaltserlaubnis nach §\n25 Abs. 3 AufenthG zu erteilen, die auf mindestens zwei Jahre zu befristen\nsei. Auch fur sie gelte dann § 48 Abs. 4 AufenthG, ebenfalls befristet auf\nzwei Jahre. Hilfsweise werde eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5\nAufenthG beantragt, weil auch hier Art. 6 GG und Art. 8 EMRK anzuwenden seien.\nNach § 5 Abs. 3 S. 1 AufenthG sei zwingend von der Anwendung des § 5 Abs. 1\nund 2 AufenthG abzusehen. \n--- \n| 4 \n--- \n| Das Regierungsprasidium Stuttgart stimmte durch Erlass vom 05.08.2008 der\nErteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG fur den Bruder\ndes Klagers zu. Es erklarte sich bereit, bei den Eltern des Klagers die\nZustimmung zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG\nzu prufen, wobei jedoch weitere Voraussetzungen gepruft werden mussten. Beim\nKlager stehe § 10 Abs. 3 S. 2 AufenthG der Erteilung einer\nAufenthaltserlaubnis entgegen. \n--- \n| 5 \n--- \n| Daraufhin lehnte die Beklagte nach vorheriger Anhorung der Eltern des\nKlagers durch Verfugung vom 22.09.2008 den Antrag auf Erteilung einer\nAufenthaltserlaubnis fur den Klager ab. Zur Begrundung fuhrte sie aus, das\nBundesamt fur Migration und Fluchtlinge habe den Asylantrag des Klagers unter\nanderem auf § 30 Abs. 3 Nr. 5 AsylVfG gestutzt. Damit lagen die\nVoraussetzungen des Ausschlussgrundes des § 10 Abs. 3 S. 2 AufenthG vor. Die\nVoraussetzungen fur die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3\nAufenthG seien nicht gegeben. Das Bundesamt habe in seinem Bescheid vom\n17.01.2007 eindeutig festgestellt, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs.\n2 bis 7 AufenthG nicht vorliege. Hieran sei die Beklagte nach § 42 AsylVfG\ngebunden. Auch die Voraussetzungen fur die Erteilung einer\nAufenthaltserlaubnis nach § 33 S. 2 AufenthG und § 32 Abs. 3 AufenthG lagen\nnicht vor. Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG komme ebenfalls\nnicht in Betracht. \n--- \n| 6 \n--- \n| Der Klager erhob dagegen am 30.09.2008 Widerspruch. Er trug vor, es gehe\nnicht um Familienzusammenfuhrung, sondern darum, dass die gesamte Familie des\nKlagers im Bundesgebiet lebe. Ein Anspruch auf Erteilung einer\nAufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG folge aus Art. 8 EMRK. Es\nhandle sich hierbei um ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, welches mit\nder Entscheidung des Bundesamtes nichts zu tun habe. Es sei auch von der\nAuslanderbehorde zu beachten. \n--- \n| 7 \n--- \n| Das Regierungsprasidium Stuttgart - Steuerung und Verwaltung - wies den\nWiderspruch durch Widerspruchsbescheid vom 08.12.2008 als unbegrundet zuruck.\nEs verwies auf die Verfugung der Beklagten und fuhrte noch aus, die\nVoraussetzungen fur die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3\nAufenthG seien nicht erfullt. Über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis\nnach § 25 Abs. 5 AufenthG sei nach pflichtgemaßem Ermessen zu entscheiden. Im\nAnwendungsbereich von § 10 Abs. 3 S. 2 AufenthG sei die Erteilung eines\nAufenthaltstitels grundsatzlich vollstandig ausgeschlossen. - Der\nWiderspruchsbescheid wurde dem Klager am 09.12.2008 zugestellt. \n--- \n| 8 \n--- \n| Am 16.12.2008 erhob der Klager Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart. Er\ntragt nochmals vor, er habe einen Anspruch auf Erteilung einer\nAufenthaltserlaubnis. Dies folge letztlich aus Art. 6 GG und aus § 60 Abs. 5\nAufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK; diese Vorschriften seien auch bei § 25 Abs. 3 S.\n1 AufenthG zu prufen. Die Beklagte habe bisher uber das Aufenthaltsrecht\nseiner Eltern nicht entschieden. Daher sei auch § 33 AufenthG anzuwenden. Die\nAblehnung des Asylantrages als offensichtlich unbegrundet sei zu Unrecht auf\ndie fehlende Mitwirkung des Klagers - eines kleinen Kindes - gestutzt worden.\nNach der heutigen Lage ware eine Ablehnung als offensichtlich unbegrundet\nnicht erfolgt. \n--- \n| 9 \n--- \n| Der Klager beantragt, \n--- \n| 10 \n--- \n| die Verfugung der Beklagten vom 22.09.2008 sowie den Widerspruchsbescheid\ndes Regierungsprasidiums Stuttgart vom 08.12.2008 aufzuheben und die Beklagte\nzu verpflichten, uber seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis\nerneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. \n--- \n| 11 \n--- \n| Die Beklagte beantragt, \n--- \n| 12 \n--- \n| die Klage abzuweisen. \n--- \n| 13 \n--- \n| Sie verweist auf die angefochtenen Bescheide und bezieht sich zur Auslegung\ndes § 25 Abs. 3 S. 1 AufenthG auf die herrschende Meinung, die die\nFeststellung zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote verlange. \n--- \n| 14 \n--- \n| Die einschlagigen Akten der Beklagten und des Regierungsprasidiums\nStuttgart liegen dem Gericht vor. Auf sie sowie auf die Gerichtsakte wird\nwegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen. \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| \n---|--- \n| 15 \n--- \n| Die Klage ist zulassig, aber nicht begrundet. Der Klager hat keinen Anspruch\nauf Neubescheidung durch die Beklagte, weil deren Verfugung vom 22.09.2008\nsowie der Widerspruchsbescheid des Regierungsprasidiums Stuttgart vom\n08.12.2008 rechtmaßig sind und den Klager nicht in seinen Rechten verletzen (§\n113 Abs. 5 S. 2 VwGO). \n--- \n| 16 \n--- \n| In den angefochtenen Bescheiden wird mit Recht ausgefuhrt, dass § 10 Abs. 3\nS. 2 AufenthG zu beachten ist, weil der Asylantrag des Klagers (vgl. § 14a\nAbs. 1 AsylVfG) als offensichtlich unbegrundet abgelehnt worden war. Die\nEltern des Klagers hatten diesen Ausschlussgrund vermeiden konnen, wenn sie\nauf die Durchfuhrung des Asylverfahrens verzichtet hatten (vgl. § 14a Abs. 3\nAsylVfG). Auf diese Moglichkeit wurden sie durch Schreiben des Bundesamtes fur\nMigration und Fluchtlinge vom 11.12.2006 hingewiesen. Es trifft auch nicht zu,\ndass der Asylantrag lediglich wegen fehlender Mitwirkung als offensichtlich\nunbegrundet abgelehnt wurde; dies ergibt sich aus den Seiten 5 ff. des\nbestandskraftig gewordenen Bescheides vom 17.01.2007. \n--- \n| 17 \n--- \n| Die Anwendung von § 10 Abs. 3 S. 2 AufenthG wird nicht durch § 10 Abs. 3 S.\n3 AufenthG ausgeschlossen, denn der Klager hat keinen **Anspruch** auf\nErteilung eines Aufenthaltstitels. Dies muss ein strikter Rechtsanspruch sein,\nwelcher sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Ein Anspruch aufgrund einer\nErmessensvorschrift genugt also nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.2008 -1 C\n37/07-, DVBl. 2009, 592 = InfAuslR 2009, 224). Damit scheidet eine\nAufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG von vornherein aus. \n--- \n| 18 \n--- \n| Dem Klager steht aber auch keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 S. 1\nAufenthG zu. Anders als sein Prozessbevollmachtigter meint, umfasst diese\nVorschrift ausschließlich **zielstaatsbezogene** Abschiebungsverbote, die vom\nBundesamt fur Migration und Fluchtlinge zu prufen sind, nicht aber ein\ninlandsbezogenes Ausreisehindernis nach Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK. Dies\nwar schon bei der Vorgangernorm - § 53 Abs. 4 AuslG- so und wird durch § 59\nAbs. 3 S. 2 AufenthG belegt. Inlandsbezogene Ausreisehindernisse werden\ndagegen von der Auslanderbehorde gepruft, fallen unter § 60a AufenthG und sind\nbei § 25 Abs. 5 AufenthG relevant. Dieser Zuordnung entspricht die\nZustandigkeitsverteilung zwischen Bundesamt und Auslanderbehorden (wie hier:\nHessischer VGH, Beschluss vom 15.02.2006- 7 TG 106/06-, InfAuslR. 2006, 217;\nOVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23.02.2006 -7 B 10020/06.OVG-, InfAuslR\n2006, 274; GK-AufenthG, § 25 Rdnr. 34; Jakober/Welte, Aktuelles\nAuslanderrecht, § 25 AufenthG Rdnr. 9; HTK-AuslR, § 25 Abs. 3 AufenthG Nr. 2;\na.A.: VG Darmstadt, Beschluss vom 21.12.2005 - 8 G 2120/05-, Juris). \n--- \n| 19 \n--- \n| Da die Beklagte aber nach § 42 S.1 AsylVfG an die Entscheidung des\nBundesamtes vom 17.01.2007 gebunden ist, dass Abschiebungsverbote nach § 60\nAbs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen, sind die Tatbestandsvoraussetzungen des\n§ 25 Abs. 3 S. 1 AufenthG nicht gegeben. \n--- \n| 20 \n--- \n| Es sind auch sonst keine Rechtsgrundlagen ersichtlich, die dem Klager einen\nstrikten Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis einraumen\nwurden. § 33 AufenthG kommt als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht, weil die\nEltern des Klagers im maßgebenden Zeitpunkt der mundlichen Verhandlung\nlediglich im Besitz von Duldungen sind. \n--- \n| 21 \n--- \n| Die Berufung war gemaß § 124a Abs. 1 S. 1 VwGO zuzulassen, da die\nRechtssache grundsatzliche Bedeutung hat (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Soweit\nersichtlich, haben weder das Bundesverwaltungsgericht noch der VGH Baden-\nWurttemberg abschließend entschieden, ob bei § 25 Abs. 3 S. 1 AufenthG\nausschließlich zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote zu berucksichtigen sind. \n--- \n| 22 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. \n--- \n \n## Gründe\n\n| \n---|--- \n| 15 \n--- \n| Die Klage ist zulassig, aber nicht begrundet. Der Klager hat keinen Anspruch\nauf Neubescheidung durch die Beklagte, weil deren Verfugung vom 22.09.2008\nsowie der Widerspruchsbescheid des Regierungsprasidiums Stuttgart vom\n08.12.2008 rechtmaßig sind und den Klager nicht in seinen Rechten verletzen (§\n113 Abs. 5 S. 2 VwGO). \n--- \n| 16 \n--- \n| In den angefochtenen Bescheiden wird mit Recht ausgefuhrt, dass § 10 Abs. 3\nS. 2 AufenthG zu beachten ist, weil der Asylantrag des Klagers (vgl. § 14a\nAbs. 1 AsylVfG) als offensichtlich unbegrundet abgelehnt worden war. Die\nEltern des Klagers hatten diesen Ausschlussgrund vermeiden konnen, wenn sie\nauf die Durchfuhrung des Asylverfahrens verzichtet hatten (vgl. § 14a Abs. 3\nAsylVfG). Auf diese Moglichkeit wurden sie durch Schreiben des Bundesamtes fur\nMigration und Fluchtlinge vom 11.12.2006 hingewiesen. Es trifft auch nicht zu,\ndass der Asylantrag lediglich wegen fehlender Mitwirkung als offensichtlich\nunbegrundet abgelehnt wurde; dies ergibt sich aus den Seiten 5 ff. des\nbestandskraftig gewordenen Bescheides vom 17.01.2007. \n--- \n| 17 \n--- \n| Die Anwendung von § 10 Abs. 3 S. 2 AufenthG wird nicht durch § 10 Abs. 3 S.\n3 AufenthG ausgeschlossen, denn der Klager hat keinen **Anspruch** auf\nErteilung eines Aufenthaltstitels. Dies muss ein strikter Rechtsanspruch sein,\nwelcher sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Ein Anspruch aufgrund einer\nErmessensvorschrift genugt also nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.2008 -1 C\n37/07-, DVBl. 2009, 592 = InfAuslR 2009, 224). Damit scheidet eine\nAufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG von vornherein aus. \n--- \n| 18 \n--- \n| Dem Klager steht aber auch keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 S. 1\nAufenthG zu. Anders als sein Prozessbevollmachtigter meint, umfasst diese\nVorschrift ausschließlich **zielstaatsbezogene** Abschiebungsverbote, die vom\nBundesamt fur Migration und Fluchtlinge zu prufen sind, nicht aber ein\ninlandsbezogenes Ausreisehindernis nach Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK. Dies\nwar schon bei der Vorgangernorm - § 53 Abs. 4 AuslG- so und wird durch § 59\nAbs. 3 S. 2 AufenthG belegt. Inlandsbezogene Ausreisehindernisse werden\ndagegen von der Auslanderbehorde gepruft, fallen unter § 60a AufenthG und sind\nbei § 25 Abs. 5 AufenthG relevant. Dieser Zuordnung entspricht die\nZustandigkeitsverteilung zwischen Bundesamt und Auslanderbehorden (wie hier:\nHessischer VGH, Beschluss vom 15.02.2006- 7 TG 106/06-, InfAuslR. 2006, 217;\nOVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23.02.2006 -7 B 10020/06.OVG-, InfAuslR\n2006, 274; GK-AufenthG, § 25 Rdnr. 34; Jakober/Welte, Aktuelles\nAuslanderrecht, § 25 AufenthG Rdnr. 9; HTK-AuslR, § 25 Abs. 3 AufenthG Nr. 2;\na.A.: VG Darmstadt, Beschluss vom 21.12.2005 - 8 G 2120/05-, Juris). \n--- \n| 19 \n--- \n| Da die Beklagte aber nach § 42 S.1 AsylVfG an die Entscheidung des\nBundesamtes vom 17.01.2007 gebunden ist, dass Abschiebungsverbote nach § 60\nAbs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen, sind die Tatbestandsvoraussetzungen des\n§ 25 Abs. 3 S. 1 AufenthG nicht gegeben. \n--- \n| 20 \n--- \n| Es sind auch sonst keine Rechtsgrundlagen ersichtlich, die dem Klager einen\nstrikten Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis einraumen\nwurden. § 33 AufenthG kommt als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht, weil die\nEltern des Klagers im maßgebenden Zeitpunkt der mundlichen Verhandlung\nlediglich im Besitz von Duldungen sind. \n--- \n| 21 \n--- \n| Die Berufung war gemaß § 124a Abs. 1 S. 1 VwGO zuzulassen, da die\nRechtssache grundsatzliche Bedeutung hat (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Soweit\nersichtlich, haben weder das Bundesverwaltungsgericht noch der VGH Baden-\nWurttemberg abschließend entschieden, ob bei § 25 Abs. 3 S. 1 AufenthG\nausschließlich zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote zu berucksichtigen sind. \n--- \n| 22 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. \n---\n\n |
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161,642 | lg-heidelberg-2009-07-14-2-o-35108 | 133 | Landgericht Heidelberg | lg-heidelberg | Heidelberg | Baden-Württemberg | Ordentliche Gerichtsbarkeit | Landgericht | 2 O 351/08 | 2009-07-14 | 2019-01-16 07:27:51 | 2019-01-17 12:06:38 | Urteil | ## Tenor\n\n1\\. Die Beklagte wird verurteilt,\n\na. an den Klager EUR 14.875,00 zuzuglich Zinsen hieraus in Hohe von 5\nProzentpunkten uber dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2008 zu zahlen.\n\nb. den Klager von allen Verbindlichkeiten bezuglich des von dem Klager bei der\nH. Bank AG aufgenommenen Darlehns uber einen Nennbetrag in Hohe von EUR\n11.375,00 bei einem nominal Zinssatz in Hohe von 7,475 % und einer Laufzeit\nbis zum 30.11.2014 - Ruckzahlungsbetrag am 30.11.2014: EUR 19.811,68,\nKontonummern bei der H. Bank - freizustellen.\n\nc. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klager von\nallen steuerlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar\naus der von dem Klager gezeichneten Beteiligung an der VIP Medienfonds 4 GmbH\n& Co. KG im Nennbetrag von EUR 25.000,00 mit der Kommanditisten-Nummer\nresultieren.\n\n> Die Verurteilung zu Ziffer 1.a, 1.b und 1.c erfolgt Zug um Zug gegen\n> Übertragung aller Rechte aus der von dem Klager gezeichneten Beteiligung an\n> der VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG im Nennwert von EUR 25.000,00 mit der\n> Kommanditisten-Nummer sowie Abtretung samtlicher Anspruche und Übertragung\n> aller Rechte aus dem Darlehensvertrag mit der H. Bank AG uber einen\n> Nennbetrag in Hohe von EUR 11.375,00, , auf bzw. an die Beklagte.\n\n2\\. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Abtretung\nder Rechte des Klagers aus seiner Beteiligung aus der VIP Medienfonds 4 GmbH &\nCo. KG im Nennwert von EUR 25.000,00 in Annahmeverzug befindet.\n\n3\\. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.\n\n4\\. Die Beklagte tragt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten\nder Streithelferin des Klagers.\n\n5\\. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Hohe von 110% des jeweils zu\nvollstreckenden Betrages vorlaufig vollstreckbar.\n\n## Tatbestand\n\n| | \n--- \n| 1 \n--- \n| Die Parteien streiten uber Schadensersatz wegen Pflichtverletzung aus einem\nAnlageberatungsvertrag. \n--- \n--- \n| 2 \n--- \n| Der Klager ist seit 1994 Kunde der C. Bank Filiale in W., da er in W.\narbeitet. Da er alle privaten Finanzgeschafte uber die Filiale in W.\nabwickelte, kam es einmal monatlich zu Besprechungen in der Filiale. Sein\nKundenbetreuer war der Bankbetriebswirt F.. \n--- \n| 3 \n--- \n| Im Jahr 2002 zeichnete der Klager Anteile an dem VIP Medienfonds 2 GmbH &\nCo. KG (VIP 2). \n--- \n| 4 \n--- \n| Der Klager besuchte im Jahr 2004 eine Informationsveranstaltung der\nBeklagten im Hotel H. in W. uber den VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG (VIP 4).\nIm Anschluss daran erfolgte am 29.6.2004 ein Besprechungstermin uber den VIP 4\nFonds mit Herrn F. in der Filiale der Beklagten in W.. Der Klager hat\ngegenuber der Beklagten als Anlagestrategie die hochste Risikostufe\n„chancenorientiert" schriftlich angegeben. Der dem Klager ausgegebene Flyer\nbeschreibt den VIP 4 Fonds auf der Titelseite als „Garantiefonds". \n--- \n| 5 \n--- \n| Am 29.6.2004 zeichnete der Klager im Anschluss an das Beratungsgesprach\nAnteile in Hohe von 25.000,00 Euro an dem VIP 4 Fonds (Kommanditisten-Nummer)\n(Anl. K 2). Der Kommanditanteil des Klagers wird von der M.\nVermogensverwaltung GmbH aufgrund eines Treuhandvertrags gehalten, die den\nBeitritt mit Schreiben vom 6.8.2004 (Anlage K 3) bestatigte. \n--- \n| 6 \n--- \n| Dabei brachte er als Eigenkapital 13.625,00 Euro zuzuglich 1.250,00 Euro\nAgio auf, was einem Anteil von 54,5% entspricht. Die restlichen 11.375,00 Euro\n(45,5%) wurden uber ein Darlehen der H. Bank AG (H. Bank) finanziert. Diese\nDarlehensvaluta ist zuzuglich Zinsen in Hohe von 8.436,68 Euro (nominaler\nZinssatz in Hohe von 7,475%) zum Laufzeitende am 30.11.2014 zuruckzuzahlen\n(Anl. K 2). Dem Darlehensvertrag ist eine Widerrufsbelehrung angefugt (Anl. K\n2). \n--- \n| 7 \n--- \n| Der Klager erhielt keine Ausschuttungen aus dem Fonds. \n--- \n| 8 \n--- \n| Der VIP 4 Medienfonds sieht keine Sicherung der einzelnen Anleger in Hohe\nvon 115% des Anlagebetrags vor, sondern sichert uber eine Schuldubernahme der\nH. Bank AG die Fondsgesellschaft mit 115% des Kommanditkapitals ab. \n--- \n| 9 \n--- \n| Die VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG und die M. Vermogensverwaltung GmbH\nstimmten einer Übertragung der klagerischen Fondsanteile auf die Beklagte zu\n(Anl. K 15 und 17). \n--- \n--- \n| 10 \n--- \n| Die eingezahlten Gelder wurden von den Verantwortlichen der\nFondsgesellschaft offenbar in großerem Umfang nicht zweckentsprechend\nverwendet, weshalb ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Munchen\nI und der Steuerfahndungsstelle eingeleitet wurde (Az. 313 Js 38077/05) und\ndie geplanten steuerlichen Effekte nicht eingetreten sind. \n--- \n--- \n| 11 \n--- \n| **Der Kl ager behauptet,** der VIP 4 Fonds sei auf der\nInformationsveranstaltung im Hotel H. als Garantiefonds dargestellt worden. Es\nsei vermittelt worden, jeder Anleger bekame eine zugesicherte Ruckzahlung zum\nEnde der Laufzeit in Hohe von 115% des angelegten Kapitals. Zudem sei fur den\nVIP 4 Fonds eine positive Entwicklung vorhergesagt worden. \n--- \n| 12 \n--- \n| In dem Besprechungstermin mit Herrn F. sei klar gewesen, dass die\nMoglichkeit eines großen Vermogensverlusts nicht in das Anlageportfolio des\nKlagers passe, da er zu dieser Zeit ein Haus gebaut und zu diesem Zweck\nbereits eine Finanzierung uber die Beklagte vorgenommen habe. Die Besprechung\ndes VIP 4 Fonds mit Herrn F. sei anhand des Flyers uber den VIP 4 Fonds\nerfolgt (Anl. K 1). Den Prospekt uber den Fonds habe der Klager am Ende des\nGesprachs oder bereits auf der Informationsveranstaltung erhalten. In dem\nGesprach sei ihm nicht bewusst gewesen, dass ein Teil des Anlagebetrags durch\ndie H. Bank finanziert werde. \n--- \n| 13 \n--- \n| Er sei bei der Zeichnung der Fondsanteile von einer Sicherung in Hohe von\n115% der Kommanditanteile gegenuber den Anlegern, nicht gegenuber der\nFondsgesellschaft ausgegangen. Er habe die Vorstellung gehabt, nach\nLaufzeitende schlechtesten falls einen Betrag von 25.000,00 Euro ausbezahlt zu\nbekommen. Gerade aufgrund der Annahme einer Absicherung gegenuber den Anlegern\nsei eine Zeichnung der Fondsanteile durch den Klager erfolgt. Aufgrund seines\nseinerzeit erfolgten Hausbaus sei ihm eine sichere Anlage wichtig gewesen.\nDies sei den Mitarbeitern der Beklagten bekannt gewesen. Neben der sicheren\nGeldanlage habe der Klager mit der Zeichnung Steuerersparnisse erstrebt.\nInsgesamt habe er sein Vermogen mit unterschiedlich hohem Risikograd angelegt,\num eine Streuung des Verlustrisikos zu erlangen. \n--- \n| 14 \n--- \n| Die Eingruppierung in die Risikogruppe „chancenorientiert" habe der Klager\nvorgenommen, um weiter mit Optionen handeln zu konnen; ein solches Handeln sei\nnur bei dieser Eingruppierung moglich. \n--- \n| 15 \n--- \n| Der Zeuge F. habe in dem Besprechungstermin ihm gegenuber deutlich zum\nAusdruck gebracht, dass es sich bei den VIP 4 Anteilen um eine sichere\nVermogensanlage handele und die Schuldubernahme durch die H. Bank AG gegenuber\nden einzelnen Anleger bestehe. Insoweit habe sich Herr F. in einem Irrtum\nbefunden und aus diesem Grund den Klager falsch uber die Risiken einer\nAnteilszeichnung informiert. Zuruckzufuhren sei dies auf unrichtige\nInformationen der Beklagten an ihre Mitarbeiter. \n--- \n| 16 \n--- \n| Ein Hinweis durch Herrn F. an den Klager, sich nochmals mit seinem\nSteuerberater uber die Zeichnung zu beraten sei, nicht erfolgt. \n--- \n| 17 \n--- \n| Die Beklagte hatte ihn vor Zeichnung der Fondsanteile uber die Hohe der\nVertriebsprovision informieren mussen, die sie aufgrund der Zeichnung erhalten\nhabe. \n--- \n--- \n| 18 \n--- \n| **Der Kl ager beantragt:** \n--- \n--- \n| 19 \n--- \n| 1\\. Die Beklagte wird verurteilt, \n--- \n--- \n| 20 \n--- \n| 1.1 an den Klager EUR 14.875,00 zuzuglich Zinsen hieraus in Hohe von 5\nProzentpunkten uber dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2008 zu bezahlen; \n--- \n| 21 \n--- \n| 1.2 den Klager von allen Verbindlichkeiten bezuglich des von dem Klager bei\nder H. Bank AG aufgenommenen Darlehens uber einen Nennbetrag in Hohe von EUR\n11.375,00 bei einem nominal Zinssatz in Hohe von 7,475% und einer Laufzeit bis\nzum 30.11.2014 - Ruckzahlungsbetrag am 30.11.2014: EUR 19.811,68, Kontonummern\nbei der Hypo Vereinsbank 667449049 und 667449057 - freizustellen. \n--- \n| 22 \n--- \n| 1.3 Den Klager von allen steuerlichen oder wirtschaftlichen Nachteilen\nfreizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von dem Klager\ngezeichneten Beteiligung an der VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG im Nennbetrag\nvon EUR 25.000,00 mit der Kommanditisten-Nummer resultieren. \n--- \n--- \n| 23 \n--- \n| Die Verurteilung zu Ziffer 1.1. und 1.2. und 1.3 erfolgt Zug um Zug gegen\nÜbertragung aller Rechte der von dem Klager gezeichneten Beteiligung an der\nVIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG im Nennwert von EUR 25.000,00 mit der\nKommanditisten-Nummer an die Beklagte. \n--- \n--- \n| 24 \n--- \n| 2\\. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der\nAbtretung der Rechte des Klagers aus seiner Beteiligung aus der VIP\nMedienfonds 4 GmbH & Co. KG im Nennwert von EUR 25.000,00 in Annahmeverzug\nbefindet. \n--- \n--- \n| 25 \n--- \n| **Hilfsweise beantragt der Kl ager:** \n--- \n--- \n| 26 \n--- \n| 1\\. Die Beklagte wird verurteilt, \n--- \n| 27 \n--- \n| 1.1 an den Klager EUR 14.875,00 zuzuglich Zinsen hieraus in Hohe von 5\nProzentpunkten uber dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2008 zu bezahlen; \n--- \n| 28 \n--- \n| 1.2 den Klager von allen Verbindlichkeiten bezuglich des von dem Klager bei\nder H. Bank AG aufgenommenen Darlehns uber einen Nennbetrag in Hohe von EUR\n11.375,00 bei einem nominal Zinssatz in Hohe von 7,475 % und einer Laufzeit\nbis zum 30.11.2014 - Ruckzahlungsbetrag am 30.11.2014: EUR 19.811,68 -\nfreizustellen. \n--- \n| 29 \n--- \n| 1.3 Den Klager von allen steuerlichen oder wirtschaftlichen Nachteilen\nfreizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von dem Klager\ngezeichneten Beteiligung an der VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG im Nennbetrag\nvon EUR 25.000,00 mit der Kommanditisten-Nummer resultieren. \n--- \n--- \n| 30 \n--- \n| Die Verurteilung zu Ziffer 1.1. und 1.2. und 1.3 erfolgt Zug um Zug gegen\nÜbertragung aller Rechte der von dem Klager gezeichneten Beteiligung an der\nVIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG im Nennwert von EUR 25.000,00 mit der\nKommanditisten-Nummer _sowie s amtliche damit im Zusammenhang stehende\nAnspruche, das zur Teilfinanzierung der Einlage aufgenommene Darlehen bei der\nH. Bank uber EUR 11.375,00 mit den Darlehenskontonummern (Darlehenskonto) und\n(Zinsstundungskonto) und die mit der Beteiligung in Zusammenhang stehenden\nRechte und Pflichten aus dem Treuhandvertrag des Klagers mit der M.\nVermogensverwaltung GmbH auf die Beklagte._ \n--- \n--- \n| 31 \n--- \n| **Die Beklagte beantragt** \n--- \n| 32 \n--- \n| Klagabweisung \n--- \n--- \n| 33 \n--- \n| **Die Beklagte behauptet,** der Klager sei ihr als risikofreudiger und\nspekulativer Anleger bekannt gewesen. \n--- \n| 34 \n--- \n| Sie habe dem Klager gegenuber nicht von einem ihm gegenuber garantierten\nKapitalruckfluss in Hohe von 115% des Anlagebetrags gesprochen und nie\nversichert, dass die Fondszeichnung risikolos sei. \n--- \n| 35 \n--- \n| Vielmehr sei das Anlagerisiko in dem an den Klager ausgegebenen Prospekt\neindeutig nachzulesen. Dieser Prospekt sei Grundlage des Gesprachs zwischen\ndem Klager und Herrn F. in der Filiale in W. gewesen. Darin werde eindeutig\ndarauf hingewiesen, dass die Schuldubernahme durch die H. Bank nicht gegenuber\nden Anlegern, sondern gegenuber der Fondsgesellschaft besteht. Eine Sicherung\ngegenuber einzelnen Anlegern sei dem Prospekt nicht zu entnehmen. \n--- \n| 36 \n--- \n| Der Klager habe von dem Anlagerisiko der Fondsanteile aufgrund einer\nBeratung durch seinen Steuerberater gewusst, weshalb diese Beratung ursachlich\nfur die Zeichnung der Fondsanteile gewesen sei. \n--- \n| 37 \n--- \n| Die Beklagte habe den VIP 4 Fonds intern auf Plausibilitat gepruft und fur\nvertrauenswert befunden. \n--- \n| 38 \n--- \n| Eine Pflicht zur Offenlegung der Vertriebsprovisionen habe gegenuber dem\nKlager nicht bestanden. Da dieser nicht nach den Innenprovisionen gefragt\nhabe, sei die Beklagte nicht dazu verpflichtet gewesen, die Hohe der\nProvisionszahlungen ungefragt offen zu legen. Die Vertriebsprovision bei dem\nVIP 4 Fonds betrage zwischen 8,45% und 8,72%, was der Klager dem Prospekt habe\nentnehmen konnen. \n--- \n| 39 \n--- \n| Unter einer Provisionshohe von 15% bestehe keine Pflicht zur ungefragten\nOffenlegung der Provisionshohe. Sollte sich aus der neueren Rechtsprechung ein\nanderes ergeben, konne diese Rechtsprechung nicht auf das Zeichnungsjahr 2004\nzuruckwirken. Daher falle der Beklagten zumindest kein Verschulden\nhinsichtlich der Nichtaufdeckung der Provisionshohe gegenuber dem Klager zur\nLast. Auch sei die fehlende Offenlegung nicht kausal fur die Zeichnung der\nFondsanteile gewesen. \n--- \n| 40 \n--- \n| Zudem vertritt die Beklagte die Meinung, dem Klager falle ein Mitverschulden\nzur Last. Dieser habe sich uber den ausgehandigten Prospekt uber den VIP 4\nFonds informieren und sich damit auch aus dem Prospekt Kenntnis uber das\nRisiko der Anlageart verschaffen konnen. \n--- \n| 41 \n--- \n| Ein Schaden sei dem Klager nicht entstanden. Als verbundene Vertrage seien\nFondszeichnung und Darlehensvertrag noch widerruflich. Da die\nWiderrufsbelehrung hinsichtlich des Darlehensvertrags fehlerhaft gewesen sei,\nbestehe fur den Klager noch ein Widerrufsrecht. \n--- \n| 42 \n--- \n| Jedenfalls musse sich der Klager die erlangten Steuervorteile aus der Anlage\nanrechnen lassen. \n--- \n| 43 \n--- \n| Letztlich sei auch der Zug um Zug Antrag des Klagers unrichtig. Es musse ihr\neine Übertragung des Stammrechts an der Fondbeteiligung sowie die\nTreugeberstellung gegenuber der Treuhanderin angeboten werden. \n--- \n--- \n| 44 \n--- \n| Der Klager wurde im Termin zur mundlichen Verhandlung vom 19.5.2008\npersonlich informatorisch angehort. \n--- \n| 45 \n--- \n| Die Kammer hat gemaß Verfugung vom 25.3.2009 Beweis erhoben durch Vernehmung\ndes Zeugen F.. Auf die Sitzungsniederschrift vom 19.5.2008 (As. 205 ff.) wird\nBezug genommen. \n--- \n--- \n| 46 \n--- \n| Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorbereitenden Schriftsatze\nnebst aller Anlagen in den Akten Bezug genommen. \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| | \n--- \n| 47 \n--- \n| Die zulassige Klage ist begrundet. \n--- \n--- \nA. \n--- \n| 48 \n--- \n| Dem Klager stehen Anspruche aus einer schuldhaften Verletzung des\nAnlageberatungsvertrags zwischen den Parteien durch die Beklagte nach §§ 280\nAbs. 1, 249 Abs. 1 BGB zu. Die Beklagte hat den Klager daher so zu stellen,\nals habe er die Beteiligung an dem Fonds nicht gezeichnet und die Finanzierung\nbei der H. Bank nicht vorgenommen. \n--- \nI. \n--- \n| 49 \n--- \n| Zwischen den Parteien ist ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen. \n--- \n| 50 \n--- \n| Eine ausdruckliche Vereinbarung eines Beratungsvertrags lag zwar zwischen\nden Parteien nicht vor, doch besteht ein stillschweigend abgeschlossener\nVertrag uber die Beratung hinsichtlich einer Anlage des Geldbetrags des\nKlagers durch die Beklagte. \n--- \n| 51 \n--- \n| Ein solcher stillschweigend abgeschlossener Beratungsvertrag kommt dadurch\nzustande, dass zunachst entweder die Bank an den Kunden oder umgekehrt der\nKunde an die Bank herantritt, um uber die Anlage eines Geldbetrags zu beraten\nbzw. beraten zu werden. Der Vertragsschluss erfolgt sodann durch die Aufnahme\nder Beratung durch die Bank (BGH, NJW 2004, 1868 [1869]). Dabei ist es nicht\nerforderlich, dass zwischen den Parteien eine Vergutung fur die\nBeratungstatigkeit vereinbart wird (BGH NJW 1987 1815 [1816]). \n--- \n| 52 \n--- \n| Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich der Kunde mit gezielten Auftragen an\nseine Bank wendet und sich die Tatigkeit der Bank auf deren Erledigung\nbeschrankt. \n--- \n--- \n| 53 \n--- \n| Vorliegend bestand zwischen dem Klager und der Beklagten ein langjahriges\nGeschaftsverhaltnis, in dessen Rahmen die Beklagte den Klager wiederholt und\nregelmaßig uber das Bestehen und die Erfolgsaussichten von\nVermogensanlageformen informiert und beraten hat. Dies ergibt sich aus den\nAussagen des Klagers sowie den von ihm vorgelegten e-mails von Herrn F. (Anl.\nK 16 a bis 16 e). Daraus ist ersichtlich, dass zwischen den Parteien ein\nlangjahriges Vertrauensverhaltnis bestand und der Klager seine\nVermogensanlangen in erheblichem Umfang uber die Beklagte abgewickelt hat. \n--- \n| 54 \n--- \n| Der Klager ist nicht an die Beklagte gezielt mit dem Auftrag einer\nInformation uber den VIP 4 Fonds herangetreten, sondern wurde von der\nBeklagten zu einer Informationsveranstaltung uber den Fonds eingeladen. Im\nAnschluss daran ging die Initiative zu einem Gesprach zwar vom Klager aus,\ndoch im Rahmen der langjahrigen Geschaftsbeziehung und im Nachgang zu der von\nder Beklagten initiierten Informationsveranstaltung. \n--- \n| 55 \n--- \n| Es kam daher zu einem Beratungsgesprach zwischen den Parteien in den\nGeschaftsraumen der Beklagten, im Rahmen dessen sich der Klager genauer uber\nden Fonds informieren wollte. \n--- \n--- \n| 56 \n--- \n| Der Annahme der Beklagten, es lage ein Anlagevermittlungsvertrag mit weniger\nweit reichenden Pflichten als im Rahmen eines Beratungsvertrags vor, kann\nnicht gefolgt werden. \n--- \n| 57 \n--- \n| Ein Anlagevermittlungsvertrag zielt lediglich auf eine Information uber\nUmstande ab, die fur den Anleger und dessen Entschluss von besonderer\nBedeutung sind (BGH, NJW-RR 2000, 998). Im Gegensatz dazu besteht im Rahmen\neines Beratungsvertrags ein Interesse des Kunden an einer Bewertung und\nBeurteilung dieser Umstande, die auf seine Vermogensverhaltnisse zugeschnitten\nsind. \n--- \n| 58 \n--- \n| Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dabei nicht auf eine bestehende\nVergutungsvereinbarung zwischen den Parteien abzustellen; wie aufgezeigt ist\ndie Annahme eines Beratungsvertrags auch ohne Vergutungsabrede moglich.\nEbenfalls unerheblich ist die Tatsache, es habe keine Zeichnung durch die\nBeklagte vorgelegen, sondern diese sei durch den Klager selbst vorgenommen\nworden. \n--- \n| 59 \n--- \n| Entscheidend ist vielmehr, dass der Klager in erkennbarer Weise eine\nfachkundige Beratung durch die Beklagte erwartet hat und eine solche erfolgt\nist (LG Berlin, Urteil vom 9.7.2008, 4 O 407/07, n.v.). \n--- \n| 60 \n--- \n| Im Rahmen der langjahrigen Geschaftsbeziehung zwischen den Parteien kam es\nwiederholt zu Beurteilungen uber verschiedene Anlagemoglichkeiten. Das\nBeratungsgesprach zwischen den Parteien sollte erkennbar dazu dienen, den\nKlager uber eine Einpassung des VIP 4 Fonds in sein Anlageportfolio und seine\ndamalige Vermogenssituation zu beraten. Allgemeine Informationen hatte der\nKlager ja bereits aus der zeitlich davor liegenden Informationsveranstaltung\nerhalten; weitere allgemeine Informationen wollte der Klager daher nicht\nerhalten, sondern eine auf ihn zugeschnittene und angepasste Beratung. \n--- \nII. \n--- \n| 61 \n--- \n| Die aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Anlageberatungsvertrag\nerwachsenden Pflichten hat die Beklagte verletzt. \n--- \n--- \n| 62 \n--- \n| Sie hat ihre Auskunftspflicht uber die objektbezogenen Umstande des VIP 4\nFonds verletzt (1.). \n--- \n| 63 \n--- \n| Zudem hat sie ihre Pflicht zur ungefragten Offenlegung der vereinbarten\nInnenprovision verletzt (2.). \n--- \n--- \n| 64 \n--- \n| 1\\. Aus dem Anlageberatungsvertrag folgte fur die Beklagte eine Pflicht zur\nanlage- und anlegergerechten Beratung (BGH, NJW 1982, 1095 f., „Bond-Urteil").\nDaher sind zum einen personenbezogene Umstande, wie der Wissensstand uber\nAnlagegeschafte, und zum anderen objektbezogene Umstande zu berucksichtigen. \n--- \n| 65 \n--- \n| Diese Beratung erfolgte fehlerhaft durch die Beklagte. Sie hat ihre Pflicht\nzur Beratung uber alle objektbezogenen Umstande der Anlage verletzt. \n--- \n| 66 \n--- \n| Fur das Vorliegen einer Pflichtverletzung als anspruchsbegrundender Tatsache\ntragt der Klager die Beweislast. \n--- \n| 67 \n--- \n| Einen Anlageberater trifft die Pflicht, dem Interessenten einen\nwahrheitsgemaßen und zutreffenden Eindruck uber die Anlage zu vermitteln. \n--- \n| 68 \n--- \n| Der Klager hat dargelegt, dass ein solcher durch die Beklagte nicht\nvermittelt wurde. Es ist gegenuber ihm nicht deutlich geworden, dass der VIP 4\nFonds nicht durch eine Schuldubernahme der H. Bank gegenuber den Anlegern\nabgesichert ist, sondern vielmehr lediglich eine Absicherung gegenuber der\nFondsgesellschaft selbst besteht. \n--- \n| 69 \n--- \n| Das daraus erwachsende Risiko eines Totalverlusts ist dem Klager nicht\ndargestellt worden. Der Klager konnte den Begriff „Garantiefonds" auf der\nTitelseite des Flyers dahingehend verstehen, dass eine Absicherung gegenuber\nden Anlegern besteht. \n--- \n--- \n| 70 \n--- \n| Das diesbezugliche Vorbringen des Klagers wurde durch den Zeugen F. nicht\nwiderlegt. Vielmehr bestatigen seine Aussagen die Behauptungen des Klagers. \n--- \n| 71 \n--- \n| Der Zeuge erklarte, er berate immer anhand des anlagespezifischen\nLangprospekts. Ob er dies im Gesprach mit dem Klager auch getan hat, ist\nunklar. Eine Erinnerung uber die konkreten Aussagen uber die Ausgestaltung der\nSicherheit des Fonds hatte der Zeuge nicht mehr. Auch konnte sich der Zeuge\nnicht mehr daran erinnern, ob er mit dem Klager die Chancen und Risiken einer\nFondszeichnung durchgegangen ist. \n--- \n| 72 \n--- \n| Der Zeuge hat in seiner Vernehmung wiederholt darauf hingewiesen, dass die\nModalitaten der Fondsabsicherung und die daraus resultierenden Verlustrisiken\nder Anleger aus dem Prospekt zu entnehmen sind. Eine Schulung der Berater uber\nden VIP 4 Fonds erfolgte durch die Beklagte nach seiner Aussage nicht. \n--- \n| 73 \n--- \n| Aus den Angaben des Zeugen ist zu schließen, dass er sich an die konkreten\nAblaufe des Gesprachs mit dem Klager nicht mehr erinnert. Dabei handelte es\nsich jedoch um eines von lediglich zwei von dem Zeugen gefuhrten Gesprachen\nuber den VIP 4 Fonds. \n--- \n| 74 \n--- \n| Gerade aufgrund der Ausgestaltung des Prospekts und des Flyers, die auf der\nTitelseite mit dem Begriff „Garantiefonds" werben, lag es nahe, in dem\nGesprach auf die Ausgestaltung dieser Garantie zu sprechen zu kommen. Überdies\nist zu berucksichtigen, dass der Zeuge als Angestellter der Beklagten ein\nInteresse daran hat, eine fehlerhafte Beratung nicht unbedingt einzugestehen. \n--- \n| 75 \n--- \n| Da der Zeuge noch sicher wusste, dass er in dem Gesprach auf das Mid-Case-\nSzenario und in diesem Zusammenhang auf steuerliche Aspekte und die\nAusschuttung eingegangen war, sich aber an eine Besprechung der konkreten\nVerlustrisiken nicht erinnern konnte, ist die Kammer davon uberzeugt, dass\ndiese nicht besprochen wurden und der Vortrag des Klagers zutreffend ist.\nDafur spricht auch, dass der Zeuge per e-Mail einen weiteren Medienfonds als\n„risikolose Anlage bei Spitzensteuersatz" angepriesen hat (Anlage K 16c).\nDiese Wortwahl spricht nicht dafur, dass der Zeuge eine angemessene\nDarstellung der Fondskonstruktion und der Risiken durchfuhrte, sondern\nvielmehr ein werbendes Verkaufsgesprach fuhrte, das vornehmlich dem Absatz und\nnicht der Aufklarung diente. Dabei ist zu beachten, dass bei zutreffender\nvollstandiger Beratung uber die tatsachlichen Risikoverhaltnisse bei dem hier\ngewahlten Fonds die Verkaufschancen des Bankberaters rapide gesunken waren. Da\ndie Beklagte unstreitig fur die Beratung in diesen Fallen ihren Kundenberatern\nauch keine entsprechenden Anweisungen erteilt hatte, ist die Kammer uberzeugt,\ndass die Beratung des Klagers insoweit zumindest unvollstandig und damit\nfehlerhaft war. \n--- \n--- \n| 76 \n--- \n| Dass der Klager sich selbst uber den Flyer hatte informieren konnen, andert\nnichts an dem bestehenden Beratungsfehler der Beklagten. \n--- \n| 77 \n--- \n| Zwar kann ein Anlageberater im Grundsatz davon ausgehen, dass der Anleger\ndie ihm ausgehandigten Unterlagen durchliest und die Informationen zur\nKenntnis nimmt. Der Flyer uber den VIP 4 Fonds wurde dem Klager vor der\nInformationsveranstaltung ausgehandigt; der Langprospekt entweder ebenfalls in\nder Informationsveranstaltung oder im Rahmen des Beratungsgesprachs. \n--- \n| 78 \n--- \n| In den Unterlagen war die Ausgestaltung der Schuldubernahme gegenuber der\nFondsgesellschaft und das Risiko eines Totalverlustes korrekt dargestellt\n(Anl. K 1). \n--- \n| 79 \n--- \n| Der Berater ist jedoch gehalten, die Unterlagen auf Plausibilitat hin zu\nuberprufen und Unklarheiten oder Widerspruche mit dem Interessenten zu\nerortern (LG Munchen, Urteil vom 31.7.2008, 32 O 4765/08). Aufgrund der\nBezeichnung „Garantiefonds" trotz nicht bestehender Sicherheiten fur die\nAnleger ware der Berater gehalten gewesen, die konkreten Verlustrisiken und\nSicherheitsausgestaltungen mit dem Klager zu erortern. Aufgrund dieser\nTitelbezeichnung ging der Klager von einer fur die Anleger bestehenden\nSicherheit aus. Dies musste der Berater erkennen und den Widerspruch\nerlautern. Dies hat er jedoch nicht getan. Der Zeuge hat dies nicht erklart. \n--- \n| 80 \n--- \n| Damit hat die Beklagte durch ihren Mitarbeiter F. ihre Auskunftspflicht uber\ndie objektbezogenen Umstande des VIP 4 Fonds gegenuber dem Klager verletzt. \n--- \n--- \n| 81 \n--- \n| Unerheblich ist die Tatsache, dass sich der Klager der Risikogruppe\n„chancenorientiert" in der Anlagestrategie eingestuft hat. \n--- \n| 82 \n--- \n| Zwar konnte die Beklagte angesichts dieses Umstands davon ausgehen, dass der\nKlager einer risikoreichen Vermogensanlage nicht grundsatzlich ablehnend\ngegenuber stand. Gleichermaßen war der Beklagten als Hausbank des Klagers\njedoch bekannt, dass dieser nicht nur uber risikoreiche Vermogensanlagen\nverfugte, sondern vielmehr eine Streuung des Verlustrisikos durch Anlagen mit\nunterschiedlich hohem Risikograd vornahm. Die Beklagte konnte daher nicht\ndavon ausgehen, dass der Klager mit jeder Vermogensanlage einen hohen\nRisikograd eingehen wollte. \n--- \n| 83 \n--- \n| Überdies war der Beklagten bekannt, dass die Vermogenslage des Klagers zum\nZeitpunkt der Beratung aufgrund eines Immobilienbaus angespannt war, da auch\ndie Finanzierung dieses Bauvorhabens uber die Beklagte erfolgt war. \n--- \n| 84 \n--- \n| Der Klager gab in seiner informatorischen Befragung an, diese Einstufung\nvorgenommen zu haben, um mit Optionen handeln zu konnen, was nur im Falle\neiner solchen Einstufung moglich sei. Dem hat die Beklagte nicht\nwidersprochen. \n--- \n| 85 \n--- \n| Damit bestand trotz dieser Eingruppierung durch den Klager als\nchancenorientierter Anleger durchaus die Notwendigkeit einer Aufklarung uber\ndas Verlustrisiko im Falle einer Fondszeichnung, wie sie im Gesprach zwischen\nHerrn F. und dem Klager nicht erfolgt ist. \n--- \n--- \n| 86 \n--- \n| 2\\. Die Beklagte hat zudem ihre Pflicht verletzt, ungefragt Auskunft uber\ndie Hohe der vereinbarten Ruckvergutung zu geben. \n--- \n| 87 \n--- \n| Vorliegend bestand zwischen der Beklagten und der Fondsgesellschaft eine\nVereinbarung, wonach die Beklagte fur den Vertrieb eines VIP 4 Fonds eine\nProvision in einer Hohe zwischen 8,45% und 8,72% des Anlagebetrags erhalten\nsollte. \n--- \n| 88 \n--- \n| Über das Bestehen dieser Ruckvergutungsvereinbarung hat die Beklagte den\nKlager nicht informiert. Alleine durch die Aufnahme dieser Information im\nProspekt uber den VIP 4 Fonds ist sie jedoch ihrer Informationspflicht nicht\nnachgekommen. \n--- \n| 89 \n--- \n| Vielmehr besteht nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei\nder Zeichnung von Filmfondsanteilen eine Pflicht der Beklagten, uber die Hohe\nder Ruckvergutungen ungefragt Auskunft zu geben. Eine Abhangigkeit von einer\nProvisionshohe von 15% des Anlagebetrags besteht nicht. \n--- \n--- \n| 90 \n--- \n| a. Eine Pflicht zur ungefragten Offenlegung der Banken von Ruckvergutungen\nwurde durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelt, um Anleger\nuber einen eventuellen Interessenkonflikt der Bank zu informieren. Dem Anleger\nsoll Einblick in das mogliche Eigeninteresse der Bank an einer Vermogensanlage\ndurch den Kunden gewahrt werden, um dieses Eigeninteresse in die\nAnlagedarstellung durch die Bank einbeziehen zu konnen. Zudem soll dem Anleger\nEinblick in die Werthaltigkeit und Rentabilitat der Anlage gegeben werden, auf\nwelche die Hohe von Vertriebsprovisionen Auswirkungen haben kann (BGH, NJW\n2007, 1876 m.w.N.). \n--- \n| 91 \n--- \n| Zunachst war die hochstrichterliche Rechtsprechung gepragt von der Annahme\neiner Pflicht zur ungefragten Aufklarung uber Innenprovisionen bei Vermittlern\nund Beratern ab einer Provisionshohe von 15% fur nicht wertpapiermaßig\nverbriefte Kapitalanlagen (BGH, NJW 2004, 1732; 2005, 3208). Diese\nOffenlegungspflicht gilt nicht nur fur Anlagevermittler, sondern auch fur\nAnlageberater, da auch fur diese im Fall gewahrter Innenprovisionen ein Anreiz\nfur die Empfehlung bestimmter Fondsbeteiligungen besteht. \n--- \n| 92 \n--- \n| Mit Urteil vom 19.12.2006 hat der XI. Zivilsenat festgestellt, dass sich\neine Pflicht zur ungefragten Offenlegung von Innenprovisionen unabhangig von\neiner bestimmten Provisionshohe ergeben kann und sich damit von der 15%\nSchwelle distanziert (BGH, NJW 2007, 1876). Dabei hatte die Entscheidung des\nSenats zunachst lediglich Bedeutung fur Aktienfonds und generell\nFinanzinstrumente nach dem WpHG und nicht zwangslaufig fur den grauen\nKapitalmarkt. Fondsbeteiligungen unterfallen nicht dem WpHG und sind daher dem\ngrauen Kapitalmarkt zuzuordnen. \n--- \n| 93 \n--- \n| Im Gegensatz zu der Entscheidung des XI. Zivilsenats vom 19.12.2006 blieb\nder III. Zivilsenat im Grundsatz weiter bei der Annahme der 15% Schwelle (BGH,\nNJW-RR 2007, 925). \n--- \n--- \n| 94 \n--- \n| b. Mit Beschluss vom 20.1.2009 hat der XI. Zivilsenat nunmehr die Grundsatze\ndes Urteils vom 19.12.2006 uneingeschrankt auf den Vertrieb von Medienfonds\nubertragen (BGH, XI ZR 510/07, ZIP 2009, 455). \n--- \n| 95 \n--- \n| Der BGH hat die generelle Aufklarungspflicht damit begrundet, dass es keinen\nUnterschied mache, ob der Berater Aktienfonds oder Medienfonds vertreibe, da\nder aufklarungspflichtige Interessenkonflikt jeweils der Gleiche sei. Zur\nBegrundung dieser Aufklarungspflicht hat sich der Gerichtshof auf den\nzivilrechtlich allgemein anerkannten Grundsatz der Vermeidung von\nvertragswidrigen Interessenkonflikten bezogen. \n--- \n| 96 \n--- \n| Im Gegensatz zu den Ausfuhrungen der Beklagten ist diese Rechtsprechung auf\ndie vorliegende Sachverhaltskonstellation anzuwenden. \n--- \n| 97 \n--- \n| Richtig ist, dass eine korrekte Ausweisung der Provisionshohe im\nFondsprospekt in die Frage einer Hinweispflicht durch den Berater\neinzubeziehen ist. Davon ging auch der XI. Zivilsenat in seinem Urteil vom\n25.9.2007 aus (BGH, BKR 2008, 199). \n--- \n| 98 \n--- \n| Voraussetzung der Verneinung einer Aufklarungspflichtverletzung ist jedoch,\ndass der Fondsprospekt vollstandig und fehlerfrei aufklart und dem Anleger\nrechtzeitig vor dessen Beitrittserklarung ubergeben wurde. \n--- \n| 99 \n--- \n| Der Fondsprospekt des VIP 4 Fonds weist auf Seite 91 darauf hin, dass die\nmit dem Vertrieb des Fonds beauftragte VIP Beratung fur Banken Provisionen in\nausgewiesener Hohe erhalt und gleichzeitig berechtigt ist, Dritte als\nVertriebspartner einzusetzen. \n--- \n| 100 \n--- \n| Unabhangig von der Frage, ob der Fondsprospekt dem Klager rechtzeitig\nausgehandigt wurde, konnte sich ihm alleine aus der Kombination beider\nInformationen keineswegs die Tatsache, dass die Beklagte fur die\nFondszeichnung durch den Klager eine Vertriebsprovision erhalt, erschließen. \n--- \n| 101 \n--- \n| Vielmehr kann aus dem Hinweis selbst bei eingehender Lekture lediglich\ngeschlossen werden, dass Dritte fur den Vertrieb des Fonds eingesetzt werden\nkonnen. Dass der Erhalt einer Provision ebenfalls auf die eingesetzten Dritten\nubergeht und in welcher Hohe dies der Fall ist, kann dem Fondsprospekt nicht\nentnommen werden. \n--- \n| 102 \n--- \n| Damit war der Klager durch den Fondsprospekt keineswegs bereits uber die\nHohe der Ruckvergutung vollstandig aufgeklart. \n--- \n| 103 \n--- \n| Auch der Hinweis auf dem Vermogensanlagebogen stellt keinen ausreichenden\nHinweis fur den Klager auf die erhaltene Ruckvergutung dar. Der Hinweis\ndarauf, dass die Beklagte im Zusammenhang mit der Abwicklung von\nWertpapiergeschaften Geldzahlungen durch Dritte erhalten kann, ist von\nallgemeiner Natur und nicht auf die Zeichnung des VIP 4 Fonds zugeschnitten. \n--- \n| 104 \n--- \n| Aufgrund der nicht bestehenden umfassenden und fehlerfreien Information uber\ndas Bestehen und die Hohe der Ruckvergutungen war die Beklagte verpflichtet,\nden Klager daruber ungefragt Auskunft zu geben. \n--- \n| 105 \n--- \n| Dieser Pflicht zur ungefragten Mitteilung der bestehenden Provisionshohe ist\ndie Beklagte nicht nachgekommen. \n--- \n--- \n| 106 \n--- \n| 3\\. Prospekthaftungsanspruche im engeren oder weiteren Sinne bestehen nicht. \n--- \n| 107 \n--- \n| Eine Haftung der Beklagten scheidet bereits aus, da diese fur die\nVollstandigkeit und Richtigkeit des Prospekts nicht verantwortlich war. Weder\nnennt der Prospekt die Beklagte, noch ist diese Grunderin, Initiatorin,\nGestalterin oder „Hintermann" der Fondsgesellschaft (Palandt- _Heinrichs_ , §\n280 BGB, Rn. 54b). \n--- \n| 108 \n--- \n| Einzig durch den Vertrieb der Fondsanteile wird eine Prospekthaftung nicht\nbegrundet (BGH, NJW 2004, 1732 f.). \n--- \nIII. \n--- \n| 109 \n--- \n| Diese Pflichtverletzungen hat die Beklagte auch zu vertreten. \n--- \n| 110 \n--- \n| Die Darlegungs- und Beweislast fur ein fehlendes Vertretenmussen tragt nach\n§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB die Beklagte (vgl. BGH XI ZR 586/07 vom 12.5.2009). \n--- \n| 111 \n--- \n| Die Verletzung ihrer Auskunftspflicht uber die objektbezogenen Umstande des\nVIP 4 Fonds hat die Beklagte ebenso wie die Verletzung der Pflicht zur\nungefragten Offenlegung der vereinbarten Innenprovision nach §§ 276 Abs. 1,\n278 BGB zu vertreten. \n--- \n--- \n| 112 \n--- \n| 1\\. Die fehlerhafte Beratung durch den Kundenberater F. erfolgte fahrlassig\nnach § 276 Abs. 1 und 2 BGB. \n--- \n| 113 \n--- \n| Der Berater unterlag offenbar selbst einem Irrtum uber die Ausgestaltung des\nVerlustrisikos des VIP 4 Fonds und ging falschlicherweise von einer\nbestehenden garantierten Ausschuttung in Hohe von 115% des Anlagekapitals\ngegenuber den Einzelanlegern aus. Bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt\nhatte der Berater seinen Irrtum erkennen konnen. \n--- \n| 114 \n--- \n| Diese Fahrlassigkeit hat die Beklagte nach § 278 BGB zu vertreten. \n--- \n| 115 \n--- \n| Die Beklagte hat dies auch zu vertreten, da sie die Schulung ihrer Berater\nuber das Verlustrisiko des VIP 4 Fonds unterlassen hat. \n--- \n| 116 \n--- \n| Die nicht vorgenommene Unterrichtung der Berater erfolgte durch die Beklagte\nbzw. ihre Mitarbeiter bedingt vorsatzlich. \n--- \n| 117 \n--- \n| Diesbezuglich liegt ein vorsatzliches Organisationsverschulden der Beklagten\nvor, da sie ihre Verpflichtung zur Aufklarung der Kunden gekannt oder\nzumindest fur moglich gehalten hat und es gleichwohl bewusst unterlassen hat,\nihre Anlageberater anzuweisen, die Kunden entsprechend aufzuklaren (BGH,\nUrteil vom 12.5.2009, XI ZR 586/07). \n--- \n| 118 \n--- \n| Die angesichts der Ausgestaltung von Prospekt und Flyer sowie der\nBezeichnung des Fonds als Garantiefonds bestehende Moglichkeit eines\nMissverstandnisses hatte die Beklagte bei Anwendung der im Verkehr\nerforderlichen Sorgfalt erkennen konnen und eine Weitergabe der Informationen\nan die einzelnen Interessenten absichern mussen. \n--- \n--- \n| 119 \n--- \n| 2\\. Die Verletzung der Pflicht zur ungefragten Offenlegung der vereinbarten\nInnenprovision hat die Beklagte ebenfalls zu vertreten. \n--- \n| 120 \n--- \n| Bei Anwendung der verkehrserforderlichen bankenublichen Sorgfalt ware es ihr\nmoglich gewesen, dieser Pflicht nachzukommen. \n--- \n--- \n| 121 \n--- \n| Zum Zeitpunkt des Beratungsgesprachs am 26.9.2004 konnte die Beklagte zwar\nnoch keine Kenntnis von der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH ab dem\nDezember 2006 zur ungefragten Offenlegung von Innenprovisionen unabhangig von\nderen Hohe haben. \n--- \n| 122 \n--- \n| Diesbezuglich hat sich die Beklagte jedoch nicht in einem Vorsatz\nausschließenden Rechtsirrtum befunden. Die Darlegungs- und Beweislast fur\neinen bestehenden Irrtum obliegt der Beklagten (BGH, Urteil vom 12.5.2009, XI\nZR 586/07). Dieser hat die Beklagte mit ihrem Vortrag nach Auffassung der\nKammer nicht genugt. \n--- \n--- \n| 123 \n--- \n| a. Voraussetzung eines schuldhaften Handelns eines Anlageberaters ist, dass\ndieser die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens erkannte oder zumindest hatte\nerkennen konnen (Palandt- _Heinrichs_ , § 276 BGB, Rn. 11). \n--- \n| 124 \n--- \n| Zum Zeitpunkt des Beratungsgesprachs am 26.9.2004 gab es fur den Bereich des\ngrauen Kapitalmarkts Rechtsprechung des BGH zur Pflicht zur ungefragten\nOffenlegung von Innenprovisionen lediglich vom III. Zivilsenat bzgl. von\nVermittlern und Beratern ab einer Hohe von 15% (BGH NJW 2004, 1732). \n--- \n--- \n| 125 \n--- \n| Die Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2006 (NJW 2007, 1876 [1878]) knupft\nausdrucklich an ein Urteil vom 19. Dezember 2000 an, in dem der\nBundesgerichtshof bereits klargestellt hatte, dass eine Bank, die dem\nVermogensverwalter ihres Kunden gewahrten Ruckvergutungen wegen des damit\nverbundenen Interessenkonflikts offenlegen muss (BGH NJW 2001, 962 [963]).\nAufgrund dieses Urteils, das alsbald in bankrechtlichen Fachzeitschriften\nveroffentlicht wurde (vgl. etwa WM 2001, 297 ff.) musste die Beklagte zum\nZeitpunkt der Beratung im November 2004 damit rechnen, dass sie auch zur\nOffenbarung eigener Ruckvergutungen verpflichtet ist. Das gilt umso mehr, als\ndies in der Literatur schon langer vertreten wurde (vgl. nur\nAssmann/Schneider/Koller, WpHG, 2. Auflage 1999, § 31 Rn. 72 ff.) und die\naufgrund von § 35 Abs. 2 WpHG a. F. ergangene Richtlinie des\nBundesaufsichtsamts (abgedruckt ebenda § 35 Rn. 7) unter Nr. 2.2 Abs. 2\nbereits eine entsprechende Pflicht fur Wertpapiergeschafte vorsah (so OLG\nKarlsruhe, Urteil vom 03.03.2009, 17 U 149/07). Bei der im Bankverkehr\ngebotenen Sorgfalt hatte die Beklagte die mit dem Vertrieb der\nstreitgegenstandlichen Fondsbeteiligung befassten Anlageberater daher\nentsprechend instruieren oder auf andere Weise fur eine Unterrichtung der\nAnleger sorgen mussen. \n--- \n| 126 \n--- \n| Dementsprechend konnte die Beklagte nicht auf den Stand der Rechtsprechung\ndes BGH vertrauen (vgl. BGH, NJW 2008, 840), da es eine abschließende Klarung\ndieser umstrittenen Frage gerade nicht gegeben hatte. \n--- \n--- \n| 127 \n--- \n| Ein fahrlassiges Handeln liegt vor, wenn der Rechtsirrtum unter Beachtung\nder hochstrichterlichen Rechtsprechung und bei Einholung von Rechtsrat hatte\nerkannt werden konnen (Palandt- _Heinrichs_ , § 276 BGB, Rn. 22; BGH, NJW\n1994, 2754). \n--- \n| 128 \n--- \n| Bei Banken ist dabei fur die Bejahung ein strenger Maßstab anzulegen (BGH,\nNJW 1994, 2754). Die Beklagte hatte daher die unsichere Rechtslage erkennen\nkonnen und mussen. \n--- \n--- \n| 129 \n--- \n| Damit befand sich die Beklagte nicht in einem Rechtsirrtum, der aufgrund des\nzum Zeitpunkt des Beratungsgesprachs bestehenden Stands der Rechtsprechung\nunvermeidbar war. \n--- \n--- \n| 130 \n--- \n| Die Beklagte kann sich nicht auf den verfassungsmaßigen Grundsatz des\nRuckwirkungsverbots berufen. \n--- \n| 131 \n--- \n| Die entsprechenden Ausfuhrungen der Beklagten vermogen eine Anwendung der\nneuen Rechtsprechung des BGH auf sogenannte Altfalle nicht im Grundsatz\nauszuschließen. \n--- \n| 132 \n--- \n| Der Grundsatz des Ruckwirkungsverbots und der damit zusammenhangende\nVertrauensschutz stellen eine Auspragung des Rechtsstaatsprinzips dar. Der\nEinzelne soll sein Verhalten an der geltenden Rechtsordnung ausrichten konnen. \n--- \n| 133 \n--- \n| Nach herrschender Auffassung ist noch nicht einmal ein Wandel der\nRechtsprechung in der deutschen Rechtsordnung verfassungsrechtlich -\ninsbesondere im Hinblick auf das Ruckwirkungsverbot -bedenklich, da das\nVertrauen in den Fortbestand einer bestimmten Auslegungspraxis nicht geschutzt\nist (BVerfGE 19, 38, 47). Dementsprechend wird eine neu vorgenommene\nerstmalige hochstrichterliche Auslegungspraxis als nunmehr „richtig" erkannte\nAuslegung und nicht als Gesetzesruckwirkung betrachtet. \n--- \n| 134 \n--- \n| Dem Bedurfnis einer Einbeziehung individuellen Vertrauens wird hier durch\ndie Berucksichtigung im Rahmen der Vertretbarkeit der Pflichtverletzung genuge\ngetan. \n--- \nIV. \n--- \n| 135 \n--- \n| Die Verletzung der Aufklarungspflicht sowie der Schulungspflicht durch die\nBeklagte war uberdies kausal fur die Zeichnung der VIP 4 Fondsanteile und die\ndaraus folgenden Schaden. \n--- \n| 136 \n--- \n| Grundsatzlich tragt der Klager die Darlegungs- und Beweislast fur das\nVorliegen der Kausalitat als anspruchsbegrundender Voraussetzung. \n--- \n| 137 \n--- \n| Steht eine Aufklarungspflichtverletzung fest, streitet fur den Anleger im\nÜbrigen die Vermutung aufklarungsrichtigen Verhaltens, so dass die Beklagte\nbeweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger\nAufklarung erworben hatte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet\ngelassen hatte. Diese Vermutung aufklarungsrichtigen Verhaltens gilt\ngrundsatzlich fur alle Aufklarungsfehler eines Anlageberaters, und damit auch\nfur die fehlende Aufklarung uber Ruckvergutungen (BGH, Urteil vom 12.5.2009,\nXI ZR 586/07). \n--- \n| 138 \n--- \n| Die Kausalitatsvermutung bei Aufklarungspflichtverletzungen setzt jedoch\ngleichzeitig voraus, dass es nur _eine_ bestimmte Moglichkeit\n„aufklarungsrichtigen" Verhaltens gibt (BGH, NJW 2004, 2967). Diese Vermutung\ngreift nicht, wenn eine Aufklarung beim Anleger einen Entscheidungskonflikt\nausgelost hatte, weil es vernunftigerweise mehrere Moglichkeiten\naufklarungsrichtigen Verhaltens gab. In Fallen, in denen Anleger nicht oder\nnicht vollstandig uber die mit der Geldanlage verbundenen Risiken aufgeklart\nwurden, kann nicht pauschal unterstellt werden, dass ein Anleger bei\numfassender Risikoaufklarung von der vermittelten Geldanlage abgesehen hatte. \n--- \n--- \n| 139 \n--- \n| Vorliegend hat der Klager jedoch dargelegt, dass er im Falle einer\nordnungsgemaßen Beratung uber das Verlustrisiko der Fondszeichnung uberhaupt\nkeine Zeichnung vorgenommen hatte. \n--- \n| 140 \n--- \n| Der Klager hat wiederholt aufgezeigt, dass es ihm bei der Zeichnung der\nFondsanteile um eine sichere Anlagemoglichkeit ging. Angesichts seines zum\ndamaligen Zeitpunkt im Bau befindlichen Hauses und der dafur erforderlichen\nKreditaufnahme hatte er an einem hoch spekulativen Anlagegeschaft kein\nInteresse. Auch die steuerlichen Vorteile der Anlage waren nicht\nausschließlich ausschlaggebend fur den Entschluss des Klagers zur\nFondszeichnung, sondern stellten nach seiner Aussage lediglich einen Aspekt\nneben dem einer sicheren Geldanlage dar. Dass der Klager das tatsachliche\nRisiko durch seinen Steuerberater kannte, hat die Beklagte nicht substantiiert\ndargetan. Jedenfalls ist eine Kenntnis bzgl. der Ruckvergutungen nicht gegeben\ngewesen. \n--- \nV. \n--- \n| 141 \n--- \n| Infolge der zu vertretenden Pflichtverletzung hat die Beklagte dem Klager\nnach § 249 Abs. 1 BGB Naturalrestitution zu leisten. Denn nach standiger\nRechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anleger, der aufgrund einer\nfehlerhaften Empfehlung eine fur ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat,\nin der Regel bereits durch deren Erwerb geschadigt (BGH NJW 2005, 1579, 1580\nm. w. N.). \n--- \n| 142 \n--- \n| Dabei ist das negative Interesse des Klagers und damit dessen\nVertrauensschaden zu ersetzen. \n--- \n--- \n| 143 \n--- \n| 1\\. Zunachst besteht als geltend gemachte Schadensposition der aus\nEigenkapital finanzierte Teil der Anlagesumme. Diese entspricht 13.625,00 Euro\nEigenkapital zuzuglich 1.250,00 Euro Agio, was sich auf eine Gesamtsumme von\n14.875,00 Euro belauft. \n--- \n| 144 \n--- \n| a. Der Ersatz dieser Schadensposition entfallt auch nicht aufgrund eines\nnach §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1, 358 Abs. 2 BGB ggf. gegebenen Widerrufrechts\nvon Darlehensvertrag und Anteilszeichnung. \n--- \n| 145 \n--- \n| Zwar wurde bei einem durchsetzbaren Widerruf des Kreditvertrages mit der H.\nBank die Annahme eines Schadens nach der Differenzhypothese entfallen konnen,\nda das Vermogen des Klagers durch die Pflichtverletzung der Beklagten nicht\ngemindert ware. Doch kann die Beklagte den Klager nach Auffassung der Kammer\nnicht auf diesen Widerruf verweisen. \n--- \n--- \n| 146 \n--- \n| Zwar besteht wohl kein Gesamtschuldverhaltnis zwischen der Beklagten und der\nH. Bank, da die Anspruche nicht gleichartig sind. Gegenuber der H. Bank konnte\nder Klager ggf. erst den Vertrag widerrufen, was erst dann zu einem\nRuckabwicklungsrechtsverhaltnis fuhren wurde. Derzeit sind damit gegenuber der\nH. Bank keine Anspruche des Klagers auf Zahlung etc. gegeben, sondern\nallenfalls die Moglichkeit zur Ausubung eines Gestaltungsrechts. Insoweit ware\nder Klager daher nicht wie bei Gesamtschuldnern ohne weiteres frei, welchen er\nin Anspruch nimmt (vgl. Palandt / Heinrichs, BGB, 68.A., § 254, Rn. 47). \n--- \n| 147 \n--- \n| Es bleibt daher die Frage, ob die vorliegende Konstellation der Beklagten\nerlaubt, im Rahmen der §§ 254 Abs. 2, 242 BGB den Klager auf den Widerruf\ngegenuber der H. Bank zu verweisen, obwohl sie selbst auf Schadenersatz\nhaftet. \n--- \n| 148 \n--- \n| Die von der Beklagten herangezogene Entscheidung des BGH (NJW 2004, 1865\n[1868]) gibt dafur nichts her. Im Gegenteil ging der III. Zivilsenat des BGH\ndort in einer anderen Konstellation davon, aus, dass der Geschadigte nicht\nwegen der Schadensminderungspflicht gehalten gewesen ware, den Widerruf des\nKreditvertrages zur Minderung des Anspruchs gegen den dort verklagten Notar zu\nerklaren. Ob dies, wie die Beklagte meint, nur wegen fehlenden Sachvortrags\nhierzu erfolgte und der Senat grundsatzlich eine solche Pflicht annahm, oder\nob er diese Pflicht bei entsprechendem Vortrag abgelehnt hatte, bleibt offen. \n--- \n--- \n| 149 \n--- \n| Nach Überzeugung der Kammer kann der Klager im Rahmen des § 254 Abs. 2 BGB\nnicht gezwungen werden, den ggf. moglichen Widerruf zu erklaren und den\nAnspruch zuerst gegen die H. Bank durchzusetzen. \n--- \n| 150 \n--- \n| Ihm wurde damit das Risiko aufgeburdet, die Kosten fur diese\nRechtsverfolgung tragen zu mussen, wahrend der Ausgang und der wirtschaftliche\nErfolg dieser Vorgehensweise unsicher blieben. Dabei kann es offen bleiben, ob\ndie Kammer den Widerruf fur noch moglich und dessen Rechtsfolgen als vollen\nAusgleich fur den Schaden aus der Pflichtverletzung der Beklagten ansehen\nwurde, da nicht beurteilt werden kann, wie ggf. das zustandige Gericht in\ndiesem Rechtsstreit entscheiden wurde. Aus diesem Grunde kann auch ein ggf.\nbestehender Anspruch gegen die H. Bank nicht im Rahmen der\nVorteilsausgleichung berucksichtigt werden. Dies ware auch deshalb nicht\nmoglich, da die Moglichkeit der Ruckabwicklung des Darlehensvertrages nicht\nden Schadiger entlasten soll. Es handelt sich nicht um einen Vorteil, den der\nKlager quasi als Kehrseite der Pflichtverletzung der Beklagten erhalten hat.\nDie Beklagte kann aber wegen eines von der Pflichtverletzung der Beklagten\nunabhangigen Fehlers bei der H. Bank nicht entlastet werden. \n--- \n--- \n| 151 \n--- \n| b. Es ist daher zuerst der Schaden des Klagers in Hohe von 14.875,00 Euro zu\nersetzen. \n--- \n| 152 \n--- \n| Der Klager hat keine Ausschuttung erhalten, so dass solche nicht zu\nberucksichtigen sind. \n--- \n| 153 \n--- \n| Der Klager muss sich nicht die durch die Beteiligung erlangten\nSteuervorteile anrechnen lassen. Denn es ist davon auszugehen, dass er die\nSchadensersatzleistung bei Zufluss der Ersatzleistung versteuern muss (BGH NJW\n2006, 499 [501]; BGH NJW 2008, 2773 [2774]). Danach geht es vorliegend fur die\nAnleger, auch soweit sie die Beteiligung nur mittelbar uber einen\nTreuhandkommanditisten halten, um Einkunfte aus Gewerbebetrieb im Sinne von §\n15 EStG. Zu ihnen gehoren auch die hier geltend gemachten\nSchadensersatzleistungen im Zusammenhang mit der Zug-um-Zug vorzunehmenden\nRuckgabe der Beteiligung. Eine Berucksichtigung von Steuervorteilen kommt nur\ndann in Betracht, wenn es Anhaltspunkte dafur gibt, dass der Klager\naußergewohnliche Steuervorteile erzielt hat (vgl. BGH NJW-RR 2008, 1365\n[1369]). Hierfur tragt die Beklagte, die sich auf eine Ausgleichung von\nVorteilen beruft, die Beweislast. \n--- \n--- \n| 154 \n--- \n| Ein Anspruch auf Freistellung von allen Verbindlichkeiten bezuglich des\nDarlehensvertrags mit der H. Bank besteht ebenfalls, da die Beklagte den\nKlager so zu stellen hat, als hatte er die Anlage nicht gezeichnet. \n--- \n| 155 \n--- \n| Ein Anspruch auf Freistellung von allen steuerlichen oder wirtschaftlichen\nNachteilen, die aus der Fondszeichnung resultieren, ist in dieser Form nicht\ngegeben. \n--- \n| 156 \n--- \n| Der Klager kann insoweit nur Feststellung der Ersatzpflicht verlangen. Der\nAntrag ist aber nur zum Teil begrundet. Da die Moglichkeit besteht, dass der\nKlager steuerliche Schaden erleidet dadurch, dass er den Fonds von etwaigen\nGewerbesteuerschaden durch den Gesellschafterwechsel freistellt oder dass er\nin Form von Saumniszuschlagen Forderungen des Finanzamts ausgesetzt sein kann,\nkann er Feststellung verlangen, von steuerlichen Nachteilen freigestellt zu\nwerden. \n--- \n--- \n| 157 \n--- \n| Soweit der Klager die Feststellung begehrt, die Beklagte habe ihn von\nwirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, ist die Klage unbegrundet. Denn\ndieser Schaden ist bereits im Klagantrag Ziffer 2 enthalten. Ferner wird auch\nentgangener Gewinn geltend gemacht, so dass nicht ersichtlich ist, dass\nweitergehende wirtschaftliche Nachteile entstanden sind bzw. noch entstehen\nkonnen. \n--- \n--- \n| 158 \n--- \n| c. Die Verurteilung muss Zug-um-Zug gegen Übertragung der Rechte aus der\nBeteiligung sowie aus dem Darlehensvertrag mit der H. Bank an die Beklagte\nerfolgen, damit der Klager nicht besser gestellt ist, als ohne deren\nZeichnung. \n--- \n| 159 \n--- \n| Der Klager kann die Verurteilung der Beklagten gemaß den Antragen 1 und 2\nnur verlangen Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte aus der von ihm im\nJuni 2004 gezeichneten Beteiligung an der Film & Entertainment VIP Medienfonds\n4 GmbH & Co. KG im Nennwert von 25.000,00 Euro. Der Klager ist dem Medienfonds\nVIP Nr. 4 nur wirtschaftlich beigetreten. Er halt keinen Kommanditanteil,\nsondern ist lediglich mittels Treuhandvertrags mit der MTM M.\nVermogensverwaltung GmbH verbunden. Deshalb muss der Klager hier nicht die\nBeteiligung Zug-um-Zug gegen Zahlung der Schadensersatzanspruche ubertragen\n(vgl. OLG Munchen, Urteil vom 29.07.2008, Aktenzeichen 5 U 4018/07; BGH,\nBeschluss vom 28.11.2007, II ZR 214/06). \n--- \n| 160 \n--- \n| Auch die Rechte und Anspruche aus dem Darlehensvertrag sind zu ubertragen,\nda der Klager sonst im Falle eines wirksamen Widerrufs des Vertrags mit der H.\nBank ggf. besser stehen wurde, als ohne Abschluss der Vertrage. Ein\nWiderrufsrecht des Klagers ist mit den Anspruchen aus dem Vertrag auch\nabtretbar (Palandt / Gruneberg, § 413, Rn. 5). \n--- \n--- \n| 161 \n--- \n| Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten ist ebenfalls\nbegrundet. \n--- \n--- \n| 162 \n--- \n| Die Beklagte befindet sich mit der Annahme der Abtretung der Rechte des\nKlagers aus seiner Fondsbeteiligung im Verzug. \n--- \n| 163 \n--- \n| Der Klager hat die Abtretung Zug-um-Zug gegen die Schadensersatzleistung im\nSchreiben seines Prozessbevollmachtigten vom 9.7.2008 (Anlage K 6)\nordnungsgemaß mit Fristsetzung anbieten lassen. Seitdem befindet sich die\nBeklagte in Annahmeverzug. \n--- \n| 164 \n--- \n| Dies kann nach standiger Rechtsprechung ausnahmsweise bereits im\nErkenntnisverfahren ausgesprochen werden (KG, ZGS 2007, 230, Rn. 133, m.w.N.). \n--- \nB. \n--- \n| 165 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 101, 92 Abs. 2 ZPO. \n--- \n| 166 \n--- \n| Die vorlaufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. \n--- \n \n## Gründe\n\n| | \n--- \n| 47 \n--- \n| Die zulassige Klage ist begrundet. \n--- \n--- \nA. \n--- \n| 48 \n--- \n| Dem Klager stehen Anspruche aus einer schuldhaften Verletzung des\nAnlageberatungsvertrags zwischen den Parteien durch die Beklagte nach §§ 280\nAbs. 1, 249 Abs. 1 BGB zu. Die Beklagte hat den Klager daher so zu stellen,\nals habe er die Beteiligung an dem Fonds nicht gezeichnet und die Finanzierung\nbei der H. Bank nicht vorgenommen. \n--- \nI. \n--- \n| 49 \n--- \n| Zwischen den Parteien ist ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen. \n--- \n| 50 \n--- \n| Eine ausdruckliche Vereinbarung eines Beratungsvertrags lag zwar zwischen\nden Parteien nicht vor, doch besteht ein stillschweigend abgeschlossener\nVertrag uber die Beratung hinsichtlich einer Anlage des Geldbetrags des\nKlagers durch die Beklagte. \n--- \n| 51 \n--- \n| Ein solcher stillschweigend abgeschlossener Beratungsvertrag kommt dadurch\nzustande, dass zunachst entweder die Bank an den Kunden oder umgekehrt der\nKunde an die Bank herantritt, um uber die Anlage eines Geldbetrags zu beraten\nbzw. beraten zu werden. Der Vertragsschluss erfolgt sodann durch die Aufnahme\nder Beratung durch die Bank (BGH, NJW 2004, 1868 [1869]). Dabei ist es nicht\nerforderlich, dass zwischen den Parteien eine Vergutung fur die\nBeratungstatigkeit vereinbart wird (BGH NJW 1987 1815 [1816]). \n--- \n| 52 \n--- \n| Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich der Kunde mit gezielten Auftragen an\nseine Bank wendet und sich die Tatigkeit der Bank auf deren Erledigung\nbeschrankt. \n--- \n--- \n| 53 \n--- \n| Vorliegend bestand zwischen dem Klager und der Beklagten ein langjahriges\nGeschaftsverhaltnis, in dessen Rahmen die Beklagte den Klager wiederholt und\nregelmaßig uber das Bestehen und die Erfolgsaussichten von\nVermogensanlageformen informiert und beraten hat. Dies ergibt sich aus den\nAussagen des Klagers sowie den von ihm vorgelegten e-mails von Herrn F. (Anl.\nK 16 a bis 16 e). Daraus ist ersichtlich, dass zwischen den Parteien ein\nlangjahriges Vertrauensverhaltnis bestand und der Klager seine\nVermogensanlangen in erheblichem Umfang uber die Beklagte abgewickelt hat. \n--- \n| 54 \n--- \n| Der Klager ist nicht an die Beklagte gezielt mit dem Auftrag einer\nInformation uber den VIP 4 Fonds herangetreten, sondern wurde von der\nBeklagten zu einer Informationsveranstaltung uber den Fonds eingeladen. Im\nAnschluss daran ging die Initiative zu einem Gesprach zwar vom Klager aus,\ndoch im Rahmen der langjahrigen Geschaftsbeziehung und im Nachgang zu der von\nder Beklagten initiierten Informationsveranstaltung. \n--- \n| 55 \n--- \n| Es kam daher zu einem Beratungsgesprach zwischen den Parteien in den\nGeschaftsraumen der Beklagten, im Rahmen dessen sich der Klager genauer uber\nden Fonds informieren wollte. \n--- \n--- \n| 56 \n--- \n| Der Annahme der Beklagten, es lage ein Anlagevermittlungsvertrag mit weniger\nweit reichenden Pflichten als im Rahmen eines Beratungsvertrags vor, kann\nnicht gefolgt werden. \n--- \n| 57 \n--- \n| Ein Anlagevermittlungsvertrag zielt lediglich auf eine Information uber\nUmstande ab, die fur den Anleger und dessen Entschluss von besonderer\nBedeutung sind (BGH, NJW-RR 2000, 998). Im Gegensatz dazu besteht im Rahmen\neines Beratungsvertrags ein Interesse des Kunden an einer Bewertung und\nBeurteilung dieser Umstande, die auf seine Vermogensverhaltnisse zugeschnitten\nsind. \n--- \n| 58 \n--- \n| Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dabei nicht auf eine bestehende\nVergutungsvereinbarung zwischen den Parteien abzustellen; wie aufgezeigt ist\ndie Annahme eines Beratungsvertrags auch ohne Vergutungsabrede moglich.\nEbenfalls unerheblich ist die Tatsache, es habe keine Zeichnung durch die\nBeklagte vorgelegen, sondern diese sei durch den Klager selbst vorgenommen\nworden. \n--- \n| 59 \n--- \n| Entscheidend ist vielmehr, dass der Klager in erkennbarer Weise eine\nfachkundige Beratung durch die Beklagte erwartet hat und eine solche erfolgt\nist (LG Berlin, Urteil vom 9.7.2008, 4 O 407/07, n.v.). \n--- \n| 60 \n--- \n| Im Rahmen der langjahrigen Geschaftsbeziehung zwischen den Parteien kam es\nwiederholt zu Beurteilungen uber verschiedene Anlagemoglichkeiten. Das\nBeratungsgesprach zwischen den Parteien sollte erkennbar dazu dienen, den\nKlager uber eine Einpassung des VIP 4 Fonds in sein Anlageportfolio und seine\ndamalige Vermogenssituation zu beraten. Allgemeine Informationen hatte der\nKlager ja bereits aus der zeitlich davor liegenden Informationsveranstaltung\nerhalten; weitere allgemeine Informationen wollte der Klager daher nicht\nerhalten, sondern eine auf ihn zugeschnittene und angepasste Beratung. \n--- \nII. \n--- \n| 61 \n--- \n| Die aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Anlageberatungsvertrag\nerwachsenden Pflichten hat die Beklagte verletzt. \n--- \n--- \n| 62 \n--- \n| Sie hat ihre Auskunftspflicht uber die objektbezogenen Umstande des VIP 4\nFonds verletzt (1.). \n--- \n| 63 \n--- \n| Zudem hat sie ihre Pflicht zur ungefragten Offenlegung der vereinbarten\nInnenprovision verletzt (2.). \n--- \n--- \n| 64 \n--- \n| 1\\. Aus dem Anlageberatungsvertrag folgte fur die Beklagte eine Pflicht zur\nanlage- und anlegergerechten Beratung (BGH, NJW 1982, 1095 f., „Bond-Urteil").\nDaher sind zum einen personenbezogene Umstande, wie der Wissensstand uber\nAnlagegeschafte, und zum anderen objektbezogene Umstande zu berucksichtigen. \n--- \n| 65 \n--- \n| Diese Beratung erfolgte fehlerhaft durch die Beklagte. Sie hat ihre Pflicht\nzur Beratung uber alle objektbezogenen Umstande der Anlage verletzt. \n--- \n| 66 \n--- \n| Fur das Vorliegen einer Pflichtverletzung als anspruchsbegrundender Tatsache\ntragt der Klager die Beweislast. \n--- \n| 67 \n--- \n| Einen Anlageberater trifft die Pflicht, dem Interessenten einen\nwahrheitsgemaßen und zutreffenden Eindruck uber die Anlage zu vermitteln. \n--- \n| 68 \n--- \n| Der Klager hat dargelegt, dass ein solcher durch die Beklagte nicht\nvermittelt wurde. Es ist gegenuber ihm nicht deutlich geworden, dass der VIP 4\nFonds nicht durch eine Schuldubernahme der H. Bank gegenuber den Anlegern\nabgesichert ist, sondern vielmehr lediglich eine Absicherung gegenuber der\nFondsgesellschaft selbst besteht. \n--- \n| 69 \n--- \n| Das daraus erwachsende Risiko eines Totalverlusts ist dem Klager nicht\ndargestellt worden. Der Klager konnte den Begriff „Garantiefonds" auf der\nTitelseite des Flyers dahingehend verstehen, dass eine Absicherung gegenuber\nden Anlegern besteht. \n--- \n--- \n| 70 \n--- \n| Das diesbezugliche Vorbringen des Klagers wurde durch den Zeugen F. nicht\nwiderlegt. Vielmehr bestatigen seine Aussagen die Behauptungen des Klagers. \n--- \n| 71 \n--- \n| Der Zeuge erklarte, er berate immer anhand des anlagespezifischen\nLangprospekts. Ob er dies im Gesprach mit dem Klager auch getan hat, ist\nunklar. Eine Erinnerung uber die konkreten Aussagen uber die Ausgestaltung der\nSicherheit des Fonds hatte der Zeuge nicht mehr. Auch konnte sich der Zeuge\nnicht mehr daran erinnern, ob er mit dem Klager die Chancen und Risiken einer\nFondszeichnung durchgegangen ist. \n--- \n| 72 \n--- \n| Der Zeuge hat in seiner Vernehmung wiederholt darauf hingewiesen, dass die\nModalitaten der Fondsabsicherung und die daraus resultierenden Verlustrisiken\nder Anleger aus dem Prospekt zu entnehmen sind. Eine Schulung der Berater uber\nden VIP 4 Fonds erfolgte durch die Beklagte nach seiner Aussage nicht. \n--- \n| 73 \n--- \n| Aus den Angaben des Zeugen ist zu schließen, dass er sich an die konkreten\nAblaufe des Gesprachs mit dem Klager nicht mehr erinnert. Dabei handelte es\nsich jedoch um eines von lediglich zwei von dem Zeugen gefuhrten Gesprachen\nuber den VIP 4 Fonds. \n--- \n| 74 \n--- \n| Gerade aufgrund der Ausgestaltung des Prospekts und des Flyers, die auf der\nTitelseite mit dem Begriff „Garantiefonds" werben, lag es nahe, in dem\nGesprach auf die Ausgestaltung dieser Garantie zu sprechen zu kommen. Überdies\nist zu berucksichtigen, dass der Zeuge als Angestellter der Beklagten ein\nInteresse daran hat, eine fehlerhafte Beratung nicht unbedingt einzugestehen. \n--- \n| 75 \n--- \n| Da der Zeuge noch sicher wusste, dass er in dem Gesprach auf das Mid-Case-\nSzenario und in diesem Zusammenhang auf steuerliche Aspekte und die\nAusschuttung eingegangen war, sich aber an eine Besprechung der konkreten\nVerlustrisiken nicht erinnern konnte, ist die Kammer davon uberzeugt, dass\ndiese nicht besprochen wurden und der Vortrag des Klagers zutreffend ist.\nDafur spricht auch, dass der Zeuge per e-Mail einen weiteren Medienfonds als\n„risikolose Anlage bei Spitzensteuersatz" angepriesen hat (Anlage K 16c).\nDiese Wortwahl spricht nicht dafur, dass der Zeuge eine angemessene\nDarstellung der Fondskonstruktion und der Risiken durchfuhrte, sondern\nvielmehr ein werbendes Verkaufsgesprach fuhrte, das vornehmlich dem Absatz und\nnicht der Aufklarung diente. Dabei ist zu beachten, dass bei zutreffender\nvollstandiger Beratung uber die tatsachlichen Risikoverhaltnisse bei dem hier\ngewahlten Fonds die Verkaufschancen des Bankberaters rapide gesunken waren. Da\ndie Beklagte unstreitig fur die Beratung in diesen Fallen ihren Kundenberatern\nauch keine entsprechenden Anweisungen erteilt hatte, ist die Kammer uberzeugt,\ndass die Beratung des Klagers insoweit zumindest unvollstandig und damit\nfehlerhaft war. \n--- \n--- \n| 76 \n--- \n| Dass der Klager sich selbst uber den Flyer hatte informieren konnen, andert\nnichts an dem bestehenden Beratungsfehler der Beklagten. \n--- \n| 77 \n--- \n| Zwar kann ein Anlageberater im Grundsatz davon ausgehen, dass der Anleger\ndie ihm ausgehandigten Unterlagen durchliest und die Informationen zur\nKenntnis nimmt. Der Flyer uber den VIP 4 Fonds wurde dem Klager vor der\nInformationsveranstaltung ausgehandigt; der Langprospekt entweder ebenfalls in\nder Informationsveranstaltung oder im Rahmen des Beratungsgesprachs. \n--- \n| 78 \n--- \n| In den Unterlagen war die Ausgestaltung der Schuldubernahme gegenuber der\nFondsgesellschaft und das Risiko eines Totalverlustes korrekt dargestellt\n(Anl. K 1). \n--- \n| 79 \n--- \n| Der Berater ist jedoch gehalten, die Unterlagen auf Plausibilitat hin zu\nuberprufen und Unklarheiten oder Widerspruche mit dem Interessenten zu\nerortern (LG Munchen, Urteil vom 31.7.2008, 32 O 4765/08). Aufgrund der\nBezeichnung „Garantiefonds" trotz nicht bestehender Sicherheiten fur die\nAnleger ware der Berater gehalten gewesen, die konkreten Verlustrisiken und\nSicherheitsausgestaltungen mit dem Klager zu erortern. Aufgrund dieser\nTitelbezeichnung ging der Klager von einer fur die Anleger bestehenden\nSicherheit aus. Dies musste der Berater erkennen und den Widerspruch\nerlautern. Dies hat er jedoch nicht getan. Der Zeuge hat dies nicht erklart. \n--- \n| 80 \n--- \n| Damit hat die Beklagte durch ihren Mitarbeiter F. ihre Auskunftspflicht uber\ndie objektbezogenen Umstande des VIP 4 Fonds gegenuber dem Klager verletzt. \n--- \n--- \n| 81 \n--- \n| Unerheblich ist die Tatsache, dass sich der Klager der Risikogruppe\n„chancenorientiert" in der Anlagestrategie eingestuft hat. \n--- \n| 82 \n--- \n| Zwar konnte die Beklagte angesichts dieses Umstands davon ausgehen, dass der\nKlager einer risikoreichen Vermogensanlage nicht grundsatzlich ablehnend\ngegenuber stand. Gleichermaßen war der Beklagten als Hausbank des Klagers\njedoch bekannt, dass dieser nicht nur uber risikoreiche Vermogensanlagen\nverfugte, sondern vielmehr eine Streuung des Verlustrisikos durch Anlagen mit\nunterschiedlich hohem Risikograd vornahm. Die Beklagte konnte daher nicht\ndavon ausgehen, dass der Klager mit jeder Vermogensanlage einen hohen\nRisikograd eingehen wollte. \n--- \n| 83 \n--- \n| Überdies war der Beklagten bekannt, dass die Vermogenslage des Klagers zum\nZeitpunkt der Beratung aufgrund eines Immobilienbaus angespannt war, da auch\ndie Finanzierung dieses Bauvorhabens uber die Beklagte erfolgt war. \n--- \n| 84 \n--- \n| Der Klager gab in seiner informatorischen Befragung an, diese Einstufung\nvorgenommen zu haben, um mit Optionen handeln zu konnen, was nur im Falle\neiner solchen Einstufung moglich sei. Dem hat die Beklagte nicht\nwidersprochen. \n--- \n| 85 \n--- \n| Damit bestand trotz dieser Eingruppierung durch den Klager als\nchancenorientierter Anleger durchaus die Notwendigkeit einer Aufklarung uber\ndas Verlustrisiko im Falle einer Fondszeichnung, wie sie im Gesprach zwischen\nHerrn F. und dem Klager nicht erfolgt ist. \n--- \n--- \n| 86 \n--- \n| 2\\. Die Beklagte hat zudem ihre Pflicht verletzt, ungefragt Auskunft uber\ndie Hohe der vereinbarten Ruckvergutung zu geben. \n--- \n| 87 \n--- \n| Vorliegend bestand zwischen der Beklagten und der Fondsgesellschaft eine\nVereinbarung, wonach die Beklagte fur den Vertrieb eines VIP 4 Fonds eine\nProvision in einer Hohe zwischen 8,45% und 8,72% des Anlagebetrags erhalten\nsollte. \n--- \n| 88 \n--- \n| Über das Bestehen dieser Ruckvergutungsvereinbarung hat die Beklagte den\nKlager nicht informiert. Alleine durch die Aufnahme dieser Information im\nProspekt uber den VIP 4 Fonds ist sie jedoch ihrer Informationspflicht nicht\nnachgekommen. \n--- \n| 89 \n--- \n| Vielmehr besteht nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei\nder Zeichnung von Filmfondsanteilen eine Pflicht der Beklagten, uber die Hohe\nder Ruckvergutungen ungefragt Auskunft zu geben. Eine Abhangigkeit von einer\nProvisionshohe von 15% des Anlagebetrags besteht nicht. \n--- \n--- \n| 90 \n--- \n| a. Eine Pflicht zur ungefragten Offenlegung der Banken von Ruckvergutungen\nwurde durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelt, um Anleger\nuber einen eventuellen Interessenkonflikt der Bank zu informieren. Dem Anleger\nsoll Einblick in das mogliche Eigeninteresse der Bank an einer Vermogensanlage\ndurch den Kunden gewahrt werden, um dieses Eigeninteresse in die\nAnlagedarstellung durch die Bank einbeziehen zu konnen. Zudem soll dem Anleger\nEinblick in die Werthaltigkeit und Rentabilitat der Anlage gegeben werden, auf\nwelche die Hohe von Vertriebsprovisionen Auswirkungen haben kann (BGH, NJW\n2007, 1876 m.w.N.). \n--- \n| 91 \n--- \n| Zunachst war die hochstrichterliche Rechtsprechung gepragt von der Annahme\neiner Pflicht zur ungefragten Aufklarung uber Innenprovisionen bei Vermittlern\nund Beratern ab einer Provisionshohe von 15% fur nicht wertpapiermaßig\nverbriefte Kapitalanlagen (BGH, NJW 2004, 1732; 2005, 3208). Diese\nOffenlegungspflicht gilt nicht nur fur Anlagevermittler, sondern auch fur\nAnlageberater, da auch fur diese im Fall gewahrter Innenprovisionen ein Anreiz\nfur die Empfehlung bestimmter Fondsbeteiligungen besteht. \n--- \n| 92 \n--- \n| Mit Urteil vom 19.12.2006 hat der XI. Zivilsenat festgestellt, dass sich\neine Pflicht zur ungefragten Offenlegung von Innenprovisionen unabhangig von\neiner bestimmten Provisionshohe ergeben kann und sich damit von der 15%\nSchwelle distanziert (BGH, NJW 2007, 1876). Dabei hatte die Entscheidung des\nSenats zunachst lediglich Bedeutung fur Aktienfonds und generell\nFinanzinstrumente nach dem WpHG und nicht zwangslaufig fur den grauen\nKapitalmarkt. Fondsbeteiligungen unterfallen nicht dem WpHG und sind daher dem\ngrauen Kapitalmarkt zuzuordnen. \n--- \n| 93 \n--- \n| Im Gegensatz zu der Entscheidung des XI. Zivilsenats vom 19.12.2006 blieb\nder III. Zivilsenat im Grundsatz weiter bei der Annahme der 15% Schwelle (BGH,\nNJW-RR 2007, 925). \n--- \n--- \n| 94 \n--- \n| b. Mit Beschluss vom 20.1.2009 hat der XI. Zivilsenat nunmehr die Grundsatze\ndes Urteils vom 19.12.2006 uneingeschrankt auf den Vertrieb von Medienfonds\nubertragen (BGH, XI ZR 510/07, ZIP 2009, 455). \n--- \n| 95 \n--- \n| Der BGH hat die generelle Aufklarungspflicht damit begrundet, dass es keinen\nUnterschied mache, ob der Berater Aktienfonds oder Medienfonds vertreibe, da\nder aufklarungspflichtige Interessenkonflikt jeweils der Gleiche sei. Zur\nBegrundung dieser Aufklarungspflicht hat sich der Gerichtshof auf den\nzivilrechtlich allgemein anerkannten Grundsatz der Vermeidung von\nvertragswidrigen Interessenkonflikten bezogen. \n--- \n| 96 \n--- \n| Im Gegensatz zu den Ausfuhrungen der Beklagten ist diese Rechtsprechung auf\ndie vorliegende Sachverhaltskonstellation anzuwenden. \n--- \n| 97 \n--- \n| Richtig ist, dass eine korrekte Ausweisung der Provisionshohe im\nFondsprospekt in die Frage einer Hinweispflicht durch den Berater\neinzubeziehen ist. Davon ging auch der XI. Zivilsenat in seinem Urteil vom\n25.9.2007 aus (BGH, BKR 2008, 199). \n--- \n| 98 \n--- \n| Voraussetzung der Verneinung einer Aufklarungspflichtverletzung ist jedoch,\ndass der Fondsprospekt vollstandig und fehlerfrei aufklart und dem Anleger\nrechtzeitig vor dessen Beitrittserklarung ubergeben wurde. \n--- \n| 99 \n--- \n| Der Fondsprospekt des VIP 4 Fonds weist auf Seite 91 darauf hin, dass die\nmit dem Vertrieb des Fonds beauftragte VIP Beratung fur Banken Provisionen in\nausgewiesener Hohe erhalt und gleichzeitig berechtigt ist, Dritte als\nVertriebspartner einzusetzen. \n--- \n| 100 \n--- \n| Unabhangig von der Frage, ob der Fondsprospekt dem Klager rechtzeitig\nausgehandigt wurde, konnte sich ihm alleine aus der Kombination beider\nInformationen keineswegs die Tatsache, dass die Beklagte fur die\nFondszeichnung durch den Klager eine Vertriebsprovision erhalt, erschließen. \n--- \n| 101 \n--- \n| Vielmehr kann aus dem Hinweis selbst bei eingehender Lekture lediglich\ngeschlossen werden, dass Dritte fur den Vertrieb des Fonds eingesetzt werden\nkonnen. Dass der Erhalt einer Provision ebenfalls auf die eingesetzten Dritten\nubergeht und in welcher Hohe dies der Fall ist, kann dem Fondsprospekt nicht\nentnommen werden. \n--- \n| 102 \n--- \n| Damit war der Klager durch den Fondsprospekt keineswegs bereits uber die\nHohe der Ruckvergutung vollstandig aufgeklart. \n--- \n| 103 \n--- \n| Auch der Hinweis auf dem Vermogensanlagebogen stellt keinen ausreichenden\nHinweis fur den Klager auf die erhaltene Ruckvergutung dar. Der Hinweis\ndarauf, dass die Beklagte im Zusammenhang mit der Abwicklung von\nWertpapiergeschaften Geldzahlungen durch Dritte erhalten kann, ist von\nallgemeiner Natur und nicht auf die Zeichnung des VIP 4 Fonds zugeschnitten. \n--- \n| 104 \n--- \n| Aufgrund der nicht bestehenden umfassenden und fehlerfreien Information uber\ndas Bestehen und die Hohe der Ruckvergutungen war die Beklagte verpflichtet,\nden Klager daruber ungefragt Auskunft zu geben. \n--- \n| 105 \n--- \n| Dieser Pflicht zur ungefragten Mitteilung der bestehenden Provisionshohe ist\ndie Beklagte nicht nachgekommen. \n--- \n--- \n| 106 \n--- \n| 3\\. Prospekthaftungsanspruche im engeren oder weiteren Sinne bestehen nicht. \n--- \n| 107 \n--- \n| Eine Haftung der Beklagten scheidet bereits aus, da diese fur die\nVollstandigkeit und Richtigkeit des Prospekts nicht verantwortlich war. Weder\nnennt der Prospekt die Beklagte, noch ist diese Grunderin, Initiatorin,\nGestalterin oder „Hintermann" der Fondsgesellschaft (Palandt- _Heinrichs_ , §\n280 BGB, Rn. 54b). \n--- \n| 108 \n--- \n| Einzig durch den Vertrieb der Fondsanteile wird eine Prospekthaftung nicht\nbegrundet (BGH, NJW 2004, 1732 f.). \n--- \nIII. \n--- \n| 109 \n--- \n| Diese Pflichtverletzungen hat die Beklagte auch zu vertreten. \n--- \n| 110 \n--- \n| Die Darlegungs- und Beweislast fur ein fehlendes Vertretenmussen tragt nach\n§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB die Beklagte (vgl. BGH XI ZR 586/07 vom 12.5.2009). \n--- \n| 111 \n--- \n| Die Verletzung ihrer Auskunftspflicht uber die objektbezogenen Umstande des\nVIP 4 Fonds hat die Beklagte ebenso wie die Verletzung der Pflicht zur\nungefragten Offenlegung der vereinbarten Innenprovision nach §§ 276 Abs. 1,\n278 BGB zu vertreten. \n--- \n--- \n| 112 \n--- \n| 1\\. Die fehlerhafte Beratung durch den Kundenberater F. erfolgte fahrlassig\nnach § 276 Abs. 1 und 2 BGB. \n--- \n| 113 \n--- \n| Der Berater unterlag offenbar selbst einem Irrtum uber die Ausgestaltung des\nVerlustrisikos des VIP 4 Fonds und ging falschlicherweise von einer\nbestehenden garantierten Ausschuttung in Hohe von 115% des Anlagekapitals\ngegenuber den Einzelanlegern aus. Bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt\nhatte der Berater seinen Irrtum erkennen konnen. \n--- \n| 114 \n--- \n| Diese Fahrlassigkeit hat die Beklagte nach § 278 BGB zu vertreten. \n--- \n| 115 \n--- \n| Die Beklagte hat dies auch zu vertreten, da sie die Schulung ihrer Berater\nuber das Verlustrisiko des VIP 4 Fonds unterlassen hat. \n--- \n| 116 \n--- \n| Die nicht vorgenommene Unterrichtung der Berater erfolgte durch die Beklagte\nbzw. ihre Mitarbeiter bedingt vorsatzlich. \n--- \n| 117 \n--- \n| Diesbezuglich liegt ein vorsatzliches Organisationsverschulden der Beklagten\nvor, da sie ihre Verpflichtung zur Aufklarung der Kunden gekannt oder\nzumindest fur moglich gehalten hat und es gleichwohl bewusst unterlassen hat,\nihre Anlageberater anzuweisen, die Kunden entsprechend aufzuklaren (BGH,\nUrteil vom 12.5.2009, XI ZR 586/07). \n--- \n| 118 \n--- \n| Die angesichts der Ausgestaltung von Prospekt und Flyer sowie der\nBezeichnung des Fonds als Garantiefonds bestehende Moglichkeit eines\nMissverstandnisses hatte die Beklagte bei Anwendung der im Verkehr\nerforderlichen Sorgfalt erkennen konnen und eine Weitergabe der Informationen\nan die einzelnen Interessenten absichern mussen. \n--- \n--- \n| 119 \n--- \n| 2\\. Die Verletzung der Pflicht zur ungefragten Offenlegung der vereinbarten\nInnenprovision hat die Beklagte ebenfalls zu vertreten. \n--- \n| 120 \n--- \n| Bei Anwendung der verkehrserforderlichen bankenublichen Sorgfalt ware es ihr\nmoglich gewesen, dieser Pflicht nachzukommen. \n--- \n--- \n| 121 \n--- \n| Zum Zeitpunkt des Beratungsgesprachs am 26.9.2004 konnte die Beklagte zwar\nnoch keine Kenntnis von der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH ab dem\nDezember 2006 zur ungefragten Offenlegung von Innenprovisionen unabhangig von\nderen Hohe haben. \n--- \n| 122 \n--- \n| Diesbezuglich hat sich die Beklagte jedoch nicht in einem Vorsatz\nausschließenden Rechtsirrtum befunden. Die Darlegungs- und Beweislast fur\neinen bestehenden Irrtum obliegt der Beklagten (BGH, Urteil vom 12.5.2009, XI\nZR 586/07). Dieser hat die Beklagte mit ihrem Vortrag nach Auffassung der\nKammer nicht genugt. \n--- \n--- \n| 123 \n--- \n| a. Voraussetzung eines schuldhaften Handelns eines Anlageberaters ist, dass\ndieser die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens erkannte oder zumindest hatte\nerkennen konnen (Palandt- _Heinrichs_ , § 276 BGB, Rn. 11). \n--- \n| 124 \n--- \n| Zum Zeitpunkt des Beratungsgesprachs am 26.9.2004 gab es fur den Bereich des\ngrauen Kapitalmarkts Rechtsprechung des BGH zur Pflicht zur ungefragten\nOffenlegung von Innenprovisionen lediglich vom III. Zivilsenat bzgl. von\nVermittlern und Beratern ab einer Hohe von 15% (BGH NJW 2004, 1732). \n--- \n--- \n| 125 \n--- \n| Die Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2006 (NJW 2007, 1876 [1878]) knupft\nausdrucklich an ein Urteil vom 19. Dezember 2000 an, in dem der\nBundesgerichtshof bereits klargestellt hatte, dass eine Bank, die dem\nVermogensverwalter ihres Kunden gewahrten Ruckvergutungen wegen des damit\nverbundenen Interessenkonflikts offenlegen muss (BGH NJW 2001, 962 [963]).\nAufgrund dieses Urteils, das alsbald in bankrechtlichen Fachzeitschriften\nveroffentlicht wurde (vgl. etwa WM 2001, 297 ff.) musste die Beklagte zum\nZeitpunkt der Beratung im November 2004 damit rechnen, dass sie auch zur\nOffenbarung eigener Ruckvergutungen verpflichtet ist. Das gilt umso mehr, als\ndies in der Literatur schon langer vertreten wurde (vgl. nur\nAssmann/Schneider/Koller, WpHG, 2. Auflage 1999, § 31 Rn. 72 ff.) und die\naufgrund von § 35 Abs. 2 WpHG a. F. ergangene Richtlinie des\nBundesaufsichtsamts (abgedruckt ebenda § 35 Rn. 7) unter Nr. 2.2 Abs. 2\nbereits eine entsprechende Pflicht fur Wertpapiergeschafte vorsah (so OLG\nKarlsruhe, Urteil vom 03.03.2009, 17 U 149/07). Bei der im Bankverkehr\ngebotenen Sorgfalt hatte die Beklagte die mit dem Vertrieb der\nstreitgegenstandlichen Fondsbeteiligung befassten Anlageberater daher\nentsprechend instruieren oder auf andere Weise fur eine Unterrichtung der\nAnleger sorgen mussen. \n--- \n| 126 \n--- \n| Dementsprechend konnte die Beklagte nicht auf den Stand der Rechtsprechung\ndes BGH vertrauen (vgl. BGH, NJW 2008, 840), da es eine abschließende Klarung\ndieser umstrittenen Frage gerade nicht gegeben hatte. \n--- \n--- \n| 127 \n--- \n| Ein fahrlassiges Handeln liegt vor, wenn der Rechtsirrtum unter Beachtung\nder hochstrichterlichen Rechtsprechung und bei Einholung von Rechtsrat hatte\nerkannt werden konnen (Palandt- _Heinrichs_ , § 276 BGB, Rn. 22; BGH, NJW\n1994, 2754). \n--- \n| 128 \n--- \n| Bei Banken ist dabei fur die Bejahung ein strenger Maßstab anzulegen (BGH,\nNJW 1994, 2754). Die Beklagte hatte daher die unsichere Rechtslage erkennen\nkonnen und mussen. \n--- \n--- \n| 129 \n--- \n| Damit befand sich die Beklagte nicht in einem Rechtsirrtum, der aufgrund des\nzum Zeitpunkt des Beratungsgesprachs bestehenden Stands der Rechtsprechung\nunvermeidbar war. \n--- \n--- \n| 130 \n--- \n| Die Beklagte kann sich nicht auf den verfassungsmaßigen Grundsatz des\nRuckwirkungsverbots berufen. \n--- \n| 131 \n--- \n| Die entsprechenden Ausfuhrungen der Beklagten vermogen eine Anwendung der\nneuen Rechtsprechung des BGH auf sogenannte Altfalle nicht im Grundsatz\nauszuschließen. \n--- \n| 132 \n--- \n| Der Grundsatz des Ruckwirkungsverbots und der damit zusammenhangende\nVertrauensschutz stellen eine Auspragung des Rechtsstaatsprinzips dar. Der\nEinzelne soll sein Verhalten an der geltenden Rechtsordnung ausrichten konnen. \n--- \n| 133 \n--- \n| Nach herrschender Auffassung ist noch nicht einmal ein Wandel der\nRechtsprechung in der deutschen Rechtsordnung verfassungsrechtlich -\ninsbesondere im Hinblick auf das Ruckwirkungsverbot -bedenklich, da das\nVertrauen in den Fortbestand einer bestimmten Auslegungspraxis nicht geschutzt\nist (BVerfGE 19, 38, 47). Dementsprechend wird eine neu vorgenommene\nerstmalige hochstrichterliche Auslegungspraxis als nunmehr „richtig" erkannte\nAuslegung und nicht als Gesetzesruckwirkung betrachtet. \n--- \n| 134 \n--- \n| Dem Bedurfnis einer Einbeziehung individuellen Vertrauens wird hier durch\ndie Berucksichtigung im Rahmen der Vertretbarkeit der Pflichtverletzung genuge\ngetan. \n--- \nIV. \n--- \n| 135 \n--- \n| Die Verletzung der Aufklarungspflicht sowie der Schulungspflicht durch die\nBeklagte war uberdies kausal fur die Zeichnung der VIP 4 Fondsanteile und die\ndaraus folgenden Schaden. \n--- \n| 136 \n--- \n| Grundsatzlich tragt der Klager die Darlegungs- und Beweislast fur das\nVorliegen der Kausalitat als anspruchsbegrundender Voraussetzung. \n--- \n| 137 \n--- \n| Steht eine Aufklarungspflichtverletzung fest, streitet fur den Anleger im\nÜbrigen die Vermutung aufklarungsrichtigen Verhaltens, so dass die Beklagte\nbeweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger\nAufklarung erworben hatte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet\ngelassen hatte. Diese Vermutung aufklarungsrichtigen Verhaltens gilt\ngrundsatzlich fur alle Aufklarungsfehler eines Anlageberaters, und damit auch\nfur die fehlende Aufklarung uber Ruckvergutungen (BGH, Urteil vom 12.5.2009,\nXI ZR 586/07). \n--- \n| 138 \n--- \n| Die Kausalitatsvermutung bei Aufklarungspflichtverletzungen setzt jedoch\ngleichzeitig voraus, dass es nur _eine_ bestimmte Moglichkeit\n„aufklarungsrichtigen" Verhaltens gibt (BGH, NJW 2004, 2967). Diese Vermutung\ngreift nicht, wenn eine Aufklarung beim Anleger einen Entscheidungskonflikt\nausgelost hatte, weil es vernunftigerweise mehrere Moglichkeiten\naufklarungsrichtigen Verhaltens gab. In Fallen, in denen Anleger nicht oder\nnicht vollstandig uber die mit der Geldanlage verbundenen Risiken aufgeklart\nwurden, kann nicht pauschal unterstellt werden, dass ein Anleger bei\numfassender Risikoaufklarung von der vermittelten Geldanlage abgesehen hatte. \n--- \n--- \n| 139 \n--- \n| Vorliegend hat der Klager jedoch dargelegt, dass er im Falle einer\nordnungsgemaßen Beratung uber das Verlustrisiko der Fondszeichnung uberhaupt\nkeine Zeichnung vorgenommen hatte. \n--- \n| 140 \n--- \n| Der Klager hat wiederholt aufgezeigt, dass es ihm bei der Zeichnung der\nFondsanteile um eine sichere Anlagemoglichkeit ging. Angesichts seines zum\ndamaligen Zeitpunkt im Bau befindlichen Hauses und der dafur erforderlichen\nKreditaufnahme hatte er an einem hoch spekulativen Anlagegeschaft kein\nInteresse. Auch die steuerlichen Vorteile der Anlage waren nicht\nausschließlich ausschlaggebend fur den Entschluss des Klagers zur\nFondszeichnung, sondern stellten nach seiner Aussage lediglich einen Aspekt\nneben dem einer sicheren Geldanlage dar. Dass der Klager das tatsachliche\nRisiko durch seinen Steuerberater kannte, hat die Beklagte nicht substantiiert\ndargetan. Jedenfalls ist eine Kenntnis bzgl. der Ruckvergutungen nicht gegeben\ngewesen. \n--- \nV. \n--- \n| 141 \n--- \n| Infolge der zu vertretenden Pflichtverletzung hat die Beklagte dem Klager\nnach § 249 Abs. 1 BGB Naturalrestitution zu leisten. Denn nach standiger\nRechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anleger, der aufgrund einer\nfehlerhaften Empfehlung eine fur ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat,\nin der Regel bereits durch deren Erwerb geschadigt (BGH NJW 2005, 1579, 1580\nm. w. N.). \n--- \n| 142 \n--- \n| Dabei ist das negative Interesse des Klagers und damit dessen\nVertrauensschaden zu ersetzen. \n--- \n--- \n| 143 \n--- \n| 1\\. Zunachst besteht als geltend gemachte Schadensposition der aus\nEigenkapital finanzierte Teil der Anlagesumme. Diese entspricht 13.625,00 Euro\nEigenkapital zuzuglich 1.250,00 Euro Agio, was sich auf eine Gesamtsumme von\n14.875,00 Euro belauft. \n--- \n| 144 \n--- \n| a. Der Ersatz dieser Schadensposition entfallt auch nicht aufgrund eines\nnach §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1, 358 Abs. 2 BGB ggf. gegebenen Widerrufrechts\nvon Darlehensvertrag und Anteilszeichnung. \n--- \n| 145 \n--- \n| Zwar wurde bei einem durchsetzbaren Widerruf des Kreditvertrages mit der H.\nBank die Annahme eines Schadens nach der Differenzhypothese entfallen konnen,\nda das Vermogen des Klagers durch die Pflichtverletzung der Beklagten nicht\ngemindert ware. Doch kann die Beklagte den Klager nach Auffassung der Kammer\nnicht auf diesen Widerruf verweisen. \n--- \n--- \n| 146 \n--- \n| Zwar besteht wohl kein Gesamtschuldverhaltnis zwischen der Beklagten und der\nH. Bank, da die Anspruche nicht gleichartig sind. Gegenuber der H. Bank konnte\nder Klager ggf. erst den Vertrag widerrufen, was erst dann zu einem\nRuckabwicklungsrechtsverhaltnis fuhren wurde. Derzeit sind damit gegenuber der\nH. Bank keine Anspruche des Klagers auf Zahlung etc. gegeben, sondern\nallenfalls die Moglichkeit zur Ausubung eines Gestaltungsrechts. Insoweit ware\nder Klager daher nicht wie bei Gesamtschuldnern ohne weiteres frei, welchen er\nin Anspruch nimmt (vgl. Palandt / Heinrichs, BGB, 68.A., § 254, Rn. 47). \n--- \n| 147 \n--- \n| Es bleibt daher die Frage, ob die vorliegende Konstellation der Beklagten\nerlaubt, im Rahmen der §§ 254 Abs. 2, 242 BGB den Klager auf den Widerruf\ngegenuber der H. Bank zu verweisen, obwohl sie selbst auf Schadenersatz\nhaftet. \n--- \n| 148 \n--- \n| Die von der Beklagten herangezogene Entscheidung des BGH (NJW 2004, 1865\n[1868]) gibt dafur nichts her. Im Gegenteil ging der III. Zivilsenat des BGH\ndort in einer anderen Konstellation davon, aus, dass der Geschadigte nicht\nwegen der Schadensminderungspflicht gehalten gewesen ware, den Widerruf des\nKreditvertrages zur Minderung des Anspruchs gegen den dort verklagten Notar zu\nerklaren. Ob dies, wie die Beklagte meint, nur wegen fehlenden Sachvortrags\nhierzu erfolgte und der Senat grundsatzlich eine solche Pflicht annahm, oder\nob er diese Pflicht bei entsprechendem Vortrag abgelehnt hatte, bleibt offen. \n--- \n--- \n| 149 \n--- \n| Nach Überzeugung der Kammer kann der Klager im Rahmen des § 254 Abs. 2 BGB\nnicht gezwungen werden, den ggf. moglichen Widerruf zu erklaren und den\nAnspruch zuerst gegen die H. Bank durchzusetzen. \n--- \n| 150 \n--- \n| Ihm wurde damit das Risiko aufgeburdet, die Kosten fur diese\nRechtsverfolgung tragen zu mussen, wahrend der Ausgang und der wirtschaftliche\nErfolg dieser Vorgehensweise unsicher blieben. Dabei kann es offen bleiben, ob\ndie Kammer den Widerruf fur noch moglich und dessen Rechtsfolgen als vollen\nAusgleich fur den Schaden aus der Pflichtverletzung der Beklagten ansehen\nwurde, da nicht beurteilt werden kann, wie ggf. das zustandige Gericht in\ndiesem Rechtsstreit entscheiden wurde. Aus diesem Grunde kann auch ein ggf.\nbestehender Anspruch gegen die H. Bank nicht im Rahmen der\nVorteilsausgleichung berucksichtigt werden. Dies ware auch deshalb nicht\nmoglich, da die Moglichkeit der Ruckabwicklung des Darlehensvertrages nicht\nden Schadiger entlasten soll. Es handelt sich nicht um einen Vorteil, den der\nKlager quasi als Kehrseite der Pflichtverletzung der Beklagten erhalten hat.\nDie Beklagte kann aber wegen eines von der Pflichtverletzung der Beklagten\nunabhangigen Fehlers bei der H. Bank nicht entlastet werden. \n--- \n--- \n| 151 \n--- \n| b. Es ist daher zuerst der Schaden des Klagers in Hohe von 14.875,00 Euro zu\nersetzen. \n--- \n| 152 \n--- \n| Der Klager hat keine Ausschuttung erhalten, so dass solche nicht zu\nberucksichtigen sind. \n--- \n| 153 \n--- \n| Der Klager muss sich nicht die durch die Beteiligung erlangten\nSteuervorteile anrechnen lassen. Denn es ist davon auszugehen, dass er die\nSchadensersatzleistung bei Zufluss der Ersatzleistung versteuern muss (BGH NJW\n2006, 499 [501]; BGH NJW 2008, 2773 [2774]). Danach geht es vorliegend fur die\nAnleger, auch soweit sie die Beteiligung nur mittelbar uber einen\nTreuhandkommanditisten halten, um Einkunfte aus Gewerbebetrieb im Sinne von §\n15 EStG. Zu ihnen gehoren auch die hier geltend gemachten\nSchadensersatzleistungen im Zusammenhang mit der Zug-um-Zug vorzunehmenden\nRuckgabe der Beteiligung. Eine Berucksichtigung von Steuervorteilen kommt nur\ndann in Betracht, wenn es Anhaltspunkte dafur gibt, dass der Klager\naußergewohnliche Steuervorteile erzielt hat (vgl. BGH NJW-RR 2008, 1365\n[1369]). Hierfur tragt die Beklagte, die sich auf eine Ausgleichung von\nVorteilen beruft, die Beweislast. \n--- \n--- \n| 154 \n--- \n| Ein Anspruch auf Freistellung von allen Verbindlichkeiten bezuglich des\nDarlehensvertrags mit der H. Bank besteht ebenfalls, da die Beklagte den\nKlager so zu stellen hat, als hatte er die Anlage nicht gezeichnet. \n--- \n| 155 \n--- \n| Ein Anspruch auf Freistellung von allen steuerlichen oder wirtschaftlichen\nNachteilen, die aus der Fondszeichnung resultieren, ist in dieser Form nicht\ngegeben. \n--- \n| 156 \n--- \n| Der Klager kann insoweit nur Feststellung der Ersatzpflicht verlangen. Der\nAntrag ist aber nur zum Teil begrundet. Da die Moglichkeit besteht, dass der\nKlager steuerliche Schaden erleidet dadurch, dass er den Fonds von etwaigen\nGewerbesteuerschaden durch den Gesellschafterwechsel freistellt oder dass er\nin Form von Saumniszuschlagen Forderungen des Finanzamts ausgesetzt sein kann,\nkann er Feststellung verlangen, von steuerlichen Nachteilen freigestellt zu\nwerden. \n--- \n--- \n| 157 \n--- \n| Soweit der Klager die Feststellung begehrt, die Beklagte habe ihn von\nwirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, ist die Klage unbegrundet. Denn\ndieser Schaden ist bereits im Klagantrag Ziffer 2 enthalten. Ferner wird auch\nentgangener Gewinn geltend gemacht, so dass nicht ersichtlich ist, dass\nweitergehende wirtschaftliche Nachteile entstanden sind bzw. noch entstehen\nkonnen. \n--- \n--- \n| 158 \n--- \n| c. Die Verurteilung muss Zug-um-Zug gegen Übertragung der Rechte aus der\nBeteiligung sowie aus dem Darlehensvertrag mit der H. Bank an die Beklagte\nerfolgen, damit der Klager nicht besser gestellt ist, als ohne deren\nZeichnung. \n--- \n| 159 \n--- \n| Der Klager kann die Verurteilung der Beklagten gemaß den Antragen 1 und 2\nnur verlangen Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte aus der von ihm im\nJuni 2004 gezeichneten Beteiligung an der Film & Entertainment VIP Medienfonds\n4 GmbH & Co. KG im Nennwert von 25.000,00 Euro. Der Klager ist dem Medienfonds\nVIP Nr. 4 nur wirtschaftlich beigetreten. Er halt keinen Kommanditanteil,\nsondern ist lediglich mittels Treuhandvertrags mit der MTM M.\nVermogensverwaltung GmbH verbunden. Deshalb muss der Klager hier nicht die\nBeteiligung Zug-um-Zug gegen Zahlung der Schadensersatzanspruche ubertragen\n(vgl. OLG Munchen, Urteil vom 29.07.2008, Aktenzeichen 5 U 4018/07; BGH,\nBeschluss vom 28.11.2007, II ZR 214/06). \n--- \n| 160 \n--- \n| Auch die Rechte und Anspruche aus dem Darlehensvertrag sind zu ubertragen,\nda der Klager sonst im Falle eines wirksamen Widerrufs des Vertrags mit der H.\nBank ggf. besser stehen wurde, als ohne Abschluss der Vertrage. Ein\nWiderrufsrecht des Klagers ist mit den Anspruchen aus dem Vertrag auch\nabtretbar (Palandt / Gruneberg, § 413, Rn. 5). \n--- \n--- \n| 161 \n--- \n| Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten ist ebenfalls\nbegrundet. \n--- \n--- \n| 162 \n--- \n| Die Beklagte befindet sich mit der Annahme der Abtretung der Rechte des\nKlagers aus seiner Fondsbeteiligung im Verzug. \n--- \n| 163 \n--- \n| Der Klager hat die Abtretung Zug-um-Zug gegen die Schadensersatzleistung im\nSchreiben seines Prozessbevollmachtigten vom 9.7.2008 (Anlage K 6)\nordnungsgemaß mit Fristsetzung anbieten lassen. Seitdem befindet sich die\nBeklagte in Annahmeverzug. \n--- \n| 164 \n--- \n| Dies kann nach standiger Rechtsprechung ausnahmsweise bereits im\nErkenntnisverfahren ausgesprochen werden (KG, ZGS 2007, 230, Rn. 133, m.w.N.). \n--- \nB. \n--- \n| 165 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 101, 92 Abs. 2 ZPO. \n--- \n| 166 \n--- \n| Die vorlaufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. \n---\n\n |
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161,715 | olgstut-2009-07-30-2-u-409 | 147 | Oberlandesgericht Stuttgart | olgstut | Baden-Württemberg | Oberlandesgericht | 2 U 4/09 | 2009-07-30 | 2019-01-16 07:28:58 | 2019-02-12 12:22:49 | Urteil | ## Tenor\n\n1\\. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Vorsitzenden der 1. Kammer\nfur Handelssachen des Landgerichts Ulm vom 18. Dezember 2008 - Az.: 10 O\n127/08 KfH - wird **zur uckgewiesen**\n\n2\\. Die Beklagte tragt die Kosten des Berufungsverfahrens.\n\n3\\. Das Urteil ist vorlaufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die\nVollstreckung wegen des Unterlassungsanspruchs durch Sicherheitsleistung in\nHohe von 25.000 EUR abwenden, wenn nicht der Klager vor der Vollstreckung\nSicherheit in gleicher Hohe erbringt. Sie kann die Vollstreckung wegen der\nAufwandspauschale (Ziff. 2 des Tenors des landgerichtlichen Urteils) und der\nKosten des Rechtsstreits durch Sicherheitsleistung in Hohe von 110 % des\ninsoweit vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Klager vor der\nVollstreckung Sicherheit in Hohe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden\nBetrages leistet.\n\n4\\. Die Revision wird nicht zugelassen.\n\nStreitwert des Berufungsverfahrens: 25.000 EUR\n\n## Gründe\n\n| | \n--- \n**I.** \n--- \n| 1 \n--- \n| Der Klager macht als Wettbewerbsverband i. S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG gegen\ndie Beklagte, einen Arzneimittelhersteller, Anspruche auf Unterlassung seiner\nAnsicht nach wettbewerbswidriger Arzneimittelwerbung auf den Seitenwanden von\nLkws sowie auf Zahlung einer Unkostenpauschale fur eine deswegen\nausgesprochene vorgerichtliche Abmahnung geltend. \n--- \n--- \n**1.** \n--- \n| 2 \n--- \n| Hinsichtlich des Sachverhalts und des Vorbringens in erster Instanz wird auf\ndie tatsachlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen, § 540\nAbs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO. \n--- \n--- \n**2.** \n--- \n| 3 \n--- \n| Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| Die Antragsbefugnis des Klagers sei der Kammer aus einer Vielzahl von\nVerfahren im Arzneimittelbereich bekannt und sein Vorgehen auch nicht\nrechtsmissbrauchlich, und zwar selbst dann nicht, wenn der Vorgang von einem\nseiner Prozessbevollmachtigten an ihn herangetragen worden ware. Im ubrigen\nsei diese Behauptung der Beklagten durch die eidesstattliche Versicherung des\nentsprechenden Rechtsanwalts widerlegt. \n--- \n--- \n| 5 \n--- \n| Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei gem. §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in\nVerbindung mit § 4 HWG begrundet. \n--- \n--- \n| 6 \n--- \n| Die streitgegenstandlichen Produkte unterfielen, wie die Beklagte selbst\neinraume, dem HWG. \n--- \n--- \n| 7 \n--- \n| Die beanstandete Lkw-Beschriftung stelle auch eine produktbezogene Werbung\nund nicht nur eine Aufmerksamkeitswerbung dar, da die Beklagte hierdurch ihren\nAbsatz fordern wolle. Die Aufschriften auf den Seitenwanden der Lkw seien fur\ndie angesprochene Öffentlichkeit auch wahrnehmbar, etwa beim verkehrsbedingten\nStillstand der Lkws, beim Abstellen/Parken im offentlichen Verkehrsraum oder\nauf Parkplatzen, aber auch im fließenden Verkehr. \n--- \n--- \n| 8 \n--- \n| Die Werbung hatte daher die nach § 4 HWG erforderlichen, unstreitig aber\nfehlenden Pflichtangaben enthalten mussen, da die Voraussetzungen einer\nErinnerungswerbung nach § 4 Abs. 6 HWG nicht vorlagen. \n--- \n--- \n| 9 \n--- \n| Denn zwar durfe mit der Arzneimittelbezeichnung auch dann geworben werden,\nwenn diese Indikationsangaben enthalte, doch gehe die beanstandete Werbung\ndaruber hinaus, was freistellungsschadlich sei, da sie allgemein fur die vier\nstreitgegenstandlichen Arzneimittel als Vordersatz die Einleitung „ _Erk\naltung? Da gibt\'s doch was von ..."_ " enthalte, was eine Indikationsangabe\ndarstelle, welche uber die jeweilige Arzneimittelbezeichnung hinausgehe.\nDieser vorgestellte Satz sei auch Produkt- und nicht nur\nAufmerksamkeitswerbung, wie sich eindeutig aus dem Zusammenhang ergebe, denn\nnach dem Verstandnis der angesprochenen Verkehrsteilnehmer solle im Vordersatz\ngerade der Anwendungsbereich der in Form ihrer Umverpackung abgebildeten\nArzneimittel deutlich werden. Es konne daher auch dahingestellt werden, ob es\nsich bei den Arzneimitteln um Monopraparate handle. \n--- \n--- \n| 10 \n--- \n| Ebenso wenig komme es auf die vom Klager in der mundlichen Verhandlung\naufgeworfene Frage an, ob durch die Werbeaussagen der Zulassungsbereich der\nArzneimittel uberschritten und damit ein Verstoß gegen § 3 a HWG gegeben sei,\ndenn dies bedurfe - da die konkrete Verletzungshandlung angegriffen sei und\ndie Wettbewerbswidrigkeit in diesem Punkt bestehe - keiner Entscheidung. \n--- \n--- \n| 11 \n--- \n| Aufgrund des gegebenen Unterlassungsanspruchs stunde dem Klager auch die\nweiter eingeklagte Abmahnkostenpauschale zu, deren Hohe (166,60 EUR)\nangemessen und auch von der Beklagten nicht angegriffen sei. \n--- \n--- \n**3.** \n--- \n| 12 \n--- \n| Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie\nunter pauschaler Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen das Ziel der\nKlageabweisung weiterverfolgt. \n--- \n--- \n| 13 \n--- \n| Die vom Landgericht festgestellten Tatsachen rechtfertigten eine andere\nEntscheidung. Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, die Lkw-Beschriftung\nerfulle die Voraussetzungen der Erinnerungswerbung im Sinne von § 4 Abs. 6 HWG\nnicht. Diese Bestimmung sei trotz ihres Ausnahmecharakters nicht zwingend\nrestriktiv auszulegen. Die Rechtsprechung habe daher uber die in Abs. 6 Satz 2\ngenannten Angaben hinausgehend das Institut der Erinnerungswerbung weiter\nentwickelt. Ob die Abbildung einer Arzneimittelumverpackung eine\nErinnerungswerbung darstelle, sei eine Frage des Einzelfalls, aber doch der\ntypische Fall der Erinnerungswerbung, weil die Intention des Werbenden in\ndiesen Fallen offensichtlich nicht darin liege, den Kunden von der\nmedizinischen Relevanz der einzelnen Arzneimittel zu uberzeugen. \n--- \n--- \n| 14 \n--- \n| Zu Unrecht habe die Kammer angenommen, die beanstandete Werbung enthalte in\nForm der Einleitung „ _Erk altung? Da gibt\'s doch was von ..._ " eine\nfreistellungsschadliche Überinformation in Form einer Indikationsangabe. Der\nSlogan _„ Da gibt\'s doch was von ..."_ sei fur sie als Wortmarke geschutzt\n(Registerauszug Anl. BB1, Bl. 155), und der Begriff „Erkaltung" sei bloß eine\nalltagssprachlich und medizinisch nicht scharf definierte Bezeichnung fur\nakute Infektionskrankheiten von Schleimhaut und Nase, Hals und Bronchien.\nKeines der beworbenen Produkte decke eine Erkaltung insgesamt ab, weshalb es\nsich bei der genannten Einleitung insgesamt nur um eine Aufmerksamkeits- und\nnicht um eine Absatzwerbung fur die in Form der Umverpackungen abgebildeten\nProdukte handle. Die Formulierung enthalte keinen Informationsgehalt, der uber\ndie Assoziationen hinausgehe, die beim Betrachter ohnehin geweckt wurden.\nAnders als in dem vom OLG Koln entschiedenen Fall _„... Erkaltungssaft fur die\nNacht"_ (GRUR-RR 2008, 445 - _Flyer-Werbung_ ) liege hier gerade keine\nKonkretisierung durch zusatzliche Informationen, sondern lediglich eine\nZusammenfassung der Produkte unter einer Art Oberbegriff ohne zusatzlichen\nInformationsgehalt vor. \n--- \n--- \n| 15 \n--- \n| Die Beklagte beantragt: \n--- \n--- \n| 16 \n--- \n| das Urteil des Landgerichts Ulm vom 19. Dezember 2008 (10 O 127/08 KfH)\naufzuheben und die Klage abzuweisen. \n--- \n--- \n| 17 \n--- \n| Der Klager beantragt: \n--- \n--- \n| 18 \n--- \n| die Berufung kostenpflichtig zuruckzuweisen. \n--- \n--- \n| 19 \n--- \n| Er macht hilfsweise auch einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch geltend\nund verteidigt das landgerichtliche Urteil. \n--- \n--- \n| 20 \n--- \n| Das Rechtsproblem, ob die Abbildung der Umverpackung auch dann als\nErinnerungswerbung zu begreifen sei, wenn auf dieser an sich der Annahme einer\nErinnerungswerbung entgegenstehende Indikationsangaben enthalten seien, stelle\nsich vorliegend nicht - auch wenn nach seiner Auffassung der vorliegende Fall\ndemjenigen, der vom OLG Koln zu beurteilen gewesen sei, nahekomme und wie in\ndem dort zu beurteilenden Sachverhalt die Werbung unzulassig sei, weil die auf\nden Verpackungen gut lesbaren Indikationsangaben auch unter Wurdigung der\nAbbildungen uber die in den Arzneimittelbezeichnungen enthaltenen Indikationen\nhinausgingen -, da bereits die Werbeaussage _„ Erkaltung? Da gibt\'s doch was\nvon ... Gute Preise. Gute Besserung."_ der Annahme einer Erinnerungswerbung\nentgegenstehe. Unerheblich sei, ob ein Teil dieser Aussage als Wortmarke\ngeschutzt sei, da das Markenrecht eine Zuwiderhandlung gegen die Bestimmungen\ndes HWG nicht rechtfertige. \n--- \n--- \n| 21 \n--- \n| Die der Wortmarke vorangestellte Frage _„ Erkaltung?"_ stelle sich als\nAngabe eines Anwendungsgebiets dar unabhangig davon, ob dieser Begriff als\nOberbegriff oder als konkrete Indikation zu begreifen sei, denn einer\nErinnerungswerbung stehe jeglicher Hinweis auf die medizinisch-gesundheitliche\nBedeutung des beworbenen Arzneimittels entgegen. Schließlich sei, auch wenn\ndas Landgericht dies offen gelassen habe, der geltend gemachte\nUnterlassungsanspruch auch aufgrund der Bestimmungen der §§ 3, 3 a HWG\ngerechtfertigt, weil die Werbung der Beklagten mit dem Anwendungsgebiet\n„Erkaltung" uber die Anwendungsgebiete hinausgehe, fur welche die beworbenen\nArzneimittel zugelassen seien. Denn nach den eigenen Angaben der Beklagten im\nTermin zur mundlichen Verhandlung vor dem Landgericht decke keines der\nbeworbenen Mittel eine Erkaltung insgesamt ab. \n--- \n--- \n**II.** \n--- \n| 22 \n--- \n| Die zulassige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der\nBeklagten ist nicht begrundet. Zurecht hat das Landgericht dem Klager den\ngeltend gemachten Anspruch auf Unterlassung und Erstattung der Kostenpauschale\nfur die Abmahnung zugesprochen. \n--- \n--- \n**1.** \n--- \n| 23 \n--- \n| Der Antrag auf Unterlassung der beanstandeten Werbung (Klagantrag Ziff. 1)\nist zulassig und begrundet. \n--- \n--- \n| 24 \n--- \n| a) Der Antrag ist zulassig, nachdem der Klager als Verband klagebefugt ist,\nkein Fall des Rechtsmissbrauchs vorliegt und der Unterlassungsantrag auch\nhinreichend bestimmt ist. \n--- \n--- \n| 25 \n--- \n| aa) Die Klagebefugnis des Klagers folgt aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. \n--- \n--- \n| 26 \n--- \n| (1) Die gesetzliche Regelung in § 8 Abs. 3 UWG hat eine Doppelnatur: Sie\nbetrifft nicht nur die materielle Sachlegitimation (Aktivlegitimation),\nsondern auch die Prozessfuhrungsbefugnis (Klagebefugnis; BGH GRUR 2007, 610 -\nTz. 14 - _Sammelmitgliedschaft V_ ; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Anspruche\nund Verfahren, 9. Aufl., Kap. 13 Rn. 16; Ahrens-Jestaedt, Der\nWettbewerbsprozess, 6. Aufl., Kap. 19 Rn. 1). Aufgrund dessen sind die\nVoraussetzungen des § 8 Abs. 3 UWG von Amts wegen zu prufen (BGH a.a.O.;\nAhrens-Jestaedt, a.a.O., Kap. 19 Rn. 48; Fezer-Buscher, UWG, § 8 Rn. 226\ni.V.m. Rn. 214). Der Umstand, dass die Beklagte die Klagebefugnis des Klagers\nunstreitig gestellt hat, enthebt den Senat aufgrund dessen nicht der Prufung\nder Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. \n--- \n--- \n| 27 \n--- \n| (2) Diese sind vorliegend gegeben: \n--- \n--- \n| 28 \n--- \n| (a) Der Klager hat hinreichend vorgetragen, dass sein Satzungszweck den\nAnforderungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG entspricht. \n--- \n--- \n| 29 \n--- \n| Was die tatsachliche Zweckverfolgung und die hierfur erforderliche\npersonelle, sachliche und finanzielle Ausstattung angeht, so ist bei einem\njahrelang als klagebefugt anerkannten Verband wie dem Klager zu vermuten, dass\ndiese Voraussetzungen weiter vorliegen (BGH GRUR 2000, 1093, 1095 m.w.N. -\n_Fachverband_ ; BGH GRUR 1986, 320, 321 - _Wettbewerbsverein_ ; OLG Hamburg\nNJW-RR 1995, 559; Ahrens-Jestaedt, a.a.O., Kap. 19 Rn. 20). \n--- \n--- \n| 30 \n--- \n| Im Übrigen hat der Senat in anderen bei ihm in jungerer Zeit anhangigen bzw.\nanhangig gewesenen Verfahren die genannten Punkte gepruft und bejaht (Az.: 2 U\n39/08; 2 U 60/08 und 2 W 61/08). Diese Erkenntnisse konnen auch im\nvorliegenden Verfahren verwertet werden, da die Klage- bzw. Antragsbefugnis im\nFreibeweisverfahren geklart werden kann (BGH GRUR 2006, 873 - Tz. 17 -\n_Brillenwerbung_ ). \n--- \n--- \n| 31 \n--- \n| (b) Der Klager hat auch ausreichend dargelegt, dass ihm eine „erhebliche\nZahl" von Unternehmen im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 3 UWG angehort, also\nsolchen, die „Waren gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt\nvertreiben", denn er hat unwidersprochen vorgetragen, ihm gehorten 68\nHersteller und Vertreiber von pharmazeutischen Produkten an, die nahezu\nausschließlich bundesweit tatig seien - davon 44 Hersteller - (Klageschrift S.\n6) sowie eine entsprechende Liste vorgelegt (S. 22 - 28 der Anlage K 2, Bl.36\n- 42). Ausreichend ist grundsatzlich die Zugehorigkeit zur gleichen Branche,\nwobei die Branche maßgebend ist, der die beanstandete Wettbewerbsmaßnahme\nzuzurechnen ist (BGH GRUR 2007, 610 - Tz. 17 - _Sammelmitgliedschaft V_ ; BGH\nGRUR 2007, 809 - Tz. 14 - _Krankenhauswerbung_ ; BGH GRUR 2000, 260, 261 -\n_Vielfachabmahner_ ; Hefermehl/Kohler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 8 Rn. 3.35). \n--- \n--- \n| 32 \n--- \n| Die Zahl von mindestens 68 branchenangehorigen Mitgliedern ist als allemal\nausreichend anzusehen, nachdem der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung\n„Krankenhauswerbung" (BGH GRUR 2007, 809) klargestellt hat, dass das\nErfordernis, die Mitglieder mussten „reprasentativ" fur den maßgeblichen Markt\nsein, schon vorliegt, wenn ein missbrauchliches Vorgehen des Verbands\nausgeschlossen werden kann, was auch schon bei einer geringen Zahl von\nMitgliedern der Fall sein konne (a.a.O. - Tz. 15: sieben bundesweit tatige\nKliniken fur die Branche „Heilbehandlungen" ausreichend; fur eine derartige\nteleologische Auslegung auch Ahrens-Jestaedt, a.a.O., Kap. 19 Rn. 29 f.: dem\nGesetzgeber sei es darum gegangen, rechtsmissbrauchliche Rechtsverfolgung zu\nunterbinden, nicht aber die Tatigkeit bekannter und bewahrter Verbande zu\ngefahrden). \n--- \n--- \n| 33 \n--- \n| bb) Zurecht hat das Landgericht auch angenommen, die Rechtsverfolgung durch\nden Klager sei nicht rechtsmissbrauchlich. Auf die zutreffenden Ausfuhrungen\nim angefochtenen Urteil (LGU S. 10 unter I.) kann verwiesen werden. Erganzend\nist lediglich auszufuhren: Nach zutreffender herrschender Meinung\n(Hefermehl/Kohler/Bornkamm, a.a.O., § 8 Rdnr. 4.25 m. w. N.) ist, da\ngrundsatzlich von der Zulassigkeit der Geltendmachung des Anspruchs auszugehen\nist (so auch die Beklagtenvertreterin in WRP 2001, 745, 750), demgemaß bei\nUnaufklarbarkeit ein Rechtsmissbrauch zu verneinen. Hinzu kommt, dass beim\nVorgehen eines Verbandes - wie vorliegend gegeben - fur diesen die Vermutung\nspricht, dass er seinen satzungsmaßigen Zwecken nachgeht (BGH GRUR 2001, 178 -\n_Impfstoffversand an Ärzte_ ). Um diese Vermutung zu widerlegen, hatte die\nBeklagte zumindest Indizien vortragen und gegebenenfalls beweisen mussen, die\nfur eine missbrauchliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sprechen\n(BGH, ebenda; BGH GRUR 2006, 243 - Tz. 21 - _MEGA SALE_ ). Dies ist nicht\ngeschehen. Die diesbezuglichen Ausfuhrungen der Beklagten dazu, dass\nRechtsanwalt ... von der Kanzlei der Prozessbevollmachtigten des Klagers nach\neiner ungunstig verlaufenen Verhandlung in einem gegen die Beklagte\ngerichteten anderweitigen Verfugungsverfahren die behaupteten\nWettbewerbsverstoße beobachtet habe, ist schon unerheblich, denn daraus kann\nnicht abgeleitet werden, dass die Rechtsverfolgung _des Kl agers_ aus\nsachfremden Erwagungen erfolgt. Dafur, dass der Wettbewerbsverstoß dem Klager\nauf diesem Wege bekannt wurde, fehlen im ubrigen nicht nur jegliche\ntatsachliche Anhaltspunkte, vielmehr ergibt sich aus der anwaltlichen\nVersicherung (nicht eidesstattlichen Versicherung) des Rechtsanwalts ..., dass\ndem nicht so war. Diese ist vorliegend auch verwertbar, denn da nach der\nRechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Einwand des Rechtsmissbrauchs die\nZulassigkeit der Unterlassungsklage betrifft (BGH GRUR 2002, 715, 716 _\\-\nScanner-Werbung_ m.w.N.) gilt der Freibeweis (Hefermehl/Kohler/Bornkamm,\nebenda). \n--- \n--- \n| 34 \n--- \n| Im ubrigen enthalt die Berufungsbegrundung gegen die diesbezuglichen\nAusfuhrungen des Landgerichts auch keine konkreten Angriffe. \n--- \n--- \n| 35 \n--- \n| cc) Schließlich ist der Unterlassungsantrag auch im Sinne von § 253 Abs. 2\nNr. 2 ZPO schon deshalb hinreichend bestimmt, weil durch die den Klagantrag\nZiff. 1 abschließende Formulierung „wie aus der Anl. K 4 ersichtlich" (dem\nfolgend der Tenor des landgerichtlichen Urteils) Streitgegenstand die konkrete\nWerbung, also die konkrete Verletzungshandlung ist (vgl. zu derartigen\nFormulierungen BGH GRUR 2006, 164 - Tz. 13 f. - _Aktivierungskosten II_ ), und\ndie Bestimmtheit derartiger Unterlassungsantrage ist unproblematisch (vgl. BGH\nGRUR 2001, 453, 454 - _TCM-Zentrum_ ). \n--- \n--- \n| 36 \n--- \n| b) Der Unterlassungsanspruch ist in dem geltend gemachten Umfang auch\nbegrundet. \n--- \n--- \n| 37 \n--- \n| Die angegriffene Werbung verstoßt gegen § 4 HWG, bei dem es sich wie\ngenerell bei den Verboten und Geboten der §§ 3 bis 13 HWG um\nMarktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG handelt\n(Hefermehl/Kohler/Bornkamm, a.a.O., § 4 Rdnr. 11.133 ff. und insbesondere\nRdnr. 11.135 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). \n--- \n--- \n| 38 \n--- \n| Zurecht hat das Landgericht angenommen, es liege eine Werbung fur\nArzneimittel im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWG, also eine produktbezogene\nWerbung und nicht nur eine dem HWG nicht unterfallende (reine)\nVertrauenswerbung fur die Beklagte (Unternehmens- und Imagewerbung) vor. \n--- \n--- \n| 39 \n--- \n| aa) Maßgebend fur die Abgrenzung der die Anwendung des HWG eroffnenden\nproduktbezogenen Werbung (Absatzwerbung) zu der Unternehmens-/Imagewerbung ist\ndie Antwort auf die Frage, ob nach dem Gesamterscheinungsbild der Werbung die\nDarstellung des Unternehmens im Vordergrund steht oder die Anpreisung\nbestimmter oder zumindest individualisierbarer Arzneimittel (BGH GRUR 1992,\n873 - _Pharma-Werbespot_ ; BGH GRUR 1995, 223 - _Pharma-H orfunkwerbung_ ).\nDabei kommt es nicht auf die Intention des Werbenden, sondern den bei den\nangesprochenen Verkehrskreisen vermittelten Eindruck an (vgl. BGH GRUR 1983,\n393, 394 - _Novodigal/temagin_ ; Doepner, Heilmittelwerbegesetz 2. Aufl., § 1\nRdnr. 18). Kriterien fur die Abgrenzung sind danach die Gestaltung der\nWerbung, der Zusammenhang in dem sie steht, der Name des werbenden\nUnternehmens und inhaltliche Hinweise wie etwa die Beschreibung eines\nIndikationsgebiets und der Sinn verwendeter Begriffe (BGH GRUR 1992, 873; BGH\nGRUR 1995, 223 f.). Bei direkten Hinweisen auf namentlich genannte bestimmte\noder sonst unzweideutig kenntlich gemachte Arzneimittel ist allerdings\nregelmaßig eine der Absatzforderung dieser Mittel dienende und damit\nproduktbezogene Werbung anzunehmen (BGH GRUR 1983, 393, 394; vgl. ferner etwa\nBGH GRUR 1992, 871, 872 - _Fermovan_ \\- und GRUR 1997, 761, 765 -\n_Politikerschelte_ ). Deshalb liegt eine produktbezogene Werbung zwar dann\nnicht vor, wenn sie sich auf die gesamte Produktpalette des Unternehmens,\nganze Warengruppen oder bestimmte Arzneimittelkategorien bezieht (BGH GRUR\n1992, 871, 872 und GRUR 1995, 223 f.). Doch ist von einer derartigen\nwerblichen Erwahnung einer abstrakten Produktgruppe die werbliche Erwahnung\neiner uberschaubaren Anzahl von Praparaten zu unterscheiden, welche eine\nproduktbezogene Absatzwerbung darstellt (so in der Sache BGH GRUR 1983, 393,\n394; ferner Doepner, a.a.O., § 1 Rdnr. 18; Groning, Heilmittelwerberecht, § 1\nHWG Rdnr. 67 f.). \n--- \n--- \n| 40 \n--- \n| Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben, wie das Landgericht unter II. 1. b)\nder Entscheidungsgrunde (LGU S. 11) zutreffend feststellt und wogegen die\nBerufung keine konkreten Angriffe fuhrt, sondern lediglich - auch insoweit -\npauschal auf den erstinstanzlichen Vortrag verweist. \n--- \n--- \n| 41 \n--- \n| Erganzend ist lediglich auszufuhren: Bei samtlichen auf den Lkw in ihren\nUmverpackungen abgebildeten Mitteln handelt es sich ersichtlich um solche,\nwelche Erkaltung(ssymptome) bekampfen und/oder lindern sollen (Nasenspray,\nHustenloser, Schleimloser). Es liegt also genau die Fallgruppe „werbliche\nErwahnung einer uberschaubaren Zahl von Praparaten" vor, welche nach dem o. G.\nproduktbezogene Werbung darstellt. Auch beziehen sich die Worte _„ Erkaltung?\nDa gibt\'s doch was von ..._ " ersichtlich auf die jeweils Erkaltung(ssymptome)\nbekampfende/lindernde Produkte, weshalb es sich bei diesem Vordersatz nicht\nlediglich um Aufmerksamkeitswerbung handelt, er vielmehr Teil der Werbung fur\ndie abgebildeten Produkte ist. \n--- \n--- \n| 42 \n--- \n| bb) Da es sich unstreitig bei vier der funf in Form ihrer Umverpackungen\nabgebildeten Praparate, und zwar den im Klagantrag Ziff. 1 aufgefuhrten, um\nArzneimittel handelt (S. 2 des Protokolls vom 9.12.2008, Bl. 106), ist der\nAnwendungsbereich des § 4 HWG eroffnet und hatte die Beklagte die nach dessen\nAbs. 1 (gegebenenfalls Abs. 1 a) bei Monopraparaten) gebotenen Pflichtangaben\nsowie gem. dessen Abs. 3 den Hinweis „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen sie\ndie Packungsbeilage und fragen sie ihren Arzt oder Apotheker" anbringen\nmussen, nachdem es sich nicht um Werbung fur Fachkreise im Sinne von § 2 HWG\nhandelt, es sei denn, die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Satz 2 fur eine\nErinnerungswerbung lagen vor. Dies ist aber entgegen der Auffassung der\nBeklagten nicht der Fall: \n--- \n--- \n| 43 \n--- \n| (1) Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass eine Erinnerungswerbung\nnur vorliegt, wenn ausschließlich mit der Bezeichnung eines Arzneimittels oder\nzusatzlich mit dem Namen, der Firma oder der Marke des pharmazeutischen\nUnternehmens oder (bei Monopraparaten) mit dem Hinweis „Wirkstoff" geworben\nwird. \n--- \n--- \n| 44 \n--- \n| Bei § 4 Abs. 6 HWG handelt es sich um eine Ausnahmeregelung, die darauf\nberuht, dass eine Werbung allein mit der Bezeichnung des Arzneimittels oder\nallenfalls unter Hinzufugung des Namens, der Firma oder der Marke des\nAnbieters, die keinerlei _zus atzliche_ medizinisch-relevante Angaben enthalt,\nin weit uberwiegendem Maß nur die Erinnerung und damit diejenigen Verbraucher\nanspricht, denen das Mittel bereits bekannt ist und deren Unterrichtung durch\ndie Pflichtangaben daher entbehrlich erscheint (so grundlegend BGH GRUR 1983,\n597 - _Kneipp Pflanzensaft_ ; ferner etwa BGH GRUR 1996, 806, 807 - _HerzASS_\n). \n--- \n--- \n| 45 \n--- \n| Da - wovon auch die Beklagte ausgeht (Berufungsbegrundung S. 2, Bl. 150) - §\n4 Abs. 6 Satz 2 HWG eine abschließende Legaldefinition der\n„Erinnerungswerbung" enthalt und diese beschrankt auf die Bezeichnung des\nArzneimittels nach § 4 Abs. 1 Nr. 2, die _wahlweise_ mit Name, Firma oder\nMarke des pharmazeutischen Unternehmens oder (nur bei der Monopraparaten) mit\nder Angabe des Wirkstoffs verbunden werden kann, sind zusatzliche Angaben in\nWerbeanzeigen freistellungsschadlich, wenn es sich um Angaben medizinisch-\nrelevanten Inhalts handelt, wie zum Beispiel auch die Benennung des\nArzneimittels in seiner therapeutischen Wirkung (BGH GRUR 1982, 684, 685 -\n_Arzneimittel-Preisangaben_ ; BGH GRUR 1997, 761, 765 - _Politikerschelte_ ). \n--- \n--- \n| 46 \n--- \n| Soweit die Beklagte meint (S. 2 der Berufungsbegrundung, Bl. 150), uber die\nin § 4 Abs. 6 Satz 2 genannten Angaben hinaus habe die Rechtsprechung das\nInstitut der Erinnerungswerbung weiter entwickelt und weitere Angaben\nzuzulassen, so bezieht sich dies (jedenfalls in der Rechtsprechung des\nBundesgerichtshofs) nur auf Angaben, die nicht die medizinisch-gesundheitliche\nBedeutung des Praparats zum Gegenstand haben wie etwa Preis- und Mengenangaben\n(BGH GRUR 1996, 806, 807 - _HerzASS_ ; BGH NJW-RR 1998, 693 - _Monopr aparate_\n, dort als standige Rechtsprechung bezeichnet; ferner Bulow/Ring, a.a.O., § 4\nRdnr. 138; Groning, a.a.O., § 4 Rdnr. 104). Keine Erinnerungswerbung ist daher\ngegeben, wenn auf Anwendungsgebiete hingewiesen wird oder diese erlautert\nwerden - es sei denn, dass das Anwendungsgebiet bereits Bestandteil der\nBezeichnung des Arzneimittels ist (BGH GRUR 1996, 806, 807) -, bildliche\nIndikationshinweise oder Hinweise auf die Zusammensetzung des beworbenen\nPraparats insbesondere auf die arzneilichen Wirkstoffe, Wirkstoffmenge und\nDosierung gegeben werden (Doepner, a.a.O., § 4 Rdnr. 72 mit zahlreichen\nNachweisen). \n--- \n--- \n| 47 \n--- \n| (2) Das Landgericht hat zurecht festgestellt (LGU S. 12 unter II. 1. d) bb)\nder Grunde (LGU S. 12), dass sich der Satz _„ Erkaltung? Da gibt\'s doch was\nvon ..."_ nach dem Zusammenhang auf die mit ihren Umverpackungen abgebildeten\nund bezeichneten Arzneimittel bezieht, weil deren Anwendungsbereich deutlich\nwerden soll. So versteht der informierte, aufmerksame und verstandige\nDurchschnittsverbraucher die Werbung der Beklagten. Dies kann der Senat -\nebenso wie bereits das Landgericht - aus eigener Sachkunde beurteilen, da sich\ndie Werbung an die Allgemeinheit richtet und damit seine Mitglieder zu den\nangesprochenen Verkehrskreisen gehoren (vgl. BGH GRUR 2004, 244, 245 - _Marktf\nuhrerschaft_ ). \n--- \n--- \n| 48 \n--- \n| (3) Wird damit ausgesagt, dass die durch Abbildung ihrer Verpackungen\nbezeichneten bestimmten Mittel bei einer „Erkaltung" angewandt werden sollen,\nliegt darin eine Aussage uber die medizinisch-gesundheitliche Bedeutung der\nPraparate, die freistellungsschadlich ist, nachdem die Bezeichnung „Erkaltung"\nin den Bezeichnungen der Arzneimittel nicht enthalten ist, wie das Landgericht\nzutreffend festgestellt hat (LGU S. 12 unter II. 1. d) aa) der\nEntscheidungsgrunde). \n--- \n--- \n| 49 \n--- \n| Wenn die Beklagte darauf verweist, in den Bezeichnungen der beworbenen\nArzneimittel i. S. v. § 4 Abs. 6 Satz 2 HWG seien Indikationsangaben\nenthalten, und die Angabe „Erkaltung" gehe hieruber nicht hinaus, so ist dies\nfur das Mittel „N..." schon nicht richtig, aber auch fur die drei ubrigen\nbeworbenen Mittel „Nasen Spray ...", „Nasen Spray ..." und „... Hustensaft"\nunbehelflich, weil zum einen diese Angaben mit „Erkaltung" nicht inhaltlich\nidentisch sind und zum anderen selbst wenn sie dies waren kein Fall des § 4\nAbs. 6 Satz 2 HWG vorlage: die Privilegierung von in der Bezeichnung des\nArzneimittels enthaltenen Indikationsangaben ist schlicht notwendige Folge\ndavon, dass der Satz 2 von § 4 Abs. 6 die Verwendung der Bezeichnung eines\nArzneimittels (womit aber ausschließlich die Kennzeichnung eines Arzneimittels\nmeint, unter der das Arzneimittel zugelassen oder registriert ist, BGH NJW-RR\n1998, 693, 694 - _Monopr aparate_ ) privilegiert, egal wie diese lautet, und\ndamit auch in dieser enthaltene Indikationsangaben - aber auch eben nur,\nsoweit in der Bezeichnung enthalten. \n--- \n--- \n| 50 \n--- \n| Liegt damit vorliegend die Konstellation einer gleichzeitiger Bewerbung\nmehrerer Arzneimittel mit der Anfuhrung einer allgemein gehaltenen\nIndikationsangabe vor, so mussten samtliche beworbenen Arzneimittel mit den\nentsprechenden Pflichtangaben versehen werden (Doepner, a.a.O., § 4 Rdnr. 72\na. E.; OLG Koln GRUR 1990, 217), woran es aber unstreitig fehlt. \n--- \n--- \n| 51 \n--- \n| (4) Der markenrechtliche Schutz des Slogans _„ Da gibt\'s doch was von ...?_\n" andert hieran nichts, denn zum einen hat sich auch die Benutzung einer Marke\nan den Grenzen des Wettbewerbsrechts zu halten (BGH GRUR 1983, 597, 596 -\n_Grippewerbung III_ ) und zum anderen bewirkt nicht die Verwendung dieses\nmarkenrechtlich geschutzten Satzes, sondern die des dazu nicht gehorenden\nWertes „Erkaltung" den Verstoß gegen § 4 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 HWG. \n--- \n--- \n| 52 \n--- \n| (5) Die Frage, ob die Abbildung von Arzneimittelumverpackungen auch dann als\nErinnerungswerbung eingestuft werden kann, wenn auf dieser in verbaler oder\nbildlicher Form nicht in der Bezeichnung des Arzneimittels im Sinne von § 4\nAbs. 6 Satz 2 HWG (mit der ausschließlich die Kennzeichnung eines\nArzneimittels gemeint ist, unter der das Arzneimittel zugelassen oder\nregistriert ist, BGH NJW-RR 1998, 693, 694 - _Monopr aparate_ ) enthaltene\nmedizinisch-gesundheitliche Angaben, insbesondere Indikationen wiedergegeben\nsind (dazu OLG Koln GRUR-RR 2000, 445 - _Flyer-Werbung_ und OLG Oldenburg\nGRUR-RR 2008, 201 - _Antiallergikum_ sowie der Aufsatz von Taxhet, GRUR-RR\n2008, 417) braucht hier nicht entschieden zu werden, denn die Beklagte hat\nsich vorliegend nicht auf die Abbildung der Umverpackungen beschrankt, sondern\ndaruber hinaus den auf die durch Abbildung der Verpackungen bezeichneten\narzneimittelbezogenen Satz „ _Erk altung? Da gibt\'s doch was von ..._ "\nangebracht. \n--- \n--- \n| 53 \n--- \n| (6) Der genannte Verstoß ist nicht nur unerheblich im Sinne von § 3 UWG in\nder bis 30.12.2008 geltenden Fassung (i. F.: UWG 2004) und seine Wiederholung\nware auch spurbar im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG in der seit Inkrafttreten des\nErsten Gesetzes zur Änderung des UWG vom 22.12.2008 geltenden Fassung (i. F.:\nUWG 2008). Beides muss gegeben sein, denn da der Unterlassungsanspruch auf die\nAbwehr kunftiger Gefahren gerichtet ist, kann eine Unterlassungsklage nur dann\nbegrundet sein, wenn auch auf der Grundlage der nunmehr geltenden Rechtslage\nUnterlassung verlangt werden kann, und zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt\nihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, da es andernfalls an der\nWiederholungsgefahr fehlt (standige Rechtsprechung, vgl. zuletzt etwa BGH GRUR\n2009, 79 - Tz. 25 - _Geb ackpresse_ ). \n--- \n--- \n| 54 \n--- \n| (a) Verstoße gegen das HWG begrunden grundsatzlich eine nicht nur\nunerhebliche Beeintrachtigung des Wettbewerbs im Sinne von § 3 UWG 2004; etwas\nanderes kann nur in besonders gelagerten Ausnahmefallen gelten, die eine\nGefahrdung des Schutzzweckes des HWG praktisch ausschließen (OLG Oldenburg\nGRUR-RR 2006, 243, 244 - _IgG-Antik orpertest_ ; OLG Koln GRUR-RR 2008, 445,\n446 - _Flyer-Werbung_ ; Hefermehl/Kohler/Bornkamm, a.a.O., § 4 Rdnr. 11.134;\nBulow/Ring, a.a.O., Einleitung Rdnr. 31). \n--- \n--- \n| 55 \n--- \n| Zweck der Pflichtangaben nach § 4 Abs. 1 HWG ist es, den Verbraucher in die\nLage zu versetzen, sich uber die in der Werbung angesprochene Zusammensetzung,\nWirkungsweise und sonstige Bedeutung des Arzneimittels klarzuwerden, um einen\nsachlich fundierten Kaufentschluss treffen zu konnen (BGH NJW-RR 1998, 693 -\n_Monopr aparate_ -, dort als standige Rechtsprechung bezeichnet). Dies gilt\nauch fur § 4 Abs. 3 Satz 1 HWG (OLG Oldenburg GRUR-RR 2008, 201 -\n_Antiallergiekum_ ). Letztlich dient das Gebot, bei einer Arzneimittelwerbung\ndie Pflichtangaben zu nennen, dem Schutz vor den Gefahren der\nSelbstindikation. Verstoße gegen den Schutz der Gesundheit dienenden\nVorschriften sind jedoch in aller Regel erheblich (BGH GRUR 1997, 761, 765 -\n_Politikerschelte_ ; BGH GRUR 2005, 778, 780 - _Atemtest_ ;\nHefermehl/Kohler/Bornkamm a.a.O., 26. Aufl., § 3 Rdnr. 79 und § 11 Rdnr. 11.58\na). \n--- \n--- \n| 56 \n--- \n| Angesichts dieser Wertungen kann vorliegend ein derartiger Ausnahmefall\nnicht angenommen werden. \n--- \n--- \n| 57 \n--- \n| (b) Fur die „Relevanz" im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG in der seit 30.12.2008\ngeltenden Fassung gilt nichts anderes. In der Sache ergibt sich aus der\nErsetzung der „nicht nur unerheblichen Beeintrachtigung eines Wettbewerbs"\ndurch die „spurbare Beeintrachtigung der Interessen …" keine Änderung, da der\nBegriff der „Spurbarkeit" schon unter dem UWG 2004 zur Umschreibung der „nicht\nnur unerheblichen Beeintrachtigung" verwendet worden ist\n(Hefermehl/Kohler/Bornkamm, a.a.O., 27. Aufl., § 3 Rdnr. 113 sowie 26. Aufl.,\n§ 3 Rdnr. 49 und 54 wie in der 27. Aufl., § 3 Rdnr. 147 sowie § 4 Rdnr. 11.58\na und 11.134 f.). \n--- \n--- \n| 58 \n--- \n| Darauf, ob auch die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG vorliegen und\nob - wie der Klager meint - durch Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG des\nEuropaischen Parlaments und des Rates vom 11.5.2005 uber unlautere\nGeschaftspraktiken im binnenmarktinternen Geschaftsverkehr (UGP-Richtlinie) i.\nV. m. Anhang II infolge der dortigen Anfuhrung von Art. 86 bis 100 der\nRichtlinie 2001/83/EG des Europaischen Parlaments und des Rates vom 6.\nNovember 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes fur Humanarzneimittel\neine Spurbarkeitsprufung nicht mehr erforderlich (bzw. sogar unzulassig) oder\ndiese vielmehr wegen Art. 7 Abs. 1 der UGP-Richtlinie gerade geboten ist,\nkommt es danach vorliegend nicht an. \n--- \n--- \n| 59 \n--- \n| cc) Zurecht hat das Landgericht die Frage fur unerheblich gehalten, ob die\nbeanstandete Werbung auch gegen § 3 a HWG verstoßt (LGU S. 13 unter II. 2. der\nEntscheidungsgrunde). Ebenso ist unerheblich, ob bereits infolge der auf den\nAbbildungen der Umverpackungen enthaltenen medizinisch-gesundheitlichen\nAngaben („Schleimloser", „Hustenloser") die Grenze der nach § 4 Abs. 6 Satz 2\nHWG zulassigen Erinnerungswerbung uberschritten ist. Denn ein auf das Verbot\nder konkreten Verletzungshandlung gerichteter Antrag wie er vorliegend gegeben\nist (siehe bereits oben a) cc)) ist schon dann in vollem Umfang begrundet,\nwenn die konkrete Verletzungshandlung eine einzige konkrete\nWettbewerbswidrigkeit enthalt; es kommt dann nicht darauf an, ob die\nVerletzungshandlung im ubrigen wettbewerbsgemaß oder wettbewerbswidrig ist\n(BGH GRUR 2001, 453, 455 - _TCM-Zentrum_ ). \n--- \n--- \n| 60 \n--- \n| dd) Dem Unterlassungsanspruch des Klagers steht auch nicht die am 25.9.2008\nabgegebene strafbewehrte Unterlassungserklarung der Beklagten (K 6, Bl. 64)\nentgegen. Zwar entfallt die Wiederholungsgefahr bereits durch die Abgabe einer\nstrafbewehrten Unterlassungserklarung, und zwar grundsatzlich auch dann, wenn\ndiese vom Klager - wie vorliegend - nicht angenommen wird (BGH GRUR 2006, 878\n- Tz. 20 - _Vertragsstrafevereinbarung_ ; Hefermehl/Kohler/Bornkamm a.a.O., §\n12 Rdnr. 1.116 ff.). Voraussetzung ist allerdings, dass eine ausreichende\nUnterwerfung vorliegt. \n--- \n--- \n| 61 \n--- \n| Daran fehlt es vorliegend: Zum einen war die Hohe der versprochenen\nVertragsstrafe von 2.500,00 EUR trotz des Umstands, dass eine Zuwiderhandlung\nvon nur geringem Ausmaß vorlag (Werbung an lediglich drei Lkws). angesichts\nvon Art und Große des Unternehmens der Beklagten - einem der gerichtsbekannt\ngroßten Generika-Hersteller - zu gering (vgl. Ahrens-Achilles, a.a.O., Kap. 7\nRdnr. 34: es habe sich zwischenzeitlich in der Praxis ein Richtwert fur die\nHohe der Vertragsstrafe von 5.001,00 EUR herauskristallisiert, bei\nmarktstarken Unternehmen wurde die Schwelle der hinreichenden\nSanktionsmoglichkeit aber erst **u ber** diesem Betrag beginnen, und Ahrens-\nDeutsch, a.a.O., Kap. 1 Rdnr. 65). \n--- \n--- \n| 62 \n--- \n| Zudem ist das nach der Verletzungshandlung an den Tag gelegte Verhalten des\nVerletzers zu berucksichtigen (vgl. BGH GRUR 1983, 127, 129 -\n_Vertragsstrafeversprechen_ ; Hefermehl/Kohler/Bornkamm, a.a.O., § 12 Rdnr.\n1.139), das vorliegend bei der Beklagten darin bestand, auf die Forderung des\nKlagers nach Abgabe des Vertragsstrafeversprechens in der geforderten Hohe von\n5.100,00 EUR im Schreiben vom 6.10.2008 nicht nur zu erklaren, die\nUnterlassungserklarung vom 25.9.2008 „formlich zuruckzuziehen", sondern\ndaruber hinaus anzukundigen, die zur Verdeckung der beanstandeten Werbung\ndienenden Aufdrucke (Aufkleber), deren Anbringung sie dem Klager gegenuber\nzuvor mit Schreiben vom 17.9.2008 (Bl. 58) „rechtsverbindlich" zugesichert\nhatte, wieder zu entfernen. \n--- \n--- \n| 63 \n--- \n| Im ubrigen anderte sich im Ergebnis auch dann nichts, wenn man eine - auch\nhinsichtlich der Hohe der ubernommenen Vertragsstrafe - ausreichende\nUnterwerfungserklarung annahme. Zwar erlischt durch Abgabe einer solchen\nErklarung auch ohne Annahme durch den Glaubiger der Unterlassungsanspruch mit\nder Folge, dass er spater nicht mehr wiederaufleben kann (wie es fruher\nvertreten wurde - vergleiche aber nunmehr BGH GRUR 2006, 878 - Tz. 22 -\n_Vertragsstrafevereinbarung_ \\- m.w.N.; BGH GRUR 1994, 678, 680 - _kurze Verj\nahrungsfrist_ ; Hefermehl/Kohler/Bornkamm, a.a.O., § 8 Rdnr. 1.45; Teplitzky,\na.a.O., Wettbewerbsrechtliche Anspruche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 8 Rdnr.\n49; Ahrens-Achilles, a.a.O., Kap. 9 Rdnr. 3). Sagt sich der Schuldner\nallerdings einseitig von seiner Verpflichtung los, so kann dies, auch wenn\nkeine neue Verletzungshandlung stattfindet, eine (neue) Erstbegehungsgefahr\nund damit einen neuen Unterlassungsanspruch begrunden, und zwar gleichgultig,\nob diese Lossagung rechtlich zulassig bzw. wirksam ist oder nicht (Teplitzky,\na.a.O., Kap. 8, Rdnr. 55; Ahrens/Achilles, a.a.O., Kap. 9, Rdnr. 3;\nHefermehl/Kohler/Bornkamm, a.a.O., § 8 Rdnr. 1.45 m.w.N. sowie § 12 Rdnrn.\n1.106 und 1.108). So liegt der vorliegende Fall, denn die Beklagte hat sogar\nangekundigt (Entfernung der Aufkleber), die beanstandete Handlung erneut zu\nbegehen. \n--- \n--- \n| 64 \n--- \n| Der Klager hat auch klargestellt, dass er seinen Unterlassungsanspruch auch\n(hilfsweise) auf eine derartige Erstbegehungsgefahr stutzt (S. 2 des\nProtokolls vom 9.7.2009). \n--- \n--- \n**2.** \n--- \n| 65 \n--- \n| Auch der Klagantrag Ziff. 2 ist begrundet, denn die Abmahnung war aufgrund\ndes bestehenden Unterlassungsanspruchs (siehe oben zu 1.) zurecht erfolgt, so\ndass dem Klager gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG ein Anspruch auf Ersatz der\nerforderlichen Aufwendungen fur die Abmahnung zusteht. Als Verband kann er\ndabei anteiligen Ersatz der Personal- und Sachkosten in Form einer\nAufwandspauschale verlangen (vgl. Hefermehl/Kohler/Bornkamm, a.a.O., § 12 UWG\nRdnr. 1.98 m.w.N.). Der Anspruch auf Ersatz der Pauschale besteht dabei auch\ndann, wenn eine Abmahnung nicht in vollem Umfang begrundet ist (BGH NJWE-\nWettbR 1999, 24, 28), so dass es unerheblich ist, ob die Abmahnung\nhinsichtlich des Produkts „Nasenspray ..." unbegrundet war, weil es sich bei\ndiesem nicht um ein Arzneimittel handelt. \n--- \n--- \n| 66 \n--- \n| Das Landgericht hat festgestellt, dass die begehrten Abmahnkosten von 166,60\nEUR angemessen sind. Hiergegen hat die Berufung nichts erinnert. Auch der\nSenat halt diesen Betrag in Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO (vgl. Teplitzky,\na.a.O., Kap. 41, Rdnr. 94) fur angemessen. \n--- \n**III.** \n--- \n| 67 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO und der Ausspruch uber die\nvorlaufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. \n--- \n--- \n| 68 \n--- \n| Ein Grund, die Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, besteht nicht, da\ndie Rechtssache weder grundsatzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des\nRechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung\ndes Revisionsgerichts erfordert. Die Entscheidung des vorliegenden Einzelfalls\nist durch die zahlreichen, im einzelnen oben zitierten Entscheidungen des\nBundesgerichtshofs vorgezeichnet. \n--- \n**IV.** \n--- \n| 69 \n--- \n| Bei der Streitwertfestsetzung ist die Aufwandspauschale fur die Abmahnung\n(Klagantrag Ziff. 2) nicht zu berucksichtigen. Es handelt sich um „Kosten" i.\nS. v. §§ 4 Abs. 1 letzter Hs. ZPO, 43 Abs. 1 GKG, denn der Klager macht hier\ndie Kostenpauschale neben der „Hauptsache", dem Unterlassungsanspruch, geltend\nund der Anspruch auf Kostenerstattung aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG ist auch vom\nBestehen der Hauptforderung, dem Unterlassungsanspruch, abhangig. Der Klager\nverfolgt insoweit einen materiell-rechtlichen Kostenanspruch neben der\nHauptforderung „Unterlassung", so dass die Argumente, mit denen der\nBundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 30.01.2007 (X ZB 7/06,\nveroffentlicht etwa in NJW 2007, 3289) begrundet hat (a.a.O., Tz. 7 und 8),\nwarum eine nach Vorb. 3 IV des Vergutungsverzeichnisses (Anl. 1 zu § 2 Abs. 2\nRVG) nicht anrechenbare Geschaftsgebuhr nicht streitwerterhohend wirkt,\nvorliegend gleichermaßen gelten. \n---\n\n |
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161,723 | vghbw-2009-07-30-db-16-s-204508 | 161 | Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg | vghbw | Baden-Württemberg | Verwaltungsgerichtsbarkeit | DB 16 S 2045/08 | 2009-07-30 | 2019-01-16 07:29:04 | 2019-01-17 12:06:43 | Urteil | ## Tenor\n\nDie Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg\nvom 12. Dezember 2005 - DB 10 K 13/05 - wird zuruckgewiesen.\n\nDer Beklagte tragt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.\n\nDie Revision wird nicht zugelassen.\n\n## Tatbestand\n\n| | \n--- \n| 1 \n--- \n| Der am ... geborene Beklagte besuchte von 1973 bis 1982 die Grund- und\nHauptschule, legte am 17.09.1985 die Gesellenprufung als Backer ab, erwarb am\n28.06.1991 die Fachschulreife und am 25.06.1992 die Fachhochschulreife. Am\n26.07.1995 bestand er an der Staatlichen Fachschule fur Lebensmitteltechnik\n... die staatliche Abschlussprufung in der Fachrichtung\nLebensmittelverarbeitungstechnik und erhielt die Berechtigung, die\nBerufsbezeichnung staatlich geprufter Lebensmittelverarbeitungstechniker zu\nfuhren. Am 01.04.1996 wurde der Beklagte unter Berufung in das\nBeamtenverhaltnis auf Widerruf zum Zollanwarter ernannt. Er absolvierte\nerfolgreich die Ausbildung fur den mittleren Grenzzolldienst und wurde am\n28.03.1998 unter Berufung in das Beamtenverhaltnis auf Probe zum Zollsekretar\nzur Anstellung ernannt. Mit Wirkung zum 01.08.1999 folgte die Ernennung zum\nZollsekretar unter gleichzeitiger Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf\nLebenszeit. Am 01.01.2002 wurde der Beamte zum Zollobersekretar ernannt. Er\nwar nach dem Ende seiner Ausbildung hauptsachlich als Grenzaufsichtsbeamter\nbeim Hauptzollamt ... eingesetzt. Der Beklagte wurde zum 01.04.2001 mit der\nBewertung „tritt hervor" dienstlich beurteilt. Weitere Beurteilungen zum\n01.04.2003 und zum 01.05.2005 mit „entspricht den Anforderungen" wurden noch\nnicht ausgehandigt. \n--- \n--- \n| 2 \n--- \n| Der Beklagte ist seit dem ... verheiratet und hat drei in den Jahren 2000,\n2004 und 2008 geborene Kinder. Er erhalt Bezuge nach der Besoldungsgruppe A 7,\ndie ab dem 06.07.2004 um 15 v.H. gekurzt sind. Nach seinen Angaben in der\nmundlichen Verhandlung vor dem Senat hat er keine Verbindlichkeiten. \n--- \n| 3 \n--- \n| Der Beklagte ist bislang disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung\ngetreten. \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| Mit rechtskraftigem Urteil des Amtsgerichts ... vom 27.10.2004 - ... -\nwurde der Beklagte wegen Diebstahls in drei Fallen sowie versuchten Diebstahls\nzu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessatzen zu je 45 EUR verurteilt. Dem\nUrteil liegen folgende Sachverhaltsfeststellungen zu Grunde: \n--- \n--- \n| 5 \n--- \n| „1\\. Zu einem nicht naher feststellbaren Zeitpunkt im Fruhjahr 2003 entnahm\nder Beklagte zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr aus dem Geldbeutel der\nGeschadigten ... beim Zollamt ... einen 20-Euro-Schein. \n--- \n--- \n| 6 \n--- \n| 2\\. Am 03.09.2003 entnahm der Beklagte zwischen 16.00 Uhr und 24.00 Uhr auf\neiner Fahrt mit dem Dienstfahrzeug aus dem Geldbeutel der Geschadigten ...\neinen 50-Euro-Schein und einen 20-Euro-Schein. \n--- \n--- \n| 7 \n--- \n| 3\\. Am 05.10.2003 entnahm der Beklagte zwischen 13.00 Uhr und 20.00 Uhr\nbeim Zollamt ... aus dem Geldbeutel der Geschadigten ... einen 50-Euro-Schein\nund einen 20-Euro-Schein. \n--- \n--- \n| 8 \n--- \n| 4\\. In der Nacht vom 12./13.10.2003 versah der Beklagte zusammen mit ...\ngemeinsam den Dienst im Zollamt .... Da inzwischen der Verdacht bestand, dass\ner fur die vorangegangenen Diebstahle verantwortlich war, war ... von ihrem\nVorgesetzten angewiesen worden, vier Geldscheine zu fotokopieren und\nanschließend zusammen mit ihrem Geldbeutel im Abfertigungsraum liegen zu\nlassen. Zwischen 19.45 Uhr und 23.00 Uhr am 12.10.2003 entnahm der Beklagte\naus dem Geldbeutel der Geschadigten einen 50-Euro-Schein und einen 5-Euro-\nSchein, wie von der Geschadigten vorher beabsichtigt war. Die beiden\nGeldscheine wurden beim Angeklagten aufgefunden. \n--- \n--- \n| 9 \n--- \n| Die Diebstahle erfolgten wahrend der Dienstzeit. Der Angeklagte war in\nUniform und trug jeweils seine Dienstwaffe bei sich." \n--- \n--- \n| 10 \n--- \n| Hinsichtlich der Schuldfahigkeit des Beklagten wird in dem Urteil\nausgefuhrt: \n--- \n--- \n| 11 \n--- \n| „Nach den uberzeugenden Ausfuhrungen des Sachverstandigen ... besteht bei\ndem Angeklagten eine Personlichkeitsstorung mit zwanghaften und angstlich-\nselbstunsicheren Anteilen. Die Storungen sind so ausgepragt, dass sie einer\nschweren seelischen Andersartigkeit gem. den §§ 20, 21 StGB entsprechen.\nNeurotische Elemente aus dem Unterbewusstsein spielen hier eine Rolle. Die\nDiebstahle waren mit einem symbolischen Wunsch nach Nahe zu Frauen verbunden.\nNach Meinung des Sachverstandigen handelte der Angeklagte zu den jeweiligen\nTatzeiten jedoch in voller Einsichtsfahigkeit. Die Einsichtsfahigkeit war\ndurch seine Krankheit nicht betroffen. Jedoch war die Steuerungsfahigkeit nach\nMeinung des Sachverstandigen im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert. Fur\neinen Schuldausschluss gibt es hingegen keine konkreten Anzeichen." \n--- \n--- \n| 12 \n--- \n| In dem diesen Ausfuhrungen zu Grunde liegenden, von der Staatsanwaltschaft\n... eingeholten Gutachten des Facharztes fur Psychiatrie, Psychotherapie,\nNeurologie sowie fur psychotherapeutische Medizin ..., vom 11.02.2004, wegen\ndessen weiteren Inhalts auf Blatt 99 bis 109 der Akte des Strafverfahrens\nverwiesen wird, wird in der abschließenden Beurteilung ausgefuhrt: \n--- \n--- \n| 13 \n--- \n| „Bei dem ...-jahrigen Zollbeamten ... besteht eine Personlichkeitsstorung\nmit zwanghaften und angstlich-unsicheren Anteilen (ICD 10: F 61.0). Die\nStorungen sind so ausgepragt, dass sie einer schweren seelischen\nAndersartigkeit gemaß §§ 20/21 StGB entsprechen. Sie wirken sich im taglichen\nLeben in einer deutlichen Aggressionshemmung und der Unfahigkeit, seine\nWunsche zu formulieren und durchzusetzen, aus. \n--- \n| 14 \n--- \n| In der Ehe von ... ist in den letzten zwei Jahren eine Entfremdung\neingetreten, ohne dass dies zwischen den Eheleuten thematisiert worden ware.\nDie sexuellen Beziehungen sind auf Veranlassung der Ehefrau schon vor der\njetzt bestehenden zweiten Schwangerschaft stark zuruckgegangen, was fur ...\noffenbar auch kein Anlass fur ein Gesprach mit seiner Frau war. Statt dessen\nmeldete er sich haufiger als notig zum Nachtdienst, wo er mit Kolleginnen\nDienst tun konnte, war aufgrund seiner gehemmten Personlichkeit aber nicht in\nder Lage, seine Kontaktversuche ihnen gegenuber zum Ausdruck zu bringen. \n--- \n| 15 \n--- \n| Statt dessen kam es zu einer Verschiebung dieser Wunsche auf das Verlangen,\nheimlich in die Intimsphare der Frauen einzudringen und etwas von ihnen in\nBesitz zu nehmen. Dieser Vorgang ist neurotisch motiviert und durfte in seiner\nEntstehung dem Bewusstsein von ... weitgehend entzogen gewesen sein. Eine\nvollstandige Aufhebung der Steuerungsfahigkeit ist nicht anzunehmen, da ...,\nwie er berichtete, zahlreiche Male vor den Taschen der Frauen stand, ohne\netwas zu entwenden, und Storungen der Impulskontrolle aus anderen\nLebensbereichen nicht bekannt geworden sind." \n--- \n--- \n| 16 \n--- \n| Der Beklagte befand sich vom 30.10. bis zum 27.11.2003 in stationarer\nBehandlung in der Fachklinik fur Psychotherapie und Psychosomatik ... -\narztlicher Direktor ... -und in der Folgezeit bis zum 30.01.2008 in ambulanter\nanalytisch orientierter Behandlung des .... In dem Entlassungsbericht der\nKlinik ... vom 04.12.2003, wegen dessen Inhalts auf Blatt 75 bis 79 der Akte\ndes vorliegenden Verfahrens verwiesen wird, wird als Diagnose genannt:\n„Mittelgradige depressive Reaktion bei spezifischer abnormer Gewohnheit und\nStorung der Impulskontrolle auf dem Hintergrund einer ausgepragt\nanankastischen Personlichkeitsstorung". Auf die weiteren arztlichen\nBescheinigungen des ... vom 12.11.2003 (Blatt 91 der Strafakte des\nAmtsgerichts ...), 05.12.2003 (Blatt 33 der Ermittlungsakte der Klagerin),\n03.02.2005 (Blatt 32 der Ermittlungsakte der Klagerin), 03.08.2006 (Blatt 43\nder VGH-Akte DB 16 S 6/06) und vom 09.05.2008 (Blatt 193 der VGH-Akte DB 16 S\n6/06) wird verwiesen. In der Stellungnahme vom 09.05.2008 heißt es unter\nanderem: \n--- \n--- \n| 17 \n--- \n| „Die in meinem Schreiben vom 03.08.2006 prognostizierte dauerhafte\nStabilisierung des Patienten ist eingetreten. Mit an Sicherheit grenzender\nWahrscheinlichkeit kann ich jetzt erneute pathologische Handlungen des ...,\nwie sie Anlass fur das jetzt noch laufende Verfahren gewesen waren,\nausschließen. ... ist psychisch stabilisiert und aus diesem Grunde nicht mehr\nbehandlungsbedurftig." \n--- \n--- \n| 18 \n--- \n| Bereits mit Verfugung des Vorstehers des Hauptzollamts ... vom 20.10.2003\nwurde gegen den Beamten wegen des Verdachts des Diebstahls zu Lasten von\nKollegen in vier Fallen das formliche Disziplinarverfahren eingeleitet und ein\nErmittlungsfuhrer bestimmt; hiervon wurde der Beamte unterrichtet. Mit\nVerfugung vom 27.10.2003 enthob die Oberfinanzdirektion ... den Beklagten\nvorlaufig des Dienstes und ordnete die Einbehaltung von Teilen der\nDienstbezuge gemaß § 38 Abs. 2 BDG an. \n--- \n--- \n| 19 \n--- \n| Mit Verfugung vom 19.01.2005 setzte der Vorsteher des Hauptzollamtes ...\ndas bis zum rechtskraftigen Abschluss des gegen den Beklagten anhangig\ngewesenen Strafverfahrens ausgesetzte Disziplinarverfahren fort. \n--- \n--- \n| 20 \n--- \n| Mit Schreiben vom 25.05.2005 wurde dem Beklagten der Ermittlungsbericht vom\n04.05.2005 ubersandt und ihm Gelegenheit gegeben, sich abschließend zu außern. \n--- \n--- \n| 21 \n--- \n| In seiner abschließenden schriftlichen Äußerung vom 31.05.2005 fuhrte der\nBevollmachtigte des Beklagten aus: Aus den vorliegenden arztlichen Gutachten\nergebe sich, dass der Beklagte psychisch so erkrankt gewesen sei, dass er\nnicht anders habe handeln konnen. Es handele sich um eine einmalige,\nunbedachte, kurzschlussartige und personlichkeitsfremde Tat. Die\nDiebstahlhandlungen und der versuchte Diebstahl mussten auf Grund seiner\nErkrankung als Handlungseinheit betrachtet werden. Er habe nicht nach jeder\neinzelnen Diebstahlhandlung die Moglichkeit gehabt, sich des Unrechts seines\nHandelns bewusst zu werden. Auf Grund seiner Erkrankung habe der Zwang\nbestanden, wieder so zu handeln. Dieses Handeln sei aber seiner ursprunglichen\nPersonlichkeit fremd; nie zuvor in seinem Leben sei es zu ahnlichen Handlungen\ngekommen. Der neurotische Zwang, das Geld der Beamtinnen an sich zu nehmen,\nsei so groß gewesen, dass er nicht anders habe handeln konnen. Dies sei ihm\nnicht vorzuwerfen, weil es auf einer schwerwiegenden Erkrankung beruhe, die er\nnicht verschuldet habe. \n--- \n--- \n| 22 \n--- \n| Die Personalvertretung wurde zur Erhebung der Disziplinarklage gehort und\nerhob mit Schreiben vom 18.08.2005 keine Einwendungen. \n--- \n--- \n| 23 \n--- \n| Am 13.09.2005 hat die Klagerin Disziplinarklage vor dem Verwaltungsgericht\nFreiburg erhoben und beantragt, den Beamten aus dem Beamtenverhaltnis zu\nentfernen. Dabei wurde dem Beklagten vorgeworfen, in vier Fallen Diebstahle -\ndavon in einem Fall einen versuchten Diebstahl - zum Nachteil von Kolleginnen\nbegangen und damit gleichzeitig gegen seine Pflicht zur Uneigennutzigkeit und\nzu achtungs- und vertrauenswurdigem Verhalten gemaß § 54 Satze 2 und 3 BBG\nverstoßen zu haben. Dadurch habe der Beklagte das Vertrauen in seine\nZuverlassigkeit und Ehrlichkeit so nachdrucklich zerstort, dass dem\nBeamtenverhaltnis die Grundlage entzogen sei. Von der Rechtsprechung\nanerkannte Milderungsgrunde seien nicht gegeben. \n--- \n--- \n| 24 \n--- \n| Der Beklagte hat den ihm zur Last gelegten Sachverhalt eingeraumt, aber\neine mildere Maßnahme als die Entfernung aus dem Dienst fur ausreichend\ngehalten und diesbezuglich die Ausfuhrungen aus seiner schriftlichen\nStellungnahme vom 31.05.2005 wiederholt und vertieft. \n--- \n--- \n| 25 \n--- \n| Mit Urteil vom 12.12.2005 hat das Verwaltungsgericht Freiburg den Beklagten\naus dem Beamtenverhaltnis entfernt. Dabei hat es in tatsachlicher Hinsicht die\nFeststellungen im Urteil des Amtsgerichts ... zugrunde gelegt, an die es sich\nauch hinsichtlich des vorsatzlichen und schuldhaften Verhaltens gemaß § 57\nAbs. 1 Satz 1 BDG gebunden sah. Beim Beklagten bestehe zwar eine\nPersonlichkeitsstorung mit zwanghaften und angstlich-selbstunsicheren Anteilen\nund seien die Diebstahle mit einem symbolischen Wunsch nach Nahe zu Frauen\nverbunden gewesen. Die Steuerungsfahigkeit im Sinne des § 21 StGB sei\nerheblich vermindert gewesen, jedoch habe der Beklagte zur jeweiligen Tatzeit\nin voller Einsichtsfahigkeit gehandelt. Fur einen Schuldausschluss gebe es\nkeine konkreten Anzeichen. Der Schuldvorwurf im disziplinarrechtlichen Sinne\nkonne nicht anders beurteilt werden als im strafgerichtlichen Verfahren. In\nrechtlicher Hinsicht wiege das Dienstvergehen sehr schwer. Bei im Dienst\nbegangenem Diebstahl zum Nachteil von Kollegen werde grundsatzlich auf die\nEntfernung aus dem Dienst erkannt. Durchgreifende Milderungsgrunde seien nicht\ngegeben. Eine Gelegenheitstat liege nicht vor; die vier Diebstahlhandlungen\nuber einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten konnten nicht als einheitliche\nHandlung angesehen werden. Dies gelte auch unter Berucksichtigung der\nPersonlichkeitsstorung des Beklagten. Denn jedenfalls seine Einsichtsfahigkeit\nsei dadurch nicht beeintrachtigt gewesen. Auch habe er das Dienstvergehen\nnicht als Folge einer schockartig ausgelosten psychischen Ausnahmesituation\nbegangen. Die erheblich verminderte Schuldfahigkeit des Beklagten biete keinen\nAnhaltspunkt fur weitere von der Rechtsprechung anerkannte Milderungsgrunde.\nNachdem die arztliche Behandlung noch nicht abgeschlossen sei, erscheine ein\nentsprechendes Fehlverhalten fur die Zukunft nicht ausgeschlossen. Daher konne\nnicht davon ausgegangen werden, dass noch ein Restvertrauen des Dienstherrn\nund der Kollegen bestehe und eine Disziplinarmaßnahme unterhalb der Entfernung\naus dem Dienst in Betracht komme. \n--- \n--- \n| 26 \n--- \n| Gegen dieses Urteil hat der Beklagte eine auf das Disziplinarmaß\nbeschrankte Berufung eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht, das\nVerwaltungsgericht habe nicht ausreichend berucksichtigt, dass er wegen einer\nschwerwiegenden psychischen Erkrankung subjektiv nicht vorwerfbar gehandelt\nhabe und deswegen eine mildere Maßnahme gerechtfertigt sei. Zu keinem\nZeitpunkt habe er rational erklaren konnen, weshalb er die Diebstahle\ngegenuber Kolleginnen begangen habe. Diese seien mit einem zwanghaften\nsymbolischen Wunsch nach Nahe zu Frauen verbunden gewesen. Warum es letztlich\nein paar Geldscheine gewesen seien und nichts anderes, sei rational nicht zu\nerklaren. Wirtschaftliche Schwierigkeiten habe er nicht gehabt. Ihm komme\nzudem der Milderungsgrund der Gelegenheitstat zu Gute. Es habe sich jedes Mal\num eine einmalige, unbedachte, kurzschlussartige, personlichkeitsfremde Tat\ngehandelt. Ohne die Erkrankung ware es nicht zu den Taten gekommen. Auf Grund\nder arztlichen Behandlung sei ein entsprechendes Fehlverhalten fur die Zukunft\nausgeschlossen. \n--- \n--- \n| 27 \n--- \n| Mit Urteil vom 26.10.2006 - DB 16 S 6/06 - (juris) hat der Disziplinarsenat\ndie Berufung des Beklagten zuruckgewiesen und ausgefuhrt: Der dreimalige\nDiebstahl des Geldes von Kolleginnen und der weitere Versuch eines solchen\nDiebstahls bedeuteten ein schwerwiegendes Dienstvergehen, das die Entfernung\ndes Beklagten aus dem Beamtenverhaltnis erfordere. Ein im Dienst begangener\nDiebstahl zu Lasten der Kollegen werde dem Zugriff auf amtlich anvertrautes\nGeld gleichgestellt und habe grundsatzlich die Entfernung aus dem Dienst zur\nFolge. Gewichtige Grunde, die den Schluss rechtfertigten, es sei ausnahmsweise\nnoch kein vollstandiger Vertrauensverlust eingetreten, lagen nicht vor. Keiner\nder anerkannten Milderungsgrunde greife zu Gunsten des Beklagten ein.\nAnhaltspunkte fur die schockartige Auslosung einer psychischen\nAusnahmesituation lagen ebenso wenig vor wie solche fur eine\npersonlichkeitsfremde Haltung oder eine uberwundene negative Lebensphase. Vom\nStrafgericht sei mit bindender Wirkung festgestellt worden, dass ein\nSchuldausschließungsgrund nicht vorliege. Die allein verbleibende verminderte\nSchuldfahigkeit sei fur sich genommen noch kein Einwand gegen die objektive\nUntragbarkeit im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG. Der bisherige\nTherapieverlauf zeige, dass der Beklagte die von ihm geltend gemachte\nKrankheit keineswegs dauerhaft uberwunden habe. \n--- \n--- \n| 28 \n--- \n| Auf die mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.08.2007 - 2 B\n23.07 - zugelassene Revision hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom\n29.05.2008 - 2 C 59.07 - (Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3) das Urteil des Senats\naufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den\nVerwaltungsgerichtshof zuruckverwiesen. Zur Begrundung hat das\nBundesverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgefuhrt: Wegen der von den\nBemessungsvorgaben gemaß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG geforderten\nprognostischen Gesamtwurdigung konne die Frage, ob der Beamte im Zustand\nerheblich verminderter Schuldfahigkeit gehandelt habe, bei Zugriffsdelikten\nund den ihnen vergleichbaren Kollegendiebstahlen nicht schematisch als\nunbeachtlich behandelt werden. Das Berufungsgericht sei, wie schon zuvor das\nVerwaltungsgericht und das Amtsgericht, von einer erheblich verminderten\nSchuldfahigkeit des Beklagten ausgegangen, doch lasse sich dem Berufungsurteil\nnicht entnehmen, auf welchen Feststellungen diese rechtliche Wertung beruhe.\nEs referiere lediglich „eine Personlichkeitsstorung mit zwanghaften und\nangstlich-selbstunsicheren Anteilen" und beziehe sich auf das psychiatrische\nGutachten vom 11.02.2004. Der dem Gutachten entnommene Hinweis, der Beklagte\nhabe oft vor den Taschen der Frauen gestanden, ohne etwas zu entwenden,\nspreche aber eher gegen als fur eine erhebliche Verminderung der\nSteuerungsfahigkeit. Jedenfalls habe fur das Berufungsgericht begrundeter\nAnlass bestanden, dieser Frage selbst nachzugehen. Das Berufungsurteil leide\nauch deswegen an einem Abwagungsmangel, weil die vom Berufungsgericht\nangenommene verminderte Schuldfahigkeit bei der Bewertung der Schwere des\nDienstvergehens nicht mit dem ihr zukommenden erheblichen Gewicht herangezogen\nworden sei. Das Berufungsgericht sei insoweit der vom Bundesverwaltungsgericht\ninzwischen aufgegebenen fruheren Rechtsprechung gefolgt, nach der eine\nerheblich verminderte Schuldfahigkeit bei Zugriffsdelikten und ihnen\ngleichstehenden Dienstvergehen wie hier dem Kollegendiebstahl letztlich\nunbeachtlich sei, und habe die erheblich verminderte Schuldfahigkeit lediglich\nim Hinblick auf die Frage erortert, ob der Beklagte seine Erkrankung\nuberwunden habe oder ob mit einer Fortdauer der von ihm geltend gemachten\ngesundheitlichen Storungen zu rechnen gewesen sei. \n--- \n--- \n| 29 \n--- \n| Der Beklagte begehrt weiterhin, auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu\nerkennen. Samtliche bisher befassten Gerichte seien von seiner erheblich\nverminderten Schuldfahigkeit zum Zeitpunkt des ihm vorgeworfenen\nDienstvergehens ausgegangen. Entsprechendes ergebe sich aus den vorgelegten\narztlichen Stellungnahmen des ... und aus dem psychiatrischen Gutachten des\n.... Zwar sei er weiterhin der Ansicht, dass er entgegen der Schlussfolgerung\ndes ... zum Tatzeitpunkt vollstandig schuldunfahig gewesen sei. Dies konne\naber letztlich dahinstehen, weil die Schuldfahigkeit als erheblich vermindert\nbetrachtet werden musse. Er habe, nachdem er jahrelang seinen Dienst untadelig\nverrichtet habe, eine schwerwiegende Erkrankung erlitten, die ihm nicht\nvorzuwerfen sei, weil sie sich seinem Einflussbereich entzogen habe. Ohne\ndiese Erkrankung waren die Taten nie geschehen. Diese Erkrankung sei geheilt,\ner konne an seinen Arbeitsplatz zuruckkehren und es werde nicht wieder zu\nahnlichen Handlungen kommen. Er habe deshalb nicht das Vertrauen des\nDienstherrn oder der Allgemeinheit endgultig verloren. Er habe sich bei den\nGeschadigten entschuldigt und den Schaden, der verhaltnismaßig gering gewesen\nsei, wieder gut gemacht. Seine Kollegen, darunter zwei der bestohlenen\nKolleginnen, hatten sich ausdrucklich gegen seine Entlassung ausgesprochen.\nAuch die Allgemeinheit habe Verstandnis dafur, dass ein Beamter ebenso wie\njeder andere Arbeitnehmer im Dienst erkranken konne und nur auf Grund dieser\nErkrankung Fehlleistungen erbringe. \n--- \n--- \n| 30 \n--- \n| Der Beklagte beantragt weiterhin, \n--- \n--- \n| 31 \n--- \n| das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12. Dezember 2005 - DB 10 K\n13/05 - zu andern und eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus\ndem Dienst zu verhangen. \n--- \n--- \n| 32 \n--- \n| Die Klagerin beantragt, \n--- \n--- \n| 33 \n--- \n| die Berufung zuruckzuweisen. \n--- \n--- \n| 34 \n--- \n| Sie fuhrt aus: Zum Zeitpunkt der Fehlverhalten des Beklagten konne\nmoglicherweise eine verminderte Schuldfahigkeit vorgelegen haben, diese habe\naber unter Berucksichtigung der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten\nDienstpflichten und damit der Schwere des Dienstvergehens die Schwelle der\nErheblichkeit bei Weitem nicht erreicht. Nach den gestandigen Einlassungen des\nBeklagten musse davon ausgegangen werden, dass er die ihm nachgewiesenen\nDiebstahle wohluberlegt, geplant und zielgerichtet durchgefuhrt habe. Dies\nwerde insbesondere in dem angeschuldigten Vorfall deutlich, in dem der\nBeklagte eine Kollegin gedrangt habe, ihren Geldbeutel im gemeinsam genutzten\nFahrzeug so zu deponieren, dass er leicht und relativ sicher vor Entdeckung\ndarauf habe zugreifen konnen. Damit habe er aber nicht einem inneren Zwang\ngehorchend, sondern zielgerichtet und planvoll gehandelt. Soweit der Beklagte\nmeine, er habe den Zwang verspurt, „etwas Intimes" besitzen zu wollen, sei ein\nGeldschein einer der unpersonlichsten Gegen-stande, den eine Person mit sich\nfuhren konne. Es musse daher davon ausgegangen werden, dass es dem Beklagten\nbei seinen Taten nur um die Beschaffung von Geldmitteln gegangen sei. Seine\nDiebstahlhandlungen unterschieden sich in nichts von „normalen" Vergehen\ndieser Art. Eine moglicherweise bestehende Personlichkeitsstorung sei fur die\nausgefuhrten Diebstahle weder Ursache noch Anlass gewesen. Im Übrigen sei sich\nder Beklagte in Phasen nachlassenden Suchtdrangs der Tragweite seines\nFehlverhaltens, das eindeutig auf Wiederholung angelegt gewesen sei, bewusst\ngewesen. Damit sei eine Anerkennung dieses vorgeblichen Zwanges als\nMilderungsgrund ausgeschlossen. Unter Berucksichtigung aller be- und\nentlastenden Umstande erscheine es nicht moglich, Vorgesetzten, Kollegen und\nÖffentlichkeit zu vermitteln, dass der Beklagte weiterhin als Zollbeamter\ntatig sein konne. Die von dem Beklagten vorgelegte Eingabe ehemaliger\nKollegen, mit der diese um „Gnade" fur ihn bitten wurden, sei nur von einer\nder geschadigten Beamtinnen unterzeichnet. Dass der Beklagte seine Krankheit\nmittlerweile nach seinem eigenen Vorbringen uberwunden habe, fuhre zu keiner\nanderen Beurteilung. Der Milderungsgrund der Überwindung einer negativen\nLebensphase konne den eingetretenen Verlust der Vertrauenswurdigkeit nicht\nruckgangig machen, auch konne dem Beklagten die lange Verfahrensdauer nicht\nals entlastender Umstand zugerechnet werden, selbst wenn er diese Zeit zur\nTherapie genutzt habe. Es konne nicht außer Acht gelassen werden, dass es dem\nRechtsempfinden widersprechen wurde, die Entscheidung uber ein schwerwiegendes\nDienstvergehen so lange hinauszuzogern, bis moglicherweise eine vorliegende\nStorung ausreichend behandelt sei. Im Übrigen enthalte das Attest vom\n09.05.2008 keine Aussage dazu, ob unter Umstanden eine erneute eheliche\nEntfremdung ein Wiederaufleben dieser Storungen verursachen konne und wie der\nBeklagte diesen entgegenwirken solle und konne. \n--- \n--- \n| 35 \n--- \n| Dem Senat liegen die Personalakten, die Ermittlungsakten der Klagerin, die\nStrafakte des Amtsgerichts ... sowie die Akten der Disziplinarkammer und des\nBundesverwaltungsgerichts vor. Diese sind Gegenstand der mundlichen\nVerhandlung gewesen. \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| | \n--- \n| 36 \n--- \n| Die zulassige Berufung des Beklagten ist unbegrundet. Die Disziplinarkammer\nhat den Beklagten entsprechend dem Antrag der Klagerin zu Recht aus dem\nBeamtenverhaltnis entfernt. \n--- \n--- \n| 37 \n--- \n| Da der Beamte die Berufung zulassigerweise auf das Disziplinarmaß\nbeschrankt hat, steht fur den Senat bindend fest, dass er mit dem von dem\nVerwaltungsgericht im Anschluss an das Urteil des Amtsgerichts ... vom\n27.10.2004 festgestellten Verfehlungen (Diebstahl von Bargeld zu Lasten von\nKolleginnen in vier Fallen, wobei es in einem Fall beim Versuch verblieben\nist) schuldhaft die ihm obliegenden Beamtenpflichten aus § 54 Satze 2 und 3\nBBG a.F., jetzt: § 61 Abs. 1 Satze 2 und 3 BBG, (Pflichten, das Amt\nuneigennutzig und nach bestem Wissen zu verwalten und mit seinem Verhalten dem\nVertrauen und der Achtung gerecht zu werden, die sein Beruf erfordern)\nschuldhaft verletzt und ein einheitliches Dienstvergehen im Sinne des § 77\nAbs. 1 Satz 1 BBG begangen hat. Der Senat hat deshalb nur noch daruber zu\nbefinden, ob die von der Disziplinarkammer ausgesprochene Entfernung aus dem\nDienst (§§ 5 Nr. 5, 10 BDG) gerechtfertigt oder aber, was der Beamte anstrebt,\nauf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen ist. \n--- \n--- \n| 38 \n--- \n| Der Senat teilt die von der Disziplinarkammer getroffene Einschatzung, dass\nauf Grund des festgestellten - schwerwiegenden - Dienstvergehens die\nEntfernung aus dem Dienst unumganglich ist. Das Berufungsvorbringen\nrechtfertigt keine andere Beurteilung. \n--- \n--- \n| 39 \n--- \n| Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich\ngemaß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter\nangemessener Berucksichtigung der Personlichkeit des Beamten und des Umfangs\nder durch das Dienstvergehen herbeigefuhrten Vertrauensbeeintrachtigung. Auf\nGrund dieser Vorgaben ist uber die erforderliche Disziplinarmaßnahme im Wege\neiner prognostischen Gesamtwurdigung unter Berucksichtigung aller im\nEinzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Bei\nschweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach\nseiner gesamten Personlichkeit noch im Beamtenverhaltnis tragbar ist. Gemaß §\n13 Abs. 2 Satz 1 BDG ist ein aktiver Beamter aus dem Beamtenverhaltnis zu\nentfernen, wenn er das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit\nendgultig verloren hat. Dies ist anzunehmen, wenn auf Grund der prognostischen\nGesamtwurdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und\nentlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde\nauch kunftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die\ndurch sein Fehlverhalten herbeigefuhrte Schadigung des Ansehens des\nBerufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhaltnisses nicht\nwieder gutzumachen. Unter diesen Voraussetzungen muss das Beamtenverhaltnis im\nInteresse der Leistungsfahigkeit des offentlichen Dienstes und der Integritat\ndes Berufsbeamtentums beendet werden. Als maßgebendes Bemessungskriterium ist\ndie Schwere des Dienstvergehens gemaß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG richtungweisend\nfur die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Davon ausgehend\nkommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Personlichkeitsbild und zum Umfang der\nVertrauensbeeintrachtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine\nandere als durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte\nDisziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteile vom\n29.05.2008, a.a.O, und vom 03.05.2007 - 2 C 9.06 -, NVwZ-RR 2007, 695). \n--- \n--- \n| 40 \n--- \n| Zutreffend ist die Disziplinarkammer davon ausgegangen, dass der hier\ngegebene Fall des Kollegendiebstahls nach der standigen Rechtsprechung (vgl.\nBVerwG, Urteile vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3,\nvom 29.09.1998 - 1 D 82.97 -, juris und vom 13.03.1996 - 1 D 55.95 -, m.w.N.;\nUrteil des Senats vom 16.10.2008 - 16 S 1109/08 -) hinsichtlich der Schwere im\nGrundsatz der Veruntreuung amtlich anvertrauter Gelder vergleichbar ist. Fur\ndie Zugriffsdelikte wie auch fur den Kollegendiebstahl gilt namlich\ngleichermaßen, dass der Dienstherr sich auf die Ehrlichkeit seiner\nBediensteten verlassen konnen muss. Die in einer Dienststelle zusammen\narbeitenden Bediensteten mussen hinsichtlich der Sicherheit ihres Eigentums\nauf die Ehrlichkeit ihrer Kollegen, die sie sich nicht aussuchen konnen,\nzahlen konnen. Auch die Verwaltung vertraut darauf, dass ein Beamter das\nnotwendige Zusammensein mit seinen Kollegen wahrend der Dienstzeit nicht zu\nstrafbaren Handlungen zu deren Nachteil ausnutzt. Der Diebstahl gegenuber\nKollegen vergiftet das Betriebsklima, stort den Arbeitsfrieden in\nschwerwiegender Weise und beweist eine beamtenunwurdige Haltung (BVerwG,\nUrteile vom 08.08.1995 - 1 D 7.95 -, juris und vom 29.09.1998, a.a.O.; Urteil\ndes Senats vom 16.10.2008, a.a.O.). Auf Grund der Schwere dieses\nDienstvergehens ist die Entfernung aus dem Beamtenverhaltnis grundsatzlich\nRichtschnur fur die Maßnahmebestimmung, wenn die veruntreuten oder gestohlenen\nBetrage - wie hier einschließlich des Versuchs mit insgesamt 215 EUR - die\nSchwelle der Geringwertigkeit von etwa 50 EUR (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom\n22.09.2006 - 2 B 52.06 -, DÖD 2007, 187; Urteil vom 11.06.2002 - 1 D 31.01 -,\nBVerwGE 116, 308; Urteil des Senats vom 28.04.2009 - DB 16 S 3390/08 -)\ndeutlich ubersteigen. Diese Indizwirkung entfallt jedoch, wenn sich im\nEinzelfall auf Grund des Personlichkeitsbilds des Beamten Entlastungsgrunde\nvon solchem Gewicht ergeben, die den Schluss rechtfertigen, dass der Beamte\ndas Vertrauensverhaltnis noch nicht vollends zerstort hat (vgl. hierzu und zum\nFolgenden: BVerwG, Urteile vom 29.05.2008 und vom 25.10.2007, jew. a.a.O.;\nUrteile des Senats vom 16.10.2008, a.a.O. und vom 10.04.2008 - DL 16 S 6/07 -;\nNiedersachs. OVG, Urteil vom 12.04.2007 - 19 LD 4/06 -, juris). \n--- \n--- \n| 41 \n--- \n| Als durchgreifende Entlastungsgesichtspunkte kommen zunachst die in der\nRechtsprechung entwickelten Milderungsgrunde in Betracht. Diese\nMilderungsgrunde, die regelmaßig Anlass fur eine noch positive\nPersonlichkeitsprognose geben, tragen zum einen existenziellen\nwirtschaftlichen Notlagen sowie korperlichen oder psychischen\nAusnahmesituationen Rechnung, in denen ein an normalen Maßstaben orientiertes\nVerhalten nicht mehr erwartet und daher nicht mehr vorausgesetzt werden kann.\nZum anderen erfassen sie ein tatiges Abrucken von der Tat, insbesondere durch\nfreiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des\nFehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Diese Milderungsgrunde sind\njedoch kein abschließender Kanon der hier zu berucksichtigenden\nEntlastungsgrunde. Es ist vielmehr auch nach anderen Entlastungsgrunden\nvergleichbaren Gewichts zu fragen, die die Schwere des Pflichtenverstoßes\nerheblich herabsetzen und damit ein Restvertrauen noch rechtfertigen konnen.\nGenerell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgrunde umso großer sein muss,\nje schwerer das Zugriffsdelikt auf Grund der Schadenshohe, der Anzahl und\nHaufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten" und\nanderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Erforderlich ist\nstets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeintrachtigung auf\nder Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstande. \n--- \n--- \n| 42 \n--- \n| Die Voraussetzungen des zunachst in Betracht zu ziehenden Milderungsgrundes\ndes „Handelns in einer unverschuldeten, ausweglosen wirtschaftlichen Notlage"\n(vgl. BVerwG, Urteil vom 06.06.2007 - 1 D 2.06 -, Urteil vom 13.05.1997 - 1 D\n44.96 -, Urteil vom 26.01.1994 - 1 D 34.93 -, jew. juris; Urteil des Senats\nvom 10.04.2008, a.a.O.) liegen nicht vor. Dieser Milderungsgrund setzt voraus,\ndass der Zugriff auf das Bargeld allein zu dem Zweck erfolgt, eine fur den\nBeamten existenzielle Notlage abzuwenden oder zu mildern (vgl. BVerwG, Urteil\nvom 06.06.2007, a.a.O. m.w.N.; Urteil des Senats vom 10.04.2008, a.a.O.). Ein\nsolcher Fall ist nicht gegeben, da der Beamte zum Tatzeitpunkt wie auch heute\nin geordneten finanziellen Verhaltnissen lebt, wie er nochmals in der\nmundlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat. \n--- \n--- \n| 43 \n--- \n| Auch liegt kein einmaliges, personlichkeitsfremdes Augenblicksversagen in\neiner besonderen Versuchungssituation vor (vgl. zu diesem Milderungsgrund\netwa: BVerwG, Urteile vom 26.02.1997 - 1 D 16.99 -, und vom 04.06.1996 - 1 D\n94.95 -, jew. juris; Urteil des Senats vom 31.01.2008 - DL 16 S 32/06 -; vgl.\nzur unbedachten Gelegenheitstat, die ein gewisses Maß an Spontaneitat,\nKopflosigkeit und Unuberlegtheit voraussetzt, auch VGH Bad.-Wurtt., Urteil vom\n26.11.2001 - DL 17 S 15/01 -, juris). Der Beamte hat nicht einmalig versagt,\nsondern uber einen Zeitraum von etwa einem halben Jahr in vier Fallen Geld von\nKolleginnen entwendet oder dies versucht. \n--- \n--- \n| 44 \n--- \n| Es ist auch nicht der Milderungsgrund des Handelns in einer psychischen\nAusnahmesituation gegeben. Eine solche Situation wird in aller Regel\nhervorgerufen durch den plotzlichen unvorhergesehenen Eintritt eines\nEreignisses, das gemaß seiner Bedeutung fur die besonderen Lebensumstande des\nBetroffenen bei diesem einen seelischen Schock auslost, der seinerseits zur\nBegehung des Dienstvergehens fuhrt (BVerwG, Urteil vom 09.05.2001 - 1 D 22.00\n-, BVerwGE 114, 240). Ein solcher Schock, der zur Begehung des Dienstvergehens\ndes Beklagten gefuhrt haben konnte, ist indes nicht ersichtlich. \n--- \n--- \n| 45 \n--- \n| Ferner vermag der Senat keine Verhaltensweisen des Beklagten mit noch\ngunstigen Personlichkeitsprognosen festzustellen, die das begangene\nDienstvergehen in einem milderen Licht erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Urteil\nvom 25.10.2007, a.a.O.). Insbesondere hat der Beklagte nicht bereits vor\nEntdeckung der Tat sein Fehlverhalten offenbart und/oder den entstandenen\nSchaden ausgeglichen. \n--- \n--- \n| 46 \n--- \n| Der Entfernung des Beklagten aus dem Dienst steht auch nicht der von ihm\nvornehmlich geltend gemachte Entlastungsgrund einer erheblich verminderten\nSchuldfahigkeit entgegen. Allerdings kann nach der Rechtsprechung des\nBundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 29.05.2008 und vom 03.05.2007, jew.\na.a.O.; Beschluss vom 27.10.2008 - 2 B 48.08 -, juris) wegen der von den\nBemessungsvorgaben gemaß § 13 Abs. 1 Satze 2 bis 4 BDG geforderten\nprognostischen Gesamtwurdigung die Frage, ob der Beamte im Zustand\nverminderter Schuldfahigkeit gehandelt hat, bei Zugriffsdelikten und den ihnen\nvergleichbaren Kollegendiebstahlen nicht schematisch als unbeachtlich\nbehandelt werden. Liegt eine erhebliche Verminderung der Schuldfahigkeit des\nBeamten im Sinne des § 21 StGB vor, ist dieser Umstand bei der Bewertung der\nSchwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht\nheranzuziehen. Er kann eine Disziplinarmaßnahme zwar nicht ausschließen, muss\naber Anlass zu Überlegungen geben, ob dann noch die scharfste\nDisziplinarmaßnahme geboten ist. \n--- \n--- \n| 47 \n--- \n| Hinsichtlich der Frage, ob der Beklagte das Dienstvergehen im Zustand\nerheblich verminderter Schuldfahigkeit begangen hat, ist der Senat nicht an\ndie entsprechenden Feststellungen im rechtskraftigen Strafurteil des\nAmtsgerichts ... vom 27.10.2004 gemaß §§ 57 Abs. 1, 65 Abs. 1 Satz 1 BDG\ngebunden. Denn die Feststellungen eines rechtskraftigen Strafurteils zur\nSchuldfahigkeit binden das Disziplinargericht nur, soweit sie sich auf die\nFrage beziehen, ob der Betreffende schuldfahig oder schuldunfahig im Sinne des\n§ 20 StGB ist. Ist - wie hier - die Frage der Schuldunfahigkeit mit bindender\nWirkung verneint, bleibt es Sache des erkennenden Gerichts, fur die Bemessung\nder Disziplinarmaßnahme festzustellen, ob bei Vorliegen der\nEingangsvoraussetzungen des § 20 StGB ein Fall verminderter Schuldfahigkeit\ngegeben ist und welchen Grad die Minderung gegebenenfalls erreicht (vgl.\nBVerwG, Urteil vom 29.05.2008, a.a.O.; Urteil des Senats vom 28.04.2009 - DB\n16 S 3390/08 -). \n--- \n--- \n| 48 \n--- \n| Erheblich verminderte Schuldfahigkeit gemaß §§ 20, 21 StGB setzt voraus,\ndass die Fahigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht\nzu handeln, wegen einer Storung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung\nerheblich eingeschrankt war. Fur die hier relevante Frage der\nSteuerungsfahigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermogen so stark\nherabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger\nWiderstand als gewohnlich entgegenzusetzen vermochte. Die Frage, ob die\nVerminderung der Steuerungsfahigkeit auf Grund einer krankhaften seelischen\nStorung „erheblich" war, ist eine Rechtsfrage, die die Disziplinargerichte\nohne Bindung an die Einschatzung Sachverstandiger in eigener Verantwortung zu\nbeantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der\nPersonlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor,\nwahrend und nach der Tat und der Berucksichtigung der Tatumstande,\ninsbesondere der Vorgehensweise. Fur die Annahme einer erheblichen Minderung\nder Schuldfahigkeit sind schwerwiegende Gesichtspunkte heranzuziehen wie etwa\nPsychopathien, Neurosen, Triebstorungen, leichtere Formen des Schwachsinns,\naltersbedingte Personlichkeitsveranderungen, Affektzustande sowie\nFolgeerscheinungen einer Abhangigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten.\nDie Erheblichkeitsschwelle liegt umso hoher, je schwerer das in Rede stehende\nDelikt wiegt. Dementsprechend hangt im Disziplinarrecht die Beurteilung der\nErheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der\nverletzten Dienstpflichten ab und wird die Schwelle der Erheblichkeit damit\nbei Zugriffsdelikten und dem ihnen gleichzusetzenden Kollegendiebstahl nur in\nAusnahmefallen erreicht sein (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 29.05.2008\nund Beschluss vom 27.10.2008, jew. a.a.O.). \n--- \n--- \n| 49 \n--- \n| Im Anschluss an das zeitnah zu den Dienstvergehen des Beklagten erstellte\npsychiatrische Gutachten des ... vom 11.02.2004, an den Entlassungsbericht der\nKlinik ... vom 04.12.2003 und an die facharztliche Stellungnahme des den\nBeklagten behandelnden Chefarztes der Fachklinik fur Psychiatrie und\nPsychosomatik ... vom 05.12.2003 geht der Senat davon aus, dass der Beklagte\ndas Dienstvergehen im Zustand erheblich verminderter Schuldfahigkeit begangen\nhat. \n--- \n--- \n| 50 \n--- \n| Das von der Staatsanwaltschaft ... eingeholte psychiatrische Gutachten des\nFacharztes fur Psychiatrie, Psychotherapie, Neurologie ..., vom 11.02.2004\ngelangt zu dem Ergebnis, dass bei dem Beklagten eine Personlichkeitsstorung\nmit zwanghaften und angstlich-selbstunsicheren Anteilen (ICD 10: F 61.)\nbesteht, die sich im taglichen Leben in einer deutlichen Aggressionshemmung\nund der Unfahigkeit auswirken, Wunsche zu formulieren und sie durchzusetzen.\nEs sei zu einer Verschiebung dieser Wunsche hin auf das Verlangen gekommen,\nheimlich in die Intimsphare der Frauen einzudringen und etwas von ihnen in\nBesitz zu nehmen. Dieser Vorgang sei neurotisch motiviert und in seiner\nEntstehung dem Bewusstsein des Beklagten weitgehend entzogen gewesen. Zwar sei\ndie Einsichtsfahigkeit zum Zeitpunkt der Taten davon nicht betroffen gewesen,\ndoch musse die Steuerungsfahigkeit als erheblich vermindert angesehen werden.\nDiese Angaben hat ... in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht ... am\n27.10.2004 ausweislich des Protokolls bestatigt. Nach dem Entlassungsbericht\nder ..., in der sich der Beklagte vom 30.10. bis zum 27.11.2003 zur\nstationaren psychiatrischen Behandlung aufgehalten hat, ist bei dem Beklagten\ndie Diagnose einer mittelgradigen depressiven Reaktion bei spezifischer\nabnormer Gewohnheit und Storung der Impulskontrolle auf dem Hintergrund einer\nausgepragten anankastischen (zwanghaften) Personlichkeitsstorung gestellt\nworden. Bei den Delikten sei die Schuldfahigkeit mit an Sicherheit grenzender\nWahrscheinlichkeit nicht nur eingeschrankt, sondern aufgehoben gewesen. Der\nBeklagte habe bereits zwei Jahre zuvor gegen imperative Wunsche angekampft,\nsich den Geldborsen von Mitarbeiterinnen zu nahern, bis er schließlich nicht\nmehr habe widerstehen konnen. Er habe sich wie magnetisch von den Geldborsen\nangezogen gefuhlt. Ein Gefuhl von Schuld sei, trotz seiner sonstigen\nGewissenhaftigkeit dabei nicht aufgetreten. Er habe unter Zwang gehandelt und\nnach den Diebstahlen ein befreiendes Gefuhl „ich hab`s geschafft" gehabt, um\ndanach wiederum in Selbstvorwurfe zu geraten. Er habe es jedoch aus Scham vor\nder Handlung nicht gewagt, sich jemandem zu offenbaren. Der Beklagte sei in\neinem lustfeindlichen und autoritaren Milieu aufgewachsen und habe von fruh an\ndie Haltung, fur andere da sein und es ihnen recht machen zu mussen,\nverinnerlicht. Zweifel und das Hinterfragen von Befehlen und Wunschen seien\nihm verboten gewesen. Nachdem er eine Beziehung und letztlich die Ehe zu\nseiner Ehefrau eingegangen sei, sei es ihm auch verboten gewesen, erotische\nPhantasien und Wunsche gegenuber anderen Frauen zu entwickeln, welche sich\ndann doch eingestellt hatten. Das imperative Verbot des rigiden und\nuberstrengen Über-Ich des Patienten habe sich als neurotische\nKompromissbildung vom realen Objekt, den von ihm letztlich doch als attraktiv\nempfundenen Mitarbeiterinnen, auf den Wunsch auf etwas verschoben, das mit\nihnen in Verbindung gestanden sei und mit den Attituden „Intim, Geheimnis,\nNahe und Eindringen" zu tun gehabt habe. Dies habe zwingend-impulsiven\nCharakter gehabt. Die Rigiditat und die Strenge des Über-Ichs wurden die Macht\nder deliktischen Impulse erklaren. In der arztlichen Bescheinigung vom\n05.12.2003 fuhrt der den Beklagten behandelnde ... zusammenfassend aus, dass\nes sich um massive Zwangshandlungen auf dem Hintergrund einer schwerwiegenden\nseelischen Storung handele, wobei der Beklagte primar ein uberaus\ngewissenhafter, sittenstrenger und gegenuber anderen uberzuvorkommender Mensch\nsei, bei dem es im Rahmen von Impulsdurchbruchen zu den delinquenten\nHandlungen gekommen sei. \n--- \n--- \n| 51 \n--- \n| Unter Berucksichtigung dieser Stellungnahmen geht auch der Senat, ebenso\nwie das Amtsgericht ... in seinem Urteil vom 27.10.2004, von einer erheblich\nverminderten Schuldfahigkeit des Beklagten zum Zeitpunkt der Tatbegehung auf\nGrund einer ausgepragten Personlichkeitsstorung mit zwanghaften Anteilen aus.\nSoweit die Klagerin gegen eine solche Wertung vorbringt, dass der Beklagte,\nwie der Diebstahl zu Lasten der Kollegin ... am 03.09.2003 zeige (vgl. deren\nBeschuldigtenvernehmung, Blatt 47 ff. der Strafakte des Amtsgerichts ...),\ngeplant und zielgerichtet vorgegangen sei, und dass der Beklagte oft vor den\nTaschen der Frauen gestanden habe, ohne etwas entwendet zu haben, war dies dem\nGutachter ... ausweislich der Angaben in seinem Gutachten vom 11.02.2004\nbekannt. Diese Verhaltensweisen wurde in dem Gutachten aber - angesichts der\nin der arztlichen Bescheinigung des ... vom 05.12.2003 hervorgehobenen\nkrankhaften Impulsdurchbruche bei Tatbegehung auch dem Senat nachvollziehbar\n-lediglich als Umstande bewertet, die nicht zur vollstandigen Aufhebung der\nSteuerungsfahigkeit fuhren, aber nicht die Annahme einer erheblich\nverminderten Schuldfahigkeit in Frage stellen. Vor diesem Hintergrund sieht\nder Senat fur eine weitere Aufklarung der Frage des Grades der Verminderung\nder Schuldfahigkeit, etwa durch Einholung eines weiteren\nSachverstandigengutachtens, auch in Anbetracht der unsicheren Basis einer\nmehrjahrig nachtraglichen Beurteilung (vgl. dazu VGH Bad.-Wurtt., Beschluss\nvom 17.04.2000 - 4 S 1588/98 -, juris; VG Sigmaringen, Urteil vom 22.12.2004 -\n5 K 1484/03 -, VENSA), zumal nach abgeschlossener Therapie des Beklagten,\nkeinen Anlass. \n--- \n--- \n| 52 \n--- \n| Die erheblich verminderte Schuldfahigkeit des Beklagten fuhrt hier nicht\ndazu, dass von dessen Entfernung aus dem Dienst abgesehen werden kann. Dieser\nUmstand ist allerdings mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht bei der\nBewertung der Schwere des Dienstvergehens heranzuziehen. Bei der dazu\ngebotenen Wurdigung der weiteren Begebenheiten des Einzelfalls (vgl. BVerwG,\nUrteil vom 29.05.2008 und Beschluss vom 27.10.2008, jew. a.a.O.; Urteil des\nSenats vom 02.04.2009 - DL 16 S 3290/08 -, juris) kommt der Senat hier zu dem\nSchluss, dass der Beklagte auch bei Berucksichtigung der erheblich geminderten\nSchuldfahigkeit mit dem ihr zukommenden Gewicht im Zolldienst untragbar ist.\nDabei ist zunachst zu berucksichtigen, dass es sich bei der Pflicht, das\nEigentum von Kollegen zu achten, um eine leicht einsehbare und sich jedem\nMitarbeiter ohne weiteres aufdrangende Kernpflicht handelt und der Beklagte\nausweislich des Gutachtens des ... vom 11.02.2004 und dessen Aussagen in der\nHauptverhandlung vor dem Amtsgericht ... am 27.10.2004 in entsprechender\nEinsichtsfahigkeit gehandelt hat. Ferner ist zu berucksichtigen, dass der\nBeklagte in mehreren Fallen und dazu uber einen langeren Zeitraum auf das Geld\nvon Kolleginnen zugegriffen hat, davon in einem Fall sogar nach dem Rat an\neine Kollegin, in die Hosentasche gestecktes Geld in einen Geldbeutel zu tun,\nauf den der Beklagte dann Zugriff nahm. Es kommt hinzu, dass der Beklagte die\nDiebstahle begangen hat, kurz nachdem er wegen Auffalligkeiten im Zusammenhang\nmit der Absicht, sich Mehrwertsteuer unberechtigt erstatten zu lassen, in\neinem Personalgesprach mit dem Vorsteher des Hauptzollamtes ... vom 31.01.2003\neindringlich gemahnt wurde, sich kunftig korrekt zu verhalten. Mithin ist eine\nkurz vor Begehung der dem Beklagten zur Last gelegten Taten ergangene Mahnung\nseines Dienstvorgesetzten zu gesetzestreuem Verhalten, die der Beklagte in der\nmundlichen Verhandlung vor dem Senat eingeraumt hat, erfolglos geblieben.\nSchon diese Umstande lassen es fur sich genommen als nahezu ausgeschlossen\nerscheinen, Vorgesetzten und Kollegen auch unter Berucksichtigung einer\nfestgestellten erheblich verminderten Schuldfahigkeit eine weitere\nZusammenarbeit mit dem Beklagten zuzumuten. Insoweit fallt auch auf, dass das\nvon dem Beklagten vorgelegte Schreiben von Mitarbeitern seiner Dienststelle\nvom 22.06.2005, in dem zu Gunsten des Beklagten gebeten wird, „Gnade vor Recht\nwalten zu lassen" lediglich von sechs Kollegen unterzeichnet wurde und auch\nzwei Kolleginnen, die von dem Beklagten bestohlen wurden, sich dieser Bitte\nnicht angeschlossen haben. \n--- \n--- \n| 53 \n--- \n| Weiter stellt der Senat in Rechnung, dass der Beklagte - wenn er auch bei\nBegehung der ihm zur Last gelegten Taten erheblich vermindert schuldfahig war\n- durchaus in der Lage gewesen ist, in anderen Fallen von seinem Drang Abstand\nzu nehmen, Geld von Kolleginnen zu entwenden, als er vor deren Taschen stand.\nZudem hat sich der Beklagte nach den Diebstahlen „Selbstvorwurfe" gemacht und\nin der mundlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, dass ihm die Diebstahle\nkurz nach der Tat leid getan hatten. Fur ihn ist es nach dem psychiatrischen\nGutachten des ... vom 11.02.2004 zudem - zwanghaft - vornehmlich darum\ngegangen, etwas aus den Geldbeuteln der Frauen herauszunehmen und damit in die\nIntimsphare der Frauen einzudringen, wahrend es ihn seinen Angaben bei der\nUntersuchung am 20.01.2004 zufolge weniger gereizt habe, das Geld zu besitzen\nund er das Geld zunachst in einem Umschlag im Auto mitgefuhrt und erst dann\nnach und nach ausgegeben habe. Diese Umstande belegen aber, dass der Beklagte\njedenfalls nach Begehung der Diebstahle, die er nach den Angaben seines ihn\nbehandelnden Psychiaters im Wege von krankhaften Impulsdurchbruchen begangen\nhat, durchaus die Moglichkeiten zu Korrekturen seines Verhaltens gegenuber\nseinen Kolleginnen oder jedenfalls dazu gehabt hatte, fur sich geeignete Hilfe\nin Anspruch zu nehmen. So fuhrte der Beklagte in der mundlichen Verhandlung\nvor dem Senat auch aus, er habe schon bemerkt, dass etwas mit ihm nicht in\nOrdnung gewesen sei. Bei Einbeziehung dieser Aspekte fuhrt die\ndisziplinarische Wurdigung des Gewichts des Dienstvergehens auch unter\nBerucksichtigung einer tatbezogen gegebenen erheblich verminderten\nSchuldfahigkeit zu dem Ergebnis, dass der Beamte das Vertrauen seines\nDienstherrn endgultig verloren hat und damit fur den Dienst in der\nZollverwaltung untragbar geworden ist. \n--- \n--- \n| 54 \n--- \n| Der Umstand, dass dem Beklagten in dem zuletzt von ... vorgelegten\narztlichen Attest vom 09.05.2008 bescheinigt wird, dass er sich psychisch\nstabilisiert habe, nicht mehr behandlungsbedurftig sei und mit an Sicherheit\ngrenzender Wahrscheinlichkeit erneute pathologische Handlungen ausgeschlossen\nwerden konnten, fuhrt ebenfalls nicht zum Absehen von der disziplinaren\nHochstmaßnahme. \n--- \n--- \n| 55 \n--- \n| Zwar kann von einer Entfernung aus dem Dienst abgesehen werden, wenn auf\nGrund einer prognostischen Gesamtwurdigung auf der Grundlage aller im\nEinzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen\nwerden kann, dass der Beamte kunftig nicht mehr in erheblicher Weise gegen\nDienstpflichten verstoßen wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 29.05.2008 und vom\n03.05.2007), wobei hier dahinstehen kann, ob - wie von der Klagerin\nproblematisiert -, eine Wiederholungsgefahr im Wege der „Überwindung einer\nnegativen Lebensphase" unmittelbar nach der Tatbegehung oder doch in einem mit\nder Tatbegehung engen Zusammenhang stehenden Zeitraum weggefallen sein muss.\nDenn eine prognostische Gesamtwurdigung, ob der Beamte auch kunftig in\nerheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen wird, ist dann nicht mehr\nanzustellen, wenn die durch das Fehlverhalten des Beamten herbeigefuhrte\nSchadigung des Ansehens des Berufsbeamtentums auch bei einer Fortsetzung des\nBeamtenverhaltnisses nicht wieder gutzumachen ist (vgl. ebenfalls BVerwG,\nUrteile vom 29.05.2008 und vom 03.05.2007, a.a.O.; vgl. auch Urteile des\nSenats vom 18.06.2009 - DL 16 S 71/09 -, juris und vom 02.04.2009, a.a.O.).\nAngesichts der oben dargelegten Umstande ist auch unter Berucksichtigung der\ntatbezogen erheblich verminderten Schuldfahigkeit des Beklagten bei den von\nihm hier zu Lasten von Kolleginnen begangenen Diebstahlen diese Voraussetzung\ngegeben. Durch diese Diebstahle hat der Beklagte auch bei Wurdigung aller be-\nund entlastenden Gesichtspunkte, insbesondere einer im Anschluss an die\nTatbegehung erfolgreich abgeschlossenen Therapie, eine beamtenunwurdige\nHaltung an den Tag gelegt, die zu einer irreparablen Beschadigung des Ansehens\ndes Berufsbeamtentums gefuhrt hat. \n--- \n--- \n| 56 \n--- \n| Damit vermag der Senat - ebenso wie das Verwaltungsgericht - unter\nBerucksichtigung aller in Betracht kommenden Umstande, auch der langjahrigen\ndienstlichen Unbescholtenheit des Beklagten und seiner ordentlichen\ndienstlichen Beurteilungen, nicht zu erkennen, dass die von der Schwere des\nDienstvergehens ausgehende Indizwirkung fur den eingetretenen\nVertrauensverlust durch vorrangig zu berucksichtigende und durchgreifende\nEntlastungsgrunde entfallen ist und der Beklagte gegenuber seinem Dienstherrn\nnoch ein Restvertrauen fur sich in Anspruch nehmen konnte. Ist das\nVertrauensverhaltnis zwischen dem Beklagten und seinem Dienstherrn zerstort,\nerweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhaltnis als angemessene\nReaktion. Die hierin liegende Harte ist fur den Beklagten - auch unter\nfamiliaren und wirtschaftlichen Gesichtspunkten - nicht unverhaltnismaßig, da\nsie auf zurechenbarem Verhalten beruht. \n--- \n--- \n| 57 \n--- \n| Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 BDG in Verbindung mit § 154\nAbs. 2 VwGO und umfasst zugleich die Kosten des Revisionsverfahrens. Obgleich\nder Beklagte im Revisionsverfahren obsiegt hat, ist er auch insoweit zur\nKostentragung verpflichtet (vgl. VGH Bad.-Wurtt., Urteil vom 17.12.2008 - 3 S\n358/08 - m.w.N.). \n--- \n--- \n| 58 \n--- \n| Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen der §§\n132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG vorliegt. \n--- \n \n## Gründe\n\n| | \n--- \n| 36 \n--- \n| Die zulassige Berufung des Beklagten ist unbegrundet. Die Disziplinarkammer\nhat den Beklagten entsprechend dem Antrag der Klagerin zu Recht aus dem\nBeamtenverhaltnis entfernt. \n--- \n--- \n| 37 \n--- \n| Da der Beamte die Berufung zulassigerweise auf das Disziplinarmaß\nbeschrankt hat, steht fur den Senat bindend fest, dass er mit dem von dem\nVerwaltungsgericht im Anschluss an das Urteil des Amtsgerichts ... vom\n27.10.2004 festgestellten Verfehlungen (Diebstahl von Bargeld zu Lasten von\nKolleginnen in vier Fallen, wobei es in einem Fall beim Versuch verblieben\nist) schuldhaft die ihm obliegenden Beamtenpflichten aus § 54 Satze 2 und 3\nBBG a.F., jetzt: § 61 Abs. 1 Satze 2 und 3 BBG, (Pflichten, das Amt\nuneigennutzig und nach bestem Wissen zu verwalten und mit seinem Verhalten dem\nVertrauen und der Achtung gerecht zu werden, die sein Beruf erfordern)\nschuldhaft verletzt und ein einheitliches Dienstvergehen im Sinne des § 77\nAbs. 1 Satz 1 BBG begangen hat. Der Senat hat deshalb nur noch daruber zu\nbefinden, ob die von der Disziplinarkammer ausgesprochene Entfernung aus dem\nDienst (§§ 5 Nr. 5, 10 BDG) gerechtfertigt oder aber, was der Beamte anstrebt,\nauf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen ist. \n--- \n--- \n| 38 \n--- \n| Der Senat teilt die von der Disziplinarkammer getroffene Einschatzung, dass\nauf Grund des festgestellten - schwerwiegenden - Dienstvergehens die\nEntfernung aus dem Dienst unumganglich ist. Das Berufungsvorbringen\nrechtfertigt keine andere Beurteilung. \n--- \n--- \n| 39 \n--- \n| Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich\ngemaß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter\nangemessener Berucksichtigung der Personlichkeit des Beamten und des Umfangs\nder durch das Dienstvergehen herbeigefuhrten Vertrauensbeeintrachtigung. Auf\nGrund dieser Vorgaben ist uber die erforderliche Disziplinarmaßnahme im Wege\neiner prognostischen Gesamtwurdigung unter Berucksichtigung aller im\nEinzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Bei\nschweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach\nseiner gesamten Personlichkeit noch im Beamtenverhaltnis tragbar ist. Gemaß §\n13 Abs. 2 Satz 1 BDG ist ein aktiver Beamter aus dem Beamtenverhaltnis zu\nentfernen, wenn er das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit\nendgultig verloren hat. Dies ist anzunehmen, wenn auf Grund der prognostischen\nGesamtwurdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und\nentlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde\nauch kunftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die\ndurch sein Fehlverhalten herbeigefuhrte Schadigung des Ansehens des\nBerufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhaltnisses nicht\nwieder gutzumachen. Unter diesen Voraussetzungen muss das Beamtenverhaltnis im\nInteresse der Leistungsfahigkeit des offentlichen Dienstes und der Integritat\ndes Berufsbeamtentums beendet werden. Als maßgebendes Bemessungskriterium ist\ndie Schwere des Dienstvergehens gemaß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG richtungweisend\nfur die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Davon ausgehend\nkommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Personlichkeitsbild und zum Umfang der\nVertrauensbeeintrachtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine\nandere als durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte\nDisziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteile vom\n29.05.2008, a.a.O, und vom 03.05.2007 - 2 C 9.06 -, NVwZ-RR 2007, 695). \n--- \n--- \n| 40 \n--- \n| Zutreffend ist die Disziplinarkammer davon ausgegangen, dass der hier\ngegebene Fall des Kollegendiebstahls nach der standigen Rechtsprechung (vgl.\nBVerwG, Urteile vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3,\nvom 29.09.1998 - 1 D 82.97 -, juris und vom 13.03.1996 - 1 D 55.95 -, m.w.N.;\nUrteil des Senats vom 16.10.2008 - 16 S 1109/08 -) hinsichtlich der Schwere im\nGrundsatz der Veruntreuung amtlich anvertrauter Gelder vergleichbar ist. Fur\ndie Zugriffsdelikte wie auch fur den Kollegendiebstahl gilt namlich\ngleichermaßen, dass der Dienstherr sich auf die Ehrlichkeit seiner\nBediensteten verlassen konnen muss. Die in einer Dienststelle zusammen\narbeitenden Bediensteten mussen hinsichtlich der Sicherheit ihres Eigentums\nauf die Ehrlichkeit ihrer Kollegen, die sie sich nicht aussuchen konnen,\nzahlen konnen. Auch die Verwaltung vertraut darauf, dass ein Beamter das\nnotwendige Zusammensein mit seinen Kollegen wahrend der Dienstzeit nicht zu\nstrafbaren Handlungen zu deren Nachteil ausnutzt. Der Diebstahl gegenuber\nKollegen vergiftet das Betriebsklima, stort den Arbeitsfrieden in\nschwerwiegender Weise und beweist eine beamtenunwurdige Haltung (BVerwG,\nUrteile vom 08.08.1995 - 1 D 7.95 -, juris und vom 29.09.1998, a.a.O.; Urteil\ndes Senats vom 16.10.2008, a.a.O.). Auf Grund der Schwere dieses\nDienstvergehens ist die Entfernung aus dem Beamtenverhaltnis grundsatzlich\nRichtschnur fur die Maßnahmebestimmung, wenn die veruntreuten oder gestohlenen\nBetrage - wie hier einschließlich des Versuchs mit insgesamt 215 EUR - die\nSchwelle der Geringwertigkeit von etwa 50 EUR (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom\n22.09.2006 - 2 B 52.06 -, DÖD 2007, 187; Urteil vom 11.06.2002 - 1 D 31.01 -,\nBVerwGE 116, 308; Urteil des Senats vom 28.04.2009 - DB 16 S 3390/08 -)\ndeutlich ubersteigen. Diese Indizwirkung entfallt jedoch, wenn sich im\nEinzelfall auf Grund des Personlichkeitsbilds des Beamten Entlastungsgrunde\nvon solchem Gewicht ergeben, die den Schluss rechtfertigen, dass der Beamte\ndas Vertrauensverhaltnis noch nicht vollends zerstort hat (vgl. hierzu und zum\nFolgenden: BVerwG, Urteile vom 29.05.2008 und vom 25.10.2007, jew. a.a.O.;\nUrteile des Senats vom 16.10.2008, a.a.O. und vom 10.04.2008 - DL 16 S 6/07 -;\nNiedersachs. OVG, Urteil vom 12.04.2007 - 19 LD 4/06 -, juris). \n--- \n--- \n| 41 \n--- \n| Als durchgreifende Entlastungsgesichtspunkte kommen zunachst die in der\nRechtsprechung entwickelten Milderungsgrunde in Betracht. Diese\nMilderungsgrunde, die regelmaßig Anlass fur eine noch positive\nPersonlichkeitsprognose geben, tragen zum einen existenziellen\nwirtschaftlichen Notlagen sowie korperlichen oder psychischen\nAusnahmesituationen Rechnung, in denen ein an normalen Maßstaben orientiertes\nVerhalten nicht mehr erwartet und daher nicht mehr vorausgesetzt werden kann.\nZum anderen erfassen sie ein tatiges Abrucken von der Tat, insbesondere durch\nfreiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des\nFehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Diese Milderungsgrunde sind\njedoch kein abschließender Kanon der hier zu berucksichtigenden\nEntlastungsgrunde. Es ist vielmehr auch nach anderen Entlastungsgrunden\nvergleichbaren Gewichts zu fragen, die die Schwere des Pflichtenverstoßes\nerheblich herabsetzen und damit ein Restvertrauen noch rechtfertigen konnen.\nGenerell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgrunde umso großer sein muss,\nje schwerer das Zugriffsdelikt auf Grund der Schadenshohe, der Anzahl und\nHaufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten" und\nanderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Erforderlich ist\nstets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeintrachtigung auf\nder Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstande. \n--- \n--- \n| 42 \n--- \n| Die Voraussetzungen des zunachst in Betracht zu ziehenden Milderungsgrundes\ndes „Handelns in einer unverschuldeten, ausweglosen wirtschaftlichen Notlage"\n(vgl. BVerwG, Urteil vom 06.06.2007 - 1 D 2.06 -, Urteil vom 13.05.1997 - 1 D\n44.96 -, Urteil vom 26.01.1994 - 1 D 34.93 -, jew. juris; Urteil des Senats\nvom 10.04.2008, a.a.O.) liegen nicht vor. Dieser Milderungsgrund setzt voraus,\ndass der Zugriff auf das Bargeld allein zu dem Zweck erfolgt, eine fur den\nBeamten existenzielle Notlage abzuwenden oder zu mildern (vgl. BVerwG, Urteil\nvom 06.06.2007, a.a.O. m.w.N.; Urteil des Senats vom 10.04.2008, a.a.O.). Ein\nsolcher Fall ist nicht gegeben, da der Beamte zum Tatzeitpunkt wie auch heute\nin geordneten finanziellen Verhaltnissen lebt, wie er nochmals in der\nmundlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat. \n--- \n--- \n| 43 \n--- \n| Auch liegt kein einmaliges, personlichkeitsfremdes Augenblicksversagen in\neiner besonderen Versuchungssituation vor (vgl. zu diesem Milderungsgrund\netwa: BVerwG, Urteile vom 26.02.1997 - 1 D 16.99 -, und vom 04.06.1996 - 1 D\n94.95 -, jew. juris; Urteil des Senats vom 31.01.2008 - DL 16 S 32/06 -; vgl.\nzur unbedachten Gelegenheitstat, die ein gewisses Maß an Spontaneitat,\nKopflosigkeit und Unuberlegtheit voraussetzt, auch VGH Bad.-Wurtt., Urteil vom\n26.11.2001 - DL 17 S 15/01 -, juris). Der Beamte hat nicht einmalig versagt,\nsondern uber einen Zeitraum von etwa einem halben Jahr in vier Fallen Geld von\nKolleginnen entwendet oder dies versucht. \n--- \n--- \n| 44 \n--- \n| Es ist auch nicht der Milderungsgrund des Handelns in einer psychischen\nAusnahmesituation gegeben. Eine solche Situation wird in aller Regel\nhervorgerufen durch den plotzlichen unvorhergesehenen Eintritt eines\nEreignisses, das gemaß seiner Bedeutung fur die besonderen Lebensumstande des\nBetroffenen bei diesem einen seelischen Schock auslost, der seinerseits zur\nBegehung des Dienstvergehens fuhrt (BVerwG, Urteil vom 09.05.2001 - 1 D 22.00\n-, BVerwGE 114, 240). Ein solcher Schock, der zur Begehung des Dienstvergehens\ndes Beklagten gefuhrt haben konnte, ist indes nicht ersichtlich. \n--- \n--- \n| 45 \n--- \n| Ferner vermag der Senat keine Verhaltensweisen des Beklagten mit noch\ngunstigen Personlichkeitsprognosen festzustellen, die das begangene\nDienstvergehen in einem milderen Licht erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Urteil\nvom 25.10.2007, a.a.O.). Insbesondere hat der Beklagte nicht bereits vor\nEntdeckung der Tat sein Fehlverhalten offenbart und/oder den entstandenen\nSchaden ausgeglichen. \n--- \n--- \n| 46 \n--- \n| Der Entfernung des Beklagten aus dem Dienst steht auch nicht der von ihm\nvornehmlich geltend gemachte Entlastungsgrund einer erheblich verminderten\nSchuldfahigkeit entgegen. Allerdings kann nach der Rechtsprechung des\nBundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 29.05.2008 und vom 03.05.2007, jew.\na.a.O.; Beschluss vom 27.10.2008 - 2 B 48.08 -, juris) wegen der von den\nBemessungsvorgaben gemaß § 13 Abs. 1 Satze 2 bis 4 BDG geforderten\nprognostischen Gesamtwurdigung die Frage, ob der Beamte im Zustand\nverminderter Schuldfahigkeit gehandelt hat, bei Zugriffsdelikten und den ihnen\nvergleichbaren Kollegendiebstahlen nicht schematisch als unbeachtlich\nbehandelt werden. Liegt eine erhebliche Verminderung der Schuldfahigkeit des\nBeamten im Sinne des § 21 StGB vor, ist dieser Umstand bei der Bewertung der\nSchwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht\nheranzuziehen. Er kann eine Disziplinarmaßnahme zwar nicht ausschließen, muss\naber Anlass zu Überlegungen geben, ob dann noch die scharfste\nDisziplinarmaßnahme geboten ist. \n--- \n--- \n| 47 \n--- \n| Hinsichtlich der Frage, ob der Beklagte das Dienstvergehen im Zustand\nerheblich verminderter Schuldfahigkeit begangen hat, ist der Senat nicht an\ndie entsprechenden Feststellungen im rechtskraftigen Strafurteil des\nAmtsgerichts ... vom 27.10.2004 gemaß §§ 57 Abs. 1, 65 Abs. 1 Satz 1 BDG\ngebunden. Denn die Feststellungen eines rechtskraftigen Strafurteils zur\nSchuldfahigkeit binden das Disziplinargericht nur, soweit sie sich auf die\nFrage beziehen, ob der Betreffende schuldfahig oder schuldunfahig im Sinne des\n§ 20 StGB ist. Ist - wie hier - die Frage der Schuldunfahigkeit mit bindender\nWirkung verneint, bleibt es Sache des erkennenden Gerichts, fur die Bemessung\nder Disziplinarmaßnahme festzustellen, ob bei Vorliegen der\nEingangsvoraussetzungen des § 20 StGB ein Fall verminderter Schuldfahigkeit\ngegeben ist und welchen Grad die Minderung gegebenenfalls erreicht (vgl.\nBVerwG, Urteil vom 29.05.2008, a.a.O.; Urteil des Senats vom 28.04.2009 - DB\n16 S 3390/08 -). \n--- \n--- \n| 48 \n--- \n| Erheblich verminderte Schuldfahigkeit gemaß §§ 20, 21 StGB setzt voraus,\ndass die Fahigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht\nzu handeln, wegen einer Storung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung\nerheblich eingeschrankt war. Fur die hier relevante Frage der\nSteuerungsfahigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermogen so stark\nherabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger\nWiderstand als gewohnlich entgegenzusetzen vermochte. Die Frage, ob die\nVerminderung der Steuerungsfahigkeit auf Grund einer krankhaften seelischen\nStorung „erheblich" war, ist eine Rechtsfrage, die die Disziplinargerichte\nohne Bindung an die Einschatzung Sachverstandiger in eigener Verantwortung zu\nbeantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der\nPersonlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor,\nwahrend und nach der Tat und der Berucksichtigung der Tatumstande,\ninsbesondere der Vorgehensweise. Fur die Annahme einer erheblichen Minderung\nder Schuldfahigkeit sind schwerwiegende Gesichtspunkte heranzuziehen wie etwa\nPsychopathien, Neurosen, Triebstorungen, leichtere Formen des Schwachsinns,\naltersbedingte Personlichkeitsveranderungen, Affektzustande sowie\nFolgeerscheinungen einer Abhangigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten.\nDie Erheblichkeitsschwelle liegt umso hoher, je schwerer das in Rede stehende\nDelikt wiegt. Dementsprechend hangt im Disziplinarrecht die Beurteilung der\nErheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der\nverletzten Dienstpflichten ab und wird die Schwelle der Erheblichkeit damit\nbei Zugriffsdelikten und dem ihnen gleichzusetzenden Kollegendiebstahl nur in\nAusnahmefallen erreicht sein (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 29.05.2008\nund Beschluss vom 27.10.2008, jew. a.a.O.). \n--- \n--- \n| 49 \n--- \n| Im Anschluss an das zeitnah zu den Dienstvergehen des Beklagten erstellte\npsychiatrische Gutachten des ... vom 11.02.2004, an den Entlassungsbericht der\nKlinik ... vom 04.12.2003 und an die facharztliche Stellungnahme des den\nBeklagten behandelnden Chefarztes der Fachklinik fur Psychiatrie und\nPsychosomatik ... vom 05.12.2003 geht der Senat davon aus, dass der Beklagte\ndas Dienstvergehen im Zustand erheblich verminderter Schuldfahigkeit begangen\nhat. \n--- \n--- \n| 50 \n--- \n| Das von der Staatsanwaltschaft ... eingeholte psychiatrische Gutachten des\nFacharztes fur Psychiatrie, Psychotherapie, Neurologie ..., vom 11.02.2004\ngelangt zu dem Ergebnis, dass bei dem Beklagten eine Personlichkeitsstorung\nmit zwanghaften und angstlich-selbstunsicheren Anteilen (ICD 10: F 61.)\nbesteht, die sich im taglichen Leben in einer deutlichen Aggressionshemmung\nund der Unfahigkeit auswirken, Wunsche zu formulieren und sie durchzusetzen.\nEs sei zu einer Verschiebung dieser Wunsche hin auf das Verlangen gekommen,\nheimlich in die Intimsphare der Frauen einzudringen und etwas von ihnen in\nBesitz zu nehmen. Dieser Vorgang sei neurotisch motiviert und in seiner\nEntstehung dem Bewusstsein des Beklagten weitgehend entzogen gewesen. Zwar sei\ndie Einsichtsfahigkeit zum Zeitpunkt der Taten davon nicht betroffen gewesen,\ndoch musse die Steuerungsfahigkeit als erheblich vermindert angesehen werden.\nDiese Angaben hat ... in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht ... am\n27.10.2004 ausweislich des Protokolls bestatigt. Nach dem Entlassungsbericht\nder ..., in der sich der Beklagte vom 30.10. bis zum 27.11.2003 zur\nstationaren psychiatrischen Behandlung aufgehalten hat, ist bei dem Beklagten\ndie Diagnose einer mittelgradigen depressiven Reaktion bei spezifischer\nabnormer Gewohnheit und Storung der Impulskontrolle auf dem Hintergrund einer\nausgepragten anankastischen (zwanghaften) Personlichkeitsstorung gestellt\nworden. Bei den Delikten sei die Schuldfahigkeit mit an Sicherheit grenzender\nWahrscheinlichkeit nicht nur eingeschrankt, sondern aufgehoben gewesen. Der\nBeklagte habe bereits zwei Jahre zuvor gegen imperative Wunsche angekampft,\nsich den Geldborsen von Mitarbeiterinnen zu nahern, bis er schließlich nicht\nmehr habe widerstehen konnen. Er habe sich wie magnetisch von den Geldborsen\nangezogen gefuhlt. Ein Gefuhl von Schuld sei, trotz seiner sonstigen\nGewissenhaftigkeit dabei nicht aufgetreten. Er habe unter Zwang gehandelt und\nnach den Diebstahlen ein befreiendes Gefuhl „ich hab`s geschafft" gehabt, um\ndanach wiederum in Selbstvorwurfe zu geraten. Er habe es jedoch aus Scham vor\nder Handlung nicht gewagt, sich jemandem zu offenbaren. Der Beklagte sei in\neinem lustfeindlichen und autoritaren Milieu aufgewachsen und habe von fruh an\ndie Haltung, fur andere da sein und es ihnen recht machen zu mussen,\nverinnerlicht. Zweifel und das Hinterfragen von Befehlen und Wunschen seien\nihm verboten gewesen. Nachdem er eine Beziehung und letztlich die Ehe zu\nseiner Ehefrau eingegangen sei, sei es ihm auch verboten gewesen, erotische\nPhantasien und Wunsche gegenuber anderen Frauen zu entwickeln, welche sich\ndann doch eingestellt hatten. Das imperative Verbot des rigiden und\nuberstrengen Über-Ich des Patienten habe sich als neurotische\nKompromissbildung vom realen Objekt, den von ihm letztlich doch als attraktiv\nempfundenen Mitarbeiterinnen, auf den Wunsch auf etwas verschoben, das mit\nihnen in Verbindung gestanden sei und mit den Attituden „Intim, Geheimnis,\nNahe und Eindringen" zu tun gehabt habe. Dies habe zwingend-impulsiven\nCharakter gehabt. Die Rigiditat und die Strenge des Über-Ichs wurden die Macht\nder deliktischen Impulse erklaren. In der arztlichen Bescheinigung vom\n05.12.2003 fuhrt der den Beklagten behandelnde ... zusammenfassend aus, dass\nes sich um massive Zwangshandlungen auf dem Hintergrund einer schwerwiegenden\nseelischen Storung handele, wobei der Beklagte primar ein uberaus\ngewissenhafter, sittenstrenger und gegenuber anderen uberzuvorkommender Mensch\nsei, bei dem es im Rahmen von Impulsdurchbruchen zu den delinquenten\nHandlungen gekommen sei. \n--- \n--- \n| 51 \n--- \n| Unter Berucksichtigung dieser Stellungnahmen geht auch der Senat, ebenso\nwie das Amtsgericht ... in seinem Urteil vom 27.10.2004, von einer erheblich\nverminderten Schuldfahigkeit des Beklagten zum Zeitpunkt der Tatbegehung auf\nGrund einer ausgepragten Personlichkeitsstorung mit zwanghaften Anteilen aus.\nSoweit die Klagerin gegen eine solche Wertung vorbringt, dass der Beklagte,\nwie der Diebstahl zu Lasten der Kollegin ... am 03.09.2003 zeige (vgl. deren\nBeschuldigtenvernehmung, Blatt 47 ff. der Strafakte des Amtsgerichts ...),\ngeplant und zielgerichtet vorgegangen sei, und dass der Beklagte oft vor den\nTaschen der Frauen gestanden habe, ohne etwas entwendet zu haben, war dies dem\nGutachter ... ausweislich der Angaben in seinem Gutachten vom 11.02.2004\nbekannt. Diese Verhaltensweisen wurde in dem Gutachten aber - angesichts der\nin der arztlichen Bescheinigung des ... vom 05.12.2003 hervorgehobenen\nkrankhaften Impulsdurchbruche bei Tatbegehung auch dem Senat nachvollziehbar\n-lediglich als Umstande bewertet, die nicht zur vollstandigen Aufhebung der\nSteuerungsfahigkeit fuhren, aber nicht die Annahme einer erheblich\nverminderten Schuldfahigkeit in Frage stellen. Vor diesem Hintergrund sieht\nder Senat fur eine weitere Aufklarung der Frage des Grades der Verminderung\nder Schuldfahigkeit, etwa durch Einholung eines weiteren\nSachverstandigengutachtens, auch in Anbetracht der unsicheren Basis einer\nmehrjahrig nachtraglichen Beurteilung (vgl. dazu VGH Bad.-Wurtt., Beschluss\nvom 17.04.2000 - 4 S 1588/98 -, juris; VG Sigmaringen, Urteil vom 22.12.2004 -\n5 K 1484/03 -, VENSA), zumal nach abgeschlossener Therapie des Beklagten,\nkeinen Anlass. \n--- \n--- \n| 52 \n--- \n| Die erheblich verminderte Schuldfahigkeit des Beklagten fuhrt hier nicht\ndazu, dass von dessen Entfernung aus dem Dienst abgesehen werden kann. Dieser\nUmstand ist allerdings mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht bei der\nBewertung der Schwere des Dienstvergehens heranzuziehen. Bei der dazu\ngebotenen Wurdigung der weiteren Begebenheiten des Einzelfalls (vgl. BVerwG,\nUrteil vom 29.05.2008 und Beschluss vom 27.10.2008, jew. a.a.O.; Urteil des\nSenats vom 02.04.2009 - DL 16 S 3290/08 -, juris) kommt der Senat hier zu dem\nSchluss, dass der Beklagte auch bei Berucksichtigung der erheblich geminderten\nSchuldfahigkeit mit dem ihr zukommenden Gewicht im Zolldienst untragbar ist.\nDabei ist zunachst zu berucksichtigen, dass es sich bei der Pflicht, das\nEigentum von Kollegen zu achten, um eine leicht einsehbare und sich jedem\nMitarbeiter ohne weiteres aufdrangende Kernpflicht handelt und der Beklagte\nausweislich des Gutachtens des ... vom 11.02.2004 und dessen Aussagen in der\nHauptverhandlung vor dem Amtsgericht ... am 27.10.2004 in entsprechender\nEinsichtsfahigkeit gehandelt hat. Ferner ist zu berucksichtigen, dass der\nBeklagte in mehreren Fallen und dazu uber einen langeren Zeitraum auf das Geld\nvon Kolleginnen zugegriffen hat, davon in einem Fall sogar nach dem Rat an\neine Kollegin, in die Hosentasche gestecktes Geld in einen Geldbeutel zu tun,\nauf den der Beklagte dann Zugriff nahm. Es kommt hinzu, dass der Beklagte die\nDiebstahle begangen hat, kurz nachdem er wegen Auffalligkeiten im Zusammenhang\nmit der Absicht, sich Mehrwertsteuer unberechtigt erstatten zu lassen, in\neinem Personalgesprach mit dem Vorsteher des Hauptzollamtes ... vom 31.01.2003\neindringlich gemahnt wurde, sich kunftig korrekt zu verhalten. Mithin ist eine\nkurz vor Begehung der dem Beklagten zur Last gelegten Taten ergangene Mahnung\nseines Dienstvorgesetzten zu gesetzestreuem Verhalten, die der Beklagte in der\nmundlichen Verhandlung vor dem Senat eingeraumt hat, erfolglos geblieben.\nSchon diese Umstande lassen es fur sich genommen als nahezu ausgeschlossen\nerscheinen, Vorgesetzten und Kollegen auch unter Berucksichtigung einer\nfestgestellten erheblich verminderten Schuldfahigkeit eine weitere\nZusammenarbeit mit dem Beklagten zuzumuten. Insoweit fallt auch auf, dass das\nvon dem Beklagten vorgelegte Schreiben von Mitarbeitern seiner Dienststelle\nvom 22.06.2005, in dem zu Gunsten des Beklagten gebeten wird, „Gnade vor Recht\nwalten zu lassen" lediglich von sechs Kollegen unterzeichnet wurde und auch\nzwei Kolleginnen, die von dem Beklagten bestohlen wurden, sich dieser Bitte\nnicht angeschlossen haben. \n--- \n--- \n| 53 \n--- \n| Weiter stellt der Senat in Rechnung, dass der Beklagte - wenn er auch bei\nBegehung der ihm zur Last gelegten Taten erheblich vermindert schuldfahig war\n- durchaus in der Lage gewesen ist, in anderen Fallen von seinem Drang Abstand\nzu nehmen, Geld von Kolleginnen zu entwenden, als er vor deren Taschen stand.\nZudem hat sich der Beklagte nach den Diebstahlen „Selbstvorwurfe" gemacht und\nin der mundlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, dass ihm die Diebstahle\nkurz nach der Tat leid getan hatten. Fur ihn ist es nach dem psychiatrischen\nGutachten des ... vom 11.02.2004 zudem - zwanghaft - vornehmlich darum\ngegangen, etwas aus den Geldbeuteln der Frauen herauszunehmen und damit in die\nIntimsphare der Frauen einzudringen, wahrend es ihn seinen Angaben bei der\nUntersuchung am 20.01.2004 zufolge weniger gereizt habe, das Geld zu besitzen\nund er das Geld zunachst in einem Umschlag im Auto mitgefuhrt und erst dann\nnach und nach ausgegeben habe. Diese Umstande belegen aber, dass der Beklagte\njedenfalls nach Begehung der Diebstahle, die er nach den Angaben seines ihn\nbehandelnden Psychiaters im Wege von krankhaften Impulsdurchbruchen begangen\nhat, durchaus die Moglichkeiten zu Korrekturen seines Verhaltens gegenuber\nseinen Kolleginnen oder jedenfalls dazu gehabt hatte, fur sich geeignete Hilfe\nin Anspruch zu nehmen. So fuhrte der Beklagte in der mundlichen Verhandlung\nvor dem Senat auch aus, er habe schon bemerkt, dass etwas mit ihm nicht in\nOrdnung gewesen sei. Bei Einbeziehung dieser Aspekte fuhrt die\ndisziplinarische Wurdigung des Gewichts des Dienstvergehens auch unter\nBerucksichtigung einer tatbezogen gegebenen erheblich verminderten\nSchuldfahigkeit zu dem Ergebnis, dass der Beamte das Vertrauen seines\nDienstherrn endgultig verloren hat und damit fur den Dienst in der\nZollverwaltung untragbar geworden ist. \n--- \n--- \n| 54 \n--- \n| Der Umstand, dass dem Beklagten in dem zuletzt von ... vorgelegten\narztlichen Attest vom 09.05.2008 bescheinigt wird, dass er sich psychisch\nstabilisiert habe, nicht mehr behandlungsbedurftig sei und mit an Sicherheit\ngrenzender Wahrscheinlichkeit erneute pathologische Handlungen ausgeschlossen\nwerden konnten, fuhrt ebenfalls nicht zum Absehen von der disziplinaren\nHochstmaßnahme. \n--- \n--- \n| 55 \n--- \n| Zwar kann von einer Entfernung aus dem Dienst abgesehen werden, wenn auf\nGrund einer prognostischen Gesamtwurdigung auf der Grundlage aller im\nEinzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen\nwerden kann, dass der Beamte kunftig nicht mehr in erheblicher Weise gegen\nDienstpflichten verstoßen wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 29.05.2008 und vom\n03.05.2007), wobei hier dahinstehen kann, ob - wie von der Klagerin\nproblematisiert -, eine Wiederholungsgefahr im Wege der „Überwindung einer\nnegativen Lebensphase" unmittelbar nach der Tatbegehung oder doch in einem mit\nder Tatbegehung engen Zusammenhang stehenden Zeitraum weggefallen sein muss.\nDenn eine prognostische Gesamtwurdigung, ob der Beamte auch kunftig in\nerheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen wird, ist dann nicht mehr\nanzustellen, wenn die durch das Fehlverhalten des Beamten herbeigefuhrte\nSchadigung des Ansehens des Berufsbeamtentums auch bei einer Fortsetzung des\nBeamtenverhaltnisses nicht wieder gutzumachen ist (vgl. ebenfalls BVerwG,\nUrteile vom 29.05.2008 und vom 03.05.2007, a.a.O.; vgl. auch Urteile des\nSenats vom 18.06.2009 - DL 16 S 71/09 -, juris und vom 02.04.2009, a.a.O.).\nAngesichts der oben dargelegten Umstande ist auch unter Berucksichtigung der\ntatbezogen erheblich verminderten Schuldfahigkeit des Beklagten bei den von\nihm hier zu Lasten von Kolleginnen begangenen Diebstahlen diese Voraussetzung\ngegeben. Durch diese Diebstahle hat der Beklagte auch bei Wurdigung aller be-\nund entlastenden Gesichtspunkte, insbesondere einer im Anschluss an die\nTatbegehung erfolgreich abgeschlossenen Therapie, eine beamtenunwurdige\nHaltung an den Tag gelegt, die zu einer irreparablen Beschadigung des Ansehens\ndes Berufsbeamtentums gefuhrt hat. \n--- \n--- \n| 56 \n--- \n| Damit vermag der Senat - ebenso wie das Verwaltungsgericht - unter\nBerucksichtigung aller in Betracht kommenden Umstande, auch der langjahrigen\ndienstlichen Unbescholtenheit des Beklagten und seiner ordentlichen\ndienstlichen Beurteilungen, nicht zu erkennen, dass die von der Schwere des\nDienstvergehens ausgehende Indizwirkung fur den eingetretenen\nVertrauensverlust durch vorrangig zu berucksichtigende und durchgreifende\nEntlastungsgrunde entfallen ist und der Beklagte gegenuber seinem Dienstherrn\nnoch ein Restvertrauen fur sich in Anspruch nehmen konnte. Ist das\nVertrauensverhaltnis zwischen dem Beklagten und seinem Dienstherrn zerstort,\nerweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhaltnis als angemessene\nReaktion. Die hierin liegende Harte ist fur den Beklagten - auch unter\nfamiliaren und wirtschaftlichen Gesichtspunkten - nicht unverhaltnismaßig, da\nsie auf zurechenbarem Verhalten beruht. \n--- \n--- \n| 57 \n--- \n| Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 BDG in Verbindung mit § 154\nAbs. 2 VwGO und umfasst zugleich die Kosten des Revisionsverfahrens. Obgleich\nder Beklagte im Revisionsverfahren obsiegt hat, ist er auch insoweit zur\nKostentragung verpflichtet (vgl. VGH Bad.-Wurtt., Urteil vom 17.12.2008 - 3 S\n358/08 - m.w.N.). \n--- \n--- \n| 58 \n--- \n| Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen der §§\n132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG vorliegt. \n---\n\n |
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162,129 | vg-stuttgart-2009-12-10-8-k-390409 | 160 | Verwaltungsgericht Stuttgart | vg-stuttgart | Stuttgart | Baden-Württemberg | Verwaltungsgerichtsbarkeit | 8 K 3904/09 | 2009-12-10 | 2019-01-16 08:02:16 | 2019-01-17 12:07:09 | Urteil | ## Tenor\n\nDer Vergnugungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und deren\nWiderspruchsbescheid vom 18.09.2009 werden aufgehoben, soweit die darin\nfestgesetzte Vergnugungssteuer den Betrag von 30.524,56 EUR ubersteigt.\n\nDie Klage im Übrigen wird abgewiesen.\n\nDie Klagerin tragt 3/5, die Beklagte 2/5 der Kosten des Verfahrens.\n\nDie Berufung wird zugelassen.\n\n## Tatbestand\n\n| \n---|--- \n| 1 \n--- \n| Die Klagerin wendet sich gegen die Veranlagung zu Vergnugungssteuern fur\nein „Laufhaus". \n--- \n| 2 \n--- \n| Die Klagerin ist ein Unternehmen, dessen Gegenstand die gewerbliche\nZimmervermittlung und der Betrieb von Animierlokalen, Nachtclubs, Wellness-,\nFKK-Clubs, Gaststatten und ahnlichem ist. Im Stadtgebiet der Beklagten hat sie\neine Flache von 2.551,36 m² im ersten und zweiten Obergeschoss eines Gebaudes\n„zum Betrieb eines Laufhauses/Bordell/Vergnugungseinrichtung mit Gaststatten"\nangemietet. Zum 12.02.2008 wurde der Betrieb im „1\\. Bauabschnitt"\naufgenommen. Dieser umfasst einen Teil der Flache des ersten Obergeschosses,\ndie genutzt wird als „Kontakthof" (209,10 m²), Cafeteria fur Raucher und\nNichtraucher (52,91 m²), Elektro-, Sanitar-, Umkleide und Putzraume, Buro,\nzwei Kantinen sowie fur 33 Zimmer, die an Prostituierte vermietet werden\n(346,87 m²). \n--- \n| 3 \n--- \n| Der Gemeinderat der Beklagten hat in offentlicher Sitzung vom 18.12.2007\nseine Vergnugungssteuersatzung neu gefasst. Die Satzung trat zum 01.10.2008 in\nKraft. In der Vorlage zur Neufassung fuhrte der Oberburgermeister der\nBeklagten u.a. aus, dass sich die Notwendigkeit einer Neufassung auch aus\ntatsachlichen Entwicklungen ergebe, mit denen sich die Stadt zunehmend\nauseinanderzusetzen habe (Betrieb von FKK- und Saunaclubs, Laufhausern u.a.).\nDer Vorschlag der Verwaltung versuche, bezogen auf die Verhaltnisse im\nStadtgebiet, ausgewogen fiskalische und ordnungspolitische Aspekte zu\nberucksichtigen. Die kunftige Satzung solle noch einigermaßen uberschaubar\nsein, grundsatzlich eher unerwunschte Vergnugungen besteuern und dies mit dem\nVersuch in sich stimmiger Steuersatze. Der Satzungsentwurf beinhalte erstmals\ndie Besteuerung bestimmter Vergnugungen mit sexuellem Hintergrund. Die\nVerwaltung habe versucht, die Tatbestande aufzunehmen, die absehbar zu\nerwarten bzw. auf Grund von z.B. Baugesuchen bereits bekannt seien. Durch\nVergleich von Satzungen anderer Stadte seien Steuersatze festgelegt worden.\nWie aufwandig und wie erfolgreich sich die Besteuerung von Vergnugungen mit\nsexuellem Hintergrund gestalten werde, konne nur die Zukunft aufzeigen. Die\nVerwaltung sei jedenfalls der Auffassung, dass ordnungs- und speziell\nbaurechtlich nicht verhinderbare Veranstaltungen zumindest einer Besteuerung\nunterzogen werden sollten. \n--- \n| 4 \n--- \n| Die Vergnugungssteuersatzung enthalt u.a. folgende Regelungen: \n--- \n| 5 \n--- \n| **§ 1 Steuergegenstand** \n--- \n| 6 \n--- \n| (1) Die Stadt XXX erhebt eine Vergnugungssteuer. Der Vergnugungssteuer\nunterliegen: \n... \ndas Halten von Filmkabinen zur Vorfuhrung von Sex- und Pornofilmen \nNachtlokale, Tabledance-Lokale oder vergleichbare Betriebe mit erotischen\nDarbietungen \ndie gezielte Einraumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnugungen in Bars,\nSauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen, sowie ahnlichen Einrichtungen \nErotik- und Sexmessen \n... \n--- \n| 7 \n--- \n| ** § 3 Steuerschuldner und Haftung \n** (1) Steuerschuldner ist der Aufsteller bzw. der Unternehmer der\nVeranstaltung. \n(2) Als Unternehmer (Mitunternehmer) der Veranstaltung gilt auch der Inhaber\ngenutzter Raume, Grundstucke oder Einrichtungen bzw. der, der die\nRaumlichkeiten zur Verfugung stellt. \n... \n--- \n| 8 \n--- \n| ** § 4 Erhebungsform, Bemessungsgrundlagen \n** ... \n(3) Fur Vergnugungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 4 wird die Steuer nach dem\nFlachenmaßstab erhoben. \n--- \n| 9 \n--- \n| ** § 5 Maßstabe \n** ... \n(3) Fur den Flachenmaßstab ist die Veranstaltungsflache maßgeblich. Als\nVeranstaltungsflache gelten alle fur das Publikum zuganglichen Flachen mit\nAusnahme der Toiletten und Garderobenraume. \n... \n--- \n| 10 \n--- \n| ** § 8 Steuersatz beim Flachenmaßstab \n** (1) Die Steuer bemisst sich bei Vergnugungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und\n4 nach der Veranstaltungsflache. \n(2) Die Steuer betragt fur jeden angefangenen Kalendermonat je qm der\nVeranstaltungsflache 5 EUR bei Vergnugungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 8\nEUR bei Vergnugungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 4. \n... \n--- \n| 11 \n--- \n| ** § 12 Anzeige- und Erklarungspflichten \n** ... \n(4) Vergnugungen nach § 1 Absatz (1) Nr. 3 und 4 sind spatestens innerhalb von\n1 Woche nach Aufnahme bzw. Einstellung des Betriebes der Steuerabteilung\nschriftlich anzuzeigen. Dabei sind die fur die Berechnung der Steuer\nnotwendigen Flachen anzugeben und auf Nachfrage zu belegen. \n... \n(7) Bei nicht oder nicht vollstandig abgegebenen Erklarungen oder Anzeigen\nnach den Absatzen (1) bis (5) ist die Steuerabteilung berechtigt, Schatzungen\nvorzunehmen. \n--- \n| 12 \n--- \n| Mit Schreiben vom 12.03.2008 informierte die Beklagte die Klagerin uber das\nInkrafttreten der Satzung und bat um Mitteilung der genauen\nVeranstaltungsflache. Unter dem 29.07.2008 teilte die Klagerin der Beklagten\nmit, dass die derzeitige Veranstaltungsflache 209,10 m² betrage. \n--- \n| 13 \n--- \n| Mit **Bescheid vom 12.11.2008** setzte die Beklagte Vergnugungssteuern in\nHohe von insgesamt 53.504 EUR gegen die Klagerin fest. Der Anlage zum\nSteuerbescheid ist zu entnehmen, dass fur das „Laufhaus" 608 m² fur 11 Monate\nzu Grunde gelegt wurden. Weil die Angabe der Veranstaltungsflache\nunvollstandig gewesen sei, sei eine Schatzung nach § 12 Abs. 7 der\nVergnugungssteuersatzung erfolgt. \n--- \n| 14 \n--- \n| Die Klagerin erhob gegen den Bescheid am 09.12.2008 Widerspruch und\nbeantragte die Aussetzung der Vollziehung. Sie trug im Wesentlichen vor: Sie\nsei nicht Steuerschuldnerin. Sie betreibe lediglich eine gewerbliche\nZimmervermietung und vermiete einzelne Zimmer gegen eine Tagespauschale an\nProstituierte, die in den Raumen ihrem Gewerbe nachgehen konnten. Das\nZurverfugungstellen von Raumlichkeiten stelle keine Beziehung zum\nSteuertatbestand her, weil rechtlich gesehen lediglich die Raumuberlassung\ngewahrt werde. Sie, die Klagerin, ziehe aus dem Angebot sexueller Handlungen\ngegen Entgelt keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil. Sie schaffe\nlediglich die Moglichkeit fur Dritte, den die Steuerpflicht begrundenden\nTatbestand zu verwirklichen. Die Regelungen uber den Flachenmaßstab seien\nwegen des Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG unwirksam. Die Steuer belaufe sich\nauf 8 EUR/m² und angefangenen Kalendermonat unabhangig davon, ob und wie oft\ndie Flache tatsachlich zeitlich in Anspruch genommen werde bzw. wie viele\nsexuelle Handlungen vorgenommen wurden. Die Steuer betrage damit fur eine\nProstituierte, die ein Zimmer und damit eine bestimmte Flache fur einen Tag im\nMonat nutze, dasselbe wie wenn sie das Zimmer bzw. die Flache wahrend mehrerer\nTage im Monat oder den ganzen Monat lang nutze. Jedenfalls sei aber die dem\nSteuerbescheid zu Grunde gelegte Veranstaltungsflache falsch. Eine Schatzung\nhatte nicht erfolgen durfen. Davon abgesehen gelte die Satzung nur fur die dem\nPublikum zuganglichen Flachen mit Ausnahme der Toiletten und Garderoberaume.\nDem Publikum zuganglich sei aber nur der sog. Kontakthof mit einer Flache von\n209,10 m². Bei den ubrigen Flachen handele es sich um Buroraume, Kantinen und\nvermietete Zimmer, die dem Publikum nicht zuganglich seien. Bei den\nvermieteten Zimmern entscheide die einzelne Mieterin, wer Zugang zu dem Raum\nhabe. \n--- \n| 15 \n--- \n| Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 22.05.2009 den Antrag auf Aussetzung\nder Vollziehung ab, weil weder ernstliche Zweifel an der Rechtmaßigkeit des\nBescheides bestunden, noch eine unbillige Harte vorliege. \n--- \n| 16 \n--- \n| Am 24.06.2009 beantragte die Klagerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart die\nAnordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs. Über den Antrag - 8 K\n2393/09 - ist noch nicht entschieden. \n--- \n| 17 \n--- \n| Mit **Widerspruchsbescheid vom 18.09.2009** hat die Beklagte den\nWiderspruch der Klagerin zuruckgewiesen. Zur Klarstellung hielt sie fest: \n--- \n| 18 \n--- \n| Gegenuber der XXX wird damit gemaß der Satzung uber die Erhebung einer\nVergnugungssteuer der Stadt XXX vom 18.12.2007 fur den Zeitraum vom 01.02.2008\n(Eroffnung am 12.02.2008) bis 31.12.2008 eine Vergnugungssteuer in Hohe von\ninsgesamt 53.504 EUR festgesetzt. Die Festsetzung erfolgt fur eine\nVeranstaltungsflache von 608 m² (davon entfallen 209,10 m² auf den Kontakthof,\n52, 91 m² auf die Cafeteria und 346,87 m² auf die Zimmer 1 bis 33; vgl.\ninsgesamt beigefugten Plan) zu einem Satz von monatlich 8 EUR je m²\nVeranstaltungsflache. \n--- \n| 19 \n--- \n| Zur Begrundung fuhrte sie im Wesentlichen aus: Steuerschuldner nach § 3\nAbs. 1 der Satzung sei der Unternehmer der Veranstaltung. Dies sei die\nKlagerin, die das Laufhaus betreibe. Die Klagerin sei ihrer Verpflichtung, die\nVeranstaltungsflache anzugeben, nicht nachgekommen. Die Mitteilung, dass die\nVeranstaltungsflache 209,10 m² betrage, habe sich nur auf die Flache des\nKontakthofes bezogen und nicht auf die ubrigen dem Publikum zuganglichen\nFlachen. Die Stadt habe deshalb anhand der vorhandenen Plane die Flachen\nermittelt und den Bescheid erlassen. Die Flachen der Zimmer seien zu Recht mit\nin die Vergnugungssteuerberechnung einbezogen worden. Diese Flachen seien der\nKlagerin zuzurechnen. Sie betreibe das Laufhaus und stelle bezuglich der\nZimmer nicht nur eine gewerbliche Vermieterin dar. Dies zeige sich auch auf\nder Homepage des Laufhauses, auf der es ausdrucklich heiße: „Ca. 900 m² sind\neroffnet. 35 Zimmer eroffnet (bis 95 demnachst)". Auch bei - unterstellter -\n(Unter-) Vermietung der Zimmer sei das Betreiben des Laufhauses mit samtlichen\ndem Publikum zuganglichen Flachen (mit Ausnahme der Toiletten und\nGarderobenraume) der Klagerin zuzuordnen, da sie damit die gezielte Einraumung\nder Gelegenheit zu sexuellen Vergnugungen ermogliche. Sie trete keinesfalls\nnur als gewerbliche Zimmervermieterin auf, die in keinem Zusammenhang mit der\ndort stattfindenden Tatigkeit stehe. Eine Differenzierung danach, wie die\nFlache zeitlich in Anspruch genommen werde bzw. wie viele sexuelle Handlungen\nvorgenommen wurden, sei nicht erforderlich. Im Steuer- und Abgabenrecht sei\nanerkannt, dass typisierende Betrachtungen angestellt werden und\nPauschalierungen erfolgen konnten. \n--- \n| 20 \n--- \n| Die Klagerin hat am 16.10.2009 Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren\nweiter verfolgt. Unter Berufung auf ihr Vorbringen im Antragsverfahren macht\nsie im Wesentlichen geltend: Die Festlegung von Steuerschuldnern musse auf\ndiejenigen Betroffenen begrenzt bleiben, die in einer hinreichend deutlichen\nBeziehung zum Abgabentatbestand stunden. Sie, die Klagerin, uberlasse\nlediglich Raume, so dass keine rechtliche Beziehung zum Steuertatbestand des §\n1 Nr. 4 der Satzung bestehe. Die Steuer, die sich ausschließlich an der\nVeranstaltungsflache orientiere, sei nicht steuergerecht. Denn sie mache\nkeinen Unterschied, ob der Raum oder die Veranstaltungsflache wenige Tage im\nMonat genutzt werde oder den vollen Monat. Der pauschale Betrag von 8 EUR pro\nm² Veranstaltungsflache verursache eine erdrosselnde Wirkung, denn er bewirke\neine erdruckende Steuerlast. Zugleich sei er willkurlich, da er weder die\ntatsachliche Inanspruchnahme noch die Anzahl der Kunden berucksichtige. Die\nSchatzung, dass die Veranstaltungsflache 608 m² betrage, sei willkurlich. Die\nHohe der Vergnugungssteuer sei ebenfalls willkurlich gewahlt. In\nvergleichbaren Fallen habe beispielsweise die Stadt Koln die Vergnugungssteuer\nauf 2 EUR je angefangene 10 m² Veranstaltungsflache festgelegt und bei\nHinzutreten weiterer Sachverhalte gesteigert. \n--- \n| 21 \n--- \n| In der mundlichen Verhandlung hat die Gesellschafterin der Klagerin\nangegeben, dass derzeit 33 Zimmer an Prostituierte vermietet wurden. Diese\nhielten sich in ihren Zimmern auf und warteten dort auf die Kunden. Vom\nKontakthof aus gingen sternformig Flure ab. Die Flure ergaben einen Rundgang,\nder die Kunden an den Zimmern vorbeifuhre. Die Turen seien auch mal zu. Die\nMieterin entscheide, wen sie mit in das Zimmer nehme. Fur die Zimmer werde\neine Tagespauschale von 105 EUR brutto von der Mieterin erhoben. Mit der\nTagespauschale werde der Zeitraum von 10 Uhr fruh bis 4 Uhr nachts abgegolten.\nDie Zimmer seien alle etwa gleich groß. Sie seien nicht immer alle belegt. Es\nkomme auch vor, dass ein Zimmer langere Zeit nicht belegt sei. Über die\nBelegung fuhre sie Buch. Die Prostituierten mieteten die Zimmer entweder\ntelefonisch oder nach personlicher Vorsprache. Es sei ein standiger Wechsel an\nMieterinnen. Diese wurden in den Zimmern nicht wohnen. Die Cafeteria sei kein\nAnimierlokal. Es sei nicht erwunscht, dass die Prostituierten dort mit den\nKunden Kontakt aufnahmen. Die Preise in der Cafeteria seien „normal". Fur ein\nBier werde beispielsweise 1,90 EUR verlangt. Es wurden dort auch\nSportubertragungen gezeigt. Auf der Flache des Kontakthofs finde wenig statt.\nEs seien dort ein paar Unterhaltungsgerate aufgestellt, fur die\nSpielgeratesteuer gezahlt werde, und ein Dart. Zudem seien dort Internet-\nTerminals aufgestellt und drei Bistrotische mit Sitzgelegenheit. Bedient werde\nan diesen Tischen nicht. Es werde jedoch toleriert, wenn ein Gast sein Getrank\naus der Cafeteria mit zur Kontakthofflache nehme. Es komme auch vor, dass\nProstituierte ihre Kunden mit an die Spielgerate begleiteten. Es sei jedoch\nnicht so, dass dort im eigentlichen Sinne die Kontakte hergestellt wurden\nzwischen Kunde und Prostituierter. \n--- \n| 22 \n--- \n| Die Klagerin beantragt, \n--- \n| 23 \n--- \n| den Vergnugungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und deren\nWiderspruchsbescheid vom 18.09.2009 aufzuheben. \n--- \n| 24 \n--- \n| Die Beklagte beantragt. \n--- \n| 25 \n--- \n| die Klage abzuweisen. \n--- \n| 26 \n--- \n| Zur Begrundung verweist sie auf ihre Ausfuhrungen im Widerspruchsbescheid\nund im Antragsverfahren. Dort hatte sie im wesentlichen vorgetragen, dass die\nVeranstaltungsflache mit 608 m² nicht zu hoch angesetzt sei, nachdem die\nKlagerin auf ihrer Homepage damit werbe, dass 900 m² eroffnet seien. Im\nÜbrigen rechne sie sich auf ihrer Homepage die vermieteten Zimmer auch zu. Sie\nsei damit nicht lediglich gewerbliche Vermieterin, sondern betreibe selbst das\nLaufhaus. Ob bzw. welche Personen nebeneinander die Steuer schuldeten und\ndaher als Gesamtschuldner in Betracht kamen, spiele keine Rolle. \n--- \n| 27 \n--- \n| In der mundlichen Verhandlung betonte der Vertreter der Beklagten, dass\nsich der Betrieb der Klagerin als ein einheitliches Gesamtkonzept darstelle,\nfur das sie auch als solches werbe. Die an die Prostituierten vermieteten\nZimmer konnten nicht losgelost vom ubrigen Raumangebot gesehen werden, weshalb\nauch der Kontakthof und die Cafeteria Veranstaltungsflache im Sinne der\nSatzung seien. Ohne den Kontakthof, die Flure, mithin das „Ambiente" konnten\ndie Prostituierten ihr Gewerbe nicht ausuben. \n--- \n| 28 \n--- \n| Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten\nSchriftsatze einschließlich der Anlagen und die von der Beklagten vorgelegte\nBehordenakte verwiesen. \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| \n---|--- \n| 29 \n--- \n| Die Klage ist zulassig und in dem im Tenor zum Ausdruck kommenden Umfang\nauch begrundet. Der Vergnugungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und\nderen Widerspruchsbescheid vom 18.09.2008 sind rechtswidrig und verletzen die\nKlagerin in ihren Rechten, soweit darin eine Vergnugungssteuer fur die Flache\ndes „Kontakthofs" und der Cafeteria in Hohe von 22.979,44 EUR festgesetzt\nwurde. Die Erhebung einer Vergnugungssteuer in Hohe von 30.524,56 EUR fur die\nFlache der Zimmer, die die Klagerin an Prostituierte vermietet, erfolgte\nhingegen rechtmaßig. Die Bescheide waren deshalb aufzuheben, soweit darin eine\nVergnugungssteuer von mehr als 30.524,56 EUR festgesetzt worden war (§ 113\nAbs. 1 Satz 1 VwGO); die Klage im Übrigen war abzuweisen. \n--- \n| 30 \n--- \n| 1\\. Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide sind die Art. 105 Abs. 2 a\nGG i.V.m. §§ 1, 2 Abs. 1, 9 Abs. 4 KAG i.V.m. den Vorschriften der\nVergnugungssteuersatzung der Beklagten vom 18.12.2007. Soweit in dieser\nSatzung die Erhebung der Vergnugungssteuer nach § 1 Absatz 1 Nr. 4 an die\n„gezielte Einraumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnugungen in Bars,\nSauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen, sowie ahnlichen Einrichtungen"\nanknupft, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Es handelt sich insoweit um\neine ortliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG, die\nbundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig ist. \n--- \n| 31 \n--- \n| Das in Art. 105 Abs. 2 a GG enthaltene Verbot von gleichartigen Steuern\nwird seit jeher dahin ausgelegt, dass es sich nicht auf die herkommlichen\nVerbrauchs- und Aufwandsteuern erstreckt, zu denen die Vergnugungssteuer zahlt\n(vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 26.02.1985 - 2 BvL 14/84 -, BVerfGE 69, 174,\n183; BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, NVwZ 2009, 968).\nAufwandsteuern sind Steuern auf die in der Vermogens- oder\nEinkommensverwendung fur den personlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende\nbesondere Konsumfahigkeit des Steuerpflichtigen. Sie sollen einen besonderen\nAufwand, also eine uber die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs\nhinausgehende Verwendung von Einkommen oder Vermogen erfassen.\nAusschlaggebendes Merkmal ist der Konsum in Form eines außerlich erkennbaren\nZustandes, fur den finanzielle Mittel verwendet werden. Veranstaltungen, die\nfur den Teilnehmer insgesamt unentgeltlich sind, scheiden als\nvergnugungssteuerpflichtig aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.08.1989 - 2 BvR\n1532/88 - NVwZ 1989, 1152; st. Rspr.). Eine Besteuerung von „sexuellen\nVergnugungen" durch den Satzungsgeber setzt demnach voraus, dass der sich\nVergnugende hierfur finanzielle Mittel aufwendet. Derartige Steuern werden\nzwar, soweit ersichtlich, nicht seit jeher als traditioneller Fall einer\nAufwandsteuer angesehen (vgl. insoweit wohl OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil\nvom 18.06.2009 - 14 A 1577/07 - <juris>). Werden Steuern fur entgeltliche\nsexuelle Vergnugungen erhoben, so zielen sie aber darauf ab, die mit der\nEinkommensverwendung fur ein Vergnugen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche\nLeistungsfahigkeit des Einzelnen zu belasten. Sie beruhen auf dem allgemeinen\nGedanken, dass demjenigen, der sich ein - entgeltliches - Vergnugen leistet,\nauch eine zusatzliche Abgabe fur die Allgemeinheit zugemutet werden kann (vgl.\nBVerwG, Urteil vom 03.03.2004 - 9 C 3/03 -, NVwZ 2004, 1128 fur\nTanzveranstaltungen). Steuergegenstand der von der Beklagten nach § 1 Abs. 1\nNr. 4 der Satzung erhobenen Steuer ist zwar nicht direkt der Aufwand fur die\n„sexuelle Vergnugung", vielmehr wird die Steuer bereits fur die „gezielte\nEinraumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnugungen" erhoben. Auch dieser,\nvon der Beklagten gewahlte Steuergegenstand, erfasst aber letztlich den\nfinanziellen (Mehr-) Aufwand, den ein Konsument bereit ist, fur sexuelle\nVergnugungen zu leisten. Besteuert wird auch hier die wirtschaftliche\nLeistungsfahigkeit des sich Vergnugenden - wenn auch nicht erst dann, wenn er\nsich tatsachlich sexuell vergnugt, sondern bereits dann, wenn ihm hierzu\ngezielt die Gelegenheit gegeben wird und er fur die Einraumung der Gelegenheit\nfinanzielle Mittel aufwendet. Insoweit sprechen auch keine rechtlichen\nBedenken dagegen, dass Betriebe wie Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs\neinerseits und Bordelle andererseits, trotz ihrer in der Regel\nunterschiedlichen Konzeptionen, in einem Steuertatbestand zusammen gefasst\nwerden. Die - bloße - Gelegenheit zu sexuellen Vergnugungen kann sowohl in\nderartigen Bars/Clubs als auch in Bordellen gegen Entgelt gezielt eingeraumt\nwerden. Dies erfordert allerdings bei der Festsetzung der Steuer eine genaue\nPrufung, ob der Kunde bzw. Besucher derartiger Betriebe auch tatsachlich fur\ndie bloße Gelegenheit, sich sexuell zu vergnugen, die finanziellen Mittel\naufwendet. \n--- \n| 32 \n--- \n| Soweit in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung nicht ausdrucklich geregelt ist,\ndass die gezielte Einraumung der Gelegenheit nur dann der Vergnugungssteuer\nunterliegt, wenn sie entgeltlich erfolgt, fuhrt dies nicht zur\nRechtswidrigkeit der Regelung. Eine entgeltliche Veranstaltung liegt vor, wenn\nfur die Entgegennahme der oder Teilnahme an der Vergnugung direkte finanzielle\nAufwendungen notwendig sind, z.B. Eintrittsgelder. Auch finanzielle\nAufwendungen, die nur indirekt mit der Veranstaltung verbunden sind,\nbestatigen die Entgeltlichkeit der Vergnugungsentgegennahme, z.B. erhohte\nGetrankepreise, die ein „Eintrittsgeld" mit umfassen. Der Begriff\n„Veranstaltung" ist weit zu fassen. Veranstaltung ist jede personliche oder\nmaschinelle, aktive oder passive Darbietung, die der Unterhaltung im weitesten\nSinne dient, aber nicht einen reinen Leistungsaustausch beinhaltet. Der\nBegriff Veranstaltung ist mit demjenigen der Vergnugung im Wesentlichen\nidentisch (vgl. Birk in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 3 Rdnr. 165).\nGemessen hieran ist das Erfordernis der Entgeltlichkeit ungeschriebenes\nTatbestandsmerkmal des Steuergegenstandes nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung.\nDa die Gelegenheit zur Teilnahme an sexuellen Vergnugungen in den in Nr. 4\ngenannten Betrieben wie Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs oder Bordellen in\naller Regel nur gegen Bezahlung eines Eintrittsgeldes oder gegen Entgelt\nmoglich ist bzw. erhohte Getranke- und Verzehrpreise zu entrichten sind, kann\nin die Regelung hinein gelesen werden, dass von dem Steuertatbestand nur die\nentgeltliche Einraumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnugungen erfasst\nwird. \n--- \n| 33 \n--- \n| Letztlich bestehen grundsatzliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die\nSteuer auf sexuelle Vergnugungen auch nicht deshalb, weil die Beklagte sie vor\nallem deshalb eingefuhrt hat, um ordnungs- und speziell baurechtlich nicht\nverhinderbare Veranstaltungen zumindest einer Besteuerung unterziehen zu\nkonnen. Der kommunale Satzungsgeber ist bei herkommlichen kommunalen Steuern\nmit ortlich begrenztem Wirkungskreis und begrenzter Belastungsintensitat - wie\nhier der Vergnugungssteuer - zur Regelung von Lenkungssteuern zustandig, mag\ndie Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl. Birk in Driehaus,\nKommunalabgabengesetz, § 3 Rdnr. 162 m.w.N.). Der Beklagten war es deshalb\nerlaubt, den Lenkungszweck der Steuer deutlicher in den Vordergrund zu rucken\nund den Finanzierungszweck zurucktreten zu lassen. \n--- \n| 34 \n--- \n| Der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist im vorliegenden\nFall erfullt. Das Laufhaus, das die Klagerin im Stadtgebiet der Beklagten\nbetreibt, ist ein Bordell. Nach ihren Angaben in der mundlichen Verhandlung\nvermietet sie an selbststandig tatige Prostituierte Zimmer gegen eine\nTagespauschale von 105 EUR. Die Prostituierten warten bei geoffneter Zimmertur\nauf ihre Kunden, die durch die Flure des Hauses „laufen". Kommt eine\nVereinbarung zwischen Prostituierter und Kunde zu Stande, kann er ihre Dienste\nin dem von ihr angemieteten Zimmer beanspruchen. Der Besuch des Laufhauses\nkostet keinen Eintritt. Der Gast darf das Haus auch ohne Zahlung irgendeines\nEntgeltes wieder verlassen. \n--- \n| 35 \n--- \n| Den Kunden, die das Laufhaus der Klagerin aufsuchen, wird damit gezielt die\nGelegenheit zu sexuellen Vergnugen gegen Entgelt eingeraumt. Diese -\nentgeltliche - Gelegenheit wird den Kunden nach der dargestellten Konzeption\ndes Hauses allerdings nicht von der Klagerin selbst eingeraumt, sondern nur\nvon den jeweiligen Prostituierten. Nur diesen gegenuber wendet der Kunde, der\nder eigentlich Vergnugungssteuerpflichtige ist, seine finanziellen Mittel auf,\nsei es fur das sexuelle Vergnugungen selbst, sei es fur die bloße Gelegenheit,\nsich sexuell zu vergnugen. Zwischen der Klagerin und den Kunden besteht ein\nsolches „entgeltliches" Verhaltnis nicht. Aber auch im Verhaltnis zwischen der\nKlagerin und den Prostituierten wird der Tatbestand nicht erfullt. Diese\nbezahlen an die Klagerin zwar eine Tagespauschale - und damit ein „Entgelt".\nEs kann aber sicher keine Rede davon sein, dass die Prostituierten dieses\n„Entgelt" an die Klagerin entrichten, weil diese ihnen die Gelegenheit zu\neiner sexuellen Vergnugung einraumen wurde. \n--- \n| 36 \n--- \n| 2\\. Die Klagerin ist Steuerschuldnerin. \n--- \n| 37 \n--- \n| Gemaß § 3 Abs. 1 der Satzung ist Steuerschuldner der Aufsteller bzw. der\nUnternehmer der Veranstaltung. Unternehmerin der Veranstaltung ist die\nKlagerin nicht. Ausgehend davon, dass der Begriff der Veranstaltung gleich\nbedeutend ist mit dem des zu versteuernden „Vergnugens", kann hier nur die\njeweilige Prostituierten die Unternehmerin der Veranstaltung im Sinne des\nAbsatzes 1 und damit die eigentliche Steuerschuldnerin sein. Denn wie\nausgefuhrt, bietet nur sie und nicht die Klagerin den Kunden gegen Entgelt die\nGelegenheit, sich sexuell zu vergnugen. \n--- \n| 38 \n--- \n| Als Unternehmer (Mitunternehmer) der Veranstaltung gilt nach § 3 Absatz 2\nder Satzung aber auch der Inhaber genutzter Raume, Grundstucke oder\nEinrichtungen bzw. der, der die Raumlichkeiten zur Verfugung stellt. Diese\nRegelung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist berechtigt, in\nihrer Satzung neben dem Kreis der „eigentlichen" Abgabenschuldner (vgl. § 2\nAbs. 1 Satz 2 KAG) auch einen Haftungstatbestand festzulegen, mithin also auch\neinen weiteren Abgabenpflichtigen zu bestimmen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1a KAG\ni.V.m. § 33 Abs. 1 AO). Aus dem verfassungsrechtlichen Willkurverbot folgt\nallerdings, dass ein Haftungstatbestand auf denjenigen Betroffenen begrenzt\nbleiben muss, der in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum\nAbgabentatbestand steht. Willkurlich ist eine Haftungsbestimmung dann nicht,\nwenn die haftbar gemachte Person in einem besonderen Verhaltnis, einer\nbesonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand\nsteht oder der betroffene Haftende einen maßgebenden Beitrag zur\nVerwirklichung des steuerbegrundenden Tatbestandes leistet (vgl. VGH Baden-\nWurttemberg, Urteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - <juris>, m.w.N.). Die in § 3\nAbs. 2 der Satzung enthaltene Haftungsbestimmung kann in diesem Sinne\nverfassungskonform ausgelegt werden. Soweit die Haftschuld an die bloße\nZurverfugungstellung von Raumlichkeiten anknupft, kann auch hier die nicht\nausdrucklich aufgenommene Entgeltlichkeit der Raumuberlassung in den\nTatbestand hineingelesen werden, denn bezogen auf die in § 1 der Satzung der\nBesteuerung unterliegenden Steuergegenstande erscheint es fernliegend, dass\neine Raumuberlassung unentgeltlich erfolgen konnte. \n--- \n| 39 \n--- \n| In diesem Sinne gilt die Klagerin als Mitunternehmerin im Sinne des § 3\nAbs. 2 der Satzung und ist folglich Steuerschuldnerin. Sie stellt den\nProstituierten in ihrem Laufhaus gegen eine Tagespauschale von 105 EUR Zimmer\nzur Verfugung, in denen diese den Kunden gegen Entgelt die Gelegenheit\neinraumen konnen, sich sexuell zu vergnugen. Die besondere Beziehung zum\nSteuergegenstand, die ihre Haftungsschuld begrundet, besteht damit zwar nicht\nauf Grund einer besonderen rechtlichen Beziehung zum Steuertatbestand, da sie\nrechtlich lediglich die Raumuberlassung gewahrt (vgl. VGH Baden-Wurttemberg,\nUrteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - <juris>, m.w.N.). Auch durfte in\nAnbetracht der Hohe der Tagespauschale nicht unbedingt von einer besonderen\nwirtschaftlichen Beziehung zum Steuertatbestand auszugehen sein (vgl. insoweit\nbereits zweifelnd in Bezug auf einen wirtschaftlichen Vorteil auch bei einer\nbesonders hohen Miete VGH Baden-Wurttemberg, Urteil vom 10.10.1995 - 2 S\n262/95 - <juris>). Die Klagerin leistet aber einen maßgebenden Beitrag zur\nVerwirklichung des steuerbegrundenden Tatbestandes. Sie ist die Betreiberin\ndes Laufhauses. Sie vermietet nicht nur die Zimmer an die Prostituierten,\nsondern ist verantwortlich fur das Gesamtkonzept des Betriebes, der allein auf\nGrund seiner Große und seines „Ambiente" geeignet erscheint, mehr Kunden zu\nerreichen als ein „klassisches" Bordell. Es ist auch die Klagerin, die fur\ndieses Gesamtkonzept auf der Homepage des Laufhauses wirbt und so maßgeblich\ndazu beitragt, dass das besondere Konzept bei den potentiellen Kunden bekannt\nwird. Insoweit unterscheidet sich die Klagerin wesentlich von einem Vermieter,\nder seinen Mietern lediglich die Raumlichkeiten uberlasst. Denn vor allem auf\ndiese zusatzlichen Leistungen wie Werbung und Bereitstellung eines besonderen\nAmbientes ist es zuruckzufuhren, dass der Steuertatbestand letztlich\nverwirklicht wird. \n--- \n| 40 \n--- \n| 3\\. Soweit die Beklagte fur Vergnugungen nach § 1 Absatz 1 Nr. 4 der\nSatzung als Bemessungsgrundlage den Flachenmaßstab gewahlt hat (§ 4 Abs. 3 der\nSatzung), fur den die Veranstaltungsflache maßgeblich ist (§ 5 Abs. 3 Satz 1\nder Satzung), begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken. Mit der\nVergnugungssteuer soll der Aufwand des sich Vergnugenden besteuert werden,\nweshalb der Steuermaßstab auf diesen Aufwand bezogen sein muss. Am\nsachgerechtesten ist es daher immer, der Besteuerung den individuellen,\nwirklichen Vergnugungsaufwand zu Grunde zu legen. Fur Veranstaltungen, bei\ndenen sich der individuelle Aufwand nicht oder kaum zuverlassig erfassen\nlasst, hat das Vergnugungssteuerrecht jedoch Ersatzmaßstabe in der Gestalt der\nPauschsteuer herausgebildet; bei ihr sieht es von dem wirklichen\nVergnugungsaufwand ab und erfasst statt dessen den wahrscheinlichen\nVergnugungsaufwand, den es einfachen außeren Umstanden entnimmt; hierfur setzt\nes Durchschnittssatze fest (vgl. BVerfG, Urteil vom 10.05.1962 - 1 BvL 31/58 -\nBVerfGE 14, 76). Die weitgehende Gestaltungsfreiheit, die der Gesetzgeber bei\nder Erschließung einer Steuerquelle in Form des Vergnugungsaufwands des\nEinzelnen gerade auch bei der Wahl des Besteuerungsmaßstabes hat, wird\nallerdings durch Art. 3 Abs. 1 GG eine Grenze gesetzt. Wahlt der Satzungsgeber\nim Vergnugungssteuerrecht statt des Wirklichkeitsmaßstabes einen anderen\n(Ersatz- oder Wahrscheinlichkeits-) Maßstab, so ist er auf einen solchen\nbeschrankt, der einen bestimmten Vergnugungsaufwand wenigstens wahrscheinlich\nmacht, weil ein anderer Maßstab dem Wesen der Vergnugungssteuer fremd, also\nnicht sachgerecht ist und deshalb mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit\nnicht zu vereinbaren ware. Der Ersatzmaßstab muss deshalb zumindest einen\n„lockeren Bezug" zum Vergnugungsaufwand des sich Vergnugenden aufweisen, der\ndie Erfassung seines Vergnugungsaufwandes wenigstens wahrscheinlich macht\n(BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - a.a.O., st. Rspr.). Weiterhin\nerfordert eine am Gleichheitssatz ausgerichtete, gerechte Zuteilung der\nVergnugungssteuerlast, dass die Steuer jedenfalls im Ergebnis von demjenigen\naufgebracht wird, der den von der Steuer erfassten Vergnugungsaufwand\nbetreibt. Die Steuer muss daher auf den Benutzer der Veranstaltung abwalzbar\nsein. Hierfur genugt die kalkulatorische Überwalzung in dem Sinne, dass der\nSteuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner\nSelbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der\nWirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Preiserhohung,\nUmsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten - treffen kann. Die\nrechtliche Gewahr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von\ndemjenigen erhalt, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die\nSteuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht\naus, wenn die Steuer auf eine Überwalzung der Steuerlast vom Steuerschuldner\nauf den Steuertrager angelegt ist, auch wenn die Überwalzung nicht in jedem\nEinzelfall gelingt (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, a.a.O.,\nst. Rspr.). \n--- \n| 41 \n--- \n| Der Flachenmaßstab, bei dem es sich um einen pauschalierten Steuermaßstab\nhandelt, stellt gemessen an diesen Anforderungen einen rechtmaßigen\nErsatzmaßstab bei Vergnugungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung dar. Die\nErmittlung des individuellen Aufwands ist bei einem Steuertatbestand, der\ndarauf abstellt, dass der sich Vergnugende finanzielle Mittel fur die\nGelegenheit zu sexuellen Vergnugungen aufwendet, im Grunde nicht feststellbar,\nso dass ein sachgerechter Grund besteht, die Steuer durch eine Pauschale zu\nerheben. Der Flachenmaßstab, der sich pauschal nach der Große der\nVeranstaltungsflache bemisst, weist den erforderlichen „lockeren Bezug" auf,\nda es wahrscheinlich ist, dass der Umfang des Vergnugungsaufwandes mit der\nGroße eines Betriebes wachst (vgl. VGH Baden-Wurttemberg, Beschluss vom\n20.02.1987 - 14 S 330/86 -, BWVPr 1987, 184). Im Übrigen sah auch das fruhere\nVergnugungssteuergesetz fur Baden-Wurttemberg im Einzelfall eine\nPauschalsteuer nach der Große des benutzten Raumes vor (vgl. § 22\nVergnugungssteuergesetz in der Fassung vom 01.04.1964 <GBl. S. 205>). Auch\nwenn diese damalige Pauschalsteuer an andere Voraussetzungen anknupfte wie die\nSatzungsregelung der Beklagten, so zeigt diese fruhere Regelung doch, dass\neine Pauschalierung der Vergnugungssteuer nach dem Flachenmaßstab\ngrundsatzlich als zulassig angesehen wurde (vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen,\nBeschluss vom 18.02.2004 - 14 B 163/04 - <juris>). Bedenken dagegen, dass die\nSteuer nicht auf Abwalzbarkeit angelegt ware, bestehen nicht. \n--- \n| 42 \n--- \n| Ist die Besteuerung nach dem Flachenmaßstab damit grundsatzlich zulassig,\ndurfte die Beklagte bei der Festsetzung der Vergnugungssteuer fur das Laufhaus\ndie „Veranstaltungsflache" zu Grunde legen. Als Veranstaltungsflache gelten\nnach § 5 Abs. 3 Satz 2 der Satzung alle fur das Publikum zuganglichen Flachen\nmit Ausnahme der Toiletten und Garderobenraume. Dies sind im Falle des\nLaufhauses die Flachen der an die Prostituierten vermieteten Zimmer (346,87\nm²), nicht jedoch die ubrigen Flachen des Betriebes. \n--- \n| 43 \n--- \n| Die Große der „Veranstaltungsflache" kann, neben dem Erfordernis der\nZuganglichkeit fur das Publikum, nicht losgelost vom Steuertatbestand\nermittelt werden. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut selbst, denn\nmaßgebend ist die Flache, auf der die Veranstaltung stattfindet. Dies\nbedeutet, dass Flachen eines Betriebes, die der Verwirklichung des\nSteuertatbestandes nicht dienen konnen, nicht fur die Steuerfestsetzung\nherangezogen werden konnen. Unterliegt der Vergnugungssteuer - wie hier - die\neinem Kunden gegen Entgelt gezielt eingeraumte Gelegenheit, sich sexuell zu\nvergnugen, beschrankt sich die maßgebliche „Veranstaltungsflache" damit auf\ndie Flachen, die dem Kunden fur die Inanspruchnahme dieser Gelegenheit zur\nVerfugung gestellt werden. Denn nur dort, wo er finanzielle Mittel aufwendet,\num diese Gelegenheit wahrzunehmen, findet im eigentlichen Sinne die\n„Veranstaltung" statt. \n--- \n| 44 \n--- \n| Die Flachen der an die Prostituierten vermieteten Zimmer erfullen diese\nErfordernisse. Auf den Flachen dieser Zimmer findet die Veranstaltung im Sinne\ndes § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung statt. Die Zimmer sind auch „dem Publikum\nzuganglich", denn es handelt sich nicht etwa um Privatzimmer der\nProstituierten, sondern um Zimmer, die diese zur Ausubung ihres Gewerbes\nnutzen. Damit sind sie gerade darauf ausgerichtet, dass Kunden - und damit\n„das Publikum" \\- sie aufsuchen und Zugang zu ihnen haben. Im Übrigen\nentspricht es gerade der Konzeption eines „Laufhauses", dass jedermann zu den\neinzelnen Zimmern gehen und dort Zutritt erhalten kann, wenn er sich mit der\nProstituierten darauf einigt. Allein der Umstand, dass es der Prostituierten\nuberlassen bleibt, ob sie dem einzelnen Kunden letztlich Zutritt in das Zimmer\ngewahrt oder nicht, schließt die Eigenschaft der Zimmerflachen als\nVeranstaltungsflache nicht aus. Ausschlaggebend ist allein, dass die Zimmer\nnach ihrer Bestimmung dazu dienen, einer wechselnden Kundschaft Raum zu\nbieten. \n--- \n| 45 \n--- \n| Die Flachen des Kontakthofs und der Cafeteria sind jedoch nicht\nVeranstaltungsflache im Sinne des § 5 Abs. 3 der Satzung. Zwar sind auch diese\nFlachen dem Publikum zuganglich. Es fehlt jedoch insoweit am erforderlichen\nBezug zu der zu besteuernden „Veranstaltung". Auf diesen Flachen wird den\nBesuchern des Laufhauses nicht gezielt gegen Entrichtung eines Entgeltes die\nGelegenheit eingeraumt, sich sexuell zu vergnugen. Nach den Angaben der\nGesellschafterin der Klagerin in der mundlichen Verhandlung, die auch von der\nBeklagten nicht in Zweifel gezogen wurden, konnen diese Flachen von den\nBesuchern des Laufhauses unentgeltlich genutzt werden. Die Kontakthofflache\ndient nach der Konzeption des Laufhauses - entgegen ihrer Bezeichnung - auch\nnicht der Kontaktaufnahme zwischen Prostituierter und potentiellem Kunden, so\ndass der Besucher auf dieser Flache zwar die dort aufgestellten Spielgerate\nnutzen kann, ihm hier jedoch noch nicht gegen Entgelt die Gelegenheit\neingeraumt wird, sich sexuell zu vergnugen. Dies ist ebenfalls in der\nCafeteria nicht der Fall, wo eine Kontaktaufnahme ausdrucklich nicht erwunscht\nist und wo im Übrigen fur Getranke die ublichen Gaststattenpreise verlangt\nwerden. Insoweit unterscheidet sich der Betrieb der Klagerin in seiner\nKonzeption wesentlich von solchen Betrieben, in denen fur die gezielte\nEinraumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnugungen ein Entgelt bereits bei\nZutritt verlangt wird, sei es in Form eines „Eintrittsgeldes", sei es in Form\nvon uberhohten Preisen fur Speisen und/oder Getranke. \n--- \n| 46 \n--- \n| Die Beklagte durfte die Flache der Zimmer ihrer Festsetzung letztlich auch\nzu Grunde legen, obwohl die Klagerin ihr diese Flache nicht als\nVeranstaltungsflache angegeben hatte. Gemaß § 12 Abs. 4 der Satzung sind\nVergnugungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung spatestens innerhalb von 1\nWoche nach Aufnahme bzw. Einstellung des Betriebes der Steuerabteilung\nschriftlich anzuzeigen. Dabei sind die fur die Berechnung der Steuer\nnotwendigen Flachen anzugeben und auf Nachfrage zu belegen. Bei nicht oder\nnicht vollstandig abgebebenen Erklarungen oder Anzeigen ist die\nSteuerabteilung der Beklagten nach § 12 Abs. 7 der Satzung berechtigt,\nSchatzungen vorzunehmen. Hier hatte die Klagerin auf Nachfrage der Beklagten\nlediglich die Flache des Kontakthofes als Veranstaltungsflache angegeben. Ihre\nErklarung war damit unvollstandig, so dass die Beklagte zur Schatzung\nberechtigt war, die sie anhand der ihr vorliegenden Bauplane vorgenommen hat.\nDass sie hierbei zu einer unzutreffenden Gesamtflache der Zimmer gekommen\nware, hat die Klagerin selbst nicht behauptet. \n--- \n| 47 \n--- \n| Fur die Festsetzung der Steuer ist deshalb von einer Veranstaltungsflache\nvon 346,87 m² auszugehen. \n--- \n| 48 \n--- \n| 4\\. Der von der Beklagten in § 8 Abs. 2 der Satzung fur Vergnugungen nach §\n1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung festgesetzte Steuersatz von 8 EUR je m² der\nVeranstaltungsflache fur jeden angefangenen Kalendermonat ist rechtlich\nebenfalls nicht zu beanstanden. \n--- \n| 49 \n--- \n| Das grundsatzlich weite Ermessen des Satzungsgebers hinsichtlich der Hohe\ndes Steuersatzes wird lediglich durch das rechtsstaatliche Übermaßverbot einer\nErdrosselungswirkung als außerster Grenze der Besteuerung eingeschrankt. Ein\nunzulassiger Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Berufsfreiheit\nware nur dann anzunehmen, wenn die Besteuerung es in aller Regel und nicht nur\nin Ausnahmefallen unmoglich werden ließe, den gewahlten Beruf ganz oder\nteilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensfuhrung zu machen, wobei\ninsoweit ein durchschnittlicher Betreiber im Gemeindegebiet als Maßstab zu\nnehmen ist, da Art. 12 GG keinen Bestandsschutz fur die Fortsetzung einer\nunwirtschaftlichen Betriebsfuhrung gewahrleistet (BVerwG, Urteil vom\n13.04.2005 - 10 C 5.04 -, DVBl. 2005, 1208 ff.). Es liegen dem Gericht keine\nAnhaltspunkte dafur vor, dass ein Steuersatz von 8 EUR je m² der\nVeranstaltungsflache fur jeden angefangenen Kalendermonat in diesem Sinne eine\nerdrosselnde Wirkung auf die Betreiber von Einrichtungen der in § 1 Abs. 1 Nr.\n4 der Satzung genannten Art haben konnte. Die Klagerin selbst hat von\nProblemen wirtschaftlicher Art, die sich aus der Hohe des Steuersatzes fur sie\nergeben konnten, bereits nichts berichtet. Und auch der Umstand, dass die\nKlagerin trotz der Erhebung der Vergnugungssteuer beabsichtigt, ihr Angebot zu\nerweitern (vgl. die Anzeige auf ihrer Homepage: „2\\. O.G. Eroffnung\ndemnachst") und es im Stadtgebiet der Beklagten noch einen weiteren\nGroßbetrieb dieser Art gibt, der nach eigenen Angaben wirtschaftlich und\nkostendeckend arbeiten kann (vgl. Anzeige im Stuttgarter Wochenblatt vom\n08.10.2009: „Prostitution ist ein legaler Beruf" und Neue Wurttembergische\nZeitung vom 27.12.2008, Sudwest-Aktiv: Bordell lauft auch ohne Messe) spricht\neindeutig dagegen, dass mit der Hohe des Steuersatzes in unzulassiger Weise in\ndie Berufsfreiheit eingegriffen wurde. \n--- \n| 50 \n--- \n| Soweit der Steuersatz von 8 EUR/m² pauschal fur jeden angefangenen\nKalendermonat gilt, mithin nicht danach differenziert wird, wie lange ein\nZimmer am Tag oder wie oft ein Zimmer im Monat tatsachlich genutzt wird, fuhrt\nauch dies nicht zu seiner Rechtswidrigkeit. Die Steuererhebung auf Grund eines\nzulassigen Pauschalmaßstabes, wie hier dem Flachenmaßstab, bringt es mit sich,\ndass die Steuer nicht nach dem individuellen, wirklichen Vergnugungsaufwand\nerhoben wird, d.h. im konkreten Fall danach, wie oft ein Zimmer am Tag bzw. im\nMonat tatsachlich dazu dient, einem Kunden die Gelegenheit zu geben, sich\nsexuell zu vergnugen. Die mangelnde Differenzierung ist somit alleine dem zu\nGrunde liegenden Steuermaßstab geschuldet, der der Steuererhebung in\nzulassiger Weise Durchschnittssatze zu Grunde legt. \n--- \n| 51 \n--- \n| Unter Zugrundelegung einer Veranstaltungsflache von 346,87 m², betragt die\nfur den zu besteuernden Zeitraum von Februar bis Dezember 2008 bei einem\nSteuersatz von 8 EUR/m² je angefangenem Kalendermonat festzusetzende\nVergnugungssteuer damit insgesamt aber nur 30.524,56 EUR und nicht 53.504 EUR. \n--- \n| 52 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. \n--- \n| 53 \n--- \n| Die Berufung war wegen grundsatzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen\n(§§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). \n--- \n| 54 \n--- \n| **Beschluss vom 10. Dezember 2009** \n--- \n| 55 \n--- \n| Der Streitwert wird gemaß § 52 Abs. 3 GKG auf 53.504,-- EUR festgesetzt. \n--- \n \n## Gründe\n\n| \n---|--- \n| 29 \n--- \n| Die Klage ist zulassig und in dem im Tenor zum Ausdruck kommenden Umfang\nauch begrundet. Der Vergnugungssteuerbescheid der Beklagten vom 12.11.2008 und\nderen Widerspruchsbescheid vom 18.09.2008 sind rechtswidrig und verletzen die\nKlagerin in ihren Rechten, soweit darin eine Vergnugungssteuer fur die Flache\ndes „Kontakthofs" und der Cafeteria in Hohe von 22.979,44 EUR festgesetzt\nwurde. Die Erhebung einer Vergnugungssteuer in Hohe von 30.524,56 EUR fur die\nFlache der Zimmer, die die Klagerin an Prostituierte vermietet, erfolgte\nhingegen rechtmaßig. Die Bescheide waren deshalb aufzuheben, soweit darin eine\nVergnugungssteuer von mehr als 30.524,56 EUR festgesetzt worden war (§ 113\nAbs. 1 Satz 1 VwGO); die Klage im Übrigen war abzuweisen. \n--- \n| 30 \n--- \n| 1\\. Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide sind die Art. 105 Abs. 2 a\nGG i.V.m. §§ 1, 2 Abs. 1, 9 Abs. 4 KAG i.V.m. den Vorschriften der\nVergnugungssteuersatzung der Beklagten vom 18.12.2007. Soweit in dieser\nSatzung die Erhebung der Vergnugungssteuer nach § 1 Absatz 1 Nr. 4 an die\n„gezielte Einraumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnugungen in Bars,\nSauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen, sowie ahnlichen Einrichtungen"\nanknupft, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Es handelt sich insoweit um\neine ortliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG, die\nbundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig ist. \n--- \n| 31 \n--- \n| Das in Art. 105 Abs. 2 a GG enthaltene Verbot von gleichartigen Steuern\nwird seit jeher dahin ausgelegt, dass es sich nicht auf die herkommlichen\nVerbrauchs- und Aufwandsteuern erstreckt, zu denen die Vergnugungssteuer zahlt\n(vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 26.02.1985 - 2 BvL 14/84 -, BVerfGE 69, 174,\n183; BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, NVwZ 2009, 968).\nAufwandsteuern sind Steuern auf die in der Vermogens- oder\nEinkommensverwendung fur den personlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende\nbesondere Konsumfahigkeit des Steuerpflichtigen. Sie sollen einen besonderen\nAufwand, also eine uber die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs\nhinausgehende Verwendung von Einkommen oder Vermogen erfassen.\nAusschlaggebendes Merkmal ist der Konsum in Form eines außerlich erkennbaren\nZustandes, fur den finanzielle Mittel verwendet werden. Veranstaltungen, die\nfur den Teilnehmer insgesamt unentgeltlich sind, scheiden als\nvergnugungssteuerpflichtig aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.08.1989 - 2 BvR\n1532/88 - NVwZ 1989, 1152; st. Rspr.). Eine Besteuerung von „sexuellen\nVergnugungen" durch den Satzungsgeber setzt demnach voraus, dass der sich\nVergnugende hierfur finanzielle Mittel aufwendet. Derartige Steuern werden\nzwar, soweit ersichtlich, nicht seit jeher als traditioneller Fall einer\nAufwandsteuer angesehen (vgl. insoweit wohl OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil\nvom 18.06.2009 - 14 A 1577/07 - <juris>). Werden Steuern fur entgeltliche\nsexuelle Vergnugungen erhoben, so zielen sie aber darauf ab, die mit der\nEinkommensverwendung fur ein Vergnugen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche\nLeistungsfahigkeit des Einzelnen zu belasten. Sie beruhen auf dem allgemeinen\nGedanken, dass demjenigen, der sich ein - entgeltliches - Vergnugen leistet,\nauch eine zusatzliche Abgabe fur die Allgemeinheit zugemutet werden kann (vgl.\nBVerwG, Urteil vom 03.03.2004 - 9 C 3/03 -, NVwZ 2004, 1128 fur\nTanzveranstaltungen). Steuergegenstand der von der Beklagten nach § 1 Abs. 1\nNr. 4 der Satzung erhobenen Steuer ist zwar nicht direkt der Aufwand fur die\n„sexuelle Vergnugung", vielmehr wird die Steuer bereits fur die „gezielte\nEinraumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnugungen" erhoben. Auch dieser,\nvon der Beklagten gewahlte Steuergegenstand, erfasst aber letztlich den\nfinanziellen (Mehr-) Aufwand, den ein Konsument bereit ist, fur sexuelle\nVergnugungen zu leisten. Besteuert wird auch hier die wirtschaftliche\nLeistungsfahigkeit des sich Vergnugenden - wenn auch nicht erst dann, wenn er\nsich tatsachlich sexuell vergnugt, sondern bereits dann, wenn ihm hierzu\ngezielt die Gelegenheit gegeben wird und er fur die Einraumung der Gelegenheit\nfinanzielle Mittel aufwendet. Insoweit sprechen auch keine rechtlichen\nBedenken dagegen, dass Betriebe wie Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs\neinerseits und Bordelle andererseits, trotz ihrer in der Regel\nunterschiedlichen Konzeptionen, in einem Steuertatbestand zusammen gefasst\nwerden. Die - bloße - Gelegenheit zu sexuellen Vergnugungen kann sowohl in\nderartigen Bars/Clubs als auch in Bordellen gegen Entgelt gezielt eingeraumt\nwerden. Dies erfordert allerdings bei der Festsetzung der Steuer eine genaue\nPrufung, ob der Kunde bzw. Besucher derartiger Betriebe auch tatsachlich fur\ndie bloße Gelegenheit, sich sexuell zu vergnugen, die finanziellen Mittel\naufwendet. \n--- \n| 32 \n--- \n| Soweit in § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung nicht ausdrucklich geregelt ist,\ndass die gezielte Einraumung der Gelegenheit nur dann der Vergnugungssteuer\nunterliegt, wenn sie entgeltlich erfolgt, fuhrt dies nicht zur\nRechtswidrigkeit der Regelung. Eine entgeltliche Veranstaltung liegt vor, wenn\nfur die Entgegennahme der oder Teilnahme an der Vergnugung direkte finanzielle\nAufwendungen notwendig sind, z.B. Eintrittsgelder. Auch finanzielle\nAufwendungen, die nur indirekt mit der Veranstaltung verbunden sind,\nbestatigen die Entgeltlichkeit der Vergnugungsentgegennahme, z.B. erhohte\nGetrankepreise, die ein „Eintrittsgeld" mit umfassen. Der Begriff\n„Veranstaltung" ist weit zu fassen. Veranstaltung ist jede personliche oder\nmaschinelle, aktive oder passive Darbietung, die der Unterhaltung im weitesten\nSinne dient, aber nicht einen reinen Leistungsaustausch beinhaltet. Der\nBegriff Veranstaltung ist mit demjenigen der Vergnugung im Wesentlichen\nidentisch (vgl. Birk in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 3 Rdnr. 165).\nGemessen hieran ist das Erfordernis der Entgeltlichkeit ungeschriebenes\nTatbestandsmerkmal des Steuergegenstandes nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung.\nDa die Gelegenheit zur Teilnahme an sexuellen Vergnugungen in den in Nr. 4\ngenannten Betrieben wie Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs oder Bordellen in\naller Regel nur gegen Bezahlung eines Eintrittsgeldes oder gegen Entgelt\nmoglich ist bzw. erhohte Getranke- und Verzehrpreise zu entrichten sind, kann\nin die Regelung hinein gelesen werden, dass von dem Steuertatbestand nur die\nentgeltliche Einraumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnugungen erfasst\nwird. \n--- \n| 33 \n--- \n| Letztlich bestehen grundsatzliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die\nSteuer auf sexuelle Vergnugungen auch nicht deshalb, weil die Beklagte sie vor\nallem deshalb eingefuhrt hat, um ordnungs- und speziell baurechtlich nicht\nverhinderbare Veranstaltungen zumindest einer Besteuerung unterziehen zu\nkonnen. Der kommunale Satzungsgeber ist bei herkommlichen kommunalen Steuern\nmit ortlich begrenztem Wirkungskreis und begrenzter Belastungsintensitat - wie\nhier der Vergnugungssteuer - zur Regelung von Lenkungssteuern zustandig, mag\ndie Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl. Birk in Driehaus,\nKommunalabgabengesetz, § 3 Rdnr. 162 m.w.N.). Der Beklagten war es deshalb\nerlaubt, den Lenkungszweck der Steuer deutlicher in den Vordergrund zu rucken\nund den Finanzierungszweck zurucktreten zu lassen. \n--- \n| 34 \n--- \n| Der Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung ist im vorliegenden\nFall erfullt. Das Laufhaus, das die Klagerin im Stadtgebiet der Beklagten\nbetreibt, ist ein Bordell. Nach ihren Angaben in der mundlichen Verhandlung\nvermietet sie an selbststandig tatige Prostituierte Zimmer gegen eine\nTagespauschale von 105 EUR. Die Prostituierten warten bei geoffneter Zimmertur\nauf ihre Kunden, die durch die Flure des Hauses „laufen". Kommt eine\nVereinbarung zwischen Prostituierter und Kunde zu Stande, kann er ihre Dienste\nin dem von ihr angemieteten Zimmer beanspruchen. Der Besuch des Laufhauses\nkostet keinen Eintritt. Der Gast darf das Haus auch ohne Zahlung irgendeines\nEntgeltes wieder verlassen. \n--- \n| 35 \n--- \n| Den Kunden, die das Laufhaus der Klagerin aufsuchen, wird damit gezielt die\nGelegenheit zu sexuellen Vergnugen gegen Entgelt eingeraumt. Diese -\nentgeltliche - Gelegenheit wird den Kunden nach der dargestellten Konzeption\ndes Hauses allerdings nicht von der Klagerin selbst eingeraumt, sondern nur\nvon den jeweiligen Prostituierten. Nur diesen gegenuber wendet der Kunde, der\nder eigentlich Vergnugungssteuerpflichtige ist, seine finanziellen Mittel auf,\nsei es fur das sexuelle Vergnugungen selbst, sei es fur die bloße Gelegenheit,\nsich sexuell zu vergnugen. Zwischen der Klagerin und den Kunden besteht ein\nsolches „entgeltliches" Verhaltnis nicht. Aber auch im Verhaltnis zwischen der\nKlagerin und den Prostituierten wird der Tatbestand nicht erfullt. Diese\nbezahlen an die Klagerin zwar eine Tagespauschale - und damit ein „Entgelt".\nEs kann aber sicher keine Rede davon sein, dass die Prostituierten dieses\n„Entgelt" an die Klagerin entrichten, weil diese ihnen die Gelegenheit zu\neiner sexuellen Vergnugung einraumen wurde. \n--- \n| 36 \n--- \n| 2\\. Die Klagerin ist Steuerschuldnerin. \n--- \n| 37 \n--- \n| Gemaß § 3 Abs. 1 der Satzung ist Steuerschuldner der Aufsteller bzw. der\nUnternehmer der Veranstaltung. Unternehmerin der Veranstaltung ist die\nKlagerin nicht. Ausgehend davon, dass der Begriff der Veranstaltung gleich\nbedeutend ist mit dem des zu versteuernden „Vergnugens", kann hier nur die\njeweilige Prostituierten die Unternehmerin der Veranstaltung im Sinne des\nAbsatzes 1 und damit die eigentliche Steuerschuldnerin sein. Denn wie\nausgefuhrt, bietet nur sie und nicht die Klagerin den Kunden gegen Entgelt die\nGelegenheit, sich sexuell zu vergnugen. \n--- \n| 38 \n--- \n| Als Unternehmer (Mitunternehmer) der Veranstaltung gilt nach § 3 Absatz 2\nder Satzung aber auch der Inhaber genutzter Raume, Grundstucke oder\nEinrichtungen bzw. der, der die Raumlichkeiten zur Verfugung stellt. Diese\nRegelung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist berechtigt, in\nihrer Satzung neben dem Kreis der „eigentlichen" Abgabenschuldner (vgl. § 2\nAbs. 1 Satz 2 KAG) auch einen Haftungstatbestand festzulegen, mithin also auch\neinen weiteren Abgabenpflichtigen zu bestimmen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1a KAG\ni.V.m. § 33 Abs. 1 AO). Aus dem verfassungsrechtlichen Willkurverbot folgt\nallerdings, dass ein Haftungstatbestand auf denjenigen Betroffenen begrenzt\nbleiben muss, der in einer hinreichend deutlichen Beziehung zum\nAbgabentatbestand steht. Willkurlich ist eine Haftungsbestimmung dann nicht,\nwenn die haftbar gemachte Person in einem besonderen Verhaltnis, einer\nbesonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand\nsteht oder der betroffene Haftende einen maßgebenden Beitrag zur\nVerwirklichung des steuerbegrundenden Tatbestandes leistet (vgl. VGH Baden-\nWurttemberg, Urteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - <juris>, m.w.N.). Die in § 3\nAbs. 2 der Satzung enthaltene Haftungsbestimmung kann in diesem Sinne\nverfassungskonform ausgelegt werden. Soweit die Haftschuld an die bloße\nZurverfugungstellung von Raumlichkeiten anknupft, kann auch hier die nicht\nausdrucklich aufgenommene Entgeltlichkeit der Raumuberlassung in den\nTatbestand hineingelesen werden, denn bezogen auf die in § 1 der Satzung der\nBesteuerung unterliegenden Steuergegenstande erscheint es fernliegend, dass\neine Raumuberlassung unentgeltlich erfolgen konnte. \n--- \n| 39 \n--- \n| In diesem Sinne gilt die Klagerin als Mitunternehmerin im Sinne des § 3\nAbs. 2 der Satzung und ist folglich Steuerschuldnerin. Sie stellt den\nProstituierten in ihrem Laufhaus gegen eine Tagespauschale von 105 EUR Zimmer\nzur Verfugung, in denen diese den Kunden gegen Entgelt die Gelegenheit\neinraumen konnen, sich sexuell zu vergnugen. Die besondere Beziehung zum\nSteuergegenstand, die ihre Haftungsschuld begrundet, besteht damit zwar nicht\nauf Grund einer besonderen rechtlichen Beziehung zum Steuertatbestand, da sie\nrechtlich lediglich die Raumuberlassung gewahrt (vgl. VGH Baden-Wurttemberg,\nUrteil vom 10.10.1995 - 2 S 262/95 - <juris>, m.w.N.). Auch durfte in\nAnbetracht der Hohe der Tagespauschale nicht unbedingt von einer besonderen\nwirtschaftlichen Beziehung zum Steuertatbestand auszugehen sein (vgl. insoweit\nbereits zweifelnd in Bezug auf einen wirtschaftlichen Vorteil auch bei einer\nbesonders hohen Miete VGH Baden-Wurttemberg, Urteil vom 10.10.1995 - 2 S\n262/95 - <juris>). Die Klagerin leistet aber einen maßgebenden Beitrag zur\nVerwirklichung des steuerbegrundenden Tatbestandes. Sie ist die Betreiberin\ndes Laufhauses. Sie vermietet nicht nur die Zimmer an die Prostituierten,\nsondern ist verantwortlich fur das Gesamtkonzept des Betriebes, der allein auf\nGrund seiner Große und seines „Ambiente" geeignet erscheint, mehr Kunden zu\nerreichen als ein „klassisches" Bordell. Es ist auch die Klagerin, die fur\ndieses Gesamtkonzept auf der Homepage des Laufhauses wirbt und so maßgeblich\ndazu beitragt, dass das besondere Konzept bei den potentiellen Kunden bekannt\nwird. Insoweit unterscheidet sich die Klagerin wesentlich von einem Vermieter,\nder seinen Mietern lediglich die Raumlichkeiten uberlasst. Denn vor allem auf\ndiese zusatzlichen Leistungen wie Werbung und Bereitstellung eines besonderen\nAmbientes ist es zuruckzufuhren, dass der Steuertatbestand letztlich\nverwirklicht wird. \n--- \n| 40 \n--- \n| 3\\. Soweit die Beklagte fur Vergnugungen nach § 1 Absatz 1 Nr. 4 der\nSatzung als Bemessungsgrundlage den Flachenmaßstab gewahlt hat (§ 4 Abs. 3 der\nSatzung), fur den die Veranstaltungsflache maßgeblich ist (§ 5 Abs. 3 Satz 1\nder Satzung), begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken. Mit der\nVergnugungssteuer soll der Aufwand des sich Vergnugenden besteuert werden,\nweshalb der Steuermaßstab auf diesen Aufwand bezogen sein muss. Am\nsachgerechtesten ist es daher immer, der Besteuerung den individuellen,\nwirklichen Vergnugungsaufwand zu Grunde zu legen. Fur Veranstaltungen, bei\ndenen sich der individuelle Aufwand nicht oder kaum zuverlassig erfassen\nlasst, hat das Vergnugungssteuerrecht jedoch Ersatzmaßstabe in der Gestalt der\nPauschsteuer herausgebildet; bei ihr sieht es von dem wirklichen\nVergnugungsaufwand ab und erfasst statt dessen den wahrscheinlichen\nVergnugungsaufwand, den es einfachen außeren Umstanden entnimmt; hierfur setzt\nes Durchschnittssatze fest (vgl. BVerfG, Urteil vom 10.05.1962 - 1 BvL 31/58 -\nBVerfGE 14, 76). Die weitgehende Gestaltungsfreiheit, die der Gesetzgeber bei\nder Erschließung einer Steuerquelle in Form des Vergnugungsaufwands des\nEinzelnen gerade auch bei der Wahl des Besteuerungsmaßstabes hat, wird\nallerdings durch Art. 3 Abs. 1 GG eine Grenze gesetzt. Wahlt der Satzungsgeber\nim Vergnugungssteuerrecht statt des Wirklichkeitsmaßstabes einen anderen\n(Ersatz- oder Wahrscheinlichkeits-) Maßstab, so ist er auf einen solchen\nbeschrankt, der einen bestimmten Vergnugungsaufwand wenigstens wahrscheinlich\nmacht, weil ein anderer Maßstab dem Wesen der Vergnugungssteuer fremd, also\nnicht sachgerecht ist und deshalb mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit\nnicht zu vereinbaren ware. Der Ersatzmaßstab muss deshalb zumindest einen\n„lockeren Bezug" zum Vergnugungsaufwand des sich Vergnugenden aufweisen, der\ndie Erfassung seines Vergnugungsaufwandes wenigstens wahrscheinlich macht\n(BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 - a.a.O., st. Rspr.). Weiterhin\nerfordert eine am Gleichheitssatz ausgerichtete, gerechte Zuteilung der\nVergnugungssteuerlast, dass die Steuer jedenfalls im Ergebnis von demjenigen\naufgebracht wird, der den von der Steuer erfassten Vergnugungsaufwand\nbetreibt. Die Steuer muss daher auf den Benutzer der Veranstaltung abwalzbar\nsein. Hierfur genugt die kalkulatorische Überwalzung in dem Sinne, dass der\nSteuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner\nSelbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der\nWirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Preiserhohung,\nUmsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten - treffen kann. Die\nrechtliche Gewahr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von\ndemjenigen erhalt, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die\nSteuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht\naus, wenn die Steuer auf eine Überwalzung der Steuerlast vom Steuerschuldner\nauf den Steuertrager angelegt ist, auch wenn die Überwalzung nicht in jedem\nEinzelfall gelingt (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, a.a.O.,\nst. Rspr.). \n--- \n| 41 \n--- \n| Der Flachenmaßstab, bei dem es sich um einen pauschalierten Steuermaßstab\nhandelt, stellt gemessen an diesen Anforderungen einen rechtmaßigen\nErsatzmaßstab bei Vergnugungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung dar. Die\nErmittlung des individuellen Aufwands ist bei einem Steuertatbestand, der\ndarauf abstellt, dass der sich Vergnugende finanzielle Mittel fur die\nGelegenheit zu sexuellen Vergnugungen aufwendet, im Grunde nicht feststellbar,\nso dass ein sachgerechter Grund besteht, die Steuer durch eine Pauschale zu\nerheben. Der Flachenmaßstab, der sich pauschal nach der Große der\nVeranstaltungsflache bemisst, weist den erforderlichen „lockeren Bezug" auf,\nda es wahrscheinlich ist, dass der Umfang des Vergnugungsaufwandes mit der\nGroße eines Betriebes wachst (vgl. VGH Baden-Wurttemberg, Beschluss vom\n20.02.1987 - 14 S 330/86 -, BWVPr 1987, 184). Im Übrigen sah auch das fruhere\nVergnugungssteuergesetz fur Baden-Wurttemberg im Einzelfall eine\nPauschalsteuer nach der Große des benutzten Raumes vor (vgl. § 22\nVergnugungssteuergesetz in der Fassung vom 01.04.1964 <GBl. S. 205>). Auch\nwenn diese damalige Pauschalsteuer an andere Voraussetzungen anknupfte wie die\nSatzungsregelung der Beklagten, so zeigt diese fruhere Regelung doch, dass\neine Pauschalierung der Vergnugungssteuer nach dem Flachenmaßstab\ngrundsatzlich als zulassig angesehen wurde (vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen,\nBeschluss vom 18.02.2004 - 14 B 163/04 - <juris>). Bedenken dagegen, dass die\nSteuer nicht auf Abwalzbarkeit angelegt ware, bestehen nicht. \n--- \n| 42 \n--- \n| Ist die Besteuerung nach dem Flachenmaßstab damit grundsatzlich zulassig,\ndurfte die Beklagte bei der Festsetzung der Vergnugungssteuer fur das Laufhaus\ndie „Veranstaltungsflache" zu Grunde legen. Als Veranstaltungsflache gelten\nnach § 5 Abs. 3 Satz 2 der Satzung alle fur das Publikum zuganglichen Flachen\nmit Ausnahme der Toiletten und Garderobenraume. Dies sind im Falle des\nLaufhauses die Flachen der an die Prostituierten vermieteten Zimmer (346,87\nm²), nicht jedoch die ubrigen Flachen des Betriebes. \n--- \n| 43 \n--- \n| Die Große der „Veranstaltungsflache" kann, neben dem Erfordernis der\nZuganglichkeit fur das Publikum, nicht losgelost vom Steuertatbestand\nermittelt werden. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut selbst, denn\nmaßgebend ist die Flache, auf der die Veranstaltung stattfindet. Dies\nbedeutet, dass Flachen eines Betriebes, die der Verwirklichung des\nSteuertatbestandes nicht dienen konnen, nicht fur die Steuerfestsetzung\nherangezogen werden konnen. Unterliegt der Vergnugungssteuer - wie hier - die\neinem Kunden gegen Entgelt gezielt eingeraumte Gelegenheit, sich sexuell zu\nvergnugen, beschrankt sich die maßgebliche „Veranstaltungsflache" damit auf\ndie Flachen, die dem Kunden fur die Inanspruchnahme dieser Gelegenheit zur\nVerfugung gestellt werden. Denn nur dort, wo er finanzielle Mittel aufwendet,\num diese Gelegenheit wahrzunehmen, findet im eigentlichen Sinne die\n„Veranstaltung" statt. \n--- \n| 44 \n--- \n| Die Flachen der an die Prostituierten vermieteten Zimmer erfullen diese\nErfordernisse. Auf den Flachen dieser Zimmer findet die Veranstaltung im Sinne\ndes § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung statt. Die Zimmer sind auch „dem Publikum\nzuganglich", denn es handelt sich nicht etwa um Privatzimmer der\nProstituierten, sondern um Zimmer, die diese zur Ausubung ihres Gewerbes\nnutzen. Damit sind sie gerade darauf ausgerichtet, dass Kunden - und damit\n„das Publikum" \\- sie aufsuchen und Zugang zu ihnen haben. Im Übrigen\nentspricht es gerade der Konzeption eines „Laufhauses", dass jedermann zu den\neinzelnen Zimmern gehen und dort Zutritt erhalten kann, wenn er sich mit der\nProstituierten darauf einigt. Allein der Umstand, dass es der Prostituierten\nuberlassen bleibt, ob sie dem einzelnen Kunden letztlich Zutritt in das Zimmer\ngewahrt oder nicht, schließt die Eigenschaft der Zimmerflachen als\nVeranstaltungsflache nicht aus. Ausschlaggebend ist allein, dass die Zimmer\nnach ihrer Bestimmung dazu dienen, einer wechselnden Kundschaft Raum zu\nbieten. \n--- \n| 45 \n--- \n| Die Flachen des Kontakthofs und der Cafeteria sind jedoch nicht\nVeranstaltungsflache im Sinne des § 5 Abs. 3 der Satzung. Zwar sind auch diese\nFlachen dem Publikum zuganglich. Es fehlt jedoch insoweit am erforderlichen\nBezug zu der zu besteuernden „Veranstaltung". Auf diesen Flachen wird den\nBesuchern des Laufhauses nicht gezielt gegen Entrichtung eines Entgeltes die\nGelegenheit eingeraumt, sich sexuell zu vergnugen. Nach den Angaben der\nGesellschafterin der Klagerin in der mundlichen Verhandlung, die auch von der\nBeklagten nicht in Zweifel gezogen wurden, konnen diese Flachen von den\nBesuchern des Laufhauses unentgeltlich genutzt werden. Die Kontakthofflache\ndient nach der Konzeption des Laufhauses - entgegen ihrer Bezeichnung - auch\nnicht der Kontaktaufnahme zwischen Prostituierter und potentiellem Kunden, so\ndass der Besucher auf dieser Flache zwar die dort aufgestellten Spielgerate\nnutzen kann, ihm hier jedoch noch nicht gegen Entgelt die Gelegenheit\neingeraumt wird, sich sexuell zu vergnugen. Dies ist ebenfalls in der\nCafeteria nicht der Fall, wo eine Kontaktaufnahme ausdrucklich nicht erwunscht\nist und wo im Übrigen fur Getranke die ublichen Gaststattenpreise verlangt\nwerden. Insoweit unterscheidet sich der Betrieb der Klagerin in seiner\nKonzeption wesentlich von solchen Betrieben, in denen fur die gezielte\nEinraumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnugungen ein Entgelt bereits bei\nZutritt verlangt wird, sei es in Form eines „Eintrittsgeldes", sei es in Form\nvon uberhohten Preisen fur Speisen und/oder Getranke. \n--- \n| 46 \n--- \n| Die Beklagte durfte die Flache der Zimmer ihrer Festsetzung letztlich auch\nzu Grunde legen, obwohl die Klagerin ihr diese Flache nicht als\nVeranstaltungsflache angegeben hatte. Gemaß § 12 Abs. 4 der Satzung sind\nVergnugungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung spatestens innerhalb von 1\nWoche nach Aufnahme bzw. Einstellung des Betriebes der Steuerabteilung\nschriftlich anzuzeigen. Dabei sind die fur die Berechnung der Steuer\nnotwendigen Flachen anzugeben und auf Nachfrage zu belegen. Bei nicht oder\nnicht vollstandig abgebebenen Erklarungen oder Anzeigen ist die\nSteuerabteilung der Beklagten nach § 12 Abs. 7 der Satzung berechtigt,\nSchatzungen vorzunehmen. Hier hatte die Klagerin auf Nachfrage der Beklagten\nlediglich die Flache des Kontakthofes als Veranstaltungsflache angegeben. Ihre\nErklarung war damit unvollstandig, so dass die Beklagte zur Schatzung\nberechtigt war, die sie anhand der ihr vorliegenden Bauplane vorgenommen hat.\nDass sie hierbei zu einer unzutreffenden Gesamtflache der Zimmer gekommen\nware, hat die Klagerin selbst nicht behauptet. \n--- \n| 47 \n--- \n| Fur die Festsetzung der Steuer ist deshalb von einer Veranstaltungsflache\nvon 346,87 m² auszugehen. \n--- \n| 48 \n--- \n| 4\\. Der von der Beklagten in § 8 Abs. 2 der Satzung fur Vergnugungen nach §\n1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung festgesetzte Steuersatz von 8 EUR je m² der\nVeranstaltungsflache fur jeden angefangenen Kalendermonat ist rechtlich\nebenfalls nicht zu beanstanden. \n--- \n| 49 \n--- \n| Das grundsatzlich weite Ermessen des Satzungsgebers hinsichtlich der Hohe\ndes Steuersatzes wird lediglich durch das rechtsstaatliche Übermaßverbot einer\nErdrosselungswirkung als außerster Grenze der Besteuerung eingeschrankt. Ein\nunzulassiger Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Berufsfreiheit\nware nur dann anzunehmen, wenn die Besteuerung es in aller Regel und nicht nur\nin Ausnahmefallen unmoglich werden ließe, den gewahlten Beruf ganz oder\nteilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensfuhrung zu machen, wobei\ninsoweit ein durchschnittlicher Betreiber im Gemeindegebiet als Maßstab zu\nnehmen ist, da Art. 12 GG keinen Bestandsschutz fur die Fortsetzung einer\nunwirtschaftlichen Betriebsfuhrung gewahrleistet (BVerwG, Urteil vom\n13.04.2005 - 10 C 5.04 -, DVBl. 2005, 1208 ff.). Es liegen dem Gericht keine\nAnhaltspunkte dafur vor, dass ein Steuersatz von 8 EUR je m² der\nVeranstaltungsflache fur jeden angefangenen Kalendermonat in diesem Sinne eine\nerdrosselnde Wirkung auf die Betreiber von Einrichtungen der in § 1 Abs. 1 Nr.\n4 der Satzung genannten Art haben konnte. Die Klagerin selbst hat von\nProblemen wirtschaftlicher Art, die sich aus der Hohe des Steuersatzes fur sie\nergeben konnten, bereits nichts berichtet. Und auch der Umstand, dass die\nKlagerin trotz der Erhebung der Vergnugungssteuer beabsichtigt, ihr Angebot zu\nerweitern (vgl. die Anzeige auf ihrer Homepage: „2\\. O.G. Eroffnung\ndemnachst") und es im Stadtgebiet der Beklagten noch einen weiteren\nGroßbetrieb dieser Art gibt, der nach eigenen Angaben wirtschaftlich und\nkostendeckend arbeiten kann (vgl. Anzeige im Stuttgarter Wochenblatt vom\n08.10.2009: „Prostitution ist ein legaler Beruf" und Neue Wurttembergische\nZeitung vom 27.12.2008, Sudwest-Aktiv: Bordell lauft auch ohne Messe) spricht\neindeutig dagegen, dass mit der Hohe des Steuersatzes in unzulassiger Weise in\ndie Berufsfreiheit eingegriffen wurde. \n--- \n| 50 \n--- \n| Soweit der Steuersatz von 8 EUR/m² pauschal fur jeden angefangenen\nKalendermonat gilt, mithin nicht danach differenziert wird, wie lange ein\nZimmer am Tag oder wie oft ein Zimmer im Monat tatsachlich genutzt wird, fuhrt\nauch dies nicht zu seiner Rechtswidrigkeit. Die Steuererhebung auf Grund eines\nzulassigen Pauschalmaßstabes, wie hier dem Flachenmaßstab, bringt es mit sich,\ndass die Steuer nicht nach dem individuellen, wirklichen Vergnugungsaufwand\nerhoben wird, d.h. im konkreten Fall danach, wie oft ein Zimmer am Tag bzw. im\nMonat tatsachlich dazu dient, einem Kunden die Gelegenheit zu geben, sich\nsexuell zu vergnugen. Die mangelnde Differenzierung ist somit alleine dem zu\nGrunde liegenden Steuermaßstab geschuldet, der der Steuererhebung in\nzulassiger Weise Durchschnittssatze zu Grunde legt. \n--- \n| 51 \n--- \n| Unter Zugrundelegung einer Veranstaltungsflache von 346,87 m², betragt die\nfur den zu besteuernden Zeitraum von Februar bis Dezember 2008 bei einem\nSteuersatz von 8 EUR/m² je angefangenem Kalendermonat festzusetzende\nVergnugungssteuer damit insgesamt aber nur 30.524,56 EUR und nicht 53.504 EUR. \n--- \n| 52 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. \n--- \n| 53 \n--- \n| Die Berufung war wegen grundsatzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen\n(§§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). \n--- \n| 54 \n--- \n| **Beschluss vom 10. Dezember 2009** \n--- \n| 55 \n--- \n| Der Streitwert wird gemaß § 52 Abs. 3 GKG auf 53.504,-- EUR festgesetzt. \n---\n\n |
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162,231 | vg-stuttgart-2010-06-07-12-k-14110 | 160 | Verwaltungsgericht Stuttgart | vg-stuttgart | Stuttgart | Baden-Württemberg | Verwaltungsgerichtsbarkeit | 12 K 141/10 | 2010-06-07 | 2019-01-16 08:14:29 | 2019-01-17 12:07:16 | Urteil | ## Tenor\n\nDie Klage wird abgewiesen.\n\nDie Kosten des Verfahrens tragt der Klager.\n\n## Tatbestand\n\n| \n---|--- \n| 1 \n--- \n| Der Klager nahm im Fruhjahr 2009 an der Fahrlehrerprufung fur die Klasse CE\nteil. Im Rahmen der Fachkundeprufung erhielt er am xxx im schriftlichen Teil\ndie Note "mangelhaft" (5) und am xxx im mundlichen Teil die Note "ausreichend"\n(4). Mit Verfugung vom 08.05.2009 beschied ihn der Prufungsausschuss fur\nFahrlehrerprufungen der Technischen Prufstelle fur den Kraftfahrzeugverkehr in\nBaden-Wurttemberg TÜV Sud Autoservice GmbH (Prufungsausschuss) dahin, dass er\ndie Prufung nicht bestanden habe. Zur Begrundung wurde auf die\nKorrekturanmerkungen zum schriftlichen Prufungsteil und die gleichzeitig\nubergebene "Niederschrift uber die Fahrlehrerprufung der Kl. CE" verwiesen. \n--- \n| 2 \n--- \n| Dagegen erhob der Klager Widerspruch. Er rugte die Bewertung des mundlichen\nTeils mit der Note 4. Zur Begrundung fuhrte er aus, er habe einen Großteil der\nFragen richtig beantwortet. Die Frage zum Thema VW- bzw. Campingbus sei im\nfalschen Themenkomplex gestellt worden. Sie habe zum Bereich Recht gehort, der\nbereits abgehakt gewesen sei. Die Frage sei auch mehrdeutig gestellt worden,\nso dass eine eindeutige Beantwortung nicht moglich gewesen sei. Der Einwand\ndes Prufers hierzu sei nicht korrekt gewesen. In der mundlichen Prufung sei\nihm mitgeteilt worden, dass er im schriftlichen Teil eine "schlechte" 5\nerzielt habe. Diese Aussage sei falsch. Er sei offensichtlich unsachgemaß\nbehandelt worden. Die Besetzung des Prufungsausschusses sei nicht richtig\ngewesen. Einer der Prufer betreibe in unmittelbarer Nahe zu seiner - des\nKlagers - Fahrschule ebenfalls eine Fahrschule. Weiter rugte der Klager die\nBewertung des schriftlichen Teils mit der Note 5. Er machte geltend, es liege\neine unsachgemaße Beurteilung im Zusammenhang mit dem Verhalten der Prufer bei\nder mundlichen Prufung und der Besetzung des Prufungsausschusses vor. \n--- \n| 3 \n--- \n| Nach Erhebung des Widerspruchs wiederholte der Klager die Prufung und\nbestand sie. \n--- \n| 4 \n--- \n| Daraufhin stellte das Regierungsprasidium Stuttgart -\nLandespolizeidirektion - mit Bescheid vom 14.12.2009 das Verfahren ein und\nentschied, dass die Kosten des Widerspruchsverfahrens der Klager tragt. Zur\nBegrundung fuhrte es aus, die angegriffene Prufungsentscheidung sei\nrechtsfehlerfrei zustande gekommen. Der Prufungsverlauf der mundlichen Prufung\nsei im ublichen Umfang dokumentiert worden. Die Anhaltspunkte, die insgesamt\nzu der Bewertung mit "ausreichend" gefuhrt hatten, seien im Protokoll genannt\nund erschienen nachvollziehbar. Dem Widerspruch hatte nicht abgeholfen werden\nkonnen. Bei dieser Sach- und Rechtslage entspreche es billigem Ermessen, dass\nder Klager seine Kosten selbst trage. \n--- \n| 5 \n--- \n| Am 13.01.2010 hat der Klager Klage gegen die Kostenentscheidung erhoben. Er\nberuft sich darauf, die Frage zum Thema VW-Bus sei unter Verstoß gegen die\nDenklogik falsch formuliert worden. Bei der mundlichen Prufung sei ein\nformaler Fehler gemacht worden. Er sei auf dem Weg zur mundlichen Prufung\ngewesen, als ihm telefonisch mitgeteilt worden sei, dass seine Prufung eine\nStunde fruher als geplant abgehalten werde. Er habe bei Ankunft trotz der\nlangen Fahrzeit sofort die mundliche Prufung antreten mussen, ohne sich\nausruhen zu konnen. Er sei nicht gefragt worden, ob er damit einverstanden\nsei, dass die Prufung vorgezogen werde. Der Verlauf der Prufung sei nach dem\nProtokoll nicht bzw. nur teilweise nachvollziehbar. \n--- \n| 6 \n--- \n| Der Klager beantragt bei sachdienlicher Auslegung, \n--- \n| 7 \n--- \n| den Beklagten zu verpflichten, die Kosten des Widerspruchsverfahrens dem\nPrufungsausschuss fur Fahrlehrerprufungen der Technischen Prufstelle fur den\nKraftfahrzeugverkehr in Baden-Wurttemberg TÜV Sud Autoservice GmbH\naufzuerlegen und die Zuziehung eines Bevollmachtigten im Vorverfahren fur\nnotwendig zu erklaren, und den Bescheid des Regierungsprasidiums Stuttgart -\nLandespolizei-direktion - vom 14.12.2009 aufzuheben, soweit er dem\nentgegensteht. \n--- \n| 8 \n--- \n| Der Beklagte beantragt, \n--- \n| 9 \n--- \n| die Klage abzuweisen. \n--- \n| 10 \n--- \n| Er beruft sich darauf, im Falle einer Sachentscheidung ware der Widerspruch\nzuruckgewiesen worden. Nach der Definition von "ausreichend" erscheine die\nBewertung der in der mundlichen Prufung gezeigten Kenntnisse nachvollziehbar\nund sachgerecht. Die Antwort auf eine bestimmte Frage sei nicht\nausschlaggebend gewesen. Die Ausfuhrungen des Klagers hatten in allen\nTeilbereichen Mangel aufgewiesen. \n--- \n| 11 \n--- \n| Mit Beschluss vom 29.03.2010 ist der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur\nEntscheidung ubertragen worden. \n--- \n| 12 \n--- \n| Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen\nBehordenakten verwiesen. \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| \n---|--- \n| 13 \n--- \n| Das Gericht hat verhandeln und entscheiden konnen, obwohl die Beteiligten\nin der mundlichen Verhandlung nicht anwesend gewesen sind. Denn sie sind\nordnungsgemaß geladen und auf die Folgen ihres Ausbleibens hingewiesen worden\n(§ 102 Abs. 2 VwGO). \n--- \n| 14 \n--- \n| Das Verwaltungsgericht Stuttgart ist nach § 52 Nr. 3 Satz 5 i.V.m. Satz 1\nVwGO ortlich zustandig. Maßgebend fur die Zustandigkeit ist der Bescheid des\nRegierungsprasidiums Stuttgart - Landespolizeidirektion - vom 14.12.2009, der\nals Widerspruchsbescheid anzusehen ist, und nicht der Ausgangsbescheid des\nPrufungsausschusses vom 08.05.2009. Denn die Kostenentscheidung im Bescheid\nvom 14.12.2009 ist eine zusatzliche selbststandige Beschwer im Sinne von § 79\nAbs. 2 Satz 1 VwGO. Dieser Bescheid wurde vom Regierungsprasidium Stuttgart\nerlassen, das im Bezirk des Verwaltungsgerichts Stuttgart liegt. § 52 Nr. 3\nSatz 2 VwGO ist nicht einschlagig. Denn das Regierungsprasidium Stuttgart ist\nim Rahmen der Fahrlehrerprufung nur fur seinen Bezirk zustandig. Dies ergibt\nsich aus § 2 Satz 4 des Gesetzes zur Privatisierung von Aufgaben auf dem\nGebiet des Fahrerlaubnis- und Fahrlehrerrechts vom 18.10.1999 (GBl. 1999 S.\n411). Danach ist zustandig fur den Erlass von Widerspruchsbescheiden gegen\nEntscheidungen des Prufungsausschusses das Regierungsprasidium, in dessen\nBezirk die Prufung durchgefuhrt wird. \n--- \n| 15 \n--- \n| Die Klage ist als Verpflichtungsklage anzusehen. Denn aus dem gesamten\nVorbringen des Klagers ergibt sich das Begehren, dem Prufungsausschuss die\nganzen Kosten aufzuerlegen. Diese Klage ist im Umfang einer Bescheidungsklage\nzulassig (vgl. VGH Bad.-Wurtt., Urt. v. 05.01.2005, VBlBW 2005, 281). Im\nÜbrigen ist sie unzulassig. \n--- \n| 16 \n--- \n| Die Klage ist nicht begrundet. Die Kostenentscheidung im Bescheid vom\n14.12.2009 ist rechtmaßig und verletzt den Klager nicht in seinen Rechten (§§\n113 Abs. 5, 114 VwGO). \n--- \n| 17 \n--- \n| Nach § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG wird uber die Kosten des Vorverfahrens nach\nbilligem Ermessen entschieden, wenn sich der Widerspruch auf andere Weise als\nnach § 80 Abs. 1 Satz 1 bis 4 LVwVfG erledigt; der bisherige Sachstand ist zu\nberucksichtigen. Dabei kann auf die im Zusammenhang mit der Auslegung von §\n161 Abs. 2 VwGO entwickelten Rechtsgedanken zuruckgegriffen werden (vgl. VGH\nBad.-Wurtt., Urt. v. 05.01.2005, a.a.O.; VG Wurzburg, Urt. v. 02.12.2009 - W 2\nK 09.497 -, juris). Dies erfordert insbesondere eine Bewertung der\nErfolgsaussichten des Widerspruchs (vgl. BayVGH, Beschl. v. 15.03.2001 - 8 ZB\n01.225 -, juris). Daraus folgt auch, dass eine Vollprufung der Rechtslage\nnicht bis in alle Einzelheiten durchgefuhrt werden muss. \n--- \n| 18 \n--- \n| Der Widerspruch des Klagers gegen den Bescheid des Prufungsausschusses vom\n08.05.2009 hatte sich aus seiner Sicht erledigt. Denn er hatte nach Erhebung\ndes Widerspruchs die Fahrlehrerprufung der Klasse CE bestanden. \n--- \n| 19 \n--- \n| Die danach erforderliche Ermessensentscheidung uber die Kostentragung ist\nnicht zu beanstanden. \n--- \n| 20 \n--- \n| Maßgeblich fur die Überprufung der Kostenentscheidung ist der Sachstand zum\nZeitpunkt der Entscheidung der Widerspruchsbehorde. Dies ergibt sich schon aus\nder Formulierung "der bisherige Sachstand ist zu berucksichtigen" in § 80 Abs.\n1 Satz 5 2. Halbsatz LVwVfG. Dies steht im Übrigen in Übereinstimmung mit dem\nallgemeinen Grundsatz, dass maßgeblicher Zeitpunkt fur die Rechtmaßigkeit der\nErmessensausubung grundsatzlich der Zeitpunkt der letzten Behordenentscheidung\nist (vgl. statt vieler BVerwG, Beschluss v. 10.11.2008 - 5 B 79/08 -, juris). \n--- \n| 21 \n--- \n| Nach diesen Grundsatzen ist der Sachvortrag, soweit er neu im\nKlageverfahren erfolgt ist, nicht zu berucksichtigen. Hierzu gehoren folgende\nvom Klager neu vorgetragenen Gesichtspunkte: Bei der mundlichen Prufung sei\nein formaler Fehler gemacht worden. Er sei auf dem Weg zur mundlichen Prufung\ngewesen, als ihm telefonisch mitgeteilt worden sei, dass seine Prufung eine\nStunde fruher als geplant abgehalten werde. Er habe bei Ankunft trotz der\nlangen Fahrzeit sofort die mundliche Prufung antreten mussen, ohne sich\nausruhen zu konnen. Er sei nicht gefragt worden, ob er damit einverstanden\nsei, dass die Prufung vorgezogen werde. \n--- \n| 22 \n--- \n| Die ubrigen vom Klager vorgetragenen Gesichtspunkte waren bei der\nKostenent-scheidung mit zu berucksichtigen. Das Ergebnis der\nKostenentscheidung ist auch bei Berucksichtigung dieses Vortrags des Klagers\nnicht zu beanstanden. \n--- \n| 23 \n--- \n| Der Klager hatte mit seinen Einwendungen gegen die Bewertung der mundlichen\nPrufung vom xxx wohl keinen Erfolg gehabt. \n--- \n| 24 \n--- \n| Der Klager ware mit der Ruge, der Prufungsausschuss sei falsch besetzt\ngewesen, wohl nicht durchgedrungen. \n--- \n| 25 \n--- \n| Der Klager hat insoweit vorgetragen, der Prufungsausschuss sei mit einem\nPrufer besetzt gewesen, der in unmittelbarer Nahe zu seiner - des Klagers -\nFahrschule in T. selbst eine Fahrschule betreibe. Diese Besetzung sei wegen\nInteressenkollision nicht hinnehmbar. Der Prufer - xxx - hat insoweit\nangegeben, er betreibe mittlerweile in T. eine Fahrschule fur die Klassen BE\nund A. \n--- \n| 26 \n--- \n| Der Prufer war nicht nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 der Prufungsordnung fur\nFahrlehrer ausgeschlossen. Danach darf ein Prufungsausschussmitglied nicht\nmitwirken, das wegen seiner Stellung oder Beziehung zum Bewerber durch die\nTatigkeit als Mitglied des Prufungsausschusses oder durch eine Entscheidung\ndes Ausschusses einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erlangen kann. Ein\nsolcher unmittelbarer Vorteil oder Nachteil ist nicht ersichtlich. Der Prufer\nbetreibt zwar ebenfalls eine Fahrschule in T., aber (nur) fur die Klassen BE\nund A. Beim Klager ging es dagegen um die Klasse CE. Insoweit liegt auch kein\nsonstiger Grund vor, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische\nMitwirkung im Prufungsausschuss zu rechtfertigen (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 der\nPrufungsordnung fur Fahrlehrer). \n--- \n| 27 \n--- \n| Soweit sich der Klager darauf berufen hat, in der mundlichen Prufung sei\nihm durch den Prufungsausschuss mitgeteilt worden, dass er im schriftlichen\nTeil eine "schlechte" 5 erzielt habe, hatte sein Widerspruch nach dem\nErkenntnisstand zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des\nWiderspruchsbescheids wohl keinen Erfolg gehabt. Denn es ist nichts dafur\nersichtlich oder vorgetragen, dass diese Aussage fur die Bewertung der\nmundlichen Prufung eine Rolle gespielt haben konnte. \n--- \n| 28 \n--- \n| Weiter durfte die Frage zum "Thema VW- bzw. Campingbus" nicht zu\nbeanstanden gewesen sein. \n--- \n| 29 \n--- \n| Der Klager hat sich insoweit darauf berufen, die Frage sei im\nunzutreffenden Themenkomplex gestellt worden. Sie habe zum Bereich Recht\ngehort, der bereits abgehakt gewesen sei. \n--- \n| 30 \n--- \n| Diese Problematik wurde im Bereich "Fahrpraxis/Verkehrsverhalten"\nangesprochen, wie sich aus dem Prufungsprotokoll ergibt. Dieser Bereich war\nnach dem Protokoll Gegenstand der Prufung von 12.13 Uhr bis 12.21 Uhr. Der\nBereich "Recht" war dagegen erst von 12.40 Uhr bis 12.44 Uhr, d. h. zeitlich\nspater, Gegenstand der Prufung. Dies entspricht auch der Darstellung des\nPrufungsvorsitzenden xxx in der Stellungnahme zum Widerspruch des Klagers. \n--- \n| 31 \n--- \n| Die Frage wurde nicht im unzutreffenden Themenbereich gestellt. Denn der\nBereich "Verkehrsverhalten" schließt das Verkehrsrecht ein (§ 16 Abs. 1 Satz 2\nder Prufungsordnung fur Fahrlehrer). Das dabei thematisierte\nSonntagsfahrverbot (vgl. § 30 StVO) gehort zur Straßenverkehrsordnung. Diese\nwiederum gehort zum "Verkehrsrecht" (vgl. Creifelds, Rechtsworterbuch,14.\nAuflage [1997], S. 1369). \n--- \n| 32 \n--- \n| Die Frage ware auch inhaltlich nicht zu beanstanden gewesen. Der Klager\ntragt insoweit vor, der Prufer habe nach einem VW-Bus mit einem Wohnanhanger\nohne Gewichtsangabe gefragt. Dies deckt sich mit den Angaben des Prufers xxx\nin der Stellungnahme vom 06.07.2009. Danach kam es im Rahmen der hier\nstreitigen Kostenentscheidung nicht darauf an, dass im Gegensatz zu diesen\nAngaben im Protokoll vermerkt ist: "Geltung fur Campingbus uber 7,5 to?". \n--- \n| 33 \n--- \n| Die Frage in der dargestellten Form ist nicht zu beanstanden. Sie konnte\nvor dem Hintergrund gestellt werden, wie ihn der Prufer xxx in der\nStellungnahme vom 06.07.2009 darlegte: Es sei darum gegangen, vom Klager zu\nhoren, dass ein VW-Bus eine Zulassung als Pkw, Lkw oder Sonderkraftfahrzeug\nWohnmobil haben konne. Sei er als Lkw eingetragen und fuhre einen Anhanger\nmit, spiele es keine Rolle mehr, welche zulassige Gesamtmasse das Fahrzeug\nhabe. Das Sonntagsfahrverbot gelte grundsatzlich fur Lkw mit Anhanger. \n--- \n| 34 \n--- \n| Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bestimmte Arten von\nKleinfahrzeugen, z. B. Sprinter, so auch VW-Busse, als Pkw oder als Lkw gelten\nkonnen (vgl. BayObLG, Beschl. 14.04.1997, NZV 1997, 449), also\nPersonenkraftwagen oder Lastkraftwagen sein konnen. Dies hangt von der\nkonkreten Bauart, Ausstattung und Einrichtung ab (Burmann/Heß/Jahnke/Janker,\nStraßenverkehrsrecht, 21. Aufl. [2009], § 1 StVG RdNr. 8a; vgl. zu VW-\nPritschenwagen: OLG Frankfurt am Main, DAR 1983, 332). Sind sie danach als Lkw\neinzustufen, gilt fur sie das Sonntagsfahrverbot, wenn sie einen Anhanger\nmitfuhren (vgl. § 30 Abs. 3 S. 1 StVO). Dies hat der Klager nach den\nStellungnahmen der Prufer nicht gewusst. \n--- \n| 35 \n--- \n| Unter diesem Blickwinkel ist unschadlich, dass der Prufer xxx\nmoglicherweise falschlich davon ausgegangen ist, die Einstufung als Pkw oder\nLkw hange vor der "Zulassung" bzw. "Eintragung" ab, wie sich aus dessen\nStellungnahme vom 06.07.2009 ergibt. Denn diese falsche rechtliche\nEinschatzung (vgl. Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, a.a.O.)\nwirkte sich im Falle des Klagers nicht aus, weil dieser die Problematik der\nunterschiedlichen Einstufung von solchen Fahrzeugen in der Prufung nicht\n(er)kannte. \n--- \n| 36 \n--- \n| Unverstandlich sind die Ausfuhrungen des Klagers im Widerspruch, nicht\nkorrekt sei der Einwand des Prufers gewesen: "Der VW-Bus war auf das Geschaft\nzugelassen und hatte 7,5 t." Es ist insoweit nicht einmal klar, was mit\n"Einwand" gemeint ist. Im Übrigen sind weder die genaue Äußerung des Prufers\nnoch die naheren Umstande oder der Zusammenhang dargelegt. \n--- \n| 37 \n--- \n| Schließlich hatte auch die Ruge der Bewertung des schriftlichen Teils der\nPrufung keinen Erfolg gehabt. \n--- \n| 38 \n--- \n| Soweit der Klager auch hier die Besetzung des Prufungsausschusses gerugt\nhat, hatte er auch hier keinen Erfolg gehabt. Insoweit wird auf die\nAusfuhrungen oben verwiesen. \n--- \n| 39 \n--- \n| Soweit der Klager geltend gemacht hat, es habe ihm nur ein halber Punkt zur\nNote "ausreichend" gefehlt, hatte er damit nicht durchdringen konnen. Denn\ndieser Vortrag ist unsubstantiiert. \n--- \n| 40 \n--- \n| Schließlich kann aus dem Verhalten der Prufer in der mundlichen Prufung\nnicht auf eine unsachgemaße Beurteilung der schriftlichen Prufung geschlossen\nwerden, zumal die schriftliche Prufung langere Zeit vorher stattgefunden\nhatte. Im Übrigen ergibt sich aus dem Vortrag des Klagers im Widerspruch kein\nvorwerfbares Verhalten, aus dem geschlossen werden musste, dass die Prufer\ngegenuber ihm voreingenommen gewesen seien. \n--- \n| 41 \n--- \n| Da die Kostenentscheidung, wie sie im Widerspruchsbescheid vom 14.12.2009\ngetroffen wurde, nicht zu beanstanden ist, hat der Klager auch keinen Anspruch\nauf Verpflichtung zur Feststellung, dass die Zuziehung eines Bevollmachtigten\nim Vorverfahren nach § 80 Abs. 2 LVwVfG fur notwendig erklart wird. \n--- \n| 42 \n--- \n| Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO. \n--- \n| 43 \n--- \n| Die Voraussetzungen fur die Zulassung der Berufung durch das\nVerwaltungsgericht gemaß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4\nVwGO liegen nicht vor. \n--- \n--- \n| 44 \n--- \n| \n--- \n| **Beschluss vom 07. Juni 2010** \n--- \n| Der Streitwert wird gemaß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 3 GKG auf \n--- \n| ** EUR 576,08 ** \n--- \n| festgesetzt. \n--- \n--- \n \n## Gründe\n\n| \n---|--- \n| 13 \n--- \n| Das Gericht hat verhandeln und entscheiden konnen, obwohl die Beteiligten\nin der mundlichen Verhandlung nicht anwesend gewesen sind. Denn sie sind\nordnungsgemaß geladen und auf die Folgen ihres Ausbleibens hingewiesen worden\n(§ 102 Abs. 2 VwGO). \n--- \n| 14 \n--- \n| Das Verwaltungsgericht Stuttgart ist nach § 52 Nr. 3 Satz 5 i.V.m. Satz 1\nVwGO ortlich zustandig. Maßgebend fur die Zustandigkeit ist der Bescheid des\nRegierungsprasidiums Stuttgart - Landespolizeidirektion - vom 14.12.2009, der\nals Widerspruchsbescheid anzusehen ist, und nicht der Ausgangsbescheid des\nPrufungsausschusses vom 08.05.2009. Denn die Kostenentscheidung im Bescheid\nvom 14.12.2009 ist eine zusatzliche selbststandige Beschwer im Sinne von § 79\nAbs. 2 Satz 1 VwGO. Dieser Bescheid wurde vom Regierungsprasidium Stuttgart\nerlassen, das im Bezirk des Verwaltungsgerichts Stuttgart liegt. § 52 Nr. 3\nSatz 2 VwGO ist nicht einschlagig. Denn das Regierungsprasidium Stuttgart ist\nim Rahmen der Fahrlehrerprufung nur fur seinen Bezirk zustandig. Dies ergibt\nsich aus § 2 Satz 4 des Gesetzes zur Privatisierung von Aufgaben auf dem\nGebiet des Fahrerlaubnis- und Fahrlehrerrechts vom 18.10.1999 (GBl. 1999 S.\n411). Danach ist zustandig fur den Erlass von Widerspruchsbescheiden gegen\nEntscheidungen des Prufungsausschusses das Regierungsprasidium, in dessen\nBezirk die Prufung durchgefuhrt wird. \n--- \n| 15 \n--- \n| Die Klage ist als Verpflichtungsklage anzusehen. Denn aus dem gesamten\nVorbringen des Klagers ergibt sich das Begehren, dem Prufungsausschuss die\nganzen Kosten aufzuerlegen. Diese Klage ist im Umfang einer Bescheidungsklage\nzulassig (vgl. VGH Bad.-Wurtt., Urt. v. 05.01.2005, VBlBW 2005, 281). Im\nÜbrigen ist sie unzulassig. \n--- \n| 16 \n--- \n| Die Klage ist nicht begrundet. Die Kostenentscheidung im Bescheid vom\n14.12.2009 ist rechtmaßig und verletzt den Klager nicht in seinen Rechten (§§\n113 Abs. 5, 114 VwGO). \n--- \n| 17 \n--- \n| Nach § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG wird uber die Kosten des Vorverfahrens nach\nbilligem Ermessen entschieden, wenn sich der Widerspruch auf andere Weise als\nnach § 80 Abs. 1 Satz 1 bis 4 LVwVfG erledigt; der bisherige Sachstand ist zu\nberucksichtigen. Dabei kann auf die im Zusammenhang mit der Auslegung von §\n161 Abs. 2 VwGO entwickelten Rechtsgedanken zuruckgegriffen werden (vgl. VGH\nBad.-Wurtt., Urt. v. 05.01.2005, a.a.O.; VG Wurzburg, Urt. v. 02.12.2009 - W 2\nK 09.497 -, juris). Dies erfordert insbesondere eine Bewertung der\nErfolgsaussichten des Widerspruchs (vgl. BayVGH, Beschl. v. 15.03.2001 - 8 ZB\n01.225 -, juris). Daraus folgt auch, dass eine Vollprufung der Rechtslage\nnicht bis in alle Einzelheiten durchgefuhrt werden muss. \n--- \n| 18 \n--- \n| Der Widerspruch des Klagers gegen den Bescheid des Prufungsausschusses vom\n08.05.2009 hatte sich aus seiner Sicht erledigt. Denn er hatte nach Erhebung\ndes Widerspruchs die Fahrlehrerprufung der Klasse CE bestanden. \n--- \n| 19 \n--- \n| Die danach erforderliche Ermessensentscheidung uber die Kostentragung ist\nnicht zu beanstanden. \n--- \n| 20 \n--- \n| Maßgeblich fur die Überprufung der Kostenentscheidung ist der Sachstand zum\nZeitpunkt der Entscheidung der Widerspruchsbehorde. Dies ergibt sich schon aus\nder Formulierung "der bisherige Sachstand ist zu berucksichtigen" in § 80 Abs.\n1 Satz 5 2. Halbsatz LVwVfG. Dies steht im Übrigen in Übereinstimmung mit dem\nallgemeinen Grundsatz, dass maßgeblicher Zeitpunkt fur die Rechtmaßigkeit der\nErmessensausubung grundsatzlich der Zeitpunkt der letzten Behordenentscheidung\nist (vgl. statt vieler BVerwG, Beschluss v. 10.11.2008 - 5 B 79/08 -, juris). \n--- \n| 21 \n--- \n| Nach diesen Grundsatzen ist der Sachvortrag, soweit er neu im\nKlageverfahren erfolgt ist, nicht zu berucksichtigen. Hierzu gehoren folgende\nvom Klager neu vorgetragenen Gesichtspunkte: Bei der mundlichen Prufung sei\nein formaler Fehler gemacht worden. Er sei auf dem Weg zur mundlichen Prufung\ngewesen, als ihm telefonisch mitgeteilt worden sei, dass seine Prufung eine\nStunde fruher als geplant abgehalten werde. Er habe bei Ankunft trotz der\nlangen Fahrzeit sofort die mundliche Prufung antreten mussen, ohne sich\nausruhen zu konnen. Er sei nicht gefragt worden, ob er damit einverstanden\nsei, dass die Prufung vorgezogen werde. \n--- \n| 22 \n--- \n| Die ubrigen vom Klager vorgetragenen Gesichtspunkte waren bei der\nKostenent-scheidung mit zu berucksichtigen. Das Ergebnis der\nKostenentscheidung ist auch bei Berucksichtigung dieses Vortrags des Klagers\nnicht zu beanstanden. \n--- \n| 23 \n--- \n| Der Klager hatte mit seinen Einwendungen gegen die Bewertung der mundlichen\nPrufung vom xxx wohl keinen Erfolg gehabt. \n--- \n| 24 \n--- \n| Der Klager ware mit der Ruge, der Prufungsausschuss sei falsch besetzt\ngewesen, wohl nicht durchgedrungen. \n--- \n| 25 \n--- \n| Der Klager hat insoweit vorgetragen, der Prufungsausschuss sei mit einem\nPrufer besetzt gewesen, der in unmittelbarer Nahe zu seiner - des Klagers -\nFahrschule in T. selbst eine Fahrschule betreibe. Diese Besetzung sei wegen\nInteressenkollision nicht hinnehmbar. Der Prufer - xxx - hat insoweit\nangegeben, er betreibe mittlerweile in T. eine Fahrschule fur die Klassen BE\nund A. \n--- \n| 26 \n--- \n| Der Prufer war nicht nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 der Prufungsordnung fur\nFahrlehrer ausgeschlossen. Danach darf ein Prufungsausschussmitglied nicht\nmitwirken, das wegen seiner Stellung oder Beziehung zum Bewerber durch die\nTatigkeit als Mitglied des Prufungsausschusses oder durch eine Entscheidung\ndes Ausschusses einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erlangen kann. Ein\nsolcher unmittelbarer Vorteil oder Nachteil ist nicht ersichtlich. Der Prufer\nbetreibt zwar ebenfalls eine Fahrschule in T., aber (nur) fur die Klassen BE\nund A. Beim Klager ging es dagegen um die Klasse CE. Insoweit liegt auch kein\nsonstiger Grund vor, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische\nMitwirkung im Prufungsausschuss zu rechtfertigen (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 der\nPrufungsordnung fur Fahrlehrer). \n--- \n| 27 \n--- \n| Soweit sich der Klager darauf berufen hat, in der mundlichen Prufung sei\nihm durch den Prufungsausschuss mitgeteilt worden, dass er im schriftlichen\nTeil eine "schlechte" 5 erzielt habe, hatte sein Widerspruch nach dem\nErkenntnisstand zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des\nWiderspruchsbescheids wohl keinen Erfolg gehabt. Denn es ist nichts dafur\nersichtlich oder vorgetragen, dass diese Aussage fur die Bewertung der\nmundlichen Prufung eine Rolle gespielt haben konnte. \n--- \n| 28 \n--- \n| Weiter durfte die Frage zum "Thema VW- bzw. Campingbus" nicht zu\nbeanstanden gewesen sein. \n--- \n| 29 \n--- \n| Der Klager hat sich insoweit darauf berufen, die Frage sei im\nunzutreffenden Themenkomplex gestellt worden. Sie habe zum Bereich Recht\ngehort, der bereits abgehakt gewesen sei. \n--- \n| 30 \n--- \n| Diese Problematik wurde im Bereich "Fahrpraxis/Verkehrsverhalten"\nangesprochen, wie sich aus dem Prufungsprotokoll ergibt. Dieser Bereich war\nnach dem Protokoll Gegenstand der Prufung von 12.13 Uhr bis 12.21 Uhr. Der\nBereich "Recht" war dagegen erst von 12.40 Uhr bis 12.44 Uhr, d. h. zeitlich\nspater, Gegenstand der Prufung. Dies entspricht auch der Darstellung des\nPrufungsvorsitzenden xxx in der Stellungnahme zum Widerspruch des Klagers. \n--- \n| 31 \n--- \n| Die Frage wurde nicht im unzutreffenden Themenbereich gestellt. Denn der\nBereich "Verkehrsverhalten" schließt das Verkehrsrecht ein (§ 16 Abs. 1 Satz 2\nder Prufungsordnung fur Fahrlehrer). Das dabei thematisierte\nSonntagsfahrverbot (vgl. § 30 StVO) gehort zur Straßenverkehrsordnung. Diese\nwiederum gehort zum "Verkehrsrecht" (vgl. Creifelds, Rechtsworterbuch,14.\nAuflage [1997], S. 1369). \n--- \n| 32 \n--- \n| Die Frage ware auch inhaltlich nicht zu beanstanden gewesen. Der Klager\ntragt insoweit vor, der Prufer habe nach einem VW-Bus mit einem Wohnanhanger\nohne Gewichtsangabe gefragt. Dies deckt sich mit den Angaben des Prufers xxx\nin der Stellungnahme vom 06.07.2009. Danach kam es im Rahmen der hier\nstreitigen Kostenentscheidung nicht darauf an, dass im Gegensatz zu diesen\nAngaben im Protokoll vermerkt ist: "Geltung fur Campingbus uber 7,5 to?". \n--- \n| 33 \n--- \n| Die Frage in der dargestellten Form ist nicht zu beanstanden. Sie konnte\nvor dem Hintergrund gestellt werden, wie ihn der Prufer xxx in der\nStellungnahme vom 06.07.2009 darlegte: Es sei darum gegangen, vom Klager zu\nhoren, dass ein VW-Bus eine Zulassung als Pkw, Lkw oder Sonderkraftfahrzeug\nWohnmobil haben konne. Sei er als Lkw eingetragen und fuhre einen Anhanger\nmit, spiele es keine Rolle mehr, welche zulassige Gesamtmasse das Fahrzeug\nhabe. Das Sonntagsfahrverbot gelte grundsatzlich fur Lkw mit Anhanger. \n--- \n| 34 \n--- \n| Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bestimmte Arten von\nKleinfahrzeugen, z. B. Sprinter, so auch VW-Busse, als Pkw oder als Lkw gelten\nkonnen (vgl. BayObLG, Beschl. 14.04.1997, NZV 1997, 449), also\nPersonenkraftwagen oder Lastkraftwagen sein konnen. Dies hangt von der\nkonkreten Bauart, Ausstattung und Einrichtung ab (Burmann/Heß/Jahnke/Janker,\nStraßenverkehrsrecht, 21. Aufl. [2009], § 1 StVG RdNr. 8a; vgl. zu VW-\nPritschenwagen: OLG Frankfurt am Main, DAR 1983, 332). Sind sie danach als Lkw\neinzustufen, gilt fur sie das Sonntagsfahrverbot, wenn sie einen Anhanger\nmitfuhren (vgl. § 30 Abs. 3 S. 1 StVO). Dies hat der Klager nach den\nStellungnahmen der Prufer nicht gewusst. \n--- \n| 35 \n--- \n| Unter diesem Blickwinkel ist unschadlich, dass der Prufer xxx\nmoglicherweise falschlich davon ausgegangen ist, die Einstufung als Pkw oder\nLkw hange vor der "Zulassung" bzw. "Eintragung" ab, wie sich aus dessen\nStellungnahme vom 06.07.2009 ergibt. Denn diese falsche rechtliche\nEinschatzung (vgl. Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, a.a.O.)\nwirkte sich im Falle des Klagers nicht aus, weil dieser die Problematik der\nunterschiedlichen Einstufung von solchen Fahrzeugen in der Prufung nicht\n(er)kannte. \n--- \n| 36 \n--- \n| Unverstandlich sind die Ausfuhrungen des Klagers im Widerspruch, nicht\nkorrekt sei der Einwand des Prufers gewesen: "Der VW-Bus war auf das Geschaft\nzugelassen und hatte 7,5 t." Es ist insoweit nicht einmal klar, was mit\n"Einwand" gemeint ist. Im Übrigen sind weder die genaue Äußerung des Prufers\nnoch die naheren Umstande oder der Zusammenhang dargelegt. \n--- \n| 37 \n--- \n| Schließlich hatte auch die Ruge der Bewertung des schriftlichen Teils der\nPrufung keinen Erfolg gehabt. \n--- \n| 38 \n--- \n| Soweit der Klager auch hier die Besetzung des Prufungsausschusses gerugt\nhat, hatte er auch hier keinen Erfolg gehabt. Insoweit wird auf die\nAusfuhrungen oben verwiesen. \n--- \n| 39 \n--- \n| Soweit der Klager geltend gemacht hat, es habe ihm nur ein halber Punkt zur\nNote "ausreichend" gefehlt, hatte er damit nicht durchdringen konnen. Denn\ndieser Vortrag ist unsubstantiiert. \n--- \n| 40 \n--- \n| Schließlich kann aus dem Verhalten der Prufer in der mundlichen Prufung\nnicht auf eine unsachgemaße Beurteilung der schriftlichen Prufung geschlossen\nwerden, zumal die schriftliche Prufung langere Zeit vorher stattgefunden\nhatte. Im Übrigen ergibt sich aus dem Vortrag des Klagers im Widerspruch kein\nvorwerfbares Verhalten, aus dem geschlossen werden musste, dass die Prufer\ngegenuber ihm voreingenommen gewesen seien. \n--- \n| 41 \n--- \n| Da die Kostenentscheidung, wie sie im Widerspruchsbescheid vom 14.12.2009\ngetroffen wurde, nicht zu beanstanden ist, hat der Klager auch keinen Anspruch\nauf Verpflichtung zur Feststellung, dass die Zuziehung eines Bevollmachtigten\nim Vorverfahren nach § 80 Abs. 2 LVwVfG fur notwendig erklart wird. \n--- \n| 42 \n--- \n| Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO. \n--- \n| 43 \n--- \n| Die Voraussetzungen fur die Zulassung der Berufung durch das\nVerwaltungsgericht gemaß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4\nVwGO liegen nicht vor. \n--- \n--- \n| 44 \n--- \n| \n--- \n| **Beschluss vom 07. Juni 2010** \n--- \n| Der Streitwert wird gemaß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 3 GKG auf \n--- \n| ** EUR 576,08 ** \n--- \n| festgesetzt. \n--- \n---\n\n |
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162,364 | vg-sigmaringen-2010-07-12-nc-6-k-144510 | 159 | Verwaltungsgericht Sigmaringen | vg-sigmaringen | Sigmaringen | Baden-Württemberg | Verwaltungsgerichtsbarkeit | NC 6 K 1445/10 | 2010-07-12 | 2019-01-16 08:15:50 | 2019-01-17 12:07:23 | Beschluss | ## Tenor\n\nSoweit die Antragstellerin die vorlaufige Verpflichtung der Antragsgegnerin\nzur Behandlung ihres schriftlichen Zulassungsantrags vom 23.06.2010 auch ohne\nelektronische online-Bewerbung als formell ordnungsgemaß bzw. die vorlaufige\nFeststellung begehrt, dass die Antragsgegnerin nicht berechtigt sei, eine\nonline-Bewerbung der Antragstellerin auf Zulassung außerhalb der festgesetzten\nKapazitat zu verlangen, wird der Antrag abgelehnt.\n\nDie Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.\n\n## Gründe\n\n| | \n--- \n**I.** \n--- \n| 1 \n--- \n| Die Antragstellerin begehrt die Zulassung zum Studium der Humanmedizin im\n1. Fachsemester nach den Rechtsverhaltnissen des Wintersemesters 2010/2011\naußerhalb der festgesetzten Kapazitat. \n--- \n--- \n| 2 \n--- \n| Die Antragstellerin ist griechische Staatsangehorige und verfugt uber eine\nim Inland erworbene allgemeine Hochschulreife. Mit Telefax-Schreiben ihres\nProzessbevollmachtigten vom 23.06.2010 bewarb sie sich bei der Antragsgegnerin\num die Zuweisung eines Studienanfangerplatzes im Studiengang Humanmedizin,\nhilfsweise um Zuweisung eines Teilstudienplatzes. Mit Schreiben vom 01.07.2010\nwandte sich der Prozessbevollmachtigte der Antragstellerin an die\nAntragsgegnerin und rugte die Rechtswidrigkeit der von der Universitat durch\nSatzung neu eingefuhrten Obliegenheit einer online-Bewerbung fur Antrage auf\nZulassung zum Studium außerhalb der festgesetzten Kapazitat. Er bat um\nschriftliche Bestatigung, dass auch schriftliche Antrage berucksichtigt\nwurden. Der Prozessbevollmachtigte der Antragsgegnerin teilte daraufhin dem\nAntragstellervertreter mit Schreiben vom 07.07.2010 mit, die Universitat werde\nnicht formgerecht eingereichte Antrage als unzulassig behandeln und betroffene\nAntragstellerInnen auch nicht in die vorgesehenen „Reserve-Ranglisten" mit\naufnehmen. Da die online-Bewerbung relativ einfach vorzunehmen sei, gehe der\nAntragstellervertreter fur seine Mandantin daher ein erhebliches Risiko ein,\nwenn er - sehenden Auges - von dieser Moglichkeit keinen Gebrauch mache. \n--- \n--- \n| 3 \n--- \n| Die Antragstellerin hat am 08.07.2010 beim Verwaltungsgericht Sigmaringen\num Eilrechtsschutz nachgesucht. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen zur\nbehaupteten Rechtswidrigkeit der online-Bewerbungsobliegenheit. Weiter tragt\nsie vor, die - noch bestehende - Moglichkeit zur elektronischen Antragstellung\nkonne ihr nicht entgegengehalten werden. Ansonsten wurde sie dazu\nverpflichtet, das evident rechtswidrige Verhalten der Antragsgegnerin zu\nunterstutzen, um Rechtsnachteile zu vermeiden. Es sei ihr auch nicht zumutbar,\neine eventuelle Ablehnung ihres zugleich gestellten - auf eine Zulassung zum\nStudium gerichteten - Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung\nabzuwarten. \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| Die Antragstellerin beantragt - neben ihrem zugleich gestellten auf eine\nZulassung zum Studium bzw. Teilstudium gerichteten Eilantrag - vorab, \n--- \n--- \n| 5 \n--- \n| die Antragsgegnerin vorlaufig zu verpflichten, „den Bewerbungsantrag der\nAntragstellerin vom 23.06.2010 auf Zulassung außerhalb der festgesetzten\nKapazitat auch ohne auf der Homepage der Antragsgegnerin vorgenommene\nelektronische „Online-Bewerbung" als formell ordnungsgemaße Antragstellung zu\nbehandeln und entsprechend zu bescheiden", \n--- \n--- \n| 6 \n--- \n| hilfsweise vorlaufig festzustellen, „dass die Antragsgegnerin nicht\nberechtigt ist, eine „Online-Bewerbung" auf Zulassung außerhalb der\nfestgesetzten Kapazitat im Studiengang Humanmedizin im 1. Fachsemester zum\nWintersemester 2010/11 zu dem Erfordernis einer formell ordnungsgemaßen\nAntragstellung auf Zulassung außerhalb der Kapazitat durch die Antragstellerin\nzu machen". \n--- \n--- \n| 7 \n--- \n| Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten. \n--- \n--- \n**II.** \n--- \n| 8 \n--- \n| Der Antrag bleibt - soweit die Kammer uber ihn im Wege des Teilbeschlusses\nanalog § 110 VwGO vorab entscheidet - ohne Erfolg. \n--- \n--- \n| 9 \n--- \n| Die Kammer fasst das in den als Nrn. 1 und 3 der Antragsschrift vom\n08.07.2010 zum Ausdruck gebrachte Begehren als ein solches auf Voraberlass\neines Teilbeschlusses auf. Dass der Antragstellervertreter dieses Begehren als\nErsuchen auf Erlass eines sog. Hangebeschlusses formuliert, steht dem bei\nsachdienlicher Auslegung nicht entgegen. Hangebeschlusse sind als\nZwischenregelungen dann sachgerecht und statthaft, wenn befurchtet werden\nmuss, dass bis zu einer gerichtlichen (End-)Entscheidung uber einen Eilantrag\nnach § 80 oder § 123 VwGO vollendete Tatsachen geschaffen werden und auf\nandere Weise der durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotene effektive Rechtsschutz nicht\ngewahrleistet ist. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn das Gericht in\numfangreichen und/oder schwierigen Rechtsstreitigkeiten eine gewisse\nZeitspanne zur Erfassung des Sachverhaltes benotigt. Nach Sinn und Zweck des\nVerfahrens zur Gewahrung vorlaufigen Rechtsschutzes kann dies aber jeweils nur\nfur einen kurzen Zeitraum in Betracht kommen. \n--- \n--- \n| 10 \n--- \n| Hier aber benotigt das Gericht keine weitere zeitliche\nDispositionsmoglichkeit, um uber den Eilantrag entscheiden zu konnen; das ist\ndem Gericht vor Abschluss des innerkapazitaren Vergabeverfahrens ohnehin nicht\ngestattet. Die Antragstellerin begehrt zudem keine Zwischenregelung bis zum\nEintritt bestimmter Umstande, sondern eine Vorabentscheidung uber eine\nisoliert zu betrachtende Fragestellung (die Wirksamkeit der online-\nBewerbungsobliegenheit). In Anbetracht des Umstands, dass der\nAntragstellervertreter seine die formelle Ordnungsgemaßheit der Bewerbung\nbetreffenden Antrage selbststandig gestellt hat, erstrebt er in der Sache eine\nTeilvorabentscheidung uber diesen gesonderten Streitgegenstand. Die\nEntscheidung kann daher unabhangig vom Rest des Streitgegenstands und damit\nohne die Gefahr eines Widerspruchs zur spateren Schlussentscheidung ergehen.\nSachdienliche Entscheidungsart ist damit der Teilbeschluss und nicht etwa ein\nZwischenbeschluss analog § 109 VwGO (vgl. nur Lindner, in: BeckOK VwGO, 13.\nEd., § 110, Rn 5 ff.; Clausing, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO,\n18. Aufl., § 110, Rn 4 und 8). \n--- \n--- \n| 11 \n--- \n| Fur die gegen die online-Bewerbungsobliegenheit gerichteten Eilantrage nach\n§ 123 VwGO (Haupt- und Hilfsantrag) fehlt es am erforderlichen\nRechtsschutzbedurfnis. \n--- \n--- \n| 12 \n--- \n| Soweit die Antragstellerin damit sicherstellen will, dass ihr bei der\nAntragsgegnerin am 23.06.2010 schriftlich gestellter Hauptantrag auf Zulassung\nzum (Voll-)Studium der Humanmedizin als formgerecht behandelt und entsprechend\nbeschieden wird, fehlt das Rechtsschutzbedurfnis bereits deshalb, weil zur\ndiesbezuglichen Rechtsverwirklichung ein einfacherer und ebenso effektiver Weg\nzur Verfugung steht. Die Frist zur online-Bewerbung ist noch nicht abgelaufen,\ndie Antragstellerin kann ihre Rechte also noch selbst durch das Ausfullen der\nentsprechenden Formularfelder wahren. Warum sie insoweit berechtigt sein soll,\ngerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, derer sie nicht bedarf, erschließt\nsich der Kammer nicht. Dass einer online-Bewerbung technische Probleme\n(Internetzugang o.a.) entgegenstunden, hat die Antragstellerin nicht geltend\ngemacht; fur diesen Fall stunde es ihr ohnehin offen, bei der Universitat nach\n§ 4 Abs. 1 Satz 3 der Zulassungs- und Immatrikulationssatzung vom 29.06.2009\n(zuletzt geandert durch Änderungssatzung vom 24.02.2010) einen Antrag auf\nVerzicht auf die elektronische Antragstellung zur Vermeidung unbilliger Harten\nzu stellen. Auch vermag die Kammer nicht die Einschatzung des\nAntragstellervertreters zu teilen, wonach die (gebuhrenfreie) online-Bewerbung\nfur die Antragstellerin unzumutbar sein soll, da sie ansonsten ein evident\nrechtswidriges Verhalten der Antragsgegnerin „unterstutzen" musse, um\nRechtsnachteile zu vermeiden. Es ist bereits nicht erkennbar, inwieweit das\nneutrale Ausfullen der online-Formularfelder als wie auch immer geartete\nUnterstutzungshandlung fur eine Rechtsnorm zu qualifizieren sein sollte. Die\nAntragstellerin hat ihre diesbezugliche Rechtsauffassung der Universitat\ngegenuber auch bereits explizit geaußert, sodass die vorsorgliche Abgabe einer\nonline-Bewerbung auch nicht vermuten ließe, die Antragstellerin „beuge" sich\ndem - unterstellt - rechtswidrigen Verhalten der Antragsgegnerin. Auch sonst\nsind der Rechtsordnung vorsorgliche (und ex post oftmals unnotige)\nRechtshandlungen, etwa zur Wahrung von Fristen bei zweifelhafter Wirksamkeit\nvon Zustellungen, nicht fremd, die bei Beachtung der gebotenen anwaltlichen\nSorgfalt zur Vermeidung von Haftungsrisiken dringend angezeigt und geboten\nsind. Warum gerade die von der Antragstellerin geforderte online-Bewerbung ihr\nin diesem Zusammenhang unzumutbar sein soll, hat der Antragstellervertreter\nder Kammer in keiner Weise dargelegt. \n--- \n--- \n| 13 \n--- \n| Insgesamt - insbesondere aber auch, soweit die Antragsstellerin mit ihrem\nEilrechtsschutzbegehren die ordnungsgemaße Behandlung und Bescheidung ihres\nauf eine Teilzulassung gerichteten Hilfsantrags vom 23.06.2010 sichern will, -\nfehlt es aber auch deshalb am Rechtsschutzbedurfnis fur den im Tenor\nabgehandelten Teil des Streitgegenstands, weil sich die Antragstellerin durch\ndie begehrte gerichtliche vorlaufige Verpflichtung bzw. Feststellung nicht\nbesser stellen kann. Die an die normative Zulassungszahlenfestsetzung\ngebundene Antragsgegnerin darf und wird in Verwaltungsverfahren ohnehin keine\nStudienplatze außerhalb der festgesetzten Kapazitat vergeben. Das Gericht\nhingegen muss und wird die Frage der Rechtswirksamkeit der Neufassung von § 4\nAbs. 4 der Zulassungs- und Immatrikulationssatzung inzident prufen, sofern es\nim Rahmen der auf Zulassung gerichteten Eilantrage der Bewerberkonkurrenz zu\nder Auffassung gelangen sollte, dass Studienplatze außerhalb der festgesetzten\nKapazitat vorlaufig zu vergeben sein sollten. Vor diesem Hintergrund\nerschließt sich der Kammer nicht, welchen Vorteil die Antragstellerin von der\nbegehrten Vorabfeststellung haben soll und inwieweit sie ihr Verhalten nach\nErgehen eines Teilbeschlusses - mit Ausnahme allenfalls der Nachholung der\nonline-Bewerbung vor Fristablauf - von dessen Ergebnis abhangig machen will.\nSowohl mit als auch ohne die begehrte Vorabfeststellung wird sie die\ngerichtliche Inzidentprufung der satzungsrechtlichen Bestimmungen abwarten\nmussen. Letztlich begehrt die Antragstellerin der Sache nach eine - prozessual\nnicht vorgesehene - Vorabaußerung des Gerichts zu seiner Rechtsauffassung. Da\ndie Antragstellerin in der Antragsschrift vom 08.07.2010 bei Gericht auch\nbereits die vorlaufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zulassung zum\nStudium beantragt hat, kann sie auch nicht geltend machen, sie bedurfe der\nbegehrten Vorabfeststellung, um die Frage der Rechtsverfolgung des\nZulassungsbegehrens im Wege der einstweiligen Anordnung uberdenken und\ninsoweit noch disponieren zu konnen. Insoweit steht allenfalls noch die -\nGebuhren reduzierende - Antragsrucknahme im Raum, zu deren Sinnhaftigkeit sie\ndie Rechtsauffassung des Gerichts ausforschen mochte. \n--- \n--- \n| 14 \n--- \n| Vor diesem Hintergrund ist auch kein Raum fur die begehrte\nVorabverpflichtung oder -feststellung des Gerichts zur Frage der\nFormwirksamkeit der schriftlichen Bewerbung, soweit diese sich auf die\nZuweisung eines Teilstudienplatzes bezieht. Dass die von der Antragsgegnerin\nim Internet bereit gestellte und von der Kammer testweise eingesehene\nBewerbungsmaske (u.a.) nicht die Moglichkeit vorsieht, sich etwa auch fur\neinen Teilstudienplatz gesondert zu bewerben, durfte zwar voraussichtlich im\nEinzelfall oftmals - und wohl auch im Fall der Antragstellerin - dazu fuhren,\ndass § 4 Abs. 4 der Zulassungs- und Immatrikulationssatzung (ungeachtet der\nFrage der Wirksamkeit dieser Bestimmung) einer Bewerbung nicht wird\nentgegengehalten werden konnen. Voll- und Teilstudienplatz werden von der\nRechtsprechung als unterschiedlicher Streitgegenstand (aliud, vgl. nur VGH\nBaden-Wurttemberg, Beschlusse vom 23.02.1999 - NC 9 S 113/98 u.a. -; Beschluss\nvom 27.09.2006 - NC 9 S 77/06 -; a.A. nunmehr: OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss\nvom 15.09.2009 - NC 2 B 59/09 -) qualifiziert, mit der Folge, dass eine\ngesonderte diesbezugliche behordliche Antragstellung Voraussetzung auch fur\ndie „gerichtliche" Zuweisung eines Studienplatzes im Verfahren nach § 123 VwGO\nist. Bietet aber die online-Bewerbungsmaske der Antragsgegnerin technisch\nnicht die Moglichkeit, sich insoweit gesondert zu bewerben, obwohl bei der\nAntragsgegnerin zum Wintersemester 2010/11 ausweislich der ZZVO Zentrales\nVergabeverfahren 2010/2011 vom 11.06.2010 (GBl. S. 487) im zentralen\nVergabeverfahren Teilstudienplatze vergeben werden, so kann dem\nFormerfordernis nicht entsprochen werden. All dies andert jedoch nichts daran,\ndass die Antragstellerin auch insoweit durch die begehrte Vorabverpflichtung\nbzw. -feststellung keine Verbesserung ihrer Rechtsposition erfahren kann und\nihr deshalb auch insoweit das erforderliche Rechtsschutzbedurfnis fehlt. \n---\n\n |
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162,465 | olgstut-2010-08-10-2-ws-10710 | 147 | Oberlandesgericht Stuttgart | olgstut | Baden-Württemberg | Oberlandesgericht | 2 Ws 107/10 | 2010-08-10 | 2019-01-16 08:16:45 | 2019-02-12 12:23:25 | Beschluss | ## Tenor\n\nDie sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts\nStuttgart vom 16. Juni 2010 wird als unbegrundet **_verworfen._**\n\nDer Verurteilte tragt die Kosten seines Rechtsmittels.\n\n## Gründe\n\n| | I. \n--- \n| 1 \n--- \n| Der Verurteilte wendet sich gegen die ihm vom Landgericht versagte\nWiedereinsetzung in den vorigen Stand, nachdem er eine Beschwerdefrist\nversaumt hat. \n--- \n| 2 \n--- \n| Der zur Tatzeit 20-jahrige Beschwerdefuhrer wurde durch rechtskraftiges\nBerufungsurteil des Landgerichts - Jugendkammer - Stuttgart vom 4. August 2009\nwegen Notigung unter Einbeziehung einer weiteren Verurteilung wegen\ngefahrlicher Korperverletzung und Diebstahls zu der Einheitsjugendstrafe von\neinem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Über deren Strafaussetzung zur\nBewahrung sollte gemaß § 57 Abs. 1 JGG spater entschieden werden. Durch\nBeschluss vom 30. April 2010 versagte das Amtsgericht die Strafaussetzung zur\nBewahrung und ordnete die Strafvollstreckung an. Mit dem angefochtenen\nBeschluss verwarf das Landgericht die verspatet eingelegte sofortige\nBeschwerde des Verurteilten als unzulassig und den Wiedereinsetzungsantrag in\ndie versaumte Frist als unbegrundet. \n--- \n| 3 \n--- \n| Das zulassige Rechtsmittel gegen die versagte Wiedereinsetzung in den\nvorigen Stand bleibt in der Sache ohne Erfolg. \n--- \nII. \n--- \n| 4 \n--- \n| 1\\. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den\nNichtaussetzungsbeschluss des Amtsgerichts B., der ihm am 12. Mai 2010\nzugestellt wurde, ging beim Amtsgericht als Fax-Schreiben des Verteidigers\nerst am 2. Juni 2010 ein und damit nach dem Ablauf der Beschwerdefrist von\neiner Woche (§§ 59 Abs. 1 Satz 1 JGG i. V. m. 311 Abs. 2 StPO) am 19. Mai\n2010. Sie wurde kurz nach der Zustellung der Ladung zum Strafantritt an den\nBeschwerdefuhrer eingelegt. \n--- \n| 5 \n--- \n| 2\\. Der Beschwerdefuhrer bringt zur Begrundung seines zulassigen\nWiedereinsetzungsantrags vor, dem Nichtaussetzungsbeschluss des Amtsgerichts\nvom 30. April 2010 sei keine Rechtsmittelbelehrung beigefugt gewesen. \n--- \n| 6 \n--- \n| Nach §§ 44 Satz 2 StPO i. V. m. 2 Abs. 2 JGG ist die Versaumung einer\nRechtsmittelfrist als unverschuldet anzusehen und Wiedereinsetzung in den\nvorigen Stand zu gewahren, wenn die erforderliche Rechtsmittelbelehrung\nunterblieben ist. Hier war bei der Zustellung des Nichtaussetzungsbeschlusses\ngemaß § 35 a Satz 1 StPO i. V. m. 2 Abs. 2 JGG eine Rechtsmittelbelehrung zu\nerteilen, da der Beschluss nur befristet anfechtbar war. \n--- \n| 7 \n--- \n| Der Beschwerdefuhrer hat aber nicht gemaß § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO glaubhaft\ngemacht, dass eine Rechtsmittelbelehrung unterblieben ist. Zwar beruft sich\nder Beschwerdefuhrer zutreffend darauf, dass die Rechtsmittelbelehrung in der\nvom Postzusteller ausgestellten Zustellungsurkunde nicht als Gegenstand der\nZustellung aufgefuhrt ist. Dies konnte ein Anhaltspunkt dafur sein, dass dem\nBeschluss, der selbst keine Rechtsmittelbelehrung enthalt, auch kein Merkblatt\nmit einer Rechtsmittelbelehrung beigefugt war, da in solchen Fallen\nentsprechend Nr. 142 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz RiStBV die\nRechtsmittelbelehrung regelmaßig auf der Zustellungsurkunde vermerkt wird.\nDieser Anhaltspunkt wird hier aber dadurch entkraftet, dass die zustandige\nUrkundsbeamtin des Amtsgerichts B. die Beifugung der Rechtsmittelbelehrung auf\nder Begleitverfugung zum Beschluss vermerkt hat. Sie hat weiter in ihrer\ndienstlichen Äußerung vom 14. Juli 2010, die der Senat zum Ausschluss eines\nMissverstandnisses eingeholt hat, dargelegt, sie sei sich sicher, der fur den\nBeschwerdefuhrer bestimmten Beschlussausfertigung die Rechtsmittelbelehrung\nbeigefugt zu haben. Anlass, dies zu bezweifeln, hat der Senat nicht. \n--- \n| 8 \n--- \n| In Rechtsprechung und Literatur (OLG Dusseldorf NStZ 1986, 233 f.;\nzustimmend Julius u.a. - Gercke, StPO, 4. Aufl., § 35 a Rdnr. 7;\nzuruckhaltender Lowe/Rosenberg - Graalmann-Scheerer, StPO, 26. Aufl., § 35 a,\nRdnr. 18) wird freilich die Auffassung vertreten, dass ausschließlich der\nEintrag der Rechtsmittelbelehrung in der Zustellungsurkunde als Gegenstand der\nZustellung Beweis dafur erbringt, ob sie erfolgt ist oder nicht. \n--- \n| 9 \n--- \n| Dem folgt der Senat nicht. Mangels einer Rechtsgrundlage fur eine solche\nBeweisregel ist vielmehr im Freibeweisverfahren unter Nutzung aller zur\nVerfugung stehenden Beweismittel zu bewerten, ob das Unterbleiben der\nerforderliche Rechtsmittelbelehrung glaubhaft gemacht ist. \n--- \n| 10 \n--- \n| Zwar lasst sich den Richtlinien fur das Straf- und Bußgeldverfahren in Nr.\n142 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz fur die Zustellung von Abwesenheitsurteilen die\nEmpfehlung entnehmen, dass die Beifugung der Rechtsmittelbelehrung in der\nZustellungsurkunde vermerkt werden soll. Als Rechtsgrundlage fur eine die\nBeweisfuhrung beschrankende Beweisregel taugt die Verwaltungsanordnung ohne\nGesetzeskraft (Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Auflage, Vorbemerkung zur\nRiStBV) aber nicht. Dies will die Empfehlung ihrem Wortlaut nach, wonach der\nVermerk in der Zustellungsurkunde uber die Beifugung eines Merkblatts genugt ,\nauch gar nicht sein. \n--- \n| 11 \n--- \n| Die Beweisregel in § 274 StPO, wonach mundlich erteilte\nRechtsmittelbelehrungen in der Hauptverhandlung ausschließlich durch das\nHauptverhandlungsprotokoll bewiesen werden konnen, gilt fur\nRechtsmittelbelehrungen außerhalb der Hauptverhandlung nicht. \n--- \n| 12 \n--- \n| Auch aus der Eigenschaft der Zustellungsurkunde als einer offentlichen\nUrkunde (§§ 418 Abs. 1 i. V. m. 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO, 37 Abs. 1 StPO) folgt\nnicht ihre negative Beweiskraft in dem Sinn, dass eine Rechtsmittelbelehrung\nnicht erteilt ist, wenn sie in der Zustellungsurkunde nicht eingetragen ist.\nAn der vollen Beweiskraft der Zustellungsurkunde nimmt nur das in Formularform\n(§ 176 Abs. 1 ZPO) erteilte Zeugnis des Postzustellers teil, dass er „das mit\numseitiger Anschrift und Aktenzeichen versehene Schriftstuck (verschlossener\nUmschlag)" auf bestimmte Weise ubergeben oder zu ubergeben versucht hat. Über\nden Inhalt des Umschlags, der ihm gemaß § 176 Abs. 1 ZPO in verschlossenem\nZustand zu ubergeben ist, kann der Zusteller dagegen kein Zeugnis ablegen\n(zutreffend Munchner Kommentar - Haublein, ZPO, 3. Auflage, § 182, Rdnr. 4).\nEs ist im Formular uber die Beurkundung der Zustellung auch nicht enthalten.\nIm Übrigen ist nach § 418 Abs. 2 ZPO der Beweis der Unrichtigkeit der in der\nUrkunde bezeugten Tatsachen zulassig. \n--- \n| 13 \n--- \n| Weiter spricht die Vorschrift des § 189 ZPO gegen eine Einschrankung des\nFreibeweisverfahrens im vorliegenden Zusammenhang. Danach gilt ein\nSchriftstuck im Falle von Zustellungsmangeln in dem Zeitpunkt als zugestellt,\nin dem es dem Zustellungsadressaten tatsachlich zugegangen ist. Diese\nFeststellung wird im Freibeweisverfahren unter Nutzung aller zur Verfugung\nstehenden Beweismittel getroffen (Zoller, ZPO, 27. Aufl., § 189, Rn. 14). Nach\n§ 35a StPO ist die Rechtsmittelbelehrung bei der Bekanntmachung einer\nEntscheidung zu erteilen, weshalb die Vorschrift als zwingende\nZustellungsvorschrift von der Heilungsvorschrift in § 189 ZPO erfasst wird. §\n189 ZPO gilt gemaß § 37 Abs. 1 StPO im Strafverfahren entsprechend (Meyer-\nGoßner, StPO, 53. Auflage, § 37, Rdnr. 28). \n--- \n| 14 \n--- \n| Nachdem der Senat auf andere Weise als durch einen Eintrag auf der\nZustellungsurkunde festzustellen vermag, dass der Nichtaussetzungsbeschluss\ndes Amtsgerichts B. dem Beschwerdefuhrer mit einer ordnungsgemaßen\nRechtsmittelbelehrung zugestellt worden ist, ist das Rechtsmittel des\nBeschwerdefuhrers kostenpflichtig als unbegrundet zu verwerfen. \n---\n\n |
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162,557 | vg-sigmaringen-2010-09-16-4-k-180410 | 159 | Verwaltungsgericht Sigmaringen | vg-sigmaringen | Sigmaringen | Baden-Württemberg | Verwaltungsgerichtsbarkeit | 4 K 1804/10 | 2010-09-16 | 2019-01-16 08:17:42 | 2019-01-17 12:07:35 | Beschluss | ## Tenor\n\nDie aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den\nBescheid des Regierungsprasidiums Tubingen vom 25.08.2010 wird wieder\nhergestellt.\n\nDer Antragsgegner tragt die Kosten des Verfahrens.\n\nDer Streitwert wird auf 5.000, - EUR festgesetzt.\n\n## Gründe\n\n| | \n--- \n**I.** \n--- \n| 1 \n--- \n| Der Antragsteller wendet sich im Eilverfahren gegen einen Bescheid, mit dem\nihm untersagt wird, bestimmte Schuler in seine private Realschule aufzunehmen\nund zu beschulen. \n--- \n--- \n| 2 \n--- \n| Der Antragsteller betreibt in W. die private Grund- und Hauptschule „Freie\nSchule A. e. V." als Ganztageseinrichtung. Diese Schule wurde mit Bescheid des\nRegierungsprasidiums vom 12.06.2008 nach dem Privatschulgesetz - PSchG -\ngenehmigt. Ein danach gestellter Antrag auf staatliche Anerkennung dieser\nSchule ab dem Schuljahr 09/10 nach § 10 PSchG wurde mit Bescheid des\nRegierungsprasidiums vom 15.02.2010 abgelehnt. Die dagegen am 12.04.2010\nerhobene Verpflichtungsklage ist hier unter dem Aktenzeichen 4 K 750/10\nanhangig. \n--- \n--- \n| 3 \n--- \n| Seit dem Schuljahr 09/10 betreibt der Antragsteller am gleichen Ort, unter\ngleichem Namen und in gleicher Form zusatzlich eine private Realschule, die\nmit bestandskraftigem Bescheid des Regierungsprasidiums Tubingen vom\n12.08.2009 ebenfalls genehmigt wurde. Im Juli 2010 wurde dem\nRegierungsprasidium bekannt, dass an der privaten Realschule auch Schuler aus\nder vom Antragsteller betriebenen privaten Grundschule unterrichtet werden und\nkunftig dort aufgenommen werden sollen, obwohl diese eine den staatlichen\nVorschriften entsprechende Bildungsempfehlung oder bestandene Aufnahmeprufung\n(vgl. § 1 Abs. 1 Aufnahmeverordnung) nicht besitzen. Mit Schreiben vom\n12.08.2010 raumte das Regierungsprasidium dem Antragsteller im Hinblick auf\neinen beabsichtigten Widerruf der Genehmigungen vom 12.06.2008 und vom\n12.08.2009 eine Frist zur Stellungnahme bis zum 10.09.2010 ein. Ein Widerruf\nder Genehmigungen ist bisher nicht erfolgt. \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| Mit Bescheid vom 25.08.2010, zugestellt am 27.08.2010, untersagte das\nRegierungsprasidium dem Antragsteller, Schulerinnen und Schuler ohne\nBildungsempfehlung oder regular bestandener Aufnahmeprufung fur die\nRealschulen oder Gymnasien in seine private Realschule (Ersatzschule)\naufzunehmen und zu beschulen (1.) und ordnete hinsichtlich dieser Regelung den\nSofortvollzug an (2.). Zur Begrundung wurde ausgefuhrt, im geltenden\ndreigliedrigen allgemeinbildenden Schulsystem sei die Aufnahme von\nGrundschulern in die weiterfuhrenden Schulen in der Aufnahmeverordnung\nfestgelegt. Diese Rechtsverordnung gelte nicht nur fur offentliche Schulen,\nsondern auch fur staatlich anerkannte Privatschulen. Aus dem Umstand, dass\nlediglich genehmigte Privatschulen weder eine Aufnahmeprufung im Sinne dieser\nVerordnung noch eine allseits geltende Bildungsempfehlung aussprechen durften,\nsei nicht der Schluss zu ziehen, der Antragsteller konne nach Belieben\nSchulerinnen und Schuler in Privatschulen aufnehmen und damit die vom\nGesetzgeber eingefuhrte Dreigliedrigkeit „ad absurdum" fuhren. Mit § 4 Abs. 2\nPSchG erhalte eine genehmigte Privatschule das Recht, Kinder und Jugendliche\nzur Erfullung ihrer Schulpflicht aufzunehmen. Wenn dabei vom Gesetzgeber\ngeschaffene Regelungen nicht beachtet wurden, durfe die Exekutive dies nicht\ndulden. Dies diene der Sicherstellung der fur die jeweilige Schulart nicht\nGeeigneten vor Überforderung in einem zu starken Leistungsumfeld und damit\nderen Schutz. Im Weiteren wurde die Sofortvollzugsanordnung begrundet und\nbemerkt, der Antragsteller sei am 25.08.2010 gegen 10.35 Uhr zur\nbeabsichtigten „sofortigen Anordnung" angehort worden. \n--- \n--- \n| 5 \n--- \n| Am 02.09.2010 hat der Antragsteller gegen diesen Bescheid Klage erhoben (4\nK 1818/10) und bereits am 31.08.2010 hier den vorliegenden Eilantrag gestellt.\nZur Begrundung wird ausgefuhrt, der Bescheid lege nicht dar, aus welcher\nRechtsvorschrift sich die Geltung der Aufnahmeverordnung fur nicht anerkannte,\naber genehmigte Ersatzschulen ergebe. Nach § 2 Abs. 2 SchG finde das\nSchulgesetz auf Schulen in freier Tragerschaft nur Anwendung, soweit dies\nausdrucklich bestimmt sei. Dies gelte auch fur die aufgrund der\nErmachtigungsnormen im Schulgesetz erlassenen Verordnungen. Diese seien auf\nSchulen in freier Tragerschaft nur anwendbar, soweit dies ausdrucklich\nbestimmt sei. Im Regelfall konne die Schulpflicht auch an einer genehmigten\nErsatzschule erfullt werden. Die Schuler, die seine Realschule besuchten,\nwurden daher nicht gegen ihre Schulpflicht verstoßen. Mit der Aufnahme von\nSchulern ohne Bildungsempfehlung oder Aufnahmeprufung werde einem Betreiber\neiner lediglich genehmigten Ersatzschule kein Freibrief fur die\nUnterschreitung der Qualitat ausgestellt, die mit der genehmigten Schulart\nzusammenhange. Selbstverstandlich musse an seiner genehmigten Realschule\nUnterricht auf dem Niveau einer Realschule erteilt und - wie dies in seinem\nKonzept vorgesehen sei - die Lehrplane fur offentliche Schulen beachtet\nwerden. Die staatliche Schulaufsicht sei berechtigt, die Einhaltung dieser\nQualitatsmerkmale zu uberprufen. Auch konne kontrolliert werden, ob einzelne\nSchuler mit diesen Anforderungen uberfordert wurden, denn auch dies wurde\ngegen das genehmigte Schulkonzept verstoßen. Im Übrigen habe er auch kein\nInteresse an der Aufnahme ungeeigneter Schuler in seine Realschule, da die\nSchuler, wenn die Anerkennung der Realschule nicht erfolge, am Ende die\nSchulfremdenprufung bestehen sollten und dies nur konnten, wenn sie\nerfolgreich unterrichtet worden seien. Soweit in die Realschule Schuler der\neigenen Grundschule aufgenommen worden seien oder werden sollen, erfolge die\nAufnahme auf der Grundlage folgenden Ablaufs: Zum Ende des ersten Halbjahres\nder 4. Klasse wurden die Lehrkrafte der Grundschule intensive Gesprache mit\nden Eltern, die Entwicklungsgesprache genannt wurden, fuhren. Hierbei werde\nder mogliche weitere Bildungsgang eines Schulers erortert, seitens der Lehrer\neine Empfehlung ausgesprochen und mit den Eltern diskutiert, welche Schritte\nzur Umsetzung erforderlich seien. Die Empfehlung der Lehrkrafte werde aufgrund\nvon Beratungen der Lehrerkonferenz erteilt. An dieser wochentlichen Konferenz\nnahmen die Lehrkrafte aller seiner Schulen teil. Schriftlich dokumentiert sei\ndie Empfehlung als solche nicht, wohl aber die Beobachtungen der Lehrkrafte\nzum Entwicklungsstand und zu den erreichten Kenntnissen und Fertigkeiten. \n--- \n--- \n| 6 \n--- \n| Der Antragsteller beantragt, \n--- \n| 7 \n--- \n| die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des\nRegierungsprasidiums vom 25.08.2010 wieder herzustellen. \n--- \n--- \n| 8 \n--- \n| Der Antragsgegner beantragt, \n--- \n| 9 \n--- \n| den Antrag abzulehnen. \n--- \n--- \n| 10 \n--- \n| Zur Begrundung wird auf die Ausfuhrungen im Bescheid verwiesen und\nerganzend geltend gemacht, die Schularten des offentlichen Schulwesens seien\nauch durch Privatschulen zu beachten. Nach § 4 Abs. 2 PSchG durften\nPrivatschulen Kinder und Jugendliche zur Erfullung der Schulpflicht unter\nEinhaltung der hierfur geltenden Bestimmungen aufnehmen. Die Schulpflicht\nkonne jedoch nur in der Schulart erfullt werden, fur die eine\nZugangsberechtigung vorliege. So konne ein Forderschuler z. B. nicht seine\nSchulpflicht an einem Gymnasium erfullen. Die 3 Schuler aus seiner\nGrundschule, die der Antragsteller in seiner Realschule aufnehmen und\nbeschulen wolle, hatten weder die geforderte Bildungsempfehlung noch eine\nAufnahmeprufung bestanden. Eine Bildungsempfehlung konne der Antragsteller\nnicht aussprechen, da er keine staatliche Anerkennung habe. Wurde man dem\nAntragsteller das Recht zuerkennen, seine Schuler auch ohne Aufnahmeprufung in\ndie Realschule aufzunehmen, wurde dies faktisch eine staatliche Anerkennung\nbedeuten, die die Grund- und Hauptschule Freie Schule Allgau nicht besitze.\nDie Zugangsberechtigung fur Realschulen sichere offentlichen und privaten\nRealschulen Schuler, die von ihrer Begabung und ihrem Arbeitsverhalten\ngeeignet seien, das Bildungsziel der Realschule zu erreichen. Ware die\nAuffassung des Antragstellers richtig, wurde eine derartige Schule zum „Mekka"\naller Schuler, die von offentlichen Schulen oder staatlich anerkannten Schulen\nkeine Bildungsempfehlung fur eine Realschule oder ein Gymnasium erhalten oder\neine entsprechende Aufnahmeprufung nicht bestanden hatten oder diese wegen\nleistungsbedingter Schwachen sogar verlassen mussten. Dies wurde zu\nunterschiedlichen Ligen privater Realschulen oder Gymnasien fuhren, namlich zu\ndenen, die das jeweilige Bildungsziel mit Sicherheit erreichen wurden und zu\njenen, bei denen dies permanent zumindest in Frage stehe. Bei einer\nRealschulzeit von 6 Jahren wurde sich dieser Mangel jeweils erst am Ende\nherausstellen, womit dieser lange Zeitraum fur die betroffenen Schuler\nunwiederbringlich verloren sei. Die Aufnahme ungeeigneter Schuler gefahrde das\nErreichen des Bildungsziels einer Schulart und den Schulerfolg der Schuler.\nDie Folgen einer fortwahrenden Überforderung gelte es zu vermeiden, indem\nZugangsberechtigungen die Wahl der Schulart eingrenzten. Voraussetzung sei\ndabei aber, dass die Zugangsberechtigungen standardisiert und nicht „nach\neigenem Gusto" vergeben wurden. Nach aktueller Schulerzahlmeldung und\nFeststellungen vor Ort sei auch fraglich und klarungsbedurftig, ob die\nAntragstellerin die Realschule im Schuljahr 09/10 uberhaupt betrieben habe und\ndie Schulerzahl hierfur ausreichend sei. \n--- \n--- \n| 11 \n--- \n| Dem Gericht liegen die einschlagigen Akten des Antragsgegners vor. Wegen\nder weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behordenakten verwiesen. \n--- \n--- \n**II.** \n--- \n| 12 \n--- \n| Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen\nden Bescheid des Regierungsprasidiums vom 25.08.2010 nach § 80 Abs. 5 Satz 1\nVwGO i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO wieder herzustellen, ist zulassig\nund begrundet. \n--- \n--- \n| 13 \n--- \n| Allerdings sind die formellen Voraussetzungen fur die Anordnung des\nSofortvollzugs hinsichtlich der Untersagungsverfugung erfullt. Die Anordnung\ndes Sofortvollzugs ist im Bescheid vom 25.08.2010 gesondert und schriftlich\nsowie mit ausreichenden, auf den konkreten Fall bezogenen Grunden, die uber\nden Gesetzeswortlaut des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO hinausgehen, versehen\n(§ 80 Abs. 3 VwGO). Einer daruber hinausgehenden, inhaltlichen Überprufung der\nSofortvollzugsbegrundung bedarf es nicht, da diese nur Bestandteil der\nformellen, verfahrensmaßigen Ermessensentscheidung der Sofortvollzugsanordnung\nist, an die keine hohen Anforderungen zu stellen sind (Schmidt in Eyermann,\nVwGO, 11. Auflage, § 80 RNr. 43). \n--- \n--- \n| 14 \n--- \n| Bei der Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs\nwieder herzustellen ist, sind die Interessen des Antragsstellers an einer\nVerschonung vom Vollzug der angefochtenen Maßnahmen bis zur rechtskraftigen\nEntscheidung uber den Rechtsbehelf und das Interesse der Allgemeinheit am\nsofortigen Vollzug gegeneinander abzuwagen. Dabei trifft das Gericht eine\neigene Ermessensentscheidung. Hierbei sind die Erfolgsaussichten des\nRechtsbehelfs, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden soll, ein\nwesentliches Kriterium. Erweist sich der Rechtsbehelf bei der im Eilverfahren\nallein moglichen summarischen Prufung der Sach- und Rechtslage als\nwahrscheinlich erfolgreich, so wird dem Antrag auf vorlaufigen Rechtsschutz in\nder Regel zu entsprechen sein. Hat der Rechtsbehelf dagegen voraussichtlich\nkeinen Erfolg, so uberwiegt in der Regel auch das Vollzugsinteresse. Ist die\nRechtslage offen, so muss eine von den Erfolgsaussichten des Hauptverfahrens\nunabhangige Folgenbetrachtung daruber entscheiden, ob die Interessen des\nAntragsstellers an einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des\nRechtsbehelfs uberwiegen. \n--- \n--- \n| 15 \n--- \n| Unter Anwendung dieser Grundsatze uberwiegt hier das Suspensivinteresse des\nAntragsstellers, denn nach dem gegenwartigem Erkenntnisstand ist der Bescheid\nvom 25.08.2010 voraussichtlich rechtswidrig und deshalb im Hauptsacheverfahren\nwohl aufzuheben. Unter Berucksichtigung dieses Ergebnisses fallt die gebotene\nInteressenabwagung zu Lasten des Antragsgegners aus. \n--- \n--- \n| 16 \n--- \n| Der fragliche Bescheid durfte aus materiell - rechtlichen Grunden wegen\neines Verstoßes gegen die Privatschulfreiheit rechtswidrig sein, so dass offen\nbleiben kann, ob der Untersagungsverfugung eine ordnungsgemaße Anhorung voraus\nging. Zwar wird im Bescheid vom 25.08.2010 eine vorherige telefonische\nAnhorung behauptet; die vorgelegte Behordenakte enthalt hierzu jedoch nichts,\nauch nicht etwa einen Aktenvermerk uber eine telefonische Anhorung. \n--- \n--- \n| 17 \n--- \n| Ebenfalls offen bleiben kann die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage die in\nder Hauptsache angefochtene Untersagungsverfugung, die als Eingriff in die\nnach Art. 7 Abs. 4 Satze 1 und 2 GG garantierte Privatschulfreiheit einer\nErmachtigung bedarf, beruht. Im Bescheid vom 25.08.2010 und in der\nAntragserwiderung finden sich hierzu keine Ausfuhrungen. Das Schulgesetz und\ndas Privatschulgesetz enthalten voraussichtlich fur eine solche Maßnahme\ngegenuber einer genehmigten, aber nicht anerkannten Privatschule keine\nErmachtigungsgrundlage. Das Schulgesetz ist fur Privatschulen nach § 2 Abs. 2\nSatz 2 SchG nur anwendbar, soweit dies ausdrucklich geregelt ist. Dies gilt\nnach § 32 Abs. 2 SchG auch fur den Umfang der Schulaufsicht uber eine\nPrivatschule, der sich ausschließlich nach Art. 7 GG und dem Privatschulgesetz\nbestimmt. Damit durften das Schulgesetz und die allgemeine Schulaufsicht als\nAnsatz fur eine Eingriffsgrundlage (etwa als Annex zur Schulaufsicht)\nausscheiden. Im Privatschulgesetz aber findet sich wohl weder eine\nausdruckliche noch eine konkludente Ermachtigung fur eine Untersagung der\nAufnahme und Beschulung von Schulern in einer (lediglich) genehmigten\nErsatzschule. Die Errichtung und der Betrieb einer Ersatzschule unterliegt\nzwar einem Genehmigungsvorbehalt (§ 4 PSchG) und erfordert die Gewahrleistung\nbestimmter, schon im Grundgesetz in Art. 7 Abs. 4 Satze 3 und 4 GG verankerter\nGenehmigungsvoraussetzungen (§ 5 PSchG). Die Einhaltung der\nGenehmigungsvoraussetzungen nebst etwaiger Auflagen kann auch uberwacht und\ngegebenenfalls bei erheblichen Verstoßen mit einem Widerruf der Genehmigung\n(nach § 49 LVwVfG) sanktioniert werden. Eine Ermachtigung zur Untersagung\neinzelner Schulbetriebshandlungen einer genehmigten Privatschule per\nVerwaltungsakt lasst sich diesen Vorschriften aber weder allgemein noch fur\nden hier strittigen Fall einer Schuleraufnahme und -beschulung entnehmen. Eine\nvergleichbare Ermachtigung findet sich im Privatschulgesetz lediglich in § 8\nPSchG. Diese Norm betrifft jedoch ausschließlich das Lehrpersonal, ist\nbegrenzt auf die Untersagung einer Tatigkeit als Schulleiter oder Lehrer an\neiner Ersatzschule bei Ungeeignetheit, erfasst den vorliegenden Sachverhalt\nmithin nicht und lasst sich hierauf wohl auch nicht analog anwenden.\nSchließlich enthalten auch die Vorschriften zum Vollzug des\nPrivatschulgesetzes - VVPSchG - vom 20.07.1971 (GBl. 1971, 347 ff. - aktuelle\nFassung) oder die Aufnahmeverordnung vom 01.08.1983 (GBl. 1983, 397 f. -\naktuelle Fassung), falls diese hier anwendbar ware (dazu nachstehend),\nvoraussichtlich keine Ermachtigungsgrundlage fur die hier streitige\nUntersagung. \n--- \n--- \n| 18 \n--- \n| Die im Bescheid vom 25.08.2010 enthaltene Untersagungsverfugung verstoßt\nwahrscheinlich gegen die nach Art. 7 Abs. 4 Satze 1 und 2 GG garantierte\nPrivatschulfreiheit und ist voraussichtlich deswegen rechtswidrig. \n--- \n--- \n| 19 \n--- \n| Die Privatschulfreiheit beschrankt sich nicht nur auf die Errichtung,\nsondern erstreckt sich auch auf den Betrieb einer Privatschule. Sie umfasst\ndaher das Recht der freien Gestaltung der Schule sowie das Recht der freien\nLehrer- und Schulerwahl. Das Recht der freien Schulerwahl bedeutet, dass die\nPrivatschule in Abweichung von den Auslese- und Versetzungsgrundsatzen der\noffentlichen Schule Schuler aufnehmen darf, soweit sie es erzieherisch\nverantworten kann (vgl. Avenarius/Heckel, Schulrechtskunde 7. Aufl. 2000, TZ\n13.331; Robbers in von Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz Kommentar\nBand 1, 4. Aufl. 1999, Art 7 RNr. 168; Maunz in Maunz/Durig, Grundgesetz\nKommentar Band II, Art. 7 Abs. 4 RNr. 66). Dieses Recht darf die Privatschule\nallerdings nicht missbrauchen. Bei einer wahllosen Schuleraufnahme verletzt\neine Ersatzschule den in Art. 7 Abs. 3 Satz 3 GG und in § 5 Abs. 1 PSchG\nverankerten Grundsatz der Gleichwertigkeit (vgl. Avenarius/Heckel, a. a. O.).\nDas heißt eine (nur) genehmigte Ersatzschule muss zwar unter dem Gesichtspunkt\nder Gleichwertigkeit taugliche Kriterien fur die Auswahl und Aufnahme von\nSchulern in einen bestimmten Schultyp haben, ist aber nicht zur Anwendung\nstaatlicher Aufnahmebestimmungen verpflichtet. Dagegen konnen anerkannte\nErsatzschulen durch das Landesrecht verpflichtet werden, die fur entsprechende\noffentliche Schulen geltenden Aufnahmebestimmungen zu beachten (vgl.\nAvenarius/Heckel, a. a. O.; BVerwG, Urteil vom 18.11.1983, 7 C 114/81, BVerwGE\n68, 185 ff.). Dies ist in Baden-Wurttemberg durch § 10 PSchG und Abschnitt 12.\nAbs. 1 Nr. 1 d) VVPSchG geschehen, wonach eine Anerkennungsvoraussetzung die\nAnwendung der fur entsprechende offentliche Schulen geltenden Aufnahme- und\nVersetzungsbestimmungen ist. Auf lediglich genehmigte Ersatzschulen sind diese\nBestimmungen aber nicht anwendbar, auch nicht unter Beachtung des fur sie\ngeltenden, die Erziehungsziele umfassenden Gleichwertigkeitsgrundsatzes (vgl.\nArt. 7 Abs. 4 Satz 3 GG und § 5 PSchG). Bei Letzterem ist namlich zu beachten,\ndass die Prufung, ob die Erziehungsziele gleichwertig sind, im Einzelfall\naußerst schwierig ist und nicht dazu verleiten darf, nur solche Ersatzschulen\nzu genehmigen, die die Lehr- und Erziehungsziele offentlicher Schulen\nverfolgen. Unter Beachtung der Privatschulfreiheit bedeutet dies, dass die\nVersagung einer Genehmigung nicht auf bloße Zweifel der Schulverwaltung an der\nGleichwertigkeit, sondern nur auf eine Wertverschiedenheit der Erziehungsziele\ngestutzt werden kann, die sich objektiv, das heißt nach allgemein erprobten\nund gebilligten erzieherischen Gesichtspunkten nachweisen lasst (vgl. Maunz,\na. a. O., RNr. 75). \n--- \n--- \n| 20 \n--- \n| Unter Berucksichtigung dieser Grundsatze durfte - entgegen der Auffassung\ndes Antragsgegners - die Aufnahmeverordnung fur die Aufnahme von Schulern in\ndie genehmigte, aber nicht anerkannte private Realschule unter keinem\nGesichtspunkt anwendbar sein. Wie oben bereits dargelegt ergibt sich deren\nAnwendung nicht aus einer ausdrucklichen, positiven Erstreckungsregelung;\nhierzu findet sich weder im Schul- oder Privatschulgesetz noch in der\nAufnahmeverordnung selbst eine Vorschrift diesen Inhalts. Die Anwendbarkeit\nergibt sich aber auch nicht mittelbar, etwa unter dem oben diskutierten\nErfordernis der Gleichwertigkeit einer genehmigten Ersatzschule in ihren\nErziehungs- und Lehrzielen. Denn unter dem Aspekt der Gleichwertigkeit durfte\ndas vom Antragsteller praktizierte Auswahlverfahren fur die Schuler seiner\ngleichfalls genehmigten Grundschule im Übergang auf seine genehmigte\nRealschule ausreichen. Dass die Real- und Grundschule des Antragsstellers\ndiese Schuler willkurlich oder in einem ganzlich ungeeigneten Verfahren\nbestimmt, behauptet auch der Antragsgegner nicht. Ebenso wenig stellt er die\nGleichwertigkeit - nicht Gleichartigkeit - des praktizierten Verfahrens mit\ndem staatlichen Aufnahmeverfahren nach der Aufnahmeverordnung substantiiert in\nFrage, denn er setzt sich mit dem konkreten Auswahl- und Aufnahmeverfahren des\nAntragstellers nicht inhaltlich auseinander, sondern bemangelt lediglich die\nAbweichung zu den Regelungen der - nicht anwendbaren - Aufnahmeverordnung.\nDies ist nicht maßgebend und unter Beachtung der Grundsatze der\nPrivatschulfreiheit auch nicht ausreichend. Die Kammer selbst hegt im\nsummarischen Verfahren keine Zweifel an der Gleichwertigkeit und Tauglichkeit\ndes dargelegten, gegenwartig praktizierten Auswahl- und Aufnahmeverfahrens des\nAntragstellers. Dieses dient den gleichen Zielen - Auswahl geeigneter Schuler\nfur die jeweilige Schulart - und wendet vergleichbare Methoden an -\nEignungsbeurteilung durch die Lehrer unter Einbeziehung der Eltern - wie das\nstaatliche Aufnahmesystem. Im Übrigen obliegt es dem Hauptsacheverfahren, dies\nnaher zu prufen, wobei - wie oben dargelegt - bloße Zweifel an der\nGleichwertigkeit materiell unter Beachtung der Privatschulfreiheit insoweit\nnicht ausreichend sein durften. \n--- \n--- \n| 21 \n--- \n| An dieser Beurteilung der Sach- und Rechtslage andern die weiteren Einwande\ndes Antragsgegners nichts. Der Antragsteller fuhrt durch ein anderes, aber\ngleichwertiges Aufnahmeverfahren weder die Dreigliedrigkeit des staatlichen\nSchulsystems „ad absurdum" noch ist darin gar ein Grund fur die Annahme zu\nsehen, ein so ausgewahlter Schuler erfulle an der privaten Realschule des\nAntragstellers seine Schulpflicht nicht. Das Gegenteil ist der Fall, denn § 4\nAbs. 2 PSchG bestimmt gerade, dass durch den Besuch einer genehmigten\nPrivatschule - jedenfalls solange die Genehmigung wie hier vorhanden ist - der\nSchulpflicht genugt wird. Weiter ist bei einem gleichwertigen Auswahlverfahren\nnicht generell zu befurchten, dass diese Schuler an der weiterfuhrenden Schule\nleistungsmaßig generell uberfordert sein und das jeweilige Bildungsziel nicht\nerreichen werden, zumal dies im Einzelfall auch, trotz Aufnahmeverordnung, bei\nSchulern offentlicher Schulen vorkommt. Schließlich ist nicht zu befurchten,\ndass die Realschule des Antragsstellers zu einem „Mekka" all jener Schuler\nwird, die von offentlichen Schulen oder staatlich anerkannten Schulen keine\nBildungsempfehlung fur eine Realschule oder ein Gymnasium erhalten oder eine\nentsprechende Aufnahmeprufung nicht bestanden haben oder diese wegen\nleistungsbedingter Schwachen sogar verlassen mussten. Denn nach dem vom\nAntragsteller praktizierten und dargelegten Aufnahmeverfahren ist die Aufnahme\nvon fremden Schulern anderer Grundschulen, die seinen Lehrern nicht bekannt\nsind und die sie deshalb auch nicht beurteilen konnen, ohne Bildungsempfehlung\noder Aufnahmeprufung weder vorgesehen noch moglich. Fur eine erfolgte oder\ngeplante Aufnahme von Schulern an der Realschule des Antragstellers ohne -\neigene - Empfehlung oder ohne Erfullung der staatlichen Aufnahmevorschriften\nbestehen keine Anhaltspunkte. Die vom Antragsgegner insoweit geaußerten\nBefurchtungen und Folgen sind daher nicht zu erwarten und eher theoretischer\nNatur. \n--- \n--- \n| 22 \n--- \n| Der Eilantrag hat demgemaß in vollem Umfang Erfolg. \n--- \n--- \n| 23 \n--- \n| Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Hiernach tragt der\nAntragsgegner die Kosten des Verfahrens, weil er unterliegt. Die\nStreitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG i. V. m. dem\nStreitwertkatalog fur die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327 ff.).\nDabei orientiert sich die Kammer mangels anderweitiger Anhaltspunkte fur eine\nBemessung am gesetzlichen Auffangwert. Eine analoge Anwendung der Nr. 38.2 des\nStreitwertkatalogs fur einen Streit um die Genehmigung zum Betrieb einer\nErsatzschule (30.000 EUR) ist hier nicht angebracht, da sich die\nUntersagungsverfugung hierzu nicht verhalt und (allenfalls) mittelbar die\nFortdauer dieser nicht streitgegenstandlichen Genehmigung in Frage stellt.\nAngesichts der besonderen Bedeutung des Rechtsstreits fur den Antragsteller\nsieht das Gericht allerdings keine Veranlassung, diesen Wert im Eilverfahren\nnach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren. \n---\n\n |
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172,612 | lg-karlsruhe-2011-12-02-9-s-23611 | 135 | Landgericht Karlsruhe | lg-karlsruhe | Karlsruhe | Baden-Württemberg | Ordentliche Gerichtsbarkeit | Landgericht | 9 S 236/11 | 2011-12-02 | 2019-01-29 13:44:55 | 2019-02-12 13:28:58 | Urteil | ## Tenor\n\n1\\. Die Berufung der Klagerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom\n29.03.2011 - 5 C 32/11 - wird zuruckgewiesen.\n\n2\\. Die Klagerin tragt die Kosten der Berufung einschließlich der Kosten der\nStreithelfer.\n\n3\\. Das Urteil ist vorlaufig vollstreckbar.\n\n## Gründe\n\n|\n\n> > > > > | **I.** \n>>>>> --- \n \n--- \n| 1 \n--- \n| Die Klagerin macht als Mieterin gegen die Beklagte als Vermieterin aus einem\nWohnraummietverhaltnis geltend, fur eine Entfernung bzw. Beseitigung der im\nGarten des Nachbargrundstucks entlang der Grenze zur Klagerin hin errichteten\nHolztrennwand zu sorgen. Die Beklagte nimmt die Klagerin im Wege der\nWiderklage wegen entsprechender Mietminderung der Klagerin auf Zahlung\nrestlicher Miete in Anspruch. Wegen der tatsachlichen Feststellungen wird auf\ndas Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 29.03.2011 verwiesen.\nZweitinstanzliche Änderungen haben sich nicht ergeben. Die Streitverkundeten\nsind dem Rechtsstreit in zweiter Instanz auf Seiten der Beklagten beigetreten. \n--- \n--- \n| 2 \n--- \n| Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.\nDie Klagerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, dass diese fur\neine Entfernung der nachtraglich errichteten Holztrennwand sorge. Ein Mangel\nder Mietsache liege durch das nachtragliche Errichten der Holztrennwand nicht\nvor. Zunachst teile das Amtsgericht insoweit die Ansicht des Amtsgerichts\nFurth im Urteil vom 17.10.2006, WuM 2007, 317 - 319, wonach der bloße Umstand,\ndass die Aussicht einer Wohnung sich verschlechtere, keine unmittelbare\nBeeintrachtigung auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache habe. Die\nStreitverkundeten seien im Rahmen des § 535 BGB auch berechtigt, als Ausdruck\ndes vertragsgemaßen Mietgebrauchs den Garten mit Einfriedungen zu versehen.\nUnstreitig verstoße die nachtraglich erweiterte Holztrennwand weder gegen\nVorschriften des Nachbarrechts Baden-Wurttemberg noch gegen Vorschriften der\nLandesbauordnung. Auch § 3 Abs. 4 des Mietvertrages sei insoweit nicht\neinschlagig, da es sich unstreitig nicht um eine Hecke handele. Einer analogen\nAnwendung auf die Hohe der Holztrennwand bedurfe es nicht. Auch konnten die\nvon der Klagerin zitierten Entscheidungen fur die Beurteilung einer baulichen\nÄnderung gemaß § 14 WEG hier keine Anwendung finden. Die Widerklage sei\ndemgegenuber zulassig und begrundet. Die Beklagte habe gegen die Klagerin\neinen Anspruch auf Bezahlung der geltend gemachten Mieten, da die Klagerin zur\nMietminderung nicht berechtigt gewesen sei. \n--- \n--- \n| 3 \n--- \n| Gegen dieses Urteil hat die Klagerin Berufung eingelegt, mit der sie unter\nWiederholung und teilweiser Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens ihren\nerstinstanzlichen Klageantrag sowie die Abweisung der Widerklage\nweiterverfolgt. Das Amtsgericht habe fehlerhafte rechtliche Abwagungen\ngetroffen. Die strittige Holztrennwand stelle sehr wohl einen Mangel der von\nder Klagerin angemieteten Wohnung dar. Diese Holztrennwand sei außerordentlich\nhasslich und beeintrachtige die Sicht der Klagerin in die parkahnlich\nangelegte Gartenstruktur der dortigen 5 Garten. Die Klagerin habe ihre Wohnung\ngerade wegen der offenen und weitraumigen Gartenlandschaft hinter dem Haus\nangemietet. Soweit nun das Amtsgericht darauf abstelle, der bloße Umstand,\ndass sich die Aussicht aus einer Wohnung verschlechtere, konne nicht zur\nAnnahme eines Mietmangels fuhren, sei dies in solcher Allgemeinheit unrichtig.\nDas Amtsgericht Furth habe namlich auch ausgefuhrt, dass es anders sein konne,\nwenn die besondere Lage der Wohnung von den Parteien als wohnwertbildendes\nMerkmal vorausgesetzt sei und auch im Mietpreis Berucksichtigung finde. Im\nvorliegenden Fall sei hiervon auszugehen. Selbstverstandlich sei insoweit der\nGartenanteil mietpreispragend. Hinzu komme, dass im Mietvertrag in § 3 Abs. 4\nausdrucklich festgehalten worden sei, dass die Hecken, welche die\nausschließlich zu den vermieteten Wohnungen gehorenden Garten von einander\ntrennten, die Hohe von 1 m nicht uberschreiten durften. Diese Regelung wurde\njeden Sinn verlieren, wenn stattdessen Holztrennwande oder gar Mauern\nerrichtete werden durften. Was zudem zwischen zwei benachbarten\nWohnungseigentumern gelte, habe fur die Frage der Beeintrachtigung auch\nzwischen zwei benachbarten Mietern zu gelten. Die Klagerin sei insoweit auch\nberechtigt gewesen, die Miete zu mindern. Die Widerklage sei deshalb\nabzuweisen. \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| Die Beklagte und die Streithelfer sind der Berufung entgegengetreten. Sie\nverteidigen das angefochtene Urteil unter weitgehender Wiederholung ihres\nerstinstanzlichen Vorbringens und beantragen die Zuruckweisung der Berufung.\nHinsichtlich § 3 Abs. 4 des Mietvertrages gehe es vorliegend nicht um Hecken,\nsondern um eine Sichtschutztrennwand. Aus dem Mietvertrag ergebe sich zudem\nnicht, dass Hecken die Hohe von 1 m nicht uberschreiten durften. Es liege kein\nMietmangel vor. Ausdruckliche vertragliche Abreden zur Aussicht aus der\nWohnung der Klagerin in den dahinterliegenden Garten oder die dahinterliegende\nGartenlandschaft seien zwischen den Parteien nicht getroffen worden. Das\nAmtsgericht habe zudem zu Recht die Berechtigung der Streithelfer zur\nErrichtung der Sichtschutztrennwand aus ihrem Recht zum vertragsgemaßen\nGebrauch gegenuber der Klagerin festgestellt. Es liege zudem nicht ein\nwohnungseigentumsrechtlicher, sondern ein mietrechtlicher Sachverhalt vor. \n--- \n--- \n| 5 \n--- \n| Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird\nauf die in der Berufung gewechselten Schriftsatze Bezug genommen. \n--- \n--- \n \n> > > > > **II.** \n>>>>> --- \n \n--- \n| 6 \n--- \n| Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klagerin ist zulassig,\nhat in der Sache jedoch keinen Erfolg. \n--- \n--- \n| 7 \n--- \n| Das Amtsgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klagerin gegen die Beklagte,\nfur die Entfernung bzw. Beseitigung der im Garten des Nachbargrundstucks der\nStreithelfer entlang der Grenze zur Klagerin hin errichteten Holztrennwand zu\nsorgen, abgelehnt, bzw. der Widerklage wegen entsprechender Mietminderung der\nKlagerin auf Zahlung restlicher Miete in Hohe von 120,00 EUR stattgegeben. \n--- \n--- \n| 8 \n--- \n| Das Berufungsgericht schließt sich den uberzeugenden Ausfuhrungen in dem\nangefochtenen Urteil nach eigener Prufung der Sach- und Rechtslage an und\nnimmt auf diese auch zur Begrundung der vorliegenden Entscheidung Bezug. Im\nHinblick auf die Ausfuhrungen der Klagerin in der Berufung ist lediglich das\nFolgende erganzend anzumerken. \n--- \n--- \n| 9 \n--- \n| Die Annahme durch das Amtsgericht dahingehend, dass durch das\nstreitgegenstandliche Errichten der Holztrennwand kein Mangel der Mietsache\nvorliege, erscheint rechtsfehlerfrei. \n--- \n--- \n| 10 \n--- \n| Zu Recht hat das Amtsgericht unter Verweis auf die Entscheidung des\nAmtsgerichts Furth vom 17.10.2006 ausgefuhrt, dass der bloße Umstand, dass die\nAussicht einer Wohnung sich verschlechtert, keine unmittelbare\nBeeintrachtigung auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache hat. \n--- \n--- \n| 11 \n--- \n| Es ist zwar richtig, dass dies dann anders gesehen werden kann, wenn die\nbesondere Lage der Wohnung von den Mietvertragsparteien als wohnwertbildendes\nMerkmal bei Vertragsschluss vorausgesetzt wurde und insoweit auch im Mietpreis\nBerucksichtigung gefunden hat. \n--- \n--- \n| 12 \n--- \n| Dafur aber, dass gemaß der Behauptung der Klagerin eine "offene und\nweitraumige Gartenlandschaft hinter dem Haus" vertraglicher Gegenstand des\nstreitgegenstandlichen Mietvertrages zwischen der Klagerin und der Beklagten\ngeworden ist, ist weder durch die Klagerin zureichend vorgetragen worden, noch\nist hierzu Beweis angeboten worden. \n--- \n--- \n| 13 \n--- \n| Zudem versperrt die streitgegenstandliche Trennwand der Klagerin ausweislich\nder vorgelegten Lichtbilder in erster Linie nur die Aussicht in den Garten der\ndurch die Streithelfer angemieteten Wohnung. \n--- \n--- \n| 14 \n--- \n| Seitens der Klagerin ist insoweit nichts dazu vorgetragen worden, dass die\nfreie Sicht in den Nachbargarten Gegenstand des streitgegenstandlichen\nMietvertrages mit der Beklagten geworden ware. \n--- \n--- \n| 15 \n--- \n| Die Streithelfer haben vielmehr, wie das Amtsgericht zu Recht ausfuhrt,\ngrundsatzlich einen mietvertraglichen Anspruch darauf, den von ihnen\nangemieteten Garten mit einer Einfriedung zu versehen, vgl. Schmidt -\nFutterer, Mietrecht, 10. Auflage 2011, § 535 BGB Rdnr. 302. \n--- \n--- \n| 16 \n--- \n| Entgegen den Ausfuhrungen der Klagerin in der Berufung ist insoweit auch\nkein Verstoß gegen § 3 Abs. 4 des Mietvertrages ersichtlich. \n--- \n--- \n| 17 \n--- \n| Zum einen ist dort von Einfriedungen wie der streitgegenstandlichen Art\nkeine Rede. Der von der Klagerin vorgenommenen Auslegung dahingehend, dass die\neinzuhaltende Heckenhohe beim Zuruckschneiden entsprechend fur die Hohe einer\nerrichteten Einfriedung anzuwenden sei, ist nicht zu folgen. \n--- \n--- \n| 18 \n--- \n| Denn im gleichen § 3 Abs. 4 sind insoweit Pflanzungen sogar bis zu 2 m\nzugelassen. Zudem besteht bereits von Vertragsbeginn an eine Trennwand in\nmindestens der gleiche Hohe zwischen den beiden Grundstucken. Warum insoweit\nausgerechnet die Heckenhohe hier fur errichtete Einfriedungen maßgeblich sein\nsollte, wurde durch die Klagerin nicht vorgetragen. \n--- \n--- \n| 19 \n--- \n| Zudem verstoßt die streitgegenstandliche Einfriedung unstreitig weder gegen\nbaurechtliche noch gegen nachbarrechtliche Vorschriften. Dies allein spricht\nbereits fur die Zulassigkeit der streitgegenstandlichen Trennwand auch nach\nden mietvertraglichen Vorschriften. \n--- \n--- \n| 20 \n--- \n| Die durch die Klagerin zitierten Entscheidungen zum Wohnungseigentumsrecht\nkonnen nicht entsprechend auf die vorliegende Wohnungsmietstreitigkeit\nangewandt werden. \n--- \n--- \n| 21 \n--- \n| Zudem ist die Entscheidung des Landgerichts Itzehoe vom 21.01.2008 zu einer\nTrennwand auf dem Balkon ergangen. Dies ist bereits nicht vergleichbar zu\neiner Trennwand im Garten. \n--- \n--- \n| 22 \n--- \n| Der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichtes vom 20.04.2000,\nAz.: 2 Z BR 9/00, lag ein Verstoß gegen § 14 Nr. 1 WEG durch eine auffallige\nSichtschutzmatte zugrunde. Eine § 14 WEG entsprechende Norm im Mietrecht ist\nnicht ersichtlich. Im vorliegenden Fall richten sich die\nRucksichtnahmepflichten der Mietvertragsparteien vielmehr allein nach dem\nMietvertrag. Wie ausgefuhrt, lasst sich ein Verstoß gegen den Mietvertrag\ndurch die im vorliegenden Fall seitens der Streithelfer errichtete Trennwand\naber nicht begrunden. \n--- \n--- \n| 23 \n--- \n| Ob die Bretterwand hasslich ist, ist eine allein subjektive Sichtweise, die\nanhand des streitgegenstandlichen Mietvertrages nicht objektiv uberprufbar\nist. \n--- \n--- \n| 24 \n--- \n| Es ist vielmehr ausweislich der vorgelegten Lichtbilder festzustellen, dass\nbereits von Beginn des streitgegenstandlichen Mietvertrages an eine Trennwand\nzwischen den Grundstucken bestand. Diese wurde durch die streitgegenstandliche\nTrennwand in hochstens gleicher Hohe letztlich nur verlangert. Ein\nmietvertraglicher Verstoß ist auch insoweit nicht ersichtlich. \n--- \n--- \n| 25 \n--- \n| Da mithin auch kein Mietmangel vorliegt, war auch der Widerklage\nstattzugeben. \n--- \n--- \n| 26 \n--- \n| Die Berufung der Klagerin war daher im Ergebnis zuruckzuweisen. \n--- \n--- \n \n> > > > > **III.** \n>>>>> --- \n \n--- \n| 27 \n--- \n| Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 97 ZPO i. V. m. § 101 Abs.\n1 ZPO. Die Entscheidung uber die vorlaufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus\nden §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. \n--- \n--- \n| 28 \n--- \n| Die Voraussetzungen fur eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543\nAbs. 2 ZPO). \n---\n\n |
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186,012 | vg-neustadt-an-der-weinstrae-2010-03-16-4-n-24910nw | 919 | Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße | vg-neustadt-an-der-weinstrae | Neustadt an der Weinstraße | Rheinland-Pfalz | Verwaltungsgerichtsbarkeit | 4 N 249/10.NW | 2010-03-16 | 2019-02-11 06:32:20 | 2019-02-12 13:50:58 | Beschluss | ECLI:DE:VGNEUST:2010:0316.4N249.10.NW.0A | ### ![weitere\nFundstellen einblenden](/jportal/cms/technik/media/img/prodjur/icon/plusRed.gif)weitere\nFundstellen ...\n\n#### Tenor\n\n \n\n \n\nDer Antrag der Vollstreckungsglaubigerin, ihrem Vollstreckungsbeamten und\ndessen Hilfsorganen die Befugnis zu erteilen, die Wohnung sowie die darin\nbefindlichen Behaltnisse des Vollstreckungsschuldners in A-Stadt, …., zu\ndurchsuchen, wird abgelehnt.\n\n#### Grunde\n\n \n\n1\n\n \n\nDer auf § 9 Abs. 2 des rheinland-pfalzischen\nLandesverwaltungsvollstreckungsgesetzes - LVwVG - gestutzte Antrag der\nVollstreckungsglaubigerin auf Erteilung einer Erlaubnis zur Durchsuchung der\nWohnung des Vollstreckungsschuldners zwecks Vollstreckung der Forderung aus\ndem Bußgeldbescheid vom 21. August 2008 in Hohe von 1.105,74 € (inklusive\nKosten und Auslagen sowie Mahn- und Vollstreckungskosten) ist unzulassig.\n\n \n\n2\n\n \n\nNach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten\neroffnet, wenn es sich um eine offentlich-rechtliche Streitigkeit\nnichtverfassungsrechtlicher Art handelt, die nicht durch Bundesgesetz einem\nanderen Gericht ausdrucklich zugewiesen ist. Eine solche anderweitige\nZuweisung lasst sich hier dem Ordnungswidrigkeitengesetz - OWiG - entnehmen.\nDie Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung im Rahmen der Vollstreckung von\nBußgeldbescheiden obliegt aufgrund der ausdrucklichen Zuweisung des § 104 Abs.\n1 Nr. 1 OWiG dem Amtsgericht.\n\n \n\n3\n\n \n\nZwar werden Bußgeldbescheide nach den §§ 90, 92 OWiG durch die\nVerwaltungsbehorde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, nach den\nVorschriften des fur diese Behorde einschlagigen\nVerwaltungsvollstreckungsgesetzes vollstreckt. Gerichtliche Entscheidungen im\nZusammenhang mit der Vollstreckung von Bußgeldbescheiden durch die\nVerwaltungsbehorden sind jedoch gemaß §§ 103 Abs. 1, 104 Abs. 1 Nr. 1 OWiG dem\nnach § 68 zustandigen Gericht zugewiesen. Zu diesen Entscheidungen zahlt auch\ndie richterliche Anordnung der Wohnungsdurchsuchung zum Zwecke der\nVollstreckung (VG Kassel, NVwZ-RR 1991, 513; Mitsch in: Karlsruher Kommentar\nzum OWiG, 3. Auflage 2006, § 104 Rdnr. 3; Ehlers in: Schoch/Schmidt-\nAßmann/Pietzner, VwGO, Stand Juli 2009, § 40 Rdnr. 759; Beckmann/Gast, Praxis\nder Gemeindeverwaltung, § 9 LVwVG RhPf Anmerkung zu Absatz 2; vgl. auch VGH\nBaden-Wurttemberg, NJW 1986, 1190 und VG Braunschweig, MDR 1982, 346 zur\nRechtslage vor dem 01. August 1986). Bei der Regelung des § 104 Abs. 1 Nr. 1\nOWiG handelt es sich um eine umfassende Rechtswegzuweisung und\nZustandigkeitsregelung fur samtliche gerichtlichen\nVollstreckungsentscheidungen (Mitsch in: Karlsruher Kommentar zum OWiG,\na.a.O., § 104 Rdnr. 3unter Bezugnahme auf Bundestags-Drucksache 10/5058 Seite\n37). Zustandiges Gericht nach § 68 Abs. 1 Satz 1 OWiG ist das Amtsgericht, in\ndessen Bezirk die Verwaltungsbehorde ihren Sitz hat; d.h. hier das Amtsgericht\n....\n\n \n\n4\n\n \n\nMit Rucksicht auf die spezielle Rechtswegzuweisung des § 104 Abs. 1 Nr. 1 OWiG\nfur gerichtliche Entscheidungen im Rahmen der Vollstreckung eines\nBußgeldbescheids ist fur eine Anwendung des § 9 Abs. 2 LVwVG kein Raum. Nach\ndieser Vorschrift darf die Wohnung des Vollstreckungsschuldners ohne dessen\nEinwilligung nur auf richterliche Anordnung durchsucht werden; diese trifft\ngrundsatzlich das Verwaltungsgericht. Die generelle Verweisung des § 90 Abs. 1\nOWiG auf das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Bundes und die\nVerwaltungsvollstreckungsgesetze der Lander steht unter dem Vorbehalt, dass\ndas OWiG nichts anderes bestimmt. Eine andere Vorschrift uber die gerichtliche\nZustandigkeit fur die Durchsuchungsanordnung ist jedoch, wie gezeigt, in § 104\nAbs. 1 Nr. 1 OWiG getroffen.\n\n \n\n5\n\n \n\nDer unzulassige Antrag auf Erteilung einer Wohnungsdurchsuchungserlaubnis ist\nnicht nach § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG an das Amtsgericht Speyer zu verweisen.\nNach der genannten Bestimmung verweist das angerufene Gericht nach Anhorung\nder Parteien den _Rechtsstreit_ von Amts wegen an das zustandige Gericht des\nzulassigen Rechtsweges, wenn der beschrittene Rechtsweg unzulassig ist. § 17 a\nGVG gilt unmittelbar fur Klageverfahren und ist auf vorlaufige\nRechtsschutzverfahren entsprechend anwendbar (s. BVerwG, Buchholz 310 § 40\nVwGO Nr. 286). Eine analoge Anwendung scheidet nach Auffassung der Kammer bei\nrichterlichen Durchsuchungsanordnungen allerdings aus, weil die beantragte\nEntscheidung in der Sache wesentlich durch die Abwagung gepragt ist, ob\nrechtliches Gehor vorab zu gewahren oder ob davon wegen konkreter Gefahrdung\ndes Durchsuchungszwecks abzusehen ist (vgl. BVerfG, NJW 1981, 2111: „Die\nEntscheidung daruber, ob von der vorherigen Anhorung des\nVollstreckungsschuldners abgesehen werden kann, bleibt .. dem richterlichen\nErmessen im Einzelfall uberlassen"). Vor einer Verweisung gemaß § 17 a Abs. 2\nSatz 1 GVG ist den am Verfahren Beteiligten aber Gelegenheit zur Stellungnahme\nzu geben. Das wurde zum einen zu einer Verzogerung des Verfahrens fuhren, zum\nanderen nahme das unzustandige Gericht faktisch die Abwagungsentscheidung des\nzustandigen Gerichts vorweg, ob bei einer Vorabinformation des Betroffenen der\nmit der Durchsuchung verfolgte Zweck konkret gefahrdet wird. Eine analoge\nAnwendung der fur Klageverfahren konzipierten Vorschrift des § 17 a GVG kommt\ndeshalb bei richterlichen Durchsuchungserlaubnissen nicht in Betracht.\n\n |
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186,022 | fg-rheinland-pfalz-2010-03-17-1-k-240607 | 898 | Finanzgericht Rheinland-Pfalz | fg-rheinland-pfalz | Rheinland-Pfalz | Rheinland-Pfalz | Finanzgerichtsbarkeit | 1 K 2406/07 | 2010-03-17 | 2019-02-11 06:32:42 | 2019-02-12 13:50:59 | Urteil | ECLI:DE:FGRLP:2010:0317.1K2406.07.0A | \n \n\n#### Tenor\n\n \n\n \n\nI. Die Klage wird abgewiesen.\n\n \n\nII. Die Kosten des Verfahrens hat die Klagerin zu tragen.\n\n \n\nIII. Die Revision wird zugelassen.\n\n#### Tatbestand\n\n1\n\n \n\nStreitig ist die Berucksichtigung von Verlusten einer EU-auslandischen\nTochtergesellschaft im Inland.\n\n2\n\n \n\nDie Klagerin ist die in Deutschland ansassige Muttergesellschaft des\nX-Konzerns. Unternehmensgegenstand ist die Herstellung, der Vertrieb und\nHandel von Maschinen, Anlagen und anderen industriellen Erzeugnissen,\ninsbesondere Pumpen, Armaturen und Kompressoren.\n\n3\n\n \n\nDie Klagerin war an verschiedenen Tochterunternehmen im In- und Ausland\nbeteiligt, so seit dem 30.11.1987 auch zu 100% an der hier\nstreitgegenstandlichen Y mit Sitz in F, Danemark. Diese Tochtergesellschaft\nverkaufte von der X-Gruppe hergestellte Pumpen und Armaturen und erbrachte im\nZusammenhang damit stehende Serviceleistungen auf dem sich als schwierig\nerweisenden danischen Markt. Nachdem der handelsrechtliche Verlustvortrag der\nY zum 31.12.1998 ca. 2,5 Mio. Danische Kronen (DKK) betragen hatte (Bl. 59\nProzessakten - PA), konnten nicht zuletzt infolge kostenreduzierender\nMaßnahmen in den Jahren 1999 bis 2001 Gewinne zwischen 62.075 und 134.293 DKK\nerzielt werden. Fur das Streitjahr 2002 entstand nach dem vorliegenden\nJahresabschluss sodann ein weiterer Verlust iHv 702.253 DKK bzw. bei\nBerucksichtigung der Veranderung der Ruckstellung fur latente Steuern ein\nsolcher iHv 403.253 DKK (Bl. 92 PA). Nachdem die Y in den Folgejahren\nweiterhin erhebliche Verluste erlitten hatte, wurde beschlossen, deren\nGeschaftstatigkeit zum Ende des Jahres 2004 zu beenden und die Gesellschaft\naufzulosen. Die Geschafte des Konzerns wurden ab dem 01.01.2005 von einem\nunabhangigen Vertriebspartner (G & S) weitergefuhrt. Zum Ende der Liquidation\nzum 30.11.2005 wies die Y einen Verlustvortrag iHv 4.999.680 DKK aus\n(Jahresabschluss zum 30.11.2005, Bl. 151 PA), das handelsbilanzielle\nEigenkapital war zu diesem Zeitpunkt von ehemals 5 Mio. DKK auf nur noch 320\nDKK gesunken (Jahresabschluss zum 30.11.2005, Bl. 153 PA). Nach Abschluss der\nLiquidation Mitte 2006 (Loschungsvermerk des danischen Gesellschaftsregisters\nvom 21.06.2006, Bl. 183 PA) war die Y erloschen, ein sich ergebender\nhandelsrechtlicher Liquidationserlos iHv 10.553 DKK, bei dem es sich um die\nsteuerfreie Ruckzahlung von Einlagen der Klagerin handelte, wurde ihr\ngutgeschrieben.\n\n4\n\n \n\nAngesichts der Einstellung des aktiven Geschaftsbetriebs der Y zum 31.12.2004\nnahm die Klagerin in ihrem Jahresabschluss 2004 eine Teilwertabschreibung auf\nden Beteiligungsbuchwert der Y bis auf 1 Euro vor. Weil sie diese Abschreibung\nunter Anwendung von § 8b Abs. 3 KStG fur steuerliche Zwecke außerbilanziell\nkorrigierte, ergaben sich hieraus keine korperschaftsteuerlichen Auswirkungen\n(Anlagen zur Korperschaftsteuererklarung 2004, Bl. 173, 175 PA).\n\n5\n\n \n\nMit Schreiben vom 07.03.2006 beantragte die Klagerin bei dem Beklagten unter\nHinweis auf u.a. die Entscheidung des EuGH in der Rs. Marks & Spencer\n(C-466/03) den Abzug der jeweils im Einzelnen bezifferten operativen Verluste\nder Y aus den Geschaftsjahren 2002 bis 2005 bei der Ermittlung ihres zu\nversteuernden Einkommens der jeweiligen Veranlagungszeitraume.\n\n6\n\n \n\nDem folgte der Beklagte im Korperschaftsteuerbescheid fur das Streitjahr 2002\nvom 17. September 2007 nicht. Nach der dem Bescheid beigefugten Anlage (Bl.\n203 PA) sei eine einkommensmindernde Verlustberucksichtigung nicht moglich,\nweil das deutsche Steuerrecht eine rechtstragerubergreifende\nVerlustberucksichtigung nur national in den Fallen der Organschaft zulasse.\nEine solche konne nach derzeitiger Gesetzeslage nur mit einer\nOrgangesellschaft wirksam begrundet werden, die sowohl Sitz als auch\nGeschaftsleitung im Inland habe; daran fehle es bei der Y. Außerdem\nerforderten die deutschen Organschaftsregelungen zwingend den Abschluss und\ndie Durchfuhrung eines Ergebnisabfuhrungsvertrags, der aber zwischen der\nKlagerin und der Y nicht vorliege. Es sei auch nicht analog verfahren worden,\nda der erwirtschaftete Verlust von der Klagerin tatsachlich nicht ubernommen\nbzw. finanziell ausgeglichen worden sei.\n\n7\n\n \n\nDie Entscheidung des EuGH in der Rs. Marks & Spencer entfalte mangels\ngesetzgeberischer Umsetzung in nationales Recht oder einer Anordnung zu dessen\nallgemeiner Anwendung durch Verwaltungsanweisung keine unmittelbar uber den\nentschiedenen Einzelfall hinausgehende Rechtswirkung. Im Übrigen sei der\nUrteilsfall mit deutschem Steuerrecht auch deswegen nicht vergleichbar, weil\ndas dort maßgebliche britische Steuerrecht eine Verlustberucksichtigung auch\nohne besonderen Ergebnisabfuhrungsvertrag vorsehe, soweit die beteiligten\nUnternehmen demselben Konzern angehorten.\n\n8\n\n \n\nDer hiergegen erhobenen Sprungklage hat der Beklagte zugestimmt.\n\n9\n\n \n\nDie Klagerin tragt vor, dass im Streitfall zwar nicht alle Voraussetzungen\neiner Organschaft nach dem Wortlaut der §§ 14 ff KStG erfullt seien. Die Y,\nbei der es sich nicht um eine Betriebsstatte, sondern eine Tochtergesellschaft\nals eigenstandige Rechtspersonlichkeit handele, habe weder Sitz noch\nGeschaftsleitung im Inland, auch liege zwischen ihr und der Klagerin ein\nGewinnabfuhrungsvertrag nicht vor. Dennoch verstoße die Versagung der\nBerucksichtigung des negativen Einkommens der Y auf Ebene der Klagerin gegen\nhoherrangiges Gemeinschaftsrecht. Der Verlust sei daher auf Basis einer\nubertragenen Anwendung der deutschen Regelungen zur Organschaft abziehbar.\n\n10\n\n \n\nNach der Rechtsprechung des EuGH umfasse die Niederlassungsfreiheit nach Art.\n43 des Vertrags zur Grundung der Europaischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) das\nRecht zur Aufnahme und Ausubung selbstandiger Erwerbstatigkeiten sowie zur\nErrichtung von Unternehmen und zur Ausubung der Unternehmertatigkeit nach den\nim Niederlassungsstaat fur dessen eigene Angehorige geltenden Bestimmungen.\nNach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates gegrundete Gesellschaften,\ndie ihren satzungsmaßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder -niederlassung\ninnerhalb der Gemeinschaft hatten, hatten nach Art. 48 EG-Vertrag das Recht,\nihre Tatigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat durch eine\nTochtergesellschaft, Zweigniederlassung oder Agentur auszuuben. Auch wenn sie\nnach ihrem Wortlaut die Inlanderbehandlung im Aufnahmestaat sicherten,\nverboten es die Art. 43 ff EG-Vertrag ebenfalls, dass der Herkunftsstaat die\nNiederlassung seiner Staatsangehorigen oder einer nach seinem Recht\ngegrundeten Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat behindere.\n\n11\n\n \n\nDie Niederlassungsfreiheit nach Art. 43, 48 EG-Vertrag als Teil des primaren\nGemeinschaftsrechts gehe als supranationales Recht dem nationalen Recht vor.\nDieser Anwendungsvorrang bedeute im Hinblick auf eine begunstigende Regelung\nwie die der Organschaft, dass diese im Rahmen einer geltungserhaltenden\nReduktion so anzuwenden sei, dass sie auch auf innergemeinschaftliche\ngrenzuberschreitende Sachverhalte Anwendung finde, sofern die „neutralen"\nTatbestandsmerkmale im Übrigen erfullt seien. Nach dem Verstandnis des EuGH\nverlange der Grundsatz der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung, dass die\nnationalen Gerichte unter Berucksichtigung des gesamten nationalen Rechts und\nunter Anwendung ihrer Auslegungsmethoden alles taten, was in ihrer\nZustandigkeit liege, um die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu\ngewahrleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem vom\nGemeinschaftsrecht verfolgten Ziel ubereinstimme. Es sei zum Zwecke einer\nweitestgehenden Kollisionsfreiheit zwischen Gemeinschafts- und nationalem\nRecht geradezu geboten, nationales Recht im Rahmen der Einheit der\nRechtsordnung nach Moglichkeit normerhaltend auszulegen und einzuschranken.\n\n12\n\n \n\nWenn auch das Urteil des EuGH in der Rs. Marks & Spencer, wie der Beklagte\nausfuhre, keine unmittelbare Rechtswirkung auf den Streitfall habe, seien\njedoch dessen Grundsatze ubertragbar, da die tragenden Erwagungen des EuGH in\nbeiden Sachverhaltskonstellationen weitgehend gleich lagen.\n\n13\n\n \n\nAuch nach der Mitteilung der Europaischen Kommission vom 19.12.2006 zur\n„Steuerlichen Behandlung von Verlusten bei grenzuberschreitenden\nSachverhalten", KOM (2006) 824 seien die Grundsatze dieser Entscheidung auf\nsamtliche Verlustverrechnungssysteme der Mitgliedstaaten ubertragbar und diese\ndementsprechend zur Berucksichtigung auslandischer Verluste verpflichtet, wenn\ndiese im anderen Mitgliedstaat endgultig nicht mehr geltend gemacht werden\nkonnten. Diese Auffassung habe die Kommission im Rahmen eines\nVertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland nach Art. 226 EG-Vertrag wegen\nVerstoßes des § 2a EStG gegen die Niederlassungs- und die\nKapitalverkehrsfreiheit nochmals bestatigt (Pressemitteilung vom 18.10.2007,\nIP/07/1547).\n\n14\n\n \n\nIm Rahmen einer danach vorzunehmenden geltungserhaltenden Reduktion der §§ 14\nff. KStG seien die Tatbestandsmerkmale, die einen Inlandsbezug voraussetzten,\naußer Acht zu lassen. Dies seien hier die Voraussetzungen, dass die\nOrgangesellschaft Geschaftsleitung und Sitz im Inland habe und dass ein\nGewinnabfuhrungsvertrag zwischen dieser und dem Organtrager abgeschlossen\nworden sei. Da die „neutralen" Tatbestandsmerkmale - finanzielle Eingliederung\nder Y, Geschaftsleitung und Sitz der Klagerin als AG in Deutschland als nicht\nsteuerbefreite Korperschaft, wirtschaftliche Verlusttragung der Verluste der\ndanischen Tochter - erfullt seien, seien die §§ 14 ff. KStG entsprechend\nanwendbar.\n\n15\n\n \n\nZwar stelle die Organschaftsregelung wegen des durch den Ausgleich von\nVerlusten der einen Gesellschaft durch Verrechnung mit Gewinnen der anderen\nGesellschaft fur den Konzern entstehenden Liquiditatsvorteils grundsatzlich\neine Steuervergunstigung fur die betroffenen Gesellschaften dar. Weil sie aber\nauf inlandische Konzerne beschrankt sei und daher die genannte Vergunstigung\nMuttergesellschaften mit in einem anderen Mitgliedstaat ansassigen\nGesellschaften verwehrt werde, sei die Regelung geeignet, die\nMuttergesellschaft von der Grundung von Tochtergesellschaften in anderen\nMitgliedstaaten abzuhalten. Der Beklagte gehe in diesem Zusammenhang von einem\nunzutreffenden Vergleichspaar aus. Denn es komme nicht auf einen inlandischen\nOrgantrager mit jeweils einer inlandischen Tochtergesellschaft, davon eine mit\neiner inlandischen und eine mit einer auslandischen Betriebsstatte an,\nmaßgeblich sei vielmehr eine inlandische Mutter- mit inlandischer\nTochtergesellschaft gegenuber einer inlandischen Mutter- mit auslandischer\nTochtergesellschaft; dies gelte entsprechend fur Betriebsstatten. Im Ergebnis\nliege daher eine Beschrankung der Niederlassungsfreiheit vor.\n\n16\n\n \n\nEine beeintrachtigende nationale Regelung konne, wenn sie verhaltnismaßig sei,\ndennoch durch zwingende Grunde des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein.\nVerhaltnismaßig sei eine Maßnahme, wenn sie ein legitimes Ziel verfolge, das\nmit dem EG-Vertrag vereinbar und zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet\nsei und nicht uber das erforderliche Maß hinausgehe. Insoweit habe auch der\nBFH unter Bezugnahme auf die Ausfuhrungen des EuGH in der Rs. Marks & Spencer\nauf die grundsatzliche Ausgewogenheit einer ubereinstimmenden Behandlung von\nGewinnen und Verlusten im Ansassigkeitsstaat hingewiesen. Von dieser\nSymmetriethese fur die Behandlung freigestellter Gewinne und Verluste sei aber\nfur den Fall, dass der Verlust im Quellenstaat unter keinen Umstanden\nsteuerlich verwertbar sei, also letztlich bei Aufgabe des\nQuellenstaatengagements, eine Ausnahme zu machen.\n\n17\n\n \n\nSo verhalte es sich im Streitfall. Die Verluste hatten in Danemark weder in\nder Vergangenheit noch aufgrund der Liquidation der Y kunftig geltend gemacht\nwerden konnen. Ein steuerlicher Ausgleich mit eventuellen positiven\nsteuerlichen Einkunften aus Vorjahren habe in Danemark nicht erfolgen konnen,\nweil das danische Steuerrecht nur die Moglichkeit eines Verlustvortrages\nvorsehe. Ebenso wenig sei in Danemark die Übertragung der Verluste auf andere\nKonzerngesellschaften moglich gewesen. Mit der Auflosung der Y seien daher\nderen bis dahin aufgelaufene steuerliche Verlustvortrage nach danischem\nSteuerrecht erloschen.\n\n18\n\n \n\nDie handelsrechtlich bei der Y ausgewiesenen Verluste in den Jahren ab 2002\nbis zur Abwicklung seien von der Klagerin als der Muttergesellschaft im Sinne\neiner tatsachlichen wirtschaftlichen Belastung getragen worden, indem die\nursprungliche Investition in die Y durch die Verluste aufgebraucht worden sei.\nDenn das von der Klagerin eingezahlte handelsbilanzielle Eigenkapital sei von\nehemals 5 Mio. DKK auf nur noch 320 DKK zum 30.11.2005 gesunken. Der Verlust\nim Veranlagungszeitraum 2002 sei als Jahresfehlbetrag im Eigenkapital des\nJahresabschlusses 2002 der K A/S enthalten. Mit der endgultigen Abschreibung\nder Beteiligung auf den Erinnerungswert nach Aufgabe der aktiven\nGeschaftstatigkeit zum 31.12.2004 sei dieser von der Klagerin wirtschaftlich\ngetragene Verlust auch final geworden. Es mache im Hinblick auf eine\ntatsachliche wirtschaftliche Belastung der Muttergesellschaft keinen\nUnterschied, ob durch bereits versteuertes Kapital die Anlauftatigkeit der\nTochtergesellschaft vorfinanziert oder bei niedriger Stammeinlage zur Deckung\nlaufender Verluste Kapital nachgeschossen werde. Überdies bestehe mangels\neiner Moglichkeit der Begrundung einer steuerlichen Organschaft gerade die\nNotwendigkeit der Einzahlung eines hohen Eigenkapitals weit uber der nach\ndanischem Gesellschaftsrecht geforderten Mindeststammeinlage zur Deckung der\nAnfangsverluste. Die Berucksichtigung finaler Verluste der Tochtergesellschaft\nentspreche als ultima ratio dem Ziel einer leistungsfahigkeitskonformen\nBesteuerung der Muttergesellschaft.\n\n19\n\n \n\nIm Streitfall konne angesichts dessen auch die erforderliche tatsachliche\nDurchfuhrung eines Gewinnabfuhrungsvertrags als erfolgt angesehen werden. Denn\ndie Klagerin habe die Verluste der Y tatsachlich wirtschaftlich getragen.\nInsofern sei ein Gewinnabfuhrungsvertrag, wenn auch nicht abgeschlossen, so\naber doch faktisch durchgefuhrt worden. Dabei komme es nicht darauf an, dass\ndie Muttergesellschaft sich im Voraus zur rechtlichen Verlustubernahme\nverpflichtet habe. Eine solche Anforderung wurde die Klagerin letztlich in\nderselben Weise gegenuber inlandischen Muttergesellschaften mit inlandischen\nTochtergesellschaften diskriminieren wie das Erfordernis eines\nGewinnabfuhrungsvertrags.\n\n20\n\n \n\nIm Übrigen sei der Abschluss eines Gewinnabfuhrungsvertrags regelmaßig\ngrenzuberschreitend nicht moglich. Dass ein Tatbestandsmerkmal im Rahmen der\nOrganschaftsregelung vorausgesetzt werde, das grenzuberschreitend gar nicht\nmoglich sei, stelle fur den Fall der Berucksichtigung von Definitivverlusten\nbei der Muttergesellschaft einen weiteren gemeinschaftsrechtlich unzulassigen\nAspekt dar. Eine derartige Berucksichtigung durfe nicht vom Erfordernis eines\nGewinnabfuhrungsvertrags abhangig gemacht werden. Schließe das nationale\nSteuerrecht grenzuberschreitende Sachverhalte unstreitig von der Option fur\neine bestimmte vorteilhafte Besteuerung aus, konne dem Steuerpflichtigen nicht\nvorgeworfen werden, er habe seine Absicht, fur diese Besteuerung zu optieren,\nnicht zu erkennen gegeben. Der Klagerin konne also nicht vorgehalten werden,\ndass sie das nationale Recht beachtet und entsprechend Steuern entrichtet habe\nohne zu versuchen, unter Berufung auf den Vorrang und die unmittelbare Wirkung\ndes Gemeinschaftsrechts eine Besteuerung nach den Organschaftsvorschriften zu\nerwirken und ohne von den ihr zur Verfugung stehenden\nRechtsschutzmoglichkeiten Gebrauch gemacht zu haben, um gegen die\nunweigerliche Ablehnung der Steuerbehorden vorzugehen. Aus dem Umstand, dass\ndie Klagerin mit mehreren ihrer inlandischen Tochtergesellschaften einen\nGewinnabfuhrungsvertrag abgeschlossen habe, werde deutlich, dass sie einen\nsolchen voraussichtlich auch mit der Y abgeschlossen haben wurde, wenn sie\ndadurch die Organschaftsregelung in Anspruch hatte nehmen konnen.\n\n21\n\n \n\nFur eine Beschrankung der Niederlassungsfreiheit greife auch keiner der\nweiteren anerkannten Rechtfertigungsgrunde ein.\n\n22\n\n \n\nSo konnten, anders als bei dem der Entscheidung Marks & Spencer\nzugrundeliegenden Sachverhalt des britischen „group relief" oder dem\nfinnischen Konzernbeitragssystem in der Entscheidung in der Rs. Oy AA, im\nRahmen einer Organschaft die Verluste nicht von einer Konzerngesellschaft auf\nirgendeine andere Konzerngesellschaft ubertragen werden, sondern nur auf den\nOrgantrager. Ein allgemeines „loss trafficking" sei nicht moglich. Die\nBeschrankung sei daher nicht mit dem Hinweis auf die Steuerflucht oder eine\nwillkurliche Zuweisung von Gewinnen bzw. Verlusten zu rechtfertigen.\n\n23\n\n \n\nAufgrund der Liquidation der Y bestehe auch nicht die Gefahr einer doppelten\nVerlustberucksichtigung im Ansassigkeitsstaat. Insofern unterscheide sich der\nStreitfall von dem eine auslandische Betriebsstatte betreffenden in der Rs.\nLidl Belgium.\n\n24\n\n \n\nSonstige zur Rechtfertigung der Beeintrachtigung fuhrende zwingende Grunde des\nAllgemeininteresses seien nicht ersichtlich. Der Verlust von Steuersubstrat\nstelle keinen solchen zwingenden Grund dar. Ein vom Beklagten befurchteter\nschadlicher Steuerwettbewerb sei letztlich unmittelbare Folge der\nunvollstandigen Harmonisierung der direkten Steuern in der Europaischen Union.\nSoweit der Beklagte die Moglichkeit einer bewusst herbeigefuhrten Liquidation\nanspreche, sei dies ein bloß abstrakter Hinweis. Im Streitfall sei die\nLiquidation der Y nachweislich aus betriebswirtschaftlichen Grunden erfolgt.\nIm Übrigen konne einer solchen Gefahr mit den Mitteln des § 42 AO begegnet\nwerden.\n\n25\n\n \n\nDem begehrten Verlustabzug stehe auch § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG nicht entgegen.\nDanach seien Teilwertabschreibungen auf die Kapitalbeteiligung des\nOrgantragers an der Organgesellschaft fur steuerliche Zwecke zwar\ngrundsatzlich nicht anzuerkennen, denn im Falle laufender Verluste hatten\ndiese wegen der Übernahme durch den Organtrager bei der Organgesellschaft\nnicht zu einer Substanzminderung gefuhrt. Die Berucksichtigung laufender\nVerluste aus der Beteiligung an einer Organgesellschaft werde jedoch nicht\nausgeschlossen. Der Verlust der Organgesellschaft Y sei daher getrennt von den\ninnerhalb der Bilanz des Organtragers vorzunehmenden Teilwertabschreibungen zu\nberucksichtigen.\n\n26\n\n \n\nNachdem die Verluste der Y mit ihrer Auflosung endgultig geworden seien, habe\ndie Klagerin Anspruch auf deren Verrechnung, die zur Gewahrleistung des\nGleichlaufs mit inlandischen Vergleichssachverhalten, namlich der\nErgebnisabfuhrung der Organgesellschaft an den Organtrager, phasengleich, d.h.\nim Jahr ihrer Entstehung im Ausland, zu erfolgen habe. Die Verluste seien in\ndem Jahr zu berucksichtigen, in dem der Verlust im Ausland nicht mehr\nabziehbar sei, aber fur das Jahr, in dem er entstanden sei. Dabei bestehe die\nGefahr einer zeitlich willkurlichen Verlustnutzung nicht. Denn im Streitfall\nhandele es sich nicht um die Ausdehnung einer im Ausland zeitlich begrenzten\nVerrechnungsmoglichkeit durch eine Verlustverrechnung in Deutschland. Vielmehr\nsei in Danemark ungeachtet der dortigen gesetzlichen Verrechnungsmoglichkeiten\neine Verrechnung der Verluste angesichts der Liquidation der Y nicht mehr\nmoglich.\n\n \n\n27\n\n \n\nDie Klagerin beantragt, den Korperschaftsteuerbescheid fur 2002 vom 17.\nSeptember 2007 dahingehend zu andern, dass der Verlust der Tochtergesellschaft\nY des Geschaftsjahres 2002 in Hohe von 93.403 Euro berucksichtigt wird,\nhilfsweise, die Revision zuzulassen.\n\n28\n\n \n\nDer Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision\nzuzulassen.\n\n29\n\n \n\nDie Klagerin habe keinen Anspruch auf Berucksichtigung der Verluste der\ndanischen Tochtergesellschaft, weil die Voraussetzungen der\nkorperschaftsteuerlichen Organschaft iSd § 14 KStG nicht erfullt seien.\n\n30\n\n \n\nNach einem DBA wie dem mit Danemark von der inlandischen Besteuerung\nfreigestellte Ergebnisse auslandischer Betriebsstatten einer Organgesellschaft\nkonnten nicht im Rahmen der Organschaft in dem maßgeblichen Einkommen bei dem\nOrgantrager berucksichtigt werden. Die Nichtberucksichtigung auslandischer\nBetriebsstatteneinkunfte gelte fur inlandische Tochtergesellschaften als\nOrgangesellschaft und musse erst recht gelten, wenn man wie die Klagerin\nunterstelle, die auslandische Tochtergesellschaft als Organgesellschaft\nanerkenne.\n\n31\n\n \n\nMangels einer diskriminierenden Beschrankung liege im Streitfall ein Verstoß\ngegen die Niederlassungsfreiheit nicht vor. Eine Beschrankung ergebe sich\njedenfalls nicht deswegen, weil die Klagerin bezogen auf ihre danische\nTochtergesellschaft gegenuber einer Konstellation mit inlandischer\nTochtergesellschaft benachteiligt werde. Denn das zutreffende Vergleichspaar\nzur Ermittlung einer Diskriminierungssituation sei einerseits eine inlandische\nMuttergesellschaft mit einer danischen Tochtergesellschaft (wie im Streitfall)\nund andererseits eine inlandische Muttergesellschaft mit einer inlandischen\nTochtergesellschaft. In beiden Fallen mussten die Verluste in einer danischen\nBetriebsstatte anfallen. Weil in dem dem Organtrager zuzurechnenden\nsteuerlichen Einkommen der Organgesellschaft die nach DBA freigestellten\nErgebnisse auslandischer Betriebsstatten nicht enthalten seien, wurden auch\nbei einer inlandischen Organgesellschaft auslandische\nBetriebsstattenergebnisse nicht bei dem Organtrager berucksichtigt.\n\n32\n\n \n\nSelbst die von der Klagerin erstrebte Behandlung ihrer danischen\nTochtergesellschaft als Organgesellschaft fuhre daher nicht zu einer\nVerlustberucksichtigung. Wurden die Verluste der danischen Tochtergesellschaft\naus ihrer danischen Betriebsstatte bei der deutschen Muttergesellschaft\nberucksichtigt, fuhrte dies zu einer Besserstellung gegenuber einer deutschen\nOrgangesellschaft mit in einer danischen Betriebsstatte erzielten Verlusten,\nweil deren Berucksichtigung ausgeschlossen sei. Eine Berucksichtigung der\nErgebnisse der Organgesellschaft bei der Muttergesellschaft ware letztlich nur\ndann moglich, wenn Deutschland insoweit das Besteuerungsrecht zustehe. Die\ndeutschen Regelungen berucksichtigten die internationale Aufteilung der\nBesteuerungsrechte durch DBA.\n\n33\n\n \n\nAuch nach der Entscheidung des EuGH in der Rs. Lidl Belgium (C-414/06) sei der\nAusschluss der Verrechnung von Verlusten auslandischer Betriebsstatten nach\nden einschlagigen DBA mit den Grundfreiheiten vereinbar. Es konne danach zur\nWahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten\nerforderlich sein, fur Gewinne und Verluste nur das Steuerrecht des\nAnsassigkeitsstaates anzuwenden. Der EuGH folge damit der Linie, die\nAuswirkungen der unterschiedlichen Steuersysteme der Mitgliedstaaten im\nBereich der direkten Steuern in ein ausgewogenes Verhaltnis zu bringen und die\nAufteilung der Steuerhoheiten zwischen den Mitgliedstaaten in DBA zu\nrespektieren. Damit seien im Grundsatz auslandische Betriebsstatteverluste vom\ninlandischen Abzug ausgeschlossen.\n\n34\n\n \n\nNach den Ausfuhrungen des EuGH zum britischen Gruppenbesteuerungssystem in der\nRs. Marks & Spencer seien Verluste auslandischer Gesellschaften ausnahmsweise\ndann in Großbritannien zu berucksichtigen, wenn keine Moglichkeit zu deren\nVerrechnung im auslandischen Staat in kunftigen Jahren bestehe (sog.\nendgultige Verluste). Diese Ausfuhrungen seien in der Rs. Lidl Belgium bei\nBetriebsstattenverlusten nicht ausdrucklich fur anwendbar erklart worden.\nDaher seien aus Sicht des Beklagten auch sog. endgultige auslandische\nBetriebsstattenverluste im Inland nicht zu berucksichtigen.\n\n35\n\n \n\nZudem sei fraglich, wann Betriebsstattenverluste endgultig seien. Eine\nVerlustberucksichtigung in Deutschland konne nicht davon abhangen, welche\nRestriktionen im Ausland bei der Verlustberucksichtigung bestunden. Sei der\nVerlustvortrag im Staat der auslandischen Betriebsstatte beispielsweise\nzeitlich begrenzt, konne es nicht sein, dass deswegen die\nVerlustberucksichtigung im Ansassigkeitsstaat des Stammhauses erfolge. Dies\nware willkurlich. Überdies konnten Mitgliedstaaten versuchen, ihr eigenes\nSteuerrecht auf Kosten anderer Mitgliedstaaten restriktiv auszugestalten und\ndamit einen fur den europaischen Binnenmarkt schadlichen Wettbewerb („race to\nthe bottom") fordern.\n\n36\n\n \n\nAußerdem bestehe die Gefahr einer willkurlichen Zuordnung auslandischer\nVerluste zwischen den Mitgliedstaaten und auch die einer mehrfachen\nVerlustnutzung. Diese Gefahr trete sowohl bei der Verlustverrechnung in\nGruppenbesteuerungssystemen als auch bei Betriebsstattenverlusten auf. Im\nStreitfall stelle sich die Frage, wo der Verlust der danischen\nBetriebsstatte/Tochtergesellschaft zu berucksichtigen sei, wenn in einem\nweiteren Mitgliedstaat eine weitere Betriebsstatte/Tochtergesellschaft\nbestehe, die einen Gewinn erziele. Es gebe keinen uberzeugenden Grund, warum\neine Verrechnung von Gewinnen und Verlusten nur beim Stammhaus und nicht auch\nzwischen Betriebsstatten/Tochtergesellschaften in verschiedenen Staaten\nstattfinden solle. Daher musse vorrangig ein Verlustausgleich bei anderen\nauslandischen Gewinn-Betriebsstatten/-Tochtergesellschaften erfolgen, erst ein\ndanach verbleibender Verlust konne ggfls. als „endgultiger" betrachtet werden.\n\n37\n\n \n\nEs bestehe theoretisch auch die Gefahr einer bewussten Herbeifuhrung einer\nLiquidation im Ausland, um etwaige Verluste im Inland zu nutzen. Zu einem\nspateren Zeitpunkt konnte dann im Ausland wieder eine Gesellschaft gegrundet\nwerden, die die Geschafte fortfuhre.\n\n38\n\n \n\nAuch wenn man zu dem Ergebnis gelange, dass die Verluste im Grundsatz im\nInland zu berucksichtigen seien, fehle es an der organschaftlichen\nVoraussetzung eines Gewinnabfuhrungsvertrags. Nur bei dessen Vorliegen konne\neine Ergebniszurechnung beim Organtrager erfolgen. Selbst wenn ein\ngrenzuberschreitender Gewinnabfuhrungsvertrag nach danischem\nGesellschaftsrecht nicht moglich sein sollte, konne auf ihn als Voraussetzung\nfur eine Ergebnisverrechnung nicht verzichtet werden. Eine Diskriminierung\nliege darin nicht, weil ein Konzernsachverhalt mit Gewinnabfuhrungsvertrag\nnicht vergleichbar sei mit einem Konzernsachverhalt ohne\nGewinnabfuhrungsvertrag. Einem Gewinnabfuhrungsvertrag komme bei der\nErgebnisverrechnung deswegen eine besondere Bedeutung zu, weil im deutschen\nSteuerrecht im Grundsatz das einzelne Steuersubjekt besteuert werde. Nur\nausnahmsweise lasse ein Gewinnabfuhrungsvertrag eine Einkommenszurechnung bei\neinem anderen Steuersubjekt zu. Der Gewinnabfuhrungsvertrag garantiere die\nBesteuerung nach der Leistungsfahigkeit, weil eine Ergebniszurechnung beim\nOrgantrager nur dann erfolge, wenn tatsachlich der Gewinn abgefuhrt oder der\nVerlust der Organgesellschaft getragen werde. Zudem bestehe eine mehrjahrige\nvertragliche Bindung. Daher sei in der Ergebniszurechnung bei der Organschaft\nauch keine Steuervergunstigung zu sehen. Eine Ergebnisverrechnung ohne diese\nvertragliche Bindung und tatsachliche Durchfuhrung verstoße gegen die\nBesteuerung nach der Leistungsfahigkeit.\n\n39\n\n \n\nOhne die Frage zu beantworten, ob ein von der Klagerin behaupteter faktischer\nGewinnabfuhrungsvertrag fur eine grenzuberschreitende Ergebniszurechnung\ngenuge, reiche im Streitfall der verwirklichte Sachverhalt jedenfalls nicht\naus, um eine Ergebniszurechnung zu rechtfertigen. Es habe keinerlei\nvertragliche Bindung fur die Mutter- oder die Tochtergesellschaft bestanden,\nden Verlust zu tragen oder einen Gewinn abzufuhren. Tatsachlich sei dies auch\nso gar nicht durchgefuhrt worden. Die Verluste seien vielmehr von der\nTochtergesellschaft aus ihrem Eigenkapital selbst getragen worden. Eine\nVerlustubernahme im Sinne eines Ergebnisabfuhrungsvertrags liege somit nicht\nvor.\n\n40\n\n \n\nZudem konnten Verluste als „ultima ratio" erst in dem Jahr angesetzt werden,\ndas auf das Jahr folge, in dem diese endgultig geworden seien. Eine\n„phasengleiche" Berucksichtigung bereits im Streitjahr 2002 sei daher\nabzulehnen, weil die Liquidation erst im Jahr 2006 erfolgt sei.\n\n#### Entscheidungsgrunde\n\n41\n\n \n\nA. Die ohne Vorverfahren erhobene Klage ist als Sprungklage iSd § 45 Abs. 1\nFGO zulassig, nachdem der Beklagte dieser Verfahrensweise innerhalb eines\nMonats nach Klagezustellung zugestimmt hat.\n\n42\n\n \n\nB. Die Klage ist jedoch im Ergebnis unbegrundet.\n\n43\n\n \n\nDer angefochtene Korperschaftsteuerbescheid erweist sich als rechtmaßig und\nverletzt die Klagerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der\nBeklagte hat es zu Recht abgelehnt, bei der Ermittlung des Einkommens der\nKlagerin den Verlust ihrer danischen Tochtergesellschaft zu berucksichtigen.\n\n44\n\n \n\nI. Ein Anspruch der Klagerin auf eine derartige Berucksichtigung ergibt sich\nnicht aus einer unmittelbaren Anwendung der nationalen Regelungen der §§ 14 ff\nKStG in der fur das Streitjahr maßgeblichen Fassung.\n\n45\n\n \n\nDie Berucksichtigung der Verluste von Tochtergesellschaften auf der Ebene der\nMuttergesellschaft setzt danach ein zwischen beiden Unternehmen bestehendes\nOrganschaftsverhaltnis voraus. Dazu muss sich eine Kapitalgesellschaft (AG\noder KGaA) mit Geschaftsleitung und Sitz im Inland - sog. doppelter\nInlandsbezug - (Organgesellschaft) durch einen Gewinnabfuhrungsvertrag iSd §\n291 Abs. 1 AktG verpflichtet haben, ihren ganzen Gewinn an ein anderes\nUnternehmen, fur das in § 14 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KStG weitere Voraussetzungen\nnormiert sind (Organtrager), abzufuhren. Fur andere als die in § 14 Abs. 1\nSatz 1 KStG genannten Kapitalgesellschaften - wie im Wesentlichen fur den\npraktisch haufig vorkommenden Fall einer GmbH - sieht § 17 KStG fur die\nBegrundung einer Organschaft weitere Anforderungen vor. So muss u.a. nach\ndessen Nr. 2 eine Verlustubernahme entsprechend den Vorschriften des § 302\nAktG vereinbart sein.\n\n46\n\n \n\nMogen im Streitfall danach die - isoliert - an den Organtrager zu stellenden\nAnforderungen durch die Klagerin erfullt sein, fehlt es indes fur die\nTochtergesellschaft Y zum einen mangels inlandischer Geschaftsleitung und Sitz\nan dem genannten Inlandsbezug; zudem ist ein Gewinnabfuhrungsvertrag in der\nangesprochenen Ausgestaltung zwischen Klagerin und K/AS nicht abgeschlossen\nworden. Die Y ist damit keine Organgesellschaft iSd genannten Vorschriften.\n\n47\n\n \n\nII. Die Klagerin kann das von ihr erstrebte Ergebnis der Verrechnung der\nVerluste der auslandischen Tochtergesellschaft auch nicht auf Basis\ngemeinschaftsrechtlicher Regelungen uber eine an den Grundsatzen der\nEntscheidung des EuGH in der Rs. Marks & Spencer vom 13. Dezember 2005,\nC-446/03, Slg 2005, I-10837 orientierten Auslegung der o.g. Vorschriften\nerreichen. Der Senat folgt insoweit der Auffassung der Klagerin, die im\nErgebnis eine Übertragung der vom EuGH in dieser Entscheidung entwickelten\nGrundsatze auf den Streitfall mit der Folge der Berucksichtigung der Verluste\nbei der Einkommensermittlung der Klagerin fur moglich halt, nicht. Unabhangig\ndavon, dass der Streitfall sich an entscheidungserheblichen Stellen von den\nder Rs. Marks & Spencer zugrundeliegenden Voraussetzungen unterscheidet, lasst\nsich das klagerische Begehren auch nicht aus einer Zusammenschau dieser\nEntscheidung mit anderen im Zusammenhang mit der Verlustberucksichtigung „uber\ndie Grenze" im weiteren Sinne ergangenen Entscheidungen des EuGH ableiten. Der\nSenat ist insofern der Auffassung, dass sich das hier gefundene Ergebnis mit\nden Kernaussagen der Rechtsprechung des EuGH zu dem streitgegenstandlichen\nThemenbereich in Übereinstimmung befindet.\n\n48\n\n \n\n1\\. Gegenstand des dem Vorabentscheidungsersuchen in der Rs. Marks & Spencer\nzugrundeliegenden Rechtsstreites war das Begehren der Marks & Spencer plc,\nVerluste ihrer in anderen Mitgliedstaaten ansassigen Tochtergesellschaften vom\nGewinn im Vereinigten Konigreich abziehen zu konnen. Nach dem diesem Begehren\nzugrunde liegenden „group relief" nach britischem Recht konnten allerdings\nlediglich innerstaatliche Verluste mittels des sog. Konzernabzugs auf eine\nandere Gesellschaft des gleichen Konzerns gewinnmindernd ubertragen werden.\n\n49\n\n \n\nNach der Entscheidung des EuGH war diese - als Steuervergunstigung angesehene\n- Regelung geeignet, die Muttergesellschaft in der Ausubung ihrer nach Art. 43\nund 48 EG-Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit deswegen zu behindern,\nweil angesichts des Ausschlusses der Berucksichtigung von Verlusten einer in\neinem anderen Mitgliedstaat ansassigen Tochtergesellschaft die\nMuttergesellschaft von der Grundung von Tochtergesellschaften in anderen\nMitgliedstaaten abgehalten werden konne.\n\n50\n\n \n\nIm Rahmen der mehrstufigen Prufung eines beachtlichen Verstoßes gegen das\nGemeinschaftsrecht sah der EuGH diese beschrankende nationale Regelung\nallerdings als gerechtfertigt an. Zur Wahrung der Aufteilung der\nBesteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten konne es erforderlich sein,\nauf die wirtschaftliche Tatigkeit der in einem dieser Staaten niedergelassenen\nGesellschaften sowohl auf Gewinne als auch auf Verluste nur dessen Steuerrecht\nanzuwenden. Dieser Aspekt und die Verhinderung einer doppelten\nVerlustberucksichtigung sowie - als dritter Rechtfertigungsgrund - eine\ndrohende Steuerfluchtgefahr fuhrten dazu, dass Regelungen eines\nMitgliedstaats, die es einer Muttergesellschaft allgemein verwehrten, Verluste\nihrer EU-auslandischen Tochtergesellschaften im Inland von ihrem Gewinn\nabzuziehen, den Abzug der Verluste der inlandischen Tochtergesellschaften aber\nzulassen, im Grundsatz nicht gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen.\n\n51\n\n \n\nGleichwohl erkannte der EuGH vor dem Hintergrund des\nVerhaltnismaßigkeitsprinzips im Rahmen einer Prufung der Erforderlichkeit der\nbeschrankenden Maßnahme ausnahmsweise einen Verstoß gegen die Art. 43 und 48\nEG-Vertrag fur den von der Muttergesellschaft nachzuweisenden Fall, dass die\ngebietsfremde Tochtergesellschaft die in ihrem Sitzstaat fur den von dem\nAbzugsantrag erfassten Steuerzeitraum sowie fruhere Steuerzeitraume\nvorgesehenen Moglichkeiten zur Berucksichtigung von Verlusten, gegebenenfalls\ndurch Übertragung dieser Verluste auf einen Dritten oder ihrer Verrechnung mit\nGewinnen, die die Tochtergesellschaft in fruheren Zeitraumen erwirtschaftet\nhabe, ausgeschopft habe und keine Moglichkeit bestehe, die Verluste der\nauslandischen Tochtergesellschaft in ihrem Sitzstaat fur kunftige Zeitraume\nvon ihr selbst oder von einem Dritten, insbesondere im Fall der Übertragung\nder Tochtergesellschaft auf ihn, zu berucksichtigen.\n\n52\n\n \n\nIn der Entscheidung in der Rs. Oy AA vom 18.07.2007, C-231/05, Slg 2007,\nI-06373 hat der EuGH zur Vereinbarkeit der dort streitgegenstandlichen\nfinnischen Regelung mit Art. 43 EG-Vertrag Stellung genommen, nach der\nVoraussetzung fur die gewinnwirksame Abzugsfahigkeit des sog. Konzernbeitrags,\nder dem Ausgleich der von der Muttergesellschaft im Vereinigten Konigreich\nerlittenen Verluste durch Zahlungen ihrer in Finnland ansassigen\nTochtergesellschaft dienen sollte, u.a. war, dass sowohl der Zahlende dieses\nBeitrags (Tochtergesellschaft) als auch dessen Empfanger (Muttergesellschaft)\nim Sitzstaat der Tochtergesellschaft ansassig sind.\n\n53\n\n \n\nHier hielt der EuGH wegen der unterschiedlichen Behandlung je nach dem Ort des\nSitzes der jeweiligen Muttergesellschaft eine Beschrankung der\nNiederlassungsfreiheit zwar fur gegeben, die allerdings angesichts des\nEingreifens von nunmehr fur ausreichend gehaltenen zwei\nRechtfertigungsgrunden, namlich der Notwendigkeit der Wahrung der ausgewogenen\nAufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten verknupft mit\nder Verhinderung einer Steuerumgehung, fur statthaft erachtet wurde.\n\n54\n\n \n\nAngesichts der diesen Rechtfertigungsgrunden zukommenden Wertigkeit und des\nGesichtspunktes, dass die ansonsten mogliche Wahl des Mitgliedstaats der\nBesteuerung letztlich Sache der Unternehmensgruppe ware, erschien die\nstreitgegenstandliche Regelung aber nicht als uber das zur Erreichung aller\nverfolgten Ziele Erforderliche hinausgehend, sie wurde im Ergebnis als\nverhaltnismaßig angesehen. Dem EuGH kam es, insoweit restriktiver als in der\nRs. Marks & Spencer, ersichtlich darauf an, einer Unternehmensgruppe in diesem\nZusammenhang nicht einen derart weiten Handlungsspielraum zur Verfugung zu\nstellen. Die Entscheidung Oy AA erscheint wegen der mit der deutschen\nOrganschaft vergleichbaren Merkmale als auf diese, jedenfalls im Grundsatz,\nubertragbar (so auch Kussmaul/Niehren, IStR 2008, 81).\n\n55\n\n \n\nMit der Vorabentscheidung in der Rs. X Holding BV vom 25.02.2010, C-337/08,\nDStR 2010, 427 hat der EuGH in nationalen Regelungen einen\ngemeinschaftsrechtlich relevanten Verstoß fur den Fall nicht erkannt, dass\ndiese es einer Muttergesellschaft zwar ermoglichten, mit ihrer\ngebietsansassigen Tochtergesellschaft eine „steuerliche Einheit" zu bilden,\nwahrend dies mit einer gebietsfremden Tochtergesellschaft nicht zulassig war,\nweil deren Gewinn nicht den steuerlichen Vorschriften dieses Mitgliedstaats\nunterlag. Der Entscheidung lag der Antrag einer in den Niederlanden ansassigen\nMuttergesellschaft zugrunde, mit ihrer in Belgien ansassigen\nTochtergesellschaft als „steuerliche Einheit" iSd niederlandischen\nKorperschaftsteuerrechtes anerkannt zu werden mit der Folge, dass die Steuer\nso zu erheben ist, als handele es sich um einen Steuerpflichtigen in dem\nSinne, dass die Tatigkeiten und das Vermogen der Tochtergesellschaft Teil der\nTatigkeiten und des Vermogens der Muttergesellschaft sind und die Steuer (nur)\nbei der Muttergesellschaft erhoben wird. Angesichts dessen, dass es durch\ndiese Regelung moglich war, Gewinne und Verluste der in die steuerliche\nEinheit einbezogenen Gesellschaften auf der Ebene der Muttergesellschaft zu\nkonsolidieren (Randnr. 18), handelt es sich auch hier aus Sicht des Senats um\neine den steuerlichen Konsequenzen der deutschen korperschaftsteuerlichen\nOrganschaft im Ergebnis vergleichbare Konstellation.\n\n56\n\n \n\nWeil eine Muttergesellschaft wegen dieser verwehrten Moglichkeit davon\nabgehalten werden konne, in anderen Mitgliedstaaten Tochtergesellschaften zu\ngrunden, sah der EuGH auch hier die Niederlassungsfreiheit als im Grundsatz\ntangiert, hielt die - positiv festgestellte - Ungleichbehandlung aber im\nErgebnis unter Hinweis auf seine Ausfuhrungen in der Rs. Marks & Spencer zur\nWahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten\nfur gerechtfertigt. Auch hier raumte der EuGH, wie in der Entscheidung Oy AA,\nder Muttergesellschaft eine freie Wahlmoglichkeit, welches Steuersystem auf\ndie Verluste der Tochtergesellschaft anwendbar ist und wo die Verluste\nberucksichtigt werden, nicht ein und hielt die streitgegenstandliche Regelung\nnicht zuletzt deshalb fur verhaltnismaßig, weil sich Betriebsstatten in einem\nanderen Mitgliedstaat einerseits und gebietsfremde Tochtergesellschaften\nandererseits im Hinblick auf die Aufteilung der Besteuerungsbefugnis nicht in\neiner vergleichbaren Situation befanden und deshalb Tochtergesellschaften im\nHinblick auf die bei solchen Betriebsstatten bestehenden\nVerlustubertragungsmoglichkeiten nicht gleichzustellen seien.\n\n57\n\n \n\nDen in der Rs. Marks & Spencer entwickelten Gedanken, eine Verrechnung von\nVerlusten dann - nach dem Verstandnis des Senats aber auch nur dann - im Sinne\neiner „ultima ratio" zuzulassen, soweit es sich um definitive Verluste einer\nTochtergesellschaft handelt, hat der EuGH im Grundsatz auch in der\nEntscheidung in der Rs. Lidl Belgium vom 15.05.2008, C-414/06, Slg 2008,\nI-03601 aufgegriffen, in der die Berucksichtigung von Verlusten aus einer\nBetriebsstatte in einem Mitgliedstaat, die zu einer Gesellschaft gehorte, die\nihren satzungsmaßigen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hatte, streitig\ngewesen ist.\n\n58\n\n \n\nEin Verstoß gegen Art. 43 EG-Vertrag durch die Versagung der Berucksichtigung\nder Verluste der Betriebsstatte bei dem Stammhaus ist nach dieser Entscheidung\nnicht anzunehmen, sofern nach einem Abkommen zur Vermeidung der\nDoppelbesteuerung die Einkunfte der Betriebsstatte in deren Belegenheitsstaat\nbesteuert werden, in dem diese Verluste bei der Besteuerung der\nBetriebsstatteneinkunfte fur kunftige Steuerzeitraume berucksichtigt werden\nkonnen. In diesem Sinne waren die dortigen Verluste der Betriebsstatte\ninsofern nicht definitiv, als das Steuerrecht des Belegenheitsstaates der\nBetriebsstatte die Moglichkeit der Berucksichtigung von Verlusten in kunftigen\nZeitraumen vorgesehen hat und eine solche tatsachlich auch erfolgt war.\n\n59\n\n \n\nEine Gesamtschau dieser Entscheidungen fuhrt den Senat zu der Erkenntnis, dass\nnach Sicht des EuGH der Moglichkeit einer „Verlustberucksichtigung uber die\nGrenze", unabhangig von deren individueller und vielfaltig denkbarer\nAusgestaltung im einzelnen Fall, keine sich aus gemeinschaftsrechtlichen\nGesichtspunkten ergebende uberragende Bedeutung zukommt. Es lasst sich\nkeineswegs ein gemeinschaftsrechtlich begrundetes, quasi ubergeordnetes\nallgemeines Gebot zur Ermoglichung EU-grenzuberschreitender\nVerlustverrechnungen feststellen (so i.E. auch Scheunemann, IStR 2006, 145 im\nFazit seiner Analyse der Entscheidung Marks & Spencer). Vielmehr ergeben sich\ndiese nur ausnahmsweise und auf der Basis konkreter Einzelfallgestaltungen.\nInsoweit beschrankende nationale Regelungen werden im Wesentlichen als\ngerechtfertigt angesehen und erfahren ihrerseits eine Einschrankung allenfalls\nauf der Ebene der Verhaltnismaßigkeitsprufung.\n\n60\n\n \n\n2\\. Nach den so verstandenen Grundsatzen des EuGH zum Wirkungsspektrum der\nNiederlassungsfreiheit kommt der Senat daher fur den Streitfall zu der\nEinschatzung, dass eine Beschrankung der Niederlassungsfreiheit zunachst zwar\ngrundsatzlich denkbar ist (a.), es indes im Weiteren an einer\ngemeinschaftsrechtsrelevanten Ungleichbehandlung fehlt (b.). Unabhangig davon\nwurde einer Beschrankung ein gewichtiger Rechtfertigungsgrund gegenuberstehen\n(c.). Ganz wesentlich ist, dass selbst im Falle eines Rechtfertigungsmangels\nein solcher in einer Zusammenschau mit weiteren Überlegungen nicht zu einer\nnormerhaltenden Reduktion der streitgegenstandlichen Vorschriften in dem von\nder Klagerin begehrten weitgehenden Umfang fuhrt (d.). Schließlich erscheint\nauch eine phasengleiche Verlustberucksichtigung im Streitjahr nicht zwingend\n(e.).\n\n61\n\n \n\na. Die Niederlassungsfreiheit sichert, soweit fur den Streitfall relevant,\nGesellschaften mit Sitz, Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung innerhalb der\nGemeinschaft (Art. 48 Abs. 2 iVm Art. 43 EG-Vertrag) die wirtschaftliche\nMobilitat innerhalb der Gemeinschaft und beinhaltet auch das Recht zur\nsekundaren Niederlassung durch Grundung von Agenturen, Zweigniederlassungen,\nTochtergesellschaften und auch Betriebsstatten in einem anderen Mitgliedstaat.\nVon der Schutzwirkung wird der in das EU-Inland strebende Auslander ebenso\nerfasst wie der in das EU-Ausland strebende Inlander.\n\n62\n\n \n\nDie gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten schutzen dabei vor allen\nMaßnahmen, die geeignet sind, grenzuberschreitendes Wirtschaften unmittelbar,\nmittelbar oder potentiell zu behindern (vgl. schon EuGH-Urteil in der Rs.\nDassonville vom 11.07.1974, 8/74, Slg 1974, 837). So sind nationale\nRechtsvorschriften bereits dann als eine Beschrankung der\nNiederlassungsfreiheit anzusehen, wenn sie geeignet sind, deren Ausubung in\neinem Mitgliedstaat durch in einem anderen Mitgliedstaat ansassige\nGesellschaften zu beschranken. Dabei bedarf es eines Nachweises einer\ntatsachlich beschrankenden Wirkung dieser Vorschriften dafur, dass diese\nGesellschaften zum Verzicht auf den Erwerb, die Grundung oder die\nAufrechterhaltung einer Tochtergesellschaft in dem anderen Mitgliedstaat\nbewegt worden sind, nicht (EuGH-Urteil in der Rs. Oy AA, a.a.O., Randnr. 42\nm.w.N.).\n\n63\n\n \n\nNach dem so verstandenen Begriff einer Beschrankung der Niederlassungsfreiheit\nbesteht im Hinblick auf die streitgegenstandlichen Regelungen die Moglichkeit,\ndass eine Muttergesellschaft von der Grundung einer Tochtergesellschaft in\neinem anderen Mitgliedstaat Abstand nimmt. Denn die durch die deutschen\nkorperschaftsteuerlichen Regelungen der §§ 14 ff KStG einer gebietsansassigen\nMuttergesellschaft und ihren inlandischen Tochtergesellschaften eroffneten\nMoglichkeiten, insbesondere die Zusammenfuhrung von Gewinnen und Verlusten auf\nder Ebene der Muttergesellschaft, stehen bei gebietsfremden\nTochtergesellschaften mangels Erfullung der einzelnen Voraussetzungen so nicht\nzur Verfugung.\n\n64\n\n \n\nb. Eine solche ungleiche Behandlung ist im Sinne der gemeinschaftsrechtlich\norientierten Rechtsprechung (EuGH-Urteil in der Rs. X Holding BV, a.a.O.,\nRandnr. 20) nur dann mit den Bestimmungen des EG-Vertrags uber die\nNiederlassungsfreiheit vereinbar, wenn sie Situationen betrifft, die nicht\nobjektiv miteinander vergleichbar sind oder wenn sie durch einen zwingenden\nGrund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (siehe unten c.).\n\n65\n\n \n\nWie der EuGH in der Rs. X Holding BV ausgefuhrt hat, ist die Vergleichbarkeit\nvon Sachverhalten mit Gemeinschaftsbezug einerseits und einem rein\ninnerstaatlichen Sachverhalt andererseits unter Berucksichtigung des mit den\njeweiligen nationalen Regelungen verfolgten Ziels zu prufen. Insofern konnte -\nvordergrundig - eine objektive Vergleichbarkeit der Situation einer\ninlandischen Muttergesellschaft mit einer inlandischen Tochtergesellschaft und\nder Situation einer inlandischen Muttergesellschaft mit einer gebietsfremden\nTochtergesellschaft deswegen angenommen werden, weil sowohl die eine als auch\ndie andere Muttergesellschaft danach streben, die Vorteile der\nstreitgegenstandlichen Regelungen, insbesondere die Einbeziehung der Verluste\nder Tochtergesellschaft auf der Ebene der Muttergesellschaft, in Anspruch\nnehmen zu konnen (Randnr. 22, 24).\n\n66\n\n \n\nIndes erscheint dem Senat dieser Vergleichsmaßstab angesichts der\ntatbestandlichen Voraussetzungen des Streitfalls zu eng gezogen.\n\n67\n\n \n\nDer vorliegende Sachverhalt ist namlich dadurch gekennzeichnet, dass es zur\nErfullung der Anforderungen der hier maßgeblichen deutschen Vorschriften zur\nErreichung des gewunschten Zieles der Verlustverrechnung auf Ebene der\nMuttergesellschaft bei der Tochtergesellschaft nicht nur des\nTatbestandsmerkmals des Sitzes und der Geschaftsleitung im Inland bedarf,\nsondern daruber hinaus ein essentielles weiteres Merkmal zu erfullen ist,\nnamlich das Bestehen eines Gewinnabfuhrungsvertrags zwischen der\nMuttergesellschaft und der Tochtergesellschaft. Insofern liegt der Streitfall\nanders als die vom EuGH entschiedenen Rechtssachen X Holding BV und auch Oy\nAA. In letzterer Rs. hat der EuGH in diesem Zusammenhang ausgefuhrt, dass ein\nBeitrag der Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft in demselben\nAnsassigkeitsstaat, die auch die ubrigen im nationalen Recht festgelegten\nVoraussetzungen erfullt, als abzugsfahiger Konzernbeitrag angesehen werde,\nwahrend ein Beitrag einer Tochtergesellschaft an eine in einem anderen\nMitgliedstaat ansassige Muttergesellschaft nicht als solcher angesehen und\nauch nicht von den Einkunften der Tochtergesellschaft abgezogen werden konne.\nDamit kommt es fur die Frage der Abzugsfahigkeit des Konzernbeitrags - allein\n- auf den Sitz der beteiligten Gesellschaften, dort der Muttergesellschaft, an\n(Randnr. 31,32). Der EuGH fuhrt sodann weiter aus, dass allein die Tatsache,\ndass im Ansassigkeitsstaat der Tochtergesellschaft die in einem anderen\nMitgliedstaat ansassige Muttergesellschaft nicht besteuert werde, die\nTochtergesellschaften solcher Muttergesellschaften nicht von den\nTochtergesellschaften mit im gleichen Mitgliedstaat ansassigen\nMuttergesellschaften unterscheide und die Vergleichbarkeit der Situationen, in\ndenen sich die beiden Tochtergesellschaften befanden, nicht ausschließe\n(Randnr. 38).\n\n68\n\n \n\nSo verhalt es sich, wie ausgefuhrt, im Streitfall aber nicht. Angesichts des\nerwahnten zum Kriterium des Sitzes (und der Geschaftsleitung) der jeweiligen\nSteuerpflichtigen hinzutretenden weiteren objektiven Merkmals, namlich eines\nGewinnabfuhrungsvertrags (zu den Auswirkungen einer ggfls. anzunehmenden\nnormerhaltenden Reduktion auf dieses Merkmal s.u. unter d.), wird das hier\nrelevante Vergleichspaar gebildet durch einerseits eine inlandische\nMuttergesellschaft mit inlandischer Tochtergesellschaft ohne\nGewinnabfuhrungsvertrag und andererseits eine inlandische Muttergesellschaft\nmit auslandischer Tochtergesellschaft ebenfalls ohne Gewinnabfuhrungsvertrag.\nNachdem auch in der zuerst genannten - rein inlandischen - Fallgruppe eine\nVerrechnung der Verluste der Tochtergesellschaft auf Ebene der\nMuttergesellschaft nach den streitgegenstandlichen Vorschriften nicht moglich\nist, kommt es demnach in beiden Konstellationen gleichermaßen nicht zu dem von\nder Klagerin gewunschten Ergebnis. Dies ist bedingt durch die fur alle\nBeteiligten geltenden Anforderungen der nationalen organschaftsrechtlichen\nVorschriften, die sich insofern von den in den angesprochenen EuGH-\nEntscheidungen erforderlichen unterscheiden. Die jeweilige Muttergesellschaft\nbefindet sich unabhangig davon, ob die Tochtergesellschaft eine\ngebietsansassige ist oder nicht, in derselben Situation. Folglich handelt es\nsich im Ergebnis nicht um eine gemeinschaftsrechtlich relevante\nUngleichbehandlung objektiv miteinander vergleichbarer Situationen, sondern\ngerade um deren Gleichbehandlung. Im Rahmen der Prufung, ob eine die\nNiederlassungsfreiheit unzulassig diskriminierende Ungleichbehandlung\nanzunehmen ist, hat der EuGH in seiner Entscheidung in der Rs. Burda vom\n26.06.2008, C-284/06, Slg 2008, I-4571 formuliert, dass eine solche darin\nbestehen konne, dass auf unterschiedliche Situationen die gleiche Vorschrift\nangewendet wird (Randnr. 82). Dementsprechend ist eine Diskriminierung auch\ndann anzunehmen, wenn auf gleiche Sachverhalte unterschiedliche Vorschriften\nangewandt werden. Daran fehlt es im Streitfall.\n\n69\n\n \n\nIn diesem Sinne hat der EuGH in der Entscheidung X Holding BV, wenn auch im\nRahmen der Erorterung der Verhaltnismaßigkeit und somit an anderer Stelle in\nder Prufungsabfolge, allgemein darauf hingewiesen, dass es dem Herkunftsstaat\nnach wie vor frei steht, Bedingungen und Hohe der Besteuerung verschiedener\nNiederlassungsformen von im Ausland tatigen inlandischen Gesellschaften\nfestzulegen, soweit er ihnen eine Behandlung gewahrt, die gegenuber\nvergleichbaren inlandischen Niederlassungen nicht diskriminierend ist (Randnr.\n40 mit Verweis auf das Urteil in der Rs. Columbus Container Service vom\n06.12.2007, C-298/05, Slg. 2007, I-10451, dort insb. Randnr. 53). Diesem\nGedanken folgend sieht der Senat daher eine diskriminierende ungleiche\nBehandlung im Falle auslandischer Tochtergesellschaften angesichts der\nergebnisgleichen Behandlung bei einer inlandischen Tochtergesellschaft, die\nebenso wenig uber einen Gewinnabfuhrungsvertrag mit der Muttergesellschaft\nverbunden ist wie die auslandische, nicht.\n\n70\n\n \n\nc. Soweit entgegen den obigen Ausfuhrungen gleichwohl eine\ngemeinschaftsrechtsrelevante Ungleichbehandlung anzunehmen ware, halt der\nSenat eine demnach grundsatzlich verbotene Beschrankung der\nNiederlassungsfreiheit im Streitfall jedenfalls durch einen zwingenden Grund\ndes Allgemeininteresses fur gerechtfertigt.\n\n71\n\n \n\nWahrend sich noch nach der Entscheidung des EuGH in der Rs. Marks & Spencer\neine Rechtfertigung nur aus dem Zusammenspiel der drei Gesichtspunkte\n\n \n\n72\n\n \n--- \n\\- Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse, \n\\- Verhinderung der Gefahr einer doppelten Verlustberucksichtigung und \n\\- Verhinderung der Gefahr einer Steuerflucht \n \n \n\n73\n\n \n\n(sog. Rechtfertigungstrias) ergeben konnte (Randnr. 51; so auch in der Rs.\nRewe Zentralfinanz eG vom 29.03.2007, C-347/04, Slg. 2007, I-02647), hat es\nder EuGH in der Rs. Oy AA, C-231/05, fur eine Rechtfertigung genugen lassen,\nwenn der Gesichtspunkt der Notwendigkeit der Wahrung der Aufteilung der\nBesteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten zusammen mit dem der\nVerhinderung einer Steuerumgehung erfullt ist (Randnr. 60). In diesem Sinne,\ndass namlich eine nationale steuerrechtliche Regelung auch durch - lediglich -\nzwei der o.g. drei Rechtfertigungsgrunde gerechtfertigt sein kann, wurde auch\nin der Rs. Lidl Belgium, C-414/06, dahingehend entschieden, dass die Wahrung\nder Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten\nzusammen mit der Verhinderung einer doppelten Verlustberucksichtigung als\nausreichend anzusehen ist (Randnr. 40 ff). In der in diesem Zusammenhang,\nsoweit ersichtlich, aktuellsten Entscheidung X Holding BV vom 25.02.2010 hat\nes der EuGH genugen lassen, dass die Voraussetzungen eines einzelnen\nRechtfertigungsgrundes erfullt sind (Randnr. 28-33; so auch schon in der\nEntscheidung in der Rs. N vom 07.09.2006, C-470/04, Slg. 2006, I-07409,\nRandnr. 42). Er ist insoweit inhaltlich letztlich den Ausfuhrungen in den\nSchlussantragen der Generalanwaltin Kokott vom 19.11.2009 in dieser Rs.\n(Randnr. 70), Juris, und auch in der Rs. SGI vom 10.09.2009, C-311/08, Randnr.\n60, Juris, gefolgt (auch wenn in der dem folgenden Entscheidung des EuGH vom\n21.01.2010 in der Rs. SGI in Randnr. 69 ein zweites Merkmal, namlich die\nVerhinderung einer Steuerumgehung, jedenfalls im Rahmen einer\nGesamtbetrachtung mit aufgenommen wurde). Wenn auch der Rechtfertigungsgrund\nder Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den\nMitgliedstaaten eine gewisse Nahe zu dem vom EuGH nicht als zur Rechtfertigung\ngeeigneten Hinweis auf drohende Verluste des Steueraufkommens eines\nMitgliedstaats aufweist, misst der EuGH diesem Gesichtspunkt - durchgangig -\noffensichtlich eine große Bedeutung als Rechtfertigungsgrund zu (vgl. zur\nEntwicklung der Rechtfertigungsgrunde auch Kessler/Eicke, IStR 2008, 581;\nPache/Englert, IStR 2007, 844).\n\n74\n\n \n\nEs kann danach zur Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen\nden Mitgliedstaaten erforderlich sein, auf die wirtschaftliche Tatigkeit der\nin einem dieser Staaten niedergelassenen Gesellschaften sowohl in Bezug auf\nGewinne als auch auf Verluste nur dessen Steuerecht anzuwenden (Rs. X Holding\nBV, Randnr. 28). Nach diesem Symmetrieprinzip durfen Gesellschaften nicht nach\nBelieben daruber entscheiden, ob Verluste im Mitgliedstaat ihrer Niederlassung\noder in einem anderen Mitgliedstaat berucksichtigt werden. Dies wurde die\nAusgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den\nMitgliedstaaten erheblich gefahrden, indem namlich die Besteuerungsgrundlagen\nin dem einen Mitgliedstaat um ubertragene Verluste erweitert und im anderen\nMitgliedstaat entsprechend verringert wurde. So verhielte es sich auch im\nStreitfall, wenn dem klagerischen Begehren folgend eine Verlustverrechnung\nohne Berucksichtigung der organschaftlichen Merkmale zugelassen wurde. Denn\neine solche Verrechnung wurde dann, abgesehen von den entsprechenden\nBeteiligungsverhaltnissen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft und dem\nletztlich aber nur zeitlich orientierten Merkmal der „Finalitat" der Verluste,\nohne die Erfullung weiterer Voraussetzungen moglich sein. Der Streitfall ist\nin dieser Folgebetrachtung daher im Wesentlichen dem der Entscheidung X\nHolding BV zugrunde liegenden Fall vergleichbar.\n\n75\n\n \n\nDer Senat halt insoweit auch an der Betrachtung fest, dass es sich bei\nGewinnen und Verlusten steuerrechtlich um die „zwei Seiten derselben Medaille"\nhandelt, die zur Beibehaltung der Ausgewogenheit spiegelbildlich zu behandeln\nsind. Denn das Ziel, die Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen\nbetroffenen Mitgliedstaaten zu wahren, das sich beispielsweise in Bestimmungen\neines Doppelbesteuerungsabkommens widerspiegelt, ist geeignet,\nSteuerregelungen zu rechtfertigen, die die Symmetrie zwischen dem Recht zur\nBesteuerung der Gewinne und der Moglichkeit, Verluste in Abzug zu bringen,\nwahren (Rs. Lidl Belgium, Randnr. 33).\n\n76\n\n \n\nd. Sofern entgegen der oben dargelegten Ansicht ein Rechtfertigungsgrund nicht\neingreift, stellt sich die Frage der hieraus abzuleitenden Konsequenzen. Der\nSenat vermag insoweit der Auffassung der Klagerin, nach der im Zuge einer\nnormerhaltenden Reduktion der streitgegenstandlichen Vorschriften der §§ 14 ff\nKStG weder an dem sog. doppelten Inlandsbezug noch an dem Erfordernis eines\nGewinnabfuhrungsvertrags festzuhalten sei, die dort angeordneten Rechtsfolgen\naber weiter anzuwenden seien (so auch Homburg, IStR 2009, 350), im Ergebnis\nnur insoweit zu folgen, als das Merkmal Sitz und Geschaftsleitung im Inland\nnicht beachtet werden darf.\n\n77\n\n \n\nEin Verstoß deutscher steuerrechtlicher Vorschriften gegen\ngemeinschaftsrechtliche Regelungen hat zur Folge, dass diese Vorschriften in\ngeltungserhaltender Weise reduziert werden. Denn aufgrund des\nAnwendungsvorrangs gemeinschaftsrechtlichen Primarrechts und damit der\ngemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten ist nach der Rechtsprechung des BFH\nder jeweilige Tatbestand der entsprechenden deutschen Vorschrift in\ngemeinschaftsrechtlich konformer und normerhaltender Weise zu reduzieren, die\neinschlagige Regelung aber als solche weiter anzuwenden (vgl. BFH-Urteile vom\n10. Januar 2007, I R 87/03, BStBl II 2008, 22, HFR 2007, 668; vom 24. April\n2007, I R 39/04, BStBl II 2008, 95, HFR 2007, 1205; jeweils m.w.N.). Dabei\nsind die gemeinschaftsrechtlichen Erfordernisse in die betroffenen Normen\nhineinzulesen (BFH-Urteil vom 25. August 2009, I R 88,89/07, BFH/NV 2009,\n2047, HFR 2010, 6).\n\n78\n\n \n\naa. Nach diesen Grundsatzen kann zwischen unterschiedlichen in einer\nnationalen gesetzlichen Regelung enthaltenen Einzelmerkmalen dergestalt zu\ndifferenzieren sein, dass einzelne dieser Merkmale vollstandig zu verwerfen\nsind, andere wiederum lediglich im gemeinschaftsrechtlichen Licht und weitere\nMerkmale unverandert zur Anwendung kommen konnen. Fur den Streitfall kommt der\nSenat insoweit zu dem Ergebnis, dass die nach § 14 KStG Abs. 1 fur die\nOrgangesellschaft vorgesehene Anknupfung an deren Sitz und Geschaftsleitung im\nInland eine zu weit gehende Verengung mit sich bringt. Denn damit werden\nauslandische Gesellschaften mit Sitz und Geschaftsleitung im\nGemeinschaftsgebiet wegen der ausschließlichen Anknupfung an den inlandischen\nSitz und Geschaftsleitung einer Gesellschaft von einer\nVerlustverrechnungsmoglichkeit von vornherein vollstandig - ohne eine\ngestalterische Ausweichmoglichkeit - ausgeschlossen (so i.E. auch Urteil des\nNiedersachsischen Finanzgerichts vom 11. Februar 2010, 6 K 406/08, Juris,\nm.w.N.; Pache/Englert, a.a.O.). Auch nach der EuGH-Rechtsprechung kann der\nSitz eines Steuerpflichtigen ein zwar grundsatzlich beachtliches Kriterium\nsein; allerdings fuhrte die alleinige Anknupfung hieran letztlich dazu, dass\ndie Grundfreiheit des Art. 43 EG-Vertrag ihres Sinnes entleert wurde (vgl.\netwa Rs. Marks & Spencer, a.a.O., Randnr. 37).\n\n79\n\n \n\nbb. Anders verhalt es sich indes mit dem Merkmal des Gewinnabfuhrungsvertrags.\n\n80\n\n \n\nDie Klagerin verweist diesbezuglich darauf, dass ein solcher\nGewinnabfuhrungsvertrag grenzuberschreitend gesellschaftsrechtlich nicht\nmoglich sei, weil das danische Recht einen solchen Vertrag nicht kenne. Der\nBeklagte hat dem nicht widersprochen. Auch wenn man dem folgend davon ausgeht,\ndass der Abschluss eines (formalen) Gewinnabfuhrungsvertrags „uber die Grenze"\ngesellschaftsrechtlich nicht moglich ist (vgl. unter Verweis auf die\nkollisionsrechtliche Problematik Herzig/Wagner, DStR 2006, 1), schließt dies\naber zum einen nicht aus, dass die beteiligten Gesellschaften untereinander\nauf einfacher schuldrechtlicher Basis eine entsprechende verpflichtende\nVereinbarung abschließen konnen. Zudem erscheint es dem Senat geboten, im\nHinblick auf die Wirksamkeit eines solchen Vertrags weniger auf die\nBetrachtung aus der Sicht des Ansassigkeitsstaates der auslandischen\nTochtergesellschaft, also hier der danischen, abzustellen, sondern vielmehr\nauf die Betrachtung aus Sicht des Staates, in dem die aus einem solchen\nVertrag resultierenden (steuerlichen) Folgen realisiert werden sollen. Aus der\nin diesem Sinne maßgeblichen - isolierten - deutschen Sicht spricht gegen den\nAbschluss eines solchen Vertrages jedoch wenig.\n\n81\n\n \n\nDass das deutsche Recht - an der Mindestvoraussetzung festhaltend -\nhinsichtlich der formellen Ausgestaltung eines Gewinnabfuhrungsvertrags eine\ngewisse Flexibilitat kennt, zeigt die Regelung des § 18 KStG, nach der es,\nauch wenn damit eine Organschaft uber die Grenze nicht eroffnet wird (vgl.\nGosch KStG § 18 Rz. 1,39 ff), ausreicht, wenn im Verhaltnis einer inlandischen\nOrgangesellschaft zu einem auslandischen Unternehmen als Organtrager der\nGewinnabfuhrungsvertrag auf dessen Seite unter der Firma einer inlandischen\nZweigniederlassung des auslandischen Unternehmens abgeschlossen wird.\n\n82\n\n \n\nDem lasst sich auch nicht im Zuge einer kritischen Betrachtung der deutschen\nOrganschaft als solcher entgegenhalten, dass Deutschland der letzte\nMitgliedstaat der EU sei, der einen solchen Gewinnabfuhrungsvertrag zur\nVoraussetzung konzerninterner Verlustverrechnung mache, wahrend die\nsteuerrechtlichen Regelungen anderer Mitgliedstaaten ohne einen solchen\nVertrag auskamen (vgl. Homburg, a.a.O.). Denn bei diesem Gesichtspunkt handelt\nes sich um einen solchen, der als steuerpolitischer Aspekt ggfls. Eingang in\nÜberlegungen fur den Bereich eines EU-weiten harmonisierten Steuersystems\nfinden kann (vgl. zu einem Rahmenkonzept fur einen grenzuberschreitenden\nVerlustausgleich beispielsweise die Mitteilung der EU-Kommission vom\n19.12.2006, KOM(2006) 824 endg.). Fur die vorliegend zu beantwortende Frage,\nob die Voraussetzung eines Gewinnabfuhrungsvertrags im Wege einer gebotenen\nnormerhaltenden Reduktion vollstandig zu eliminieren ist, kann es darauf aber\nnicht ankommen. Dafur ist allein maßgeblich, ob innerstaatliche Sachverhalte\nunter Einbeziehung dieses Merkmals anders behandelt wurden als solche mit\nBezug uber eine EU-Grenze. So verhalt es sich jedoch, wie gezeigt, aber nicht.\n\n \n\n83\n\n \n\nNur erganzend wirft der Senat die Frage auf, welche Bedeutung dem Umstand,\ndass das danische Recht einen Gewinnabfuhrungsvertrag nicht kennt, vor dem\nHintergrund der EuGH-Rechtsprechung zukame. In der, originar freilich einen\nanderen Problemkreis betreffenden, Entscheidung Krankenheim Ruhesitz am\nWannsee vom 23.10.2008, C-157/07, IStR 2008, 769, HFR 2009, 83 hat der EuGH\nausgefuhrt, dass ein Staat fur die Zwecke seines eigenen Steuerrechts nicht\nverpflichtet sein kann, eventuell ungunstige Auswirkungen der Besonderheiten\neiner Regelung eines anderen Staates zu berucksichtigen. Insbesondere ist\ndieser Staat nicht dazu verpflichtet, seine Steuervorschriften auf diejenigen\neines anderen Mitgliedstaats abzustimmen, um in allen Situationen eine jede\nUngleichheit beseitigende Besteuerung zu gewahrleisten (Randnr. 49, 50).\nUnabhangig davon, ob diese Entscheidung einer Verallgemeinerung zuganglich ist\n(vgl. Breuninger/Ernst, DStR 2009, 1981), konnten, diesen Gedanken fur den\nStreitfall aufgreifend, diese Ausfuhrungen so verstanden werden, dass der\nbeschriebene Umstand, dass das danische Recht einen Gewinnabfuhrungsvertrag im\nVerstandnis der deutschen organschaftlichen Regelungen nicht kennt, auf die\nBeurteilung dieser Voraussetzung jedenfalls keine sich zu Lasten der deutschen\nRegelungen auswirkende Bedeutung im Sinne einer Eliminierung des Merkmals mit\nsich bringen darf.\n\n84\n\n \n\nLetztlich kann der Senat aber offenlassen, ob an dem Merkmal eines formalen\nGewinnabfuhrungsvertrags festzuhalten ist. Denn selbst wenn ein solcher in der\nformalen Ausgestaltung, wie dies die streitgegenstandlichen Vorschriften\nvorsehen, moglicherweise nicht gefordert werden konnte, halt der Senat\ngleichwohl daran fest, dass es der Erfullung einer Mindestvoraussetzung in\nGestalt einer verbindlichen Vereinbarung zwischen den beteiligten Tochter- und\nMuttergesellschaften bedarf, die jedenfalls den wesentlichen Bestandteil,\nnamlich die Verpflichtung zur Verlustubernahme durch die Muttergesellschaft,\nbeinhalten muss (so auch Urteil des Niedersachsischen Finanzgerichts vom 11.\nFebruar 2010, 6 K 406/08, a.a.O., mit im Wesentlichen ahnlichen Erwagungen).\n\n85\n\n \n\nDie Vereinbarung des Inhalts eines Gewinnabfuhrungsvertrags durch\nVerpflichtung zur Verlustubernahme iSd §§ 14 Abs. 1 KStG, 291 Abs. 1 AktG ist,\nanders als das Merkmal Sitz und Geschaftsleitung im Inland, kein typisches\nMerkmal, das einen Inlandsbezug aufweist. Es gilt vor dem Hintergrund der\nbeabsichtigten Gewahrleistung der Besteuerung einer Unternehmensgruppe nach\nder Leistungsfahigkeit ganz allgemein, also wie ausgefuhrt auch fur rein\ninnerstaatliche Sachverhalte, und ist essentieller Bestandteil der sich aus\neiner Organschaft ergebenden Verrechnungsfolgen. An die Erfullung dieser\nVoraussetzung hat der BFH stets hohe Anforderungen gestellt. So setzt die\nAnerkennung einer korperschaftsteuerlichen Organschaft mit einer GmbH als\nOrgangesellschaft nach § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG voraus, dass ausdrucklich eine\nVerlustubernahme entsprechend § 302 Abs. 1 und 3 AktG vereinbart worden ist\n(BFH-Urteile vom 17. Juni 2008, IV R 88/05, BFH/NV 2008, 1705; vom 16. Juni\n2008, IV R 76/06, Juris). Ein Absehen von diesem Erfordernis wurde der\nOrganschaft einen Kernbestandteil entziehen. Der deutsche Organtrager mit\ndeutscher Organgesellschaft kann sich einer Verlustubernahme nicht entziehen.\nDabei ist auch zu berucksichtigen, dass die Verpflichtung zur Verlustubernahme\ninsofern einer gewissen Dauerhaftigkeit bedarf, als der entsprechende Vertrag\nnach § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG auf mindestens funf Jahre abgeschlossen und\nwahrend seiner gesamten Geltungsdauer durchgefuhrt worden sein muss.\n\n86\n\n \n\nEine normerhaltende Reduktion muss, wie ausgefuhrt, nicht dazu fuhren, dass\ndie einschlagige Regelung als solche uberhaupt nicht weiter anzuwenden ist.\nFur den Streitfall vertritt der Senat die Auffassung, dass eine solche\nReduktion nicht soweit gehen kann, dass letztlich alle Voraussetzungen, die\ndas Wesen einer Organschaft ausmachen, auf Null zu reduzieren sind. Die\nOrganschaft muss in irgendeiner Weise „gelebt werden". Nach der Auffassung der\nKlagerin fuhrte die normerhaltende Reduktion im Ergebnis dazu, dass die auf\nder Ebene der Tochtergesellschaft zu erfullenden Voraussetzungen durch den\nVerzicht auf Sitz und Geschaftsleitung, Gewinnabfuhrungsvertrag und sogar eine\njedenfalls die Verlustubernahme regelnde Verpflichtungsvereinbarung nahezu\nsamtlich unbeachtlich wurden und sich die Anforderungen auf diejenigen\nbeschranken wurden, die auf der Seite des Organtragers zu erfullen sind. Genau\ngenommen bedeutete dies die Abschaffung der deutschen korperschaftsteuerlichen\nOrganschaft; dies jedenfalls insoweit, wie deren Voraussetzungen betroffen\nsind. An den durch die Organschaft vermittelten steuerlichen Folgen soll\ndemgegenuber festgehalten werden. So weit allerdings konnen die Konsequenzen\neiner gemeinschaftsrechtlich konformen Auslegung schon deswegen nicht reichen,\nweil damit ein Zustand erreicht wurde, der zu einer Besserstellung\ngrenzuberschreitender Sachverhalte gegenuber rein innerstaatlichen fuhren\nwurde. Dies ist indes nicht das Ziel gemeinschaftsrechtlicher Normen oder\nRechtsprechung (so i.E. auch Rehm/Feyerabend/Nagler, IStR 2007, 7). Dass eine\nsolche Besserstellung als die Behandlung im Inlandsfall im Grunde bereits eine\nrelevante Beschrankung der Niederlassungsfreiheit ausschließt, ist schon\nerortert worden (vgl. zu dieser Frage im Hinblick auf die Entscheidung\nKrankenheim Wannsee, C-157/07, auch Breuninger/Ernst, a.a.O.).\n\n87\n\n \n\nDaher ist an einer dem materiellen Gehalt eines Gewinnabfuhrungsvertrags\nentsprechenden zivilrechtlichen Vereinbarung zwischen Muttergesellschaft und\nTochtergesellschaft festzuhalten, die fur den Fall der Verlustentstehung bei\nder Tochtergesellschaft zu einer Verpflichtung der Muttergesellschaft\ngegenuber der Tochtergesellschaft fuhrt und dazu, dass die Verluste der\nauslandischen Tochtergesellschaft von der deutschen Muttergesellschaft im\nSinne einer tatsachlichen wirtschaftlichen Belastung getragen werden (vgl. zu\neinem entsprechenden Losungsansatz auch Mayr, BB 2008, 1312). Denn nur dann\nbesteht eine Parallele zum verlustubernehmenden Organtrager (in diesem Sinne\nauch Homburg, a.a.O.).\n\n88\n\n \n\nDaran fehlt es im Streitfall. Es besteht keinerlei rechtliche Verpflichtung\nder Klagerin zur Übernahme der Verluste der Y. Soweit sie durch den Verlust\nihrer Beteiligung wirtschaftlich belastet sein mag, beruht dies auf einem\n„freiwilligen" Engagement zum Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs. Dies ist aber\neiner rechtlich abgesicherten verpflichtenden Verlustubernahme nicht\nvergleichbar.\n\n89\n\n \n\ncc. Erganzend ist zu bemerken, dass ungeachtet des Mangels einer rechtlichen\nVerlustubernahmeverpflichtung auch Bedenken daran bestehen, ob die Klagerin\ntatsachlich wirtschaftlich, und zwar durch laufende Verluste, belastet ist.\n\n90\n\n \n\nInsoweit tragt sie zwar vor, dass es nicht darauf ankommen konne, ob eine\nMuttergesellschaft die Tochtergesellschaft zu einem fruhen Zeitpunkt mit einem\nhohen Eigenkapital ausgestattet habe, das sich sodann infolge der\nVerlustverrechnung vermindert habe, oder ob bei anfanglich niedriger\nEigenkapitalausstattung laufende Verluste auszugleichen seien. Dazu ist\nallerdings, unabhangig davon, dass laufende Verluste durch die Klagerin nach\nihren Bilanzen nicht zeitnah getragen wurden, darauf hinzuweisen, dass die\nVerluste aus dem - wenn auch von der Klagerin zur Verfugung gestellten -\nEigenkapital der Tochtergesellschaft getragen wurden. Die Ebenen der\nMuttergesellschaft und der Tochtergesellschaft sind aber streng zu trennen.\nDie Ebene der Klagerin als Muttergesellschaft - auf die es hier ankommt - ist\ninsoweit nur mittelbar betroffen.\n\n91\n\n \n\nFraglich ist zudem, ob es sich angesichts der konkreten Fallgestaltung bei den\nvon der Klagerin als berucksichtigungsfahig begehrten Verlusten letztlich\nnicht um Liquidationsverluste handelt. Weil solche nach deutschem\nOrganschaftsrecht dem Organtrager nicht zuzurechnen sind, konnten sie, zur\nVermeidung einer Besserstellung gegenuber dem fur innerstaatliche Sachverhalte\nmaßgeblichen Rechtszustand, auch in Fallen mit Auslandsbezug nicht zu\nberucksichtigen sein.\n\n92\n\n \n\nDer Senat weist an dieser Stelle, ohne dass dem eine zwingende rechtliche\nKonsequenz zu entnehmen ware, abrundend darauf hin, dass die\nstreitgegenstandlichen Regelungen der §§ 14 ff KStG betreffend von der EU-\nKommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland, soweit\nersichtlich, nur im Hinblick auf die Frage, ob eine Organgesellschaft sowohl\nGeschaftsleitung als auch Sitz Im Inland haben musse, eingeleitet worden ist\n(vgl. Meilicke, DB 2009, 653 mit Hinweis auf die Beschwerde Nr. 2008/4409).\nEin daruber hinaus gehendes Vertragsverletzungsverfahren wie das von der\nKlagerin angesprochene von der Kommission wegen der Vorschrift des § 2a EStG\nformlich betriebene (vgl. die Pressemitteilung vom 18.10.2007, IP/07/1547) ist\nnicht erkennbar. Die Kommission hat zudem auch das Vereinigte Konigreich wegen\nder aus seiner Sicht ungenugenden Umsetzung der Entscheidung in der Rs. Marks\n& Spencer vor dem EuGH verklagt (vgl. Pressemitteilung vom 08.10.2009,\nIP/09/1461).\n\n93\n\n \n\ne. Sollte eine Verlustverrechnung entgegen der obigen Ausfuhrungen dennoch im\nGrundsatz moglich sein, so halt der Senat den Verlust der Y jedenfalls im\nStreitjahr nicht fur „definitiv" in dem Sinne, dass zwingend ein\nphasengleicher Abzug bei der Klagerin im Streitjahr zu erfolgen hatte.\n\n94\n\n \n\nUnabhangig davon, dass eine solche fur die Organschaft typische phasengleiche\nBerucksichtigung nur bei Erfullung der Voraussetzungen einer Organschaft im\nÜbrigen erfolgen kann, hat der EuGH bereits in der Ausgangsentscheidung Marks\n& Spencer ausgefuhrt, dass ein Abzug des von einer Tochtergesellschaft\nerlittenen Verlustes auf Ebene der Muttergesellschaft neben weiteren\nErfordernissen voraussetzt, dass keine Moglichkeit besteht, die Verluste der\nTochtergesellschaft in deren Sitzstaat fur kunftige Zeitraume fur sie selbst\nzu berucksichtigen (Randnr. 55). Diese Formulierung aufnehmend hat der BFH in\ndem einen Betriebsstattenverlust im Gemeinschaftsgebiet betreffenden, fur die\nhier zu erorternde Frage des Verlustes einer Tochtergesellschaft gleichwohl\nheranziehbaren Urteil vom 17. Juli 2008, I R 84/04, BStBl II 2009, 630\n(Folgeentscheidung zu Lidl Belgium) sinngemaß entschieden, dass ein\nphasengleicher Verlustabzug nur dann in Betracht kommt, wenn im Streitjahr\nkeine Moglichkeit besteht, dass die auslandischen Verluste in diesem\nMitgliedstaat fur kunftige Zeitraume von dem Steuerpflichtigen selbst oder\neinem Dritten berucksichtigt werden. Aus der Formulierung „phasengleich" ist\nnicht zwingend zu schließen, dass ein in nachfolgenden Zeitraumen nicht\nverrechenbarer Verlust bereits im Entstehungsjahr berucksichtigt werden muss.\nEine Berucksichtigung in diesem Verlustentstehungsjahr im Inland kommt\nvielmehr nur dann in Betracht, wenn bereits im Verlustentstehungsjahr\nausgeschlossen ist, dass es kunftig zu Verrechnungen im auslandischen\nMitgliedstaat kommen kann. Es kommt mithin darauf an, ob aus der Perspektive\ndes Streitjahres eine Verlustnutzung im auslandischen Mitgliedstaat\nausgeschlossen ist (vgl. das eine Betriebsstatte behandelnde Urteil des\nFinanzgerichts Dusseldorf vom 08. September 2009, 6 K 308/04 K, EFG 2010, 389;\nRev. unter Az. I R 100/09 bei dem BFH anhangig; a.A. Finanzgericht Hamburg,\nUrteil vom 18. November 2009, 6 K 147/08, EFG 2010, 265; Rev. unter Az. I R\n107/09 bei dem BFH anhangig; vgl. zum Ganzen auch Gosch, BFH-PR 2008, 490).\n\n95\n\n \n\nMit Ablauf des Streitjahres 2002 stand aber unter Berucksichtigung dessen,\ndass das danische Recht nach dem Vortrag der Klagerin in der mundlichen\nVerhandlung einen Verlustvortrag kennt, noch nicht fest, dass die Verluste der\nY aus diesem Jahr in Danemark nicht in den folgenden Steuerzeitraumen\nberucksichtigt werden konnten. Dies nicht zuletzt deswegen, weil die Y in den\ndem Streitjahr unmittelbar vorangegangenen Jahren 1999 bis 2001 auch aufgrund\nkostenreduzierender Maßnahmen Gewinne, wenn auch nicht erheblichen Umfangs,\nerzielen konnte. Angesichts der Ungewissheit im Hinblick auf die weitere\nEntwicklung und auch angesichts dessen, dass der Entschluss zur Beendigung der\nGeschaftstatigkeit der Y erst spater, jedenfalls nicht im Streitjahr, gefasst\nwurde, kann nicht davon ausgegangen werden, dass bereits im\nVerlustentstehungsjahr 2002 eine kunftige Verlustberucksichtigung\nausgeschlossen gewesen ist.\n\n96\n\n \n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.\n\n97\n\n \n\nDie Revision wird zugelassen, weil die Sache wegen der bislang\nhochstrichterlich nicht entschiedenen Frage, wie die Vorschriften der §§ 14 ff\nKStG im Fall einer grenzuberschreitenden Verrechnung der Verluste EU-\nansassiger Tochtergesellschaften vor dem Hintergrund gemeinschaftsrechtlicher\nGesichtspunkte auszulegen sind, grundsatzliche Bedeutung hat und zur\nFortbildung des Rechts, § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO.\n\n |
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188,139 | lagrlp-2009-07-15-10-ta-13809 | 899 | Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz | lagrlp | Rheinland-Pfalz | Arbeitsgerichtsbarkeit | 10 Ta 138/09 | 2009-07-15 | 2019-02-11 09:02:56 | 2019-02-12 13:53:57 | Beschluss | ECLI:DE:LAGRLP:2009:0715.10TA138.09.0A | #### Tenor\n\n \n\n \n\n1\\. Die sofortige Beschwerde des Klagers gegen den Beschluss des\nArbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 16. April 2009, Az.: 3 Ca 1869/06,\nwird kostenpflichtig zuruckgewiesen.\n\n \n\n2\\. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.\n\n#### Grunde\n\n \n\n \n\n**I.**\n\n1\n\n \n\nDas Arbeitsgericht hat dem Klager mit Beschluss vom 07.11.2006\nProzesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmachtigten ohne\nZahlungsverpflichtung bewilligt. Die Landeskasse hat € 1,95 Gerichtskosten\nverauslagt und an den Prozessbevollmachtigten des Klagers gemaß Antrag vom\n24.11.2006 eine PKH-Vergutung in Hohe von € 883,92 gezahlt. In dem Antrag vom\n24.11.2006 machte der Prozessbevollmachtigte eine weitere Vergutung in Hohe\nvon € 247,66 geltend und versicherte, dass er fur eine außergerichtliche\nVertretung desselben Gegenstandes keine Geschaftsgebuhr, keine Vorschusse und\nsonstigen Zahlungen erhalten habe.\n\n2\n\n \n\nMit Schreiben vom 09.12.2008 uberprufte das Arbeitsgericht gemaß § 120 Abs. 4\nZPO, ob sich die Vermogensverhaltnisse des Klagers wesentlich geandert haben.\nNach Überprufung der eingereichten Belege hat das Arbeitsgericht mit Beschluss\nvom 16.04.2009 bestimmt, dass der Klager ab dem 01.05.2009 monatliche Raten in\nHohe von € 30,00 zu zahlen hat.\n\n3\n\n \n\nGegen diesen Beschluss legte der Klager mit Schreiben vom 20.04.2009\n(sofortige) Beschwerde ein. Er fuhrte unter Vorlage der Durchschrift eines\nÜberweisungstragers (Bl. 121 des PKH-Heftes) zur Begrundung aus, er habe\nseinen Rechtsanwalten am 19.09.2006 bereits € 300,00 gezahlt. Außerdem teilte\ner mit, dass sein befristeter Arbeitsvertrag am 30.06.2009 auslaufe. Die\nProzessbevollmachtigten des Klagers bestatigten mit Schreiben vom 06.05.2009\ndie Zahlung eines Betrages von € 300,00 fur ihre außergerichtliche Tatigkeit.\n\n4\n\n \n\nDas Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde des Klagers mit Beschluss vom\n20.05.2009 nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht Rheinland-\nPfalz zur Entscheidung vorgelegt. Die Rechtspflegerin hat zur Begrundung ihrer\nEntscheidung im Wesentlichen ausgefuhrt, die Tatsache, dass der Klager bereits\n€ 300,00 an seine Rechtsanwalte gezahlt habe, habe keine Auswirkung auf die\nVerpflichtung zur Ratenzahlung an sich. Auch der Umstand, dass das\nArbeitsverhaltnis am 30.06.2009 durch Fristablauf enden konnte, fuhre zu\nkeinem anderen Ergebnis. Sollten sich die wirtschaftlichen Verhaltnisse des\nKlagers tatsachlich verschlechtern, sei die Zahlungsbestimmung ggf. zu andern.\n\n5\n\n \n\nWegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt des\nProzesskostenhilfebeiheftes Bezug genommen.\n\n \n\n**II.**\n\n6\n\n \n\nDie sofortige Beschwerde des Klagers ist zulassig; sie ist insbesondere form-\nund fristgerecht eingelegt worden (§ 78 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz\n2 und 3, § 567 ff. ZPO).\n\n7\n\n \n\nIn der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.\n\n8\n\n \n\nZutreffend hat das Arbeitsgericht dem Klager ab dem 01.05.2009 eine monatliche\nRatenzahlungsverpflichtung von **€** ** 30,00 ** auferlegt. Soweit in der\nNichtabhilfeentscheidung vom 20.05.2009 eine monatliche Ratenzahlung von €\n45,00 angesprochen ist, handelt es sich um ein offensichtliches\nSchreibversehen. Im Beschluss vom 16.04.2009 sind monatliche Raten von € 30,00\nfestgesetzt, die auch der Berechnung der Rechtspflegerin entsprechen.\n\n9\n\n \n\nZur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass der Klager insgesamt **€** **\n883,53 ** an die Landeskasse zahlen muss, so dass er 27 Raten in Hohe von €\n30,00 und eine Schlussrate in Hohe von € 23,53 zu leisten hat.\n\n \n\n10\n\n \n\nDer Klager hat am 19.09.2006 bereits € 300,00 an seinen Rechtsanwalt fur\ndessen außergerichtliche Tatigkeit in derselben Angelegenheit gezahlt. Nach §\n58 Abs. 2 RVG ist diese Zahlung auf die Vergutung anzurechnen, fur die ein\nAnspruch gegen die Staatskasse nicht oder nur unter den Voraussetzungen des §\n50 RVG besteht. Das ist vorliegend die Differenz zwischen der Regelvergutung\nund der PKH-Vergutung in Hohe von € 247,66. In Hohe von € 52,34 ist der\nProzessbevollmachtigte des Klagers zur Ruckzahlung an die Landeskasse\nverpflichtet, weil er in seinem Antrag vom 24.11.2006 die Zahlung der € 300,00\nnicht angegeben hat, und deshalb eine Überzahlung in dieser Hohe eingetreten\nist.\n\n11\n\n \n\nSoweit der Klager in seiner Beschwerde vom 20.04.2009 darauf hingewiesen hat,\ndass sein befristeter Arbeitsvertrag am 30.06.2009 auslaufe, andert dieser\nUmstand zunachst nichts an seiner Ratenzahlungsverpflichtung ab dem\n01.05.2009. Die Rechtspflegerin hat in ihrer Nichtabhilfeentscheidung bereits\nzutreffend darauf hingewiesen, dass eine zukunftige Verschlechterung der\nwirtschaftlichen Verhaltnisse zu einer Aufhebung bzw. Herabsetzung der\nauferlegten Ratenzahlungsverpflichtung fuhren kann, wenn sich das\nNettoeinkommen des Klagers ab dem 01.07.2009 tatsachlich verringert haben\nsollte.\n\n12\n\n \n\nDie sofortige Beschwerde des Klagers ist daher mit der Kostenfolge des § 97\nZPO zuruckzuweisen.\n\n13\n\n \n\nFur die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es unter Berucksichtigung von §§\n78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begrundeten Anlass. Dieser\nBeschluss ist daher nicht anfechtbar.\n\n |
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188,279 | lagrlp-2009-05-15-9-tabv-1009 | 899 | Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz | lagrlp | Rheinland-Pfalz | Arbeitsgerichtsbarkeit | 9 TaBV 10/09 | 2009-05-15 | 2019-02-11 10:42:08 | 2019-02-12 13:54:40 | Beschluss | ECLI:DE:LAGRLP:2009:0515.9TABV10.09.0A | ### ![weitere\nFundstellen einblenden](/jportal/cms/technik/media/img/prodjur/icon/plusRed.gif)weitere\nFundstellen ...\n\n#### Tenor\n\n \n\n \n\nDie Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts\nLudwigshafen am Rhein vom 12.03.2009, Az. 1 BV 16/09, wird zuruckgewiesen.\n\n#### Grunde\n\n \n\n \n\n**I.**\n\n1\n\n \n\nDie Beteiligten streiten uber den zu bestellenden Vorsitzenden einer\nEinigungsstelle. In entsprechender Anwendung des § 69 Abs. 2 ArbGG wird von\neiner wiederholenden Darstellung des Sachverhalts und des erstinstanzlichen\nVorbringens der Beteiligten abgesehen und statt dessen Bezug genommen auf\nZiff. I der Grunde des Beschlusses des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein\nvom 12.3.2009, Az. 1 BV 16/09 (Bl. 109 ff. d. A.).\n\n2\n\n \n\n**Nachdem der antragstellende Betriebsrat erstinstanzlich beantragt hat,**\n\n3\n\n \n\ndie Richterin am Arbeitsgericht Mainz, Frau X., zur Vorsitzenden der\nEinigungsstelle "Betriebsvereinbarung zum Einsatz von\nMitarbeiterinnen/Mitarbeitern des Werkes Z. im " zu bestellen,\n\n4\n\n \n\n**hat die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) beantragt,**\n\n5\n\n \n\nHerrn E., Prasident des LAG Thuringen a.D., wohnhaft E-Straße in E-Stadt, zum\nVorsitzenden der bei ihr einzurichtenden Einigungsstelle wegen Neuabschluss\neiner Betriebsvereinbarung zum Einsatz von Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern ihres\nWerkes Z. in ihrem zu bestellen.\n\n6\n\n \n\nDas Arbeitsgericht hat durch den genannten Beschluss zum Vorsitzenden der\nEinigungsstelle den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht F. bestellt\nund zur Begrundung im Wesentlichen ausgefuhrt:\n\n7\n\n \n\nIm Bestellungsverfahren nach § 98 ArbGG sei das Gericht an einen konkreten\nVorschlag eines Beteiligten nicht gebunden, da dies zu einem „Wettrennen"\nhinsichtlich der Einleitung eines entsprechenden Beschlussverfahrens fuhren\nwurde. Da die Beteiligten wechselseitig Vorbehalte gegen die von der jeweils\nanderen Seite vorgeschlagene Person geltend gemacht hatten, sei es angemessen,\neine dritte Person zu bestellen.\n\n8\n\n \n\nGegen diesen dem Antragsteller am 16.3.2009 zugestellten Beschluss hat dieser\nmit einem am 27.3.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz mit\nDatum vom 9.3.2009 (Bl. 119 ff. d.A.) unter gleichzeitiger Begrundung\nBeschwerde eingelegt. Der Antragsteller macht im Beschwerdeverfahren im\nWesentlichen geltend, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht vom Vorschlag\nhinsichtlich der Person des Vorsitzenden abgewichen. Eine Abweichung vom\nAntrag sei jedenfalls nur dann zulassig, wenn die andere Seite begrundete\nVorbehalte gegen die Person des Vorsitzenden geltend gemacht habe, woran es\nfehle.\n\n9\n\n \n\n**Der Antragsteller beantragt,**\n\n10\n\n \n\n1\\. den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 12.03.2009, Az.: 1 BV\n16/09 abzuandern.\n\n11\n\n \n\n2\\. Die Richterin am Arbeitsgericht Mainz, Frau X. wird zur Vorsitzenden der\nEinigungsstelle "Betriebsvereinbarung zum Einsatz von\nMitarbeiterinnen/Mitarbeitern des Werks Z. im " bestellt.\n\n12\n\n \n\n**Die Antragsgegnerin beantragt,**\n\n13\n\n \n\ndie Beschwerde zuruckzuweisen.\n\n14\n\n \n\nSie verteidigt den angefochtenen Beschluss nach Maßgabe ihres Schriftsatzes\nvom 15.4.2009, auf den Bezug genommen wird (Bl. 142 ff. d.A.), als rechtlich\nzutreffend.\n\n15\n\n \n\nErganzend wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsatze\nBezug genommen.\n\n \n\nII.\n\n16\n\n \n\nDie Beschwerde des Betriebsrats ist nach § 98 Abs. 2 Satz 2 ArbGG statthaft.\nSie wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und begrundet und ist damit\nzulassig.\n\n17\n\n \n\nSie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.\n\n18\n\n \n\nDas Arbeitsgericht war befugt, anstelle der von den Beteiligten jeweils\nvorgeschlagenen Personen eine dritte Person als Einigungsstellenvorsitzenden\nzu bestellen. Eine Bindung dergestalt, dass das Arbeitsgericht nur die vom\nBetriebsrat vorgeschlagene Person als Einigungsstellenvorsitzende hatte\nbestellen durfen, bestand nicht.\n\n19\n\n \n\nIm Bestellungsverfahren nach § 98 ArbGG besteht nach ganz uberwiegender\nAuffassung keine Bindung des Gerichts an den Vorschlag eines der Beteiligten\n(vgl. etwa LAG Baden-Wurttemberg, B.v. 26.6.2002 -9 TaBV 3/02- NZA-RR 2002,\n523; LAG Berlin, B.v. 12.9.2001 -4 TaBV 1436/01- NZA-RR 2002, 25;\nSchwab/Weth/Walker, ArbGG, 2. Aufl., § 98 Rz. 51; ErfK/Eisemann, 8. Aufl., §\n98 Rz. 2; a.A. etwa GK-ArbGG/Dorner, § 98 Rz. 33: nur wenn der Vorgeschlagene\ndie rechtlichen Voraussetzungen einer Bestellung nicht erfullt oder gewichtige\nGrunde gegen die Bestellung festzustellen sind).\n\n20\n\n \n\nIm vorliegenden Fall haben beide Seiten den/die jeweiligen\nVorschlag/Vorschlage der anderen Seite abgelehnt, ohne dass etwa erkennbar\nist, dass eine mangelnde Eignung in fachlicher oder personlicher Hinsicht eine\nAblehnung begrundete. Die vom Betriebsrat vorliegend vertretene Auffassung, es\nbestehe eine Bindung an die im Antrag genannte Person oder jedenfalls ein nur\neingeschranktes Auswahlermessen des Gerichts, wenn gegen eine vom\nAntragsteller vorgeschlagene Person keine beachtlichen Einwande erhoben\nwerden, teilt die Beschwerdekammer nicht.\n\n21\n\n \n\nGegen eine derartige Bindung spricht, dass angesichts der im Verfahren nach §\n98 ArbGG bestehenden beiderseitigen Antragsberechtigung die Entscheidung des\nGerichts nicht davon abhangen kann, welcher Betriebspartner zuerst einen\nentsprechenden gerichtlichen Antrag stellt. Voraussetzung eines\nBestellungsverfahrens nach § 98 BetrVG ist nach § 76 Abs. 2 Satz 2 BetrVG,\ndass sich die Betriebspartner nicht auf die Person des Vorsitzenden einigen\nkonnen, ohne dass das Gesetz bestimmte Voraussetzungen an die Begrundung der\nAblehnung einer von der anderen Seite vorgeschlagenen Person normiert. Das\narbeitsgerichtliche Bestellungsverfahren soll bei einer solchen Nicht-Einigung\ngerade die Moglichkeit eroffnen, die Person des Einigungsstellenvorsitzenden\nvon einer unparteiischen Stelle bestellen zu lassen.\n\n22\n\n \n\nNachdem die Arbeitgeberin vorliegend die Vorschlage des Betriebsrats abgelehnt\nhat und umgekehrt der Betriebsrat dem von der Arbeitgeberin Vorgeschlagenen\nnicht zustimmen konnte, bestand bei Bestellung einer Person aus dem Kreis der\nvon den Beteiligten Vorgeschlagenen die Gefahr, dass das nachfolgende\nEinigungsstellenverfahren hierdurch belastet ist. Es war daher sachgerecht,\neine andere Person zu bestellen, die Gewahr dafur bietet, dass das\nEinigungsstellenverfahren zeitnah und unabhangig durchgefuhrt werden kann. Der\nvom Arbeitsgericht zum Einigungsstellenvorsitzenden bestellte Vorsitzende\nRichter des Landesarbeitsgerichts ist unparteilich, erfahren und fachlich\ngeeignet. Er hat sich zur Übernahme des Vorsitzes bereit erklart. Eine\ndienstliche Befassung des zum Vorsitzenden Bestellten mit der vorliegenden\nAngelegenheit ist nach dem geltenden Geschaftsverteilungsplan des\nLandesarbeitsgerichts ausgeschlossen. Die Beteiligten haben im vorliegenden\nBeschwerdeverfahren auch keine Einwande gegen den bestellten Vorsitzenden\ngeltend gemacht.\n\n \n\nIII.\n\n23\n\n \n\nDieser Beschluss ist nach § 98 Abs. 2 Satz 4 ArbGG unanfechtbar.\n\n |
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190,551 | lsgnihb-2011-12-15-l-10-r-3909 | 587 | Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen | lsgnihb | Niedersachsen | Sozialgerichtsbarkeit | L 10 R 39/09 | 2011-12-15 | 2019-02-11 14:11:34 | 2019-02-12 13:57:55 | Urteil | #### Tenor\n\n \n\nDie Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aurich vom 18.\nDezember 2008 wird zuruckgewiesen.\n\n \n\n \n\nDie Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Klagers im\nBerufungsverfahren zu erstatten.\n\n \n\n \n\nDie Revision wird zugelassen.\n\n \n\n#### Tatbestand\n\n1\n\n \n\nStreitig ist die Versicherungspflicht des Klagers als selbstandiger Lehrer in\nder Zeit vom 4. Juni bis 30. September 2007.\n\n \n\n2\n\n \n\nDer 1954 geborene Klager nahm im Oktober 2004 eine Tatigkeit als Honorardozent\nbeim Bildungswerk der Niedersachsischen Wirtschaft gemeinnutzige GmbH (BNW) an\nund beantragte bei der Beklagten im Januar 2005 hierfur die Beitragszahlung\nfur eine Pflichtversicherung kraft Gesetzes als selbstandig Tatiger. Die\nBeklagte nahm eine Pflichtversicherung gemaß § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI an und\nerhob von dem Klager ab Oktober 2004 durchgangig Pflichtbeitrage zur\nRentenversicherung. Die Tatigkeit des Klagers fur das BNW fand jedoch nicht\ndurchgangig statt; so war er zunachst vom 5. Oktober bis 23. Dezember 2004,\ndann vom 10. Januar bis 23. Juni 2005, sodann vom 1. September bis 21.\nDezember 2005, vom 06. Februar bis 12. April 2006, vom 27. April bis 13. Juli\n2006 und schließlich vom 4. Oktober bis 20. Dezember 2006 als Honorarkraft\ntatig. Jedes Mal meldete sich der Klager bei der Bundesagentur fur Arbeit -\nAgentur fur Arbeit Aurich - fur die Zwischenzeit arbeitslos und bezog\nArbeitslosengeld (Arbeitslosmeldungen vom 4. Januar 2005, 24. Juni 2005, 22.\nDezember 2005, 13. April 2006, 14. Juli 2006, 21. Dezember 2006).\n\n \n\n3\n\n \n\nIm Jahr 2007 war der Klager erneut in der Zeit vom 8. Januar bis 2. Juni 2007\nals Honorarkraft fur das BNW tatig; am 4. Juni 2007 meldete er sich wieder\narbeitslos und bezog Arbeitslosengeld. Mit Schreiben vom 6. Juli 2007 teilte\ner unter Hinweis hierauf der Beklagten mit, die Beitragszahlung vorerst\neinzustellen. Bei neuerlicher Aufnahme der Dozententatigkeit, voraussichtlich\nim August/September, werde er die Beklagte hieruber unterrichten und die\nZahlungen nach Aufforderung wieder aufnehmen; er bitte um Mitteilung, falls er\ndie Versicherungspflicht neu beantragen musse. Mit Bescheid vom 1. August 2007\nlehnte die Beklagte die Unterbrechung der Beitragszahlung ab und fuhrte zur\nBegrundung aus, dass eine solche aufgrund einer zeitweisen Nichtausubung der\nLehrtatigkeit nicht erfolgen konne. In der Beitragshohe trete ab 1. Januar\n2007 eine Änderung ein, die geanderte Beitragshohe konne der Klager der\nBeitragsrechnung entnehmen. Diese wies einen monatlichen Beitrag i.H.v. EUR\n243,78 aus, wobei die monatliche Beitragsforderung auch nach dem 1. Juni 2007\ngeltend gemacht wurde. Hiergegen erhob der Klager Widerspruch und trug zur\nBegrundung im Wesentlichen vor, dass es sich um eine ordnungsgemaße\nArbeitslosigkeit handele; er erhalte von der Arbeitsverwaltung\nArbeitslosengeld einschließlich der damit verbundenen Übernahme der\nSozialbeitrage auch fur die Rentenversicherung. Damit sei seiner Pflicht zur\nZahlung der Rentenversicherungsbeitrage Genuge getan. Den Widerspruch wies die\nBeklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2007 zuruck. Gegen eine\ntageweise Feststellung der Versicherungspflicht spreche, dass sich ein\nstandiger Wechsel des versicherungsrechtlichen Status des zu Beurteilenden -\nje nach Auftragseingang - ergabe. Zudem erstrecke sich die Berufstatigkeit bei\nselbstandigen Lehrern grundsatzlich nicht nur auf die reine\nUnterrichtserteilung, sondern umfasse alle Angelegenheiten, die mit der\nUnterrichts- bzw. Lehrtatigkeit in unmittelbarem Zusammenhang stunden. Hierzu\ngehorten beispielsweise Weiterbildungsmaßnahmen, Vorbereitung und\nNachbearbeitung des Unterrichts, Bewerbungen um neue Lehrauftrage,\nSemesterferien und Urlaubszeiten. Von einer Beendigung der selbstandigen\nLehrtatigkeit konne u.a. nur dann ausgegangen werden, wenn der Versicherte die\nTatigkeit mit dem Entschluss einstelle, sie nicht mehr fortzusetzen und dies\nnach Außen hin zu erkennen gebe. Eine solche tatsachliche Aufgabe der\nDozententatigkeit sei durch den Klager nicht erfolgt, sodass es bei der\nVersicherungspflicht wahrend der Arbeitslosigkeit verbleibe. Der Eintritt von\nVersicherungs- und Beitragspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 3 bzw. Nr. 3 a SGB VI\nwegen des Bezuges von Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosengeld II fuhre nicht\nzum Wegfall der Versicherungs- und Beitragspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB\nVI. Damit seien sowohl aus der selbstandigen Tatigkeit als auch aus dem\nArbeitslosengeld Beitrage zur Rentenversicherung zu zahlen.\n\n \n\n4\n\n \n\nIn der Zeit vom 4. Oktober bis 21. Dezember 2007 sowie vom 8. Januar bis 28.\nFebruar 2008 war der Klager erneut fur das BNW als Honorarkraft tatig.\nArbeitslos meldete er sich am 21. Dezember 2007 sowie 29. Februar 2008 und\nbezog wiederum Arbeitslosengeld.\n\n \n\n5\n\n \n\nIm nachfolgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Aurich hat der Klager\nsich gegen die in der Zeit vom 4. Juni bis 30. September 2007 fortbestehende\nVersicherungspflicht und entsprechende Beitragserhebung durch die Beklagte\ngewandt. Bei der sich abzeichnenden Arbeitslosenzeit ab Juni 2007 sei von\nvornherein klar gewesen, dass diese Zeit langer als vier Wochen dauere. Weil\nes fur ihn nicht leistbar gewesen sei, von dem Arbeitslosengeld, wovon ja\nschon die Rentenversicherungsbeitrage entrichtet worden seien, auch noch\nweitere Beitrage an die Rentenversicherung zu zahlen, habe er sich bei der\nBeklagten im Juli 2007 abgemeldet. Schließlich sei er bei der\nArbeitsverwaltung I. arbeitsuchend gemeldet gewesen, denn die Tatigkeit als\nDozent sei nur das kleinere Übel zur sonst drohenden Arbeitslosigkeit gewesen.\nSein Ziel sei nach wie vor, eine sozialversicherungspflichtige Beschaftigung\nzu finden. Zu Beginn seiner Arbeitslosigkeit im Juni 2007 sei auch nicht\nabsehbar gewesen, ob er einen neuen Auftrag von dem BNW erhalten werde.\n\n \n\n6\n\n \n\nDas Sozialgericht hat mit Urteil vom 18. Dezember 2008 den Bescheid vom 1.\nAugust 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2007\naufgehoben, soweit Rentenversicherungsbeitrage fur die Zeit vom 4. Juni bis\n30. September 2007 geltend gemacht worden sind. Zur Begrundung hat das\nSozialgericht im Wesentlichen ausgefuhrt, dass zwar anerkannt sei, dass\nkurzfristige Unterbrechungen in der tatsachlichen Erbringung von\nArbeitsleistungen nicht die Ausubung der selbstandigen Tatigkeit als solche\nberuhrten und damit auch die Versicherungspflicht selbstandig Tatiger erhalten\nbliebe. Allerdings konne bei einem Zeitraum der Arbeitslosigkeit von nahezu\nvier Monaten nicht von einer kurzfristigen Unterbrechung der selbstandigen\nTatigkeit gesprochen werden. Vielmehr habe der Klager in diesem Zeitraum seine\nselbstandige Tatigkeit als Dozent mangels entsprechender Auftrage\nvorubergehend aufgegeben und erst am 4. Oktober 2007 wieder aufgenommen. Damit\nliege ein mit einer langeren Arbeitsunfahigkeit oder der Teilnahme an einer\nRehabilitationsmaßnahme vergleichbarer Sachverhalt vor; in diesen Fallen gehe\ndie Beklagte selbst von einer Unterbrechung der Versicherungspflicht aus. Aus\nwelchen Grunden dieses fur eine Zeit der Arbeitslosigkeit von nahezu vier\nMonaten nicht gelten solle, sei nicht ersichtlich.\n\n \n\n7\n\n \n\nDie Beklagte hat gegen das ihr am 31. Dezember 2008 zugestellte Urteil am 26.\nJanuar 2009 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe zu Unrecht die Frage\nfortbestehender Versicherungspflicht gemaß § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI allein von\nder Dauer der Arbeitslosmeldung abhangig gemacht. Die Ausubung einer\nselbstandigen Tatigkeit sei zu unterscheiden von der Erledigung einzelner\nAuftrage im Rahmen der jeweiligen Tatigkeit. Versicherungspflicht bestehe\nnicht nur wahrend der Erledigung von einzelnen Auftragen, sondern aufgrund der\ngesamten Tatigkeit. Der Zeitraum der selbstandigen Tatigkeit sei damit\numfassender als der benotigte Zeitraum fur die Erledigung eines Auftrages.\nZudem durfte unstreitig sein, dass selbstandig tatige Dozenten auch wahrend\nder Meldung bei der Agentur fur Arbeit - gegebenenfalls in einem der\nLeistungsgewahrung unschadlichen Umfang \\- in der Lage seien,\nLehrveranstaltungen abzuhalten bzw. sich auf entsprechende Lehrveranstaltungen\nvorzubereiten oder Kundenaquise zu betreiben, sodass allein eine\nArbeitslosmeldung nicht schon zum Wegfall oder zur Unterbrechung der\nVersicherungspflicht als selbstandig Tatiger fuhre.\n\n \n\n8\n\n \n\nDie Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Aurich vom 18. Dezember\n2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.\n\n \n\n9\n\n \n\nDer Klager beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des\nSozialgerichts Aurich vom 18. Dezember 2008 zuruckzuweisen.\n\n \n\n10\n\n \n\nEr halt das angefochtene Urteil fur zutreffend.\n\n \n\n11\n\n \n\nDem Senat haben außer der Prozessakte die Verwaltungsakte der Beklagten sowie\ndie Verwaltungsakte der Agentur fur Arbeit J. (Az.: 224 A 046068) vorgelegen.\nDie Akten sind Gegenstand der mundlichen Verhandlung gewesen. Wegen der\nEinzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten\nwird auf den Akteninhalt Bezug genommen.\n\n \n\n#### Entscheidungsgrunde\n\n12\n\n \n\nDie Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen\nzulassig; insbesondere ist die Berufung statthaft gemaß § 143 SGG.\nStreitgegenstandlich ist die Frage der Versicherungspflicht des Klagers sowie\nder daraus folgenden Verpflichtung zur Beitragszahlung fur die Monate Juni bis\nSeptember 2007. Bei einem monatlichen Beitrag in Hohe von EUR 243,78 erreicht\nder Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 975,12. Der Zulassung der Berufung in\ndem Urteil des Sozialgerichts hat es damit nicht bedurft (vgl. § 144 Abs. 1\nSatz 1 Nr. 1 SGG).\n\n \n\n13\n\n \n\nDie Berufung ist jedoch unbegrundet. Das Sozialgericht hat zu Recht den\nBescheid der Beklagten vom 1. August 2007 in der Gestalt des\nWiderspruchsbescheides vom 13. Dezember 2007 aufgehoben, soweit die Beklagte\nRentenversicherungsbeitrage von dem Klager fur die Zeit vom 4. Juni bis 30.\nSeptember 2007 geltend gemacht und fur diese Zeit Versicherungspflicht\nangenommen hat. Die Beklagte hat fur die streitigen Monate keinen Anspruch\ngegen den Klager auf Entrichtung von Pflichtbeitragen fur selbstandig Tatige,\nweil die selbstandige Tatigkeit des Klagers und damit seine hieraus begrundete\nVersicherungspflicht in dieser Zeit unterbrochen gewesen sind.\n\n \n\n14\n\n \n\nNach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sind selbstandig tatige Lehrer und Erzieher in\nder gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig, wenn sie im\nZusammenhang mit ihrer selbstandigen Tatigkeit keinen versicherungspflichtigen\nArbeitnehmer beschaftigen. Der Klager war ab Oktober 2004 bis mindestens\nzuletzt Februar 2008 als Honorarkraft fur das BNW tatig. Dabei hat es sich,\nwas letztlich auch die Beteiligten nicht in Abrede stellen, um eine\nselbstandige Tatigkeit gehandelt. Insbesondere war der Klager kein abhangig\nBeschaftigter des BNW: Der Klager hat von dem BNW einzelne Kursauftrage\nerhalten. Es stand in seinem Belieben, weitere Lehrauftrage anzunehmen oder\nabzulehnen; er hatte regelmaßige Arbeits- und Anwesenheitszeiten nicht\neinzuhalten, ihm wurden hinsichtlich der Ausfuhrung seiner Tatigkeit Weisungen\nvon dem BNW nicht erteilt und er konnte nach Belieben Vertreter bzw.\nHilfskrafte ohne die Zustimmung des BNW einsetzen. Bei der Tatigkeit fur das\nBNW handelte es sich auch nicht um eine nur geringfugige Tatigkeit (vgl. § 5\nAbs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI), denn wie dem Einkommensteuerbescheid vom 18.\nAugust 2005 fur das Jahr 2004 zu entnehmen ist, hat der Klager Einkunfte aus\nselbstandiger Arbeit fur seine Tatigkeit als Honorarkraft in der Zeit vom 5.\nOktober bis 23. Dezember 2004 in Hohe von EUR 5.083,00 erzielt. Der Klager hat\nweiter aus seiner selbstandigen Arbeit laut Einkommensteuerbescheid vom 16.\nApril 2007 fur das Jahr 2006 EUR 16.742,00 und laut Einkommensteuerbescheid\nvom 24. November 2008 fur das Jahr 2007 EUR 14.291,00 erwirtschaftet.\nSchließlich hat der Klager im Zusammenhang mit seiner selbstandigen Tatigkeit\nals Honorardozent fur das BNW regelmaßig keinen versicherungspflichtigen\nArbeitnehmer beschaftigt.\n\n \n\n15\n\n \n\nEine selbstandige Tatigkeit fuhrt dann zur Versicherungspflicht, wenn sie\nnicht nur gelegentlich ausgeubt wird. Das tragt dem Wesen des mit der\nVersicherungs- und Beitragspflicht begrundeten Sozialrechtsverhaltnisses\nRechnung, das langfristig ausgerichtet ist. Diese Voraussetzung stellt zudem\nsicher, dass nur eine solche Tatigkeit von versicherungsrechtlicher Relevanz\nist, die die soziale Stellung des Erwerbstatigen hinsichtlich ihrer\nwirtschaftlichen Bedeutung und ihres streitigen Umfangs tragt, insbesondere\nseinen Unterhalt ganz oder teilweise sicherstellt. Die Versicherungspflicht\nselbstandig Tatiger beginnt sonach in der Regel mit dem Beginn der\nselbstandigen Tatigkeit und dem Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen der\nVersicherungspflicht. Die Versicherungspflicht endet im Allgemeinen nicht\nschon mit der Aufgabe der tatsachlichen Arbeit, sondern erst dann, wenn der\nselbstandig Tatige auf Dauer nicht mehr selbstandig erwerbstatig ist oder wenn\neine sonstige Voraussetzung der Versicherungspflicht entfallt.\n\n \n\n16\n\n \n\nDanach begann die versicherungspflichtige Tatigkeit des Klagers als\nfreiberuflicher Dozent im Oktober 2004 mit der Annahme des ersten Auftrages\nals Honorarkraft fur das BNW. Die versicherungspflichtige Tatigkeit endete\ndabei nicht mit der Beendigung des jeweiligen Lehrauftrages, insbesondere\nnicht erstmalig zum 23. Dezember 2004. Denn der Klager wollte seine\nselbstandige Tatigkeit nicht mit der Beendigung des jeweiligen Lehrauftrages\ndauerhaft beenden, was schon daraus folgt, dass er immer wieder neue\nLehrauftrage angenommen hat (fur den Senat letztmals ersichtlich in der Zeit\nvom 8. Januar bis 28. Februar 2008).\n\n \n\n17\n\n \n\nOb jeweils die - manchmal nur wenige Tage oder Wochen andauernden - Zeiten\nzwischen der Beendigung eines Lehrauftrages und der Annahme eines neuen\nLehrauftrages grundsatzlich als Unterbrechungen der versicherungspflichtigen\nTatigkeit des Klagers anzusehen sind, erscheint zweifelhaft, kann jedoch\ndahinstehen. Denn streitgegenstandlich ist hier allein der Zeitraum vom 4.\nJuni bis 30. September 2007. Jedenfalls hierbei handelt es sich um eine Zeit\nder Nichttatigkeit des Klagers, die zur Unterbrechung der Versicherungspflicht\ngefuhrt hat.\n\n \n\n18\n\n \n\nDas Gesetz sieht eine ausdruckliche Regelung zur Unterbrechung der\nRentenversicherungspflicht Selbstandiger nicht vor. Fur die Unterbrechung der\nVersicherungspflicht der nach § 2 versicherungspflichtigen Selbstandigen\ngelten allerdings die Regeln, die von Rechtsprechung und Praxis fur die\nUnterbrechung der Versicherungspflicht Beschaftigter entwickelt worden sind,\ngrundsatzlich entsprechend (vgl. Fichte in: Hauck/Noftz, SGB VI, Lieferung\n2/07 § 2 Rdnr. 104). Die Versicherungspflicht selbstandig Tatiger wird sonach\nim Allgemeinen nicht schon dann unterbrochen, wenn die tatsachliche\nArbeitsleistung vorubergehend entfallt, sondern erst dann, wenn der\nselbstandig Tatige nicht nur kurzfristig keine Arbeitsleistung im Rahmen\nseiner selbstandigen Tatigkeit mehr erbringt, oder wenn eine sonstige\nVoraussetzung der Versicherungspflicht vorubergehend entfallt. Kurzfristige\nUnterbrechungen in der tatsachlichen Erbringung von Arbeitsleistungen beruhren\nnicht die Ausubung der selbstandigen Tatigkeit als solche. Diese auch der\nVerkehrsanschauung entsprechende Beurteilung tragt dem Schutzbedurfnis der\nVersicherten Rechnung, das auch der Begrundung der Versicherungspflicht fur\ndie in § 2 SGB VI aufgefuhrten Gruppen von Selbstandigen zugrunde liegt.\nEbenso wenig wie bei einem abhangig Beschaftigten vorubergehende\nArbeitsunterbrechungen namentlich durch Krankheit, Urlaub oder auch Kurzarbeit\nzu einer Beendigung des Beschaftigungsverhaltnisses i.S. von § 1 SGB VI\nfuhren, ware es bei Selbstandigen sachgerecht, nur vorubergehenden\nTatigkeitsunterbrechungen insbesondere durch Krankheit, Urlaub oder auch\ninfolge eines Auftragsmangels Auswirkungen auf das Fortbestehen des\nVersicherungsverhaltnisses beizumessen.\n\n \n\n19\n\n \n\nAuf der anderen Seite ist jedoch allgemein - und im Übrigen auch von der\nBeklagten - anerkannt, dass, soweit die selbstandige Tatigkeit langere Zeit\nnicht ausgeubt wird, eine Unterbrechung, wenn nicht sogar eine Beendigung der\nVersicherungspflicht eintritt. So fordert schon das Tatbestandsmerkmal des § 2\nSatz 1 SGB VI „tatig", dass der Beruf, der die Versicherungspflicht auslosen\nsoll, auch tatsachlich ausgeubt wird. Tatig ist zum Beispiel nicht derjenige,\nder zwar ein Gewerbe anmeldet, es aber nicht betreibt oder nur am Kapital\neiner Gesellschaft beteiligt ist, ohne mitzuarbeiten. Bei saisonalen\nTatigkeiten ist deshalb ohne Weiteres anerkannt, dass eine\nVersicherungspflicht des Selbstandigen nur in der Zeit besteht, in der die\nTatigkeit tatsachlich ausgeubt wird (z.B. Skilehrer, der seine Tatigkeit nur\nim Winter ausubt). Damit bewegt sich die Beurteilung, ob eine Unterbrechung\nder Versicherungspflicht anzunehmen ist, in einem Spannungsfeld, das\nwesentlich von der Lange bzw. der Dauer der Unterbrechung gepragt ist\n(objektives Kriterium). Weil dieser Gesichtspunkt jedoch nicht der allein\nAusschlaggebende fur die hier zu klarende Frage sein kann, tritt bei der\nBeurteilung ein subjektives Kriterium hinzu: Bei einer Unterbrechung muss der\nWille des Versicherten vorhanden sein, die Tatigkeit nach dem Wegfall des\nUnterbrechungsgrundes fortzusetzen. Unter Berucksichtigung beider Aspekte ist\nim vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Versicherungspflicht des\nKlagers in der Zeit vom 4. Juni bis 30. September 2007 unterbrochen gewesen\nist.\n\n \n\n20\n\n \n\na) Ab welcher Lange bzw. Dauer der Nichttatigkeit von einer Unterbrechung der\nselbstandigen Tatigkeit gesprochen werden kann, brauchte der Senat nicht zu\nentscheiden. Jedenfalls aber wird ein Zeitraum von - wie hier - vier Monaten\nnicht mehr als lediglich kurzzeitige Nichttatigkeit angesehen werden konnen,\ndie fur die Annahme der Versicherungspflicht gemaß § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI\nunschadlich ware. Der Senat orientiert sich bei dieser Wertung an der\nVersicherungspflicht eines gegen Entgelt Beschaftigten gemaß § 1 Satz 1 Nr. 1\n1. Alternative SGB VI. Eine Beschaftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als\nfortbestehend, solange das Beschaftigungsverhaltnis ohne Anspruch auf\nArbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht langer als einen Monat (§ 7 Abs. 3\nSatz 1 SGB IV). Hat der Arbeitnehmer wahrend der Arbeitsunterbrechung trotz\nFortbestehens des schuldrechtlichen Grundverhaltnisses mit dem Arbeitgeber\nkeinen Anspruch auf Arbeitsentgelt, so wird nach § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV fur\nlangstens einen Monat eine entgeltliche Beschaftigung fingiert, die unter den\nallgemeinen Voraussetzungen zur Versicherungspflicht fuhrt. Das\nBeschaftigungsverhaltnis bleibt - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen -\nauch dann im Rahmen der gesetzlichen Monatsfrist aufrechterhalten, wenn es\nzwar zu erwarten ist, nicht jedoch von vornherein feststeht, dass die\nArbeitsunterbrechung nicht mehr als einen Monat andauert. In diesen Fallen\nerlischt die Beschaftigung mit Ablauf eines Monats nach Eintritt der\nArbeitsunterbrechung, wenn die Unterbrechung wider Erwarten langer dauert. Die\nRegelung des § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV erfasst insbesondere Falle einer\narbeitskampfbedingten, auf unentschuldigtem Fernbleiben oder auf unbezahltem\nUrlaub beruhenden Arbeitsunterbrechung. Damit raumt der Gesetzgeber\nversicherungspflichtig Beschaftigten bei Nichtvorliegen der\nTatbestandsvoraussetzungen der Versicherungspflicht die Moglichkeit der\nfortbestehenden Versicherungspflicht trotz Arbeitsunterbrechung von maximal\neinem Monat ein. Auch bei einem selbstandig Tatigen, dessen Tatigkeit z.B.\ndurch Auftragsmangel, Erkrankung oder Urlaub fur den Zeitraum von einem Monat\nnicht ausgeubt werden kann, durfte eine solche Zeitspanne jedenfalls noch als\nkurzfristige Nichtausubung der Tatigkeit angesehen werden, die nicht zu einer\nUnterbrechung der Versicherungspflicht fuhren kann (vgl. insoweit auch\nLandessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 21. Februar 2007, Az.: L\n2 R 195/06). Im Hinblick auf die Versicherungspflicht auf Antrag (§ 4 SGB VI)\ngeht auch die Beklagte davon aus, dass Unterbrechungen bis zu zwei Monate in\nder Regel die Versicherungspflicht nicht beenden. Wird nach einer\nUnterbrechung von mehr als zwei Monaten wieder eine selbstandige\nErwerbstatigkeit aufgenommen, muss nach Ansicht der Beklagten die\nVersicherungspflicht erneut beantragt werden. Ob bei einem vorubergehenden\nEntfallen der Arbeitsleistung des selbstandig Tatigen von einem Monat, weniger\nals zwei Monaten oder etwas mehr als zwei Monaten von einer Unterbrechung der\nVersicherungspflicht bei Vorliegen entsprechender subjektiver Gesichtspunkte\ngesprochen werden kann, kann hier dahinstehen. Denn unter Berucksichtigung\ndieser Maßgaben sowie des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals „tatig" erachtet\nder Senat zumindest einen Zeitraum von vier Monaten nicht mehr als\nkurzfristige Unterbrechung, die fur die Annahme der Versicherungspflicht\nunschadlich ware.\n\n \n\n21\n\n \n\nb) Neben dem objektiven Kriterium einer gewissen Dauer muss auch ein\nentsprechender Wille des Selbstandigen zur Unterbrechung der Tatigkeit\nvorliegen, um eine Unterbrechung annehmen zu konnen. Ebenso wie fur das Ende\nder Versicherungspflicht auch der Wille des Versicherten maßgebend ist, die\naufgegebene selbstandige Tatigkeit kunftig nicht mehr ausuben zu wollen und\ndem Markt nicht mehr zur Verfugung zu stehen, ist fur die Unterbrechung der\nVersicherungspflicht maßgeblich der Wille des Versicherten, die Tatigkeit nach\ndem Wegfall des Unterbrechungsgrundes fortzusetzen. Denn auch die\nVersicherungspflicht eines gegen Entgelt Beschaftigten wird nicht schon dann\nunterbrochen, wenn die tatsachliche Arbeitsleistung entfallt, sondern erst,\nwenn erkennbar die Bereitschaft des Beschaftigten entfallt, sich der\nWeisungsbefugnis des Arbeitgebers zu unterstellen. Demgemaß wurde die\nVersicherungspflicht nicht unterbrochen durch arbeitsfreie Tage, Urlaub oder\nKrankheit. Der Fortbestand der Versicherungspflicht rechtfertigt sich in\ndiesen Fallen dadurch, dass der Beschaftigte grundsatzlich in den\nDirektionsbereich des Arbeitgebers eingegliedert bleibt und der Wille besteht,\ndie Arbeit nach Wegfall des Unterbrechungstatbestandes fortzusetzen. Auch\nunter Berucksichtigung der subjektiven Gesichtspunkte ist vorliegend von einer\nUnterbrechung der Versicherungspflicht des Klagers auszugehen, denn der Klager\nhatte der Beklagten unter dem 6. Juli 2007 mitgeteilt, sich seit dem 3. Juni\n2007 arbeitslos gemeldet zu haben und voraussichtlich erst im August/September\nerneut als Dozent tatig zu werden. Der Wille des Klagers, die Tatigkeit nach\ndem Wegfall des Unterbrechungsgrundes fortzusetzen, zeigt sich vorliegend auch\ndarin, dass er nach dem streitgegenstandlichen Zeitraum mindestens noch\nzweimal die Honorartatigkeit fur die BNW ausgeubt hat, namlich vom 4. Oktober\nbis 21. Dezember 2007 sowie 8. Januar bis 28. Februar 2008. Anhaltspunkte\ndafur, dass der Klager in der streitgegenstandlichen Zeit anderweitige\nLehrveranstaltungen abhalten, sich auf entsprechende Lehrveranstaltungen\nvorbereiten oder Kundenaquise betreiben wollte, gibt es nicht; der Klager\nhatte sich im Juni 2007 ausschließlich deshalb arbeitslos gemeldet, weil er\nvon dem BNW keinen weiteren Auftrag bekommen hatte und fur ihn zu diesem\nZeitpunkt auch nicht absehbar war, wann er einen neuen Auftrag bekommen wurde.\n\n \n\n22\n\n \n\nSoweit die Beklagte allein den Umstand, dass der Klager die Dozententatigkeit\nim Juni 2007 nicht endgultig aufgeben, sondern nur vorubergehend nicht ausuben\nwollte, als Grund dafur ausreichen lasst, eine Unterbrechung der\nVersicherungspflicht abzulehnen, verkennt dies, dass zwischen einer\nUnterbrechung und einer Beendigung der Versicherungspflicht zu unterscheiden\nist. Ist eine Beendigung der versicherungspflichtigen selbstandigen Tatigkeit\nnur moglich, wenn diese tatsachlich aufgegeben wird und der Wille zur\nFortsetzung dieser Tatigkeit nicht besteht, so folgt daraus zwangslaufig, dass\nfur die Annahme einer Unterbrechung gerade der Wille des Selbstandigen\nbestehen muss, diese nach einem Zeitraum des Nichttatigseins fortzusetzen.\nWurde - wie die Beklagte es vorliegend verlangt - der selbstandig Tatige auf\nDauer nicht mehr selbstandig erwerbstatig sein, so handelte es sich um eine\nBeendigung, nicht aber eine Unterbrechung der Tatigkeit.\n\n \n\n23\n\n \n\nc) Der Annahme einer Unterbrechung der Versicherungspflicht steht auch nicht\nentgegen, dass der Klager sich arbeitslos gemeldet und in der streitigen Zeit\nArbeitslosengeld bezogen hat. Zwar mag es moglich sein, dass fur einen\nVersicherten bei durchgehender Versicherungspflicht als Selbstandiger bei\nLeistungsbezug i.S. des § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI fur die Zeit des\nLohnersatzleistungsbezuges eine Mehrfachversicherung besteht. Diese\nMoglichkeit der bestehenden Mehrfachversicherung ist jedoch nicht zwingend und\nentbindet nicht von der Prufung der Frage, ob die Zeit der Arbeitslosigkeit\nmit Leistungsbezug nicht vielmehr eine Unterbrechung der Versicherungspflicht\ndes selbstandig Tatigen nach sich zieht. Insbesondere mit Rucksicht auf § 58\nAbs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI durfte eine Unterbrechung der\nVersicherungspflicht des selbstandig Tatigen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit\nmit Leistungsbezug durchaus eine vom Gesetzgeber in Betracht gezogene\nMoglichkeit darstellen. Gemaß § 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI liegen\nAnrechnungszeiten nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 bis 3 a der Vorschrift nur\nvor, wenn dadurch eine versicherte Beschaftigung oder selbstandige Tatigkeit\n(….) unterbrochen ist. Nach Satz 2 ist eine selbstandige Tatigkeit nur dann\nunterbrochen, wenn sie ohne die Mitarbeit des Versicherten nicht weiter\nausgeubt werden kann. In entsprechender Anwendung dieser Regelung nimmt auch\ndie Beklagte an, dass eine selbstandige Tatigkeit bei Zeiten der\nArbeitsunfahigkeit, der Teilnahme an einer Rehabilitationsmaßnahme sowie der\nSchwangerschaft oder Mutterschaft wahrend der Schutzfristen in dem Fall, in\ndem die selbstandige Tatigkeit ohne die Mitarbeit des Versicherten nicht\nweiter ausgeubt werden kann, unterbrochen ist. Ausdrucklich sieht § 58 Abs. 2\nSatz 1 SGB VI die Unterbrechung der versicherten Beschaftigung bzw.\nselbstandigen Tatigkeit auch durch Anrechnungszeiten nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 3\nder Vorschrift vor und bezieht damit die Arbeitslosigkeit bei Bezug\noffentlich-rechtlicher Leistungen ein. Die von der Beklagten vorgenommene\nAuslegung des § 58 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 bis 3 a\nSGB VI dahingehend, dass die den hier aufgefuhrten Anrechnungszeiten zugrunde\nliegenden Lebenssachverhalte im Einzelfall eine Mitarbeit des selbstandig\nTatigen ausschließen mussten, sodass zwischen einer Arbeitslosmeldung\neinerseits und dem Vorliegen von Zeiten der Arbeitsunfahigkeit, der Teilnahme\nan einer Rehabilitationsmaßnahme sowie bei Schwangerschaft oder Mutterschaft\nwahrend der Schutzfristen andererseits klar unterschieden werden musste, wurde\ndazu fuhren, dass die Annahme einer Unterbrechung der Versicherungspflicht des\nselbstandig Tatigen wegen Arbeitslosigkeit bei Leistungsbezug niemals in\nBetracht gezogen werden konnte. Dies aber widerspricht der eindeutigen\nRegelung des § 58 Abs. 2 SGB VI, der unter Bezugnahme auf Abs. 1 Satz 1 Nr. 3\nder Regelung auch die Arbeitslosigkeit als Unterbrechungstatbestand fur eine\nselbstandige Tatigkeit anerkennt. Die Honorartatigkeit des Klagers fur das BNW\nkonnte ohne seine Mitarbeit in der Zeit vom 4. Juni bis 30. September 2007\nnicht weiter ausgeubt werden, sodass auch unter dem Gesichtspunkt des § 58\nAbs. 2 Satz 2 SGB VI von der Unterbrechung der selbstandigen Tatigkeit des\nKlagers auszugehen ist.\n\n \n\n24\n\n \n\nd) Den vorhergehenden Ausfuhrungen stehen verwaltungstechnische Probleme der\nBeklagten, die ggf. dadurch entstehen konnten, dass etwa eine ruckschauende\nBetrachtung und Bewertung des Versicherungsverhaltnisses erforderlich sein\nkonnte, im Ergebnis nicht entgegen. Denn zum einen ist es schon nicht\nzwingend, dass die Dauer der Unterbrechung der selbstandigen Tatigkeit nur\nruckwirkend festgestellt werden kann. Auch im vorliegenden Fall hat der Klager\nbereits im Juni signalisieren konnen, seine Tatigkeit jedenfalls nicht vor\nAugust/September wieder aufnehmen zu werden, und auch im Übrigen erscheint es\nnicht unmoglich, dass langere Zeitraume des Nichttatigseins bereits im\nVorhinein feststehen. Davon abgesehen ist die ruckwirkende Beurteilung der\nFrage der Versicherungspflicht der Rentenversicherung nicht fremd. So werden\ndurch die Rentenversicherungstrager z.B. bei gemaß § 28 p SGB IV\ndurchzufuhrenden Betriebsprufungen regelmaßig auch fur bis zu vier Jahre\nzuruckliegende Zeitraume Feststellungen zur Versicherungspflicht der bei den\nArbeitgebern beschaftigen Personen getroffen. Insoweit ist nicht ersichtlich,\ndass eine im vorliegenden Fall notwendige Bewertung der Frage der\nVersicherungspflicht womoglich fur Zeitraume in der Vergangenheit andere\nunuberwindliche Schwierigkeiten mit sich brachte.\n\n \n\n25\n\n \n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Danach hat die unterliegende\nBeklagte die außergerichtlichen Kosten des Klagers auch im Berufungsverfahren\nzu erstatten.\n\n \n\n26\n\n \n\nDie Revision ist gemaß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG aufgrund der grundsatzlichen\nBedeutung der Rechtssache zuzulassen gewesen.\n\n \n\n \n\n* * *\n\n![Abkürzung Fundstelle](/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-\ninfo.gif) Diesen Link konnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses\nDokument verlinken mochten: \nhttp://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=JURE120002642&psml=bsndprod.psml&max=true\n\n |
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190,641 | ovgni-2011-11-08-4-lb-15611 | 601 | Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht | ovgni | Niedersachsen | 4 LB 156/11 | 2011-11-08 | 2019-02-11 14:14:12 | 2019-02-12 13:58:09 | Beschluss | #### Grunde\n\n \n\nI.\n\n1\n\n \n\nDer Klager begehrt seine Befreiung von der Rundfunkgebuhrenpflicht.\n\n \n\n2\n\n \n\nDer Klager war zuletzt bis zum 31. Januar 2010 nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3\nRGebStV von der Rundfunkgebuhrenpflicht befreit. Unter dem 6. Januar 2010\nstellte er einen weiteren Befreiungsantrag wegen des Bezugs von Sozialgeld\nbzw. Arbeitslosengeld II. Diesem Antrag fugte er eine Bescheinigung der\nArbeitsgemeinschaft fur Beschaftigungsforderung B. bei, der zufolge seiner\nTochter C. Sozialgeld bzw. Arbeitslosengeld II einschließlich Leistungen nach\n§ 22 SGB II fur den Zeitraum vom 1. Februar 2010 bis zum 31. Juli 2010\nbewilligt worden war.\n\n \n\n3\n\n \n\nDer Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 3. Februar 2010 mit der\nBegrundung ab, dass eine Befreiung von der Rundfunkgebuhrenpflicht nach § 6\nAbs. 1 Satz 2 RGebStV nur dann in Betracht kame, wenn der Haushaltsvorstand\noder sein Ehegatte die Befreiungsvoraussetzung erfullte, was hier nicht der\nFall sei. Ein Haushaltsangehoriger konne nur befreit werden, wenn er selbst\nRundfunkgerate zum Empfang bereit halte. Die beantragte Gebuhrenbefreiung fur\ndie gemeinsam zum Empfang bereit gehaltenen Rundfunkgerate werde abgelehnt.\n\n \n\n4\n\n \n\nGegen diesen Bescheid legte der Klager am 22. Februar 2010 per E-Mail\nWiderspruch mit der Begrundung ein, dass eine Bedarfsgemeinschaft bestehe.\n\n \n\n5\n\n \n\nDer Beklagte wies diesen Widerspruch durch Bescheid vom 20. Mai 2010 mit der\nBegrundung zuruck, dass der Widderspruch unzulassig sei, weil das elektronisch\nubersandte Schreiben nicht mit einer qualifizierten Signatur versehen gewesen\nsei und daher dem Schriftformerfordernis nicht genugt habe. Im Übrigen ware\nder Widerspruch aber auch in der Sache nicht begrundet gewesen.\n\n \n\n6\n\n \n\nMit Schreiben vom 7. Juni 2010 hat der Klager beim Verwaltungsgericht\n"Widerspruch/Einspruch" gegen den Bescheid des Beklagten vom 20. Mai 2010\neingelegt. Zur Begrundung hat der Klager ausgefuhrt, dass er und seine Tochter\neine Bedarfsgemeinschaft bildeten. Er erhalte das Kindergeld und Leistungen\nder ARGE. Deshalb sei ihm auch wie in den letzten Jahren eine Befreiung von\nder Rundfunkgebuhrenpflicht zu erteilen.\n\n \n\n7\n\n \n\nDer Klager hat beantragt,\n\n \n\n8\n\n \n\nden Bescheid vom 3. Februar 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom\n20. Mai 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm eine\nRundfunkgebuhrenbefreiung fur den Zeitraum Februar 2010 bis Januar 2011 zu\nerteilen.\n\n \n\n9\n\n \n\nDer Beklagte hat beantragt,\n\n \n\n10\n\n \n\ndie Klage abzuweisen,\n\n \n\n11\n\n \n\nund seine Ausfuhrungen im Widerspruchsbescheid vertieft.\n\n \n\n12\n\n \n\nDas Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 4. Marz 2011 den Bescheid vom 3.\nFebruar 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 2010\naufgehoben und den Beklagten verpflichtet, dem Klager\nRundfunkgebuhrenbefreiung fur den Zeitraum Februar 2010 bis Januar 2011 zu\nerteilen. Zur Begrundung dieser Entscheidung hat das Verwaltungsgericht\nausgefuhrt, dass die Verpflichtungsklage zulassig sei. Zwar habe der Klager\nden Widerspruch gegen den die Befreiung ablehnenden Bescheid nicht in der\nerforderlichen Schriftform erhoben, weil die E-Mail nicht mit einer digitalen\nSignatur versehen gewesen sei. Er habe seine Klageschrift vom 7. Juni 2010\naber als "Einspruch/Wider-spruch" bezeichnet, so dass auch von einer wirksamen\nWiderspruchserhebung auszugehen sei, auf die sich der Beklagte mit seiner\nKlageerwiderung - wenn auch nur vorsorglich - sachlich eingelassen habe. Der\nKlager habe auch die Widerspruchsfrist eingehalten, weil die dem Bescheid vom\n3. Februar 2010 beigefugte Rechtsbehelfsbelehrung fehlerhaft gewesen sei und\ndaher die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO gegolten habe. Die Klage sei auch\nbegrundet, da dem Klager eine Befreiung von der Rundfunkgebuhrenpflicht fur\nden Zeitraum von Februar 2010 bis Januar 2011 nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3\nRGebStV zu erteilen sei. Der Klager habe einen Bescheid der\nArbeitsgemeinschaft fur Beschaftigungsforderung uber Leistungen nach dem SGB\nII vorgelegt. Dieser Bescheid sei offenbar nur versehentlich an seine\nminderjahrige Tochter adressiert worden. Richtig ware es gewesen, den\nLeistungsbescheid an den Klager als erziehungsberechtigten Haushaltsvorstand\nzu richten. Der Sache nach habe sich die Arbeitsgemeinschaft auch entsprechend\nverhalten, weil sie Zahlungen auf ein Konto des Klagers bewirkt habe.\n\n \n\n13\n\n \n\nGegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten vom 24. Juni 2011,\ndie der Senat durch Beschluss vom 17. Juni 2011 (4 LA 98/11) wegen ernstlicher\nZweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zugelassen hat.\n\n \n\n14\n\n \n\nZur Begrundung der Berufung tragt der Beklagte im Wesentlichen vor, das\nVerwaltungsgericht habe die Verpflichtungsklage zu Unrecht als zulassig\nangesehen. Voraussetzung fur die Zulassigkeit der Klage ware die frist- und\nformgerechte Einlegung eines Widerspruchs durch den Klager gewesen, an der es\nfehle. Das Widerspruchsschreiben des Klagers vom 22. Februar 2010 habe dem\nSchriftformerfordernis des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht entsprochen. Die\nKlageschrift des Klagers konne auch nicht als Widerspruch angesehen werden.\nSelbst wenn dies anders ware, ware der Widerspruch nicht rechtzeitig erhoben\nworden. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die dem Bescheid\nvom 3. Februar 2010 beigefugte Rechtsbehelfsbelehrung korrekt erfolgt, so dass\ndie Monatsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu beachten gewesen ware.\n\n \n\n15\n\n \n\nDer Beklagte beantragt sinngemaß,\n\n \n\n16\n\n \n\ndas Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig - Einzelrichter der 4. Kammer\n- vom 4. Marz 2011 zu andern und die Klage abzuweisen.\n\n \n\n17\n\n \n\nDer Klager hat keinen Antrag gestellt, halt die Berufung aber fur nicht\nbegrundet.\n\n \n\n18\n\n \n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die\nGerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgange des Beklagten (Beiakten\nA und B) Bezug genommen.\n\n \n\n \n\nII.\n\n19\n\n \n\nDie Berufung des Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil ist begrundet.\n\n \n\n20\n\n \n\nDiese Entscheidung trifft der Senat nach Anhorung der Beteiligten gemaß § 130\na Satz 1 VwGO durch Beschluss, weil er die Berufung des Beklagten einstimmig\nfur begrundet halt und eine mundliche Verhandlung nicht als notwendig\nerachtet.\n\n \n\n21\n\n \n\nDas Verwaltungsgericht hat der auf die Befreiung von der\nRundfunkgebuhrenpflicht gerichtete Verpflichtungsklage zu Unrecht\nstattgegeben. Denn die Klage ist entgegen der Annahme der Vorinstanz nicht\nzulassig.\n\n \n\n22\n\n \n\nNach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind Rechtsmaßigkeit und Zweckmaßigkeit des\nVerwaltungsakts vor der Erhebung einer Anfechtungsklage in einem Vorverfahren\nnachzuprufen. Einer solchen Nachprufung bedarf es nach § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO\nnur dann nicht, wenn der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehorde oder\neiner obersten Landesbehorde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die\nNachprufung vorschreibt, oder wenn der Abhilfebescheid oder der\nWiderspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthalt. Nach § 68 Abs. 2 VwGO\ngelten diese Regelungen fur die Verpflichtungsklage entsprechend, wenn der\nAntrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist. Danach bedurfte\nes im vorliegenden Fall der Durchfuhrung eines Vorverfahrens, weil der\nBeklagte den Antrag des Klagers auf Befreiung von der Rundfunkgebuhrenpflicht\ndurch Bescheid vom 3. Februar 2010 abgelehnt hat.\n\n \n\n23\n\n \n\nDas Vorverfahren beginnt nach § 69 VwGO mit der Erhebung des Widerspruchs, der\nnach § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO innerhalb eines Monats, nachdem der\nVerwaltungsakt dem Beschwerten bekannt gegeben worden ist, schriftlich oder\nzur Niederschrift bei der Behorde, die den Verwaltungsakt erlassen hat,\neinzulegen ist. Die Wahrung der vorgeschriebenen Form und Frist des\nWiderspruchs ist als wesentliche Voraussetzung einer ordnungsgemaßen\nDurchfuhrung des Vorverfahrens eine Sachurteilsvoraussetzung fur eine spatere\nKlage (Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 16. Aufl., § 70 Rn. 1; Vorb. § 68 Rn. 7\nm.w.N.). Bei Nichteinhaltung der Maßgaben des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist die\nKlage demnach unzulassig (Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, § 70 Rn. 1).\n\n \n\n24\n\n \n\nEin solcher Fall liegt hier vor. Denn der Klager hat gegen den Bescheid des\nBeklagten vom 3. Februar 2010, mit dem sein Antrag auf Befreiung von der\nRundfunkgebuhrenpflicht abgelehnt worden ist, keinen formgerechten Widerspruch\nerhoben.\n\n \n\n25\n\n \n\nDer Klager hat zwar am 22. Februar 2010 per E-mail gegen den o. a. Bescheid\nWiderspruch eingelegt. Dieser Widerspruch hat dem Schriftformerfordernis des §\n70 Abs. 1 Satz 1 VwGO jedoch nicht entsprochen. § 3 a Abs. 2 Satz 1 VwVfG\nsieht zwar vor, dass eine durch Rechtsvorschrift angeordnete Schriftform durch\ndie elektronische Form ersetzt werden kann, soweit nicht durch\nRechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist. Die Ersetzung der\nvorgeschriebenen Schriftform durch die elektronische Form der E-mail setzt\nnach § 3 a Abs. 2 Satz 2 VwVfG indessen voraus, dass das elektronische\nDokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem\nSignaturgesetz versehen ist (Posser/Wolff, VwGO, Kommentar, § 70 Rn. 11; Bay.\nVGH, Urt. v. 16.6.2007 - 11 CS 06.1959 -), woran es hier fehlt. Folglich hat\nder Klager mit der E-mail vom 22. Februar 2010 keinen formgerechten\nWiderspruch gegen den Bescheid des Beklagten vom 3. Februar 2010 eingelegt\n(vgl. Posser/Wolff, § 70 Rn. 11 m.w.N.).\n\n \n\n26\n\n \n\nDer Klager hat auch mit seinem am 9. Juni 2010 beim Verwaltungsgericht\neingegangenen Schreiben vom 7. Juni 2010 keinen formgerechten Widerspruch\ngegen den Ablehnungsbescheid des Beklagten erhoben.\n\n \n\n27\n\n \n\nDas Schreiben des Klagers vom 7. Juni 2010 stellt zweifelsohne eine\nKlageschrift und keinen Widerspruch dar. Der Klager hat in diesem Schreiben\nzwar ausgefuhrt, dass er gegen den Bescheid vom 20. Mai 2010 fristgerecht\n"Widerspruch/Einspruch" einlege. Die Verwendung der Begriffe "Widerspruch"\nbzw. "Einspruch" steht der Auslegung des Schreibens als Klageschrift aber\nnicht entgegen, weil das Schreiben an das Verwaltungsgericht und nicht den\nBeklagten gerichtet ist und weil aus ihm zweifelsfrei hervorgeht, dass der\nKlager eine gerichtliche Überprufung der Rechtmaßigkeit des Bescheides des\nBeklagten vom 20. Mai 2010 begehrt. Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht\ndieses Schreiben auch zutreffend als Klageschrift angesehen. Von einer\nKlageerhebung ist ersichtlich auch der Klager selbst ausgegangen, da er mit\nSchreiben vom 9. August 2010 unter Bezugnahme auf die richterliche Verfugung\nvom 29. Juli 2010 ausdrucklich erklart hat, er nehme "keine Klage zuruck".\n\n \n\n28\n\n \n\nDie Klageschrift vom 7. Juni 2010 kann auch nicht zugleich als Widerspruch\ngewertet werden. In der Erhebung einer Klage beim Verwaltungsgericht liegt\nnamlich nicht gleichzeitig ein konkludenter Widerspruch, der nach § 70 Abs. 1\nSatz 1 VwGO bei der den Verwaltungsakt erlassenden Behorde zu erheben ware\n(Sodan/Ziekow, § 70 Rn. 37; Eyermann, VwGO, Kommentar, 16. Aufl., § 70 Rn.\n16). Etwas anderes ist allenfalls dann zu erwagen, wenn in dem Schreiben mit\nhinlanglicher Deutlichkeit zugleich der Wunsch nach Einleitung eines\nformlichen Widerspruchverfahrens nach § 68 ff. VwGO bei der Behorde zum\nAusdruck gebracht wird (OVG Hamburg, Urt. v. 28.7.1995 - Bf IV 14/94 -, NVwZ-\nRR 1996, 397), was hier jedoch nicht der Fall ist. Die Klageerhebung kann\nferner nicht in einen Widerspruch umgedeutet werden (vgl. Sodan/Ziekow § 69\nRn. 1, 12). Die Einlegung des Widerspruchs wird durch die Erhebung einer Klage\nauch nicht ersetzt (Kopp/Schenke, § 70 Rn. 3 m.w.N.).\n\n \n\n29\n\n \n\nFolglich erweist sich die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das Schreiben\ndes Klagers vom 7. Juni 2010 nicht nur eine Klage, sondern auch einen\nWiderspruch gegen den Bescheid von 3. Februar 2010 enthalte, als verfehlt.\n\n \n\n30\n\n \n\nDass der Klager mit dem o. a. Schreiben keinen Widerspruch gegen den Bescheid\nvon 3. Februar 2010 eingelegt hat, ergibt sich im Übrigen aber auch daraus,\ndass er in diesem Schreiben ausgefuhrt hat, gegen den Bescheid des Beklagten\nvom 20. Mai 2010 "Widerspruch/Einspruch" einzulegen. Bei dem Bescheid vom 20.\nMai 2010 handelt es sich aber nicht um den Ablehnungsbescheid des Beklagten,\nsondern um den Widerspruchsbescheid, mit dem der Beklagte den Widerspruch des\nKlagers mangels Einhaltung des Schriftformerfordernisses als unzulassig\nzuruckgewiesen hat. Auch dieser Umstand steht der Annahme entgegen, der Klager\nhabe mit seinem Schreiben vom 7. Juni 2010 gegen den Bescheid von 3. Februar\n2010 Widerspruch einlegen wollen.\n\n \n\n31\n\n \n\nDer Klager hat schließlich auch nach der Klageerhebung innerhalb der\nJahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO, die er selbst bei einer unrichtigen\nRechtsbehelfsbelehrung durch den Beklagten hatte einhalten mussen, keinen\nformgerechten Widerspruch gegen den Bescheid des Beklagten vom 3. Februar 2010\nerhoben.\n\n \n\n32\n\n \n\nNach alledem ist die Verpflichtungsklage mangels Einlegung eines formgerechten\nWiderspruchs gegen den Ablehnungsbescheid des Beklagten unzulassig.\n\n* * *\n\n![Abkürzung Fundstelle](/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-\ninfo.gif) Diesen Link konnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses\nDokument verlinken mochten: \nhttp://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE120000057&psml=bsndprod.psml&max=true\n\n |
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190,709 | lg-braunschweig-2011-09-30-6-kls-1911 | 589 | Landgericht Braunschweig | lg-braunschweig | Braunschweig | Niedersachsen | Ordentliche Gerichtsbarkeit | Landgericht | 6 KLs 19/11 | 2011-09-30 | 2019-02-11 14:16:13 | 2019-02-12 13:58:20 | Urteil | #### Tenor\n\n \n\nI.\n\n \n\n \n\nDer Angeklagte ... ist der Bestechlichkeit in 36 Fallen, davon in vier Fallen\nin Tateinheit mit Untreue, der Untreue in 13 weiteren Fallen, der\nVorteilsannahme in Tateinheit mit Beihilfe zur Falschbeurkundung im Amt sowie\nder Beihilfe zur Untreue schuldig.\n\n \n\n \n\nEr wird deshalb zu einer\n\n \n\n \n\n**Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten**\n\n \n\n \n\nverurteilt.\n\n \n\n \n\nIm Übrigen wird der Angeklagte ... freigesprochen.\n\n \n\n \n\nGegen den Angeklagtem ... wird der Verfall von Wertersatz i. H. v. 286.274,15\n€ angeordnet. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Hohe weiterer\n15.009,00 € unterbleibt, weil Anspruche der Verletzten der Anordnung insoweit\nentgegenstehen.\n\n \n\n \n\nDie folgenden sichergestellten Gegenstande\n\n \n\n \n\n\\- Netbook ASUS Eee mit Netzteil zu Asservatennummer 3.1.1.1.4.\n\n \n\n \n\n\\- Laptop, ACER mit Zubehor zu Asservatennummer 3.1.2.1.1.\n\n \n\n \n\n\\- Laptop, SONY mit Netzteil zu Asservatennummer 3.1.7.1.1.\n\n \n\n \n\n\\- PC DELL mit Netzkabel zu Asservatennummer 3.1.7.2.2.\n\n \n\n \n\n\\- **I** -Phone Apple zur Asservatennummer 3.4.3.\n\n \n\n \n\n\\- schwarzer Klapprechner zu Asservatennummer 4.1.\n\n \n\n \n\nwerden eingezogen.\n\n \n\n \n\nDer Angeklagten ... ist der Bestechlichkeit in 36 Fallen, davon in drei Fallen\nin Tateinheit mit Untreue, der Untreue in 17 weiteren Fallen, davon in einem\nFall in Tateinheit mit Beihilfe zur Bestechlichkeit sowie der Vorteilsannahme\nin vier Fallen schuldig.\n\n \n\n \n\nEr wird deshalb zu einer\n\n \n\n \n\n**Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren**\n\n \n\n \n\nverurteilt:\n\n \n\n \n\nIm Übrigen wird der Angeklagte ... freigesprochen.\n\n \n\n \n\nDer Angeklagte ... ist der Bestechung in 56 Fallen, der Vorteilsgewahrung in\nTateinheit mit Anstiftung zur Falschbeurkundung im Amt sowie der Beihilfe zur\nUntreue in zwei Fallen schuldig.\n\n \n\n \n\nEr wird deshalb zu einer\n\n \n\n \n\n**Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten**\n\n \n\n \n\nverurteilt.\n\n \n\n \n\nIm Übrigen wird der Angeklagte ... freigesprochen.\n\n \n\n \n\nDie Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens soweit sie verurteilt sind,\nsoweit sie freigesprochen sind, fallen die Kosten des Verfahrens und die\nnotwendigen Auslagen der Angeklagten der Staatskasse zur Last.\n\n \n\n \n\nII.\n\n \n\n \n\nDer Angeklagten ... wird verurteilt, an die Adhasionsklagerin 467.102,02 €\nnebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten uber dem jeweiligen Basiszinssatz seit\ndem 07.06.2011 zu zahlen.\n\n \n\n \n\nEs wird festgestellt, dass die Verurteilung auf einer vorsatzlich unerlaubten\nHandlung beruht.\n\n \n\n \n\nDer Angeklagte ... hat die besonderen Kosten des Adhasionsverfahrens sowie die\nnotwendigen Auslagen der Adhasionsklagerin zu tragen.\n\n \n\n \n\nDas Urteil ist vorlaufig vollstreckbar.\n\n \n\n \n\nAngewendete Vorschriften:\n\n \n\n \n\nfur den Angeklagten ...\n\n \n\n \n\n§§ 263 Abs. 3 S. 1 u. S. 2 Nr. 1, 2, 4, 266 Abs. 1 u. 2, 331, 332, 335 Abs. 1\nNr. 1 u. Abs. 2 Nr. 1 - 3, 348, 27, 28, 49, 52, 53, 54, 73, 73a, 74 StGB; 111\ni, 465, 466 StPO.\n\n \n\n \n\nfur den Angeklagten ...\n\n \n\n \n\n§§ 263 Abs. 3 S. 1 u. S. 2 Nr. 1, 2, 4, 266 Abs. 1 u. 2, 331, 332, 335 Abs. 1\nNr. 1 u. Abs. 2 Nr. 1 - 3, 27, 28, 49, 52, 53, 54 StGB; 465, 466 StPO.\n\n \n\n \n\nfur den Angeklagten ...\n\n \n\n \n\n§§ 263 Abs. 3 S. 1 u. S. 2 Nr. 1, 2, 4, 266 Abs. 1 u. 2, 332, 334, 335 Abs. 1\nu. Abs. 2 Nr. 1 - 3, 348, 26, 27, 28, 46b, 49, 52, 53, 54 StGB; 406 Abs. 2,\n406b, 465, 466, 472a StPO, 708 Nr. 1 ZPO.\n\n \n\n#### Grunde\n\n \n\n**I.**\n\n \n\n \n\n1.\n\n \n\n1\n\n \n\nDer strafrechtlich nicht vorbelastete Angeklagte ... wurde am 12.04.1947 in\nVerden geboren. Nach Erlangung des Realschulabschlusses 1964 absolvierte er\nzunachst eine dreijahrige Berufsausbildung als Maurer. Danach begann er ein\nBauingenieurstudium an der Fachhochschule fur Technik in Bremen. Im Anschluss\nan den erfolgreichen Abschluss des Studiums im Jahr 1972 arbeitete er zunachst\nals angestellter Bauingenieur in der freien Wirtschaft und wechselte dann als\ntechnischer Mitarbeiter in den offentlichen Dienst. Nach seiner anfanglichen\nTatigkeit beim Straßenbauamt Verden wurde der zwischenzeitlich verbeamtete zur\nAngeklagte ... 1975 zur Autobahnmeisterei Peine versetzt, deren Leitung er\nubernahm. 1994 wurde er zum Bauamtsrat mit der Besoldungsstufe A 12 BBesO\nernannt. Nach Auflosung der Autobahnmeisterei Peine wurde er 1999 Leiter der\nneugegrundeten Autobahnmeisterei Braunschweig mit den Stutzpunkten Peine und\nHelmstedt. Eine vom ihm ab dem Jahr 2002 fortwahrend angestrebte Beforderung\nzur Besoldungsstufe A 13 scheiterte.\n\n \n\n2\n\n \n\nAnlasslich diese Strafverfahrens hat sein Dienstherr, das Land Niedersachsen,\nihn vorlaufig seines Dienstes enthoben und seine Bezuge, die sich zuletzt\nmonatlich auf rund 2.500,00 € netto beliefen, um 50% gekurzt. Die Entscheidung\nist vom Verwaltungsgericht Braunschweig im vorlaufigen Rechtsschutzverfahren\nam 27.05.2011 bestatigt worden.\n\n \n\n3\n\n \n\nDer Angeklagte ... ist seit dem 27.02.1981 mit seiner Ehefrau ... verheiratet.\nAus der Ehe ging ein Sohn, der am 21.07.1981 geborene ... hervor. Bis zu\nseiner Inhaftierung lebte der Angeklagte ... gemeinsam mit seiner Ehefrau in\neiner Dienstwohnung auf dem Stutzpunkt Peine.\n\n \n\n4\n\n \n\nDer Angeklagte ist gemeinsam mit seiner Ehefrau und seinem Sohn Gesellschafter\nund Geschaftsfuhrer der ... Verwaltungs GmbH, die ihrerseits Komplementarin\nder ... Immobilienverwaltung, Handel- und Dienstleistung GmbH & Co. KG (...\nImmobilien KG) mit Sitz in Peine ist. Kommanditisten sind wiederum die\nFamilienmitglieder, die regelmaßig Mieteinnahmen aus mindestens acht\nImmobilien beziehen, die zum Gesellschaftsvermogen gehoren. Daneben verfugt\nder Angeklagte uber Bankguthaben im In- und Ausland in einer Großenordnung von\nmindestens 1.000.000,00 €.\n\n \n\n5\n\n \n\nDie Familie unterhalt zudem ein zum Gesellschaftsvermogen der vorgenannten\nKommanditgesellschaft zugehoriges Ferienhaus in Antibes, Frankreich, welches\nder Angeklagte in den vergangenen Jahren mit seiner Familie regelmaßig nutzte.\nDaneben verfugt die Familie - wiederum im Gesellschaftsvermogen - uber ein\nweiteres Ferienhaus in Mardorf am Steinhuder Meer.\n\n \n\n6\n\n \n\nNach Beginn des Ermittlungsverfahrens in dieser Sache richteten sich die\nweiteren Ermittlungen im Zusammenhang mit Korruptions- und Untreuevorwurfen\ngegen ca. 50 weitere Beschuldigte, insbesondere auch gegen die Ehefrau und den\nSohn des Angeklagten ... . Die Ermittlungen gegen sie dauern an. Gegen den\nAngeklagten ... ist wegen der zusatzlichen Einkunfte aus den zu II.\nfestgestellten Taten ein Steuerstrafverfahren anhangig, entsprechende\nSteuerfestsetzungen sind bisher nicht erfolgt.\n\n \n\n7\n\n \n\nDer Angeklagte ... wurde in dieser Sache am 07.09.2010 vorlaufig festgenommen\nund befindet sich seither aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts\nBraunschweig vom 02.09.2010 - Az.: 3 Gs 2042/10-, erweitert mit Haftbefehlen\ndes Amtsgerichts Braunschweig vom 22.12.2010 - Az.: 3 Gs 2229/10 - und vom\n18.02.2011 - Az.: 3 Gs 393/11 - ununterbrochen in Untersuchungshaft.\n\n \n\n \n\n2.\n\n \n\n8\n\n \n\nDer Angeklagte ... - vormals ... - wurde am 30.10.1975 in Chemnitz geboren.\nNach der Grenzoffnung zog er mit seiner Mutter und seinem Stiefvater nach\nHelmstedt.\n\n \n\n9\n\n \n\nDort besuchte der Angeklagte zunachst die Realschule, die er 1991 erfolgreich\nabschloss. Nach der anschließenden Ausbildung zum Buromobeltischler arbeitete\ner in diesem Beruf. 1995 trat er als Angestellter in den offentlichen Dienst\nbei der Autobahnmeisterei Helmstedt ein. Er arbeitete zunachst als\nStraßenwarter und Kraftfahrer, bis er im Jahr 2000 zur Autobahnmeisterei\nBraunschweig versetzt wurde. Dort arbeitete er ab 2002 erstmals als Gehilfe in\nder Verwaltung. Ab diesem Zeitpunkt war er dem Mitangeklagten ... - seinerzeit\nbereits Leiter der Autobahnmeisterei - direkt unterstellt und wurde\ngelegentlich als Bauwart mit Bauuberwachungsmaßnahmen betraut. Ab 2005\narbeitete der Angeklagte ...dort auf Empfehlung des Angeklagter ... als\ntechnischer Mitarbeiter. Er war seither regelmaßig auch mit Maßnahmen der\nBauuberwachung betraut. Sein monatliches Nettoeinkommen belief sich auf rund\nnetto 1.800,00 €.\n\n \n\n10\n\n \n\nEbenfalls im Jahr 2005 heiratete der Angeklagte ... seine erste Ehefrau ... .\nAus dieser Ehe, die 2007 geschieden wurde, gingen im Jahr 2006 geborene\nZwillingstochter hervor, die bei ihrer Mutter leben.\n\n \n\n11\n\n \n\nUnter anderem wegen eines gesonderten Ermittlungsverfahrens wegen des\nVerdachts der Vorteilsannahme kundigte der Angeklagte ... bereits zum\n31.03.2010 sein Arbeitsverhaltnis. Er zog mit seiner neuen Lebensgefahrtin\n..., die er im September 2010 heiratete und deren Namen er seither fuhrt, nach\nBaden- Wurttemberg. Beide arbeiteten dort in einem\nVerkehrssicherungsunternehmen.\n\n \n\n12\n\n \n\nZwischenzeitlich ist der Angeklagte gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau in\ndie hiesige Region zuruckgekehrt und lebt seither mit seiner zweiten Ehefrau\nbei seinen Schwiegereltern in Almstedt.\n\n \n\n13\n\n \n\nSeit Mai 2011 arbeitet er als Bauleiter in einem privaten Bauingenieurburo,\nsein monatliches Nettoeinkommen belauft sich auf netto 1.700,00 €. Davon zahlt\ner monatlich 420,00 € fur den Unterhalt seiner Kinder.\n\n \n\n14\n\n \n\nIn dem genannten Ermittlungsverfahren wurde er mit rechtskraftigem Strafbefehl\ndes Amtsgerichts Braunschweig vom 22.12.2009 - Az.: 407 Js 57409/09 - wegen\nVorteilsannahme zu einer Geldstrafe von 30 Tagessatzen zu je 40,00 €\nverurteilt. Die Geldstrafe ist vollstandig bezahlt. Dieser Verurteilung, die\nseit dem 14.09.2010 rechtskraftig ist, lag zugrunde, dass der Angeklagte ...\nvon einem Unternehmen, das in Geschaftsbeziehung zur Autobahnmeisterei\nBraunschweig stand, einen Wasserspender angenommen hatte. Der Angeklagte ...\nhatte seit einer Durchsuchung im Dezember 2008 Kenntnis von dem gegen ihn\nanhangigen Ermittlungsverfahren.\n\n \n\n15\n\n \n\nWegen der zusatzlichen Einkunfte aus den zu II. festgestellten Taten hat das\nzustandige Finanzamt auf der Grundlage einer tatsachlichen Verstandigung\nEinkommen- und Umsatzsteuer in Hohe von 57.000,00 € festgesetzt. Der\nAngeklagte ... zahlt darauf seit Mai 2011 monatliche Raten in Hohe von 200,00\n€.\n\n \n\n16\n\n \n\nDer Angeklagte ... wurde am 26.09.2010 in dieser Sache vorlaufig festgenommen.\nEr befand sich anschließend aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts\nBraunschweig vom 23.09.2010 - Az.: 3 Gs 2190/10 - bis zum 25.11.2010 in\nUntersuchungshaft. Die Außervollzugsetzung des Haftbefehls erfolgte mit\nBeschluss der Kammer vom 15.11.2010.\n\n \n\n \n\n3.\n\n \n\n17\n\n \n\nDer strafrechtlich nicht vorbelastete Angeklagte ... wurde am 06.08.1949 in\nResse geboren. Er besuchte die Volksschule und verließ diese ohne Abschluss.\nAnschließend absolvierte er Ausbildungen zum Schlosser und zum Landwirt.\nSpater verdiente er seinen Lebensunterhalt als Holzarbeiter im land- und\nforstwirtschaftlichen Bereich.\n\n \n\n18\n\n \n\nBereits 1969 machte sich der Angeklagte ... als Inhaber des mit dem Namen "...\nGarten- und Landschaftspflege, Rodungsarbeiten ..." firmierten\nEinzelunternehmens selbststandig. Seither baute er erfolgreich das von ihm\ngegrundete Einzelunternehmen fortwahrend aus. Die jahrlichen Umsatzzahlen\nstiegen in den Folgejahren betrachtlich. Der Gesamtumsatz seines Unternehmens\nmit zwischenzeitlich 20 abhangig beschaftigten Arbeitnehmern setzte sich in\nden Jahren 2005 bis 2010 uberwiegend (ca. 90%) aus offentlichen Auftraggebern\n(Kommunen sowie Autobahnmeistereien) und nur zu 10% aus privaten Auftraggebern\nzusammen.\n\n \n\n19\n\n \n\nDer seit 20 Jahren geschiedene Angeklagte ist Vater von zwei erwachsenen\nSohnen, die inzwischen selbststandig ein Unternehmen zur Durchfuhrung land-\nund forstwirtschaftlicher Arbeiten fuhren. Sie haben die Arbeitnehmer ihres\nVaters ubernommen. Seit Bekanntwerden des Ermittlungsverfahrens in dieser\nSache fuhrt der Angeklagte sein Einzelunternehmen nur noch in der Weise fort,\ndass er Fahrzeuge seines Fuhrparks an das Unternehmen seiner Sohne oder an\nandere Unternehmen vermietet. Sein monatliches Nettoeinkommen belauft sich auf\n3.000-3.500,00 €.\n\n \n\n20\n\n \n\nDer Angeklagte ... hat zwischenzeitlich 350.000,00 € Einkommen- und\nUmsatzsteuern fur die aus den Taten zu II. erzielten zusatzlichen Einkunfte an\ndas zustandige Finanzamt gezahlt.\n\n \n\n21\n\n \n\nMit notarieller Urkunde vom 23.09.2010 hat er eine bestehende Schuld zu\nGunsten des Landes Niedersachsen in Hohe von 515.513,06 € anerkannt und zur\nSicherung dieses Anspruchs eine Grundschuld in Hohe von 500.000,00 € auf die\nin seinem Eigentum stehenden Immobilien Grundbuch von R Blatt … und … und\nGrundbuch von M Blatt … bestellt.\n\n \n\n22\n\n \n\nDer Angeklagte ist gesundheitlich beeintrachtigt, er leidet an Diabetes\nmellitus Typ II.\n\n \n\n23\n\n \n\nDer Angeklagte ... wurde in dieser Sache am 07.09.2010 vorlaufig festgenommen\nund befand sich anschließend aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts\nBraunschweig vom 02.09.2010 - Az.: 3 Gs 2041/10 - in Untersuchungshaft bis zu\ndessen Außervollzugsetzung mit Beschluss des Amtsgerichts Braunschweig vom\n22.09.2010.\n\n \n\n \n\n**II.**\n\n \n\n24\n\n \n\nDie Autobahnmeisterei Braunschweig ist als Betriebsdienst direkt dem\nregionalen Geschaftsbereich Hannover der Niedersachsischen Landesbehorde fur\nStraßenbau und Verkehr unterstellt, die ihrerseits im Wege der\nBundesauftragsverwaltung fur die Unterhaltung und Bebauung der\nBundesautobahnen zustandig ist.\n\n \n\n25\n\n \n\nAls Leiter der Autobahnmeisterei Braunschweig mit Stutzpunkten in Peine und\nHelmstedt war der Angeklagte ... unmittelbarer Dienstvorgesetzter samtlicher\nMitarbeiter der Autobahnmeisterei, bestehend aus Straßenwartern,\nVerwaltungspersonal und technischen Mitarbeitern. Er war als technischer\nLeiter verantwortlich fur die Unterhaltung der in seinem Zustandigkeitsbereich\nliegenden ca. 200 Streckenkilometer Bundesautobahn, wobei die Arbeiten zum\nTeil durch die eigenen Mitarbeiter und zum Teil durch Fremdfirmen erledigt\nwurden. Zum Aufgabengebiet der laufenden Unterhaltung gehorten insbesondere\nVerkehrssicherungsmaßnahmen der Straßen- und Parkplatzreinigung, des\nWinterdienstes, der Grunpflege, der Ölbeseitigung, sowie Maßnahmen der\nInstandhaltung an Bauwerken und sonstigen Gewerken, wie z.B.\nStraßenbegrenzungen, Brucken, Wildschutzzaunen, Larmschutzwallen,\nStraßenmarkierungen und Beschilderungen.\n\n \n\n26\n\n \n\nDem Angeklagten ... oblag die Leitung der Verwaltungsgeschafte fur seinen\nStreckenabschnitt. Die selbststandige Vergabe von Auftragen an Fremdfirmen war\nihm jedoch nach den Vergaberichtlinien, die der Angeklagte ... kannte, nur\nausnahmsweise gestattet, namlich bei Arbeiten, die zur Abwendung dringender\nGefahren fur die Verkehrssicherheit zwingend erforderlich waren und ein\nAuftragsvolumen von maximal 10.000,00 € (ohne Umsatzsteuer) hatten. Sofern\nderartige Sofortmaßnahmen ein hoheres Auftragsvolumen hatten, musste die\nvorherige Zustimmung der Fachbereichsleitung der Landesbehorde eingeholt\nwerden. Hinsichtlich der weiteren anfallenden Arbeiten erfolgten offentliche\nAusschreibungen uber die Landesbehorde, und zwar Jahresausschreibungen zur\nAbdeckung der regelmaßig anfallenden Unterhaltungsarbeiten wie\nGrunpflegearbeiten und im Übrigen Einzelausschreibungen. Den entsprechenden\nBedarf musste der Angeklagte ... jeweils bei der Landesbehorde anmelden.\nNachdem ein Unternehmen bei einer Jahresausschreibung den Zuschlag erhalten\nhatte, konnten die Leistungen fur die einzelnen Lose bei der Landesbehorde\nabgerufen werden.\n\n \n\n27\n\n \n\nDer Angeklagte ... war schließlich fur die sachliche Prufung der jeweils\neingehenden Rechnungen zustandig. Die Rechnungen leitete der Angeklagte\n...anschließend an den regionalen Geschaftsbereich der Niedersachsischen\nLandesbehorde fur Straßenbau und Verkehr in Hannover zwecks Zahlungsanweisung\nweiter. Eine weitere Prufung vor der Zahlung war nicht vorgesehen und fand in\nder Landesbehorde auch tatsachlich nicht statt.\n\n \n\n28\n\n \n\nDem Angeklagten ... oblag die eigenverantwortliche Überwachung der Auftrage,\ninsbesondere auch die Kontrolle der vorgelegten Aufmaßblatter. Er schaffte\ndamit die Grundlage fur die spatere Prufung der sachlichen Richtigkeit der\nRechnungslegungen der Unternehmen.\n\n \n\n29\n\n \n\nBereits vor dem Anklagezeitraum, spatestens ab dem Jahr 2001 beschloss der\nAngeklagte ..., seine verantwortliche Position als Leiter der\nAutobahnmeisterei zu seinem eigenen sowie zum wirtschaftlichen Vorteil seiner\nFamilie auszunutzen. Er forderte und erhielt in der Folgezeit von Unternehmen,\ndie Auftrage fur die Autobahnmeisterei Braunschweig ausfuhrten, Bargeld und\nsonstige Zuwendungen. Er erhielt diese regelmaßig als Gegenleistung dafur,\ndass er Auftrage erteilte, die seinen Zustandigkeitsbereich uberschritten oder\nuberhohte bzw. ganzlich fingierte Rechnungen als sachlich richtig zeichnete.\nDabei handelte er stets in dem Wissen, dass nach seiner Zeichnung keine\nweitere sachlich inhaltliche Überprufung der Rechnungen seitens der\nLandesbehorde erfolgen wurde, sondern die Zahlungen erfolgen wurden. Bei\ngroßeren Auftragssummen vereinbarte der Angeklagte ... vielfach die Splittung\nauf Teilrechnungen, die jeweils den Rechnungsbetrag von 10.000,00 €\nunterschritten, um diese so als angebliche Sofortmaßnahmen innerhalb seines\nZustandigkeitsbereichs zu deklarieren.\n\n \n\n30\n\n \n\nIn den Folgejahren entwickelte sich zwischen dem Angeklagten ..., dem\nMitangeklagten ... und anderen Unternehmen bzw. deren Angestellten so ein\ndauerhaftes korruptives Beziehungsgeflecht. Infolgedessen erhielten die\nUnternehmen nicht nur zahlreiche Auftrage unter bewusstem Verstoß gegen die\nVergaberichtlinien. Daruber hinaus ermoglichte es der Angeklagte ... durch die\nZeichnung von ganz oder teilweise fingierten Rechnungen als sachlich richtig,\ndass durch die Zahlung der Landesbehorde die von den Unternehmen an den\nAngeklagten zugewendeten "Schmierleistungen" zu Lasten der Landeskasse und zu\nGunsten der "Geber" kompensiert wurden.\n\n \n\n31\n\n \n\nSelbiges gilt - wenngleich im Umfang weniger ausgepragt - hinsichtlich des\nAngeklagten ... Auch er baute spatestens ab Mitte 2005 unter Ausnutzung seiner\nberuflichen Stellung ein korruptives Beziehungsgeflecht vorgenannter\nAuspragung zu dem Mitangeklagten ... sowie zu anderen Unternehmen auf und\nunterhielt es, um sich personlich wirtschaftlich zu bereichern. Der Angeklagte\n... trat dabei weniger energisch fordernd als der Mitangeklagte ... auf. Auch\ner beklagte jedoch gegenuber dem Mitangeklagten ... sowie gegenuber anderen\nunternehmensverantwortlichen Gebern immer wieder nachdrucklich seine\nwirtschaftlich schlechte Situation und machte damit deutlich, dass er\nZuwendungen erwarte, die er in der Folgezeit auch erhielt. Dabei stellte er\nregelmaßig in Aussicht, dass die wirtschaftlichen Zuwendungen an ihn als\nGegenleistung fur den außerhalb seines Zustandigkeitsbereichs liegenden\npersonlichen Einsatz beim Auskundschaften weiterer Auftrage fur ... und des\nErstellens bzw. seiner Genehmigung von uberhohten Aufmaßen verknupft sein\nsollten.\n\n \n\n32\n\n \n\nEine umfassende Korruptionsbeziehung entwickelte sich zwischen den Angeklagten\n... und ..., die sich im Jahr 2002 uber den handlungsbevollmachtigten\nMitarbeiter der Landesbehorde fur Straßenbau und Verkehr in Hannover, den\ngesondert verfolgten Herrn ... kennenlernten. Herr ... stellte den Angeklagten\n... dem Angeklagten ... als kompetenten und zuverlassigen Unternehmer zur\nDurchfuhrung von Rodungs-, Grunpflege- und Entwasserungsarbeiten vor. Der\nAngeklagte ... hatte bisweilen einige Auftrage im ortlichen\nZustandigkeitsbereich der Autobahnmeisterei Braunschweig durch den regionalen\nGeschaftsbereich Hannover der Landesbehorde fur Straßenbau und Verkehr in\nHannover erhalten. Nach Einschatzung des diese Arbeiten personlich\nkontrollierenden Angeklagten ... wurden die Arbeiten stets zugig und zu seiner\nvollsten Zufriedenheit durchgefuhrt. Der Angeklagte ... gab dem Angeklagten\n... gegenuber dabei stets zu erkennen, schnell und zugig auf Auftragsvergaben\ndes Angeklagten ... reagieren zu konnen und qualitativ hochwertige Arbeiten\n(Baumfall-, Fras- und Mulcharbeiten, Geholzschnittarbeiten, Grunpflegearbeiten\nim Mittelstreifen der Autobahn, Entwasserungsarbeiten, etc.) erledigen zu\nkonnen.\n\n \n\n33\n\n \n\nWahrend ihrer zahlreichen beruflich bedingten personlichen Treffen und\nTelefonate redeten die Angeklagten ... und ... auch zunehmend uber private\nAngelegenheiten. Im Jahr 2004 verbrachten sie mit ihren Partnerinnen einen\ngemeinsamen Urlaub auf Mauritius. Diesen Aufenthalt finanzierte der Angeklagte\n... fur den Angeklagten ... und dessen Ehefrau. Die Kosten beliefen sich auf\nrund 9.000,00 €. In der Folgezeit berichtete der Angeklagte ... dem\nAngeklagten ... regelmaßig uber bevorstehende Urlaubsfahrten zum Ferienhaus in\nAntibes. In diesem Zusammenhang außerte er stets, dass die Kosten der Fahrten\nsowie der dort anfallenden Arbeiten sehr hoch seien und drangte auf\nfinanzielle Unterstutzung, die ihm der Angeklagte ... auch regelmaßig\ngewahrte. Es handelte sich dabei jeweils um Geldbetrage zwischen 2.000,00 und\n5.000,00 €.\n\n \n\n34\n\n \n\nBeiden Angeklagten war klar, dass die Zahlungen nicht bloß zur Erzielung eines\ngenerellen Wohlwollens im Sinne einer personlichen Geneigtheit des Angeklagten\n... fur zuruckliegende oder weitere Auftragsvergaben erfolgten. Beide\nAngeklagten wussten vielmehr, dass der Angeklagte ... als Gegenleistung dafur\nzusatzliche Auftrage als angebliche Sofortmaßnahmen freihandig an ... vergeben\nwurde, ohne dass es dazu bei jeder, weiteren Zuwendung einer erneuten\nausdrucklichen Absprache bedurfte.\n\n \n\n35\n\n \n\nMit den nachfolgend immer großer werdenden Zuwendungen des Angeklagten ... an\nden Angeklagten ... stieg die Zahl derartiger Auftrage. Zudem konnte der\nAngeklagte ... selbst die ihm bekannten und im ortlichen Zustandigkeitsbereich\nder Autobahnmeisterei Braunschweig stehenden Autobahnabschnitte abfahren und\nsich - uber die Jahresausschreibungssummen hinausgehende - Arbeiten suchen,\ndiese unmittelbar selbststandig durchfuhren und anschließend in Rechnung\nstellen. Der Angeklagte ... sagte dem Angeklagten ... zu, auch diese nicht\nausdrucklich in Auftrag gegebenen Arbeiten ohne weitere Überprufung\ngegenzuzeichnen. Schließlich wurden zur Kompensation der Schmiergelder auch\nganzlich fingierte oder uberhohte Rechnungen von dem Angeklagten ... erstellt\nund von dem Angeklagten ..., der dies wusste und wollte, als sachlich richtig\ngezeichnet und von ihm zur Zahlung der Landesbehorde in Hannover vorgelegt.\nVon dort erfolgte jeweils ohne weitere inhaltliche Prufung die Auszahlung.\n\n \n\n36\n\n \n\nIm Zeitraum der nachfolgend geschilderten Taten hatte sich das System zwischen\nbeiden bereits eingespielt. Zwischen den Angeklagten ... und ... bestand daher\nbei den Zuwendungen des Angeklagten ... an den Angeklagten ... jeweils\nstillschweigend Einigkeit, dass der Angeklagte ... diese erhielt, weil er in\nder Vergangenheit pflichtwidrig gehandelt hatte und auch weiterhin die\ngenannten Dienstpflichtverletzungen begehen wurde.\n\n \n\n37\n\n \n\nIm Tatzeitraum kam es zu deutlichen Umsatzsteigerungen des Angeklagten ... Das\nVolumen der Jahresausschreibungssummen wurde zuletzt um das Funffache\nuberschritten. Sein Unternehmen war das einzige, das vom Angeklagten ... mit\nAuftragen im Bereich der Grunpflegearbeiten beauftragt wurde. Zur Vermeidung\nvon Ausschreibungen wurden großere Auftrage zum Teil so gesplittet, dass sie\njeweils die Wertgrenze von 10.000,00 € unterschritten, zum Teil wurden aber\nauch Auftrage oberhalb der Wertgrenze von 10.000,00 € vergeben. Daruber hinaus\ninitiierte der Angeklagte ... zur Kompensation der Schmierleistungen\nzahlreiche Rechnungsmanipulationen zu Gunsten des Angeklagten ..., die er\njeweils als sachlich richtig gegenzeichnete.\n\n \n\n38\n\n \n\nIm Einzelnen:\n\n \n\n39\n\n \n\n1\\. (Tatkomplex zu Ziffer 1 der Anklageschrift)\n\n \n\n40\n\n \n\nAb September 2005 zahlte der Angeklagte ... dem Angeklagten ... vor dessen\nUrlaubsfahrten nach Antibes jeweils mindestens 2.000,00 € im Rahmen eigens\ndazu anberaumter Treffen. Die Zahlungen erfolgten unmittelbar vor folgenden\nUrlauben des Angeklagten ... in Antibes:\n\n \n\n41\n\n \n\na) Urlaubsaufenthalt um den 07.09. bis zum 17.09.2005\n\n \n\n42\n\n \n\nb) Urlaubsaufenthalt um den 22.10.2005\n\n \n\n43\n\n \n\nc) Urlaubsaufenthalt um den 15. bis zum 19.11.2005\n\n \n\n44\n\n \n\nd) Urlaubsaufenthalt um den 19. bis 21.04.2006\n\n \n\n45\n\n \n\ne) Urlaubsaufenthalt um den 19.08. bis 09.09.2006.\n\n \n\n46\n\n \n\nWegen anderweitiger Zahlungen des Angeklagten ... (nachfolgende Taten zu 2.\nund 3.) erhielt er fur Urlaubsaufenthalte ab dem Jahr 2007 keine weiteren\nZahlungen.\n\n \n\n47\n\n \n\n2\\. (Tatkomplex zu Ziffer 3 der Anklageschrift)\n\n \n\n48\n\n \n\na) Anfang 2006 trat in dem seinerzeit noch im Alleineigentum des Angeklagten\n... stehenden Ferienhaus in Mardorf, ... ein Wasserschaden auf. Anlasslich der\nerforderlichen Reparaturarbeiten beschloss der Angeklagte ... das Ferienhaus\ngrundlegend zu sanieren und zu renovieren.\n\n \n\n49\n\n \n\nIm Zuge dessen befragte er den Angeklagten ..., er ihm Handwerker empfehlen\nkonne. Der Angeklagte ... nannte ihm die Unternehmen ... (Sanitar- und\nElektroinstallationsarbeiten), ... (Fliesenarbeiten) ... und ...\n(Tischlerarbeiten), mit denen er bereits gute Erfahrungen gemacht hatte. Diese\nGelegenheit nahm der Angeklagte ... zum Anlass, den Angeklagten ...\naufzufordern, dieser solle die Unternehmen mit der Durchfuhrung der Arbeiten\nbeauftragen und auch bezahlen. Der Angeklagte ... erklarte sich dazu bereit\nund stellte die Kontakte zu den genannten Unternehmen her. Im Rahmen eines\nhierzu anberaumten Treffens im Ferienhaus in Mardorf nahm der Angeklagte ...\nden gesondert verfolgten Einzelunternehmer ... zeitweilig zur Seite und sagte\ndiesem, dass die Rechnungen fur die anfallenden Arbeiten alle uber ihn laufen\nsollten.\n\n \n\n50\n\n \n\nIn der Zeit von September 2006 bis September 2007 erbrachte der\nEinzelunternehmer ... Heizungs- und Elektroinstallationsarbeiten in einem\nGesamtumfang von brutto 28.012,41 €. Darin enthalten war auch die Anlieferung\nvon Heizungs- und Elektrogeraten. Vereinbarungsgemaß stellte der Unternehmer\n... die im vorgenannten Zeitraum durchgefuhrten Arbeiten und Anlieferungen\nnicht dem Angeklagten ... sondern - wie zwischen ihm und dem Angeklagten ...\nmit Wissen des Angeklagten ... vereinbart - dem Angeklagten ... als\nvermeintlich erbrachte Anlieferungs- und Werkleistungen fur dessen\nEinzelunternehmen in Rechnung.\n\n \n\n51\n\n \n\nDie nachfolgenden Einzelrechnungen:\n\n \n\n52\n\n \n\nvom 02.10.2006 in Hohe von brutto 5.695,68 €,\n\n \n\n53\n\n \n\nvom 31.01.2007 in Hohe von brutto 6.686,02 €,\n\n \n\n54\n\n \n\nvom 09.03.2007 in Hohe von brutto 4.843,89 €,\n\n \n\n55\n\n \n\nvom 30.05.2007 in Hohe von brutto 6.644,22 €,\n\n \n\n56\n\n \n\nvom 18.10.2007 in Hohe von brutto 2.534,13 €,\n\n \n\n57\n\n \n\nvom 29.11.2007 in Hohe von brutto 2.255,75 €,\n\n \n\n58\n\n \n\nvom 03.03.2008 in Hohe von brutto 961,06 €,\n\n \n\n59\n\n \n\nvom 15.05.2009 in Hohe von brutto 111,86 € und\n\n \n\n60\n\n \n\nvom 30.07.2009 in Hohe von brutto 279,80 €,\n\n \n\n61\n\n \n\nmithin in Hohe von insgesamt brutto 28.012,41 € entsprechen insgesamt dem\ntatsachlich erbrachten Lieferungs- und Arbeitsaufwand des Einzelunternehmers\n... im Ferienhaus in Mardorf und wurden von dem Angeklagten ... bezahlt.\n\n \n\n62\n\n \n\nDen Umfang der Arbeiten gab der Angeklagte ... vor.\n\n \n\n63\n\n \n\nDaruber hinaus sagte der Angeklagte ... auf die Forderung des Angeklagten ...\nhin diesem auch die Begleichung fur Rechnungen des Unternehmens ... GmbH ...\nzu. Den ihm personlich bekannten Geschaftsfuhrer des Unternehmens ... GmbH,\n... dem gesondert Verfolgten ..., sagte der Angeklagte ... ebenfalls zu,\npersonlich fur die notwendigen Fliesenarbeiten am Ferienhaus in Mardorf\neinzustehen. In der Zeit von September 2006 bis September 2007 fuhrte das\nUnternehmen ... GmbH die vom Angeklagten ... gewunschten Fliesenarbeiten in\nBad, Kuche und am Kamin aus.\n\n \n\n64\n\n \n\nDie nachfolgenden Einzelrechnungen:\n\n \n\n65\n\n \n\nvom 30.12.2006 in Hohe von brutto 61.246,52 € (Teilbetrag 8.002,15 €) sowie\n\n \n\n66\n\n \n\nvom 11.09.2007 in Hohe von brutto 9.232,19 €,\n\n \n\n67\n\n \n\nmithin in Hohe von insgesamt brutto 17.234,34 € entsprechen dem tatsachlich\nerbrachten Arbeits- und Lieferaufwand des Unternehmens im Ferienhaus in\nMardorf. Auch die vorgenannten Rechnungsbetrage des Unternehmens ... GmbH\nwurden - wie zwischen dem Geschaftsfuhrer ... und dem Angeklagten ... mit\nWissen des Angeklagten ... vereinbart - als vermeintliche Arbeitsleistungen\nfur das Einzelunternehmen des Angeklagten ... in fingierten Rechnungen\neingestellt und von dem Angeklagten ... bezahlt.\n\n \n\n68\n\n \n\nDaruber hinaus sagte der Angeklagte ... auf ... das Angebot des Angeklagten\n... hin diesem auch zu, fur Arbeiten des Einzelunternehmens ... aufkommen zu\nwollen. Dem ihm personlich bekannten Einzelunternehmer ... sagte der\nAngeklagte ... ebenfalls zu, fur die Arbeiten an dem Ferienhaus Mardorf\npersonlich aufkommen zu wollen.\n\n \n\n69\n\n \n\nIn der Zeit von November 2006 bis November 2008 erbrachte der\nEinzelunternehmer Scheibe die vom Angeklagten ... gewunschten Tischlerarbeiten\nin einem Gesamtwert von brutto 24.123,91 €.\n\n \n\n70\n\n \n\nDie nachfolgenden Einzelrechnungen:\n\n \n\n71\n\n \n\nvom 13.11.2006 in Hohe von brutto 11.036,99 € (Teilbetrag: 8.363,42 €),\n\n \n\n72\n\n \n\nvom 16.05.2007 in Hohe von brutto 8.144,96 € und 16.398,50 € (Teilbetrag aus\nbeiden Rechnungen: 5.979,69 €)\n\n \n\n73\n\n \n\nvom 29.11.2008 in Hohe von brutto 9.780,79 € (Gesamtbetrag),\n\n \n\n74\n\n \n\nenthielten im Umfang von brutto 24.123,91 € Werkleistungen, die ausschließlich\nden vom Unternehmer ... durchgefuhrten Tischlerarbeiten im Ferienhaus Mardorf\nzuzuordnen sind. Der daruber hinausgehende Differenzbetrag betrifft Leistungen\nfur den Angeklagten ..., die der Unternehmer ... in die Rechnungen mit\neinbezog.\n\n \n\n75\n\n \n\nWie zwischen ihm und dem Angeklagten ... mit Wissen des Angeklagten ...\nvereinbart wurden die privat veranlassten Arbeiten im Ferienhaus Mardorf im\nvorgenannten Umfang in Hohe von brutto 24.123,91 € vom gesondert verfolgten\n... als fingierte Leistungen fur das Einzelunternehmen des Angeklagten ...\ndiesem in Rechnung gestellt und anschließend vom Angeklagten ... bezahlt.\n\n \n\n76\n\n \n\nInsgesamt hat der Angeklagte ... so eigene Aufwendungen fur durchgefuhrte\nRenovierungsarbeiten durch die Unternehmen ... GmbH und ... in Hohe von\ninsgesamt brutto 69.370,66 € erspart.\n\n \n\n77\n\n \n\nb) Über diese Sanierungs- und Renovierungsarbeiten am Ferienhaus in Mardorf\nhinaus plante der Angeklagte ... Ende des Jahres 2008 am bestehenden\nFerienhaus die Errichtung eines großzugigen Garagenanbaus mit Gastebad und\nFreisitz. Hierzu suchte er zwecks Durchfuhrung der Planungsarbeiten den\nArchitekten... auf, der die Planungsarbeiten und die Baubetreuung ubernahm.\nDie Durchfuhrung des Rohbaus einschließlich Dachausbau ließ der Angeklagte ...\nin eigener Regie und auf eigene Kosten fur rund 70.000,00 € durchfuhren.\n\n \n\n78\n\n \n\nUnmittelbar nach Fertigstellung des Rohbaus forderte der Angeklagten ...\nabermals vom Angeklagten ..., dass er die Kosten fur Anschlussarbeiten Im\nBereich der Elektro- und Sanitarinstallation, Putz- und Fliesenarbeiten sowie\nTischlerarbeiten durch die vorgenannten Unternehmen ... GmbH ubernehmen\nsollte. Beiden Angeklagten war dabei bewusst, dass entsprechend der\nvorgenannten Vorgehensweise zu a) die Unternehmen jeweils direkt dem\nAngeklagten ... die Arbeiten fur vermeintlich zu Gunsten dessen\nEinzelunternehmens erledigte Arbeiten in Rechnungen stellen sollten.\n\n \n\n79\n\n \n\nNach Fertigstellung des Rohbaus im Jahr 2009 und zwischenzeitlicher\nEigentumsubertragung der Immobilie in Mardorf in das Gesellschaftsvermogen der\nfamilieneigenen ... fuhrte das Unternehmen ... in der Zeit von April 2010 bis\nAugust 2010 die vom Angeklagten ... gewunschten Elektroinstallations- und\nSanitararbeiten in einem Gesamtumfang von brutto 19.478,73 € durch.\n\n \n\n80\n\n \n\nDie nachfolgenden Einzelrechnungen:\n\n \n\n81\n\n \n\nvom 03.05.2010 in Hohe von brutto 4.563,01 €,\n\n \n\n82\n\n \n\nvom 07.06.2010 in Hohe von brutto 6.877,75 €,\n\n \n\n83\n\n \n\nvom 16.06.2010 in Hohe von brutto 2.432,30 €,\n\n \n\n84\n\n \n\nvom 15.07.2010 in Hohe von brutto 2.680,94 €,\n\n \n\n85\n\n \n\nvom 05.08.2010 in Hohe von brutto 1.969,52 € und\n\n \n\n86\n\n \n\nvom 31.08.2010 in Hohe von brutto 955,21 €,\n\n \n\n87\n\n \n\nmithin in Hohe von insgesamt brutto 19.478,73 €\n\n \n\n88\n\n \n\nentsprechen dem tatsachlich erbrachten Lieferungs- und Arbeitsaufwand des\nEinzelunternehmers ... im Ferienhaus in Mardorf. Die Rechnungen wurden jeweils\n- wie zwischen dem Zeugen ... und dem Angeklagten ... mit Wissen des\nAngeklagten ... vereinbart - fur scheinbar erbrachte Arbeitsleistungen zu\nGunsten des Einzelunternehmens des Angeklagten ... an diesen ubersandt und\nanschließend von ihm bezahlt.\n\n \n\n89\n\n \n\nIn der Zeit von Februar 2010 bis Juni 2010 erbrachte das Unternehmen ... GmbH\n... die vom Angeklagten ... gewunschten Putz- und Fliesenarbeiten in einem\nGesamtumfang von 28.403,49 € brutto.\n\n \n\n90\n\n \n\nDie nachfolgenden Einzelrechnungen:\n\n \n\n91\n\n \n\nvom 31.03.2010 in Hohe von brutto 8.328,01 €,\n\n \n\n92\n\n \n\nvom 27.04.2010 in Hohe von brutto 7.076,74 € und\n\n \n\n93\n\n \n\nvom 08.06.2010 in Hohe von brutto 12.998,74 €,\n\n \n\n94\n\n \n\nmithin in Hohe von insgesamt brutto 28.403,49 € entsprechen dem tatsachlich\nerbrachten Arbeits- und Lieferaufwand des Unternehmens im Ferienhaus in\nMardorf. Die Rechnungen wurden - wie zwischen dem gesondert Verfolgten ... und\ndem Angeklagten ... mit Wissen des Angeklagten ... vereinbart - fur scheinbar\nerbrachte Leistungen zu Gunsten des Einzelunternehmens des Angeklagten ...\ndiesem ubersandt und anschließend von ihm bezahlt.\n\n \n\n95\n\n \n\nIm Mai 2010 erbrachte der Einzelunternehmer ... Tischlerarbeiten die vom\nAngeklagten ... gewunschten Arbeiten fur Anlieferung und den Einbau von Turen\nim Gesamtwert von brutto 3.212,70 €.\n\n \n\n96\n\n \n\nWie zwischen ihm und dem Angeklagten ... mit Wissen des Angeklagten ...\nvereinbart, sollten die privat veranlassten Arbeiten am Garagenausbau im\nvorgenannten Umfang vom gesondert verfolgten ... als fingierte Leistungen fur\ndas Einzelunternehmen des Angeklagten ... diesem in Rechnung gestellt und\nanschließend vom ihm bezahlt werden. Dazu kam es infolge der Inhaftierung des\nAngeklagten ... nicht mehr. Am 29.11.2010 stellte ... die geleisteten Arbeiten\nder ... in Rechnung. Die Rechnung wurde bisher nicht bezahlt.\n\n \n\n97\n\n \n\nInsgesamt hat der Angeklagte ... so eigene Aufwendungen fur durchgefuhrte\nAnschlussarbeiten durch die Unternehmen ... GmbH und ... in Hohe von insgesamt\nbrutto 51.094,92 € erspart.\n\n \n\n98\n\n \n\nNach der Zusage des Angeklagten ... hinsichtlich der Kostenubernahme nutzte\nder Angeklagte ... diesen Umstand aus, um personlich kontinuierlich hochste\nAnspruche hinsichtlich Umfang und Qualitat des Materials und der Arbeiten an\ndie Herren ... und ... zu stellen. Ohne vorherige Rucksprache mit dem\nAngeklagten ... forderte der Angeklagte ... Sonderanfertigungen, besonders\nhochwertige Ausstattungen, Ausfuhrungs- und Änderungsarbeiten von den\njeweiligen Unternehmen. Von den Herren ... und ... forderte er in Telefonaten\nund bei personlichen Treffen zusatzlich zu erbringende Leistungen ein. Da er\nwusste, dass der Angeklagte ... - wie tatsachlich geschehen - samtliche Kosten\nubernehmen wurde, fragte er zu keinem Zeitpunkt bei den Unternehmern nach,\nwelche Kosten seine Änderungswunsche verursachten. So forderte der Angeklagte\n... beispielsweise Sonderanfertigungen fur einen versenkbaren Kuhlschrank in\nder teils unterkellerten Garage, den dortigen Einbau einer qualitativ\nhochwertigen "Beamer- und Soundanlage", Änderungen beim Einbau von\nhochwertigen Edelstahlschienen an den beiden hochwertigen Garagentoren,\nqualitativ hochwertige Armaturen und Fliesen fur das in der Garage\neinzurichtende Bad sowie sonstige hochwertige Elektroinstallationen.\n\n \n\n99\n\n \n\nDie uber den kontinuierlichen Kostenanstieg durch die stetigen Sonder- und\nÄnderungswunsche des Angeklagten ... beunruhigten Unternehmer fragten\nregelmaßig beim Angeklagten ... nach, ob seine Kostenzusage weiterhin gelte.\nDieser brachte zwar seinen Unmut uber die von ihm selbst als maßlos\nempfundenen Forderungen des Angeklagten ... fur den Ausbau der Garage zum\nAusdruck, bestatigte aber jeweils die Kostenubernahme.\n\n \n\n100\n\n \n\n3\\. (Tatkomplex zu Ziffer 10 der Anklageschrift)\n\n \n\n101\n\n \n\nAnlasslich seines 60. Geburtstages am 12.04.2007 wunschte sich der Angeklagte\n... einen Pkw Jaguar XKR Coupe. Der Angeklagte ... war seinerzeit bereits\nBesitzer eines Pkw Jaguar und unterhielt gute geschaftliche Beziehungen zur J\n... GmbH mit Sitz in ... (nachfolgend: J GmbH).\n\n \n\n102\n\n \n\nAm 06.11.2006 begaben sich beide Angeklagte zur J GmbH und bestellten dort\nverbindlich auf den Namen des Einzelunternehmens des Angeklagten ... einen Pkw\nJaguar XKR Coupe zu einem Grundausstattungspreis in Hohe von rund 95.000,00 €.\nAuf dem handschriftlich ausgefullten Bestellformular vom 06.11.2006, das der\nAngeklagte ... unterzeichnete, wurde vereinbart, dass der endgultige\nVerkaufspreis noch in einem personlichen Gesprach festgelegt werden sollte.\nVon Anbeginn war beiden Angeklagten dabei bewusst, dass der Angeklagte ... in\nder Folgezeit noch zusatzliche Sonderausstattungswunsche anbringen wurde. Der\nAngeklagte ... hatte sich auf die Forderung des Angeklagten ... bereit\nerklart, alle Kosten zu ubernehmen.\n\n \n\n103\n\n \n\nIn der Folgezeit suchte der Angeklagte ... gemeinsam mit seiner Ehefrau\nmehrmals die J GmbH auf, um Sonderwunsche anzubringen. Der Angeklagte ...\nerhielt die Auftragsbestatigung vom 16.01.2007 uber die Bestellung des Pkw\nJaguar XKR Coupe mit Sonderausstattungen zu einem Gesamtbetrag in Hohe von\nbrutto 98.010,01 €. Wegen der guten geschaftlichen Beziehungen des Angeklagten\n... zur ... GmbH war ein Nachlass in Hohe von netto 9.082,62 € gewahrt worden.\n\n \n\n104\n\n \n\nNach Anlieferung des Fahrzeugs vereinbarte Herr ..., der zustandige Verkaufer,\nmit dem Angeklagten ... als Abholtermin den 29.03.2007. Die von der ... GmbH\nvorbereiteten Rechnungsunterlagen waren auf Veranlassung des ... Angeklagten\n... zwischenzeitlich auf den Namen des Angeklagten ... umgeschrieben worden.\n\n \n\n105\n\n \n\nDer Angeklagte ... fuhr am 29.03.2007 in der Mittagszeit gemeinsam mit seiner\nEhefrau zur Abholung. Herr ... lehnte die Aushandigung des Fahrzeugs jedoch\nab, weil der Angeklagte ... das Fahrzeug nicht bar bezahlen konnte und eine\nÜberweisung des Kaufpreises nicht erfolgt war. Den Angeklagten ..., der davon\nausgegangen war, dass er sich nicht um die Kaufpreiszahlung kummern musste,\ntraf dies unvorbereitet. Er verließ gemeinsam mit seiner Ehefrau das Autohaus\nmit dem Bemerken, den entsprechenden Bargeldbetrag besorgen zu wollen.\nUmgehend telefonierte er sodann mit dem Angeklagten ..., der zusagte, das Geld\ngleich zu besorgen. In diesem Telefonat vereinbarten die Angeklagten zudem auf\nAnregung des Angeklagten ..., dass der Angeklagte ... ebenfalls eine dem\nKaufpreis entsprechende Barabhebung von seinem Konto vornehmen sollte. Dadurch\nsollte er - falls erforderlich- eine angebliche eigene Zahlung belegen und den\ntatsachlichen Zahlungsfluss verschleiern konnen.\n\n \n\n106\n\n \n\nVereinbarungsgemaß hob der Angeklagte ... bei der ...kasse Peine sodann gegen\n14.20 Uhr zunachst 50.000,00 € in bar vom eigenen Girokonto sowie weitere\n43.000,00 € in bar vom Konto seines am 23.02.2007 verstorbenen Vaters ... ab.\nAnschließend verbrachte er diesen Bargeldbetrag in Hohe von insgesamt\n93.000,00 € in das dortige Schließfach seines Sohnes mit der Nummer 514, fur\ndas auch der Angeklagte selbst verfugungsberechtigt war. Wahrend dessen hob\nder Angeklagte ... um 14.50 Uhr einen Bargeldbetrag in Hohe von 100.000,00 €\nvon seinem Konto mit der Nummer 900280654 bei der ...kasse Hannover ab und\nuberbrachte das Bargeld anschließend dem Angeklagten ... direkt zum\nvereinbarten Treffpunkt vor dem Autohaus. Gegen 16.00 Uhr begab sich der\nAngeklagte ... sodann ein zweites Mal gemeinsam mit seiner Ehefrau m das\nAutohaus und ubergab dort von dem zuvor erhaltenen Gesamtbargeldbetrag den\nKaufpreis. Der auf seinen Namen zugelassene Pkw Jaguar wurde ihm ubergeben.\nZugleich erhielt der Angeklagte ... die auf seinen Namen ausgestellte Rechnung\nder ... GmbH vom 27.03.2007 uber den vorgenannten Kaufpreis mit\nhandschriftlichem Vermerk uber den erhaltenen Bargeldbetrag vom 29.03.2007.\n\n \n\n107\n\n \n\n4\\. (Tatkomplex zu Ziffer Nr. 11 der Anklageschrift)\n\n \n\n108\n\n \n\nIn den Folgejahren 2008 bis 2010 kamen die Angeklagten ... und ... weiterhin\ndarin uberein, dass der Angeklagte ... fur die Kosten fur Werkstattarbeiten an\ndem Pkw Jaguar Coupe aufkommen sollte.\n\n \n\n109\n\n \n\nDer Angeklagte ... ließ den Angeklagten ... jeweils Termine mit der Werkstatt\nder ... GmbH vereinbaren. Dabei war beiden klar, dass ... auch die Kosten der\nWerkstattarbeiten ubernehmen wurde. Zur Verschleierung des zwischen beiden\nAngeklagten bestehenden korruptiven Beziehungsgeflechts erfolgte die\nÜbersendung der Rechnungen auf Veranlassung des Angeklagten ... nach Absprache\nmit dem Werkstattleiter Herrn ... jeweils an ... personlich fur vermeintlich\nan dessen eigenen Pkw Jaguar mit dem amtlichen Kennzeichen ... erbrachte\nArbeiten.\n\n \n\n110\n\n \n\nim Einzelnen bezahlte der Angeklagte ... folgende Rechnungen fur Inspektionen\nund Reparaturen:\n\n \n\n111\n\n \n\na) Rechnung vom 11.12.2008 in Hohe von brutto 293,64 €,\n\n \n\n112\n\n \n\nb) Rechnung vom 20.05.2009 in Hohe von brutto 1.323,85 €,\n\n \n\n113\n\n \n\nc) Rechnung vom 20.10.2009 in Hohe von brutto 253,30 €,\n\n \n\n114\n\n \n\nd) Rechnung vom 21.04.2010 in Hohe von brutto 439,26 €.\n\n \n\n115\n\n \n\n5\\. (Tatkomplex zu Ziffer 4 der Anklageschrift)\n\n \n\n116\n\n \n\nNeben der zu Tat 2. genannten Arbeiten an der Garage sollte auch der\nAngeklagte ... Arbeiten unentgeltlich fur den Angeklagten ... leisten.\nVereinbarungsgemaß erbrachte der Angeklagte ... mit seinen Mitarbeitern auf\ndem Grundstuck in Mardorf im April und Mai 2010 unentgeltlich\nPflasterarbeiten, Zaunbauarbeiten, Rodungsarbeiten sowie Boden- und\nAufraumarbeiten in einem Gesamtwert von brutto 7.883,75 €.\n\n \n\n117\n\n \n\nDie Arbeiten wurden zumindest am 29.04., 03.05., 04.05. und 17.05.2010 von\nMitarbeitern des Angeklagten ... ausgefuhrt. Die inhaltliche Ausfuhrung der\nArbeiten besprachen die Angeklagten ... und ... unter anderem telefonisch am\n29.04., 03.05. und 17.05.2010. Am 03.05., 04.05.. Am 17.05.2010 besprach der\nAngeklagte ... zudem die Arbeiten fernmundlich mit seinen Mitarbeitern. In\neinem am 03.05.2010 um 15.56 Uhr gefuhrten Telefonat bedankte sich der\nAngeklagte ... ausdrucklich beim Angeklagter ... fur die bis dahin geleistete\nhervorragende Arbeit.\n\n \n\n118\n\n \n\n6\\. (Ziffer 23 der Anklageschrift)\n\n \n\n119\n\n \n\nDer Angeklagte ... ist weiterhin Eigentumer eines Grundstucks mit einer Große\nvon 4.604 qm in der Gemarkung Sievershausen, eingetragen im Grundbuch von\nSievershausen im Grundbuchblatt ..., Flur ..., Flurstuck ... . Dieses\nGrundstuck sollte nach dem Willen des Angeklagten ... Anfang des Jahres 2010\nauf einer Mindestlange von 250 m eingezaunt und dazu freigeschnitten werden.\nZwecks Durchfuhrung dieser Arbeiten kamen die Angeklagten ... und ...\nebenfalls darin uberein, dass diese Arbeiten vom Angeklagten ... unentgeltlich\nausgefuhrt werden sollten. Absprachegemaß erbrachte der Angeklagte ... mit\nseinen Mitarbeitern die Arbeiten unentgeltlich zu Gunsten des Angeklagten ...\nin einem Umfang von mindestens brutto 5.000,00 €.\n\n \n\n120\n\n \n\n7\\. (Tatkomplex zu Ziffer 33 der Anklageschrift)\n\n \n\n121\n\n \n\nIm Juli 2010 beabsichtigte der Angeklagte ... erneut, seinen Urlaub mit seiner\nFamilie im Ferienhaus in Antibes zu verbringen. Dort befand sich der auf den\nAngeklagten ... zugelassene Pkw Suzuki mit dem amtlichen Kennzeichen ... 81,\ndessen TÜV- Hauptuntersuchung fallig war. Dies erzahlte der Angeklagte dem\nAngeklagten ... dem Angeklagten ... . Der Angeklagte ... der Herrn Dipl.-Ing.\n..., einen Prufingenieur der Überwachungsorganisation KÜS, kannte, bot dem\nAngeklagten ... an, ... zu veranlassen, die Durchfuhrung einer\nHauptuntersuchung fur den Pkw Suzuki ohne Vorfuhrung des Pkw zu bescheinigen.\nDer Angeklagte ..., der eine Ruckfuhrung des Fahrzeugs nach Deutschland\nvermeiden wollte, nahm das Angebot des Angeklagten ... an. Absprachegemaß ließ\nsich der Angeklagte ... daraufhin von dem Angeklagten ... die Fahrzeugpapiere\nund das Kennzeichen des Pkw Suzuki aushandigen und uberredete Herrn ... dazu,\nam 28.07.2010 vorschriftswidrig ohne Vorfuhrung des Pkw die amtliche\nHauptuntersuchung zu bescheinigen und die Prufplakette anzubringen. Die\nhierfur erforderliche Prufgebuhr in Hohe von 58,00 € zahlte der Angeklagte\n..., ohne dass ihm der Angeklagte ... diesen Betrag ersetzte.\n\n \n\n122\n\n \n\nAm 29.07.2010 ubergab der Angeklagte ... dem Angeklagten ... absprachegemaß\ndas Kennzeichen und die Unterlagen fur das Fahrzeug. Anders als bei den zu\nZiffn. 1.- 6. genannten Zuwendungen, war diese vom Angeklagten ... angebotene\nZuwendung ausschließlich als Gefalligkeit fur den Angeklagten ... gedacht, fur\ndie er keine pflichtwidrige Gegenleistung erwartete. Die Vereinbarung\nhinsichtlich dieser Vorgehensweise erfolgte aber im Bewusstsein beider\nAngeklagter, sich hierdurch zumindest das Wohlwollen und die personliche\nGeneigtheit des Angeklagten ... im Hinblick auf weitere Auftragsvergaben bzw.\nGegenzeichnungen von Rechnungen des Angeklagten ... zu erkaufen.\n\n \n\n123\n\n \n\n(Taten zu den Ziffern 8 - 16)\n\n \n\n124\n\n \n\nSpatestens ab Mitte des Jahres 2005 entwickelte sich auch eine korruptive\nBeziehung zwischen den Angeklagten ... und ... . Die Angeklagten ... und ...\nkannten sich zu diesem Zeitpunkt bereits aus zahlreichen Treffen im\nZusammenhang mit den Arbeiten des Einzelunternehmens des Angeklagten ... im\nortlichen Zustandigkeitsbereich der Autobahnmeisterei Braunschweig. Der\nAngeklagte ... war als technischer Mitarbeiter insbesondere mit der\nÜberwachung, der Erstellung von Aufmaßen und der Betreuung der auch vom\nEinzelunternehmen des Angeklagten … durchgefuhrten Arbeiten betraut. Er wusste\nauch bereits von der bestehenden korruptiven Beziehung zwischen dem\nAngeklagten und ... und ..., weshalb auch er zu seinen Gunsten die Beziehung\nzu dem zahlungskraftigen Angeklagten ... zu seinem eigenen Vorteil ausnutzen\nwollte.\n\n \n\n125\n\n \n\nDer Angeklagte ... erhielt im Juli 2005 von dem Angeklagten ... 2.000,00 € fur\nseine Hochzeitsreise sowie kurz danach 9.000,00 € fur den Kauf eines PKW\nSharan. Seine Ehefrau, ... wusste nicht, dass ihr Ehemann diese Zuwendungen\nerhalten hatte. Auch in der Folgezeit erfuhr sie weder vom Angeklagten ...\nnoch auf sonstige Weise, dass der Angeklagte ... ihrem Ehemann Bargeld gab und\nRechnungen fur Werkstattarbeiten beglich. Dies gilt auch fur die spatere\nLebensgefahrtin und zweite Ehefrau ... .\n\n \n\n126\n\n \n\nBeiden Angeklagten war bewusst, dass mit den nachfolgend im einzelnen\ngenannten Zuwendungen zukunftige pflichtwidrige Dienstausubungen des\nAngeklagten ... insoweit verknupft sein sollten, als dieser den Angeklagten\n... bei der Auftragsvergabe außerhalb seines Zustandigkeitsbereichs\nunterstutzen und bei ausgefuhrten Auftragen des Angeklagten ... die\nanschließenden Abrechnungen zu dessen Gunsten seinerseits durch uberhohte\nAufmasse manipulieren wurde. Diese Vereinbarung lag jeder der nachfolgenden\nZuwendungen stillschweigend zugrunde. Dementsprechend traf sich der Angeklagte\n... vielfach, zum Teil auch an Wochenenden, mit dem Angeklagten ... um diverse\nEinzelheiten zu den Aufmanipulationen, aber auch fur neue Arbeiten im\nortlichen Zustandigkeitsbereich der Autobahnmeisterei Braunschweig zu\nbesprechen, um so zu gewahrleisten, dass der Angeklagte ... stets ausreichend\nmit Arbeiten im ortlichen Zustandigkeitsbereich der Autobahnmeisterei bedacht\nwird.\n\n \n\n127\n\n \n\nIm Einzelnen hierzu:\n\n \n\n128\n\n \n\n8\\. (Ziffer 38 der Anklageschrift)\n\n \n\n129\n\n \n\na) Ab Ende 2005 war der Angeklagte auf der Suche nach einer großeren Wohnung,\nda seine Ehefrau Zwillinge erwartete. Er bewohnte zu dem Zeitpunkt mit seiner\nEhefrau eine 65 qm große Wohnung in Helmstedt, fur die sie eine Warmmiete von\nmonatlich 500,00 € zahlten. Der Angeklagte ... interessierte sich insbesondere\nfur ein zum Kauf angebotenes Einfamilienhaus in Helmstedt-Emmerstedt, Auf der\nHohe 22, mit einer Grundstucksgroße von 650 qm. Aufgrund der schlechten\nEigenkapitalquote der Eheleute kam eine Fremdfinanzierung uber Banken fur den\nangebotenen Kaufpreis in Hohe von 169.000,00 € nicht zustande. Der Angeklagte\n... trat daraufhin hilfesuchend an den Angeklagten ... heran, damit dieser das\nHaus erwerbe und ihm anschließend kostenfrei zur Verfugung stelle. Die\nAngeklagten ... und ... kamen so darin uberein, dass der Angeklagte ... den\nErwerb der vom Angeklagten ... begehrten Immobilie initiieren und anschließend\ndem Angeklagten ... kostenfrei zur Verfugung stellen sollte. Zur\nVerschleierung der beabsichtigten korruptiven Zuwendungen bezeichnete der\nAngeklagte ... den Angeklagten ... wahrend der Verkaufsverhandlungen mit dem\nVerkaufer ... als seinen Vater. Der Kaufvertrag wurde sodann zwischen den\nSohnen des Angeklagten ... und ... als Kaufer sowie dem Verkaufer ... am\n23.01.2006 zu einem Kaufpreis in Hohe von 150.000,00 € notariell beurkundet.\n\n \n\n130\n\n \n\nDer Angeklagte ... bewohnte ab Juni 2006 gemeinsam mit seiner Ehefrau das\nEinfamilienhaus. Zur Verschleierung des letztlich bezweckten unentgeltlichen\nWohnens vereinbarten die Angeklagten ... und ..., dass der Angeklagte ... zwar\nmonatlich 400,00 € Kaltmiete zuzuglich anfallender Nebenkosten an ... und ...\nals Vermieter uberweisen sollte, er die Kaltmiete jedoch - ohne deren Wissen -\nwiederum monatlich in bar vom Angeklagten ... zuruckerhalten wurde.\n\n \n\n131\n\n \n\nNach der Trennung der Eheleute im Januar 2007 blieb ... bis Juli 2007 in dem\nHaus. Ab August 2007 bewohnte es der Angeklagte mit seiner spateren zweiten\nEhefrau bis August 2010. Der Angeklagte ... erhielt wahrend der gesamten Zeit\nmonatlich Bargeldzuwendungen in Hohe der Nettokaltmiete von mindestens 400,00\n€, mithin insgesamt mindestens 20.400,00 €.\n\n \n\n \n\nb-k)\n\n \n\n132\n\n \n\nDer Angeklagte ... (leistete in der Folgezeit Zahlungen fur diverse\nEinrichtungsgegenstande an den Angeklagten ..., der sich jeweils an ihn wandte\nund unter Hinweis auf seine schlechte finanzielle Situation unterstutzt werden\nwollte:\n\n \n\n133\n\n \n\nb) auf Rechnungen des Mobelhauses Porta vom 06.07.2006 fur Esstisch und Stuhle\nin Hohe von insgesamt brutto 1.775,00 €, in Hohe von brutto 1.729,00 € fur ein\nKinderzimmer und brutto 1.076,00 € fur eine Wohnwand jeweils die Halfte,\ninsgesamt 2.290,00 €,\n\n \n\n134\n\n \n\nc) auf die Rechnung des Media Marktes vom 08.07.2006 fur einen Fernseher nebst\nZubehor den vollen Rechnungsbetrag in Hohe von brutto 1.126,00 €,\n\n \n\n135\n\n \n\nd) auf die Rechnungen des Mobelhauses Hesse vom 14.07.2007 fur\nEinrichtungsgegenstande wie Lattenrahmen, Matratze, Schlafzimmer und\nKleiderschrank jeweils die vollen Rechnungsbetrage in Hohe von jeweils brutto\n1.846,00 €, 4.955,00 € und weiteren 155,00 €, mithin insgesamt brutto 6.956,00\n€,\n\n \n\n136\n\n \n\ne) auf die Rechnung des Unternehmens CHALET vom 05.08.2008 fur zwei Stuhle und\neinen Tisch den Gesamtrechnungsbetrag in Hofle von brutto 500,00 €,\n\n \n\n137\n\n \n\nf) auf die Rechnung des Unternehmens Media Markt vom 17.09.2006 fur einen\nStaubsauger den vollen Rechnungsbetrag in Hohe von brutto 222,00 €,\n\n \n\n138\n\n \n\ng) auf die Rechnung des Mobelhauses Hesse vom 07.10.2007 fur eine Sitzgarnitur\nden vollen Rechnungsbetrag in Hohe vor brutto 1.800,00 €,\n\n \n\n139\n\n \n\nh) auf die Rechnung des Unternehmens Media Markt vom 11.10.2008 fur einen PC\nApple nebst Druckerden vollen Rechnungsbetrag in Hohe von brutto 1.623,99 €,\n\n \n\n140\n\n \n\ni) auf die Rechnung des Unternehmens Media Markt vom 31.10.2007 fur ein\nweiteres Fernsehgerat den vollen Rechnungsbetrag in Hohe von brutto 599,00 €,\n\n \n\n141\n\n \n\nj) fur in der Zeit zwischen Juli 2006 und Marz 2010 angeschaffte Gartenmobel\nden vollen Betrag in Hohe von brutto 1.900,00 €,\n\n \n\n142\n\n \n\nk) fur einen in der Zeit zwischen Juli 2006 und Marz 2010 angeschafften\nKaffeeautomaten den vollen Betrag in Hohe von brutto 2.000,00 €.\n\n \n\n143\n\n \n\n(Taten zu Ziffer 9 - 16)\n\n \n\n144\n\n \n\nDer Angeklagte ... leistete in der Folgezeit weitere Zahlungen an den\nAngeklagten ..., nachdem dieser sich wiederum jeweils an ihn gewandt hatte und\nunter Hinweis auf seine schlechte finanzielle Situation unterstutzt werden\nwollte. In gleicher Weise ubernahm er die Kosten fur Werkstattarbeiten der\nFahrzeuge des Angeklagten ... und seiner Ehefrauen:\n\n \n\n145\n\n \n\n9\\. (Tatkomplex zu Ziffer 39 der Anklageschrift)\n\n \n\n146\n\n \n\nAnlasslich der Geburt der Zwillingskinder am 10.05.2006 ubergab der Angeklagte\n... dem Angeklagten ... 2.500,00 € in bar. Der Angeklagte ... nahm dieses Geld\nentgegen und verbrauchte es.\n\n \n\n147\n\n \n\n10\\. (Tatkomplex zu Ziffer 40 der Anklageschrift)\n\n \n\n148\n\n \n\nDer Angeklagte ... zahlte dem Angeklagten ... in der Zeit von Dezember 2007\nbis Marz 2010 regelmaßig uber die zu Tat 8. genannten Zahlungen hinaus jeweils\nweitere 200,00 € in bar. Diese Zahlungen sollten auch der Entschadigung des\nAngeklagten ... fur dessen zusatzliche Fahrtkosten im Zusammenhang mit den\nregelmaßig beruflich veranlassten Treffen der beiden Angeklagten an\nWochenenden und außerhalb der Dienstzeiten des Angeklagten ... zur Besprechung\nund weiteren Erorterung der Abrechnungsmodalitaten fur die durchgefuhrten\nArbeiten des Einzelunternehmens des Angeklagten ... dienen. Im vorgenannten\nZeitraum von Dezember 2007 bis Marz 2010 erhielt der Angeklagte ... mithin\ninsgesamt mindestens 5.600,00 € Schmiergelder in bar vom Angeklagten ... . Im\nGegenzug erhielt der Angeklagte ... Tankquittungen, um diese als\nBetriebskosten steuerlich geltend machen zu konnen.\n\n \n\n149\n\n \n\n11\\. (Tatkomplex zu Ziffer 44 der Anklageschrift)\n\n \n\n150\n\n \n\nNach der Trennung des Angeklagten ... von seiner ersten Ehefrau uberließ der\nAngeklagte ... ihr den PKW Sharan, wahrend er ihren PKW Polo nutzte. Dieses\nFahrzeug wollte er Mitte des Jahres 2007 gegen einen gebrauchten Pkw VW Touran\naustauschen. Absprachegemaß sollte der Angeklagte ... diesen Pkw bei dem\n"Autohaus am Kurpark" in Bad Munder erwerben; jenem Autohaus, welches\nsamtliche Firmenfahrzeuge des Einzelunternehmens des Angeklagten ...\nseinerzeit lieferte und wartete, weshalb der Angeklagte ... gunstigere\nKaufkonditionen erwarten durfte. Der Angeklagte ... erwarb um den 14.09.2007\nbeim "Autohaus am Kurpark" in Bad Munder einen gebrauchten Pkw VW Touran mit\ndem amtlichen Kennzeichen ... Hierzu ubergab ihm der Angeklagte ...\nanschließend vereinbarungsgemaß die Anzahlungssumme in Hohe von 7.000,00 € in\nbar.\n\n \n\n151\n\n \n\n12\\. (Tatkomplex zu Ziffer 45 der Anklageschrift)\n\n \n\n152\n\n \n\nAnfang des Jahres 2008 beabsichtigte der Angeklagte ... erneut einen Pkw VW\nTouran zu erwerben. Hierzu sprach er den Angeklagten ... Wiederum auf\nÜbernahme der Kosten an. Vereinbarungsgemaß erwarb der Angeklagte ... sodann\num den 29.02.2008 einen weiteren VW Touran zu einem Kaufpreis in Hohe von\nbrutto 21.500,00 €. Den nach Inzahlungnahme des zu Tat 11. genannten VW Touran\nverbleibenden Restkaufpreis in Hohe von 9.500,00 € zahlte der Angeklagte ...\nin bar an den Angeklagten ...\n\n \n\n153\n\n \n\n13\\. (Tatkomplex zu Ziffer 46 der Anklageschrift)\n\n \n\n154\n\n \n\nNach der Trennung von seiner ersten Ehefrau schloss der Angeklagte ... am\n20.02.2007 einen Darlehensvertrag uber einen Gesamtbetrag von 24.660,60 € mit\nder ... Consumer Bank AG. Damit loste er einen fruheren gemeinsamen Kredit der\nEheleute ab. Er zahlte nunmehr monatliche Raten in Hohe von rund 400.00 €. Im\nGegenzug verzichtete ... freiwillig auf Ehegattenunterhalt. Im Oktober 2008\ntrat der Angeklagte ... abermals an den Angeklagten ... heran; diesmal mit dem\nAnliegen, ihm auch bei der Ablosung des Darlehensbetrages behilflich zu sein.\nDer Angeklagte ... entsprach der Aufforderung des Angeklagten ... Er hob am\n30.10.2008 20.000,00 € in bar von seinem Privatkonto mit der Kontonummer 1...\nbei der ...kasse Hannover ab und ubergab diesen Betrag bar dem Angeklagten\n..., der rund 18.000,00 € fur die vorzeitige Kreditablosung verwendete und den\nRest fur sich verbrauchte.\n\n \n\n155\n\n \n\nZur Verschleierung der Kauflichkeit des Angeklagten ... uberlegten beide\nAnfang 2009, zum Schein einen Darlehensvertrag zu schließen, da sie durch die\nzwischenzeitlich erfolgte Durchsuchung beim Angeklagten ... beunruhigt worden\nwaren. Der Angeklagte ... ließ durch den Rechtsanwalt ... in Hannover einen\nDarlehensvertragsentwurf zwischen dem Angeklagten ... und den Sohnen des\nAngeklagten ... uber eine Darlehensnettosumme in Hohe von 18.000,00 € mit\neinem Darlehenjahreszins von 3,5 % mit Ratenzahlungen in Hohe von 200,00 € ab\n01.04.2009 entwerfen.\n\n \n\n156\n\n \n\nDieser Darlehensvertrag wurde jedoch weder unterzeichnet noch sollte\nentsprechend verfahren werden. Beide Angeklagten waren sich einig, dass auch\ndiese gezahlten 20.000,00 € vom Angeklagten ... - nicht zuruckgezahlt werden\nsollten.\n\n \n\n157\n\n \n\n14\\. (Tatkomplex zu Ziffer 35 der Anklageschrift)\n\n \n\n158\n\n \n\nIn der Zeit von April 2008 bis Mai 2010 trat der Angeklagte ... mindestens\nfunf Mal an den Angeklagten ... heran und forderte diesen auf, notwendige\nReparaturen und Inspektionen an dem wahrend dieser Zeit von seiner\ngeschiedenen Ehefrau genutzten Pkw VW Sharan mit dem amtlichen Kennzeichen ...\nubernehmen. Die Angeklagten ... und ... vereinbarten hierzu, dass der\nAngeklagte ... jeweils den Pkw VW Sharan zum vorgenannten "Autohaus am\nKurpark" in Bad Munder bringen und dort reparieren bzw. inspizieren lassen\nsollte. Der Angeklagten ... vereinbarte mit den fur die Rechnungslegung im\nUnternehmen "Autohaus am Kurpark" in Bad Munder zustandigen Mitarbeitern ...\nund ... hierzu, dass das Autohaus fur die am Fahrzeug getatigten Arbeiten\nzunachst auf nachst auf den Namen des Angeklagten ... entsprechende Rechnungen\nausstellen, diese jedoch anschließend wieder stornieren sollten. Die\ntatsachlich erbrachten Leistungen sollten sodann in fiktiven Rechnungen als\nvermeintliche Leistungen fur Firmenfahrzeuge des Angeklagten ... in Rechnung\ngestellt und anschließend von diesem bezahlt werden.\n\n \n\n159\n\n \n\nDer Angeklagte ... bezahlte dementsprechend folgende Rechnungen:\n\n \n\n160\n\n \n\na) Rechnung vom 11.04.2008 in Hohe von brutto 1.842,79 €,\n\n \n\n161\n\n \n\nb) Rechnung vom 20.06.2008 in Hohe von brutto 1.322,98 €,\n\n \n\n162\n\n \n\nc) Rechnung vom 29.08.2009 in Hohe von brutto 434,52 €,\n\n \n\n163\n\n \n\nd) Rechnung vom 22.03.2010 in Hohe von brutto 1.998,13 €,\n\n \n\n164\n\n \n\ne) Rechnung vom 18.05.2010 in Hohe von brutto 929,79 €.\n\n \n\n165\n\n \n\nDer Angeklagte erlangte mithin hinsichtlich der vorgenannten Taten zu a) bis\ne) eine Ersparnis von Aufwendungen in Hohe von insgesamt 6.528,21 €.\n\n \n\n166\n\n \n\n15\\. (Tatkomplex zu Ziffer 36 der Anklageschrift)\n\n \n\n167\n\n \n\nÜber die vorgenannten Zuwendungen zur Ziffer 14 a) bis e) hinaus vereinbarten\ndie Angeklagten in entsprechender Vorgehensweise, dass der Angeklagte ... die\nÜbernahme von Reparatur- und Inspektionskosten auch fur den von ihm genutzten\nPkw VW Polo mit dem amtlichen Kennzeichen ... sowie fur die nacheinander von\nseiner zweiten Ehefrau genutzten Pkw VW Polo mit den amtlichen Kennzeichen ...\nund ... ubernehmen wurde.\n\n \n\n168\n\n \n\nDer Angeklagte ... ubernahm folgende Kosten fur Reparaturen und Inspektionen,\ndie samtlich im "Autohaus am Kurpark" in Bad Munder durchgefuhrt wurden:\n\n \n\n169\n\n \n\na) Rechnung vom 22.03.2007 (...) Hohe von brutto 138,83 €.\n\n \n\n170\n\n \n\nb) Rechnung vom 11.04.2007 (...) in Hohe von brutto 505,63 €.\n\n \n\n171\n\n \n\nc) Rechnung vom 09.12.2008 (...) in Hohe von brutto 91,48 €.\n\n \n\n172\n\n \n\nDer Angeklagte erlangte mithin hinsichtlich der vorgenannten Taten zu a) bis\nc) eine Ersparnis von Aufwendungen in Hohe von insgesamt 735,94 €.\n\n \n\n173\n\n \n\n16\\. (Tatkomplex zu Ziffer 37 der Anklageschrift)\n\n \n\n174\n\n \n\nEntsprechend der vorgenannten Vorgehensweise zu den Ziffern 14. und 15.\nubernahm der Angeklagte ... auch in der Zeit von November 2008 bis Marz 2010\nInstandsetzungs- und Reparaturleistungen hinsichtlich des vom Angeklagten ...\npersonlich genutzten Pkw VW Touran mit dem amtlichen Kennzeichen ...\n\n \n\n175\n\n \n\nDer Angeklagte ... zahlte folgende Rechnungen:\n\n \n\n176\n\n \n\na) Rechnung vom 18.11.2008 in Hohe von brutto 146,00 €,\n\n \n\n177\n\n \n\nb) Rechnung vom 28.11.2008 in Hohe von brutto 108,53 €,\n\n \n\n178\n\n \n\nc) Rechnung vom 20.01.2009 in Hohe von brutto 1.260,11 €,\n\n \n\n179\n\n \n\nd) Rechnung vom 16.03.2009 in Hohe von brutto 320,47 €,\n\n \n\n180\n\n \n\ne) Rechnung vom 19.03.2009 in Hohe von brutto 93,63 €,\n\n \n\n181\n\n \n\nf) Rechnung vom 28.09.2009 in Hohe von brutto 1.010,49 €,\n\n \n\n182\n\n \n\ng) Rechnung vom 30.10.2009 in Hohe von brutto 194,02 €,\n\n \n\n183\n\n \n\nh) Rechnung vom 12.03.2010 in Hohe von brutto 2.383,05 €,\n\n \n\n184\n\n \n\ni) Rechnung vom 27.03.2010 in Hohe von brutto 657,72 €.\n\n \n\n185\n\n \n\nDer Angeklagte ... erlangte mithin insgesamt hinsichtlich der vorgenannten\nTaten zu a) bis i) eine Ersparnis von Aufwendungen in Hohe von insgesamt\n7.174,02 €.\n\n \n\n186\n\n \n\n17\\. (Tatkomplex zu Ziffer 25 der Anklageschrift)\n\n \n\n187\n\n \n\nZur Kompensation der vom Angeklagten ... erfolgten zahlreichen finanziellen\nZuwendungen beschlossen die drei Angeklagten Anfang 2008 gemeinsam uber die im\nZusammenhang mit den vorgenannten Taten zu den Tatkomplexen der Ziffern 1) bis\n16) im Zeitraum 2005 bis 2007 erfolgten pflichtwidrigen und außerhalb ihres\nZustandigkeitsbereichs erfolgten Auftragsfehlvergaben und der Tolerierung und\nForderung von zum Teil uberhohten Rechnungen des Angeklagten ... hinaus, dem\nAngeklagten ... betrachtliche Geldzuwendungen zu Lasten des Landes durch\nfingierte Rechnungen fur tatsachlich nicht erbrachte Arbeiten zukommen zu\nlassen.\n\n \n\n188\n\n \n\nUm auch weiterhin mit Schmiergeldern des Angeklagten ... rechnen zu konnen,\ndrangten die Angeklagter ... und ... diesen gemeinsam, Arbeitsleistungen, die\nMitarbeiter der Autobahnmeisterei Braunschweig fur den Abbau von\nWildschutzzaunen entlang der Bundesautobahn A 2 erbringen sollten, als\nArbeitsleistungen des Einzelunternehmens ... in Rechnung zu stellen und\nanschließend nach Gegenzeichnung durch den Angeklagten ... als sachlich\nrichtig uber den regionalen Geschaftsbereich Hannover der Landesbehorde fur\nStraßenbau und Verkehr an ... auszahlen zu lassen. Anfanglich zogerte der\nAngeklagte ... hinsichtlich der von den Angeklagten ... und ... gemeinsam ins\nAuge gefassten Vorgehensweise sowie des Gesamtumfanges von rund 80.000,00 €,\ndie nach Vorstellung der Angeklagten ... und ... auf mehrere Rechnungen\nverteilt werden sollten. Im Rahmen eines hierzu anberaumten Treffens zwischen\nden Angeklagten ... und ... in einer Gaststatte namens "Weißes Haus"\nentschloss sich der Angeklagte ... letztlich jedoch dazu, entsprechend zu\nhandeln.\n\n \n\n189\n\n \n\nIm Einzelnen forderte der Angeklagte ... zur Ausfuhrung dieses gemeinsamen\nPlanes den bei der Autobahnmeisterei als Kolonnenfuhrer beschaftigten\nMitarbeiter ... mit der Durchfuhrung von Arbeiten zum Abbau eines\nWildschutzverbisszaunes entlang der BAB A 2 auf. Diese Arbeiten wurden in der\nZeit von Fruhjahr bis Herbst 2008 von den Mitarbeitern der Autobahnmeisterei\nBraunschweig unter Leitung des Kolonnenfuhrers ... erbracht.\n\n \n\n190\n\n \n\nDer Angeklagte ... drangte ... zur Beschleunigung der Arbeiten, um den Abbau\nvoranzutreiben. Die Angeklagten waren sich dabei sicher, dass die anschließend\ngeplante Abrechnung dieser Arbeiten uber das Einzelunternehmen des Angeklagten\n... nicht auffallen wurde, da diese Arbeiten nachweisbar erledigt sein wurden.\nUm die anschließend zu erstellenden Rechnungen des Angeklagten ... sowie die\ndazugehorigen Aufmaße auf die tatsachlich erledigten Arbeiten inhaltlich\nabstimmen zu konnen, forderte der Angeklagter ... den Kolonnenfuhrer ... im\nFruhjahr und im Herbst 2008 auf, zum Nachweis der durchgefuhrten Arbeiten die\nbearbeiteten Abschnitte der BAB A 2 exakt zu bezeichnen und aufzuschreiben.\nDieser - sonst unublichen - Aufforderung kam der Zeuge ... nach, indem er\njeweils handschriftliche Vermerke, datiert auf den 22.04. und 16.10.2008\nubergab. Er fuhrte darin jeweils die genauen Streckenabschnitte und die\nabgebaute Zaunlange auf. Diese Aufzeichnungen dienten spater absprachegemaß\nals tatsachliche Grundlage fur die in der Folgezeit vom Angeklagten ...\nerstellten Scheinrechnungen. Die den Rechnungen beigefugten fingierten\nAufmaßblatter unterzeichneten die Angeklagten ... und ... Die sodann bei der\nAutobahnmeisterei Braunschweig eingereichten Rechnungen des Angeklagten ...\nzeichnete der Angeklagte ... als sachlich richtig ab und leitete sie an die\nLandesbehorde weiter. Die Rechnungen wurden anschließend von der Landesbehorde\nfur Straßenbau und Verkehr in Hannover bezahlt.\n\n \n\n191\n\n \n\nIm Einzelnen handelte es sich dabei um folgende Rechnungen:\n\n \n\n192\n\n \n\n\\- Rechnung vom 08.05.2008 (Rechnungsnummer: 080234) in Hohe von netto\n7.375.00 € fur geleistete Arbeiten an. den Streckenkilometerabschnitten\n187,000 bis 187,700 Richtung Berlin und 186,200 bis 186,850 Richtung Hannover,\n\n \n\n193\n\n \n\n\\- Rechnung vom 08.05.2008 (Rechnungsnummer: 080235) in Hohe von netto\n12.035,00 € fur geleistete Arbeiten an den Streckenkilometerabschnitten\n191,300 bis 192,000 und 192,100 bis 192,500, jeweils Richtung Hannover,\n\n \n\n194\n\n \n\n\\- Rechnung vom 19.05.2008 (Rechnungsnummer: 080240) in Hohe von netto\n6.735.00 € fur geleistete Arbeiten entlang der Streckenkilometerabschnitte\n189,150 bis 189,450 und 189,550 bis 189,900, jeweils Richtung Hannover,\n\n \n\n195\n\n \n\n\\- Rechnung vom 23.10.2008 (Rechnungsnummer: 080563) in Hohe von netto\n6.050.00 € fur geleistete Arbeiten entlang der Streckenkilometerabschnitte\n190,100 bis 190,800 und 192,600 bis 192,950 jeweils Richtung Hannover,\n\n \n\n196\n\n \n\n\\- Rechnung vom 23.10.2008 (Rechnungsnummer: 080564) in Hohe von netto\n7.530,00 € fur geleistete Arbeiten entlang der Streckenkilometerabschnitte\n183,200 bis 181,800 Richtung Berlin,\n\n \n\n197\n\n \n\n\\- Rechnung vom 23.10.2008 (Rechnungsnummer: 080565) in Hohe von netto\n7.265,00 € fur geleistete Arbeiten entlang des Streckenkilometerabschnitts\n177,450 bis 176,100 Richtung Berlin,\n\n \n\n198\n\n \n\n\\- Rechnung vom 26.03.2009 (Rechnungsnummer 090129) in Hohe von netto\n110.025,00 € fur geleistete Arbeiten entlang des Streckenkilometerabschnitts\n183,200 bis 181,800 Richtung Berlin -eine Strecke, die bereits in der Rechnung\n080564 abgerechnet worden war- und der Ausgleichsflache 83,200,\n\n \n\n199\n\n \n\n\\- Rechnung vom 26.03.2009 (Rechnungsnummer: 090130) in Hohe von netto\n8.545,00 € fur geleistete Arbeiten entlang der Streckenkilometerabschnitte\n177,200 bis 177,450 Richtung Hannover sowie 179,650 bis 178,900 und 183,800\nbis 183,250, jeweils Richtung Berlin,\n\n \n\n200\n\n \n\n\\- Rechnung vom 02.06.2009 (Rechnungsnummer: 090224) in Hohe von netto\n8.435,00 € fur geleistete Arbeiten entlang der Streckenkilometerabschnitte\n177,400 bis 177,200 und 177,450 bis 176,100- eine Strecke, die bereits in der\nRechnung 080565 abgerechnet worden war- jeweils Richtung Berlin.\n\n \n\n201\n\n \n\nDas Land hat auf die vorgenannten Rechnungen mithin insgesamt netto 73.995,00\n€ gezahlt.\n\n \n\n202\n\n \n\n18\\. (Tatkomplex zu Ziffer 27 der Anklageschrift)\n\n \n\n203\n\n \n\nZur weiteren Kompensation der vom Angeklagten ... bis dahin geleisteten\nBestechungsgelder und zur Erreichung weiterer Schmiergeldzahlungen beschlossen\ndie Angeklagten ... und ... Anfang des Jahres 2008 den Umstand fur sich\nauszunutzen, dass im Zustandigkeitsbereich des Geschaftsbereichs Wolfenbuttel\nseinerzeit umfangreiche Baumaßnahmen zum Luckenschluss zwischen der A 39 und\ndem Autobahnkreuz Wolfsburg/Konigslutter durch das Unternehmen ... KG)\ndurchgefuhrt wurden. Um dem Angeklagten ... die Durchfuhrung von umfangreichen\nBaumfall- und Rodungsarbeiten im Bereich der sogenannten Ohren des\nAutobahnkreuzes sowie der dazugehorigen Tangentenflachen zu ermoglichen,\nunterbreiteten die Angeklagten ... und ... Anfang des Jahres 2008 der\nFachbereichsleiterin ... sowie den Dezernatsleitern ... und ... den Vorschlag,\ndiese sich einmalig bietende Gelegenheit zu nutzen, um - durch in den\nvergangenen Jahren unterlassene Unterhaltsarbeiten an den\nEntwasserungseinrichtungen in den inneren Ohren des Autobahnkreuzes Wolfsburg-\nKonigslutter entstandene - Defizite in der Entwasserung der Fahrbahnflachen\ndurch großflachige Aufschuttungen mit den durch die Baumaßnahmen des\nUnternehmens Bunte freiwerdenden Bodenmassen innerhalb der Ohren zu beheben.\nDie Angeklagten ... und ... unterbreiteten dem Geschaftsbereich Hannover\nkonkret den Vorschlag, freiwerdende Bodenmassen in einer Großenordnung von\n60.000 bis 80.000 m3 durch die Firma ... auf die Flachen der inneren Ohren des\nAutobahnkreuzes Wolfsburg- Konigslutter aufzuschutten, um hierdurch die\nWiederherstellung einer funktionstuchtigen Entwasserung zu gewahrleisten.\nTatsachlich diente das nordwestliche innere Ohr des Autobahnkreuzes Wolfsburg-\nKonigslutter als Regenruckhaltebecken fur die innerhalb der Ohren sowie die\nauf den Fahrbahnen anfallenden Wassermengen. Die im Geschaftsbereich Hannover\nhandelnde verantwortliche Fachbereichsleiterin ... sowie der Leiter der\nregionalen Geschaftsbereichs... ließen sich von der Notwendigkeit und der\nDringlichkeit dieser Maßnahme uberzeugen und vergaben wegen besonderer\nDringlichkeit der Sanierungsmaßnahmen den Auftrag zur Durchfuhrung der\nAufschuttungsmaßnahmen hinsichtlich der freiwerdenden Bodenmaßnahmen aus dem\nBauvorhaben des Luckenschlusses der A 39 zum Autobahnkreuzes Wolfsburg-\nKonigslutter an diel ... KG. Die zwischenzeitlich zwischen der ... KG mit\neinem in der Region ansassigen Landwirt durchgefuhrten Vertragsverhandlungen\nuber die sonst erforderlich gewesenen Aufschuttungsmassen auf dessen ca. 8 ha\ngroßen Ackerland wurden daraufhin seitens des Unternehmens ... einseitig\nabgebrochen. Im Vergabevermerk des Geschaftsbereichs Hannover der\nLandesbehorde fur Straßenbau und Verkehr vom 20.05.2008 wurde stattdessen eine\nRuckvergutung zu Gunsten des Geschaftsbereichs Hannover in Hohe von 0,25 € pro\nm3 Bodenauftrag vereinbart.\n\n \n\n204\n\n \n\nBereits Anfang Marz 2008 drangten die Angeklagten ... und ... darauf hin, nun\ndie zwangslaufig durchzufuhrenden Rodungsarbeiten zur Ermoglichung der\nAufschuttungsarbeiten zeitnah abzuschließen. Entgegen der Anweisung der\nFachbereichsleiterin ... zunachst hierzu ein beschranktes Vergabeverfahren\nunter Beteiligung von mindestens drei Unternehmen zur Durchfuhrung dieser\nArbeiten durchzufuhren, forderte der Angeklagte ... nach vorheriger Abstimmung\nmit dem Angeklagten ... lediglich das Einzelunternehmen des Angeklagten ...\nsowie das weitere Unternehmen ... GmbH mit Sitz in E mit Schreiben vom\n06.03.2008 unter gleichzeitiger Übersendung eines Leistungsverzeichnisses zur\nAbgabe eines Angebots bis zum 07.03.2008 um 12.00 Uhr auf. Im\nLeistungsverzeichnis legte der Angeklagte ... 13.000 Baume mit einem\nDurchmesser von 0,1 m bis 0,3 m sowie rund 10.000 Baume mit einem großeren\nDurchmesser - jeweils 1 m uber dem Erdboden- zugrunde.\n\n \n\n205\n\n \n\nBereits am 05.03.2008 hatte der Leiter der Autobahnmeisterei Wolfenbuttel,\nHerr ..., dessen Geschaftsbereich fur die Baumaßnahme zustandig war und der\nletztlich vollstandig fur die Kosten der Verfullung aufkommen sollte, der\nFachbereichsleiterin ... mitgeteilt, dass er die Schatzung des Angeklagten ...\nfur deutlich uberhoht halte. Den Angeklagten ... und ... bot er an, im Wege\nder Amtshilfe eine genauere Bestimmung der Stuckzahl der zu rodenden Baume\nvorzunehmen. Dies wurde sowohl vom Angeklagtem ... als auch vom Angeklagten\n... jedoch vehement abgelehnt mit der Begrundung, diese Maßnahme in alleiniger\nZustandigkeit erledigen zu wollen. Ähnliche Bedenken außerte der Mitbewerber\nund Geschaftsfuhrer der ... GmbH, Herr ..., bei der Begehung vor Ort gegenuber\ndem Angeklagten ... am 06.03.2008. Wegen der - seiner Ansicht nach - weit\nuberhohten Stuckzahl der Baume unterbreitete dieser dem Angeklagten ... den\nVorschlag, die Arbeiten im Rahmen eines Pauschalangebotes durchzufuhren. Mit\nerneutem Schreiben an die ... GmbH und das Einzelunternehmen ... vom\n06.03.2008 forderte der Angeklagte ... die Unternehmen auf, ein Angebot\nentsprechend des von ihm hinsichtlich der Stuckzahlen auf 10.000 Baume mit\neinem Durchmesser von 0,1 bis 0,3 m und rund 3.000 Baume mit einem großeren\nDurchmesser nachgebesserten Leistungsverzeichnisses abzugeben. Er forderte\ndazu auf, auf die Abgabe eines Pauschalangebotes zu verzichten.\n\n \n\n206\n\n \n\nInfolgedessen gab das Unternehmen ... GmbH mit Angebot vom 07.03.2008 ein\nAngebot fur die Durchfuhrung der Arbeiten mit einer Angebotssumme in Hohe von\nnetto 118.970,50 € ab. Wie von den Angeklagten ... und ... beabsichtigt und\ngefordert, gab der Angeklagte ... sodann mit Schreiben vom 07.03.2008 ein\ndarunterliegendes Angebot mit einer Angebotssumme in Hohe von netto 116.370,00\n€ ab. Ohne Einbindung der Geschaftsbereiche Hannover und Wolfenbuttel\nerteilten sodann die Angeklagten ... und ... dem Unternehmer ... allein den\nAuftrag zur Durchfuhrung der Rodungsarbeiten. Hierzu fertigten sie einen\nVergabeentscheid vom 10.03.2008, den beide unterzeichneten, mit dem Inhalt,\ndass der Auftrag der Firma ... erteilt wurde, da diese das wirtschaftlichste\nmit angemessenen und auskommlichen Preisen versehene Angebot abgegeben habe.\n\n \n\n207\n\n \n\nUnmittelbar darauf fuhrte das Einzelunternehmen des Angeklagten ... die\nRodungsarbeiten innerhalb der Ohren sowie innerhalb der sich daran\nanschließenden Tangenten- und Dreiecksflachen durch. Die Gesamtausfuhrung der\nArbeiten dauerte nur wenige Tage. Die Arbeiten wurden von den angestellten\nArbeitern des Angeklagten ... im Beisein des Mitarbeiters der\nAutobahnmeisterei, Herrn ..., durchgefuhrt. Dieser notierte im Beisein des\nebenfalls zahlenden Mitarbeiters der Firma ..., Herrn ..., mit Hilfe einer\nStrichliste vor Ort die Anzahl der vom Unternehmen ... gefallten Baume mit\n5.895 Stuck mit einem Durchmesser von 0,1-0,3 m. Diese 5.895 Baume wurden\ngerodet.\n\n \n\n208\n\n \n\nDer Angeklagte ... stellte - wie zwischen ihm und den Angeklagten ... und ...\nvereinbart - mit Schlussrechnung vom 12.10.2009 (090485) einen\nGesamtnettobetrag in Hohe von 122.552,40 € in Rechnung fur das Roden von\n14.480 Baumen mit unterschiedlichem Durchmesser. Die entsprechenden\nAufmaßblatter, die der Schlussrechnung beigefugt waren, wurden von den\nAngeklagten ... und ... erstellt und unterzeichnet, obwohl sie die\ntatsachliche Stuckzahl der Baume kannten. Die Rechnung wurde von dem\nAngeklagte ... in Kenntnis der Überhohung als sachlich richtig gezeichnet und\nvon der Landesbehorde in voller Hohe beglichen.\n\n \n\n209\n\n \n\nFur die tatsachlich erfolgten Arbeiten waren dem Land auf Grundlage der\nEinzelpreise des Angebots des Angeklagten ... nur Kosten fur die\nBaumfallarbeiten hinsichtlich dieser 5.895 Baume zu einem Einzelpreis von\nnetto 6,50 €, mithin in Hohe von insgesamt netto 38.317,50 € entstanden. Nach\nden Preisen aus dem Angebot des Angeklagten ... waren unter Annahme jeweils\nerschwerter Arbeitsbedingungen - Zusatzkosten von 0,10 € pro Baum - sowie dem\nzusatzlich erforderlichen Roden der Wurzelstocke - Zusatzkosten von 0,50 € pro\nWurzelstock - somit bei 5.895 Baumen hochstens weitere Kosten in Hohe von\nnetto 589,50 € und 2.947,50 € entstanden. Weitere, stuckzahlunabhangige\nKostenpositionen in Hohe eines Gesamtbetrages von netto 1927,50 € ergeben sich\naus den in der Rechnung aufgefuhrten Kosten fur die Baustelleneinrichtung in\nHohe von netto 100,00 €, die Durchfuhrung von Rodungsarbeiten von Hecken und\nBuschwerk in Hohe von netto 1.295,00 €, der Verfullung und Verdichtung von\nBoden in Hohe von netto 132,50 € sowie Zusatzarbeiten beim Roden von Hecken\nund Buschwerk in Hohe von netto 445,00 €.\n\n \n\n210\n\n \n\nDanach waren fur das Fallen und Roden der tatsachlich vorhandenen 5.895 Baume\nauf Grundlage der Kostenpreiskalkulation des Angeklagten ... Gesamtkosten nur\nin Hohe von netto 43.827,00 € entstanden. Dem Land ist infolge der - zwischen\nden drei Angeklagten verabredeten, zielgerichteten und manipulierten Erhohung\nder Aufmaßblatter sowie der anschließend erhohten Rechnung, die zur Zahlung\nfuhrte, mithin ein wirtschaftlicher Schaden in Hohe der Differenznettosumme\nvon 78.770,40 € entstanden.\n\n \n\n211\n\n \n\n19\\. (Tatkomplex zu Ziffer 51 der Anklageschrift)\n\n \n\n212\n\n \n\nBereits ab April 2006 manipulierte der Angeklagte ... regelmaßig wiederkehrend\nzu Gunsten des Angeklagten ... Aufmaße fur die vom Angeklagten ... geleisteten\nArbeiten und Unterzeichnete diese anschließend. So erhohte er zum Teil die\nAnzahl der geleisteten Stunden bei Arbeitern oder Fahrzeugen, zum Teil erhohte\ner die Anzahl gerodeter Baume oder gesetzter Zaunpfosten. Samtliche Rechnungen\nwurden sodann an den Geschaftsbereich Hannover der Landesbehorde fur\nStraßenbau und Verkehr weitergeleitet und an den Angeklagten ... ausgezahlt.\nDabei kam es den Angeklagten ... und dem Begunstigten ... darauf an, eine\nzusatzliche Kompensation fur die vom Angeklagten ... geleisteten Schmiergelder\nzu leisten, ohne dass diese Manipulationen des Angeklagten ... einer konkreten\nUnrechtsvereinbarung zwischen Ihnen zugeordnet werden konnen.\n\n \n\n213\n\n \n\nIm Einzelnen kam es auf die vorgenannte Weise zu folgenden Erhohungen:\n\n \n\n214\n\n \n\na) bei der Rechnung vom 07.04.2006 (060133) in Hohe von 50.342,26 € ein\nTeilbetrag in Hohe von netto 283,50 €,\n\n \n\n215\n\n \n\nb) bei der Rechnung vom 05.12.2006 (060547) in Hohe von 45.975,32 € ein\nTeilbetrag in Hohe von netto 315,90 €,\n\n \n\n216\n\n \n\nc) bei der Rechnung vom 09.02.2007 (070045) in Hohe von 49.755,80 € ein\nTeilbetrag in Hohe von netto 356,40 €,\n\n \n\n217\n\n \n\nd) bei der Rechnungen 06.07.2007 (070295) in Hohe von 7.009,10 € ein\nTeilbetrag in Hohe von netto 390,00 €,\n\n \n\n218\n\n \n\ne) bei den Rechnungen vom 31.07.2007 (070330 und 070331) in Hohe von 8.384,06\n€ und 6.501,45 € ein Teilbetrag in Hohe von netto 266,00 €,\n\n \n\n219\n\n \n\nf) bei den Rechnungen vom 09.09.2008 (080476 und 080466) mit Rechnungsbetragen\nin Hohe von 6.087,09 € und 6.823,70 € ein Teilbetrag in Hohe von netto 200,00\n€,\n\n \n\n220\n\n \n\ng) bei der Rechnung vom 27.10.2008 (080571) in Hohe von 74.476,07 € ein\nTeilbetrag in Hohe von netto 10.520,00 €,\n\n \n\n221\n\n \n\nh) bei der Rechnung vom 06.04.2009 (090145) in Hohe von 10.710,00 € und der\nRechnung vom 08.06.2009 (090240) in Hohe von 6.794,90 € ein Teilbetrag in Hohe\nvon netto 710,00 €, wobei beide Rechnungen zeitgleich manipuliert wurden,\n\n \n\n222\n\n \n\ni) bei den Rechnungen vom 30.07.2009 (090330, 090331 und 090335) mit\nRechnungsbetragen in Hohe von 6.284,39 €, 11.807,18 € und 9.788,94 € ein\nTeilbetrag in Hohe von netto 2.050,00 €,\n\n \n\n223\n\n \n\nj) bei den Rechnungen vom 28.09.2009 (090456 und 090455) in Hohe von 6.684,23\n€ und 9.483,11 € ein Teilbetrag in Hohe von netto 798,00 €,\n\n \n\n224\n\n \n\nk) bei der Rechnung vom 06.10.2009 (090476) in Hohe von 11.573,35 € ein\nTeilbetrag in Hohe von netto 1.110,00 €,\n\n \n\n225\n\n \n\nl) bei den Rechnungen des Angeklagten ... vom 02.12.2009 (090610 und 090611)\nin Hohe von 10.938,48 € und 10.045,98 € ein Teilbetrag in Hohe von netto\n1.064,00 €,\n\n \n\n226\n\n \n\nm) bei der Rechnung vom 22.02.2010 (100044) in Hohe von 167.379,45 € ein\nTeilbetrag in Hohe von netto 3.628,00 €,\n\n \n\n227\n\n \n\nn) bei der Rechnung vom 17.08.2010 (100328) in Hohe von 292.687,05 € ein\nTeilbetrag in Hohe von netto 4.975,00 €, wobei die Aufmaßblatter bereits in\nder Zeit vom 19.11.- 21.12.2009 von dem Angeklagten ... erhoht worden waren.\n\n \n\n228\n\n \n\nHinsichtlich der vorgenannten Taten zu a) bis n) ist dem Land infolge der\nAufmaßmanipulationen des Angeklagten ... mithin ein Schaden in Hohe von\ninsgesamt netto 26.666,80 € entstanden.\n\n \n\n229\n\n \n\n20\\. (Tatkomplex zu Ziffer 14 der Anklageschrift)\n\n \n\n230\n\n \n\nIm Fruhjahr des Jahres 2006 begab sich der Angeklagte ... zum Geschaftssitz\ndes Unternehmens ... Kommunaltechnik GmbH in Peine (... GmbH) und suchte dort\nden Geschaftsfuhrer ... auf. Der Angeklagte ... wollte, dass sein Sohn ...,\nder eine Ausbildung zum Industriekaufmann absolviert hatte, anschließend an\neiner privaten Hochschule studiert. Auch um dieses Studium fur seinen Sohn\nnicht selbst finanzieren zu mussen, war der Angeklagte ... auf die Idee\ngekommen, dass er seine Position nutzen konnte, um die Kosten auf die ... GmbH\nabzuwalzen. Das Unternehmen ... GmbH bietet bundesweit Kommunaltechnik und\nweitere Arbeiten an, insbesondere Reparaturarbeiten von Streugeraten und\nKehrmaschinen, die Ausfuhrung und Umsetzung von Streudiensten sowie\nGarten/Forstarbeiten.\n\n \n\n231\n\n \n\nIn einem personlichen Gesprach mit dem Geschaftsfuhrer ... unterbreitete der\nAngeklagte ... diesem den Vorschlag, seinen Sohn in dem Unternehmen ein duales\nStudium in Kooperation mit der Welfenakademie e.V. in Braunschweig zu\nermoglichen. In der Erwartung, dass sein Unternehmen dadurch mehr Auftrage von\nder Autobahnmeisterei Braunschweig erhalten wurde, sagte der Geschaftsfuhrer\nHerb die Einstellung gleich zu, ohne Bewerbungsunterlagen erhalten oder ein\npersonliches Gesprach mit dem Sohn des Angeklagten gefuhrt zu haben. Den\nStudienvertrag vom 15.06.2006 unterzeichneten Herr ... und ... getrennt\nvoneinander - ebenfalls ohne vorherigen personlichen Kontakt. In dem Vertrag\nwurden die Studienzeit des Bachelor- Studiums vom 01.08.2006 bis zum\n31.07.2009 und die Vergutung von monatlich brutto 680,00 € festgelegt. Der\nAusbildungsbetrieb und ... verpflichteten sich in dem Ausbildungsvertrag\ngesamtschuldnerisch, die Studienkosten an die Welfenakademie zu entrichten.\nGemaß der Vereinbarung mit dem Angeklagten ... sollten die Studiengebuhren\njedoch tatsachlich von der ... GmbH gezahlt werden sollten.\n\n \n\n232\n\n \n\nAuf Drangen des Angeklagten ... erhohte der Geschaftsfuhrer ... mit\nVertragsanderung ab Mai 2008 die monatliche Vergutung auf brutto 2.145,00 €.\nGrund fur diese Gehaltserhohung war der bis zu diesem Zeitpunkt bereits\nerkennbar deutliche Anstieg des Jahresumsatzes im Hinblick auf die\nAuftragserteilungen durch den Angeklagten ... Der Gesamtjahresumsatz des\nUnternehmens ... GmbH mit Auftragen der Autobahnmeisterei Braunschweig, der\nbis 2007 noch zwischen 5.000,00 und 30.000,00 € betragen hatte, war ab der\nEinstellung des ... bereits auf ca. 350.000,00 € jahrlich angestiegen.\n\n \n\n233\n\n \n\nWunschgemaß war dem Sohn des Angeklagten ... ab Mai 2007 daruber hinaus ...\nein Dienstwagen der Marke Audi A 6 mit dem amtlichen Kennzeichen ... zur\nVerfugung gestellt worden. Diesen nutzte er, bis ihm der Geschaftsfuhrer ...\ndie Nutzung des Fahrzeuges Mitte 2008 wieder entzog, weil er absprachewidrig\nPrivatfahrten durchgefuhrt hatte und Absprachen zu seiner personlichen\nAnwesenheit im Unternehmen nicht einhielt.\n\n \n\n234\n\n \n\nWie zwischen dem Angeklagten ... und dem Geschaftsfuhrer ... von vornherein\nverabredet, erhielt das Unternehmen ... GmbH uber den neu eingestellten Sohn\ndes Angeklagten ... auf "kurzem Dienstweg" fortwahrend Auftrage von der\nAutobahnmeisterei Braunschweig, wobei der Angeklagte ... gelegentlich auch\npersonlich am Arbeitsplatz seines Sohnes im Unternehmer ... GmbH mit diesem\ngemeinsam am Arbeitsplatz saß. Die Beschaffung von Auftragen der\nAutobahnmeisterei Braunschweig war die Hauptaufgabe des ... im Betrieb. Die\nVoraussetzungen einer freihandigen Vergabe im alleinigen Zustandigkeitsbereich\ndes Angeklagten ... lagen niemals vor. Das Unternehmen hatte auch nicht an\neiner offentlichen Ausschreibung teilgenommen.\n\n \n\n235\n\n \n\nInfolge der Entzugs des PKW und der zunehmenden Unzufriedenheit des\nGeschaftsfuhrers ... mit der Arbeitsmoral des Sohnes des Angeklagten ...\nverschlechterte sich die Beziehung zwischen ... und dem Geschaftsfuhrer ...\nzunehmend. Der Geschaftsfuhrer ... lehnte daher die Vertragsverlangerung fur\nein duales Master- Studium, um die ihn ... gebeten hatte, ab. Das\nVertragsverhaltnis lief daher aus.\n\n \n\n236\n\n \n\nBereits nach Entzug des PKW - dessentwegen der Angeklagte ... Herrn ... zur\nRede gestellt hatte - erhielt die ... GmbH einige lukrative Auftrage, wie etwa\ndas Freischneiden von Notrufsaulen, die sie zuvor seit der Einstellung von ...\nnoch regelmaßig als vermeintliche Sofortmaßnahmen vom Angeklagten ... bekommen\nhatte, nicht mehr. Spater gab der Angeklagte ... bei den Mitarbeitern\ninnerhalb der Autobahnmeisterei Braunschweig die Anweisung aus, beim\nUnternehmen ... auch kein Material (z. B. Kleingerate, Ersatzteile, Werkzeuge,\nArbeitskleidung) mehr zu kaufen. Die ... GmbH erhielt in der Folgezeit auch\nkeine Auftrage mehr.\n\n \n\n237\n\n \n\nAufgrund der mit zukunftig pflichtwidrigen Auftragsvergaben verknupften\nEinstellung des Sohnes des Angeklagten ... zur Durchfuhrung eines dualen\nBachelor- Studiums zahlte das Unternehmen ... GmbH wahrend der Studienzeit vom\n01.08.2006 bis zum 31.07.2009 fur 21 Monate (01.08.2006 bis 30.04.2008)\njeweils brutto 680,00 € sowie fur die Zeit vom 01.05.2008 bis zum 31.07.2009\n15 Monate monatlich brutto 2.145.00 €, insgesamt brutto 46.455,00 € an den\nSohn des Angeklagten ...\n\n \n\n238\n\n \n\nDaruber hinaus zahlte das Unternehmer ... GmbH wahrend des vorgenannten\ngesamten Ausbildungszeitraums 36 Monate Studienkosten in Hohe von monatlich\njeweils 430,00 €, mithin in Hohe von insgesamt 15.480,00 € zuzuglich weiterer\nKosten fur Prufungsvorbereitungskurse, Kosten beitrage, Prufungskosten sowie\nfur Lernmittel in Hohe von 2.608,54 €, mithin insgesamt Studienkosten in Hohe\nvon 18.088,54 € an die Welfenakademie.\n\n \n\n239\n\n \n\nDer Nutzwert des in der Zeit vom Mai 2007 bis Januar 2008 genutzten\nDienstwagens Audi A6 entspricht bei einer Kilometergeldpauschale von 0,30 €\nfur insgesamt 12.794,5 km privat gefahrene Kilometer weitere 3.838,35 €.\n\n \n\n240\n\n \n\nInsgesamt wandte die ... GmbH somit fur die Beschaftigung von ... 68.381,89 €\nauf.\n\n \n\n241\n\n \n\n21\\. (Tatkomplex zu Ziffer 13 der Anklageschrift)\n\n \n\n242\n\n \n\nIm Laufe des Jahres 2007 rief der Angeklagte ... bei Herrn ... an; dies mit\n... dem Ansinnen, "an dem ganzen Kuchen" auch personlich beteiligt zu werden.\nEr stellte Herrn ... dafur in Aussicht, zukunftig auch weiterhin pflichtwidrig\nAuftrage außerhalb seines eigentlichen Zustandigkeitsbereichs an diesen zu\nerteilen, wenn er ihm zukunftig Bargeldzuwendungen zukommen ließe. Der\nAngeklagte ... und der Geschaftsfuhrer ... vereinbarten außerdem, dass zur\nKompensation der vom Angeklagten ... geforderten Bargeldzahlungen fingierte\nRechnungen der ... GmbH durch den Angeklagten ... abgezeichnet und eingereicht\nwerden sollten. Kurz danach ubergab der Angeklagte ... Herrn ... eine\nExceltabelle mit den entsprechenden Vorgaben. Vorgesehen war eine Zahlung von\nrund 30% der Rechnungssumme an den Angeklagten...\n\n \n\n243\n\n \n\nWie geplant, rechnete Herr ... bei insgesamt funf Rechnungen fur Arbeiten mit\neiner Kehrmaschine eine hohere als die tatsachlich geleistete Stundenzahl ab.\nOhne dass das Unternehmen ... jemals an einer offentlichen Ausschreibung\nteilgenommen hatte, zeichnete der Angeklagte ... die Rechnungen jeweils als\nsachlich richtig ab und leitete diese anschließend zur Auszahlung an den\nGeschaftsbereich der Landesbehorde fur Straßenbau und Verkehr weiter. Die\njeweiligen Auszahlungen wurden dort vorgenommen.\n\n \n\n244\n\n \n\nEs handelt sich dabei um die nachfolgend aufgezahlten Rechnungen:\n\n \n\n245\n\n \n\n\\- Rechnung vom 17.08.2007 (23020306) in Hohe von netto 3.138,75 €,\n\n \n\n246\n\n \n\n\\- Rechnung vom 14.09.2007 (23020358) in Hohe von netto 3.118,50 €,\n\n \n\n247\n\n \n\n\\- Rechnung vom 08.11.2007 (23020577) in Hohe von netto 9.192,00 €,\n\n \n\n248\n\n \n\n\\- Rechnung vom 28.12.2007 (23020708) in Hohe von netto 2.835,00 € und\n\n \n\n249\n\n \n\n\\- Rechnung vom 29.01.2008 (1801081) in Hohe von netto 5.042,25 €,\n\n \n\n250\n\n \n\nmithin um eine Gesamtrechnungssumme in Hohe von netto 23.326,50 €.\n\n \n\n251\n\n \n\nAbsprachegemaß zahlte der Geschaftsfuhrer ... 4.300,00 €, 3.000,00 € sowie in\nzwei weiteren Zahlungen je 1.000,00 €, mithin insgesamt 9.300,00 € in bar an\nden Angeklagten ...\n\n \n\n252\n\n \n\n22\\. (Tatkomplex zu Ziffer 15 der Anklageschrift)\n\n \n\n253\n\n \n\nAnfang des Jahres 2009 suchte der Angeklagte ..., der bereits wusste, dass\nHerr ... zu einer Vertragsverlangerung nicht bereit war, die Geschaftsfuhrerin\n... der ... GmbH mit Firmensitz in Hude (nachfolgend: ... GmbH) auf. Er kannte\nFrau ..., weil ihr Unternehmen bereits Geschaftsbeziehungen zur\nAutobahnmeisterei Braunschweig unterhielt. Er berichtete ihr, dass Herr ...,\nden Frau ... kannte, seinen Sohn schlecht behandeln wurde und fragte zunachst\nan, ob sie jemanden kenne, der bereit sei, seinem Sohn ... ein duales Master-\nStudium zu ermoglichen. Hintergrund der Anfrage war wiederum, dass der\nAngeklagte ein Studium seines Sohnes an einer privaten Hochschule nicht selbst\nfinanzieren wollte. Mehrere Wochen spater fragte er an, ob sie selbst dazu\nbereit sei. Als Frau ... dies spontan ablehnte, sagte ihr der Angeklagte ...,\nsie solle sich das noch einmal "durch den Kopf gehen lassen". Weiterhin\naußerte er ihr gegenuber sinngemaß, "es solle ihr Schaden nicht sein". Da der\nAngeklagte ... ihr auch erzahlte, dass er der ... GmbH wegen der schlechten\nBehandlung seines Sohnes keine Auftrage mehr geben wurde, befurchtete Frau\n..., dass eine Ablehnung des Ansinnens zu Auftragsruckgangen bei der ... GmbH\nfuhren wurde. Sie besprach die Angelegenheit daher zunachst mit der weiteren\nGeschaftsfuhrerin .... Beide einigten sich, dem Ansinnen des Angeklagten ...\nzu entsprechen, dazu jedoch eine neue GmbH, die ... GmbH, zu grunden, weil der\nSohn des Angeklagten ... keinen Einblick in die Geschafte der ... GmbH\nbekommen sollte. Dies teilten sie dem Angeklagten ... bei einem personlichen\nTreffen in einem Verdener Lokal im Mai 2009 mit. Dabei wurde auch besprochen,\ndass fur die ... GmbH, deren einziger Angestellter ... werden sollte, eine\nWohnung der ... Immobilien KG in der ... in Peine angemietet werden sollte.\n\n \n\n254\n\n \n\nNach Grundung der ... GmbH erfolgte die Anmietung der Firmenraumlichkeiten zum\nAugust 2009. Unternehmensgegenstand der neu gegrundeten ... GmbH waren\nDienstleistungen aller Art, inklusive der Erteilung von Auftragen an\nSubunternehmer in dem Bereich der Reinigung von Parkplatzen sowie des\nFreischneidens von Notturen.\n\n \n\n255\n\n \n\nMit Arbeitsvertrag vom 11./14.08.2009 wurde die befristete Einstellung des ...\nbis ... zum 31.12. 2011 vertraglich festgelegt. Darin wurden eine monatliche\nBruttovergutung in Hohe von 2.145,00 € sowie die Übernahme der Studien- und\nPrufungsgebuhren fur das duale Studium an der Danube-Universitat Krems (funf\nSemesterblocke) durch die ... GmbH vereinbart. Weiterhin wurde eine\nGewinntantieme von 20 % des korperschaftssteuerpflichtigen Gewinns, jeweils\nfallig nach Feststellung der Jahresabschlusse, spatestens bis zum 30.05. des\nauf das Bezugsjahr folgenden Kalenderjahres vereinbart.\n\n \n\n256\n\n \n\nEin im Wortlaut nahezu identischer Vertragsentwurf des Arbeitsvertrages war\nvon ... bereits am 20.05.2009 entworfen worden. Nachweislich einer\nJahresuberschusskalkulation mit Fax-Kennung vom 28.07.2009 des Steuerburos ...\nund Partner existierte bereits zu diesem Zeitpunkt eine Umsatzkalkulation in\nHohe von jahrlich 190.250,00 € abzuglich der auf die Beschaftigung des Sohnes\ndes Angeklagten ... entfallenen Studien-, Lohn- und Mietkosten in Hohe von\n126.034,00 €, mithin eine Überschussvorausberechnung vor Tantiemen und Steuern\n(25 %) in Hohe von 64.216,00 €. Ausweislich der Umsatzberechnung besteht darin\nnach Abzug von Arbeitgeberanteilen fur Sozialversicherungen,\nKorperschaftssteuer, Solidaritatszuschlag und Gewerbesteuer ein\nJahresuberschuss von 32.016,00 €.\n\n \n\n257\n\n \n\nAbsprachegemaß erhielt die ... GmbH auf Initiative des Angeklagten ... nach\nEinstellung seines Sohnes in erheblichem Umfang Auftrage - wie geplant ohne\nvorherige Ausschreibungen - pflichtwidrig durch den Angeklagten ... Die ...\nGmbH ersetzte so faktisch die ... GmbH. Der Angeklagte ... gab insbesondere an\ndie Mitarbeiter auch die Anweisung aus, samtliches Material von der ... GmbH\nzu beziehen.\n\n \n\n258\n\n \n\nTatsachlich entfielen in den Jahren 2009 und 2010 97% des Gesamtumsatzes der\n... GmbH auf Auftrage durch die Autobahnmeisterei Braunschweig. Diese wurden\nstets auf Grundlage gemeinsamer Initiativen des Angeklagten ... und seines\nSohnes an die ... GmbH vom Angeklagten ... erteilt. Der Umsatzerlos fur das\nJahr 2009 (ab August 2009) betrug 131.238,09 €. Der Umsatzerlos fur das Jahr\n2010 (bis Ende Mai 2010) betrug 133.452,45 €. Der Gesamtumsatzerlos in den\nJahren 2009 und 2010 betreffend die Autobahnmeisterei betrug mithin insgesamt\n256.178,78 €.\n\n \n\n259\n\n \n\nWie von vornherein zwischen dem Angeklagten ... und den Gesellschafterinnen\n... und ... geplant, diente die ... GmbH ausschließlich dem Zweck, dem Sohn\ndes Angeklagten Tamm die Moglichkeit eines dualen Master-Studienganges mit\nregelmaßigen Gehalts- und Tantiemenzahlungen einschließlich Übernahme der\nStudien- und Prufungskosten zu ermoglichen und den Gesellschafterinnen der ...\nGmbH ... und ... im Gegenzug hierzu nahezu ausschließlich gewinntrachtige\nAuftrage uber die Autobahnmeisterei zu verschaffen.\n\n \n\n260\n\n \n\nAufgrund eines personlichen Zerwurfnisses zwischen dem Angeklagten ... und\nseinem Sohn ... einerseits und Geschaftsfuhrerin ... andererseits kundigte\ndiese mit Schreiben vom 18.06.2010 das Arbeitsverhaltnis fristlos.\n\n \n\n261\n\n \n\nAufgrund der mit den zahlreichen pflichtwidrigen Auftragserteilungen durch den\nAngeklagten ... verknupften Eingehung des Beschaftigungsverhaltnisses zwischen\nder neu gegrundeten ... GmbH und dem Sohn des Angeklagten ... zahlte die ...\nGmbH in der Zeit vom 01.08.2009 bis zum 31.05.2010 uber 10 Monate jeweils\nbrutto 2.145,00 € Gehalt, mithin insgesamt brutto 21.450,00 €.\n\n \n\n262\n\n \n\nDaruber hinaus zahlte die ... GmbH Studium- und Fortbildungskosten fur das\nduale Master-Studium in Hohe von insgesamt weiteren 17.426,87 € sowie\nKilometergelderstattungen zu Gunsten des Sohnes des Angeklagten ... in Hohe\nweiterer 10.839,30 €.\n\n \n\n263\n\n \n\nInsgesamt zahlte die ... GmbH wahrend des vorgenannten Zeitraumes mithin\n49.716,17 €.\n\n \n\n264\n\n \n\nIm Gegenzug hierzu erteilte der Angeklagte ... in der Zeit seit dem Bestehen\ndes Anstellungsverhaltnisses seines Sohnes bis zum 31.05.2010 Auftrage an die\n... GmbH in vorgenannten Umfang von brutto 256.178,78 €. Samtliche, jeweils an\ndie Autobahnmeisterei Braunschweig gerichteten Rechnungen zeichnete der\nAngeklagte ... - wie vereinbart - ohne Prufung jeweils als sachlich richtig\nab, woraufhin die Rechnungsbetrage in vorgenannter Gesamthohe jeweils durch\nden Geschaftsbereich Hannover der Landesbehorde fur Straßenbau und Verkehr an\ndie ... GmbH ausgezahlt wurden. Die Voraussetzungen fur eine freihandige\nVergabe lagen jeweils nicht vor.\n\n \n\n265\n\n \n\n23\\. (Tatkomplex zu Ziffer 16 der Anklageschrift)\n\n \n\n266\n\n \n\nIn dem gemeinsamen Bestreben des Angeklagten und seines Sohnes, den\nJahresumsatz der ... GmbH zu erhohen, um so letztlich uber die vertraglich\nvereinbarte Gewinntantieme des ... diesem einen weiteren wirtschaftlichen\nVorteil zukommen zu lassen, beschlossen der Angeklagte ... und sein Sohn\ngemeinsam im Jahr 2009, die von der Autobahnmeisterei Braunschweig an die ...\nGmbH erteilten Auftrage zur Durchfuhrung von Kehrmaschinenarbeiten durch\nManipulationen von Betriebsstundenzahlen erhoht abzurechen, wobei ... die\nuberhohten Stunden nach Belieben auf die Rechnungen aufschlagen sollte.\n\n \n\n267\n\n \n\nIn Ausfuhrung dieser Vereinbarung rechnete die ... GmbH mit nachfolgend\nbezeichneten Rechnungen wie folgt Betriebsstunden der Kehrmaschine ab:\n\n \n\n268\n\n \n\n\\- Rechnung vom 09.11.2009 (16056) in Hohe von 2.053,49 €: 15 Stunden\n\n \n\n269\n\n \n\n\\- Rechnung vom 09.11.2009 (16058) in Hohe von 1.939,37 €: 14 Stunden\n\n \n\n270\n\n \n\n\\- Rechnung vom 12.11.2009 (16064) in Hohe von 850,85 €: 13 Stunden\n\n \n\n271\n\n \n\n\\- Rechnung vom 17.11.2009 (16067) in Hohe von 3.511,50 €: 17 Stunden\n\n \n\n272\n\n \n\n\\- Rechnung vom 20.11.2009 (16079) in Hohe von 1.505,35 €: 23 Stunden\n\n \n\n273\n\n \n\n\\- Rechnung vom 24.11.2009 (16086) in Hohe von 3.862,86 €: 17 Stunden\n\n \n\n274\n\n \n\n\\- Rechnung vom 26.11.2009 (16088) in Hohe von 1.570,80 €: 24 Stunden\n\n \n\n275\n\n \n\n\\- Rechnung vom 30.11.2009 (16089) in Hohe von 3.033,76 €: 16 Stunden\n\n \n\n276\n\n \n\n\\- Rechnung vom 02.12.2009 (16090) in Hohe von 1.112,65 €: 17 Stunden\n\n \n\n277\n\n \n\n\\- Rechnung vom 04.12.2009 (16091) in Hohe von 3.068,80 €: 16 Stunden\n\n \n\n278\n\n \n\n\\- Rechnung vom 10.12.2009 (16095) in Hohe von 3.223,35 €: 18 Stunden\n\n \n\n279\n\n \n\n\\- Rechnung vom 15.12.2009 (16099) in Hohe von 1.178,10 €: 18 Stunden\n\n \n\n280\n\n \n\n\\- Rechnung vom 16.12.2009 (16100) in Hohe von 2.910,74 €: 12 Stunden\n\n \n\n281\n\n \n\n\\- Rechnung vom 22.12.2009 (16103) in Hohe von 3.214,81 €: 18 Stunden\n\n \n\n282\n\n \n\n\\- Rechnung vom 06.01.2009 (16109) in Hohe von 4.767,81 €: 27 Stunden\n\n \n\n283\n\n \n\n\\- Rechnung vom 19.01.2010 (16123) in Hohe von 5.262,61 €: 19 Stunden\n\n \n\n284\n\n \n\n\\- Rechnung vom 26.03.2010 (16166) in Hohe von 1.100,75 €: 5 Stunden\n\n \n\n285\n\n \n\n\\- Rechnung vom 06.04.2010 (16171) in Hohe von 1.297,10 €: 8 Stunden\n\n \n\n286\n\n \n\n\\- Rechnung vom 14.04.2010 (16177) in Hohe von 642,60 €: 8 Stunden\n\n \n\n287\n\n \n\n\\- Rechnung vom 14.04.2010 (16176) in Hohe von 708,05 €: 9 Stunden\n\n \n\n288\n\n \n\n\\- Rechnung vom 14.04.2010 (16178) in Hohe von 3.956,75 €: 25 Stunden\n\n \n\n289\n\n \n\n\\- Rechnung vom 20.04.2010 (16187) in Hohe von 1.777,86 €: 18 Stunden\n\n \n\n290\n\n \n\n\\- Rechnung vom 29.04.2010 (16190) in Hohe von 2.748,90 €: 42 Stunden\n\n \n\n291\n\n \n\n\\- Rechnung vom 06.05.2010 (16193) in Hohe von 2.748,90 €: 42 Stunden\n\n \n\n292\n\n \n\n\\- Rechnung vom 10.05.2010 (16198) in Hohe von 981,75 €: 15 Stunden\n\n \n\n293\n\n \n\n\\- Rechnung vom 12.05.2010 (16199) in Hohe von 3.825,85 €: 23 Stunden\n\n \n\n294\n\n \n\n\\- Rechnung vom 25.05.2010 (16202) in Hohe von 2.397,85 €: 13 Stunden\n\n \n\n295\n\n \n\n\\- Rechnung vom 26.05.2010 (16203) in Hohe von 4.022,20 €: 26 Stunden.\n\n \n\n296\n\n \n\nIn der Gesamtsumme von brutto 69.275,41 € wurden insgesamt 518 angeblich\ngeleistete Betriebsstunden gegenuber der Autobahnmeisterei Braunschweig\nabgerechnet.\n\n \n\n297\n\n \n\nTatsachlich wurden mit der von der ... GmbH eigens geleasten und zur\nDurchfuhrung dieser Arbeiten eingesetzten Kehrmaschine nur insgesamt 261\nBetriebsstunden geleistet.\n\n \n\n298\n\n \n\nAbsprachegemaß rechnete der Sohn des Angeklagten ... so insgesamt 257\nBetriebsstunden zu je netto 55,00 € in den vorgenannten 28 Rechnungen uberhoht\nab. Diese Rechnungen wurden am selben Tag oder wenige Tage spater vom\nAngeklagten ... als sachlich richtig abgezeichnet und zur Bezahlung\nweitergeleitet. Dem Land entstand infolge der vollstandigen Bezahlung der\nRechnungen ein wirtschaftlicher Schaden in Hohe von mindestens netto 14.135,00\n€.\n\n \n\n299\n\n \n\n24\\. (Tatkomplex zu Ziffer 17 der Anklageschrift)\n\n \n\n300\n\n \n\nAb Ende des Jahres 2009 kamen der Angeklagte ..., ... sowie ... darin uberein,\ndass sie zusatzlich geldwerte Vorteile aus der ... GmbH generieren wollten. In\nder Umsetzung ihres Vorhabens und zur gleichzeitigen Verschleierung\nbeschlossen sie, die im Eigentum der ... Immobilien KG befindlichen Fahrzeuge\nund Anhanger zum Schein an die ... GmbH zu vermieten und zu berechnen.\nTatsachlich schaffte der Angeklagte ... gemeinsam mit seinem Sohn und seiner\nEhefrau jedoch nur die "notwendige Papierlage", d. h. die entsprechenden\nVertrage, zum Nachweis der jeweiligen Mietverhaltnisse, ohne dass der ... GmbH\ntatsachlich Fahrzeuge oder Anhanger ubergeben und von dieser verwendet wurden.\nDie Mietzinszahlungen durch die ... GmbH erfolgten auch, um dem Angeklagten\n... personlich einen zusatzlichen wirtschaftlichen Anreiz zur weiteren\npflichtwidrigen Auftragsvergabe durch die Autobahnmeisterei Braunschweig zu\nGunsten der ... GmbH zu veranlassen.\n\n \n\n301\n\n \n\nIn Ausfuhrung dieses Vorhabens bezahlte ..., der Kontovollmacht hatte, fur die\n... GmbH in der Folgezeit die folgenden Rechnung der ... Immobilien KG fur\nfingierte Fahrzeugmieten:\n\n \n\n302\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 1 vom 11.12.2009 425,00 €,\n\n \n\n303\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 2 vom 18.12.2009 425,00 €,\n\n \n\n304\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 3 vom 18.12.2009 100,00 €,\n\n \n\n305\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 4 vom 22.12.2009 170,00 €,\n\n \n\n306\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 5 vom 22.12.2009 40,00 €,\n\n \n\n307\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 6 vom 30.12.2009 255,00 €,\n\n \n\n308\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 7 vom 30.12.2009 60,00 €,\n\n \n\n309\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 8 vom 06.01.2010 315,00 €,\n\n \n\n310\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 10 vom 11.01.2010 525,00 €,\n\n \n\n311\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 11 vom 15.01.2010 525,00 €,\n\n \n\n312\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 12 vom 28.01.2010 345,00 €,\n\n \n\n313\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 14 vom 01.02.2010 345,00 €,\n\n \n\n314\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 15 vom 05.02.2010 725,00 €,\n\n \n\n315\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 16 vom 12.02.2010 950,00 €,\n\n \n\n316\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 17 vom 15.02.2010 345,00 €,\n\n \n\n317\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 18 vom 19.02.2010 1.035,00 €,\n\n \n\n318\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 19 vom 26.02.2010 950,00 €,\n\n \n\n319\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 20 vom 26.02.2010 115,00 €,\n\n \n\n320\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 21 vom 08.03.2010 1.130,50 €,\n\n \n\n321\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 24 vom 26.03.2010 1.332,80 €,\n\n \n\n322\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 25 vom 01.04.2010 10.207,85 €,\n\n \n\n323\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 27 vom 09.04.2010 1.005,55 €,\n\n \n\n324\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 28 vom 09.04.2010 1.428,00 €,\n\n \n\n325\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 29 vom 14.04.2010 1.071,00 €,\n\n \n\n326\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 30 vom 16.04.2010 1.231,65 €,\n\n \n\n327\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 31 vom 20.04.2010 273,70 €,\n\n \n\n328\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 32 vom 05.05.2010 410,55 €,\n\n \n\n329\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 33 vom 12.05.2010 1.071,00 €,\n\n \n\n330\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 34 vom 26.05.2010 202,30 €,\n\n \n\n331\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 35 vom 26.05.2010 1.785,00 €,\n\n \n\n332\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 36 vom 28.05.2010 107,10 €,\n\n \n\n333\n\n \n\n\\- Rechnung Nr. 38 vom 01.07.2010 101,15 €,\n\n \n\n334\n\n \n\nmithin insgesamt brutto 20.008,15 € an die ... Immobilien KG.\n\n \n\n335\n\n \n\n25\\. (Tatkomplex zu Ziffer 31 der Anklageschrift)\n\n \n\n336\n\n \n\nIm Fruhjahr 2010 trat der Angeklagte ... an den Mitarbeiter ... des\nUnternehmens ... GmbH & Co. KG mit Sitz in Springe (... KG) heran, um wiederum\nseine Rolle als Leiter der Autobahnmeisterei Braunschweig zur Erlangung eines\nVorteils zu Gunsten seines Sohnes zu nutzen. Das Unternehmen ... KG ist im\nBereich der kommunalen Verkehrstechnik tatig und stand bereits im standigen\ngeschaftlichen Kontakt zur Autobahnmeisterei Braunschweig, in Person zu dem\nAngeklagten ... Mit einem Angebot vom 09.04.2010 bewarb sich das Unternehmen\num die Ausschreibung vom 16.03.2010 fur die Lieferung und Montage von\nVerkehrszeichen im Geschaftsbereich Hannover der Niedersachsischen\nLandesbehorde fur Straßenbau und Verkehr. Zeitgleich zu dem laufenden\nAusschreibungsverfahren trat der Angeklagte ... an den Mitarbeiter des\nUnternehmens ... KG, Herrn ..., heran, um die Moglichkeit des kostengunstigen\nErwerbs eines Sicherungsanhangers fur seinen Sohn auszuloten. Der aufgrund der\nbestehenden geschaftlichen Beziehungen zu dem Angeklagten ... als Leiter der\nAutobahnmeisterei diesem gegenuber sehr geneigte Mitarbeiter ... stellte dem\nAngeklagten ... dabei in Aussicht, uber einen geeigneten, aber noch nicht\nfahrbereiten Anhanger zu verfugen. Der Angeklagte ... und Herr ... einigten\nsich schließlich, den Anhanger auf Kosten der ... KG vollstandig als\nSicherungsanhanger uberarbeiten zu lassen. Die anschließend durchgefuhrten\nArbeiten umfassten Neuerungsarbeiten an den Zugosen, der Elektrik sowie\numfangreiche Arbeiten an der Sicherungstafel. Der ursprungliche Wert des\nAnhangers betrug 2.000,00 €. Die erfolgten Instandsetzungsarbeiten entsprachen\neinem Aufwand in Hohe von mindestens netto 5.000,00 €. Das Unternehmen ... KG\nfuhrte zusatzlich umfangreiche Erneuerungsarbeiten an der Bereifung durch.\nMaterialaufwand und Arbeitsleistungen hierfur betrugen mindestens weitere\nnetto 1.500,00 €.\n\n \n\n337\n\n \n\nWie zwischen dem Angeklagten ... und dem Mitarbeiter ... von vornherein\nbeabsichtigt, sollten die vorgenannten Material- und Arbeitskosten in Hohe von\ninsgesamt mindestens netto 6.500,00 € weder dem Angeklagten ..., noch seinem\nSohn jemals in Rechnung gestellt werden. Der Angeklagte ... sicherte dem\nMitarbeiter ... insoweit zu, dass er sich im Gegenzug erkenntlich zeigen und\ndas Unternehmen mit Auftragen versorgen werde. Im zeitlichen Zusammenhang\nhierzu telefonierte der Angeklagte ... mit Herrn ... am 06.05.2010 und teilte\ndiesem zu Beginn des Telefonats gleich mit, dass er zu Gunsten des\nUnternehmens nunmehr einen neuen Großauftrag gerettet hatte. Damit war\ngemeint, dass der Angeklagte ... sich aus bloßem Eigennutz bei der\nLandesbehorde fur den Zuschlag bei der laufenden Ausschreibung eingesetzt\nhatte. Am 11.05.2010 erhielt die ... KG den Zuschlag fur ihr Angebot uber\n406.699,50 €.\n\n \n\n338\n\n \n\nWie vereinbart, lieferte Herr ...am 12.05.2010 den Sicherungsanhanger mit dem\namtlichen Kennzeichen ... nach Peine auf den Hof der Autobahnmeisterei. Der\nAnhanger wurde personlich vom Angeklagten im Beisein seines Sohnes in Empfang\ngenommen.\n\n \n\n339\n\n \n\nBis heute hat ... ausschließlich die in Rechnung gestellten brutto 2.000,00 €\nbezahlt. Eine weitere Rechnungsstellung seitens der ... KG war zu keinem\nZeitpunkt beabsichtigt noch ist eine solche bis heute erfolgt.\n\n \n\n340\n\n \n\n26\\. (Tatkomplex zu Ziffer 19 der Anklageschrift)\n\n \n\n341\n\n \n\nIn gemeinsamer Absprache mit seinem Sohn ... beschloss der Angeklagte ..., das\nUnternehmen ... GmbH mit Sitz in Wennigsen (G & G GmbH) mit der Belieferung\nvon zwei Überwachungskamerasets zu ihrer privaten Verwendung auf Kosten der\n... GmbH zu beauftragen. Die Bestellung tatigte der Angeklagte ... personlich\n- fur die ... GmbH handelnd - im Fruhjahr 2010. Dem Geschaftsfuhrer des\nUnternehmens, Herrn ..., berichtete der Angeklagte ... in diesem Zusammenhang,\ndass die Kameras zunachst im Ferienhaus in Mardorf und in dem von ...\nbewohnten Haus in Vohrum eingebaut werden sollten, um diese zunachst dort zu\ntesten. Tatsachlich seien diese Kameras fur die ... GmbH bestimmt, weshalb die\nRechnung auch zu deren Lasten gestellt werden sollte.\n\n \n\n342\n\n \n\nAuf die Bestellung des Angeklagten ... hin erfolgten am 11.03.2010 durch Herrn\n... im Ferienhaus in Mardorf und am 05.05:2010 im Wohnhaus des ... durch den\nMitarbeiter des Unternehmens Herrn ... die Installationen. Im Zusammenhang mit\nder Auslieferung der Kameras ubergab der Angeklagte ... zudem einen PC zur\nReparatur. Die Lieferung der Überwachungskamerasets sowie die Reparatur des\nPersonalcomputers des Angeklagten ... wurden mit Rechnungen vom 11.05.2010 in\nHohe von brutto 1.094,98 € und weiterer Rechnung vom 18.05.2010 in Hohe von\nbrutto 698,53 €, mithin in Hohe von insgesamt brutto 1.793,33 € der ... GmbH\nin Rechnung gestellt. Der verfugungsbefugte ... veranlasste daraufhin die\nÜberweisung des Gesamtrechnungsbetrages in Hohe von brutto 1.793,33 € vom\nFirmenkonto der ... GmbH zum 26.05.2010. Der Gesamtnettobetrag betragt\n1.507,00 €.\n\n \n\n343\n\n \n\nWie von vornherein beabsichtigt, waren die Kameras nicht fur die ... GmbH,\nsondern ausschließlich zur privaten Verwendung des Angeklagten und seines\nSohnes ... gedacht. Dementsprechend befanden sie sich noch Monate spater an\nden Aufstellorten. Die geschaftsfuhrenden Gesellschafterinnen ... und ...\nwaren nicht mit der Begleichung dieser Rechnungen einverstanden, sie wussten\nnichts von dem Vorgang. Als sie davon erfuhren, nahmen sie dies zum Anlass,\n... mit Schreiben vom 18.06.2010 fristlos zu kundigen.\n\n \n\n344\n\n \n\n27\\. (Tatkomplex zu Ziffer 5 der Anklageschrift)\n\n \n\n345\n\n \n\nDer Angeklagte ... hielt bereits seit den 1990er Jahren stetigen Kontakt zu\nden Mitarbeitern ... und ... des Unternehmens ... GmbH mit Sitz in Neustadt am\nRubenberge (... GmbH), welches seither sowohl fur die Autobahnmeisterei\nBraunschweig als auch fur den Angeklagten ... privat, spater auch fur die ...\nKG tatig war. Von seinem Vorganger, einem Herrn von der ..., wurde Herr ... im\nJahr 2000 von diesem in den geschaftlichen Umgang mit dem Angeklagten ...\neingewiesen. Dieser hatte ihm seinerzeit mitgeteilt, dass der Angeklagte ...\nein sehr einflussreicher Mann sei. Daher wurden regelmaßig die Kosten fur\ndessen Privatauftrage auf die Rechnungen an die Autobahnmeisterei\naufgeschlagen werden. Es sei strengstens auf dessen Wunsche sowie auf sauberes\nund korrektes Arbeiten zu achten. Diese Vorgehensweise ubernahm Herr ..., er\nwies auch seinen Kollegen ... entsprechend an.\n\n \n\n346\n\n \n\nIn den Folgejahren ließ der Angeklagte ... fur sich privat bzw. fur die ...\nImmobilien KG umfangreiche Malerarbeiten vom Unternehmens ... GmbH\ndurchfuhren. Er ließ sich sodann stets von den Mitarbeitern ... und ... die\nStundenzettel vorlegen und legte fest, auf welche Rechnungen an die\nAutobahnmeisterei Braunschweig die geleisteten Stunden nebst Material\naufgeschlagen werden sollten.\n\n \n\n347\n\n \n\nAuch in der Zeit von Marz bis Mai 2010 leistete die ... GmbH im Rahmen der\nBauarbeiten an dem Garagenausbau des Ferienhauses in Mardorf umfangreiche\nMalerarbeiten. Entsprechend der vorgenannten standigen Übung zwischen den\nMitarbeitern ... und dem Angeklagten ... sollten auch diese privat\nveranlassten Arbeiten uber Rechnungen fur Arbeiten der Firma ... an Gewerken\nder Autobahnmeisterei Braunschweig abgerechnet werden.\n\n \n\n348\n\n \n\nInfolgedessen erbrachte die ... GmbH auf Veranlassung der Mitarbeiter ... und\n..., insbesondere durch ihren Mitarbeiter ... mindestens Malerarbeiten in Hohe\nvon netto 4.000,00 €. Auf Anweisung des Angeklagten ... wurden diese Kosten\nauf die nachfolgend bezeichneten Rechnungen fur Betonsanierungsarbeiten an der\nBrucke BW 173 a im Streckenabschnitt der Autobahnmeisterei aufgeschlagen:\n\n \n\n349\n\n \n\n\\- vom 21.06.2010 (318801) in Hohe von 6.485,02 €\n\n \n\n350\n\n \n\n\\- vom 23.06.2010 (318930) in Hohe von 10.670,73 € und\n\n \n\n351\n\n \n\n\\- vom 23.06.2010 (318931) in Hohe von 9.455,62 €,\n\n \n\n352\n\n \n\nDiese Rechnungen wurden nicht mehr - wie ursprunglich beabsichtigt - zur\nAuszahlung dem Geschaftsbereich Hannover der Landesbehorde fur Straßenbau und\nVerkehr ubersandt.\n\n \n\n353\n\n \n\nEine Bezahlung der privat veranlassten Kosten in Hohe von netto 4.000,00 €\nzuzuglich Umsatzsteuer, mithin in Hohe von insgesamt brutto 4.760,00 € durch\nden Angeklagten ... ist bis heute gleichwohl nicht erfolgt.\n\n \n\n354\n\n \n\nEntsprechend der vorgenannten und seit Jahren bestehenden Übung zwischen dem\nAngeklagten ... und den Mitarbeitern ... und ... sollten die ausschließlich\nprivat veranlassten Malerarbeiten des Angeklagten ... zur Aufrechterhaltung\nder weiteren Auftragsvergaben durch die Autobahnmeisterei Braunschweig an das\nUnternehmens ... GmbH dienen. Der durchschnittlich jahrliche Umsatz der ...\nGmbH mit der Autobahnmeisterei belief sich auf ca. 150.000,00 €. Samtliche\nArbeiten beruhten stets auf einzelne Auftragserteilungen durch den Angeklagten\n..., ohne dass das Unternehmen ... GmbH jemals an einer offentlichen\nAusschreibung teilgenommen und den Zuschlag zur Durchfuhrung von Maler- und\nSanierungsarbeiten erhalten hatte. Das Unternehmen ... GmbH erhielt\ninsbesondere auch nie den Zuschlag nach einer gewonnenen Jahresausschreibung\ndurch den Geschaftsbereich Hannover der Landesbehorde fur Straßenbau und\nVerkehr. Samtliche Auftragserteilungen durch den Angeklagten ... erfolgten\nstets nur, um die ausschließlich privat veranlassten Malerarbeiten in den\nRechnungen an die Autobahnmeisterei absprachegemaß verstecken zu konnen.\nHierzu vernichteten die beschaftigten Mitarbeiter ... und ... des Unternehmens\n... GmbH regelmaßig die originalen Stundenlohnzettel der privat veranlassten\nTatigkeiten und fugten sodann die entsprechend manipulierten Stundenanzahlen\nauf neu geschriebene Stundenlohnzettel den an die Autobahnmeisterei\nBraunschweig ubersandten Rechnungen bei. Dabei wurden immer die privat\nveranlassten Stundenzahlen den tatsachlich geleisteten Stundenzahlen fur\nGewerke im ortlichen Zustandigkeitsbereich der Autobahnmeisterei Braunschweig\naufgeschlagen.\n\n \n\n355\n\n \n\n28\\. (Tatkomplex zu Ziffer 9 der Anklageschrift)\n\n \n\n356\n\n \n\nIn entsprechend zu vorgenannter Ziffer 27) dargelegter Vorgehensweise waren\nbereits zuvor Arbeiten fur Immobilien der ... Immobilien KG in Peine und\nLangenhagen durch das Unternehmen ... GmbH geleistet und auf Veranlassung des\nAngeklagten ... in Rechnungen an die Autobahnmeisterei Braunschweig versteckt\nworden. Die Rechnungen waren jeweils zu Lasten der Landeskasse durch die\nLandesbehorde fur Straßenbau und Verkehr beglichen worden, wobei nicht\nfestgestellt werden konnte, welche Rechnungen konkret erhoht wurden. Es\nhandelte sich um folgende Arbeiten:\n\n \n\n357\n\n \n\na) umfangreiche Malerarbeiten an der im Eigentum der ... Immobilien KG\nstehenden Immobilie ... nach dem 09.11.2007 entsprechend dem Angebot der Firma\n... GmbH vom 09.11.2007 mit einem Gesamtwert in Hohe von brutto 9.805,90 €,\n\n \n\n358\n\n \n\nb) eine komplette Wohnungsrenovierung in der Zeit vom 05.03.2009 bis\n28.03.2009 im ... in Langenhagen mit einem Gesamtwert von brutto 7.140,00 €.\n\n \n\n359\n\n \n\nInsgesamt ersparte der Angeklagte ... mithin hinsichtlich der tatsachlich\ndurchgefuhrten Malerarbeiten Aufwendungen in Hohe von brutto 16.945,90 €.\n\n \n\n360\n\n \n\nc) Mit weiteren umfangreichen Malerarbeiten entsprechend dem Angebot der ...\nGmbH vom 09.06.2010 (Angebotsnummer 32214) in einem Gesamtumfang von brutto\n16.371,72 € hatte der Angeklagte ... die ... GmbH bereits beauftragt und dazu\nauch Herrn ... den Schlussel, des in Bremen gelegenen Hauses ubergeben. Die\nArbeiten wurden nicht mehr ausgefuhrt, weil der Angeklagte vorher inhaftiert\nwurde. Tatsachlich sollten jedoch - wie vereinbart - auch diese Arbeiten\ndurchgefuhrt und anschließend vollstandig auf Rechnungen der Autobahnmeisterei\naufgeschlagen werden.\n\n \n\n361\n\n \n\nd)-l)\n\n \n\n362\n\n \n\nEntsprechend einer weiteren Vereinbarung zwischen dem Angeklagten ... und den\nMitarbeitern ... und ... sollten fur die privat veranlassten Malerarbeiten zu\nGunsten des Angeklagten ... Scheinrechnungen zu Lasten des Landes fur\ntatsachlich nicht erbrachte bzw. nur in geringerem Umfang erbrachte\nMalerarbeiten zur vermeintlichen Instandhaltung und Renovierung des Wohn- und\nBurogebaudekomplexes der Autobahnmeisterei in Peine erstellt werden. Im\nEinzelnen wurden die nachfolgenden Rechnungen an die Autobahnmeisterei\nBraunschweig ubersandt, woraufhin der Angeklagte ... jeweils diese Rechnungen\nals sachlich richtig gegenzeichnete und zur Auszahlung en den Geschaftsbereich\nHannover der Landesbehorde fur Straßenbau und Verkehr weiterleitete. Samtliche\nRechnungen sind anschließend zu Lasten der Landeskasse beglichen worden:\n\n \n\n363\n\n \n\nd) Rechnung vom 29.12.2006 (Rechnungsnummer 316686) fur Malerarbeiten am Wohn-\nund Burogebaude in der Zeit vom 21.08. bis zum 25.08.2006 mit einem\nRechnungsbetrag in Hohe von netto 4.897,90 €\n\n \n\n364\n\n \n\ne) Rechnung vom 27.03.2006 (Rechnungsnummer 316860) fur Malerarbeiten am\nStutzpunkt Peine im Zeitraum vom 01.02. bis 08.02.2006 in Hohe von netto\n2.115,75 €\n\n \n\n365\n\n \n\nf) Rechnung vom 29.05.2007 (Rechnungsnummer 316907) fur Arbeiten am\nDienstgebaude, Flur und Treppenhaus in der Zeit vom 06.02. bis zum 21.02.2007\nin Hohe von netto 9.789,51 €\n\n \n\n366\n\n \n\ng) Rechnung vom 21.12.2007 (Rechnungsnummer 317241) fur Malerarbeiten in\nWerkstattraumen in der Zeit vom 19.03. bis zum 23.03.2007 in Hohe von netto\n5.231,50 €\n\n \n\n367\n\n \n\nh) Rechnungen vom 29.02.2008 (Rechnungsnummer 317413) fur Malerarbeiten in der\nWerkstatt in der Zeit vom 22.01. bis zum 25.01.2008 in Hohe von netto 3.524,87\n€, vom 29.02.2008 (Rechnungsnummer 317420) fur Arbeiten im Bereich WC-\nDuschraume in der Zeit vom 28.01. bis zum 05.02.2008 in Hohe von netto\n4.436,18 € sowie vom 29.02.2008 (Rechnungsnummer 317421) fur Malerarbeiten in\nBuroraumen inklusive Sanitar in der Zeit vom 04.02. bis zum 08.02.2008 in Hohe\nvon netto 9.168,53 €,\n\n \n\n368\n\n \n\ni) Rechnung vom 23.03.2009 (Rechnungsnummer 318041) fur Malerarbeiten im\nHeizungskeller in der Zeit vom 10.02. bis zum 03.03.2009 in Hohe von netto\n6.993,41 €\n\n \n\n369\n\n \n\nj) Rechnung vom 12.05.2009 (Rechnungsnummer 318097) fur Arbeiten im\nHeizungsraum Nr. 2/Wohngebaude in der Zeit vom 29.04. bis zum 05.05.2009 in\nHohe von netto 2.792,65 €\n\n \n\n370\n\n \n\nk) Rechnung vom 15.09.2009 (Rechnungsnummer 318293) fur Fensterstricharbeiten\nin der Zeit vom 17.08. bis zum 21.08.2009 in Hohe von netto 3.803,25 €\n\n \n\n371\n\n \n\nl) Rechnung vom 30.12.2009 (Rechnungsnummer 318542) fur Malerarbeiten an der\nSalzhalle im Stutzpunkt Peine in der Zeit vom 15.04. bis zum 04.05.2009 in\nHohe von netto 7.917,84 €.\n\n \n\n372\n\n \n\nDie Arbeiten wurden zum Teil gar nicht durchgefuhrt. So wurden in den Buro-,\nden Buroneben- und Werkstattraumen die Wand- und Deckenanstriche von\nMitarbeitern der Autobahnmeisterei erledigt. Von der ... GmbH wurde lediglich\neine Bordure bzw. ein Ölsockel gestrichen. Fensteranstricharbeiten wurden nur\noberflachlich an wenigen Holzfenstern erledigt. Lediglich die Arbeiten im\nHeizungskeller, im Sanitarbereich und der Anstrich der Salzhalle wurden von\ndem Unternehmen ... GmbH vollstandig erledigt. Von vornherein vom Angeklagten\n... beabsichtigt und von den Mitarbeitern ... und ... vorgesehen, sollten die\nRechnungen genugend Raum fur die Abrechnung der privat veranlassten\nMalerarbeiten zu Gunsten des Angeklagten ... lassen.\n\n \n\n373\n\n \n\nUngeachtet des Umstandes, dass die ... GmbH die Arbeiten nur teilweise\nausgefuhrte, waren samtliche Arbeiten insoweit unnotig und unbrauchbar, als\nsie ausschließlich der Erstellung von Abdeckrechnungen dienten, quasi eine\nAlibifunktion hatten. Zum Zeitpunkt der insoweit durchgefuhrten Arbeiten\nzwischen August 2006 und April 2009 bestand keinerlei Notwendigkeit zur\nDurchfuhrung solcher Arbeiten, weshalb die Landeskasse auch bei den\ntatsachlich erbrachten Arbeiten kein Äquivalent erlangte. Die Auftragsvergabe\nfur Renovierungs- und Instandsetzungsarbeiten an Gebauden der\nAutobahnmeisterei lag im alleinigen Zustandigkeitsbereich des Staatlichen\nBaumanagements des Landes Niedersachsen. Im Rahmen der jahrlichen Begehungen\nder Autobahnmeisterei wurde ausschließlich im Jahr 2007 durch Herrn ... vom\nStaatlichen Baumanagement die Notwendigkeit von Arbeiten ermittelt.\n\n \n\n374\n\n \n\nEs handelte sich dabei ausschließlich um Zimmerarbeiten zur Sanierung der\nSalzhalle, die an den Zimmereibetrieb ... GmbH vergeben und von diesem\nausgefuhrt wurden. Sonstige Arbeiten zur Sanierung und Renovierung von\nGebauden der Autobahnmeisterei wurden von 2006 bis 2009 weder vom Angeklagten\n... personlich noch von anderen Personen im Zustandigkeitsbereich der\nAutobahnmeisterei angeregt oder seitens des Staatlichen Baumanagements fur\nnotwendig erachtet und in Auftrag gegeben. Vom Staatlichen Hochbauamt waren\nweitere Arbeiten ohnehin nur veranlasst worden, wenn sie - wie bei der\nSalzhalle- aus Grunden der Verkehrssicherheit erforderlich gewesen waren, da\nnach den Planen des Geschaftsbereichs Hannovers der Landesbehorde fur\nStraßenbau und Verkehr der Stutzpunkt in Peine dauerhaft geschlossen werden\nsollte und vor diesem Hintergrund keine Veranlassung fur weitere Investitionen\nin diese Gebaude bestand.\n\n \n\n375\n\n \n\nDurch die vorgenannten einzelnen Taten zu d) bis l) ist dem Land so ein\nwirtschaftlicher Schaden in Hohe von insgesamt netto 60.671,39 € entstanden.\n\n \n\n376\n\n \n\n29\\. (Tatkomplex zu Ziffer 6 der Anklageschrift)\n\n \n\n377\n\n \n\nAb Anfang 2003 erteilte der Angeklagte ... dem Unternehmen ...\nDienstleistungen mit Sitz in E (... regelmaßig Auftrage fur die\nAutobahnmeisterei Braunschweig. Diese wurde bald zu deren Hauptauftraggeber.\nDas Unternehmen erbrachte uberwiegend Handwerkerleistungen im Bereich des\nTiefbaus, insbesondere Pflaster- und sonstige Ausbesserungsarbeiten. Zuletzt\nbetrug das Umsatzvolumen des Unternehmens ... mit der Autobahnmeisterei\nBraunschweig zwischen 100.000,00 und 150.000,00 €. Fur die Vergabe der\nArbeiten fanden zu keinem Zeitpunkt Ausschreibungen statt. Vielmehr wurden die\nArbeiten immer von dem Angeklagten ... als angeblich unaufschiebbare\nSofortmaßnahmen mit einem Auftragswert von bis zu 10.000,00 € direkt vergeben,\nobwohl die Voraussetzungen dafur nicht vorlagen. Die Rechnungen wurden von ihm\njeweils als sachlich richtig gezeichnet und anschließend auch durch die\nLandesbehorde bezahlt.\n\n \n\n378\n\n \n\nDer Grund fur dieses Vorgehen war, dass der Angeklagte ... von dem Handwerker\nHerr ..., der in dem Unternehmen seiner Ehefrau die Auftrage mit der\nAutobahnmeisterei abwickelte, bereits seit Ende 2003 Zuwendungen erhielt.\n\n \n\n379\n\n \n\nSo hatte der Angeklagte ... unentgeltlich umfangreichere Pflaster- und\nFliesenarbeiten am Haus in Vohrum und auch Bargeldzahlungen von Herrn ... als\nGegenleistung fur die Auftragsvergaben durch die Autobahnmeisterei gefordert\nund erhalten. Auf entsprechende Anweisungen des Angeklagten ... schlug Herr\n... diese Leistungen zumindest teilweise auf Rechnungen an die\nAutobahnmeisterei Braunschweig auf.\n\n \n\n380\n\n \n\nIm zeitlichen Zusammenhang mit den Umbauarbeiten am Ferienhaus in Mardorf\npflasterte Herr ... das Grundstuck neu. Hierzu erstellte er der ... Immobilien\nKG ein Angebot vom 14.03.2010 zur Durchfuhrung der erforderlichen Arbeiten in\nHohe von brutto 10.362,33 €: Samtliche in dem Angebot aufgefuhrten Arbeiten\nfuhrte Herr ... in der Zeit zwischen dem 26.03.2010 und dem 06.09.2010\ntatsachlich aus. Auch diese Arbeiten sollten entsprechend der Anweisung des\nAngeklagten ... auf Rechnungen an die Autobahnmeisterei Braunschweig durch\nErhohung einzelner Rechnungspositionen aufgeschlagen werden. Wie in der\nVergangenheit stellte Herr ... daher einen Teil dieser Arbeiten mit Rechnung\nvom 02.06.2010 der Autobahnmeisterei Braunschweig in Rechnung. Die Rechnung\nuber Arbeiten an der Bundesautobahn A2 Rastplatz Zweidorfer Holz Nordseite fur\ndas Verschieben und Verrucken bzw. Neusetzen von Findlingen in Hohe von\ninsgesamt netto 6.827,51 € hatte Herr ... - wie mit dem Ange klagten ...\nvereinbart - um 50 % erhoht. Hinsichtlich der weiteren in Mardorf geleisteten\nArbeiten sollte zu einem spateren Zeitpunkt entsprechend verfahren werden.\n\n \n\n381\n\n \n\nZu einer Zeichnung der Rechnung vom 02.06.2010 durch den Angeklagten ... kam\nes nicht mehr.\n\n \n\n382\n\n \n\nDas Unternehmen ... Dienstleistungen hat die von Herrn ... erledigten Arbeiten\ninzwischen der ... Immobilien KG in Rechnung gestellt, eine Bezahlung erfolgte\nebenfalls nicht.\n\n \n\n383\n\n \n\n30\\. (Tatkomplex zu Ziffer 30 der Anklageschrift)\n\n \n\n384\n\n \n\nDer Angeklagte ... stand seit dem Jahre 2003 auch zu dem Unternehmen ...\nKanalservice und Entsorgung GmbH in geschaftlichem Kontakt. Der Angeklagte ...\nund der Geschaftsfuhrer der ... Kanalservice und Entsorgung GmbH mit Sitz in\nHildesheim (... GmbH) kannten sich jedoch nicht personlich.\n\n \n\n385\n\n \n\nIm Sommer 2009 ubergab der Angeklagte ... gleichwohl dem Mitangeklagten ...\nerstmals eine "Wunschliste" mit Computern und Zubehorteilen zur entsprechenden\nWeiterleitung an den Geschaftsfuhrer ... Herr ... ignorierte zunachst die\nForderung des Angeklagten ... Er hatte die Hoffnung, dass er so um Zuwendungen\nherumkomme, ohne die Geschaftsbeziehung zur Autobahnmeisterei zu\nbeeintrachtigen. Auf die Nachfrage des Angeklagten ... im Auftrag des\nAngeklagten ... gab er an, er habe die Liste verlegt. Ende November/Dezember\n2009 ubergab der Angeklagte ... im Auftrag des Angeklagten ... Herrn ...\nsodann eine neue "Wunschliste" des Angeklagten ... Angesichts der zu diesem\nZeitpunkt finanziell außerst angespannten Lage des Unternehmens sah sich der\nGeschaftsfuhrer ... nun gezwungen, dem Wunsch des Angeklagten ... zumindest\nteilweise zu entsprechen, zumal der Angeklagte ... ihm - wiederum im Auftrag\ndes Angeklagten ... - anbot, zur teilweisen Kompensation der Kosten Rechnungen\nan die Autobahnmeisterei Braunschweig zu erhohen. Herr ... kaufte daher am\n04.01.2010 ein Notebook der Marke Apple nebst Zubehor im Wert von brutto\n1.674,71 €, das er am 30.03.2010 zum Wohnsitz des Angeklagten ... am\nStutzpunkt in Peine brachte und dort dessen Ehefrau in einem verschlossenen\nKarton ubergab.\n\n \n\n386\n\n \n\nAbsprachegemaß wurden die nachfolgend genannten Rechnungen fur\nKanalreinigungsarbeiten - als angebliche Sofortmaßnahmen- jeweils hinsichtlich\nder geleisteten Arbeitsstunden wie folgt erhoht:\n\n \n\n387\n\n \n\n\\- Rechnung vom 01.12.2009 in Hohe von netto 1.003,00 € um netto 172,43 €,\n\n \n\n388\n\n \n\n\\- Rechnung vom 01.12.2009 in Hohe von netto 1.033,80€ um netto 229,90 €,\n\n \n\n389\n\n \n\n\\- Rechnung vom 03.12.2009 in Hohe von netto 765,80 € um netto 114,95 €,\n\n \n\n390\n\n \n\n\\- Rechnung vom 03.12.2009 in Hohe von netto 1.202,20 € um netto 172,43 €,\n\n \n\n391\n\n \n\n\\- Rechnung vom 03.12.2009 in Hohe von netto 1.999,00 € um netto 229,90 €,\n\n \n\n392\n\n \n\n\\- Rechnung vom 03.12.2009 in Hohe von netto 1.114,40 € um netto 114,95 €,\n\n \n\n393\n\n \n\nDie vorgenannten sechs Rechnungen wurden mithin um insgesamt netto 1.034,56 €\nuberhoht abgerechnet und anschließend durch die Landesbehorde fur Straßenbau\nund Verkehr nach vorheriger Gegenzeichnung als sachlich richtig durch den\nAngeklagten ... bezahlt.\n\n \n\n394\n\n \n\n31\\. (Tatkomplex zu Ziffer 32 der Anklageschrift)\n\n \n\n395\n\n \n\nDer Angeklagte ... benutzte in der Zeit von Januar 2006 bis September 2010\nfortwahrend diverse Dienstwagen der Autobahnmeisterei Braunschweig fur\nausschließlich privat veranlasste Fahrten, so beispielsweise fur\nBesprechungstermine in dem Ferienhaus in Mardorf, privat veranlasste Ausfluge\nund Treffen mit dem Angeklagten ... Ferner ließ er sich von dem bei der\nAutobahnmeisterei beschaftigten Straßenwarter ... zu privaten Terminen nach\nMardorf fahren oder er ließ diesen mit einem weiteren Mitarbeiter der\nAutobahnmeisterei zum Ferienhaus fahren, um dort den Rasen zu mahen. Eine\nErlaubnis zur unentgeltlichen Nutzung seitens seines Dienstherrn lag nicht\nvor.\n\n \n\n396\n\n \n\nSo wurden in der Zeit vom 26.01.2006 bis zum 02.09.2010 insgesamt 4.598\nStreckenkilometer mit dienstlichen Fahrzeugen der Autobahnmeisterei\nBraunschweig privat veranlasst, wodurch unter Zugrundelegung einer\nKilometerpauschale in Hohe von 0,30 € pro Kilometer dem Land ein\nwirtschaftlicher Schaden in Hohe von 1.379,40 € entstanden ist.\n\n \n\n397\n\n \n\n32\\. (Tatkomplex zu Ziffer 21 der Anklageschrift)\n\n \n\n398\n\n \n\nDie Angeklagten ... und ... unterhielten aufgrund ihrer beruflichen Stellung\nspatestens ab 2009 auch stetige Beziehungen zu den Einzelunternehmern ... von\nJR Buro fur Verkehrstechnik mit Sitz in Lehrte und dessen Schwager ... (Firma\n... Dienstleistungen und Warenhandel mit Sitz in Lehrte, nachfolgend: ...).\nDer Angeklagte ... unterhielt insbesondere zu Herrn ... eine freundschaftliche\nBeziehung. Seine Ehefrau arbeitete seinerzeit als Ingenieurin in dessen\nVerkehrsburo und war ebenfalls freundschaftlich mit diesem verbunden. Auch der\nAngeklagte ... war mit dem Einzelunternehmer ... verbunden. Sie luden sie sich\ninsbesondere gegenseitig auf Geburtstagsfeiern ein.\n\n \n\n399\n\n \n\nDie Unternehmer ... und ... arbeiteten schon seit mehreren Jahren zusammen und\nkooperierten insbesondere bei Auftragsvergaben durch die Angeklagten ... und\n... fur die Autobahnmeisterei Braunschweig. Das Einzelunternehmen ... war\ninsbesondere auf dem Gebiet der Beratung, Planung und Sicherheitsausfuhrung\nvon Bundesautobahnen beschaftigt und begleitete Bauausfuhrungen oder sonstige\nArbeiten hinsichtlich ihrer Leitung, Planung sowie der Beratung fur den\nEinsatz von Verkehrsregelungstechniken. Das Einzelunternehmen ... fuhrte\nvornehmlich Markierungs- und Durchlassreinigungsarbeiten durch. Herr ... hatte\nin der Vergangenheit auf Initiative des Angeklagten ... diverse Auftrage zur\nDurchfuhrung solcher Markierungs- oder Durchlassreinigungsarbeiten an die\nFirma ... als Subunternehmer weiter vergeben.\n\n \n\n400\n\n \n\nDie Angeklagten ... und ... beschlossen auch hier, ihre bestimmende Rolle bei\nder Auftragsvergabe an beide Unternehmen fur sich auszunutzen, um jeweils\npersonliche wirtschaftliche Vorteile fur sich zu erlangen:\n\n \n\n401\n\n \n\na) Ende des Jahres 2009 trat der Angeklagte ... an die vorgenannten ... und\n... heran, um von ihnen finanzielle Unterstutzung fur einen geplanten\nNeuseelandaufenthalt mit seiner Ehefrau zu erhalten. Beide gingen darauf ein,\num auch weiterhin Auftrage durch die Autobahnmeisterei Braunschweig zu\nerhalten. Sie vereinbarten, zur Kompensation der in Aussicht gestellten\nSchmiergeldleistungen ihrerseits erhohte Abdeckrechnungen uber das\nEinzelunternehmen ... an die Autobahnmeisterei Braunschweig zu richten. Der\nAngeklagte ... sicherte zu, entsprechende Aufmaße abzuzeichnen und diese nach\nRucksprache mit dem Angeklagter ... - wie mit diesem vereinbart - zur\nAuszahlung an die Landesbehorde fur Straßenbau und Verkehr weiterzuleiten.\n\n \n\n402\n\n \n\nZur Verschleierung der Schmiergeldzahlungen an den Angeklagten ...\nvereinbarten sie weiterhin, Scheinrechnungen fur tatsachlich nicht erbrachte\nLeistungen des unter dem Namen "Kreativberatung" firmierten Einzelunternehmens\nder Ehefrau des Angeklagten ... zu generieren und hierauf sodann die\nentsprechenden Rechnungsbetrage durch die beiden Firmen begleichen zu lassen.\nEntsprechend dieser Vereinbarung ubergab der Angeklagte ... zwei - gemeinsam\nmit seiner Ehefrau erstellte - Scheinrechnungen fur tatsachlich nicht\nerbrachte Leistungen den Unternehmern ... und ...\n\n \n\n403\n\n \n\nAuf die Scheinrechnung des Unternehmens Kreativberatung vom 26.11.2009\n(Rechnungsnummer 11-90002) in Hohe von brutto 595,00 € zahlte der\nEinzelunternehmer ... diese Summe an den Angeklagten ... und seine Ehefrau.\n\n \n\n404\n\n \n\nAuf die weitere Scheinrechnung des Unternehmens Kreativberatung vom 26.11.2009\n(Rechnungsnummer 11-90001) in Hohe von brutto 833,00 € zahlte der\nEinzelunternehmer ... diese Summe an den Angeklagten ... und seine Ehefrau.\n\n \n\n405\n\n \n\nDer Angeklagte ... und seine Ehefrau erhielten mithin insgesamt einen\nvermogenswerten Vorteil in Hohe von brutto 1.428,00 €.\n\n \n\n406\n\n \n\nb) Auch der Angeklagte ... wollte einen personlichen wirtschaftlichen Nutzen\naus der bestehenden freundschaftlichen sowie geschaftlichen Beziehung zu den\nEinzelunternehmern ... und ... ziehen. Auch er forderte Geldzahlungen, um im\nGegenzug weitere Auftrage an beide Unternehmen zu erteilen und zwecks\nKompensation der Schmiergeldzahlungen zukunftig uberhohte Abdeckrechnungen\ndieser Einzelunternehmer als sachlich richtig gegenzuzeichnen und zur\nAuszahlung an den Geschaftsbereich Hannover der Landesbehorde fur Straßenbau\nund Verkehr weiterzuleiten.\n\n \n\n407\n\n \n\n2009 forderte der Angeklagte ... uber Herrn ... von Herrn ... ein Schmiergeld\nin Hohe von 2.750,00 €. ... uberbrachte seinem Schwager ... diese Nachricht,\nworaufhin dieser ... die vom Angeklagten ... geforderte Summe in bar in einem\nUmschlag ubergab. Herr ... leitete diesen Umschlag direkt an den Angeklagten\n... weiter. Zur teilweisen Kompensation des Schmiergelds stellte die Firma ...\n- wie zwischen ... und den Angeklagten ... und ... gemeinsam vereinbart - der\nAutobahnmeisterei Braunschweig fur Durchlassreinigungsarbeiten eine Rechnung\nvom 01.11.2009 uber 11.950.00 € netto. Die Rechnung war bei der\nRechnungsposition 3 im Einzelpreis um 170,00 €, mithin in Hohe von insgesamt\nnetto 680,00 € fur die abgerechneten 4 Durchlasse uberhoht wurden. Die\nRechnung wurde nach Gegenzeichnung als sachlich richtig durch den Angeklagten\n... zur Zahlung an den Geschaftsbereich Hannover der Landesbehorde fur\nStraßenbau und Verkehr weitergeleitet und anschließend an den\nEinzelunternehmer ... vollstandig bezahlt.\n\n \n\n408\n\n \n\n(c)-f)\n\n \n\n409\n\n \n\nDaruber hinaus forderte der Angeklagte ... den Einzelunternehmer ... auf,\nweitere Zuwendungen an ihn zu leisten. Zur Verschleierung dieser\nSchmiergeldleistungen sollte der Einzelunternehmer ... nunmehr fur\nMarkierungs- und Durchlassreinigungsarbeiten erforderliches Absperrgerat\nzunachst von der ... GmbH, spater von der neugegrundeten Firma ... (JMT), zu\nuberhohten Preisen mieten. Entsprechend der vom Angeklagten ... initiierten\nVorgehensweise mietete der Einzelunternehmer ... sodann Absperrgerate\n(Vorwarner und Blitzwarner) zu deutlich uberhohten Tagespreisen in Hohe von\nnetto 300,00 bzw. 350,00 €. Der ubliche und angemessene Tageseinzelpreis fur\ndiese Geratschaften betrug zum damaligen Zeitpunkt maximal netto 200,00 €.\n\n \n\n410\n\n \n\nc) Der Einzelunternehmer ... zahlte so nachfolgend auf die Rechnung der ...\nGmbH vom 22.10.2009 (Rechnungsnummer 16041) fur die Gestellung von\nAbsperrgerat fur zwei Tage einen uberhohten Betrag in Hohe von netto 200,00 €.\n\n \n\n411\n\n \n\nd) Auf die Rechnung der ... GmbH vom 23.11.2009 (Rechnungsnummer 16081) zahlte\ner fur die Gestellung von Absperrgerat fur vier Tage einen uberhohten Betrag\nin Hohe von netto 600,00 €.\n\n \n\n412\n\n \n\ne) Auf die Rechnung der ... GmbH vom 01.12.2009 (Rechnungsnummer 16093) fur\ndie Gestellung von Absperrgerat fur die Dauer von zwei Tagen zahlte er einen\nuberhohten Betrag in Hohe von netto 300,00 €.\n\n \n\n413\n\n \n\nf) Auf die Rechnung des Einzelunternehmens JMT vom 28.04.2010 (Rechnungsnummer\n2010-04-03) fur die Gestellung von Absperrgerat sowie eine Absperrtafel fur\ndie Dauer von funf Tagen zahlte er einen uberhohten Betrag in Hohe von netto\n500,00 €.\n\n \n\n414\n\n \n\ng) Der Angeklagte ... forderte uber den Mittelsmann ... auch weitere\nfinanzielle Zuwendungen von dem Einzelunternehmer ... ein. So forderte er nach\ndem 28.04.2010 der Angeklagte ... Herrn ... uber den Mittelsmann ... zur\nZahlung weiterer 1.500,00 € auf. Dies lehnte der Einzelunternehmer ... aus\nwirtschaftlichen Grunden jedoch ab.\n\n \n\n415\n\n \n\nh) Schließlich forderte der Angeklagte ... den Mittelsmann ... ein weiteres\nMal auf, den Einzelunternehmer ... nunmehr zur Zahlung von 1.700,00 € zu\nveranlassen. Aufgrund der wirtschaftlich schlechten Situation des\nEinzelunternehmers ... lehnt dieser jedoch auch diese Forderung des\nAngeklagten ... ab. Ab diesem Zeitpunkt erhielt der Einzelunternehmer ...\nkeine Auftrage mehr von der Autobahnmeisterei.\n\n \n\n416\n\n \n\n33\\. (Tatkomplex zu Ziffer 8 der Anklageschrift)\n\n \n\n417\n\n \n\nDie Angeklagten ... und ... standen weiterhin auch zu dem seit 2007\neingesetzten Geschaftsfuhrer ... eingesetzten Geschaftsfuhrer ... des\nUnternehmens ... GmbH und Co. KG mit Sitz in Langenhagen (... KG) in\ngeschaftlicher Verbindung. Die ... KG war im Bereich des uberregionalen\nFernstraßenbaus tatig und nahm uberwiegend Großauftrage nach entsprechenden\nAusschreibungen der Landesbehorde entgegen. Außerhalb dieses Bereiches wurde\ndas Unternehmen jedoch bereits seit 2007 regelmaßig auch mit kleineren\nAuftragen durch die Autobahnmeisterei Braunschweig direkt beauftragt. Die\nAuftrage fur diese Arbeiten wurden vom Angeklagten ... - als vermeintliche\nSofortmaßnahmen mit einem Auftragswert bis zu 10.000,00 € \\- ohne offentliche\nAusschreibungen erteilt und waren trotz ihres geringeren Umfangs im Interesse\ndes Geschaftsfuhrers ..., weil sie uberwiegend im Winter anfielen. Insoweit\nkonnten Gerate und Personal zu saisonal bedingt schlechten Zeiten im Einsatz\ngehalten werden und auch betriebsbedingte Kundigungen des Personals vermieden\nwerden.\n\n \n\n418\n\n \n\nDie Angeklagten ... und ... beschlossen in diesem Zusammenhang abermals, ihre\nPositionen in der Autobahnmeisterei fur sich zu nutzen, um ihre personlichen\nwirtschaftlichen Verhaltnisse aufzubessern:\n\n \n\n419\n\n \n\na) Im Januar 2008 sprach der Angeklagte ... den Geschaftsfuhrer ... darauf an,\ndass er private Geldsorgen habe und finanzielle Hilfe gebrauchen konne. In\nstillschweigendem Einvernehmen, dass Geldzahlungen des Geschaftsfuhrers Heins\nmit generellem Wohlwollen des Angeklagten ... im Zusammenhang mit seiner\ndienstlichen Tatigkeit als technischer Mitarbeiter der Autobahnmeisterei\nBraunschweig belohnt werden wurden, ubergab der Geschaftsfuhrer ... dem\nAngeklagten ...Ende des Jahres 2008 erstmals 500,00 € in bar auf einem Rasthof\nbei Braunschweig.\n\n \n\n420\n\n \n\nb) Dieser Vorgang wiederholte sich Anfang des Jahres 2009. Der Angeklagte ...\nerhielt wiederum 500,00 € vom Geschaftsfuhrer ...\n\n \n\n421\n\n \n\nc) Im weiteren Verlauf des Jahres 2009 sprach der Angeklagte ... den\nGeschaftsfuhrer ... abermals an und forderte von diesem weitere Geldzahlungen.\nDieses Mal stellte der Angeklagte ... Herrn ... jedoch nicht ausschließlich\nsein generelles Wohlwollen im Hinblick auf seine dienstliche Ausubung als\ntechnischer Mitarbeiter der Autobahnmeisterei Braunschweig in Aussicht.\nVielmehr vereinbarten beide zusatzlich, dass die Schmiergeldleistungen durch\nmanipulierte Rechnungen fur Arbeiten im ortlichen Zustandigkeitsbereich der\nAutobahnmeisterei Braunschweig durch das Unternehmen ... KG kompensiert werden\nsollten. Wie mit dem Angeklagten ... zuvor abgestimmt und mit dem\nGeschaftsfuhrer ... ubereinstimmend abgesprochen, trafen sich in der Folgezeit\nder Angeklagte ... und ein Mitarbeiter der ... KG, Herr ..., ab Herbst 2009\nregelmaßig auf einem Rastplatz bei Braunschweig und setzten die besprochenen\nManipulationen um.\n\n \n\n422\n\n \n\nWie vereinbart ubergab der Geschaftsfuhrer ... dem Angeklagten ... als\nVorleistung hierzu weitere 750,00 € in bar.\n\n \n\n423\n\n \n\nIn der Folgezeit wurden von Oktober 2009 bis Dezember 2009 folgende Rechnungen\ndurch Erhohungen von Arbeitsstunden oder Betriebsstunden von Maschinen wie\nfolgt manipuliert:\n\n \n\n424\n\n \n\n\\- die Rechnung vom 16.10.2009 (Rechnungsnummer 09/200024/10) in Hohe von\nnetto 5.002,00 € um netto 82,00 €,\n\n \n\n425\n\n \n\n\\- die Rechnung vom 21.10.2009 (Rechnungsnummer 09/2000038/10) in Hohe von\nnetto 5.412,00 € um netto 123,00 €,\n\n \n\n426\n\n \n\n\\- die Rechnung vom 13.11.2009 (Rechnungsnummer 09/2000223/10) in Hohe von\nnetto 7.779,05 € um netto 346,45 €,\n\n \n\n427\n\n \n\n\\- die Rechnung vom 13.11.2009 (Rechnungsnummer 09/2000227/10) in Hohe von\nnetto 2.572,53 € um netto 303,93 €,\n\n \n\n428\n\n \n\n\\- die Rechnung vom 13.11.2009 (Rechnungsnummer 09/200225/10) in Hohe von\nnetto 14.860,68 € um netto 897,85 €,\n\n \n\n429\n\n \n\n\\- die Rechnung vom 11.12.2009 (Rechnungsnummer 09/200296/10) in Hohe von\nnetto 5.086,94 € um netto 586,42 €.\n\n \n\n430\n\n \n\nInsgesamt wurden die vorgenannten sechs Rechnungen mithin um einen Betrag in\nHohe von netto 2.339,65 € uberhoht, nach Zeichnung des Angeklagten ... zur\nAuszahlung an die Landesbehorde fur Straßenbau und Verkehr weitergeleitet und\nanschließend an die ... KG ausgezahlt.\n\n \n\n431\n\n \n\n(d)-g))\n\n \n\n432\n\n \n\nAuch der Angeklagte ... forderte in Übereinkunft mit dem Angeklagten ... sowie\ndem Geschaftsfuhrer ... Bargelder von diesem, wobei er in Aussicht stellte,\ndass die ... KG dann auch weiterhin ohne offentliche Ausschreibungen Auftrage\nerhalten und zur Kompensation der Schmiergeldzahlungen Rechnungsmanipulationen\ndurchfuhren konne.\n\n \n\n433\n\n \n\nNachdem der Angeklagte ... den Geschaftsfuhrer ... zuvor erfolglos\naufgefordert hatte, die Ausbauarbeiten fur den Garagenausbau an seinem\nFerienhaus in Mardorf durchzufuhren, suchte er ihn im September erstmals auf\nund erzahlte ihm von privaten Geldsorgen. In diesem Zusammenhang sprach der\nAngeklagte ... den Geschaftsfuhrer ... unumwunden auf Schmiergelder an, die er\nzahlen sollte, um die Auftragslage der ... KG nicht zu gefahrden.\n\n \n\n434\n\n \n\nd) Um diesem Ansinnen zu entsprechen ubergab der Geschaftsfuhrer ... dem\nAngeklagten ... erstmals im September 2009 1.500,00 € in bar.\n\n \n\n435\n\n \n\ne) Im November 2009 forderte der Angeklagte ... Herrn ... ein weiteres Mal\nauf, ihm Bargeld zu geben. Eine konkrete Summe nannte er dabei nicht, er\nforderte aber ausdrucklich eine hohere Summe als beim letzten Mal. Die nun\ngeforderte Zahlung sollte nach entsprechender Vereinbarung zwischen dem\nAngeklagten ... dem Angeklagten ... und Herrn ... uber die in der vorgenannten\nTat zu c) manipulierten Rechnungen kompensiert werden. Im zeitlichen\nZusammenhang zu diesen Rechnungsmanipulationen ubergab der Geschaftsfuhrer ...\ndem Angeklagten ... im November 2009 weitere 3.000,00 € in bar.\n\n \n\n436\n\n \n\nf) Im Januar 2010 ubergab Herr ... auf weiteres Drangen des Angeklagten ...\ndiesem wiederum 3.000,00 € in bar.\n\n \n\n437\n\n \n\ng) Am 17.03.2010 ubergab der Geschaftsfuhrer ... dem Angeklagten ... auf\ndessen weitere Forderung hin erneut 2.000,00 € in bar.\n\n \n\n438\n\n \n\n34\\. (Tatkomplex zu Ziffer 41 der Anklageschrift)\n\n \n\n439\n\n \n\nDie ... GmbH mit Hauptsitz in Bietigheim (... GmbH) hatte nach offentlicher\nAusschreibung den Zuschlag fur großere Baumaßnahmen an den Autobahnen A 391\nund 395 im ortlichen Zustandigkeitsbereich der Autobahnmeisterei Braunschweig\nerhalten. Mit der Bauuberwachung war der Angeklagte ... betraut.\n\n \n\n440\n\n \n\na) Im Jahr 2007 erhielt der Angeklagte ... von Herrn ..., einem Mitarbeiter\nder ... GmbH 1.500,00 €. Der Angeklagte ... erklarte sich im Gegenzug bereit,\nbei der Schlussrechnung vom 06.07.2007 fur die Baumaßnahme an der A 391 eine\nErhohung der Rechnungsposition Asphaltbindereinbau zu akzeptieren. Diese\nRechnungsposition belief sich auf 34.777,40 € und war mindestens um das\ngezahlte Schmiergeld uberhoht. Die Rechnung, die sich insgesamt auf rund zwei\nMio. € belief, wurde von der Landesbehorde vollstandig bezahlt.\n\n \n\n441\n\n \n\nb) Im Jahr 2008 erhielt der Angeklagte ... von dem Mitarbeiter ... weitere\n1.000,00 € nach Beendigung der Arbeiten an der A 395. Er erhielt diesen\nGeldbetrag als Belohnung fur die gute Zusammenarbeit im Rahmen seiner\nBauuberwachung\n\n \n\n442\n\n \n\n35\\. (Tatkomplex zu Ziffer 43 der Anklageschrift)\n\n \n\n443\n\n \n\nDer Angeklagte ..., der von dem Beschaftigungsverhaltnis des ... bei der ...\nGmbH in der Zeit vom 01.08.2006 bis zum 31.07.2009 wusste, erhielt in dieser\nZeit von Herrn ... mehreren Teilbetragen insgesamt 2.000,00 €. Da Herr ...\nwusste, dass der Angeklagte ... mit der Überwachung der zahlreichen Auftrage\nder Autobahnmeisterei Braunschweig an das Unternehmen ... GmbH befasst war,\nwar er zugleich um das Wohlwollen des Angeklagten ... bemuht. Der Angeklagte\n... erhielt die Zahlungen als Belohnung fur die gute Zusammenarbeit.\n\n \n\n444\n\n \n\n36\\. (Tatkomplex zu Ziffer 52 der Anklageschrift)\n\n \n\n445\n\n \n\nDer Angeklagte ... pflegte geschaftliche Kontakte im Rahmen einer korruptiven\nDauerbeziehung nicht nur zu den Angeklagten ... und ... sondern auch zu dem\nLeiter der Autobahnmeisterei Hannover, dem gesondert verfolgten ...\n\n \n\n446\n\n \n\nMit diesem vereinbarte er, dass er Sanitararbeiten in dessen Wohnhaus in der\n..., 30916 Isernhagen, bezahlen wurde. Auf Veranlassung des Angeklagten ...\nstellte Herr ... fur die von ihm durchgefuhrten Sanitararbeiten dem\nEinzelunternehmen des Angeklagten ... folgende Rechnungen:\n\n \n\n447\n\n \n\n\\- vom 09.02.2010 in Hohe von brutto 532,63 € sowie\n\n \n\n448\n\n \n\n\\- vom 25.02.2010 in Hohe von brutto 230,56 €.\n\n \n\n449\n\n \n\nBeide Rechnungsbetrage in Hohe von insgesamt brutto 763,19 € zahlte der\nAngeklagte ... an das Unternehmen ..., wodurch der gesondert verfolgte ...\nAufwendungen in entsprechender Hohe ersparte.\n\n \n\n450\n\n \n\nDiese Zuwendung erfolgte in inhaltlicher Übereinstimmung mit dem gesondert\nverfolgten ..., dass der Angeklagte ... unter Ausnutzung der beruflichen\nStellung des ... als Leiter der Autobahnmeisterei Hannover von diesem\npflichtwidrig selbststandig ohne jeweils durchgefuhrte offentliche\nAusschreibungen Auftrage zur Durchfuhrung von Arbeiten im\nZustandigkeitsbereich der Autobahnmeisterei Hannover erhalten wurde; so, wie\ndies in der Vergangenheit bereits geschehen war.\n\n \n\n451\n\n \n\n37\\. (Tatkomplex zu Ziffer 53 der Anklageschrift)\n\n \n\n452\n\n \n\nÜber die in vorgenannter Tat zu Ziffer 34 bezeichnete Zuwendung hinaus erhielt\nder Leiter der Autobahnmeisterei Hannover ... vom Angeklagten ... auch weitere\nBargeldzuwendungen.\n\n \n\n453\n\n \n\na) Da der Angeklagte ... Ende des Jahres 2008 vom Leiter der Autobahnmeisterei\nHannover, ..., Auftrage in einer Großenordnung von 60.000,00 € erhalten hatte,\nohne dass der Angeklagte ... jemals an einem hierzu erforderlichen offentliche\nVergabeverfahren teilgenommen hatte, ubergab er dem ... im Sommer 2009\n20.000,00 € in bar als Belohnung.\n\n \n\n454\n\n \n\nb) bis f) Um auch weiterhin mit Auftragen ohne Vergabeverfahren durch den\ngesondert verfolgten ... bedacht zu werden, ubergab der Angeklagte ... diesem\nin der Folgezeit mindestens funf Mal weitere Bargeldbetrage in Hohe von\njeweils 200,00 €. Auch hierbei wurde stets die zumindest stillschweigend\ngetroffene Übereinkunft erzielt, dass der Angeklagte ... mit weiteren\nAuftragen bedacht werden wurde.\n\n \n\n455\n\n \n\ng) Anlasslich des Todes seines Schwiegervaters am 17.06.2010 sprach der\ngesondert verfolgte ... dem Angeklagten ... auf eine weitere Bargeldzahlung\nzur Finanzierung des Grabsteines an. Der gesondert verfolgte ... verknupfte\ndabei die von ihm erwartete Geldzahlung mit der weiteren Vergabe von Auftragen\nohne die hierzu notwendige Teilnahme des Angeklagten ... an einem\nVergabeverfahren. Infolgedessen ubergab der Angeklagte ... in der Zeit um den\n17.06.2010 dem gesondert verfolgten ... weitere 1.000,00 € in bar.\n\n \n\n456\n\n \n\nh) Dieser Vorgang wiederholte sich kurze Zeit spater. Der Angeklagte ...\nzahlte weitere 1.000,00 € in bar.\n\n \n\n457\n\n \n\nGang des Ermittlungsverfahrens und weiteres Prozessgeschehen:\n\n \n\n458\n\n \n\nIm Zuge eines im Jahr 2007 eingeleiteten Ermittlungsverfahrens wegen diverser\nKorruptionsvorwurfe um verschiedene Bauunternehmer aus der hiesigen Region\nwurde ein Telefongesprach zwischen einem Bauunternehmer und dem Angeklagten\n... hinsichtlich eines erhaltenen Wasserspenders abgehort. Die Erkenntnisse\nfuhrten zurn Erlass des zu I 2) genannten Strafbefehls gegen den Angeklagten\n...\n\n \n\n459\n\n \n\nNach weiteren Ermittlungsmaßnahmen der Polizei erschien den ermittelnden\nBehorden der - ihnen luxurios und aufwandig erscheinende - Lebensstil des\nAngeklagten ... unvereinbar mit dessen Einkommensverhaltnissen als technischer\nMitarbeiter der Autobahnmeisterei Braunschweig. Dies nahm der ermittelnde\nPolizeibeamte KOK ... zum Anlass, Mitte 2009 an Herrn ..., den Leiter der\nInnenrevision der Landesbehorde fur Straßenbau und Verkehr in Hannover\nheranzutreten. Dieser hatte auf Veranlassung der Fachbereichsleiterin ...\nbereits seit dem Jahreswechsel 2008/2009 umfangreiche interne Ermittlungen\nwegen des Verdachts unzulassiger Auftragsvergaben durch die Autobahnmeisterei\nBraunschweig zu Gunsten des Einzelunternehmens ... angestrengt. Die\nvorlaufigen Ermittlungen des Herrn Werkmeister erharteten den Verdacht der\nVergabe von sogenannten und gesplitteten Rechnungen sowie die Überschreitung\nvon Jahresausschreibungssummen des Einzelunternehmens des Angeklagten ... um\njahrlich bis zum Funffachen.\n\n \n\n460\n\n \n\nAuf Grundlage der von Herrn ... mitgeteilten sowie weiterer eigener\nErmittlungserkenntnisse wurden ab dem Fruhjahr 2010 bis zum September 2010\nunter anderen die Telefonanschlusse der drei Angeklagten uberwacht. Nach den\ngroß angelegten Durchsuchungsaktionen erfolgte die Festnahme der Angeklagten\n... und ..., kurze Zeit spater auch die Festnahme des Angeklagten ... .\n\n \n\n461\n\n \n\nDie Angeklagten ..., ... und ... wurden von den Ermittlungsbeamten zu Beginn\nihrer Inhaftierungen jeweils auf die rechtliche Moglichkeit der\nStraferleichterung nach § 46 b StGB hingewiesen. Bereits unmittelbar nach\nseiner Festnahme außerte der Angeklagte ... gegenuber den ihn zur JVA\nverbringenden Polizeibeamten, dass er nun "reinen Tisch" machen wolle.\n\n \n\n462\n\n \n\nDer Angeklagte ... hat in insgesamt 14 Vernehmungen im Rahmen des\nErmittlungsverfahrens, das sich gegen uber 50 Beschuldigte richtete, umfassend\nausgesagt und dabei Angaben zu Sachverhalten gemacht, die bis dahin nicht\nbekannt waren. So wussten die Ermittlungsbeamten aus der Telefonuberwachung,\ndass Rechnungen fur den Garagenausbau vom Angeklagten ... bezahlt wurden, die\nfruheren Renovierungsarbeiten in Mardorf (Tat zu Ziffer 2a) waren aber bis\ndahin nicht bekannt.\n\n \n\n463\n\n \n\nVon den weiteren Sachverhalten zu den Taten zu Ziffern 1, 3 - 6 (jeweils\nbetreffend den Angeklagten ..., Taten zu Ziffern 8 - 17 (jeweils betreffend\nden Angeklagten ...), Taten zu Ziffern 36 und 37 (jeweils betreffend den\ngesondert verfolgten ...) erfuhren die Ermittlungsbeamten ebenfalls erstmals\ndurch diese Vernehmungen, wobei der Angeklagte ... auch jeweils die konkreten\nZuwendungen benannte. Er gab ferner an, gemeinsam mit dem Angeklagten ...\nAufmaße gefalscht zu haben (Tat zu Ziffer 19), ohne allerdings konkrete\nAngaben zu einzelnen Erhohungen machen zu konnen.\n\n \n\n464\n\n \n\nDer Angeklagte ... hat daruber hinaus zahlreiche - von den Ermittlungsbehorden\nzwischenzeitlich verifizierte Angaben zu weiteren Schmiergeldempfangern\ngemacht, insbesondere zu den gesondert verfolgten Schaper (ehemals\nHaushaltsbevollmachtigter des Landesamtes fur Straßenbau und Verkehr in\nHannover), ... (ebenfalls Mitarbeiter des Landesamtes), ... (ebenfalls\nMitarbeiter des Landesamtes) und ... (weiterer Mitarbeiterder\nAutobahnmeisterei Braunschweig).\n\n \n\n465\n\n \n\nDer Angeklagte ... bestatigte nachfolgend im Wesentlichen die ihm vom\nAngeklagten ... gewahrten Zuwendungen. Nach Einsicht in die\nRechnungsunterlagen gab er an, welche Aufmaße im Einzelnen verfalscht wurden\n(Taten zu Ziffer 19). Schließlich bestatigte er nach Vorhalt der\nentsprechenden Angaben des Angeklagten ... auch, dass es sich bei den\nRechnungen zum Wildschutzzaun (Tat zu Ziffer 17) um Luftrechnungen gehandelt\nhabe. Zuvor hatte er dies auf ausdruckliche Nachfrage bestritten. Ferner gab\ner an, Zuwendungen von ... (Tat zu Ziffer 32), ... (Tat zu Ziffer 33), ...\n(Tat zu Ziffer 34) und ... (Tat zu Ziffer 35) erhalten zu haben.\n\n \n\n466\n\n \n\nDer Angeklagte ... bestatigte bei seinen Vernehmungen auf Vorhalt der Aussagen\ndes Angeklagten ... den Erhalt der 100.000,00 € (Tat zu Ziffer 3) und weitere\nZuwendungen fur den Urlaub auf ..., die Kostenubernahme fur Arbeiten in\nMardorf und Barzahlungen in einem Gesamtwert von 40.000,00 €. Er gab ferner\nan, von Herrn ... 15.000,00 €, von Herrn Herb 5.000,00 € und von Herrn ...\neinen PC im Wert von 2.000,00 € erhalten zu haben.\n\n \n\n467\n\n \n\nMit Beschluss des Amtsgerichts Braunschweig vom 30.11.2010 - Az.: 3 Gs 2656/10\n- wurde der dingliche Arrest in das Vermogen des Angeklagten ... in Hohe von\n516.881,27 € angeordnet. Mit darauf beruhender Pfandungsanordnung der\nStaatsanwaltschaft Braunschweig vom 16.03.2011 - Az.: 407 Js 56906/09 - hat\ndiese eine als "Herausgabeanspruch" bezeichneten Ruckzahlungsforderung des\nAngeklagten ... gegen seine Ehefrau ... hinsichtlich ihrer Kontoguthaben zu\nden Konto Nrn. ... und ... in Hohe von 380.000,00 € gepfandet.\n\n \n\n468\n\n \n\nIm Ermittlungsverfahren wurden weiterhin die im Tenor aufgefuhrten Gegenstande\nbeschlagnahmt.\n\n \n\n469\n\n \n\nMit dem Angeklagten ... und seinem Verteidiger am 06.06.2011 ausgehandigter\nKlageschrift der Adhasionsklagerin vom 01.06.2011 hat diese beantragt,\n\n \n\n470\n\n \n\n1\\. den Angeklagten ... zur Zahlung von 467.102,02 € nebst Zinsen in Hohe von\n5 Prozentpunkten uber den jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshangigkeit der\nKlage verurteilen,\n\n \n\n471\n\n \n\n2\\. festzustellen, dass der Anspruch auf einer vorsatzlich unerlaubten\nHandlung beruht.\n\n \n\n472\n\n \n\nSowohl der Angeklagte ... als auch sein Verteidiger haben im\nHauptverhandlungstermin am 26.09.2011 die geltend gemachten Anspruche\nanerkannt.\n\n \n\n \n\n**III.**\n\n \n\n \n\n1.\n\n \n\n473\n\n \n\nDie Feststellungen zu l.) beruhen auf den glaubhaften Angaben der Angeklagten.\nSie werden durch die verlesenen Bundeszentralregisterauszuge und eingefuhrten\nUrkunden.\n\n \n\n474\n\n \n\nDie Feststellungen zu den Vermogensverhaltnissen des Angeklagten ...\nhinsichtlich der festgestellten Bankguthaben im In- und Ausland beruhen\ndaruber hinaus insbesondere auf den glaubhaften Bekundungen des vernommenen\nZeugen KOK ... Dieser hat als Hauptermittlungsfuhrer der ZKI Braunschweig\nglaubhaft bekundet, dass die angestrengten Vermogensermittlungen zahlreiche\nBankguthaben im In- und Ausland (Monaco, Frankreich und Liechtenstein) in\nmindestens festgestellter Hohe bestatigten. Die Vermogensermittlungen gingen\nnach seinen Bekundungen wiederum auf die eigene Einlassung des Angeklagten ...\nin seiner zweiten polizeilichen Beschuldigtenvernehmung am 30.09.2010 zuruck,\nworin der Angeklagte selbst Angaben zu Bankguthaben in Liechtenstein und\nMonaco machte. Weiterhin habe der Angeklagte auf einen USB-Stick mit\ngespeicherten Bankdaten in einem Schließfach der ...kasse Peine hingewiesen.\nDie weiteren Ermittlungen nach Auswertung dieser Daten fuhrten nach den\nweiteren Bekundungen des Zeugen ... zu den Erkenntnissen uber die Bankguthaben\nin mindestens festgestelltem Umfang.\n\n \n\n \n\n2.\n\n \n\n475\n\n \n\nDie Feststellungen zur Einbindung der Autobahnmeisterei Braunschweig innerhalb\nder Organisationsstrukturen der Landesbehorde fur Straßenbau und Verkehr, dem\nregionalen Geschaftsbereich Hannover sowie zum sachlichen wie ortlichen\nZustandigkeits- und Aufgabenbereich der Autobahnmeisterei Braunschweig beruhen\nauf den eigenen glaubhaften Einlassungen der Angeklagten ... und ... sowie den\nkonkretisierenden und ebenfalls glaubhaften Bekundungen der vernommenen Zeugen\n... (Amtsleiter des regionalen Geschaftsbereichs Hannover), ... (seinerzeit\nSachgebietsleiter, jetzt Controller des regionalen Geschaftsbereichs), ...\n(angestellter Bauingenieur bei der Landesbehorde) und ... (seinerzeit\nFachbereichsleiterin, jetzt Ministerialbeamtin).\n\n \n\n476\n\n \n\nDie Angeklagten ... und ... haben daruber hinaus glaubhaft die\norganisatorischen Aufgaben innerhalb der Autobahnmeisterei Braunschweig sowie\nihr jeweiliges Aufgabenspektrum naher erlautert. Deren Einlassungen waren\nwiderspruchsfrei. Zudem haben die Bekundungen der vorgenannten Zeugen dies\nebenso bestatigen konnen wie die Bekundungen des Zeugen ... und ... Der ...\nZeuge ... hat als langjahriger Kolonnenfuhrer bei der Autobahnmeisterei fur\ndie Kammer gut nachvollziehbare Ausfuhrungen zu den konkreten praktischen\nArbeitsablaufen innerhalb der Autobahnmeisterei gemacht. Die ebenfalls\nlangjahrig bei der Autobahnmeisterei Braunschweig beschaftigte Zeugin ... hat\nnachvollziehbare Ausfuhrungen auf der Ebene ihrer Verwaltungstatigkeit machen\nkonnen.\n\n \n\n477\n\n \n\nDie Feststellungen zu den praktischen Ausgestaltungen der generellen\ninnerbehordlichen Vorgaben zu Ausschreibung und Vergabe von Auftrage an\nUnternehmen sowie zu den regelgerechten Einzelbefugnissen der Angeklagten ...\nund ... innerhalb des Betriebsdienstes der Autobahnmeisterei Braunschweig\nberuhen auf den glaubhaften Bekundungen der Zeugen ..., ..., ... und ...\nSamtliche Zeugen haben ubereinstimmend - auch auf vertiefende Nachfragen -\nausfuhrlich und ubereinstimmend die innerbehordlichen Vorgaben zur\nNotwendigkeit sowie Art und Weise der Durchfuhrung von Einzel- und\nJahresausschreibungen dargelegt. Die festgestellten Regularien haben selbst\ndie Angeklagten ... und ... weder in ihren anfanglichen Einlassungen noch im\nRahmen ihrer personlichen Befragungen der vorgenannten Zeugen in Abrede\ngestellt.\n\n \n\n478\n\n \n\nDiese werden auch durch diverse - in den nachfolgenden Einzelbeweiswurdigungen\nbezeichnete - Telefonate bestatigt, in denen der Angeklagte ... auch selbst\ngegenuber den Unternehmern auf die Einhaltung der Wertgrenze bis zu 10.000,00\n€ fur die Rechnungslegung drangte.\n\n \n\n479\n\n \n\nHinsichtlich der Einzelbefugnisse der Angeklagten .. und ... hat der\nAngeklagte ... selbst sich dahingehend eingelassen, personlich nicht zur\nErteilung von Auftragen befugt gewesen zu sein. Dies hat der Angeklagte ...\nmit Hinweis auf die Einstellung des Angeklagten ... als technischer\nMitarbeiter sowie seine eigene hohe Auslastung bestritten. Auch insoweit ist\ndie Einlassung des Angeklagten ... zur Überzeugung der Kammer jedoch\nwiderlegt. Die Kammer stutzt ihre Überzeugung hierbei auf die ebenfalls\nglaubhaften Bekundungen des vorgenannten Zeugen ... Diese lassen keinen\nZweifel daran, dass ausschließlich der Angeklagte ... als Leiter der\nAutobahnmeisterei uberhaupt befugt war, innerhalb seines - ohnehin nur sehr\neingeschrankten Zustandigkeitsbereichs - selbststandig Auftrage entweder im\nRahmen einer Direktvergabe zur Abwendung dringender Gefahren oder als\nAbrufleistung uber Lose auf Grundlage einer bereits erfolgten\nJahresausschreibung zu erteilen. Eine solche Zustandigkeit oblag nach den dies\ndetailliert erorternden Bekundungen des Zeugen ... keinesfalls dem Angeklagten\n..., dem als technischem Mitarbeiter ausschließlich der Bereich der\nBauuberwachung einschließlich der Aufmaßerteilungen sowie vorbereitende\nRechnungsprufungen oblag. Dies wird mittelbar im Übrigen auch durch die\nweitere Zeugin ... bestatigt, die als langjahrige Verwaltungsangestellte\ndetailliert die internen Ablaufe der Buchungs- und Rechnungsvorgange nach\nEingang der Rechnungen geschildert hat. Die Rechnungen der beauftragten\nUnternehmen wurden demnach gelegentlich von ihr selbst auf ihre rechnerische\nRichtigkeit hin uberpruft und als solche auch mitunter von ihr\ngegengezeichnet. Die inhaltliche Überprufung der Rechnungen sei jedoch stets\noriginare und ausschließliche Aufgabe des Angeklagten ... als Leiter der\nAutobahnmeisterei Braunschweig gewesen. Dieser habe in regelmaßigen Abstanden\ndie von ihm als sachlich richtig gegengezeichneten Rechnungen in einer Kiste\nnach Hannover verbracht. Der Angeklagte ... habe als technischer Mitarbeiter\nRechnungen großeren Volumens uber eine Grenze von 10.000,00 € in der Regel\nbereits eigenstandig vorbereitet. Aber auch diese Rechnungen seien stets "uber\nden Tisch" des Angeklagten ... zur sachlichen Überprufung und anschließenden\nGegenzeichnung gelangt und spater zur Landesbehorde zwecks Zahlungsanweisung\nverbracht worden.\n\n \n\n480\n\n \n\nDie weiteren Feststellungen werden zudem durch die ebenfalls glaubhaften\nBekundungen des Zeugen ... bestatigt. Dieser hat als Leiter der Innenrevision\ndes Landesamts fur Straßenbau und Verkehr in Hannover bestatigen konnen, dass\ndas jahrliche Auftragsvolumen des Einzelunternehmens des Angeklagten ... im\nortlichen Zustandigkeitsbereich der Autobahnmeisterei Braunschweig in den\ntatrelevanten Zeitraumen außergewohnlich hoch ausfiel. Erganzend hierzu hat\nder Zeuge ... als Sachgebietsleiter des zustandigen Fachbereichs beim\nLandesamt fur Straßenbau und Verkehr in Hannover ebenfalls glaubhaft bekunden\nkonnen, dass der jahrliche Umsatz des Angeklagten ... in den Jahren 2009 und\n2010 jeweils die Jahresausschreibungssummen um das Funffache uberschritten\nhabe. Dass von Seiten der Landesbehorde niemals Rechnungsprufungen erfolgten,\nsteht aufgrund der Bekundungen der Zeugen ..., ..., ... und ... fest. Auf\neingehende Nachfragen konnten sie eine solche Prufung nicht bestatigen.\n\n \n\n481\n\n \n\nDie Feststellungen dem spatestens ab 2005 beginnenden korruptiven\nBeziehungsgeflecht zwischen den Angeklagten ..., ... und ... untereinander\nsowie zu weiteren Unternehmern bzw. dem gesondert verfolgten Leiter der\nAutobahnmeisterei Hannover, dem gesondert Verfolgten ..., auf einer\nGesamtwurdigung der nachfolgenden Einzelbeweiswurdigungen hinsichtlich\nsamtlich festgestellter Taten:\n\n \n\n482\n\n \n\nHierzu im Einzelnen:\n\n \n\n483\n\n \n\n(Taten zu Ziffer 1 - 7)\n\n \n\n484\n\n \n\nDie Feststellungen zu diesen Taten einschließlich der Entwicklung der\nBeziehung zum Angeklagten ... beruhen auf der glaubhaften Einlassung des\nAngeklagten ..., der den Sachverhalt in vollem Umfang wie festgestellt\neingeraumt hat. Die Kammer hat sie jeweils fur die einzelnen Taten bereits fur\nsich genommen, insbesondere aber auch in der Gesamtwurdigung fur zutreffend\nerachtet.\n\n \n\n485\n\n \n\nDer Angeklagte ... hat zwar auch eingeraumt, dass er Zuwendungen von ...\nbekommen habe. Er hat diese aber hinsichtlich des Zustandekommens und zum Teil\nauch hinsichtlich des Umfangs abweichend geschildert. Insbesondere hat er\nbestritten, dass es jemals einen Bezug zu Auftragsvergaben an den Angeklagten\n... gegeben habe, Grund fur die Zuwendungen sei die freundschaftliche\nBeziehung zwischen beiden gewesen. Es sei zwar zutreffend, dass, beginnend im\nJahr 2005, Auftrage unterhalb der Wertgrenze von 10.000,00 € direkt uber die\nAutobahnmeisterei Braunschweig mit dem Angeklagten ... abgewickelt worden\nseien, dies jedoch ausschließlich wegen der zugigen Auftragserledigungen des\nAngeklagten ...\n\n \n\n486\n\n \n\nDie Entwicklung ihrer beruflich bedingten Bekanntschaft haben beide Angeklagte\nubereinstimmend geschildert. So haben sich beide dahingehend eingelassen, sich\nbei Restaurantbesuchen - regelmaßig auf Einladung des Angeklagten ...\ngetroffen zu haben. Auch haben beide die gemeinsame Reise nach Mauritius,\neinen weiteren gemeinsamen Urlaubsaufenthalt auf Sylt sowie einen Aufenthalt\ndes Angeklagten ... in Antibes bestatigt. Auffallig war wahrend ihrer\nEinlassungen, dass hier zu Beginn ihrer sich entwickelnden korruptiven\nBeziehung bereits ein auffalliges Missverhaltnis zwischen den einzelnen\nBeitragen der Angeklagten zu beobachten war. Auf ausdruckliche Nachfrage\nkonnte der Angeklagte ... nur bestatigen, den Angeklagten ... ein einziges Mal\nzum Essen in einem italienischen Lokal eingeladen zu haben. Hinsichtlich der\nReise nach Mauritius hat der Angeklagte ... behauptet, dass der Angeklagte nur\ndie Fluge bezahlt habe. Übereinstimmend wiederum haben die Angeklagten\nangegeben, dass der Angeklagte ... bei seinem Besuch in Antibes auf eigene\nKosten in einem Hotel ubernachtet habe.\n\n \n\n487\n\n \n\nHinsichtlich der weiteren Zuwendungen im Einzelnen:\n\n \n\n488\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 1)\n\n \n\n489\n\n \n\nDer Angeklagte ... hat bestritten, regelmaßige Zahlungen fur seinen Urlaub in\nAntibes bekommen zu haben. Er habe zwar im Tatzeitraum vom Angeklagten ...\nregelmaßig Bargeld erhalten, die Gesamtsumme habe jedoch eine Großenordnung\nvon 4.000,00 € nicht uberschritten. Die Geldzahlungen in Hohe von jeweils 200\nbis 300,00 € seien fur Restaurantbesuche gedacht gewesen.\n\n \n\n490\n\n \n\nDemgegenuber hat der Angeklagte ... ubereinstimmend zu seinen Einlassungen im\nErmittlungsverfahren die regelmaßigen Geldzahlungen anlasslich der\nbevorstehenden Urlaubsaufenthalte des Angeklagten ... glaubhaft eingeraumt.\nDiese Geldzahlungen seien regelmaßig vor den Urlaubsaufenthalten mindestens\nzehn Mal erfolgt und jeweils von dem Angeklagten ... gefordert worden. Die\nKammer ist von der Glaubhaftigkeit dieser Einlassung uberzeugt. Der Angeklagte\n... hat sich durch diese Einlassung auch selbst erheblich belastet. Wahrend\nder Angeklagte ... bei seinen Angaben vage blieb, war der Angeklagte ... in\nder Lage, die oft gleichen Ablaufe der Bargeldubergaben bildhaft zu schildern.\nSo habe er stets vor den Geldubergaben die Scheine einzeln abgezahlt und sei\ndann unmittelbar vor den Urlaubsfahrten des Angeklagten zur Geldubergabe\ngefahren. Dort habe er dann "ohne viel Worte" dem Angeklagten ... "so\nnebenbei" das Geld ubergeben. Auf ausdruckliche Nachfrage nach Geldumschlagen\noder weiteren Vorkehrungen außerte er, er sei es gewohnt, unkompliziert und\ngroßzugig mit Geld umzugehen und große Bargeldbetrage bei sich zu haben.\nDeshalb sei es fur ihn auch normal gewesen, das Geld abgezahlt aber unverpackt\n"einfach so in der Jackentasche" mit sich zu fuhren, um es dann so auch spater\nzu ubergeben. Diese vom Angeklagten ... geschilderte schlichte Übergabepraxis\npasst zur Überzeugung der Kammer in das Personlichkeitsbild des Angeklagten\n..., der nach dem Eindruck in der Hauptverhandlung kein Mensch "großer Worte"\nist und mehr handelt als redet. So griff er beispielsweise die Einlassung des\nAngeklagten ... auf und außerte sinngemaß, dass er - der Angeklagte ... - doch\ngenau wissen wurde, worum es ginge. Durch die mehrfach geaußerten Worte\n"Mensch ... sag doch die Wahrheit" oder " Sag doch wie\'s war" und die darauf\nstets pauschal ablehnenden Äußerungen des Angeklagten ... mit den\ngelegentlichen Versuchen, dem Angeklagten ... darauf mit personlichen\nÄußerungen, die erkennbar in keinerlei Zusammenhang mit den Taten standen, zu\nentgegnen, konnte sich die Kammer selbst auch ein gutes prasentes und\nlebhaftes Bild von den Personlichkeiten der Angeklagten und ihres\nVerhaltnisses zueinander verschaffen und so auch dies in die Beurteilung ihrer\npersonlichen Glaubwurdigkeit einfließen lassen.\n\n \n\n491\n\n \n\nHinsichtlich der Anzahl der festgestellten Bargeldubergaben ging die Kammer\nvon einer deutlich geringeren Anzahl aus, als sie der Angeklagte ... beziffert\nhat, da sich die Angabe auf die Gesamtzahlungen bezog, hier jedoch nur auf\nZahlungen in nicht verjahrter Zeit ab September 2005 abzustellen war. Seine\nAufenthalte in Antibes zu den festgestellten Zeiten hat der Angeklagte ...\nnach Vorhalt des polizeilichen Ermittlungsvermerks zu seinen\nKreditkarteneinsatzen bestatigt.\n\n \n\n492\n\n \n\nHinsichtlich der Hohe der erhaltenen Bargeldzahlungen folgt die Kammer\nebenfalls der glaubhaften Einlassung des Angeklagten ... Zwar hat der\nAngeklagte ... Urlaubsgeldzahlungen mit regelmaßig 5.000,00 € beziffert. Er\nhat jedoch angegeben, dass es auch schon mal nur 2.000,00 € gewesen seien. Da\ninsoweit genauere Feststellungen nicht moglich waren, ist die Kammer zugunsten\nbeider Angeklagter nur von Urlaubsgeldzahlungen in Hohe von jeweils 2.000,00 €\nausgegangen.\n\n \n\n493\n\n \n\n(Taten zu Ziffer 2)\n\n \n\n494\n\n \n\nDass der Angeklagte ... Zahlungen an die Unternehmen ..., ... & ... und ...\nfur Arbeiten in Mardorf erbracht hat, hat der Angeklagte ... eingeraumt. Zur\nHohe hat er angegeben, das Unternehmen ... habe lediglich Arbeiten im Umfang\nvon ca. 10.000,00 €, das Unternehmen ... & ... GmbH solche im Umfang von\nlediglich 7.000,00 €, das Unternehmen ... solche im Umfang von lediglich\n6.000,00 € fur die Renovierung nach dem Wasserschaden erbracht. Fur den\nGaragenausbau habe die Fa. ... Leistungen im Umfang von etwa 9.000,00 €, FA. &\n... im Umfang von etwa 13.000,00 € und die Fa. ... in Hohe der abgerechneten\nSumme erbracht. Dies sei aber jeweils nicht vorher abgesprochen worden. Der\nAngeklagte ... habe ihn damit vielmehr nachtraglich uberrascht. Er habe von\nden Zahlungen erst erfahren, als er ... auf die ausbleibenden Rechnungen der\nHandwerker angesprochen habe.\n\n \n\n495\n\n \n\nHinsichtlich der ubernommenen Kosten fur die Renovierungsarbeiten und den\nGaragenausbau in Mardorf werden die glaubhaften Angaben des Angeklagten ... -\nuber die teilgestandige Einlassung des Angeklagten ... hinaus - durch die\nBekundungen der Zeugen ..., ... und ... untermauert. Die Zeugen haben jeweils\nglaubhaft bekundet, dass sie bei den Arbeiten von Anfang an wussten, dass\ndiese dem Angeklagten ... in Rechnung gestellt werden sollten, dass die\nArbeiten im entsprechenden Umfang erbracht wurden und dass der Angeklagte ...\ndie Rechnungen bezahlt hat bzw. die noch nicht berechneten Leistungen des\nZeugen ... beim Garagenausbau bezahlen wollte.\n\n \n\n496\n\n \n\nAnhand der als Urkunden eingefuhrten Rechnungen an die Firma ... konnten die\nerbrachten Leistungen im Einzelnen nicht ermittelt werden, da diese gerade\nnicht die in Mardorf geleisteten Arbeiten, sondern andere, angeblich fur die\nFirma ... geleistete Arbeiten ausweisen. Dass die Rechnungsbetrage in\nentsprechender Hohe fur die Arbeiten in Mardorf jedoch angefallen sind, haben\ndie genannten Unternehmer der Kammer bei ihrer Zeugenvernehmung\nnachvollziehbar erlautert. Dass die Arbeiten als solche erbracht wurden, hat\nletztlich auch der Angeklagte ... nicht in Abrede gestellt.\n\n \n\n497\n\n \n\nDie Kammer schließt aus, dass die fur die Arbeiten abgerechneten Betrage von\nden Unternehmern bewusst oder irrtumlich zu hoch beziffert wurden.\n\n \n\n498\n\n \n\nDer Zeuge ... hat glaubhaft bekundet, in der Zeit von 2006 bis 2007\ntatsachlich Arbeits- und Lieferleistungen im festgestellten Umfang erbracht zu\nhaben. Er hat detailreich ausgefuhrt, der Angeklagte ... habe ihn anlasslich\neiner Baustellenbesichtigung zur Seite genommen und zu ihm gesagt, dass\nsamtliche Rechnungen zukunftig an ihn zu adressieren seien fur vermeintlich\ngeleistete Arbeiten zu Gunsten seines Einzelunternehmens. Dem habe er\nentsprochen. Der Zeuge ... hat insbesondere glaubhaft unter gleichzeitiger\nErorterung der auszugsweise in Augenschein genommenen Rechnungen weiterhin\nbekunden konnen, dass samtliche Rechnungen der Hohe nach auch dem\ntatsachlichem Arbeits- und Lieferaufwand des Unternehmens im Ferienhaus des\nAngeklagten ... in Mardorf entsprachen. Auf ausdruckliche Nachfrage im\nHinblick auf sein Erinnerungsvermogen konnte der Zeuge ... detaillierte\nAngaben dazu machen, dass er stets eine doppelte Buchfuhrung vorgehalten habe,\ndie es ihm auch heute noch ermoglichen wurde, unter Zuhilfenahme der\nStundenzettel seiner Arbeitnehmer exakt den Arbeitsaufwand fur die Arbeiten an\nder Immobilie des Angeklagten ... in Mardorf zu bestimmen. So konnte er aus\nseinen Eingangsrechnungen nachvollziehen, dass im Zeitraum 2006-2007 allein\nMaterial im Einkaufswert von rund 11.500,00 € netto fur das Bauvorhaben des\nAngeklagten ... in Mardorf geliefert worden war. Die von ihm dazu gefertigten\nAufstellungen sind im Selbstleseverfahren eingefuhrt worden. Die Kammer hat\ndies hinsichtlich der großten Posten auch durch die eingefuhrten Rechnungen\nder Firmen ... und ... uberpruft, die jeweils als Lieferanschrift bzw. Betreff\nden Zusatz ... und die von ... in seinen Aufstellungen aufgefuhrten Kosten von\n1.511,28 fur eine Funkzentrale, 1.038,82 € fur eine Alarmanlage und 2.170,47 €\nfur eine Heizungsanlage aufweisen. Dies deckt sich auch mit den vom Zeugen ...\ngeschilderten Arbeiten: Erneuerung der Heizkorper und der Rohrleitungen,\nEinbau einer neuen Heizungsanlage, neue Elektroinstallation, Einbau von\nAlarmanlage und Datenfernubertragungssystem.\n\n \n\n499\n\n \n\nAuch der Zeuge ... hat glaubhaft bekundet, in den Jahren 2006 und 2007 im\nFerienhaus des Angeklagten ... Fliesenarbeiten im Bad und in der Kuche\ndurchgefuhrt zu haben, es habe sich bei dem verwendeten Material um\nhochwertigen Naturstein gehandelt. Der Zeuge hat die beiden Rechnungen im\nRahmen des gegen ihn gerichteten Steuerstrafverfahrens uberpruft und mit\nhandschriftlichen Zusatzen versehen, bei der ersten Rechnung die\nAufschlusselung dieses Teilbetrages fur ... Mardorf und den Rest fur andere\nBauvorhaben, bei der zweiten Rechnung mit dem Zusatz Kuchenarbeitsplatte\nMardorf.\n\n \n\n500\n\n \n\nSchließlich hat auch der Zeuge ... bekundet, in der Zeit von 2006 bis 2008\nTischlerarbeiten im Ferienhaus in Mardorf verrichtet zu haben, insbesondere\nden Einbau von Turen. Dabei seien Verstarkungen der Wande erforderlich\ngeworden, auch diese Arbeiten habe er ausgefuhrt. Gleichwohl erschien ihm im\nRahmen seiner ersten zeugenschaftlichen Vernehmung die in der Anklageschrift\nbezeichnete Großenordnung von ca. 45.000,00 € deutlich uberhoht. Nach\nausfuhrlicher weiterer Recherche seiner Buchfuhrungs- und Rechnungsunterlagen\nauf Anregung der Kammer war der Zeuge in seiner zweiten Vernehmung in der\nLage, detailgetreue und differenzierte Angaben zum Umfang der im Einzelnen von\nihm erbrachten Arbeitsleistungen in Mardorf zu machen. Unter einzelner\nDarlegung der spezifischen Tischlerarbeiten konnte er der Kammer auch auf\nNachfragen hin nachvollziehbar darlegen, dass hinsichtlich der Rechnung vom\n13.11.2006 der Teilbetrag von 8.363,42 € den tatsachlich erbrachten\nArbeitsleistungen fur Tischlerarbeiten in Mardorf entspricht. Er konnte dies\nanhand des Abgleichs mit dem Angebot vom 13.11.2006 darlegen, das die Arbeiten\nin Mardorf als solche ausweist. Hinsichtlich der Rechnungen vom 16.05.2007 hat\nder Zeuge differenzierend darlegen konnen, dass hinsichtlich beider Rechnungen\nin Hohe von jeweils 8.144,96 € bzw. 16.398,50 € nur ein Teilbetrag aus beiden\nRechnungen in Hohe von insgesamt 5.979,69 € dem tatsachlichen Arbeitsaufwand\nin Mardorf entsprach. Insoweit hatte er wiederum einen Abgleich mit dem\nAngebot vom 16.05.2007 vorgenommen und die Positionen 1- 5, 9, 14 und 15 als\nArbeiten in Mardorf benannt. Die ubrigen Arbeiten, die er auch im Einzelnen\nbenennen konnte, seien fur ein Bauvorhaben von ... angefallen. Hinsichtlich\nder Rechnung vom 29.11.2008 hat der Zeuge glaubhaft bekundet, dass dieser\nRechnungsbetrag ebenfalls der tatsachlich erbrachten Arbeitsleistung\nentsprach; es habe sich um samtliche noch nicht abgerechneten Arbeiten\ngehandelt, die er auch schon zum großen Teil als noch nicht abgerechnet auf\ndem Angebot vom 16.5.2007 handschriftlich festgehalten hatte.\n\n \n\n501\n\n \n\nAuch die beiden letztgenannten Zeugen ... und ... haben ubereinstimmend\nbekundet, dass der Angeklagte ... ihnen jeweils zuvor zugesagt habe, die\nRechnungen fur den Angeklagten ... zu begleichen und dass sie jeweils die\nRechnungen jeweils fur vermeintliche Arbeiten zu Gunsten seines\nEinzelunternehmens umschreiben sollten.\n\n \n\n502\n\n \n\nAlle Zeugen haben zudem bekundet, dass die konkreten Ausfuhrungen der Arbeiten\nauf alleinige Auftragserteilungen durch den Angeklagten ... zuruckgingen. Der\nAngeklagte habe weder nach der Hohe der Kosten noch nach Rechnungen gefragt.\n\n \n\n503\n\n \n\nDass der Angeklagte ... auf die an ihn adressierten Einzelrechnungen Arbeiten\nder vorgenannten Unternehmen fur den Garagenausbau in einem Gesamtumfang von\n47.882,22 € bezahlt hat und weitere 3.212,70 € an die Fa. ... zahlen sollte,\nhaben die vorgenannten Zeugen auch hier ubereinstimmend glaubhaft bestatigt.\nSo haben die Zeugen bekundet, dass die jeweils in den Feststellungen\nbezeichneten Rechnungsbetrage dem tatsachlich erbrachten Arbeits- und\nLieferaufwand entsprachen. Die einzelnen Bekundungen der Zeugen zu den mit\nihnen jeweils erorterten Einzelrechnungen waren auch hier differenziert und\ngut nachvollziehbar. Die Kammer hat hier ebenfalls keinen Zweifel, den\nubereinstimmenden Ausfuhrungen der Zeugen insoweit zu folgen, als samtliche\nRechnungsbetrage der Hohe nach den tatsachlich erbrachten Arbeits- und\nLieferaufwand entsprachen. Dies gilt hier umso mehr, als den Zeugen zur\nVorbereitung ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung in der Hauptverhandlung\ninterne Buchungs- und Rechnungsunterlagen aufgrund der Erledigung der Arbeiten\nim Jahre 2010 vollstandig vorlagen und die Einzelgeschehnisse um das\nBauvorhaben des Garagenausbaus ihnen naturgemaß noch prasenter in Erinnerung\nwaren. So waren die Zeugen insbesondere in der Lage, noch einzelne Details im\npersonlichen Umgang mit dem Angeklagten ... anschaulich der Kammer zu\nschildern. Besonders anschaulich konnte der Zeuge ... seine Angaben\nuntermauern und bekunden, wie maßlos er die fortwahrenden Änderungs- und\nSonderwunsche des Angeklagten ... empfand. Er habe sich selbst stets daruber\ngewundert, warum der Angeklagte ... niemals nach moglichen Kosten fragen\nwurde. Er selbst habe auch die zunehmende Unzufriedenheit des Angeklagten ...\ndeutlich zu spuren bekommen, der sich stets nach den ausufernden Kosten bei\nihm erkundigt habe. Neben seinem Unverstandnis fur die Ausstattung einer\nGarage mit einem Keller mit weißer Wanne, einem hochwertigen Bad, einem\nBeamer, einer Soundanlage und einem versenkbaren Kuhlschrank hat der Zeuge\nauch plastisch und glaubhaft eine Begebenheit geschildert, die ihn besonders\nemport hatte. Fur die Entscheidung der Auswahl der Außenlampen habe der\nAngeklagte ...hn aufgefordert, drei unterschiedliche hochwertige komplette\nLampenausfuhrungen zur Ansicht zu bestellen und ihm vorzufuhren. Trotz seines\nEinwands, dass dies in Anbetracht des Umstandes, dass der Angeklagte sich\nerwartungsgemaß ohnehin nur fur eine Lampenausfuhrung entscheiden und die\nBestellung betrachtliche Mehrkosten verursachen wurde, habe der Angeklagte auf\ndiese umfassende Bestellung bestanden; dies mit dem Hinweis, er wurde sich nur\neine Lampenausfuhrung aussuchen. Die ubrigen Lampen solle der Unternehmer ...\ndem Angeklagten ... in Rechnung stellen und diesem ubergeben oder einfach\nwegschmeißen.\n\n \n\n504\n\n \n\nDie Bekundungen des Zeugen uber das von ihm als maßlos empfundene Fordern des\nAngeklagten ... werden ferner durch ein Telefonat vom 19.07.2010 (ID- Nr.:\n9878) bestatigt. Darin außern sich die Gesprachsteilnehmer ... und der\nAngeklagte ... uber die von ihnen als unverstandlich empfundenen hohen Kosten,\ndie auf das Verlangen des Angeklagten ... zuruckzufuhren seien. Der Zeuge ...\naußerte darin sinngemaß, dass er fur die in Rechnung gestellten Kosten fur den\nGaragenausbau des Angeklagten ... eine Elektro-Sanitarinstallation fur ein\nkomplettes Einfamilienhaus anfertigen konne. Der Angeklagte ... außert sich\nsinngemaß dahingehend, dass er daruber gar nicht mehr hinweg komme. In\nzahlreichen weiteren Telefonaten zwischen dem 26.03. und 19.07.2010 (ID-Nrn:\n443, 486, 903, 1258, 1278, 575, 3588, 13881, 18559) bespricht der Angeklagte\n... mit dem Zeugen ... diverse Einzelheiten zur Aufstellung der Rechnungen.\nInsbesondere weist er den Zeugen ... bzw. Mitarbeiter des Unternehmens in den\nTelefonaten an, dass die an ihn adressierten Rechnungen nicht so viele\nRechnungsdetails aufweisen sollten. In personlichen Gesprachen mit dem Zeugen\n... besprechen beide gemeinsam beispielsweise, dass die Rechnungen fur\nArbeiten auf dem Werksgelande des Einzelunternehmens ... in der Siemensstraße\nerstellt werden sollen (vgl. Telefonat vom 27.03.2010 - ID- Nr.: 486). In\nvorgenannten Telefonaten fordert der Angeklagte ... den Zeugen ... wiederholt\ndazu auf, zugig Rechnungen zu schreiben und darauf zu achten, dass die\nEinzelsummen nicht zu groß ausfielen. Zwischenzeitlich außert der Angeklagte\n... dem Zeugen ... gegenuber seine Emporung uber die hohen Kosten, welche auf\ndie Auftragswunsche des Angeklagten ... zuruckzufuhren seien.\n\n \n\n505\n\n \n\nDer Umfang der Arbeiten des Zeugen ... wird auch dokumentiert durch seine\nAngebote und Arbeitsauftrage sowie durch die handschriftliche Aufstellung ...\nMardorf vom 25.5.2010. Dort fuhrt er z. B. als Gesamtzahl 98,5 Arbeitsstunden\nund 34 Fahrtstunden auf, jeweils mit Zusatz bereits berechnet Nr. 435926: 22,5\nund 10. Letztere Zahlen entsprechen den mit der Rechnung an die Firma ... vom\n03.05.2010 berechneten Meisterstunden und Stunden fur Fahrt- und Rustzeit, die\nRechnung hat die Rechnungsnummer 435926.\n\n \n\n506\n\n \n\nAus den abgehorten und eingefuhrten Telefonaten vom 26.03. bis zum 02.06.2010\n(ID-Nrn.: 418, 854, 1274, 2920, 3127, 3804, 5741, 6214, 376, 378) folgt\nebenfalls, dass der Angeklagte ... mit dem gesondert verfolgten Zeugen ... in\ndiversen Telefonaten die inhaltliche Ausgestaltung der an ihn zu\nadressierenden Rechnungen bespricht. Dabei gibt der Angeklagte ... inhaltlich\nexakt vor, wie die einzelnen Rechnungspositionen der an ihn zu adressierenden\nRechnungen fur die tatsachlich geleisteten Arbeiten des Angeklagten ... zu\nbezeichnen seien. Weiterhin erkundigt sich der Angeklagte ... in den\nTelefonaten regelmaßig nach dem Stand der Arbeiten und den Umfang der zu\nerwartenden weiteren Kosten. Darin bringt er auch sein Missfallen uber die\nstetig steigenden Kosten zum Ausdruck. Der Zeuge Wasche rechtfertigt sich in\ndiesen Telefonaten auch fur die hohen Kosten, die er mit rund 23.000,00 €\nnetto beziffert und verweist darauf, dass er allein fur eine Edelstahlschiene,\ndie der Angeklagte ... ausgewahlt habe, im Einkauf 1.900,00 € netto zahlen\nmusse.\n\n \n\n507\n\n \n\nIn den abgehorten und eingefuhrten Telefonaten vom 13.04. bis zum 31.07.2010\nzwischen dem Angeklagten ... und dem Zeugen ... (ID-Nrn: 1961, 450 und 10756)\nbesprechen der Angeklagte ... und der Zeuge ... ebenfalls inhaltliche\nAusfuhrungen der Arbeiten in Mardorf. In diesem Zusammenhang außert der\nAngeklagte ... gegenuber dem Zeugen ... in einem Telefonat am 13.04.2010 (ID-\nNr.: 1961), dass die "Hundehutte" in Mardorf bereits 150.000,00 bis 180.000,00\n€ gekostet habe. In einem Telefonat am 31.07.2010 (ID-Nr.: 10756) fordert der\nAngeklagte ... den Zeugen ... auf, er solle doch einmal wieder "eine Rechnung\nschreiben".\n\n \n\n508\n\n \n\nAuch der Architekt ... hat schließlich bestatigt, dass ihm bei weiteren\nBesuchen auf der Baustelle aufgefallen sei, dass das von den genannten\nHandwerkern verwendete Material hochwertig war.\n\n \n\n509\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 3)\n\n \n\n510\n\n \n\nDen Erhalt von 100.000,00 € hat der Angeklagte ... eingeraumt, jedoch\nbehauptet, dass auch diese Zahlung keineswegs von Anfang an vorgesehen gewesen\nsei. Vielmehr habe er nur die Beziehungen des Angeklagten zur J GmbH nutzen\nwollen, um einen gunstigen Preis auszuhandeln. Er habe am Tag der Abholung das\nGeld von den Konten abgehoben und den fehlenden Restbetrag aus dem Schließfach\ngenommen, sei damit zum Autohaus gefahren und habe damit den Kaufpreis\nbezahlt. Erst spater, den genauen Zeitpunkt wisse er nicht mehr, habe der\nAngeklagte ihm das Geld in einem Umschlag uberreicht. Als er den Umschlag\ngeoffnet habe, sei er "vom Hocker gefallen" und habe ... gefragt was das\nsolle. Der Angeklagte ... habe ihm zum Geburtstag gratuliert und gesagt, er\nsolle das Geld als Geschenk behalten. Das habe er auch gemacht. Erst im\nNachhinein sei ihm klar geworden, dass dies ein Fehler gewesen sei.\n\n \n\n511\n\n \n\nDass die Geldubergabe von 100.000,00 € wie von ... geschildert, in\nunmittelbarem zeitlichem Zusammenhang vor der Abholung des Pkw Jaguar am\n29.03.2007 stattfand, wird durch die Angaben des Zeugen ... bestatigt. Der\nvernommene Zeuge ... hat glaubhaft bekundet, dass der Angeklagte ...\ntatsachlich am 29.03.2007 zur Abholung des Pkw mit seiner Ehefrau gemeinsam im\nAutohaus erschien, eine Übergabe jedoch zu seiner eigenen Verwunderung\nzunachst scheiterte, da der Angeklagte offensichtlich davon ausgegangen sei,\ndass der Pkw bereits bezahlt sei oder noch bezahlt werden wurde. Nachdem er\ndie Übergabe daher ablehnen musste, sei der Angeklagte ... weggegangen und\netwa zwei Stunden spater gegen 16.00 Uhr, dieses Mal mit dem Bargeld,\nerschienen. Der Zeuge konnte sich gut erinnern, weil dieser zweimalige Besuch\nfur ihn ungewohnlich war. Auch der verlesene Aktenvermerk der KHK in ... vom\n02.11.2010 sowie die verlesene Auskunft und die Kontobelege der ...kasse\nHannover bestatigten den vom Angeklagten ... geschilderten zeitlichen Ablauf,\ndenn die dementsprechend festgestellten nahezu zeitgleichen Geldabhebungen\npassen zeitlich zwischen die Besuche beim Autohaus. Wenn der Angeklagte ...\ndas von ihm abgehobene Geld fur die Bezahlung des Autos genommen hatte, hatte\nes keinen Grund fur die zeitgleiche Abhebung durch ... gegeben. Die Kammer ist\ndaher der Überzeugung, dass der Angeklagte ... wie von ... angeraten, das Geld\nzur Verschleierung abgehoben hat und anschließend aus dem Schließfach nicht\ndas restliche Geld fur die Zahlung entnommen, sondern den abgehobenen Betrag\ndort eingelegt und mit dem von ... erhaltenen Geld den Kaufpreis bezahlt hat.\n\n \n\n512\n\n \n\n(Taten zu Ziffer 4)\n\n \n\n513\n\n \n\nDer Angeklagte ... hat auch eingeraumt, dass der Angeklagte ... die\nfestgestellten Werkstattrechnungen der J GmbH bezahlt hat. Er habe auf die\nRechnungen gewartet, aber nie eine bekommen. Er habe dann von ... erfahren,\ndass dieser die Rechnungen bezahlt habe, ... habe dafur kein Geld von ihm\nannehmen wollen.\n\n \n\n514\n\n \n\nDie Feststellungen zu den durchgefuhrten Inspektions- und Reparaturarbeiten am\nneu erworbenen Pkw Jaguar des Angeklagten ... sowie zur Hohe der vom\nAngeklagten ... gezahlten Rechnungen - wie unter a) bis d) festgestellt -\nberuhen auch auf den im Selbstleseverfahren eingefuhrten Rechnungen, jeweils\nadressiert an das Einzelunternehmen des Angeklagten ...\n\n \n\n515\n\n \n\nSoweit der Angeklagte ... entgegen den Feststellungen in Abrede gestellt hat,\njemals von einer Bezahlung der Rechnungen durch den Angeklagten ... sicher\nausgegangen zu sein, so ist diese Einlassung fur sich genommen schon nicht\nnachvollziehbar. Fur den außerst geschaftstuchtigen Angeklagten ... scheint es\naußerhalb jeglicher Lebenswahrscheinlichkeit, dass er sich selbst -\nentsprechend seiner weiteren Einlassung - stets uber die Bezahlungen der\nRechnungen durch den Angeklagten ... gewundert habe. Auf Nachfrage, warum er -\nseine eigene Einlassung als wahr unterstellt - dann nicht zumindest\nnachtraglich fur die eigene Bezahlung der Rechnungen gesorgt und diese\numgehend selbst veranlasst habe - reagierte er stets mit dem schlichten\nsinngemaßen Bemerken: "Stimmt, ich muß im Nachhinein wohl einraumen, dass ich\nda wohl einen Fehler gemacht habe." Dass der Angeklagte ... selbst im sicheren\nWissen jeweils personlich die entsprechenden Inspektions- und\nReparaturarbeiten auf Kosten des Angeklagten ... initiiert hatte, wird\ninsbesondere hinsichtlich der vom 21.04.2010 in Rechnung gestellten Arbeiten\ndurch ein am 15.04.2010 gefuhrtes Telefonat zwischen dem Angeklagten ... und\ndem Werkstattleiter des J Hannover, Herrn ..., bestatigt. Aus dem am\n15.04.2010 abgehorten Telefonat (ID- Nr.: 2150) geht hervor, dass der\nAngeklagte ... beim ... Hannover anruft und dort um einen TÜV-Termin fur den\nPkw Jaguar des Angeklagten ... bittet. Aus dem abgehorten Telefonat geht\ndeutlich hervor, dass der Angeklagte ... sich im Hintergrund wahrend des\nTelefonats gelegentlich mit dem Angeklagten ... bespricht. Auf Nachfrage des\nWerkstattleiters ..., ob es sich bei dem Pkw Jaguar um jenen des Angeklagten\n... handelte, erwidert der Angeklagte ..., dass er das "nicht am Telefon\ngesagt haben" wollte und der Werkstattleiter ... ohnehin die Rechnung auf\nseinen Namen schreiben solle. Am Schluss des Telefonats teilt der Angeklagte\n... noch mit, dass auch eine Inspektion am Pkw des Angeklagten ...\ndurchgefuhrt werden solle. Er erkundigt sich wahrend des Telefonats noch im\nHintergrund beim Angeklagten ... nach dem Kilometerstand des Pkw Jaguar. Auf\nNachfrage des Angeklagten ... außert der Angeklagte ... diesem gegenuber sogar\nnoch, dass die Autoreifen "auf seien. Die Einlassungen des Angeklagten ..., er\nselbst sei stets uber die Begleichungen der Reparaturen- und\nInspektionsrechnungen durch den Angeklagten ... uberrascht gewesen, ist damit\nklar widerlegt. Die Selbstverstandlichkeit, mit der hier verfahren wurde,\nbestatigt zur Überzeugung der Kammer die Einlassung des Angeklagten ..., dass\nauch bei den fruheren Auftragen entsprechend verfahren wurde.\n\n \n\n516\n\n \n\n(Taten zu den Ziffern 5 und 6)\n\n \n\n517\n\n \n\nDass der Angeklagte ... die Gartenarbeiten in Mardorf und die Zaunarbeiten in\nSievershausen im festgestellten Umfang ausgefuhrt hat, hat der Angeklagte ...\nebenfalls eingeraumt. Er hat aber behauptet, dass die Arbeiten in Mardorf noch\nnicht fertig seien, eine Zahlung daher noch nicht fallig sei. Die Arbeiten in\nSievershausen habe er bar bezahlt. Er habe dafur aber keine Rechnung bekommen\nund auch keine Quittung fur die erfolgte Barzahlung bekommen. Diese habe er\nzwar haben wollen, der Angeklagte ... habe aber gesagt, das mache man unter\nFreunden doch nicht.\n\n \n\n518\n\n \n\nDie Feststellungen zum Wert der der durchgefuhrten Arbeiten werden durch die\nKostenaufstellungen des Angeklagten ... untermauert. Weiterhin werden die vom\nAngeklagten ... beschriebenen und zu der vorgenannten Kostenaufstellung\nkorrespondierenden Arbeiten durch die Telefonate in der Zeit vom 29.04. bis\nzum 17.05.2010 (ID- Nrn.: 3370, 3645, 3650, 3730, 4419 und 4436) bestatigt.\nDie vorgenannten Telefongesprache wurden zwischen den Angeklagten ... und ...\nbzw. zwischen dem Angeklagten ... und dessen Mitarbeitern gefuhrt. Inhaltlich\nwerden Einzelheiten zum Umfang der im April und Mai durchgefuhrten Arbeiten\nbesprochen; der Arbeiten, die beim Abgleich mit jenen in der Kostenaufstellung\nbezeichneten Arbeiten inhaltlich ubereinstimmen. Im Telefonat vom 03.05.2010\n(ID- Nr.: 3645) leitet der Angeklagte ... das Telefonat mit dem Wort "Danke"\nein. Anschließend bringt er seine Begeisterung uber die aus seiner Sicht\nhervorragende Arbeit der Arbeitnehmer des Angeklagten ... zum Ausdruck.\nInsbesondere das letztgenannte Telefonat vom 03.05.2010 belegt deutlich, dass\nder Angeklagte ... keineswegs davon ausging, jemals auch fur diese Leistungen\ndes Angeklagten ... tatsachlich etwas zahlen zu mussen. Kennzeichnend dafur,\ndass der Angeklagte wie selbstverstandlich davon ausging, dass uberhaupt keine\nKosten fur ihn damit verbunden sein wurden ist auch ein weiteres am 17.05.2010\ngefuhrtes Telefonat (ID- Nr. 4419). Darin verabreden sich die beiden\nAngeklagten zunachst fur 9.00 Uhr am Ferienhaus in Mardorf. Auf die Frage des\nAngeklagten .. "Und die Folie, wo hast du die liegen?" entgegnet der\nAngeklagte ... "Hab ich nicht". Auf den weiteren Vorhalt des Angeklagten ...\nhin "Ich denke, die hast Du besorgt?" entgegnet der Angeklagte ... "Ja wollte\nich besorgen, aber ich bin nicht mehr dazu gekommen ... Wie selbstverstandlich\nreagiert der Angeklagt ... nach einem kurzen nachdenklichen "Aha" mit der\nAnkundigung "Alles klar, dann fahr ich erst mal die Folie holen. Ganz egal\ngut".\n\n \n\n519\n\n \n\nSoweit der Angeklagte ... indes entgegen den Feststellungen sich dahingehend\neingelassen hat, die 5.000,00 € fur die Arbeiten in Sievershausen an den\nAngeklagten ... tatsachlich bezahlt zu haben, so geht die Kammer sicher davon\naus, dass diese Einlassung nicht wahrheitsgemaß ist. Erst auf ausdruckliche\nNachfrage, warum er sich keine Quittung habe geben lassen, antwortete der\nAngeklagte ... ebenso spontan wie unglaubwurdig: "Genau, das wollte ich\neigentlich auch noch machen. Er (...) sagte mir dann aber, das macht man doch\nunter Freunden nicht." Die Kammer folgt auch hierbei der glaubhaften\nEinlassung des Angeklagten ..., wonach bis heute der Angeklagte ... nichts fur\ndie tatsachlich geleisteten Arbeiten gezahlt habe. Eine solche Zahlung sei\nauch niemals vereinbart worden. Es ist kein Grund ersichtlich, warum der\nAngeklagte ... der sich mit jeder Zuwendung auch selbst belastet, diesen\nSachverhalt, der bis dahin nicht bekannt geworden war und von den\nErmittlungsbeamten mangels vorliegender Belege nicht ohne Weiteres entdeckt\nworden ware, uberhaupt hatte angeben sollen, wenn er dafur ordnungsgemaß\nbezahlt worden ware. Zudem halt es die Kammer nach dem sonstigen eher peniblen\nAgieren des Angeklagten ... fur ausgeschlossen, dass er sich eine Barzahlung\nnicht hatte quittieren lassen, wenn sie erfolgt ware.\n\n \n\n520\n\n \n\nDer Angeklagte ... hat behauptet, dass samtliche Zuwendungen nicht im\nZusammenhang mit seiner dienstlichen Tatigkeit gestanden hatten. Insbesondere\nhabe es keine Verknupfung mit Dienstpflichtverletzungen gegeben, solche habe\ner nicht begangen.\n\n \n\n521\n\n \n\nDass bereits die Urlaubsgeldzahlungen und erst recht die weiteren Zuwendungen\nals Belohnung fur vergangene Auftragsvergaben bzw. als Vorschuss fur weitere\nAuftragsvergaben außerhalb des Zustandigkeitsbereichs des Angeklagten ...\ngedacht waren, steht zur Überzeugung der Kammer fest. Der Angeklagte ... hat\nin Übereinstimmung zu der entsprechend ihm vorgehaltenen polizeilichen\nVernehmung vom 07.09.2010 bestatigt, dass er sich bei den Bargeldzuwendungen\nstets auf weitere Auftrage verlassen habe. Nach den ubereinstimmenden\nEinlassungen beider Angeklagter erhielt er bereits ab 2005 erstmalig\nselbststandig Auftrage vom Angeklagten ..., die unterhalb der Wertgrenze von\n10.000,00 € lagen; dies, obwohl keineswegs die Voraussetzungen fur eine\nfreihandige Vergabe als dringliche Maßnahme erfullt waren.\n\n \n\n522\n\n \n\nEntgegen der dies bestreitenden Einlassung des Angeklagter ... geht die Kammer\nauch davon aus, dass die Auftragsvergaben - wie tatsachlich festgestellt und\nselbst auch vom Angeklagten ... zumindest objektiv insoweit eingeraumt, als er\nselbst Auftrage unterhalb einer Wertgrenze von 10.000,00 € ohne Dringlichkeit\nvergab - auch pflichtwidrig erfolgen sollten. Hierfur spricht bereits die\nAnzahl und Hohe der Geldzahlungen. Die Pflichtwidrigkeit folgt insbesondere\nferner daraus, dass - wie ebenfalls vom Angeklagten ... glaubhaft dargelegt,\ndieser sich selbststandig Auftrage aussuchen konnte. Die Vergabe der Auftrage\naußerhalb des Zustandigkeitsbereiches des Angeklagten ... folgt schließlich\naus den glaubhaften Bekundungen des vernommenen Zeugen ... Dieser hat\nbestatigt, als Leiter der Innenrevision der Landesbehorde fur Straßenbau und\nVerkehr insgesamt 1.000 Geschaftsvorgange zwischen dem Einzelunternehmer ...\nund dem Angeklagten ... uberpruft zu haben. Dabei konnte er feststellen, dass\ndiesen Geschaftsvorgangen bereits ab 2005 in hohem Maße unzulassige\nAuftragsvergaben seitens des Angeklagten ... zugrunde lagen. Insbesondere\nkonnte er feststellen, dass bereits ab diesem Zeitpunkt zahlreiche\nEinzelauftrage so gesplittet wurden, dass sie nach Papierlage die Wertgrenze\nvon 10.000,00 € jeweils unterschritten, obwohl sie als zusammengehorige\nArbeiten von vornherein in die ausschließliche Zustandigkeit des regionalen\nGeschaftsbereichs Hannover gehort hatten und einer Ausschreibung bedurft\nhatten. Daruber hinaus habe er auch die freihandige Vergabe hoherer Auftrage\ndurch den Angeklagten ... ermitteln konnen. Dies hat der Zeuge anhand von\nmehreren Beispielen gut nachvollziehbar erlautert. Im September und November\n2005 habe es Auftrage zum Freischneiden von Larmschutzwallen in einer\nGroßenordnung von jeweils rund 30.000,00 € gegeben, die freihandig vergeben\nworden seien. Fur das Schneiden von Mittelstreifen an der A 395 auf einer\nGesamtlange von 22 Kilometern im Jahr 2006 seien durch den Angeklagten ...\nzwei Auftrage im Wert von jeweils 35.000,00 € freihandig vergeben worden. In\nder Zeit vom 14.06. bis 06.07.2007 sei schließlich fur einen Streckenabschnitt\nvon 55 Kilometern an der A 2 das Schneiden des Mittelstreifens durch 10\nEinzelrechnungen des Angeklagten ... uber jeweils rund 10.000,00 € und vom\nAngeklagten ... abgezeichnet worden, obwohl es sich um eine einheitliche\nMaßnahme gehandelt habe.\n\n \n\n523\n\n \n\nDer Angeklagte ... hat sich weiterhin gestandig dahingehend eingelassen, dass\nzeitgleich mit Beginn ab 2006 Rechnungen in Übereinkunft mit dem Angeklagten\n... manipuliert und anschließend nach sachlich richtiger Gegenzeichnung durch\nAngeklagten ... zur Auszahlung an den regionalen Geschaftsbereich der\nLandesbehorde fur Straßenbau und Verkehr gelangten. Diese Einlassung stimmt\ninhaltlich mit der ebenfalls fur glaubhaft erachteten gestandigen Einlassung\ndes Mitangeklagter ... uberein, der ebenfalls eingeraumt hat, in der Zeit von\nApril 2006 bis August 2010 zu Gunsten des Angeklagten ... fortwahrend die zur\nRechnungsstellung erforderlichen Aufmaße manipuliert zu haben. Dies geschah\nzur Überzeugung der Kammer nach den fur glaubhaft erachteten ubereinstimmenden\nEinlassungen der Angeklagten ... und ... auch mit Wissen des Angeklagten ...\n\n \n\n524\n\n \n\nDafur, dass die Zuwendungen als Belohnung fur bereits erfolgte oder fur\nzukunftige Dienstpflichtverletzungen des Angeklagten ... gezahlt wurden,\nspricht auch deutlich deren Hohe. Ein weiteres Indiz fur die korruptive\nBeziehung stellt auch das eingefuhrte Telefonat vom 12.05.2010 (ID- Nr. 4186)\nanschaulich dar, in dem sich der Angeklagte ... und die gesondert Verfolgte\n... uber den Angeklagten ... wegen dessen - von ihnen als maßlos empfundenen -\nAuftretens unterhalten. Darin außert sich der Angeklagte ... gegenuber der\ngesondert Verfolgten ... "Die kriegen das alles umsonst..., wir mussen uns\ndafur den Arsch aufreißen." An anderer Stelle außert er seine weitere Emporung\nmit den Worten: "Die verlangen das von uns."\n\n \n\n525\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 7)\n\n \n\n526\n\n \n\nDas Tatgeschehen hinsichtlich der Tat zu Ziffer 7 haben die Angeklagten ...\nund ... ubereinstimmend in ihren Einlassungen eingeraumt. Zweifel an der\nGlaubhaftigkeit ihrer Einlassungen bestehen zur sicheren Überzeugung der\nKammer nicht. Beide Angeklagte haben auf Nachfrage nahere Ausfuhrungen zum\nTatgeschehen machen konnen. Sie sind auch plausibel, da sich der Angeklagte\n... nach den vorgenannten Ausfuhrungen tatsachlich haufig in Antibes aufhielt\nund dort auch den bezeichneten Pkw Suzuki unterhielt. Es war so fur den\nAngeklagten ... eine willkommene Gelegenheit, sich die Fahrt von Antibes nach\nDeutschland zur TÜV Abnahme zu ersparen.\n\n \n\n527\n\n \n\nEine inhaltliche Verknupfung zu Dienstpflichtverletzungen des Angeklagten ...\nin seiner Funktion als Leiter der Autobahnmeisterei konnte die Kammer in\ndiesem etwas anders als sonst gelagerten Fall - nicht hinreichend sicher\nfeststellen. Vorwiegend als freundschaftliche Gefalligkeit war diese Zuwendung\ndes Angeklagten ... jedoch zumindest darauf ausgerichtet, sich die allgemeine\nGeneigtheit des Angeklagten ... zu kaufen.\n\n \n\n528\n\n \n\n(Taten zu den Ziffern 8 bis 16)\n\n \n\n529\n\n \n\nDie Feststellungen zu diesen Taten einschließlich der Entwicklung der\nBeziehung zwischen beiden Angeklagten beruhen auf den im Wesentlichen\nubereinstimmenden Einlassungen der Angeklagten ... und ... Insbesondere haben\nbeide ubereinstimmend - außer bei der Tat zu Ziffer 8 a)- die Hohe der\nZuwendungen und auch ihr Zustandekommen ubereinstimmend geschildert. Dies gilt\nauch hinsichtlich der vor dem hier abgeurteilten Zeitraum liegenden\nZuwendungen.\n\n \n\n530\n\n \n\nBeide Angeklagte haben ubereinstimmend geschildert, dass der Angeklagte ...\nregelmaßig finanzielle Hilfe beim Angeklagten ... suchte und immer wieder auf\nseine schlechte finanzielle Situation hinwies.\n\n \n\n531\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 8a)\n\n \n\n532\n\n \n\nDer Angeklagte ... hat die naheren Umstande des Hauskaufs eingeraumt und dass\nes die Abrede gab, dass der Angeklagte ... ihm die Mietzahlung jeweils\nerstatten sollte. Er hat allerdings behauptet, dass diese Abrede nicht\nregelmaßig jedem Monat umgesetzt worden sei. Die Einlassungen zu den Umstanden\ndes Hauskaufs werden insbesondere durch die Bekundungen der geschiedenen\nEhefrau des Angeklagten ... der Zeugin ... bestatigt. Sie hat glaubhaft\nbekundet, langere Zeit gemeinsam mit dem Angeklagten ... auf der Suche nach\neinem Eigenheim gewesen zu sein. Wegen ihrer nicht ausreichenden\nEigenkapitalquote sei das Vorhaben zunachst jedoch gescheitert. Nachdem sie im\nApril 2006 wegen vorzeitiger Wehen ins Krankenhaus gekommen sei, habe der\nAngeklagte ... ihr mitgeteilt, dass seine Eltern ihm zwischenzeitlich bei der\nFinanzierung behilflich geworden seien. Sie selbst habe sich nicht um die\nFinanzierung gekummert. Nach Fertigstellung der ersten Renovierungsarbeiten\nseien sie gemeinsam in das Haus in Helmstedt eingezogen. Sie sei stets davon\nausgegangen, dass der Angeklagte ... Eigentumer der Immobilie in Helmstedt\ngeworden sei. Mogen ihre Bekundungen auf dem ersten Blick auch gewissermaßen\nnaiv erscheinen, so andert dies nichts an der Einschatzung der Glaubhaftigkeit\nihrer Bekundungen. Die Zeugin hat detailliert beschrieben, dass die Ehe im\nGrunde bereits seit der Geburt der Kinder zerruttet gewesen sei. Ihre\nBemerkung, sie habe die Dinge einfach so laufen lassen und sich keine Gedanken\ngemacht, erscheint vor diesem Hintergrund sowie des weiteren Umstandes, dass\nsie uberwiegend alleine die neugeborenen Kinder betreuen musste, auch\nnachvollziehbar.\n\n \n\n533\n\n \n\nDie Feststellungen werden weiterhin durch die Bekundungen des Zeugen ...\nbestatigt. Dieser hat glaubhaft beschrieben, seinerzeit mit dem "Vater" des\nAngeklagten uber den Kaufpreis verhandelt zu haben. Dieser habe den\nursprunglich von ihm anvisierten Kaufpreis in Hohe von 167.000,00 € auf den\nnotariell beurkundeten Kaufpreis in Hohe von 150.000,00 € heruntergehandelt.\nDer Kaufvertrag sei nach vorheriger Ankundigung des Angeklagten ... mit dessen\n"Brudern" abgeschlossen worden. Besonders eindrucksvoll wahrend seiner\nzeugenschaftlichen Vernehmung war, dass der Zeuge offenbar bis heute davon\nausgeht, dass der Angeklagte ... der Vater und dessen Sohne die Bruder des\nAngeklagten ... seien.\n\n \n\n534\n\n \n\nDaran, dass die vereinbarte Ruckzahlung der geleisteten Mietzahlungen auch\njeden Monat tatsachlich erfolgte, besteht zur Überzeugung der Kammer kein\nZweifel. Die entsprechende Einlassung des Angeklagten ... wird bestatigt durch\nein Telefonat zwischen dem Angeklagten ... und der gesondert Verfolgten ...\nvom 30.05.2010 (ID- Nr. 4186). Darin offenbart der Angeklagte ... der\ngesondert Verfolgten ... welche Zahlungen er dem Angeklagten ... in der\nVergangenheit geleistet hat. So sagt er wortlich: "Weißt du was, dem habe ich\njeden Monat, jeden Monat mindestens 2.000,00 € in bar ubergeben, jeden Monat\nund kein bisschen Miete, dass hat er extra ... (weiterhin unverstandlich)\n...". Den unverstandlichen Schluss des Satzes hat der Angeklagte ... in der\nHauptverhandlung mit "gekriegt/bekommen" erganzt, was auch zum Kontext passt.\n\n \n\n535\n\n \n\nHinsichtlich der Hohe der anzunehmenden Zuwendungen stellt die Kammer\nausschließlich auf die Gesamtsumme der erhaltenen Bargeldbetrage in Hohe der\nvereinbarten Nettokaltmiete ab. Zwar konnte sich die Kammer aufgrund der in\nAugenschein genommenen Filmaufnahme vom Wohnhaus in Helmstedt einen\npersonlichen Eindruck von der relativen Exklusivitat des Wohnhauses\nverschaffen. Der Angeklagte ... hatte nach dem Kauf umfangreiche Renovierungs-\nund Sanierungsarbeiten in Hohe eines Gesamtvolumens von ca. brutto 120.000,00\n€ durch die Unternehmen ..., ... & ... GmbH und ... ausfuhren lassen. Auch\nsieht die Kammer sich nicht gehindert, sicher feststellen zu konnen, dass eine\nmonatliche Nettokaltmiete in Hohe von 400,00 € fur ein solches Objekt selbst\nin strukturschwachen Regionen mit niedrigen Bodenrichtwerten gunstig sein\ndurfte.\n\n \n\n536\n\n \n\nVerlassliche und sicher feststellbare - die hohere Bewertung des Wohnwertes\nrechtfertigende - Tatsachen konnte die Kammer dem jedoch ebenso wenig\nentnehmen wie der lediglich allgemein gehaltenen Reaktion des Zeugen ... auf\nden in Augenschein genommen Film, wonach aus seiner Sicht das Haus durchaus\numfassend modernisiert worden sei. Auch er konnte keine verlasslichen Angaben\nzum Mietwert machen.\n\n \n\n537\n\n \n\n(Taten zu den Ziffern 8 b - 8k\n\n \n\n538\n\n \n\nDie Feststellungen zu Ziffer 8 b) bis k) beruhen auf den glaubhaften\nEinlassungen der beiden Angeklagten. Bereits im Ermittlungsverfahren hatte der\nAngeklagte ... angeben, dass der Angeklagte ... in erheblichem Umfang\nZahlungen fur gekaufte Einrichtungsgegenstande erhalten habe. Der Angeklagte\n... hatte die Gesamtzahlungen im Ermittlungsverfahren mit etwa 25.000,00 €\nangegeben. Anhand der Kaufvertrage hatte er sodann die konkreten Zahlungen\nermittelt, die die Kammer den Feststellungen zugrunde gelegt hat.\n\n \n\n539\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 9)\n\n \n\n540\n\n \n\nDiese Zuwendung haben die Angeklagten ... und ... ebenfalls ubereinstimmend\nglaubhaft in ihren Einlassungen eingeraumt. Sie konnten sie auch zeitlich\neinordnen, weil sie im Zusammenhang mit der Geburt der Kinder stand. Die erste\nEhefrau des Angeklagten ... hat ebenfalls bestatigt, selbst nichts von einer\nBargeldzuwendung zur Geburt der Zwillingskinder mitbekommen zu haben.\n\n \n\n541\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 10)\n\n \n\n542\n\n \n\nDie Feststellungen zu den regelmaßigen weiteren Bargeldzuwendungen in Hohe von\nmonatlich 200,00 € in der Zeit von Dezember 2007 bis Marz 2010 gehen dem\nGrunde nach ebenfalls auf die glaubhaften ubereinstimmenden Einlassungen der\nAngeklagten ... und ... zuruck. Zwar hat der Angeklagte ... selbst nur in\nunbezifferter Hohe den regelmaßigen Erhalt von "Benzingeld" eingeraumt und die\nHohe der Bargeldbetrage dabei pauschal in Zweifel gezogen. Dass der Angeklagte\n... jedoch - entsprechend der insoweit fur glaubhaft erachteten Einlassung des\nAngeklagten ... mindestens auch diese weiteren Summen erhalten haben muss,\nergibt sich auch aus dem bereits genannten Telefonat zwischen dem Angeklagten\n... und der gesondert Verfolgten ... vom 30.05.2010 (ID-Nr. 4186). Darin\noffenbart der Angeklagte ... der gesondert Verfolgten ... sogar, dem\nAngeklagten ... in der Vergangenheit monatlich zusatzlich zur Ruckzahlung der\nMiete mindestens 2.000,00 € in bar ubergeben zu haben.\n\n \n\n543\n\n \n\n(Taten zu den Ziffern 11 und 12)\n\n \n\n544\n\n \n\nDie Feststellungen zum Erhalt der 7.000,00 € in bar als Anzahlungssumme fur\nden Kauf eines Pkw Touran (Tat zu Ziffer 11) bzw. zum Erhalt von 9.500,00 €\nfur den Kauf eines weiteren Pkw VW Touran (Tat zu Ziffer 12) beruhen auf den\nubereinstimmenden gestandigen Einlassungen der beiden Angeklagten. Deren\nAusfuhrungen erscheinen auch insoweit nachvollziehbar als das "Autohaus am\nKurpark" in Bad Munder tatsachlich nach den dies bestatigenden glaubhaften\nBekundungen des Zeugen ... stets einen guten geschaftlichen Kontakt zum\nEinzelunternehmen des Angeklagten ... pflegte. Der Zeugen ... hat glaubhaft\nbekundet, dass er als Geschaftsfuhrer des Autohauses stets zahlreiche\nFahrzeuge an das Einzelunternehmen des Angeklagten ... verkauft und dessen\nFuhrpark instand gehalten habe.\n\n \n\n545\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 13)\n\n \n\n546\n\n \n\nDie Feststellungen hinsichtlich der Tat zu Ziffer 13 beruhen hinsichtlich des\nobjektiven Tatgeschehens auf den ubereinstimmenden gestandigen Einlassungen\nder beiden Angeklagten ... und ...\n\n \n\n547\n\n \n\nDie Darlehensverbindlichkeiten des Angeklagten ... gegenuber der Santander\nConsumer Bank werden weiterhin durch den in den Feststellungen bezeichneten\nund im Selbstleseverfahren eingefuhrten Darlehensvertrag vom 20.02.2007\nbestatigt.\n\n \n\n548\n\n \n\nDass die geschiedene Ehefrau des Angeklagten ... wegen der Ablosung des\ngemeinsam aufgenommenen Darlehens im anhangigen Scheidungsverfahren freiwillig\nauf Unterhaltszahlungen verzichtete, hat der Angeklagte ... ebenfalls auf\nNachfrage eingeraumt. Dessen Einlassung stimmt zudem mit den dies\nbestatigenden glaubhaften Bekundungen der ausdrucklich hierzu befragten Zeugin\n... uberein.\n\n \n\n549\n\n \n\nDie Barabhebungen des Angeklagten ... sowie die Ablosesumme hinsichtlich des\nvorgenannten Darlehens ergeben sich aus den weiteren im Selbstleseverfahren\neingefuhrten Urkunden (Kontoauszug mit Buchungstag vom 30.10.2008,\nKontoubersicht betreffend des vorgenannten Darlehens vom 04.11.2008). Die\nubereinstimmenden Einlassungen der Angeklagten ... und ... hinsichtlich des\nEntwurfs eines Darlehensvertrages werden weiterhin durch den eingefuhrten\nEntwurf eines Darlehensvertrages zwischen den Sohnen des Angeklagten ... und\ndem Angeklagten ... sowie den dies bestatigenden glaubhaften Bekundungen des\nZeugen und Rechtsanwalts ... bestatigt. Dieser hat glaubhaft bekundet, dass\nbeide Angeklagte Ende Dezember 2008 oder Anfang 2009 ihm gegenuber den Wunsch\ngeaußert hatten, den im Selbstleseverfahren eingefuhrten Entwurf eines\nDarlehensvertrages zu erstellen. Dass die Idee wegen der bei dem Angeklagten\n... erfolgten Durchsuchung aufgekommen war, haben beide Angeklagten bestatigt.\n\n \n\n550\n\n \n\nMag auch der Angeklagte ... - wie in seiner Einlassung selbst nur vorsichtig\nformulierend - doch noch darauf "gehofft" haben, das Geld irgendwann einmal\n"zuruckzahlen" zu konnen, tatsachlich gewollt oder vorgesehen war dies nicht.\nDies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer bereits daraus, dass in den rund\nzwei Jahren, die bis zur Festnahme der Angeklagten seit Erhalt des Geldes\nvergangen waren, weder Zinszahlungen noch Tilgungsleistungen erbracht wurden.\nEine Ruckzahlung war auch nie ernsthaft im Gesprach. Dazu hat der Angeklagte\n... auf die Frage, warum der entworfene Darlehensvertrag nicht unterschrieben\nwurde, plastisch ausgefuhrt, dass ein solcher Vertrag ja ein "richtiger\nBetrug" gewesen ware. Dass eine Ruckzahlung niemals wirklich ins Auge gefasst\nwurde belegt mittelbar auch das eingefuhrte Telefonat vom 08.07.2010 (ID- Nr.\n1450) zwischen den Angeklagten ... und ... Gleich zu Beginn außert der\nAngeklagte ... dem anfangs uber seinen Anruf nur wenig erfreuten ...\ngegenuber: "Pass auf, ich hab\'n paar Probleme... Kannst mir noch mal\naushelfen? Wirklich nur geliehen? ... Ich will nicht zur Bank rennen und einen\nKredit aufnehmen". Auf Nachfrage des ... "Wieviel brauchst denn?" antwortet\nder Angeklagte ... "Tausend waren schon". Seine anschließenden begehrlichen\nAusfuhrungen, wie teuer seine laufenden Lebenshaltungskosten seien, beendet er\nmit den Worten: "Ey, ich schaff das nicht, wie soll ich das hinkriegen? Ich\nwurds Dir zuruckzahlen". Der Angeklagte ... gibt schließlich zu erkennen,\nseinem Wunsch entsprechen zu wollen. Die wiederholten Beteuerungen des\nAngeklagten ..., diesmal das Geld "wirklich" zuruckzuzahlen deuten\naugenscheinlich darauf hin, dass dies in der Vergangenheit jedenfalls nicht\nder Fall war.\n\n \n\n551\n\n \n\n(Taten zu den Ziffern 14 bis 16)\n\n \n\n552\n\n \n\nDie Feststellungen hinsichtlich der Taten zu den Ziffern 14 bis 16 beruhen auf\nden ubereinstimmenden glaubhaften Einlassungen der Angeklagten ... und ... Die\nHohe der einzelnen Rechnungssummen sowie die in den Feststellungen\nbeschriebene Vorgehensweise der Rechnungsausstellung auf den Namen des\nAngeklagten ... und der anschließenden Stornierungen folgt aus den in den\nFeststellungen bezeichneten und im Selbstleseverfahren eingefuhrten Rechnungen\nsowie den entsprechenden Gutschriften, in denen die Stornierungen vorgenommen\nwurden. Die Vorgehensweise hat zudem der vernommene Zeuge ... als\nGeschaftsfuhrer des Autohauses am Kurpark anhand der in der Hauptverhandlung\nvorgehaltenen Unterlagen glaubhaft bestatigt. Er hat zudem bekundet, dass\ndiese Vorgehensweise ihm personlich von seinen Mitarbeitern - wie festgestellt\n- geschildert worden sei. Dies sei immer nach gleichem Muster in\nentsprechender Absprache mit dem Angeklagten ... passiert.\n\n \n\n553\n\n \n\nDie Feststellungen zur Vorgehensweise beruhen weiterhin auf den abgehorten\nTelefonaten vom 25.03. und 18.05.2010 (ID-Nrn.: 313, 4554). In beiden\nTelefonaten halt der Angeklagte ... mit den Mitarbeitern ... und ... des\nAutohauses am Kurpark Rucksprache. Im Telefonat am 25.03.2010 erkundigt sich\nder Angeklagte ... nach dem Umfang der Rechnungen und ist dabei ersichtlich\ndarum bemuht, den Überblick uber die zahlreichen Reparaturauftrage zu\nbehalten. Der Mitarbeiter des Autohauses am Kurpark bringt in diesem\nZusammenhang seine Bewunderung daruber zum Ausdruck, wie der Angeklagte ...\nbei den zahlreichen Fremdreparaturen uberhaupt noch den Überblick behalten\nkonne.\n\n \n\n554\n\n \n\nIn einem weiteren Telefonat am 18.05.2010 (ID-Nr.: 4554) ruft ein Mitarbeiter\ndes Autohauses am Kurpark den Angeklagten ... an und teilt ihm mit, dass der\nPkw VW Sharan des Angeklagten ... repariert worden sei. Daraufhin gibt der\nAngeklagte ... vor, er solle das auf eine Rechnung fur ein firmeneigenes\nFahrzeug (Modell Toyota) schreiben. In einem nur zehn Tage zuvor gefuhrten\nTelefonat vom 08.05.2010 (ID- Nr.: 62) beschwert sich der Angeklagte ... beim\nAngeklagten ... uber die aus seiner Sicht unzureichende Inspektion an dem Pkw\nSharan. Der Angeklagte ... weist ihn in diesem Zusammenhang darauf hin, er\nsolle zum Autohaus am Kurpark fahren, die Sache reparieren lassen und dann\nwurden die beiden das schon untereinander regeln. In diesem Zusammenhang\naußert der Angeklagte ... weiterhin, dass die Halterin des Pkw, die\ngeschiedene erste Ehefrau des Angeklagten ... die Zeugin ... dies eigentlich\nauch alleine machen konne. Das Telefonat vom 08.05.2010 belegt, dass es sich\nbei der darin vereinbarten Reparatur um genau jene gehandelt haben muss, uber\ndie der der Mitarbeiter des Autohauses zehn Tage spater in dem Telefonat vom\n18.05.2010 (ID- Nr. 4554) den Angeklagten ... mit den einleitenden Worten "Der\nSharan von dem ... war hier" sowie den abschließenden Worten: "Ich wollte nur\nBescheid sagen, dass da was auf sie zukommt. Nicht, dass sie von mir ne\nRechnung kriegen und sagen upp, was is\'n dat" informierte.\n\n \n\n555\n\n \n\nDass der Angeklagte ... bereits Mitte 2005 um die korruptive Beziehung\nzwischen dem Angeklagten ... und dem Angeklagten ... wusste, hat dieser selbst\nim Rahmen seiner Einlassung glaubhaft eingeraumt. Der Angeklagte hat auch\neingeraumt, dass die Zuwendungen mit seiner dienstlichen Tatigkeit als\ntechnischer Mitarbeiter der Autobahnmeisterei Braunschweig inhaltlich\nverknupft gewesen seien. Er hat aber versucht, eine freundschaftliche\nBeziehung der Angeklagten als Motivation fur die Zuwendungen des Angeklagten\n... in den Vordergrund zu stellen.\n\n \n\n556\n\n \n\nAngesichts der vollig einseitigen Ausgestaltung der Zuwendungen, die nur von\ndem Angeklagten ... an den Angeklagten ... erfolgten und - im privaten Bereich\nauf Seiten des Angeklagten ... - keinerlei Äquivalent fanden, sowie des\nUmstands, dass der Angeklagte ... diese stets vor seinen Ehefrauen\nverheimlicht hat, ist die Kammer der Überzeugung, dass die Zuwendungen\nausschließlich im Hinblick auf in Aussicht gestellte oder bereits erfolgte\npflichtwidrige Dienstausubungen des Angeklagten ... erfolgten. Dies wird in\nder Gesamtschau auch durch die Heimlichkeit, die Anzahl sowie die Hohe der\nZuwendungen indiziert. Die laufende Finanzierung der Miete stellt daruber\nhinaus eine auf Dauer angelegte Einflussnahme in den privaten Lebensbereich\ndes Angeklagten ... dar; ebenfalls ein Indiz fur die Pflichtwidrigkeit der\nkauflichen Dienstausubung des Angeklagten ... darstellt.\n\n \n\n557\n\n \n\nDaruber hinaus haben beide Angeklagte ubereinstimmend eingeraumt, dass der\nAngeklagte ... wahrend des gesamten Zeitraumes zwischen April 2006 und Ende\n2009 Aufmaßblatter des Angeklagten ... fur tatsachlich durchgefuhrte Arbeiten\nim ortlichen Zustandigkeitsbereich der Autobahnmeisterei Braunschweig zu\ndessen Gunsten manipulierte (Taten zu Ziffer 19).\n\n \n\n558\n\n \n\nSie haben ebenfalls ubereinstimmend angegeben, sich regelmaßig - auch an\nWochenenden - personlich getroffen zu haben, um nahere Einzelheiten fur\nweitere Auftrage zu Gunsten des Angeklagten ... zu besprechen. Der Angeklagte\n... hat dabei, wie er ebenfalls eingeraumt hat, gezielt nach Auftragen fur den\nAngeklagten ... gesucht. Der Angeklagte ... hat hierzu ubereinstimmend\nausgefuhrt, er habe sich mit dem Angeklagten ... haufig an Wochenenden oder\nnach Dienstschluss getroffen. Das sei alles generell sehr gut gelaufen, weil\ner so gewusst habe, wo er seine Leute zu Beginn der Woche wurde hinschicken\nkonnen. Es sei so "immer genugend Arbeit da" gewesen. Das gemeinsame\nAuskundschaften neuer Auftrage kam so letztlich einer faktischen eigenen\nAuftragsvergabe durch den Angeklagten ... gleich, zu der er jedoch nicht\nbefugt war.\n\n \n\n559\n\n \n\nDabei konnten sich beide zur Überzeugung der Kammer ihrer Sache sicher sein,\ndass der Angeklagte ... schon im Hinblick auf die von ihm selbst empfangenen\nZuwendungen die eingehenden Rechnungen des Angeklagten ... stets unbeanstandet\nals sachlich richtig gegenzeichnen und zur Auszahlung an den regionalen\nGeschaftsbereich der Landesbehorde fur Straßenbau und Verkehr weiterleiten\nwurde.\n\n \n\n560\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 17)\n\n \n\n561\n\n \n\nHinsichtlich der Tat zu Ziffer 17 stutzt die Kammer ihre Überzeugung zunachst\nauf die ubereinstimmenden gestandigen Einlassungen der Angeklagten ... und\n..., die jeweils das Tatgeschehen detailliert in ihren Einlassungen eingeraumt\nhaben. Soweit der Angeklagte ... die Tat vehement abstritt und bekraftigte,\ndass die Arbeiten an den bezeichneten Wildschutzzaunen im festgestellten\nUmfang vom Angeklagter ... tatsachlich durchgefuhrt worden seien, so ist seine\nEinlassung widerlegt.\n\n \n\n562\n\n \n\nFur die Glaubhaftigkeit ihre Einlassungen spricht zunachst, dass die\nAngeklagten ... und ... sich selbst schwer belasten. Daruber hinaus musste der\nAngeklagte ... als Unternehmer selbst am besten wissen, welche Arbeiten er\ntatsachlich ausgefuhrt hat und welche nicht. Daneben stimmen ihre Einlassungen\numfassend mit den glaubhaften Bekundungen des hierzu vernommenen Zeugen ...\nuberein. Dieser hat umfangreich bekundet, als Kolonnenfuhrer der\nAutobahnmeisterei Braunschweig seinerzeit von den Angeklagten ... und ...\ndruckvoll damit beauftragt worden zu sein, die Wildschutzzaune entlang der\nbezeichneten Streckenabschnitte abzubauen. Diese Arbeiten seien unter seiner\nFuhrung als Kolonnenfuhrer von den Mitarbeitern der Autobahnmeisterei\nBraunschweig vollstandig erledigt worden. Auf ausdruckliche Anweisung der\nAngeklagten ... und ... habe er zum Nachweis der Arbeiten entsprechende\nhandschriftlich gefertigte Arbeitsnachweise mit den darin bezeichneten\neinzelnen Streckenabschnitten gefertigt und personlich vorgelegt. Dieser fur\nihn ungewohnliche Vorgang sei ihm besonders nachhaltig in Erinnerung\ngeblieben. Auf personliche Nachfrage des Angeklagten ... hin antwortete er\ndiesem War und unmissverstandlich "Sie, Herr ... wollten genau wissen was wir\nda abgearbeitet haben".\n\n \n\n563\n\n \n\nDass die in den Feststellungen bezeichneten und im Selbstleseverfahren\neingefuhrten Rechnungen nebst entsprechender Aufmaßblatter den Abbau jener\nWildschutzzaune abrechneten, die unter der Fuhrung des Zeugen ... von den\nMitarbeitern der Autobahnmeisterei Braunschweig zuvor bereits selbst erledigt\nworden waren, steht zur Überzeugung der Kammer nach Abgleich der in den\nRechnungen bezeichneten Streckenabschnitte mit jenen Streckenabschnitten, die\nder Zeuge ... in den von ihm erstellten handschriftlichen Arbeitsnachweisen\nvom 08.04., 22.04. und 16.10.2008 ausdrucklich bezeichnet hatte, fest. Dies\nhat der Zeuge ... nach Inaugenscheinnahme der - ebenso im Selbstleseverfahren\neingefuhrten- von ihm erstellten handschriftlichen Arbeitsnachweise und\nintensiver Erorterung derselben ausdrucklich bestatigt.\n\n \n\n564\n\n \n\nVor diesem Hintergrund ist die abweichende weitere Einlassung des Angeklagten\n..., er selbst habe jedenfalls von alledem nichts gewusst, als bloße\nSchutzbehauptung anzusehen, zumal der Angeklagte ... feststellbar samtliche\nRechnungen personlich als sachlich richtig gegengezeichnet hat. Insgesamt\nfolgt die Kammer deshalb auch den weiteren Einlassungen der Angeklagten ...\nund ... insbesondere jener, dass die Scheinrechnungen in einem Gesamtvolumen\nvon brutto 88.054,05 € (netto 73.995,00 €) letztlich ausschließlich der\nKompensation fur die eigens erhaltenen Schmierleistungen dienten.\n\n \n\n565\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 18)\n\n \n\n566\n\n \n\nAlle Angeklagten haben sich hinsichtlich der Tat zu Ziffer 18 zunachst\nubereinstimmend insoweit eingelassen, als die Angeklagten ... und ...\ntatsachlich seinerzeit Anfang des Jahres 2008 die Landesbehorde fur Straßenbau\nund Verkehr aufgesucht haben, um die Fachbereichsleiterin ... von der\nNotwendigkeit der Aufschuttungen mit freiwerdenden Bodenmassen aus dem\nBauvorhaben zum Luckenschluss zwischen der A 39 und dem Autobahnkreuz\nWolfsburg- Konigslutter zu uberzeugen. Auch haben die Angeklagten\nubereinstimmend bestatigt, dass die Bodenmassen tatsachlich nach zuvor\nerfolgter Vergabe durch den regionalen Geschaftsbereich vom Unternehmen ... KG\nauf die Innenflachen der Ohren des Autobahnkreuzes aufgeschuttet wurden. Dies\nhaben auch die Zeugen ... ... ... und ... bekundet. Die Vergabe an das\nUnternehmen ... KG durch den Geschaftsbereich wird ferner durch den im\nSelbstleseverfahren eingefuhrten Vergabevermerk vom 20.05.2008 belegt. Die\nAngeklagten haben auch nicht in Abrede gestellt, dass - wie festgestellt -\naufgrund der Vergabe die zwischenzeitlichen Vertragsverhandlungen des\nUnternehmens B.-KG mit der ortsansassigen Landwirtsfamilie ... ... kur\nEntsorgung der Bodenmassen abgebrochen wurden. Diese Feststellungen stutzen\nsich auf die glaubhaften Bekundungen des Zeugen ... Dieser hat ausgefuhrt,\nseinerzeit vor der Vergabe intensive Vertragsverhandlungen als 2. Vorsitzender\nder Flurbereinigungsgesellschaft fur die vorgenannte Landwirtsfamilie mit der\nFirma ... KG gefuhrt zu haben. Diese Vertragsverhandlungen seien dem Umstand\ngeschuldet gewesen, dass die Firma ... KG seinerzeit plante, die durch die\nArbeiten fur den Luckenschluss zwischen der A 39 und dem Autobahnkreuz\nfreiwerdenden Bodenmassen auf die umliegende ca. 8 ha große Ackerflache der\nortsansassigen Landwirtsfamilie aufzutragen. Als Entschadigung fur die\nAufschuttungen sei damals von einer Summe in einer Großenordnung von ca.\n300.000,00 bis 400.000,00 € die Rede gewesen. Diese Vertragsverhandlungen\nseien jedoch zu seinem Erstaunen plotzlich irgendwann einseitig abgebrochen;\nzur Überzeugung der Kammer eben nach der Vergabe durch die Landesbehorde zur\nAufschuttung der freiwerdenden Bodenmassen auf die Flachen der Innenohren des\nAutobahnkreuzes an das Unternehmen ... KG.\n\n \n\n567\n\n \n\nDie Angeklagten haben in ihren Einlassungen ubereinstimmend auch bestatigt,\ndass Baumfallarbeiten durch das Unternehmen ... tatsachlich in den Flachen der\nInnenohren sowie den Tangenten- und Dreiecksflachen durchgefuhrt worden seien,\num die im Einvernehmen mit dem Geschaftsbereich fur notwendig erachteten\nAufschuttungsarbeiten uberhaupt erst zu ermoglichen.\n\n \n\n568\n\n \n\nDie Angeklagten haben jedoch in ihren Einlassungen ubereinstimmend behauptet,\ndass die Arbeiten des Einzelunternehmens ... ordnungsgemaß ausgefuhrt und\nnicht uberhoht abrechnet worden seien. Insbesondere die Angeklagten ... und\n... haben sich ubereinstimmend so eingelassen, dass die ermittelte Anzahl der\ngerodeten Baume, die der Rechnungslegung des Angeklagten ... zugrunde lagen,\nzutreffend sei.\n\n \n\n569\n\n \n\nDies ist zur Überzeugung der Kammer widerlegt. Nach dem Ergebnis der umfassend\ndurchgefuhrten Beweisaufnahme steht fest, dass die der Rechnungslegung des\nAngeklagten ... zugrunde liegende Anzahl der gefallten Baume - wie von den\nAngeklagten ... ... und ... beabsichtigt - manipuliert wurde:\n\n \n\n570\n\n \n\nZunachst geht die Kammer davon aus, dass der Angeklagte ... hinsichtlich\nseiner Einlassung der Luge uberfuhrt ist, er habe die vom Angeklagten ...\nerstellten Aufmaßblatter anhand einer vom Mitarbeiter und Zeugen ... wahrend\nder Baumfallarbeiten eigens erstellten Strichliste uberpruft und erst nach\nerfolgter Überprufung abgezeichnet. Der vernommene Zeuge und Mitarbeiter der\nAutobahnmeisterei Braunschweig ... hat glaubhaft bekundet, wahrend der\nBaumfallarbeiten durch das Unternehmen ... "per Hand" die im\nSelbstleseverfahren eingefuhrte und in Augenschein genommene Strichliste\nerstellt zu haben. Diese Strichliste umfasst die in den Feststellungen\nbezeichnete Anzahl der tatsachlich abrechenbaren gefallten Baume (5.895\nStuck). Diese vom Zeugen ... ermittelte Anzahl stimmt augenscheinlich jedoch\nnicht mit der weitaus hoheren Stuckzahl jener abgerechneten Baume uberein, die\nder Angeklagte ... spater in der festgestellten Rechnung abrechnete. Dies\nergibt sich aus der im Selbstleseverfahren eingefuhrten Rechnung vom\n12.10.2009. Die der Rechnung zugrunde liegende und ebenfalls im\nSelbstleseverfahren eingefuhrte Massenzusammenstellung mit der Gesamtstuckzahl\nvon 14.480 Baumen beruht ihrerseits auf den den Angeklagten vorgehaltenen und\nvon ihnen als richtig befundenen Aufmaßblattern, von denen der Angeklagte ...\nvorgibt selbige anhand der vom Zeugen ... erstellten Strichliste mit einer\nGesamtzahl von nur 5.895 Stuck uberpruft zu haben.\n\n \n\n571\n\n \n\nFur die Richtigkeit der vom Zeugen ... ermittelten Stuckzahl spricht, dass die\nMitarbeiter ... und ... der Autobahnmeisterei Wolfenbuttel erheblich geringere\nals die abgerechneten Stuckzahlen ermittelt haben. Beide Zeugen wurden vom\nLeiter der Autobahnmeisterei Wolfenbuttel, dem weiteren Zeugen ... seinerzeit\ndamit beauftragt, eine Zahlung der zu rodenden Baume in den Innenohren des\nAutobahnkreuzes durchzufuhren. Beide Zeugen haben ubereinstimmend bekundet,\ndeshalb damit beauftragt worden zu sein, weil der Leiter der Autobahnmeisterei\n... die von den Angeklagten ... und ... angesetzten Stuckzahlen "als deutlich\nzu hoch" eingeschatzt habe. Beide Zeugen haben nach ihren ubereinstimmenden\nund glaubhaften Bekundungen unabhangig voneinander die Anzahl der Baume\nseparat mit mechanischen Zahlhilfen ermittelt. Deren Angaben erscheinen auch\nverlasslich. Beide Zeugen haben ubereinstimmend der Kammer die konkrete\nDurchfuhrung ihrer Zahlweise - jeweils von der Straße aus - schildern konnen.\nDiese Zahlweise sei - fur die Kammer nachvollziehbar- auch unproblematisch\nmoglich gewesen, weil die Belaubung zum Zeitpunkt ihrer Zahlung am 11.03.2008\nnoch keineswegs so fortgeschritten gewesen sei, dass dies Schwierigkeiten\nbereitet hatte. In Zweifelsfallen sei jeder von ihnen einzeln in die\nInnenflachen der Ohren hineingegangen und habe sich aus nachster Nahe von der\ngenauen Stuckzahl uberzeugen konnen. Anhand des von ihnen erstellten und in\nAugenschein genommenen Aufmaßblattes vom 11.03.2008 haben die Zeugen die\nortlichen Gegebenheiten der von ihnen gezahlten Flachen naher erlautern\nkonnen. Die Zeugen waren insbesondere eingehend mit der ublichen Zahlweise\nvertraut, wonach bei mehreren Austrieben aus einem Wurzelstamm jeder Austrieb\nals einzelner Baum zu zahlen ist, sobald der Austrieb 1 m uber dem Boden\ngemessen das Mindestmaß von uber 0,1 m im Durchmesser aufweist. Die von ihnen\nermittelte Stuckzahl der Innenohrflachen in Hohe von 2.020 Stuck zuzuglich 195\nStuck an Boschungen, mithin in Hohe von insgesamt 2.215 Stuck, haben die\nZeugen ubereinstimmend bestatigt. Sie ergibt sich auch aus dem von ihnen\nunterzeichneten und im Selbstleseverfahren eingefuhrten Aufmaßblatt vom\n11.03.2008. Diese Stuckzahl weicht zwar nach unten von der insoweit\nermittelten Anzahl des Zeugen ... fur die Innenohren (3.140 Stuck) ab. Schon\nihre Zahlung legt indes nahe, dass die vom Angeklagten ... in der\nRechnungslegung angegebene Stuckzahl deutlich uberhoht war.\n\n \n\n572\n\n \n\nDie Richtigkeit der ermittelten Gesamtstuckzahl vom Zeugen ... hinsichtlich\nder Innenohrflachen sowie der anliegenden Dreiecks- und Tangentenflachen wird\nmittelbar auch durch die glaubhaften Bekundungen des Zeugen ... bestatigt.\nDieser vom Angeklagten ... benannte Zeuge war seinerzeit als Mitarbeiter des\nEinzelunternehmens des Angeklagten ... an den Rodungsarbeiten beteiligt. Er\nhat ebenfalls glaubhaft bekunden konnen, dass der Zeuge ... als Mitarbeiter\nder Autobahnmeisterei seinerzeit ununterbrochen bei den Rodungsarbeiten\nzugegen gewesen sei und die Baume gewissenhaft gezahlt habe.\n\n \n\n573\n\n \n\nDass die den Feststellungen zugrunde liegende und vom Zeugen ... ermittelte\nAnzahl zutreffend ist, wird weiterhin durch die detailreichen Bekundungen des\nZeugen Dipl.-Ing. ... bestatigt. Dieser wurde hach Bekanntwerden der\nstrafrechtlichen Vorwurfe seinerzeit vom Landesamt fur Straßenbau und Verkehr\ndamit beauftragt, intern die Umstande sowohl hinsichtlich des\nVergabeverfahrens als auch hinsichtlich der Auftragserteilung an den\nAngeklagten ... zu untersuchen. Er gelangte nach ausfuhrlicher Überprufung zu\ndem Ergebnis, dass aus seiner Sicht nur Baume in der vom Zeugen ...\nermittelten Großenordnung feststellbar seien.\n\n \n\n574\n\n \n\nDer Zeuge hat mit Hinweis auf die ihm vorliegenden Akten der Landesbehorde\nbekundet, dass noch gegen Ende der 80 er Jahre keine nennenswerte Vegetation\ninnerhalb des Autobahnkreuzes vorherrschte und seither auch keine Rodungs-\noder Schneidearbeiten durchgefuhrt worden seien. Nur dies wurde aber nach den\nBekundungen des Zeugen ... die weitere Einlassung des Angeklagten ...\nuberhaupt plausibel erklaren konnen, wonach die hohe Anzahl der in Rechnung\ngestellten Baumstuckzahlen insbesondere auf zahlreiche Neuaustriebe\nzuruckzufuhren gewesen sei. Die Zeugen ... ... und ... haben ebenfalls\nglaubhaft ausgeschlossen, dass eine solch hohe Anzahl von Neuaustrieben dort\nvorhanden war. Der Zeuge ... hat zudem auf Grundlage verschiedener\nBerechnungsmethoden unter Einbeziehung anerkannter Richtwerttabellen fur das\nMassenwachstum der spezifischen Baumarten unter Zuhilfenahme von\nLuftbildaufnahmen aus den Jahren vor und nach Durchfuhrung der Rodungsarbeiten\nsein Ergebnis erganzend nachvollziehbar prazise darlegen konnen.\n\n \n\n575\n\n \n\nZum Vergleich konnte die Kammer sich durch Inaugenscheinnahme von\nLuftbildaufnahmen vom Autobahnkreuz Wolfsburg-Konigslutter aus den Jahren\n2000/2001, 2006/2007 und dem Jahr 2010 selbst einen anschaulichen Überblick\nuber die Entwicklung der Vegetationsdichte des Autobahnkreuzes vor und nach\nden Rodungsarbeiten verschaffen. Auch die weitere vom Zeugen ... uberreichte\nund in Augenschein genommene Luftlidaufnahme aus dem Jahr 1982\nvervollstandigte den Einblick. Ein Vergleich mit Luftbildaufnahmen des - den\nGroßenverhaltnissen vergleichbaren - Autobahnkreuzes Kirchhorst, die im\nBeisein des Zeugen ... allseits in Augenschein genommen wurden, bestatigt\nebenfalls, dass die Anzahl der vorhandenen Baume innerhalb des Autobahnkreuzes\nWolfsburg Konigslutter tatsachlich deutlich unterhalb jener Stuckzahl gelegen\nhaben muss, als sie der Angeklagte ... in seiner Rechnung zugrunde gelegt hat.\nNach den plausiblen Bekundungen des Zeugen S. befanden sich laut Aktenlage des\nLandesamtes fur Straßenbau und Verkehr sicher nachvollziehbar zum Zeitpunkt\nder Luftbildaufnahme des Autobahnkreuzes Kirchhorst aus dem Jahr 2006 nur ca.\n10.000 Stuck Baume auf dem Gebiet der Innenohren des Autobahnkreuzes\nKirchhorst; dies, obwohl die Vegetationsdichte des in Umfang und Große\ndurchaus vergleichbaren Autobahnkreuzes Kirchhorst klar erkennbar deutlich\nausgepragter war. Auf den daraufhin spontan geaußerten Einwand des Angeklagten\n... beim Autobahnkreuz Wolfsburg Konigslutter seien besonders viele Baume\ngerade an den Boschungen zu fallen gewesen, richtete der Zeuge S. das\nAugenmerk auf die eigene Rechnungslegung des Angeklagten ... und wies darauf\nhin, dass dessen Schlussrechnung dies nun gerade nicht bestatigen wurde. Die\nKammer konnte sich ebenfalls durch die im Selbstleseverfahren eingefuhrte\nSchlussrechnung davon uberzeugen, dass der Angeklagte ... in seiner eigenen\nSchlussrechnung unter den Positionen 02.01 bis 05.01 weniger als 1.000 Baume\nunter "erschwerten Bedingungen" an Boschungen abrechnete. Dies belegt gerade,\ndass die vom Angeklagten ... in seiner eigenen Rechnungslegung bezeichnete\nStuckzahl von Baumen an Boschungen nur einen sehr geringen Teil an der\nGesamtzahl der vermeintlich gefallten Baume ausmachte. Auch hier uberzeugte\nder Blick auf die Lichtbildaufnahmen die Kammer davon, dass der Einwand des\nAngeklagten ... keineswegs standhalten kann; sie bestatigen ebenfalls nicht,\ndass an Boschungen eine verhaufte Anzahl von Baumen zu vermuten gewesen ware.\nDie zur Überzeugung der Kammer nur sehr geringe Vegetationsdichte innerhalb\nder Innenohren wird weiterhin durch einen vom Zeugen ... uberreichten Vermerk\naus internen Akten des Landesamtes fur Straßenbau und Verkehr belegt. Dieser\nuberreichte Vermerk - seinerzeit jeweils gegengezeichnet von der\nFachbereichsleiterin ... und dem Sachgebietsleiter ... - enthalt inhaltliche\nAusfuhrungen, die eine Durchfuhrung des Vorhabens der Erdaufschuttungen\ninnerhalb der Ohren des Autobahnkreuzes befurworten. Dieser Vermerk wurde\nseinerzeit der Landesbehorde im zeitlichen Zusammenhang mit dem Treffen\nzwischen den Angeklagten ... und ... mit der Fachbereichsleiterin ...\nubergeben. Er enthalt ebenfalls Lichtbildaufnahmen von der Vegetation\ninnerhalb der Ohren des Autobahnkreuzes Wolfsburg- Konigslutter, die nach\nInaugenscheinnahme ubereinstimmend zu den Bekundungen des Zeugen ... ebenfalls\nauf keine solch hohe Stuckzahl schließen lassen, wie sie der Angeklagte ...\nschließlich in Rechnung gestellt hat. Im Gegenteil deuteten gerade diese\nLichtbildaufnahmen auf eine sehr geringe Vegetationsdichte hin.\n\n \n\n576\n\n \n\nDie von der Kammer angenommene Stuckzahl wird auch durch die weiteren\nBekundungen des vernommenen Zeugen ... bestatigt. Dieser hat glaubhaft\nausgefuhrt, seinerzeit als Unternehmer selbst an der Durchfuhrung der\nRodungsarbeiten interessiert gewesen zu sein. Nach gemeinsamer Besichtigung\nder Flachen habe er dem Angeklagten ... gegenuber geaußert, dass die zur\nAngebotserteilung im ersten Leistungsverzeichnis angegebene Stuckzahl aus\nseiner Sicht deutlich uberhoht gewesen sei, weshalb er ein Pauschalangebot\nhabe abgeben wollen. Der Zeuge ... hat zudem selbst ein seinerzeit von ihm\nbeschafftes Luftbild vom Autobahnkreuz im Hauptverhandlungstermin vorgelegt.\nDieses Luftbild enthalt handschriftliche Aufzeichnungen zur Berechnung der\nStuckzahlen, um - wie vom Zeugen ... bekundet - uberhaupt ein auskommliches\nAngebot abgeben zu konnen. Unter naherer Erorterung seiner handschriftlichen\nAufzeichnungen konnte er auch bestatigen, dass die tatsachliche Anzahl der\nBaume aus seiner Sicht eher im Bereich der vom Zeugen ... ermittelten Anzahl\ngelegen habe. Auch dass nach seinen Einwanden nachgebesserte\nLeistungsverzeichnis sei deutlich uberhoht gewesen. An der Verlasslichkeit\nauch dieser Bekundungen des Zeugen ... bestehen keine Zweifel. Der Zeuge ...\nbetreibt sein Gewerbe bereits seit mehreren Jahrzehnten und verfugt zur\nÜberzeugung der Kammer nach dem Gesamteindruck in der Hauptverhandlung uber\nhinreichende Erfahrungen in diesem Bereich.\n\n \n\n577\n\n \n\nDass die Zahlen deutlich uberhoht abgerechnet wurden und die Angeklagten ...\nund B. es letztlich nur darauf abgesehen hatten, dem Angeklagten ... den\nAuftrag zu erteilen, um so durch die manipulierte Abrechnung die ihrerseits\nempfangenen Schmiergelder zu Gunsten des Angeklagten ... kompensieren zu\nkonnen, wird weiterhin durch folgende Umstande belegt:\n\n \n\n578\n\n \n\nDie Angeklagten ... und ... waren zu keinem Zeitpunkt ernsthaft daran\ninteressiert, die Arbeiten durch ein moglicherweise gunstigeres Unternehmen\ndurchfuhren zu lassen. Sie hatten von vornherein ins Auge gefasst, den Auftrag\nselbststandig ohne Beteiligung des regionalen Geschaftsbereiches des\nLandesamtes fur Straßenbau und Verkehr an den Angeklagten ... zu vergeben.\nHierzu hat der Zeuge ... weiterhin glaubhaft bekundet, von Anbeginn den festen\nEindruck gewonnen zu haben, als Auftragnehmer letztlich unerwunscht gewesen zu\nsein. Er habe deutlich zu spuren bekommen, dass er jedenfalls nicht den\nAuftrag erhalten solle. So konnte er naher schildern, dass der Angeklagte ...\nauf sein Angebot, ein weitaus gunstigeres Pauschalangebot unterbreiten zu\nwollen, uberhaupt nicht einging. Dies wird letztlich auch durch das verlesene\nund vom Angeklagten ... verfasste Schreiben vom 06.03.2008 bestatigt, worin\nder Angeklagte ... unmittelbar vor Abgabe eines zweiten Angebotes ausdrucklich\nerwahnt, von einem Pauschalangebot abzusehen. Dieser, aus wirtschaftlichen\nGesichtspunkten keinesfalls nachvollziehbare Hinweis kann nur als bewusster\nVersuch gedeutet werden, den Mitbewerber ... seinerzeit tatsachlich aus dem\nWettbewerb zu drangen. Samtliche hierzu befragten Zeugen, ... ..., ... und ...\nhaben ubereinstimmend uberzeugend bekunden konnen, dass ihnen in ihrer\nbisherigen Laufbahn ein solcher Hinweis bei Aufforderung zur Abgabe eines\nAngebotes noch nie untergekommen sei. Auch aus Sicht der Kammer leuchtet die\nBegrundung fur das Absehen eines Pauschalangebotes in dem Schreiben vom\n06.03.2008 keineswegs ein, da sich ein Pauschalangebot im Zweifel nur zu\nGunsten des Auftraggebers hatte auswirken konnen. Dies gilt zwingend erst\nRecht, wenn der Auftraggeber selbst - wie hier - von einer deutlich hoheren\nStuckzahl ausgeht als der Auftragnehmer, mithin er selbst damit rechnen\nmusste, dass die Kosten weit hoher ausfielen als bei einem Pauschalangebot.\n\n \n\n579\n\n \n\nWeiterhin wird die Feststellung der Kammer auch dadurch bestatigt, dass die\nAngeklagten ... und ... eindeutig pflichtwidrig selbststandig außerhalb ihres\neigenen Zustandigkeitsbereichs den konkreten Auftrag zur Durchfuhrung der\nArbeiten an den Angeklagten ... erteilt haben. Mit dem im Selbstleseverfahren\neingefuhrten Vergabeentscheid vom ... haben sie den Auftrag an den Angeklagten\n... manifestiert. Die Zeugin ... - seinerzeit Fachbereichsleiterin im\nregionalen Geschaftsbereich der Landesbehorde fur Straßenbau und Verkehr - hat\nhierzu jedoch klar bekunden konnen, dass diese Art der Vergabe eindeutig nicht\nnur den internen Vorgaben der Landesbehorde fur Straßenbau und Verkehr,\nsondern daruber hinaus selbst ihrer personlichen Anweisung gegenuber den\nAngeklagten ... und ... widersprach. So hat sie insbesondere bekundet, den\nAngeklagten ... und ... personlich Anfang des Jahres 2008 die Anweisung\nerteilt zu haben, dass eine Vergabe an ein Unternehmen zur Durchfuhrung der\nRodungsarbeiten allenfalls nach einer gelockerten beschrankten Vergabe im\nausschließlichen Zustandigkeitsbereich des regionalen Geschaftsbereichs\nerfolgen konne. Keinesfalls hatten die Angeklagten ... und ... - wie ihnen\nbewusst war - selbststandig den Auftrag erteilen durfen. Auch der vernommene\nZeuge ... hat nach ausfuhrlicher Recherche der Aktenlage innerhalb der\nLandesbehorde fur Straßenbau und Verkehr glaubhaft ausgefuhrt, dass die\nVergabe an das Unternehmen ... keinesfalls den Anforderungen an ein\nordnungsgemaßes Vergabeverfahren entsprochen habe. Ebenso auffallig ist, dass\nentsprechend der weiteren glaubhaften Bekundungen des Zeugen ... als Leiter\nder Autobahnmeisterei Wolfenbuttel dessen Angebot zur Amtshilfe zwecks\nErmittlung der genauen Stuckzahlen vehement von den Angeklagten ... und ...\nabgelehnt worden sei. Dem Zeugen war deutlich in Erinnerung geblieben, dass\nder Angeklagte ... ihm gegenuber personlich das Angebot ablehnte. Der\nAngeklagte ... habe ihn nachfolgend nochmals angerufen und dies harsch\nwiederholt. Der Zeuge ... hat weiterhin glaubhaft bekundet, seinerzeit noch am\n05.03.2008 mit der Fachbereichsleiterin ... telefonische Rucksprache gehalten\nund ihr den ihm zweifelhaft erscheinenden Sachverhalt hinsichtlich der\nAuftragserteilung fur die Rodung der Baume mitgeteilt zu haben. In einem am\n18.03.2008 verfassten handschriftlichen Vermerk hat der Zeuge ... ausfuhrlich\nseine Bedenken festgehalten und die von der Autobahnmeisterei Braunschweig\nseinerzeit noch veranschlagte Stuckzahl von 5.000 Stuck Baumen pro Innenohr\nunmissverstandlich beanstandet. Übereinstimmend zu dem im Selbstleseverfahren\neingefuhrten vorbezeichneten handschriftlichen Vermerk hat der Zeuge ...\nweiterhin bekundet, dass das Verhalten der Angeklagten ... und ... ihm auch\nheute noch mehr als unverstandlich erscheinen wurde. So habe er doch nur den\nEindruck gewinnen konnen, dass beide Angeklagte etwas verheimlichen wollten.\nDie fur die Rodungsarbeiten freigestellten Finanzmittel in einer Großenordnung\nbis zu 200.000,00 € seien aus seiner Sicht bereits damals deutlich uberhoht\ngewesen.\n\n \n\n580\n\n \n\nWeiterhin stutzt die Kammer ihre Überzeugung auch darauf, dass sich die\nAufundmaßblatter - samtlich vom Angeklagten ... und ... personlich\nunterzeichnet - in sehr auffalliger Weise aus nachtraglich erstellten\nStrichlisten zusammensetzen. Auf Nachfrage zu diesem auffalligen\nErscheinungsbild der samtlich in Augenschein genommenen Aufmaßblatter erklarte\nder Angeklagte ... die Listen seien nachtraglich von Burokraften erstellt\nworden. Eine tatsachliche Notwendigkeit hierfur konnte der Angeklagte ...\njedoch nicht nachvollziehbar liefern.\n\n \n\n581\n\n \n\nDie Kammer verkennt nicht, dass insbesondere das Einlassungsverhalten der\nAngeklagten ... und ... hinsichtlich dieser Tat vollig von ihrem sonstigen\nEinlassungsverhalten abweicht. Der Angeklagte ... hat alle weiteren ihn\nbetreffenden Taten vollumfanglich eingeraumt. Auch der Angeklagte ... hat im\nWesentlichen die ihn betreffenden Taten in der Hauptverhandlung eingeraumt und\ndabei lediglich versucht, sie zu relativieren bzw. in einem milderen Lichte\nerscheinen zu lassen. Auch bei den sie betreffenden gem. § 154 Abs. 2 StPO\neingestellten Taten haben beide Angeklagte die Tatvorwurfe jeweils eingeraumt.\nDie Einstellung dieser Taten erfolgte ausschließlich wegen ihrer\nvergleichsweisen Geringfugigkeit. Gleichwohl ist die Kammer aus der\nGesamtschau der vorgenannten Einzelumstande davon uberzeugt, dass die\nBaumstuckzahlen in den Aufmaßblattern nachtraglich manipulativ erstellt\nwurden, um so eine uberhohte Rechnungslegung mit dem Ziel einer Kompensation\nder empfangenen Schmiergelder zu erreichen. Die Kammer schließt insbesondere\neine bloße Nachlassigkeit oder einen Irrtum seitens der Angeklagten ... und\n... aus. Dies beruht neben den vorgenannten Einzelumstanden letztlich auch auf\nden Umstand, dass die in Augenschein genommenen und von beiden Angeklagten\nUnterzeichneten Aufmaßblatter, die samtlich Grundlage fur die\nMassenzusammenstellung der schlussendlichen Rechnungslegung waren, in keiner\nWeise mit jenen vom Zeugen ... handschriftlich erstellten Aufmaßblattern in\nEinklang zu bringen sind. Neben den vorgenannten augenscheinlichen\nAuffalligkeiten der nachtraglich erstellten Aufmaßblatter fallt zusatzlich ins\nGewicht, dass der Zeuge ... ausschließlich Baume mit einem Durchmesser von 0,1\nbis 0,3 m gezahlt und dabei jeweils fur funf gezahlte Baume nur einen\nZahlstrich notiert hat. Die der Rechnungslegung zugrunde liegenden und von\nbeiden Angeklagten unterzeichneten Aufmaßblatter weisen demgegenuber fur die\nPositionen 02 und 04 eine perpetuierte Zahlweise in Einzelstrichen pro\ngezahlten Baum aus. Daneben legen diese Aufmaßblatter - wiederum abweichend zu\nder handschriftlich erstellten Strichliste des Zeugen ... - in den sonstigen\nPositionen auch Baume mit einem Stammdurchmesser von uber 0,3 m zu Grunde.\nAuffallig ist ferner, dass die vom Zeugen ... erstellte Strichliste deutlich\nzwischen den einzelnen Flachen der Innenohren sowie der angrenzenden Dreiecks-\nund Tangentenflachen differenziert- eine Differenzierung, die bei den\nnachtraglich erstellten Aufmaßblattern der Angeklagten ... und ... uberhaupt\nnicht vorgenommen wurde. Sie bestehen aus einer schlichten Aneinanderreihung\nvon Einzelstrichen.\n\n \n\n582\n\n \n\nDie Feststellungen zur Hohe des berechneten wirtschaftlichen Schadens zum\nNachteil des Landes beruhen auf einer Vergleichsberechnung der tatsachlich\nermittelten Stuckzahl von 5.895 Baumen multipliziert mit den jeweils\nangesetzten Einzelpreisen der Rechnung des Angeklagten ... Weiterhin hat die\nKammer bei der Schadensberechnung - wie festgestellt - zu Gunsten der\nAngeklagten jeweils Zuschlage fur erschwerte Arbeitsbedingungen sowie der\nNotwendigkeit von Rodungsarbeiten - wiederum auf Basis der Rechnungspreise des\nAngeklagten G. - berucksichtigt. Daneben hat die Kammer die\nstuckzahlunabhangigen Kostenpositionen entsprechend der Rechnung des\nAngeklagten ... fur Baustelleneinrichtungen, Durchfuhrung von Rodungsarbeiten\nvon Hecken und Buschwerk, die Verfullung und Verdichtung von Boden sowie\nerschwerte Zusatzarbeiten beim Roden von Hecken und Buschwerk berucksichtigt.\n\n \n\n583\n\n \n\nSoweit die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass der gesamte Rechnungsbetrag\nals wirtschaftlicher Schaden anzusehen sei, weil die gesamte Maßnahme vollig\nnutzlos gewesen sei, so hat die Kammer entsprechende Feststellungen nicht\ntreffen konnen. Aus den vorgenannten Umstanden ergeben zwar Anhaltspunkte\ndafur, dass es letztlich das eigentliche Ziel der Maßnahme war, dem\nAngeklagten ... einen Auftrag zukommen zu lassen. So haben der Zeuge ... und\nder Zeuge ... ... ihre Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Maßnahme bekundet.\nDies reichte der Kammer jedoch nicht aus, die entsprechenden Feststellungen zu\ntreffen, weil die ... KG eine deutlich zu hohe Aufschuttung vorgenommen hatte.\nBeide Zeugen haben bestatigt, dass mindestens das Dreifache der vereinbarten\nMenge aufgeschuttet wurde. Der Zeuge ... hat weiterhin bekundet, dass unter\nbestimmten Umstanden auch aus seiner technischen Sicht als Ingenieur eine\nAufschuttung mit Bodenmaterial einer Entwasserung im Einzelfall zutraglich\nsein konnte.\n\n \n\n584\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 19)\n\n \n\n585\n\n \n\nDie Feststellungen hinsichtlich der Tat zu Ziffer 19 beruhen auf den dies\nbestatigenden ubereinstimmenden und glaubhaften Einlassungen der Angeklagten\n... und ... Der Angeklagte ... hat im Rahmen seiner Vernehmungen im\nErmittlungsverfahren nach Durchsicht der entsprechenden Rechnungen die\nfestgestellten Aufmaßmanipulationen anhand der einzelnen Rechnungspositionen\nnachvollzogen, glaubhaft eingeraumt und dies in der Hauptverhandlung\nwiederholt. Diese ergaben die festgestellten Schadensbetrage, die der\nAngeklagte ... ebenfalls bestatigt hat.\n\n \n\n586\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 20)\n\n \n\n587\n\n \n\nDie Feststellungen hinsichtlich der Tat zu Ziffer 20 stehen ebenfalls zur\nÜberzeugung der Kammer fest.\n\n \n\n588\n\n \n\nDer Angeklagte ... hat sich hierzu nur insoweit eingelassen, als die\nEinstellung seines Sohnes ausschließlich auf dessen Qualifikationen\nzuruckgingen. Diese Einlassung ist jedoch widerlegt. Die Kammer stutzt ihre\nÜberzeugung dabei auf die glaubhaften Bekundungen des Zeugen ... Dieser -\nselbst wegen seiner eigenen Beteiligung nach seinem Bekunden mit\nrechtskraftigem Strafbefehl zu einer einjahrigen Bewahrungsstrafe verurteilt -\nhat glaubhaft beschrieben, dass die ... GmbH bis zu Beginn des Jahres 2007\neinen Jahresumsatz in Hohe von nur rund 5.000,00 bis 30.000,00 € durch\nAuftrage der Autobahnmeisterei Braunschweig generiert hatte. Er hat\ninsbesondere die Begegnung mit dem Angeklagten in seinem Buro im Fruhjahr 2006\n- wie im Einzelnen festgestellt - beschrieben. Dabei hat er geaußert, ohne\nZogern dem Wunsch des Angeklagten entsprochen zu haben, seinem Sohn das duale\nStudium zu ermoglichen; dies, obwohl er bis dahin ganzlich ahnungslos gewesen\nsei, um welche Art der Ausbildung es sich dabei uberhaupt handelte. Nach nur\n"zwei Minuten" sei fur ihn klar gewesen, dass er den Sohn einstellen wurde,\nwobei er sich im Gegenzug selbstverstandlich auch "etwas" vom Angeklagten in\nseiner Funktion als Leiter der Autobahnmeisterei Braunschweig erhofft habe.\nDer Zeuge ... hat auch detailreich den prompten Anstieg der Jahresumsatzzahlen\nnach Einstellung des Sohnes des Angeklagten konkretisiert. Seine Bekundungen\nzum Tatigkeitsgebiet des Sohnes, welches sich ausschließlich auf die\nBeschaffung und die Abwicklung von Auftragen durch der Autobahnmeisterei\nBraunschweig in festgestelltem Umfang beschrankt habe, wurden durch die -\nhierzu widerspruchsfreien - weiteren Bekundungen des Zeugen ... (weiterer\nMitarbeiter im Unternehmen ... GmbH) bestatigt. Dieser hat ebenfalls\nbeschrieben, wie seit der Einstellung des Sohnes des Angeklagten die\nUmsatzzahlen aufgrund der Auftragserteilungen durch die Autobahnmeisterei\nBraunschweig drastisch anstiegen und diese Auftrage ausschließlich vom Sohn\ndes Angeklagten ... personlich abgewickelt worden seien. Er selbst habe als\nKollege im selben Buroraum mit dem Sohn gearbeitet, gleichwohl aber niemals\nEinblick in dessen Tagesgeschafte gehabt.\n\n \n\n589\n\n \n\nBeide Zeugen haben ferner ubereinstimmend bekundet, dass der Sohn des\nAngeklagten ab Mai 2007 zusatzlich zu seinem Gehalt einen Dienst Pkw Audi A6\nzur Verfugung gestellt bekommen habe, dieser ihm jedoch spater - wie\nfestgestellt - wieder entzogen worden sei. Der Zeuge ... hat in diesem\nZusammenhang ausgefuhrt, dass er selbst nie uber einen Dienst Pkw verfugt\nhabe. Nach diesem Zeitpunkt habe sich die Zusammenarbeit mit dem Sohn des\nAngeklagten, dessen personliche Anwesenheit im Unternehmen nach den\nubereinstimmenden Bekundungen der beiden Zeugen ohnehin nur außerst gering\nausgefallen sei, spurbar verschlechtert. Beide Zeugen haben von sich aus in\ndiesem Zusammenhang den gleichzeitig beginnenden abfallenden Umsatz des\nUnternehmens geschildert.\n\n \n\n590\n\n \n\nDer Zeuge ... hat auf Nachfrage weiterhin glaubhaft bekundet, dass das\nUnternehmen ... GmbH wahrend der Einstellungszeit des Sohnes des Angeklagten\nniemals an einer Jahres- oder Einzelausschreibung teilgenommen habe. Die\nAuftragserteilungen seien ausschließlich - jeweils veranlasst auf Initiative\ndes Sohnes des Angeklagten ... - auf die direkten Auftragserteilungen durch\nden Angeklagten Tamm zuruckzufuhren gewesen.\n\n \n\n591\n\n \n\nDie Feststellungen zu den Studienkosten, den Kosten fur\nPrufungsvorbereitungskurse, Kostenbeitragen, Prufungskosten und Lernmittel\nsowie zur Gehaltsvergutung beruhen neben den dies bestatigenden Bekundungen\ndes Zeugen ... erganzend auf dem im Selbstleseverfahren eingefuhrten\nStudienvertrag vom 15.06.2006, der Anstellungsvertragsanderung vom 30.06.2008,\nden Auszugen zu den Konten 6..., 4..., 4..., den Einzelbelegen fur\nAnschaffungskosten fur Bucher, den Rechnungen der Welfenakademie vom 15.09,\n01.04. und 31.03.2009, vom 07.01, 01.04., 25.04., 15.10. und 24.10.2008, vom\n03.05., 15.03 und 12.07.2007 sowie den Gebuhrenbescheiden der IHK vom\n22.01.2008 und 03.04.2009.\n\n \n\n592\n\n \n\nDie Feststellungen zu den Kilometerangaben der privat veranlassten Pkw-Fahrten\ndes Sohnes des Angeklagten ... beruhen auf den weiteren Bekundungen des Zeugen\n..., der auf Vorhalt des Schreibens der ... GmbH vom 14.12.2010 (Blatt 80 der\nFallakte 25.3) die Angaben zu den Kilometerstanden naher spezifizieren konnte.\n\n \n\n593\n\n \n\nDass die Abrede zur Einstellung des Sohnes des Angeklagten ... unweigerlich\nmit zukunftigen Dienstpflichtverletzungen des Angeklagten ... verknupft war,\nfolgt bereits dem Umstand, dass - wie vom Zeugen ... glaubhaft bekundet -\nwahrend der Beschaftigungszeit des Sohnes den erteilten Auftragen niemals eine\nordnungsgemaße Einzel- oder Jahresausschreibung vorausging. Der Zeuge ... hat\ndaruber hinaus bekundet, uberhaupt niemals im Zusammenhang mit der\nAutobahnmeisterei an irgendwelchen Ausschreibungen teilgenommen zu haben. Die\nPflichtwidrigkeit wird im Übrigen bereits durch die Gesamthohe der ersparten\nAufwendungen, die dem Sohn des Angeklagten ... infolge der Abrede zwischen dem\nAngeklagten ... und dem Zeugen ... zugute kamen, indiziert.\n\n \n\n594\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 21)\n\n \n\n595\n\n \n\nDer Angeklagte ... hat abgestritten, den in den Feststellungen bezeichneten\nBargeldbetrag in Hohe von insgesamt 9.300,00 € tatsachlich erhalten zu haben.\nAuffallig hierbei ist jedoch, dass der Angeklagte ... ohne nahere Erlauterung\nstatt dessen behauptete, der Zeuge ... wurde ihm eine Summe in exakt gleicher\nHohe schulden. Weitere Angaben hierzu wollte der Angeklagte ... nicht machen.\nWeiterhin hat er noch im Ermittlungsverfahren angegeben, immerhin 5.000,00 €\nvom Geschaftsfuhrer ... bekommen zu haben. Er hat dies in der Hauptverhandlung\nwiderrufen und hierzu angegeben, dass er bei seiner fruheren polizeilichen\nVernehmung "vollig durcheinander" gewesen sei.\n\n \n\n596\n\n \n\nBereits dieses Aussageverhalten spricht dafur, dass es die Zuwendungen gegeben\nhaben konnte. Die Feststellungen hierzu beruhen auf den glaubhaften Angaben\ndes Zeugen ... Dieser hat plausibel und detailliert ausgefuhrt, der Angeklagte\n... habe ihn in einem Telefonat aufgefordert, auch an "dem ganzen Kuchen\nbeteiligt" werden zu wollen. Er und der Angeklagte ... hatten sodann eine -\nvon ihm bezeichnete - 30 % Regelung mit dem Inhalt vereinbart, dass die\nZuwendungen an den Angeklagten ... durch Rechnungsmanipulationen in einer\nGroßenordnung um 30 % kompensiert werden sollten. Hierzu habe ihn der\nAngeklagte ... mit buchhalterischer Genauigkeit eine Excel- Tabelle\nvorbereitet, aus der hervorgegangen sei, in welchem Umfang die dort\nbezeichneten Geldzuwendungen zu seinen Gunsten durch anschließende\nRechnungsmanipulationen wieder kompensiert werden sollten.\n\n \n\n597\n\n \n\nDer Zeuge ... sah sich auf mehrfache Nachfrage insbesondere in der Lage, die\nnaheren Umstande der einzelnen Bargeldabhebungen vor Übergabe der Gelder an\nden Angeklagten ... anschaulich zu schildern. Er hat in diesem Zusammenhang\nnoch anschaulich ausgefuhrt, dass es ihm schwergefallen sei, die als\nPrivatentnahmen auf dem firmeneigenen Spesenkonto verbuchten Bargeldabhebungen\nspater wieder auszugleichen. Der Angeklagte ... hat zudem bestatigt, dass ...\nihm von den Zahlungen und den Rechnungsmanipulationen erzahlt habe.\n\n \n\n598\n\n \n\nDie Feststellungen zu den Abdeckrechnungen beruhen auf den in den\nFeststellungen bezeichneten und im Selbstleseverfahren eingefuhrten\nRechnungen. Auch dies hat der Zeuge ... inhaltlich bestatigt. Dass diese\nRechnungen in einer Großenordnung von ca. 30 % tatsachlich manipuliert wurden,\nfolgt auch aus der Plausibilitat der einzelnen Zahlenergebnisse. Die\nGesamterhohung der Rechnungen in Hohe von netto 9.252,82 € entspricht einem\nDrittel der Gesamtbruttosumme und stimmt so mit dem zugewendeten\nGesamtbargeldbetrag in Hohe von 9.500,00 € nahezu uberein; jenem Betrag, der\ndurch die Rechnungsmanipulationen gerade kompensiert werden sollte.\n\n \n\n599\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 22)\n\n \n\n600\n\n \n\nDer Angeklagte ... hat diese Tat pauschal geleugnet. Die Kammer stutzt ihre\nFeststellungen indes auf die glaubhaften Bekundungen der Zeugen KHK und PK ...\nBeide Zeugen haben die gesondert Verfolgte ... die sich in diesem Verfahren\numfassend auf das ihr zustehende Auskunftsverweigerungsrecht berufen hat, am\n28.09.2010 und am 07.12.2010 polizeilich vernommen. Sie haben ubereinstimmend\nglaubhaft bekundet, dass die Zeugin ... ihnen gegenuber detailliert den\nfestgestellten Sachverhalt geschildert habe. Die anfanglichen Gesprache\nzwischen ... und ihr seien stets konspirativ unter vier Augen gefuhrt worden.\nDer Angeklagte ... habe dabei darauf geachtet, dass die Mobiltelefone vorab\nausgeschaltet wurden. Er habe auch von Anbeginn auf subtile Weise Druck auf\ndie Zeugin ... ausgeubt, weshalb diese sich auch im Hinblick auf die bereits\nbeginnenden Auftragseinbruche des Unternehmens ... veranlasst gesehen hatte,\ndem Erbieten des Angeklagten ... nachzukommen.\n\n \n\n601\n\n \n\nDen Jahresumsatz in den Jahren 2009 und 2010 hat der Zeuge PK ... glaubhaft\ngeschildert. Er hat nach seinen glaubhaften Bekundungen seinerzeit die\nSachkonten der ... GmbH ausgewertet und die Jahresumsatzzahlen - wie\nfestgestellt - ermitteln konnen. Er konnte im Übrigen bestatigen, dass ein mit\ndem tatsachlich unterzeichneten Arbeitsvertrag nahezu wortlautidentischer\nVertragsentwurf im Ermittlungsverfahren auf dem PC des Sohnes des Angeklagten\n... gesichtet werden konnte. Der Zeitpunkt der Entwurfsfertigung im Mai 2009\nkonnte vom Zeugen PK. sicher anhand des installierten Programms "Exrase"\nfestgestellt werden. Die Entwurfsabfassung ergibt sich fur die Kammer\nnachvollziehbar zudem aus dem im Selbstleseverfahren eingefuhrten\nVertragsentwurfs ("Entwurf vom 20.05.2009").\n\n \n\n602\n\n \n\nDie Feststellungen zu der Jahresuberschusskalkulation mit Faxkennung vom\n28.07.2009 beruhen neben den dies bestatigenden glaubhaften Bekundungen des\nvernommenen Zeugen PK ... ebenfalls auf den im Selbstleseverfahren\nentsprechend eingefuhrten Urkunden. Der Vertragsentwurf aus der Hand des\nSohnes des Angeklagten ..., die vorgenannte Jahresuberschusskalkulation sowie\ndie auffallige inhaltliche Übereinstimmung der darin bezeichneten\nJahresumsatze mit den vom Zeugen ... glaubhaft ermittelten Jahresumsatzen der\n... GmbH basierend auf Auftragserteilungen durch die Autobahnmeisterei\nBraunschweig legen den sicheren Schluss nahe, dass die Grundung der ... GmbH\nund die Einstellung des Sohnes des Angeklagten ... von langer Hand mit\nbuchhalterischer Genauigkeit detailliert vorausgeplant und durchdacht waren.\nDie vorausberechneten Planzahlen und Überschussberechnungen sollten zur\nÜberzeugung der Kammer so die wirtschaftliche Lukrativitat der Einstellung des\nSohnes im Zusammenhang mit der Neugrundung der ... GmbH im Hinblick auf die zu\nerwartenden Auftragseingange durch die Autobahnmeisterei Braunschweig belegen,\num letztlich die gesondert verfolgten ... und die Mitgesellschafterin ... zur\nEinstellung des Sohnes des Angeklagten ... bewegen zu konnen.\n\n \n\n603\n\n \n\nDie Hohe der festgestellten Gehaltszahlungen, Studien- und Fortbildungskosten\nfur den dualen Masterstudiengang sowie die Kilometererstattungskosten beruhen\nneben den dies bestatigenden Bekundungen der Zeugen ... und ... auf Grundlage\nder polizeilichen Vernehmung der Zeugin ... sowie ihrer weiteren Ermittlungen\nerganzend auf den im Selbstleseverfahren eingefuhrten Arbeitsvertrag vom 11.\nund 14.08.2009, dem Kundigungsschreiben vom 18.06.2010, der Rechnung der Donau\nUniversitat vom 06.08.2009, den Sachkonten der ... GmbH vom 2009 und 2010\nhinsichtlich Fortbildungskosten, Reisekosten, Bewirtungskosten, Gehalter und\nGewinn.\n\n \n\n604\n\n \n\nDass die gesondert verfolgte ... die Anstellung des Sohnes des Angeklagten\ngemeinsam mit der weiteren Gesellschafterin ... wie festgestellt - tatsachlich\nvornahm, weil sie anderenfalls den Einbruch der bereits bestehenden\nAuftragslage mit der Autobahnmeisterei Braunschweig befurchtete und sich\ndaruber hinaus weitere Auftrage erhoffte, steht nach den vorgenannten\nEinzelwurdigungen ebenfalls zur Überzeugung der Kammer fest. Dies haben die\nZeugen ... und ... ebenfalls unter Bezugnahme auf die polizeilichen\nVernehmungen der Zeugin ... glaubhaft bekunden konnen. Sie konnten auch\nubereinstimmend zu den dies bestatigenden Bekundungen des Zeugen ... als\nLeiter der Innenrevision der Landesbehorde fur Straßenbau und Verkehr\nbekunden, dass die ... GmbH niemals an Ausschreibung teilgenommen habe. Der\nZeuge ... der als Schlosser bei der Autobahnmeisterei beschaftigt war, und der\nZeuge ... haben daruber hinaus bekundet, dass hinsichtlich des Einkaufs von\nMaterialien die ... GmbH praktisch durch die ... GmbH ersetzt worden sei.\n\n \n\n605\n\n \n\nDie korruptive Beziehung zwischen der Zeugin ... als Gesellschafterin der ...\nGmbH und dem Angeklagten ... wird ferner durch die abgehorten Telefonate vom\n12.05.2010 und 04.06.2010 (ID Nrn. 4186 und 5951) eindrucksvoll belegt. Beide\nTelefonate werden zwischen der gesondert verfolgten ... und dem Angeklagten\n... gefuhrt. Im Telefonat vom 12.05.2010 emporen sich beide vehement uber das\naus ihrer Sicht maßlos fordernde Verhalten des Angeklagten ... Dabei außert\nder Angeklagte ... sinngemaß: "Die kriegen das alles umsonst..., wir mussen\nuns dafur den Arsch aufreißen." An anderer Stelle außert die gesondert\nverfolgte ... dem Angeklagten ... gegenuber ihre Überlegungen, ob sie nicht\n"damit" aufhoren solle: "Ich weiß auch nicht ob wir aufhoren sollen, ... aber\ndann kriegen wir die Auftrage halt nicht mehr." An weiterer Stelle außert der\nAngeklagte ... seine weitere Emporung mit den Worten: "Die verlangen das von\nuns umsonst.".\n\n \n\n606\n\n \n\nIm Telefonat vom 04.06.2010 (ID Nr.: 5951) teilt die gesondert verfolgte ...\ndem Angeklagten ... in einem anderen Zusammenhang mit, dass sie jemanden zur\nObservation des Angeklagten ... bzw. seines Sohnes beauftragt habe und der\nAngeklagte ... sich fur eine gewisse Zeit nicht mehr in ... aufhalten solle.\nSie selbst außert ihm gegenuber weiterhin, dass sie die Dinge nun nicht weiter\nlaufen lassen wolle und etwas unternehmen musse. Dabei außert sie insbesondere\nsinngemaß, dass ihr nun klar sei, dass sie dadurch erhebliche wirtschaftliche\nEinbußen zu erwarten habe: "Wir laufen jetzt Gefahr, dass wir die Auftrage von\nder Autobahnmeisterei Braunschweig nicht mehr bekommen."\n\n \n\n607\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 23)\n\n \n\n608\n\n \n\nDie Vorwurfe hinsichtlich der Tat zu Ziffer 23 hat der Angeklagte ...\nebenfalls pauschal abgestritten. Die Kammer ist jedoch auch von der Begehung\ndieser Tat uberzeugt.\n\n \n\n609\n\n \n\nDie Feststellungen zu den Einzelrechnungen mit den darin abgerechneten\nBetriebsstunden fur den Einsatz einer Kehrmaschine beruhen auf den in den\nFeststellungen bezeichneten und im Selbstleseverfahren eingefuhrten\nentsprechenden Urkunden.\n\n \n\n610\n\n \n\nDie Feststellungen zur tatsachlich geleisteten Betriebsstundenzahl der von der\n... GmbH geleasten Kehrmaschine beruhen auf der verlesenen E- Mail der\nMitarbeiterin der ... GmbH, Frau K. ... vom 16.12.2010 (Bl. 90 der Fallakte\n5.11). Die manipulativ uberhohte Abrechnung der Betriebsstunden errechnet sich\naus der Differenzsumme zwischen der Gesamtzahl der abgerechneten\nBetriebsstunden und der festgestellten tatsachlichen Betriebsstundenzahl\nmultipliziert mit dem in den Rechnungen zugrunde gelegten Betriebsstundensatz\nin Hohe von jeweils netto 55,00 €. Darauf dass der Angeklagte ... gemeinsam\nmit seinem Sohn als Angestellter der ... GmbH die manipulative Erhohung der in\nden Feststellungen bezeichneten Rechnungen vorgenommen hat, deutet auch ein\nTelefonat vom 20.06.2010 (ID Nr. 272) hin. In diesem Telefonat zwischen dem\nSohn des Angeklagten ... und seiner Mutter (im Hintergrund der Angeklagte ...\npersonlich) außert die Ehefrau des Angeklagten ..., dass die Öl- und\nTankanzeigen der Kehrmaschine aufleuchten wurden. Daneben außert sie, dass sie\nqualmen wurde. Der Sohn des Angeklagten ... außert daraufhin: "Die qualmt,\nweil sie nicht auf Betriebstemperatur lauft, sondern nur vor sich hindumpelt."\nDer Inhalt dieses Telefonats deutet zumindest mittelbar daraufhin, dass der\nAngeklagte ... gemeinsam mit seinem Sohn die auf dem Betriebsgelande der\nAutobahnmeisterei am Stutzpunkt in Peine sich befindliche Kehrmaschine im\nLeerlauf liefen ließen, um die Betriebsstundenzahl so zu erhohen. Zum\nZeitpunkt des Telefonats im Juni 2010 war der Angeklagte ... bereits seitens\nder Landesbehorde fur Straßenbau und Verkehr "vorgewarnt" worden, da dort\nGeruchte vorherrschten, wonach der Angeklagte ... Kehrmaschinenauftrage fur\ndas Unternehmen der ... GmbH zugunsten seines Sohnes erteilen wurde. Der\nSachgebietsleiter ... hat auf Nachfrage unter auszugsweisem Vorhalt der auch\nihn betreffenden Telefonuberwachung eingeraumt, den Angeklagten ... seinerzeit\ndarauf hingewiesen zu haben, dass es "Stimmen" geben wurde, die seinem\nVerhaltnis zur ... GmbH misstrauen wurden.\n\n \n\n611\n\n \n\nDass der Angeklagte ... daruber hinaus generell sich vehement fur den Einsatz\nder von der ... GmbH geleasten Kehrmaschine einsetzte und diese tatsachliche\nKehrmaschinenarbeiten auf Parkplatzen im ortlichen Zustandigkeitsbereich der\nAutobahnmeisterei Braunschweig verrichtete, haben auch die vernommenen Zeugen\n... und ... bestatigt. Aus den weiteren eingefuhrten Telefonanten vom\n27.05.2010 (ID- Nrn. 585, 592 und 597) geht hervor, dass der Angeklagte\nweitergehend sogar den Plan verfolgte, die eigens vorgehaltenen zwei\nStraßenkehrmaschinen an den Stutzpunkten in Peine und Helmstedt ganzlich\nauszusondern, um die Auftrage zukunftig vollends an Dritte zu erteilen. Dies\ngeht unmittelbar aus einem Gesprach mit dem Mitarbeiter der Autobahnmeisterei\nBraunschweig, dem Zeugen ... am 27.05.2010 (ID- Nr.: 592) und mittelbar aus\nden weiteren zwei vorgenannten Gesprachen zu den ID- Nrn. 585 und 597 hervor.\n\n \n\n612\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 24)\n\n \n\n613\n\n \n\nDer Angeklagte ... hat die Tatvorwurfe zu Ziffer 24 pauschal bestritten. Die\nKammer ist indes auch von der Begehung dieser Tat uberzeugt.\n\n \n\n614\n\n \n\nAuf Grundlage der vorgenannten Ausfuhrungen hinsichtlich der Taten zu Ziffern\n22 und 23 geht die Kammer davon aus, dass der alleinige Zweck der neu\ngegrundeten ... GmbH darin bestand, die lukrative Anstellung des Sohnes des\nAngeklagten Tamm zu ermoglichen und im Gegenzug die Umsatze nahezu\nausschließlich uber Auftrage der Autobahnmeisterei Braunschweig zu generieren.\nDie ... GmbH unterhielt keinen eigenen Fuhrpark. Dies war zur Überzeugung der\nKammer aus den vorgenannten Grunden aber auch keinesfalls erforderlich, da sie\nausschließlich als Dienstleistungsbetrieb zur Erfullung der Auftrage seitens\nder Autobahnmeisterei Braunschweig fungierte. Andere Aufgaben als\nKehrmaschinenarbeiten und Freischneidearbeiten konnte keiner der vernommenen\nZeugen, insbesondere die Zeugen ... und ... als Mitarbeiter der\nAutobahnmeisterei Braunschweig bestatigen. Fur diese Arbeiten erfolgte der\nTransport nach den Bekundungen der beiden Zeugen mit den eigenen Fahrzeugen\nder Autobahnmeisterei.\n\n \n\n615\n\n \n\nUnter diesen Umstanden ist die Anmietung der in den genannten Rechnungen\nbezeichneten Fahrzeuge und Anhanger aus keinem erdenklichen Gesichtspunkt\nheraus fur eine betriebsbedingte Verwendung plausibel nachvollziehbar. Auch\nder Umstand, dass die vom Angeklagten ... initiierte ... GmbH ihrerseits\nausgerechnet von der familieneigenen ... Immobilien GmbH & Co KG diese\nFahrzeuge und Anhanger angemietet haben soll, legt den Schluss nahe, dass der\nAngeklagte ... es auch hier nicht scheute, auf direktem Weg einen weiteren\npersonlichen Profit aus seinem Einfluss- und Machtbereich innerhalb der ...\nGmbH zu schopfen. Die Selbstverstandlichkeit des Angeklagten ... und seines\nSohnes im Hinblick auf ihr Profitstreben unter Ausnutzung der eigens hierfur\ngegrundeten ... GmbH wird mittelbar auch durch das eingefuhrte Telefonat\nzwischen dem Angeklagten ... und seinem Sohn vom 27.05.2010 (ID- Nr. 590)\nbelegt. Darin beklagt sich sein Sohn eingangs daruber, dass die ... GmbH einen\nLohnabzug in Hohe von 193,00 € bei ihm vorgenommen habe wegen eines\nBewirtungsbelegs fur ein Essen mit dem Angeklagten ... und eines Taxibelegs.\nDer Angeklagte ... außert daraufhin: "Ja richtig ... ..., das holen wir uns\nanders wieder rein". Nach einem weiteren Gesprach zu Abrechnungsmodalitaten\nfur den Einsatz der Kehrmaschine der ... GmbH kommen der Angeklagte ... und\nsein Sohn auf dieses Thema zuruck. Der Angeklagte ... außert: "Die haben ein\nan der Klatsche. Die sind pissig ohne Ende. Aber die wissen gar nicht...\n(unverstandlich). Das konnen die Dir in Rechnung stellen und das wurde ich\ndenen auch schreiben... Dein Gehalt ist fix". Im harschen Ton fuhrt er\nwiederholt aus: "Dein Gehalt ist unantastbar". Er rat seinem Sohn weiter der\n... GmbH zu schreiben: "Wenn das Vertrauen nicht da ist, ..., dann weiß ich\nauch, in welchem Verhaltnis wir zueinander stehen.... Gegen Ende fuhrt er\nsodann aus: "Und das ist eine Sache, die auch nach deiner Zeit verhandelt\nwird."\n\n \n\n616\n\n \n\nInsgesamt ist die Kammer so davon uberzeugt, dass die vermeintlichen\nAnmietungen entsprechend der im Selbstleseverfahren eingefuhrten und in den\nFeststellungen bezeichneten Einzelrechnungen letztlich nur dazu dienten, die\nnotwendige "Papierlage" fur tatsachlich nicht vollzogene Mietverhaltnisse zu\nfingieren.\n\n \n\n617\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 25)\n\n \n\n618\n\n \n\nHinsichtlich der festgestellten Tat zu Ziffer 25 hat der Angeklagte ... sich\ninsoweit eingelassen als er den Angestellten ... des Unternehmens ... KG\ntatsachlich auf den Erwerb eines Sicherungsanhangers zu Beginn des Jahres 2010\nfur seinen Sohn ... angesprochen habe. Auch habe er - wie festgestellt -\nfederfuhrend die Gesprache mit dem Angestellten ... gefuhrt sowie die von dem\nUnternehmen ... KG angefertigten Aufbau- und Instandsetzungsarbeiten\neingefordert. Der Kaufpreis in Hohe von 2.000,00 € sei auch als Festpreis\nvereinbart worden. Der Angeklagte ... hat auf Nachfrage ferner ausdrucklich\neingeraumt, dass der Sicherungsanhanger tatsachlich nach Durchfuhrung der\nAufbau- und Instandsetzungsarbeiten - wie festgestellt - deutlich mehr wert\ngewesen sein durfte. Dass der - nach seiner eigenen Einlassung - deutlich\ngunstigere Preis jedoch in irgendeinem Zusammenhang zu seiner Funktion als\nLeiter der Autobahnmeisterei Braunschweig stunde, schloss der Angeklagte ...\naus.\n\n \n\n619\n\n \n\nDie vorgenannte Einlassung des Angeklagten ... sowie die weiteren\nFeststellungen zur generellen geschaftlichen Beziehung zwischen dem\nUnternehmen ... KG und der Autobahnmeisterei Braunschweig, die Ablaufe der\nVereinbarungen zwischen dem Angeklagten ... und dem Mitarbeiter ... sowie den\nUmfang der ausgefuhrten Arbeiten hat der hierzu vernommene Zeuge ... ebenfalls\nglaubhaft bestatigt. Der Rechnungspreis in Hohe von 2.000,00 € sowie die\nBezahlung wird zudem durch die im Selbstleseverfahren eingefuhrte Rechnung vom\n12.05.2010, dem Lieferungsschein vom 12.05.2010 sowie den Überweisungsbeleg\nvom Auftragskonto des ... vom 16.06.2010 bestatigt.\n\n \n\n620\n\n \n\nDer Zeuge ... hat insbesondere bekundet, dass der Sicherungsanhanger bereits\nohne die Aufbau- und Instandsetzungsarbeiten einen Wert in Hohe von 2.000,00 €\ngehabt habe. Er hat weiterhin und ubereinstimmend zur Einlassung des\nAngeklagten ... bekundet, dass bis heute keine weiteren Zahlungen erfolgt\nseien, obwohl die von ihm bestatigten und in den Feststellungen bezeichneten\nArbeiten seitens des Unternehmens ... KG tatsachlich erbracht worden seien.\n\n \n\n621\n\n \n\nAls bewusste Falschaussage ist die Bekundung des Zeugen ... zu bewerten,\ntatsachlich sei ein deutlich hoherer Preis zwischen ihm und dem Angeklagten\n... vereinbart worden. Auf Nachfrage, weshalb - seine eigene Bekundung als\nwahr unterstellt - unter diesen Umstanden dann bis heute noch keine weiteren\nZahlungen erfolgt seien, reagierte er mit pauschalen Ausfluchten auf\nzwischenzeitlich verloren gegangene Buchfuhrungsunterlagen. Diesen Bekundungen\nvermochte die Kammer - fur den Zeugen ersichtlich - keinen Glauben zu\nschenken. Auf weitere Nachfrage hierzu verwies der Zeuge sodann auf diverse\nangestellte Personen aus der Buchhaltung, die moglicherweise mehr daruber\nsagen konnten. Er selbst konne nichts mehr dazu sagen, da er sich mit diesen\nDingen nicht auskenne. Nach Inaugenscheinnahme diverser Telefonate zwischen\nihm und dem Angeklagten in der Zeit vom 06.05. bis zum 03.06.2010 (ID- Nrn.:\n11, 31, 114, 842, 849, 967 und 1015) sowie weiteren Nachfragen hierzu war dem\nZeugen spurbar anzumerken, dass er sich zunehmend in Widerspruche verstrickte\nund eine ablehnende Haltung in seinem Aussageverhalten gegenuber der Kammer\neinnahm, bis er letztlich von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch\nmachte. Dieses Aussageverhalten deutet bereits darauf hin, dass tatsachlich\nkeinesfalls jemals eine hohere Rechnungssumme fur den gelieferten\nSicherungsanhanger zwischen dem Angeklagten ... und dem Angestellten ...\nvereinbart worden war, blieb doch der Zeuge nach anfanglich ausfuhrlichen\nBekundungen auf Nachfrage plausible Antworten schuldig. Ungeachtet dessen\nergibt sich aus den Telefonaten vom 11.05., 31.05., 11.06. und 03.06. (ID-\nNrn. 31, 114, 842, 849 und 1015), dass uberhaupt keine Anhaltspunkte dafur\nvorliegen - wie vom Zeugen ... behauptet - dass tatsachlich jemals ein hoherer\nKaufpreis vereinbart worden sein konnte. Insbesondere in den Gesprachen vom\n31.05., 01.06. und 03.06. (ID Nrn. 114, 842, 849 und 1015) besprechen der\nAngeklagte ... und der Angestellte ... detailliert die Moglichkeiten einer\nmoglichen Umdatierung der im Selbstleseverfahren eingefuhrten Rechnung vom\n12.05.2010 sowie des Lieferscheins vom 12.05.2010. Der Zeuge ... der in seiner\nVernehmung noch behauptet hat, keinerlei Erkenntnisse uber interne\nBuchungsvorgange im Haus hinsichtlich des Sicherungsanhangers zu haben,\nschildert dem Angeklagten ... in diesen Telefonaten sehr detailliert, aus\nwelchen buchhalterischen oder steuerlichen Grunden dem Begehren des\nAngeklagten ... nach einer Umdatierung der Rechnungen bzw. des\nLieferungsscheins nicht entsprochen werden konne. Wenn tatsachlich ein hoherer\nKaufpreis zwischen dem Angeklagten ... und dem Angestellten ... jemals\nvereinbart worden sein sollte, so ware doch spatestens im Rahmen dieser\nGesprache zur sicheren Überzeugung der Kammer daruber gesprochen worden. Dies\ngilt umso mehr, als der Angeklagte ersichtlich darum bemuht war, nach\nAuslieferung des Anhangers am 12.05.2010 eine moglichst hohe Bewertung des\nausgelieferten Sicherungsanhangers sogar gutachterlich feststellen zu lassen\nDies wird durch ein Telefonat vom 01.06.2010 (ID- Nr. 852) mit einem\nSachverstandigen belegt, in dem der Angeklagte ... um eine zeitnahe\nBegutachtung des Sicherungsanhangers bittet. In einem weiteren Telefonat mit\ndem Mitarbeiter ... der Autobahnmeisterei Braunschweig vom 01.06.2010 (ID- Nr.\n867) fordert der Angeklagte ... diesen auf, vor der unmittelbar bevorstehenden\nBegutachtung noch bestimmte "Decken" (vermutlich Bereifungen) dem Hanger\nbeizulegen, damit die Bewertung durch den Gutachter moglichst hoch ausfiele.\nUnter diesen Umstanden ware es doch wesentlich leichter gewesen, von Anbeginn\ngleich einen hoheren Kaufpreis schriftlich zu fixieren, um so eine hohere\nBewertung des Anhangers zu manifestieren. Davon ist in den Gesprachen mit dem\nZeugen ... mit keinem Wort die Rede.\n\n \n\n622\n\n \n\nDie inhaltliche Verknupfung der zur Überzeugung der Kammer sicher\nfeststellbaren Zuwendung zugunsten des Sohnes des Angeklagten ... mit der\ndienstlichen Pflichtverletzung des Angeklagten ... als Leiter der\nAutobahnmeisterei liegt vor diesem Hintergrund nahe. Sie wird insbesondere\ndurch die Hohe der Zuwendung in Hohe von insgesamt netto 6.500,00 € indiziert.\nWeiterhin drangt sich auch aufgrund des eingefuhrten Telefonat vom 11.05.2010\n(ID- Nr. 31) einen Tag vor Übergabe des Anhangers am 12.05.2010 zwischen dem\nAngeklagten ... und dem Zeugen ... ebenfalls die korruptive Beziehung auf.\nDarin besprechen der Angeklagte ... und der Zeuge ... die Übergabe fur den\nnachsten Tag zwischen 9:00 und 10:00 Uhr. Der Angeklagte ... außert in diesem\nZusammenhang, er wurde dafur einen Termin absagen mussen. Auf das Angebot des\nZeugen ..., er konne unter diesen Umstanden den Anhanger auch "einfach so" auf\nden Hof stellen, entgegnet der Angeklagte ... sinngemaß "no, das ist zu\nunpersonlich, das machen wir nicht. Dass ist ja auch ne schone Sache." In\neinem weiteren Telefonat vom 06.05.2010 (ID- Nr. 11) leitet der Angeklagte ...\ndas Gesprach mit den Worten "so, jetzt habe ich fur sie meinen Großauftrag\ngerettet" ein. Dieses Telefonat steht in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang\nmit einem Zuschlagschreiben zugunsten des Unternehmens ... KG seitens der\nLandesbehorde fur Straßenbau und Verkehr vom 11.05.2011. Die Existenz dieses\nZuschlagschreibens wird durch die im Selbstleseverfahren eingefuhrte Urkunde\nbelegt. In dem Telefonat erlautert der Angeklagte ... im Einzelnen, wie er\nsich fur das Unternehmen ... KG stark gemacht habe, um den Auftrag fur ihn zu\n"retten".\n\n \n\n623\n\n \n\nIn der Gesamtschau gewinnt die Kammer so die sichere Überzeugung, dass die\nfestgestellte Zuwendung mit zukunftigen Dienstpflichtverletzungen des\nAngeklagten ... in seiner Funktion als Leiter der Autobahnmeisterei\nBraunschweig verknupft war.\n\n \n\n624\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 26)\n\n \n\n625\n\n \n\nDie festgestellte Tat zu Ziffer 26 steht ebenfalls zur Überzeugung der Kammer\nfest. Der Angeklagte ... hat sich insoweit eingelassen, als das Unternehmen\n... GmbH tatsachlich zwei Überwachungskamerasets auf seine Initiative hin im\nFerienhaus in Mardorf sowie in dem vom Sohn des Angeklagten ... in Vohrum\nbewohnten Haus eingebaut und installiert habe. Diese Kameras seien jedoch nur\ndeshalb dort installiert worden, um Probelaufe durchzufuhren, da beide Kameras\nwegen eines Einbruchsversuchs am Firmensitz der ... GmbH in der\nfamilieneigenen Immobilie erfolgt seien. Nahere Einzelheiten zu den von ihm\nbezeichneten Einbruchen konnte der Angeklagte ... auf Nachfrage selbst nicht\nerlautern. In diesem Zusammenhang außerte er selbst, dass es sich wohl nicht\num "echte Einbruche" gehandelt habe. Stattdessen mutmaßte er, dass zerbrochene\nBlumenkubel vor dem Firmensitz der ... GmbH moglicherweise durch die von der\ngesondert verfolgten ... beauftragte Privatdetektei (vgl. oben) verursacht\nworden seien. Diese zerbrochenen Blumenkubel hatten ihn seinerzeit aber dazu\nveranlasst, auf einen moglichen Einbruch zu schließen.\n\n \n\n626\n\n \n\nDiese Einlassung ist zur Überzeugung der Kammer widerlegt. Die Kammer ist\ndavon uberzeugt, dass die beiden Kameras von vornherein dauerhaft zur privaten\nVerwendung zugunsten des Angeklagten sowie seines Sohnes bestimmt waren. Dies\nergibt sich aufgrund der ubereinstimmenden Bekundungen der Zeugen ... und ...\nBeide Zeugen haben ubereinstimmend bekundet, dass der Einbau der Kameras in M.\nam 11.03.2010 und in V. am 05.05.2010 erfolgt seien. Etwa ein viertel Jahr\nnach dem Einbau seien die Kameras wahrend einer von ihnen durchgefuhrten\nFerndiagnose noch exakt an diesen Orten gewesen. Unter diesen Umstand\nerscheint es keinesfalls nachvollziehbar, dass es sich - wie vom Angeklagten\n... behauptet - tatsachlich um vermeintliche Testlaufe gehandelt haben konnte.\nVielmehr legt dies den sicheren Schluss nahe, dass der Angeklagte ... die\nKameras dauerhaft fur sich behalten wollte.\n\n \n\n627\n\n \n\nDer Zeuge ... hat daruber hinaus bekundet, dass ein PC des Angeklagten ... in\nder firmeneigenen Werkstatt repariert worden sei. Die in den Feststellungen\nbezeichneten Einzelrechnungsbetrage hat der vernommene Zeuge ... als\nGeschaftsfuhrer der ... GmbH ebenfalls glaubhaft bestatigen konnen. Sie\nergeben sich zudem aus der in den Feststellungen bezeichneten und im\nSelbstleseverfahren eingefuhrten Rechnung. Dass die Gesellschafterinnen ...\nund ... selbst nicht mit diesen Vorgangen einverstanden waren und die Vorgange\num die Kameras letztlich zur fristlosen Kundigung des Sohnes des Angeklagten\n... seitens der ... GmbH fuhrten, hat der Angeklagte selbst bestatigt. Das\nergibt sich weiterhin aus einem Telefonat vom 21.07.2010 (ID Nr. 2033)\nzwischen dem Angeklagten ... und dem Zeugen ... Darin sagt der Angeklagte ...\nselbst, dass sein Sohn im Zusammenhang mit den Kameras fristlos gekundigt\nworden sei. In subtiler Art und Weise versucht der Angeklagte ... dabei\nzugleich, den Zeugen ... "fur sich zu gewinnen" im Rahmen der zunehmend sich\nverscharfenden Auseinandersetzung zwischen ihm, seinem Sohn und der gesondert\nverfolgten M.\n\n \n\n628\n\n \n\n(Taten zu Ziffer 27)\n\n \n\n629\n\n \n\nHierzu hat der Angeklagte die Taten anfangs bestritten. Der festgestellte\nSachverhalt steht gleichwohl zur Überzeugung der Kammer nach dem Ergebnis der\nBeweisaufnahme fest.\n\n \n\n630\n\n \n\nDie Zeugen ... und ... haben als Angestellte des Unternehmens ... GmbH\nglaubhaft bekundet, die von ihrem Vorganger von der ... praktizierte Übung der\nAbrechnung privater Arbeiten uber Rechnungen fur Arbeiten im Auftrag der\nAutobahnmeisterei - wie festgestellt - ubernommen und fortgefuhrt zu haben.\nDie Kammer ist so davon uberzeugt, dass bereits in rechtsverjahrter Zeit\nzahlreiche privat veranlasste Arbeiten vielfach den Rechnungen an die\nAutobahnmeisterei ... aufgeschlagen wurden.\n\n \n\n631\n\n \n\nDie Zeugen ... und ... haben insbesondere ubereinstimmend bekundet, dass sie\nam Ferienhaus des Angeklagten ... in M. Malerarbeiten in einer Großenordnung\nvon mindestens netto 4.000,00 € durchgefuhrt hatten. Der Umfang der Arbeiten\nwird auch bestatigt durch die verlesenen Einzelaufstellungen des Mitarbeiters\n... Diese weisen in der Zeit vom 22.03. bis zum 28.04.2010 nur Innenarbeit\n(125 Stunden) auf. Diese Arbeiten wurden nach den ubereinstimmenden Angaben\nder Zeugen fur den Angeklagten ... in M. geleistet. Dass die Zeugen dies\nnachvollziehen konnten war auch plausibel, weil Innenarbeiten an einer Brucke\n(Bauwerk 173 a) nicht anfallen konnen. Dass diese Arbeiten von dem Mitarbeiter\ngeleistet wurden, hat der Angeklagte ... auf Nachfrage abweichend von seiner\nvorhergehenden Einlassung auch bestatigt.\n\n \n\n632\n\n \n\nDie Kammer hat auch keinen Zweifel daran, dass auch hier die Abrede zwischen\ndem Angeklagten ... einerseits und den Zeugen ... und ... andererseits darin\nbestand, dass auch diese Arbeiten auf die von den Zeugen bestatigten und in\nden Feststellungen bezeichneten Rechnungen aufgeschlagen werden sollten. Dies\nwird nach den glaubhaften dies bestatigenden Bekundungen der Zeugen sowie\ninsbesondere durch die den Rechnungen zugehorigen Stundenzettel belegt, die\nebenso wie die vorgenannten Rechnungen im Selbstleseverfahren eingefuhrt\nwurden. Die bloße Inaugenscheinnahme dieser Stundenzettel belegt die von den\nZeugen bekundete Übung, wonach die originalen Stundenzettel stets nach\nvorheriger Anweisung des Angeklagten ... vernichtet und anschließend neue\nStundenzettel verfasst werden mussten, um die versteckten Aufschlage so\n"verstecken" zu konnen. Das optische Erscheinungsbild der Stundenlohnzettel\nkorrespondiert zu dieser Vorgehensweise insoweit, als die sauberen\nhandschriftlichen Ausfuhrungen zur sicheren Überzeugung der Kammer dem sonst\nublichen Aussehen originaler Stundenzettel, die regelmaßig vor Ort an\nBaustellen erstellt werden, nicht entspricht.\n\n \n\n633\n\n \n\nDie Feststellungen, wonach die Abdeckrechnungen betreffend des "Bauvorhabens\n173 a" nicht mehr zur Auszahlung an den regionalen Geschaftsbereich der\nLandesbehorde fur Straßenbau und Verkehr gelangten, sind allein dem Umstand\ngeschuldet, dass zwischenzeitlich nach Rechnungseingang das "offene"\nErmittlungsverfahren gegen den Angeklagten ... betrieben wurde. Wenngleich der\nAngeklagte ... sich zwischenzeitlich dahingehend einließ, die nachtraglich\nerstellten Rechnungen - wie von den Zeugen ... und ... bestatigt - fur seine\nprivat veranlassten Arbeiten in M. noch begleichen zu wollen, so ist dies als\nbloße Schutzbehauptung anzusehen und andert nichts an der sicheren Überzeugung\nder Kammer, dass die ursprungliche Abrede darin bestand, diese privat\nveranlassten Arbeiten den vorbezeichneten Rechnungen aufzuschlagen, woraufhin\nder Angeklagte ... pflichtwidrig diese Rechnungen als sachlich richtig\nabzeichnen und anschließend zur Auszahlung an den regionalen Geschaftsbereich\nHannover der Landesbehorde fur Straßenbau und Verkehr weiterreichen sollte.\n\n \n\n634\n\n \n\nDaruber hinaus bestand die generelle Abrede zwischen dem Angeklagten ... und\nden Mitarbeitern ... und ..., dass - wie ublich - das Unternehmen ... GmbH\ndurch pflichtwidrige Auftragsvergaben der Autobahnmeisterei Braunschweig - wie\nvon den Zeugen ... und ... glaubhaft bekundet, profitieren sollte. Beide\nZeugen haben anschaulich bestatigt, dass das Unternehmen ... niemals an einer\noffentlichen Ausschreibung teilgenommen habe. Dies gilt selbst hinsichtlich\netwaiger Jahresausschreibungen fur regelmaßig wiederkehrende Malerarbeiten.\nAuf eingehende Nachfragen hierzu waren die Zeugen ... und ... nicht in der\nLage, konkrete Angaben hierzu zu machen. Deren Ankundigung, gegebenenfalls\neinen entsprechenden Vergabebescheid noch umgehend der Kammer nachzureichen,\nwurde nicht in die Tat umgesetzt. Auch der vernommene Zeuge ... hat glaubhaft\nbekundet, dass das Unternehmen ... erhebliche Umsatze mit der\nAutobahnmeisterei Braunschweig generiert, jedoch niemals an offentlichen\nAusschreibungen teilgenommen habe. Es liegt zudem in der Natur der Sache, dass\nMalerarbeiten im Wege einer direkten Vergabe im eigenen Zustandigkeitsbereich\ndes Angeklagten ... als Leiter der Autobahnmeisterei niemals hatten vergeben\nwerden durfen. Gleichwohl haben die Zeugen ... und ... glaubhaft und\nubereinstimmend zu den dies bestatigenden Bekundungen des Zeugen ...\nihrerseits bekundet, dass der jahrliche Umsatz des Unternehmens ... GmbH auf\nGrundlage der Auftragserteilungen durch die Autobahnmeisterei Braunschweig bis\nzu 150.000,00 € betragen habe. Der Angeklagte ... sei nach ihren Worten nicht\nnur durch seine privaten Auftrage, sondern auch durch die Auftrage seitens der\nAutobahnmeisterei ein sehr wichtiger Auftraggeber fur sie gewesen, weshalb sie\nstets nach ihren Worten "zu seinen Diensten" gewesen seien.\n\n \n\n635\n\n \n\nDie korruptive Dauerverbindung zwischen dem Angeklagten ... und den\nvorgenannten Zeugen ... und ... wird weiterhin aufgrund der Erkenntnisse aus\nden eingefuhrten Telefonaten zwischen dem Angeklagten ... und den beiden\nZeugen ... und ... deutlich.\n\n \n\n636\n\n \n\nIn einem Telefonat vom 10.06.2010 mit dem Zeugen ... (ID- Nr. 186) erteilt der\nAngeklagte ... dem Zeugen ... zahlreiche Arbeitsanweisungen zur Durchfuhrung\nder Arbeiten an dem Ferienhaus in M. Gegen Ende des Telefonats außert der\nZeuge ..., er musse noch "ein bisschen Rechnungen schreiben". Daraufhin\nentgegnet der Angeklagte ..., er wisse dies, da wurde es "aber kritisch"\nwerden. In dem Telefonat wird erkennbar, dass der Zeuge ... ersichtlich darum\nbemuht ist, die ausstehenden Begleichungen fur die privat veranlassten\nArbeiten des Angeklagten ... endlich abrechnen zu konnen. So bittet er ihn, ob\ner ihm nicht wenigstens einen Zettel schreiben konne, was er "drauf schreiben"\nsolle. Auf Nachfrage des Angeklagten ... um "wie viel" es sich denn handeln\nwurde, antwortet dieser ihm "40.000,00 €". Beeindruckt von dem Umfang dieser\nZahl ("Puuhh") entgegnet der Angeklagte ... ihm daraufhin mit den Worten, "wir\nmussen das ziehen".\n\n \n\n637\n\n \n\nIn einem weiteren Telefonat - ebenfalls vom 10.06.2010 - zwischen dem\nAngeklagten ... und dem Zeugen ... (ID Nr. 190) sagt der Angeklagte ...\ndiesem, dass sie ja nun "40.000,00 € im Sack" hatten. Diese mussten aber\n"abgespeckt" werden. Weiterhin sagt er, dass er die Sache auch endlich "vom\nTisch" haben wolle. In autoritarem Tonfall fuhrt der Angeklagte ... weiterhin\naus, dass er ihnen gegenuber doch stets gesagt habe "nicht mehr als 10.000,00\n€". Ausdrucklich fuhrt er weiter aus "Jede Arbeit bis 10.000,00 € von euch\nkann ich begleichen". Schlussendlich fuhrt er aus, dass sie hinsichtlich eines\nBetrages von 20.000,00 € nun erst einmal die "Kuh vom Eis kriegen" mussten.\n\n \n\n638\n\n \n\nUnmittelbar im Anschluss an das erstgenannte Telefonat mit dem Zeugen ... vom\n10.06.2010 spricht der Angeklagte ... diesem noch auf die Mailbox (ID Nr.\n187). Dabei sagt der Angeklagte ... es konne erst einmal eine\nAbschlagsrechnung geschrieben werden. Diese Arbeiten konnten als Arbeiten "in\nder Dienstwohnung" ausgewiesen werden. Dass sei "uberhaupt kein Problem".\nDabei weißt er ausdrucklich darauf hin, dass die Rechnung "unter 10.000,00 € "\nbleiben musse. Hinsichtlich einer weiteren Rechnung sagt er, diese musse noch\n"ausklamusert" werden. Auch diese Rechnung musse unterhalb einer Grenze von\n"10.000,00 €" bleiben. Wortlich nennt er als moglichen Verwendungszweck\n"Salzhallenanstrich oder irgend so ein Shit".\n\n \n\n639\n\n \n\nIn einem weiteren Telefonat mit dem Zeugen ... vom 18.06.2010 (ID Nr. 239)\nsagt dieser ihm, dass er ihn unbedingt sprechen musse. In dem erkennbar\nverdeckt gehaltenen Gesprach fragt der Angeklagte ... ihn vorsichtig, ob er\nihm einen moglichen Anhaltspunkt fur ein Treffen geben konne. Daraufhin\nentgegnet ihm der Zeuge ...leise mit den Worten "Gesprach mit\nGeschaftsleitung".\n\n \n\n640\n\n \n\n(Taten zu Ziffer 28)\n\n \n\n641\n\n \n\nDie festgestellte Tat zu Ziffer 28, die der Angeklagte pauschal bestritten\nhat, steht ebenfalls zur Überzeugung der Kammer fest.\n\n \n\n642\n\n \n\nDass die in den Feststellungen zu Ziffer 28 a und b genannten Arbeiten\ntatsachlich im dort genannten Umfang ausgefuhrt wurden, haben die Zeugen ...\nund ... ... ebenfalls glaubhaft bekundet. Dass diese Arbeiten tatsachlich -\nwie von den Zeugen glaubhaft bekundet - den Rechnungen an die\nAutobahnmeisterei aufgeschlagen wurden, steht zur Überzeugung der Kammer im\nHinblick auf die Gesamtschau der vorgenannten Beweisfuhrung fest. Die Kammer\nhat insbesondere keinen Zweifel daran, dass auch die ursprungliche Abrede\ndarin bestand, dass die in den Feststellungen zu Ziffer 28 c genannten\ngeplanten Malerarbeiten in Bremen - wie von den Zeugen ... und ...\nubereinstimmend glaubhaft bekundet - entsprechend vorgenannter Vorgehensweise\nebenfalls auf Rechnungen an die Autobahnmeisterei Braunschweig aufgeschlagen\nwerden sollten. Dass es tatsachlich nicht mehr zur Durchfuhrung dieser\nArbeiten kam, ist allein dem Umstand der zwischenzeitlichen Inhaftierung des\nAngeklagten ... geschuldet. Anschaulich belegt wird dies auch daran, dass der\nZeuge ... wahrend seiner Vernehmung der Verteidigerin des Angeklagten ... den\nSchlussel fur die Immobilie in Bremen ubergab, in der die in den\nFeststellungen bezeichneten Malerarbeiten mit einem Gesamtumfang von uber\n16.000,00 € ursprunglich erbracht werden sollten.\n\n \n\n643\n\n \n\nDie Kammer ist daruber hinaus davon uberzeugt, dass auch die in den\nFeststellungen zu Ziffer 28 d - I genannten Abrechnungen fur Arbeiten an den\nGebaudekomplexen am Stutzpunkt der Autobahnmeisterei Braunschweig in Peine nur\nin einem weitaus geringeren Umfang tatsachlich von dem Unternehmen ... GmbH\ndurchgefuhrt worden sind. Selbst in diesem weitaus geringeren Umfang waren die\nArbeiten jedoch ganzlich nutzlos und ausschließlich dazu bestimmt, um die\nprivat veranlassten Arbeiten des Angeklagten ... in den in den Feststellungen\ngenannten Rechnungen uberhaupt "verstecken" zu konnen. Die Zeugen ... und ...\nhaben ubereinstimmend bekundet, dass die in den Feststellungen bezeichneten\nRechnungen allenfalls auf bloße Alibiarbeiten zuruckzufuhren seien, die\nuberwiegend nur deshalb ausgefuhrt wurden, um dies zu ermoglichen. Beide haben\nunter Vorhalt der in den Feststellungen bezeichneten und im Urkundsverfahren\neingefuhrten Rechnungen detaillierte Angaben zu den tatsachlich ausgefuhrten\nArbeiten im weitaus geringeren Umfang machen konnen. Der Zeuge ... hat hierzu\nglaubhaft bekundet, dass lediglich Arbeiten in den Heizungskellern,\ngeringfugige Arbeiten an den Holzfenstern im Sanitarbereich sowie weitere\nArbeiten in der Salzhalle der Werkstatt und einigen Nebenraumen erledigt\nworden seien. Zum Teil seien bloß marginale Kleinstarbeiten verrichtet worden,\nd. h. Arbeiten wie das Streichen einer Bordure. In diesem Zusammenhang hat der\nZeuge ... wortlich bekundet: "Wissen Sie, da konnte Herr ... mal wieder\nLuftrechnungen machen." Weiterhin hat er ausgefuhrt, dass bei samtlichen\nRechnungen ausreichend Spiel gewesen ware, die Rechnungen nach oben hin zu\nmanipulieren, um die ausstehenden Begleichungen fur die privat veranlassten\nArbeiten des Angeklagten ... verstecken zu konnen. Der Zeuge ... hat weiterhin\nglaubhaft bekundet, dass bereits ein erheblicher Teil von Malerarbeiten zuvor\ntatsachlich von den eigenen Mitarbeitern der Autobahnmeisterei erledigt worden\nsei. Hierzu ubereinstimmend hat der vernommene Zeuge ... wahrend seiner\nVernehmung auf ausdruckliche Nachfrage unter gleichzeitiger Inaugenscheinnahme\ndes Lichtbildberichts zu Bl. 57-65 der Fallakte 5.41 glaubhaft bestatigen\nkonnen, dass von den eigenen Mitarbeitern der Autobahnmeisterei bereits\nzahlreiche Streich- und Sanierungsarbeiten in den Raumlichkeiten der\nAutobahnmeisterei selbststandig erledigt worden seien.\n\n \n\n644\n\n \n\nDass die Arbeiten in deutlich geringerem Umfang durch das Unternehmen ... GmbH\ndaruber hinaus ganzlich nutzlos gewesen sind, steht zur Überzeugung der Kammer\naufgrund der Bekundungen des Zeugen ... fest. Dieser, beim staatlichen\nHochbaumanagement angestellte Mitarbeiter hat glaubhaft bekundet, seinerzeit\nfur die Stutzpunkte in Helmstedt und Peine zustandig gewesen zu sein. Er hat\nausfuhrlich beschrieben, welche behordeninternen Ablaufe zur Durchfuhrung von\nSanierungs- bzw. Reparaturarbeiten an Gebauden der Autobahnmeistereien gelten.\nDemnach durfen nach seinen Bekundungen Auftrage keinesfalls von der\nAutobahnmeisterei selbst in Auftrag gegeben werden. Die ausschließliche\nZustandigkeit hierfur liege in der Hand des staatlichen Hochbaumanagements.\nAnschaulich konnte der Zeuge bekunden, dass er in den tatrelevanten Jahren\nregelmaßig Baubegehungen an den Stutzpunkten in Peine und Helmstedt personlich\ndurchgefuhrt hatte. Auf Nachfrage hat der Zeuge unter gleichzeitiger\nErorterung der Rechnung eines Unternehmens ... (Bl. 33 ff der Fallakte 5.41)\nausfuhren konnen, dass dies der einzige Fall gewesen sei, bei dem er selbst\njemals einen Auftrag fur Arbeiten am Stutzpunkt in Peine erteilt hatte. Nach\nseiner sicheren Einschatzung seien in den Jahren 2006 bis 2009 keinesfalls die\nin den Rechnungen bezeichneten Arbeiten uberhaupt erforderlich gewesen.\n\n \n\n645\n\n \n\nDie Kammer schlussfolgert aus den vorgenannten Bekundungen des Zeugen ... ...\nvor dem Hintergrund der eingangs geschilderten Wurdigung, dass es sich bei den\nvom Unternehmen T. GmbH tatsachlich ausgefuhrten Arbeiten - ohnehin in weitaus\ngeringerem Umfang - ausschließlich um "Alibiarbeiten" handelte, um gegenuber\nder Landesbehorde fur Straßenbau und Verkehr notfalls die Rechnungslegungen\nrechtfertigen zu konnen. Die vollstandige Nutzlosigkeit dieser Arbeiten\nschlussfolgert die Kammer letztlich auch aus dem weiteren Umstand, dass der\nStutzpunkt in Peine nach den glaubhaften Bekundungen des Zeugen ... ohnehin\nnach den seinerzeit vorherrschenden Planungen in Kenntnis des Angeklagten ...\ndauerhaft geschlossen werden sollte, mithin weitere Schonheitsreparaturen als\nInvestitionskosten von vornherein ganzlich unerwunscht waren. Dass die\nBekundungen des Zeugen ... hinsichtlich der behordeninternen Ablaufe sowie der\nausschließlichen Zustandigkeit des staatlichen Hochbaumanagements inhaltlich\nzutreffend sind, hat auch der vernommene Zeuge ... als Sachgebietsleiter des\nregionalen Geschaftsbereichs beim Landesamt fur Straßenbau und Verkehr\nbestatigt. Im Gegensatz zur Landesbehorde sei das staatliche Hochbaumanagement\nausschließlich zustandig fur die Unterhaltung der landeseigenen Hochbauten.\n\n \n\n646\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 29)\n\n \n\n647\n\n \n\nDie Vorwurfe hinsichtlich der festgestellten Tat zu Ziffer 29 hat der\nAngeklagte ... abgestritten. Zwar habe der Handwerker ... Pflasterarbeiten\nbeim Ferienhaus in M. erbracht. Diese Arbeiten seien jedoch nicht ganzlich\nfertig gestellt, im Übrigen schlecht ausgefuhrt worden.\n\n \n\n648\n\n \n\nDer festgestellte Sachverhalt steht zur Überzeugung der Kammer nach den\nglaubhaften Bekundungen des Zeugen ... jedoch ebenfalls fest. Dieser hat die\nEntstehungsgeschichte der personlichen Bekanntschaft zu dem Angeklagten ...\nglaubhaft bekundet. Die Kammer hat auch keine Zweifel daran, dass den weiteren\nBekundungen des Zeugen Glauben zu schenken ist, wonach bereits beginnend ab\n2003 der Angeklagte ... Geldzuwendungen als Gegenleistungen fur\nAuftragserteilungen an den Zeugen ... einforderte. Selbiges gilt hinsichtlich\nder weiteren, die Feststellungen bestatigenden Bekundungen des Zeugen ...\nwonach von ihm uberhohte manipulierte Rechnungen zur Kompensation der\nSchmierleistungen an den Angeklagten ... oder dessen Sohn fur Fliesenarbeiten\nan die Autobahnmeisterei Braunschweig von ihm ubersandt und vom Angeklagten\n... nach sachlich richtiger Gegenzeichnung zur Auszahlung an den regionalen\nGeschaftsbereich der Landesbehorde fur Straßenbau und Verkehr weitergeleitet\nwurden.\n\n \n\n649\n\n \n\nDass die Pflasterarbeiten im festgestellten Umfang tatsachlich vom Zeugen\ndurchgefuhrt wurden, steht ebenfalls nach dessen glaubhaften Bekundungen fest.\nDer Zeuge ... hat hierzu detailreich unter gleichzeitiger Erorterung des\nursprunglich an die ... GmbH & Co KG gerichteten Angebots vom 14.03.2010 sowie\nder weiteren von ihm handschriftlich verfassten Stundenzettel, die von ihm\ndurchgefuhrten Arbeiten in Mardorf beschrieben. Der zeitliche Umfang der\nArbeiten folgt insbesondere aus den im Selbstleseverfahren eingefuhrten\nStundenzetteln, wonach die Arbeiten in der Zeit vom 26.03. bis zum 06.09.2010\nvon ihm ausgefuhrt wurden. Auch an der weiteren Bekundung des Zeugen\nhinsichtlich der mindestens 50%igen Überhohung der ebenfalls im\nSelbstleseverfahren eingefuhrten Rechnung vom 02.06.2010 fur Arbeiten an der\n"BAB A2 Rastplatz Zweidorfer Holz Nordseite" hat die Kammer keine Zweifel.\nDies wird auch keineswegs dadurch ausgeschlossen, dass die Abnahmen\nausweislich der Protokolle vom 28. und 29.05. sowie vom 01. und 02.06.2010 vom\nMitarbeiter der Autobahnmeisterei Braunschweig, dem Zeugen ...,\ngegengezeichnet wurden. Der Zeuge ... hat auf Nachfrage hierzu erlautern\nkonnen, dass die darin bezeichneten Arbeiten im Stundenaufwand keineswegs fix\nnachprufbar seien. Der Mitarbeiter ... habe lediglich das Ergebnis der Arbeit,\njedoch keinesfalls den tatsachlichen Stundenaufwand kontrollieren konnen. Dies\nhat der vernommene Zeuge ... auf Nachfrage bestatigt. Dass auch hier die am\n09.06.2010 bei der Autobahnmeisterei Braunschweig eingegangene Rechnung nicht\nmehr zur Auszahlung gelangte, ist wiederum dem Umstand geschuldet, dass der\nAngeklagte ... zwischenzeitlich inhaftiert wurde.\n\n \n\n650\n\n \n\nDer Zeuge ... hat weiterhin glaubhaft bekundet, dass das von seiner Ehefrau\nals Geschaftsfuhrerin gefuhrte namensgleiche Einzelunternehmen jahrlich einen\nUmsatz von 100.000,00 € bis 150.000,00 € durch Auftrage des Angeklagten ...\ngenerieren konnte. Den Auftragen haben niemals irgendwelche Ausschreibungen\nzugrunde gelegen. Samtliche Auftragserteilungen seien ausschließlich durch den\nAngeklagten ... personlich erfolgt und immer mit der unentgeltlichen\nErbringung von privat veranlassten Tatigkeiten oder Geldzuwendungen durch ihn\nverbunden gewesen. Im Gegenzug habe er zur Kompensation stets uberhohte\nmanipulierte Rechnungen fur Arbeiten im ortlichen Zustandigkeitsbereich der\nAutobahnmeisterei nach Auftragserteilung durch den Angeklagten ... einreichen\ndurfen. Diese Rechnungen seien auch stets bezahlt worden.\n\n \n\n651\n\n \n\nDas korruptive Beziehungsgeflecht zwischen dem Angeklagten ... und dem Zeugen\n... hat der Zeuge besonders anschaulich und eindrucksvoll beschreiben konnen.\nInsbesondere war er in, der Lage, die autoritare Vorgehensweise des\nAngeklagten ... zu beschreiben. Die Äußerung des Zeugen ... der Angeklagte ...\nhabe ihn regelmaßig "regelrecht rund" gemacht, ist auch keineswegs als\nÜbertreibung mißzuverstehen. So konnte sich die Kammer selbst durch\nInaugenscheinnahme der Telefonate zwischen dem Angeklagten ... und dem Zeugen\n... in der Zeit vom 30.07. bis zum 02.09.2010 (ID- Nrn. 380, 2261, 451 und\n2328) einen Eindruck davon verschaffen. In den vorgenannten Telefonaten\nbesprechen der Angeklagte ... und der Zeuge ... inhaltliche Details zur\nDurchfuhrung der Arbeiten in M. In dem Telefonat vom 02.09.2010 (ID- Nr. 451)\nfuhren der Angeklagte ... und der Zeuge ... ein ausfuhrliches Streitgesprach.\nDarin beklagt sich der Angeklagte ... bei dem Zeugen ... vehement uber den nur\nschleppenden Fortschritt seiner Arbeiten. In autoritarem Tonfall betont er\nmehrmals, dass der Zeuge ... ihm die rechtzeitige Fertigstellung "versprochen"\nhabe und er dafur Sorge tragen solle, sein "Versprechen" auch zu halten. Der\nZeuge ... beklagt sich wiederum, der Angeklagte ... habe ihm doch eine\nRechnung gestrichen. Er musse erst einmal Geld haben, um das Benzin fur die\nAnfahrten bezahlen zu konnen. Sichtlich erbost und im Ansatz ausfuhrend,\ndieses Thema nicht am Telefon besprechen zu wollen, fuhrt der Angeklagte ...\nam Ende des Gesprachs aus, er sei "stinksauer". Er beendet das Gesprach mit\nden Worten: "... denke an die ruckwartigen Sachen und denke an die zukunftigen\nSachen." Dieses Ansinnen des Angeklagten ... kann nach dem gesamten\nGesprachsverlauf so wie vor dem Hintergrund der glaubhaften Bekundungen des\nZeugen ... auch im Hinblick auf die weitere Gesamtschau der bisherigen\nBeweisaufnahme nur als direkte Drohung fur den Entzug der guten Auftragslage\nim Zusammenhang mit der Autobahnmeisterei Braunschweig gedeutet werden.\n\n \n\n652\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 30)\n\n \n\n653\n\n \n\nDer Angeklagte ... hat den Sachverhalt - wie festgestellt - zur Überzeugung\nder Kammer dem Grunde nach bereits selbst eingeraumt. So hat er sich\ndahingehend eingelassen, vom Mitangeklagten ... irgendwann einmal gefragt\nworden zu sein, ob er nicht "irgendwelche Dinge" gebrauchen konne. Daraufhin\nhabe er - wie festgestellt - eine Liste mit bestimmten Wunschen erstellt und\ndem Mitangeklagten ... ubergeben. Darunter sei auch das in den Feststellungen\nbezeichnete Notebook der Marke A. gewesen. Irgendwann sei dann das Notebook\nvom gesondert verfolgten ... bei ihm zu Hause am Stutzpunkt in Peine seiner\nEhefrau ubergeben worden. Der gesondert verfolgte ... habe auch gelegentlich\nmal Auftrage bekommen. Dass uber die vorgenannte Einlassung des Angeklagten\n... hinaus die festgestellte Zuwendung durch den gesondert verfolgten ...\njedoch auf die alleinige Initiative des Angeklagten ... zuruckging, steht zur\nÜberzeugung der Kammer fest. Der Angeklagte ... hat in seiner gestandigen\nEinlassung den festgestellten Sachverhalt offen eingeraumt. Auch der Zeuge ...\nhat den festgestellten Sachverhalt glaubhaft bekundet. Besonders anschaulich\nkonnte der Zeuge in seiner Vernehmung beschreiben, wie belastigend er es\nempfunden habe, wiederholt vom Angeklagten ... an die Erfullung der Wunsche\ndes Angeklagten ... erinnert zu werden, dies stets mit dem Bemerken auf die\nAuftragslage mit der Autobahnmeisterei Braunschweig. Irgendwann habe er sich\ndann dazu durchringen mussen, nach Übergabe einer zweiten Wunschliste durch\nden Angeklagten ... dem Wunsch des Angeklagten ... zumindest teilweise zu\nentsprechen. Hierzu ... habe er sich den entsprechenden Geldbetrag\ndarlehensweise von seiner Mutter "geliehen" und das Notebook der Marke A. uber\neinen Freund erworben und anschließend personlich in Peine der Ehefrau des\nAngeklagten ... ubergeben.\n\n \n\n654\n\n \n\nDie Kammer ist weiterhin davon uberzeugt, dass die Schmierleistungen des\ngesondert verfolgten Zeugen ... - wie festgestellt - durch die teilweise\nErhohungen der in den Feststellungen bezeichneten Rechnungen in dort genanntem\nUmfang erfolgten. Dies hat der Angeklagte ... selbst in seiner personlichen\nEinlassung eingeraumt. Dessen Einlassung entspricht zudem den dies\nbestatigenden glaubhaften Bekundungen des Zeugen ... Die Hohe der in den\nFeststellungen bezeichneten Rechnung wird durch die entsprechend im\nSelbstleseverfahren eingefuhrten Rechnungen belegt.\n\n \n\n655\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 31)\n\n \n\n656\n\n \n\nDer Angeklagte ... hat den Sachverhalt - wie festgestellt - umfassend\neingeraumt. An der Glaubhaftigkeit der Einlassung besteht kein Zweifel. Sie\ndeckt sich mittelbar mit den zeugenschaftlichen Bekundungen des Mitarbeiters\nder Autobahnmeisterei Braunschweig, Herrn ... Dieser hat glaubhaft bekunden\nkonnen, dass er den Angeklagten ... mehrmals mit dem Dienst- Pkw zu seinem\nFerienhaus nach M. gefahren habe. Dies wird auch durch die glaubhaften\nBekundungen des Zeugen ... bestatigt. Dieser hat ebenfalls beschrieben, selbst\nbeobachtet zu haben, dass der Angeklagte ... von Mitarbeitern der\nAutobahnmeisterei Braunschweig regelmaßig zu seinem Ferienhaus nach M.\ngefahren worden sei. Dabei hatten die Mitarbeiter - teilweise stundenlang -\nauf den Angeklagten ... gewartet und ihn anschließend wieder zuruckgefahren.\n\n \n\n657\n\n \n\n(Taten zu Ziffer 32)\n\n \n\n658\n\n \n\nDas Tatgeschehen hinsichtlich der Taten zu Ziffer 32 hat der Angeklagte ...\nabgestritten. Er hat lediglich eingeraumt, den Unternehmer ... personlich zu\nkennen. Der Angeklagte ... hat das ihn betreffende Tatgeschehen zu Ziffer 32\na) demgegenuber umfassend eingeraumt. Die Kammer ist von der Glaubhaftigkeit\ndieses Gestandnisses uberzeugt. Der Angeklagte ... hat ausfuhrlich das\nVortatgeschehen sowie seine personliche Bekanntschaft zu dem Unternehmer O.\nuber seine jetzige Ehefrau - wie festgestellt - sowie die verdeckten\nSchmiergeldzahlungen auf die fingierten Rechnungen des Unternehmens "K.-B."\nseiner jetzigen Ehefrau dargelegt. Den festgestellten Sachverhalt haben\ndaruber hinaus die vernommenen Zeugen ... und dessen Schwager, der Zeuge ...,\nebenfalls glaubhaft bestatigt. Auch die jetzige Ehefrau, die Zeugin ..., hat\ndiesen Sachverhalt glaubhaft bestatigt. Die Hohe der in den Feststellungen\nbezeichneten Rechnungen, die von den Zeugen ubereinstimmend bestatigt wurden,\nergibt sich zudem aus den im Selbstleseverfahren eingefuhrten Rechnungen des\nUnternehmens K.-B. vom 26.11.2011 (Bl. 21 der Fallakte 29.1 und Bl. 106 der\nFallakte 29.2).\n\n \n\n659\n\n \n\nDer Zeuge ..., der nach seinen eigenen Bekundungen gute geschaftliche\nBeziehungen zur Autobahnmeisterei Braunschweig mit seinem Unternehmen ... GmbH\nzur Durchfuhrung von Markierungs- und Durchlassarbeiten unterhielt, hat\nweiterhin ubereinstimmend zu der insoweit gestandigen Einlassung des\nAngeklagten ... glaubhaft bekundet, zur Kompensation der Schmierleistungen an\nden Angeklagten ... in Übereinstimmung mit dem Angeklagten ... und dem\nAngeklagten ... vier Einzelrechnungen jeweils mindestens um 170,00 € uberhoht\nzu haben. In diesem Zusammenhang hat er unter Vorhalt der von ihm seinerzeit\nerstellten Excelliste den exakten von ihm gezahlten Schmiergeldbetrag (Bl. 49\nder Fallakte 29.3) bestatigt.\n\n \n\n660\n\n \n\nDer weiterhin den Angeklagten ... belastende Sachverhalt zu Ziffer 32 b - h\nsteht ebenfalls nach den dies glaubhaft bestatigenden Bekundungen der Zeugen\n... ... und ... fest.\n\n \n\n661\n\n \n\nZunachst hat der Zeuge ... - wie wiederum unter Vorhalt der von ihm seinerzeit\nerstellten Excel-Liste (Bl. 49 der Fallakte 29.3) die Schmiergeldzahlung in\nfestgestellter Hohe von 2750,00 € glaubhaft bestatigt. Die von ihm bekundeten\nUmstande der Übergabe des Geldes in einem verschlossenen Umschlag uber seihen\nSchwager ... hat dieser auf wiederholte Nachfrage nach anfanglichem Zogern und\nzwischenzeitlicher Beratung mit seinem Zeugenbestand ebenfalls glaubhaft\neingeraumt. Hinsichtlich der zwischen dem Zeugen ... und den Angeklagten ...\nund vereinbarten Überhohung von mindestens vier festgestellten Rechnungen wird\nauf die vorhergehenden Ausfuhrungen inhaltlich Bezug genommen und verwiesen.\nDer Zeuge ... hat insbesondere glaubhaft bekundet, auf Drangen des Angeklagten\n... zugunsten der ... GmbH (Taten zu Ziffer 32 c - e) bzw. des\nEinzelunternehmens des Sohnes des Angeklagten ... (Tat zu Ziffer 32 f) zu\nuberhohten Preisen - wie festgestellt - Absperrgerate zur Durchfuhrung der\nDurchlass- und Markierungsarbeiten im ortlichen Zustandigkeitsbereich der\nAutobahnmeisterei angemietet zu haben. Die Hohe der Einzelrechnungen wird\ndabei erganzend durch die in den Feststellungen bezeichneten und im\nSelbstleseverfahren eingefuhrten Urkunden belegt. Daruber hinaus hat der Zeuge\n... auch die weiteren Geldforderungen (Taten zu Ziffer 32 f und g) des\nAngeklagten ..., jeweils uber seinen Schwager - den Zeugen ... -glaubhaft\nbekundet. Die Kammer stutzt ihre Überzeugung dabei auch auf die dies\nbestatigenden Bekundungen des Zeugen ... Dem wahrend seiner Vernehmung\nsichtlich verunsicherten Zeugen ... fiel es merkbar schwer, sein Wissen der\nKammer gegenuber zu offenbaren. Erst auf mehrfache Nachfragen hin als Reaktion\nauf seine ausweichenden und anfangs luckenhaften Bekundungen sowie nach\nVorhalt, dass sein Schwager, der Zeuge ..., unmittelbar vor seiner eigenen\nVernehmung weitere Geldforderungen bereits eingeraumt habe, bestatigte auch\nder Zeuge ... vom Angeklagten ... tatsachlich auf weitere Geldubergaben durch\nseinen Schwager angesprochen worden zu sein.\n\n \n\n662\n\n \n\nDass der Zeuge ... - wie festgestellt und von ihm letztlich selbst bekundet -\nder entscheidende Mittelsmann zwischen dem Angeklagten ... und dem Zeugen ...\nwar, ergibt sich zur Überzeugung der Kammer auch aus den eingefuhrten\nTelefonaten zwischen dem Angeklagten ... und dem Zeugen ... vom 20.05. und\n28.06.2010 (ID- Nrn. 480, 301). In dem Telefonat vom 20.05.2010 (ID- Nr. 480)\nunterhalten sich der Angeklagte ... und der Zeuge ... uber ihre\nUnzufriedenheit mit dem Arbeitsverhalten des Zeugen ... Der Angeklagten ...\nfordert den Zeugen ... dabei unmissverstandlich auf, "Druck" auf den Zeugen\n... auszuuben. An zwei Stellen des Telefonats außert der Angeklagte ...\nwortlich "mehr als "ihm" in die Fresse hauen" konne er selbst auch nicht. In\ndem weiteren Telefonat vom 28.06.2010 (ID- Nr. 301) teilt der Angeklagte ...\ngegen Ende des Telefonats dem Zeugen ... mit, der Zeuge ... habe seinem Sohn\n"in die Hand versprochen", eine Forderung zu begleichen, was bislang aber\nnicht geschehen sei. Er, der Zeuge ..., solle sich doch einmal darum "Sehr\nzuverlassig" sei der Zeuge ... wohl nicht. Mit dieser vom Angeklagten ...\nangesprochenen Forderung kann zur Überzeugung der Kammer nur die versteckte\nSchmierleistung uber die uberhohte Anmietung der Absperrgerate der Einzelfirma\ndes Sohnes des Angeklagten ... (gemeint sein. Der Zeuge ... sagt in dem\nTelefonat daraufhin, er wurde sich darum kummern.\n\n \n\n663\n\n \n\n(Taten zu Ziffer 33)\n\n \n\n664\n\n \n\nDie Feststellungen hinsichtlich der Taten zu Ziffer 33 a - c beruhen auf der\numfassend gestandigen Einlassung des Angeklagten ... Diese Einlassung ist auch\nglaubhaft. Der Zeuge ... hat korrespondierend hierzu glaubhaft bekundet,\ntatsachlich dem Angeklagten ... anfangs im Januar 2008 sowie zu Beginn des\nJahres 2009 jeweils 500,00 € in bar ubergeben zu haben; dies zur "reinen\nLandschaftspflege". Der Zeuge ... hat weiterhin glaubhaft bekundet, im\nweiteren Verlauf des Jahres 2009 dem Angeklagten ... einen weiteren Geldbetrag\nin Hohe von 750,00 € ubergeben zu haben. Zur sicheren Überzeugung der Kammer\nsteht hierbei fest, dass spatestens von diesem Augenblick an die\nBargeldzahlung mit pflichtwidrigen Dienstpflichtverletzungen des Angeklagten\n... inhaltlich verknupft waren. Dies hat der Angeklagte ... selbst auch in\nseiner gestandigen Einlassung eingeraumt. Entsprechend der Feststellungen zu\nZiffer 33 c hat der Angeklagte ... hierzu ausgefuhrt, die bezeichneten\nRechnungen nach vorheriger globaler Absprache mit dem Zeugen ... und\nanschließend detaillierter Absprache mit dem Mitarbeiter des Unternehmens ...\nKG, dem Mitarbeiter ... in jeweils festgestelltem Umfang manipuliert zu haben.\nSoweit der Zeuge ... die vom Angeklagten ... geschilderte globale Vereinbarung\nmit ihm personlich hinsichtlich der Manipulation der bezeichneten Rechnungen\nverneint hat, so ist dies als Schutzbehauptung zu wurdigen. Der Zeuge ... war\nersichtlich wahrend seiner Vernehmung darum bemuht, samtliche belastende\nMomente zum Nachteil des Unternehmens ... KG zu vermeiden. Die Kammer ist\ninsoweit der Überzeugung, dass er nur deshalb die globale Absprache mit ihm\npersonlich hinsichtlich der geschilderten Rechnungsmanipulationen nicht\neinzuraumen vermochte. Fur die Glaubhaftigkeit der dies bestatigenden\nEinlassung des Angeklagten ... spricht klar, dass die Hohe der den Angeklagten\n... sowie der nachfolgend fur erwiesen erachteten Zuwendungen an den\nAngeklagten ... ebenfalls inhaltlich verknupft mit den Rechnungsmanipulationen\nwaren. Auch im Hinblick auf die Gesamthohe der Zuwendungen liegt es hier nahe,\ndass die geleisteten Schmiergeldzahlungen tatsachlich kompensiert werden\nsollten. Ebenso leuchtet nicht ein, weshalb der Angeklagte ... sich durch\nseine eigene Einlassung so selbst belasten sollte und hierzu zur Untermauerung\nseiner Einlassung noch eine dritte Person, namlich den Mitarbeiter des\nUnternehmens ... KG, Herrn ... namentlich genannt hat. Daruber hinaus hat auch\nder Angeklagte ... bestatigt, dass der Angeklagte ... ihm von den zahlreichen\nTreffen mit dem Mitarbeiter ... in einer Autobahnraststatte berichtet habe.\nDie Glaubhaftigkeit seiner Einlassung stand zur Überzeugung der Kammer bereits\naus den vorgenannten Grunden hinreichend sicher fest, weshalb eine weitere\nVernehmung des Mitarbeiters ... von Amts jedenfalls nicht mehr geboten war.\n\n \n\n665\n\n \n\nDie Existenz und die Gesamthohe der in den Feststellungen bezeichneten\nmanipulierten Rechnungen folgt aus den in den Feststellungen und im\nSelbstleseverfahren eingefuhrten Rechnungen. Der Angeklagte ... war\ninsbesondere in der Lage, ubereinstimmend zu seinen polizeilichen Vernehmungen\ndie Vorgehensweise der von ihm durchgefuhrten Manipulationen nach vorheriger\nRucksprache mit dem Mitarbeiter ... des Unternehmens ... KG ausfuhrlich zu\nschildern.\n\n \n\n666\n\n \n\nDer den Angeklagten ... belastende Sachverhalt hinsichtlich der festgestellten\nTaten zu Ziffer 33 d)- g) steht ebenfalls entgegen der dies widerstreitenden\nEinlassung des Angeklagten ... zur Überzeugung der Kammer fest. Auffalliges\nMoment ist zunachst die den Angeklagten ... belastende fur erwiesen erachtete\nHilfstatsache, dass der Angeklagte ... nach seiner eigenen dies bestatigenden\nEinlassung bereits im Ermittlungsverfahren in einer polizeilichen Vernehmung\nnoch eingeraumt hatte, 15.000,00 € vom Zeugen ... als Schmierleistungen\nerhalten zu haben. Unglaubhaft erscheint der Kammer insoweit die nunmehr in\nder Hauptverhandlung getatigte Einlassung des Angeklagten ..., er sei nach der\npolizeilichen Vernehmung innerlich zusammengebrochen, habe sich nach\nRucksprache mit seinem Psychologen "eines Besseren" besonnen und wurde nun die\nWahrheit sagen. Er selbst habe tatsachlich niemals Bargeld von dem Zeugen ...\nerhalten.\n\n \n\n667\n\n \n\nDie Kammer stutzt weiterhin ihre Überzeugung auf die die Geldubergaben\nbestatigenden glaubhaften Bekundungen des vernommenen Zeugen ... Dieser hat\ndetailreich unter gleichzeitiger Nennung der exakten Barabhebungsdaten von\nseinem Konto die Hohe der von ihm geleisteten Bargeldbetrage - wie\nfestgestellt - erlautert. Der Zeuge war im nachhinein sogar in der Lage,\nruckblickend nachvollziehbar darlegen zu konnen, mitunter hohere\nBargeldbetrage von seinem Konto abgehoben zu haben, jedoch mitunter hiervon\nnur Teilbetrage an den Angeklagten ... ausgekehrt zu haben. Besonders\ndetailreich und seine Bekundungen untermauernd hat der Zeuge ... zugleich die\nInhalte der Gesprache zwischen ihm und dem Angeklagten im Zusammenhang mit den\nGeldubergaben - zum Teil sehr ausfuhrlich - darzulegen vermocht. So habe der\nAngeklagte ... ihm einmal gesagt, dass nachst Mal musse er aber schon etwas\nmehr Geld sein.\n\n \n\n668\n\n \n\nZur Überzeugung der Kammer steht weiterhin fest, dass die Übergabe der\nBargeldzuwendungen auch inhaltlich mit hinreichend konkretisierten\nDienstpflichtverletzungen des Angeklagten ... als Leiter der Autobahnmeisterei\nBraunschweig verknupft waren. Hierfur spricht zunachst wieder der Hohe der\nBargeldzuwendungen. Des weiteren hat der Zeuge ... ubereinstimmend zur dies\nbestatigenden Einlassung des Angeklagten ... nachvollziehbar und glaubhaft\nbekundet, insbesondere in den kalteren Jahreszeiten vom Angeklagten ... mit\nAuftragen zugunsten des Unternehmens ... KG bedacht worden zu sein, ohne\njeweils an einer Ausschreibung teilgenommen zu haben. Um dringliche Arbeiten,\nnur zu deren Beauftragung der Angeklagte ... allenfalls selbststandig befugt\ngewesen ware, habe es sich dabei jedoch nicht gehandelt. In diesem\nZusammenhang hat der Zeuge noch ausgefuhrt, die Auftragserteilungen fur ihn\nvor allem deshalb lukrativ gewesen, um das Gerat und die Arbeiter schlicht "am\nLaufen zu halten", um in kalteren Jahreszeiten betriebsbedingte Kundigungen\nvermeiden zu konnen.\n\n \n\n669\n\n \n\nHinsichtlich der sicher festgestellten und zwischen dem Angeklagten ... und\n... sowie dem Zeugen ... vereinbarten Rechnungsmanipulationen wird auf die\nvorhergehenden Ausfuhrungen inhaltlich Bezug und verwiesen.\n\n \n\n670\n\n \n\n(Taten zu Ziffer 34)\n\n \n\n671\n\n \n\nDie Feststellungen hinsichtlich der Tat zu Ziffer 34 beruhen auf der\ngestandigen Einlassung des Angeklagten ... Er hat detailreich und\nubereinstimmend zu seinen polizeilichen Vernehmungen im Ermittlungsverfahren\nden festgestellten Sachverhalt im Einzelnen differenziert hinsichtlich der\nTaten zu Ziffer 34 a und b geschildert. Dabei geht die Kammer davon aus, dass\ndie erstgenannte Tat zu Ziffer 34 mit einer pflichtwidrigen\nDienstpflichtverletzungen des Angeklagten ... inhaltlich verknupft war,\nwahrend die zweite Tat ausschließlich der Aufrechterhaltung der guten\ngeschaftlichen Beziehungen des Unternehmens ... GmbH zur Autobahnmeisterei\nBraunschweig galt.\n\n \n\n672\n\n \n\nDie Pflichtwidrigkeit der festgestellten Tat zu Ziffer 34 a folgt zur\nÜberzeugung der Kammer aus der dies bestatigenden glaubhaften Einlassung des\nAngeklagten ... Der Angeklagte ... hat glaubhaft eingeraumt, die Rechnung der\n... GmbH bei der festgestellten Position erhoht zu haben. Es habe sich\nallerdings nicht um eine fingierte Rechnungsposition gehandelt. Der konkrete\nUmfang war ihm nicht mehr erinnerlich. Die Kammer ist der Überzeugung, dass\neine Manipulation jedoch mindestens in Hohe des erhaltenen Schmiergeldes\nerfolgte.\n\n \n\n673\n\n \n\nDie Gesamthohe der Schlussrechnungen wird bestatigt durch die in den\nFeststellungen bezeichnete und im Selbstleseverfahren eingefuhrte\nSchlussrechnung der ... GmbH vom 06.07.2007.\n\n \n\n674\n\n \n\n(Tat zu Ziffer 35)\n\n \n\n675\n\n \n\nDie Feststellungen hinsichtlich der Tat zu Ziffer 35 beruhen ebenfalls auf der\ngestandigen Einlassung des Angeklagten ... Die Glaubhaftigkeit seiner\nEinlassung wird hier durch die dies bestatigenden Bekundungen des Zeugen ...\nbelegt. Dieser hat glaubhaft bekundet, dem Angeklagten ... aufgrund seiner\nBemuhungen um die Aufrechterhaltung der guten Auftragslage des Unternehmens\n... GmbH hin und wieder mal Bargeldbetrage als Dankeschon ubergeben zu haben.\nIn diesem Zusammenhang ging der Zeuge ... auch davon aus, dass der Angeklagte\n... um die bereits bestehende korruptive Beziehung zwischen ihm und dem\nAngeklagten ... wusste und er sich durch die Bargeldzuwendungen an den\nAngeklagten ... als technischer Mitarbeiter der Autobahnmeisterei Braunschweig\ndessen Loyalitat kaufen wollte. Eine Verknupfung dieser Bargeldzuwendungen in\nfestgestellter Hohe - wie vom Angeklagten ... glaubhaft eingeraumt - mit\neigenen pflichtwidrigen Dienstpflichtverletzungen des Angeklagten ...\nvermochte die Kammer indes nicht sicher festzustellen, so dass hier nur davon\nausgegangen wird, dass die Schmiergeldleistungen nur deshalb erfolgten - wie\nvom Zeugen ... selbst bekundet - um die allgemeine Geneigtheit des Angeklagten\n... zur Aufrechterhaltung der guten Auftragslage des Unternehmens ... GmbH zu\nfordern.\n\n \n\n676\n\n \n\n(Taten zu den Ziffern 36 und 37)\n\n \n\n677\n\n \n\nDie Feststellungen hinsichtlich der Taten zu den Ziffern 36 und 37 beruhen auf\nder gestandigen Einlassung des Angeklagten ... Bei der Tat zu Ziffer 36 wird\ndie Einlassung auch durch die glaubhaften Bekundungen des Zeugen ... sowie\ndurch die in den Feststellungen bezeichneten und im Selbstleseverfahren\neingefuhrten Rechnungen nebst Stundennachweise bestatigt. Die Stundennachweise\nim Adressfeld lauten noch auf den Namen ... Erst nachtraglich wurde vom Zeugen\n... handschriftlich der Name ... eingetragen.\n\n \n\n678\n\n \n\nDie Hohe der Rechnungsbetrage wird ebenfalls durch die vorgenannten Rechnungen\nbestatigt. Die Kammer hat insbesondere keinen Zweifel daran, dass die\nZuwendungen des Angeklagten auch mit pflichtwidrigen Dienstpflichtverletzungen\ndes Leiters der Autobahnmeisterei Hannover, Herrn ..., inhaltlich verknupft\nwaren. Hierzu hat der Angeklagte ... sich glaubhaft dahingehend eingelassen,\nvom gesondert verfolgten ... fortwahrend mit lukrativen Auftragen bedacht\nworden zu sein. Auch diese Auftragserteilungen seien insbesondere zum\nJahresende nach dessen Gutdunken an ihn vergeben worden. Dies sei darauf\nzuruckzufuhren gewesen, dass - wie ihm vom gesondert verfolgten ... mitgeteilt\nworden sei - erfahrungsgemaß gegen Ende eines Jahres noch "ausreichend freie\nSummen" zur Vergabe zur Verfugung stehen wurden.\n\n \n\n679\n\n \n\nVor dem Hintergrund der vorstehenden Ausfuhrungen und der belegbaren\nGlaubhaftigkeit der Einlassungen des Angeklagten ... hat die Kammer\ninsbesondere keinen Zweifel daran, dass auch die weiteren Einlassungen\nhinsichtlich der festgestellten Taten zu Ziffer 37 a - h uneingeschrankt\nglaubhaft sind.\n\n \n\n \n\n3.\n\n \n\n680\n\n \n\nDie Feststellungen zum Aussageverhalten der Angeklagten im\nErmittlungsverfahren beruhen auf den umfassend glaubhaften Bekundungen des\nZeugen KOK ... der die Ermittlungen geleitet und eine Vielzahl der\nVernehmungen gefuhrt hat.\n\n \n\n681\n\n \n\nAuf Nachfragen hinsichtlich der zeitlichen Abfolge sowie des Inhalts der\neinzelnen Vernehmungen war der umfassend und gut vorbereitete Zeuge\ninsbesondere in der Lage, auch auf kleinste Ermittlungsdetails einzugehen.\nDessen Bekundungen fugen sich zudem widerspruchsfrei in jene Bekundungen des\nZeugen ... als Leiter der Innenrevision der Landesbehorde fur Straßenbau und\nVerkehr ein. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des Ineinandergreifens der\ngetrennt voneinander gefuhrten Ermittlungen bis zum ersten Aufeinandertreffen\nder beiden Zeugen auf Initiative des Zeugen KOK ... Mitte des Jahres 2009. Die\nFeststellungen zum Status quo der zu diesem Zeitpunkt bereits\nfortgeschrittenen Ermittlungen der Innenrevision stehen aufgrund der ebenfalls\nzweifelsfrei dies bestatigenden glaubhaften Bekundungen des Zeugen ... fest.\n\n \n\n \n\n**IV.**\n\n \n\n682\n\n \n\nDie Angeklagten haben sich dadurch wie im Tenor erkannt schuldig gemacht.\n\n \n\n683\n\n \n\n1\\. Im Einzelnen haben sich die Angeklagten wie folgt schuldig gemacht:\n\n \n\n684\n\n \n\na) der Angeklagte ...\n\n \n\n685\n\n \n\naa) der Bestechlichkeit gem. § 332 Abs. 1 StGB in 32 Fallen:\n\n \n\n686\n\n \n--- \n\\- Taten zu den Ziffern 1 a) -1 e) | in funf Fallen \n\\- Taten zu den Ziffern 2 a) und 2 b) | in zwei Fallen \n\\- Tat zu Ziffer 3 | \n\\- Taten zu den Ziffern 4 a) bis 4 d) | in vier Fallen \n-Tat zu Ziffer 5 | \n\\- Tat zu Ziffer 6 | \n\\- Tat zu Ziffer 20 | \n\\- Tat zu Ziffer 22 | \n\\- Tat zu Ziffer 24 | \n\\- Tat zu Ziffer 25 | \n\\- Tat zu Ziffer 27 | \n\\- Taten zu den Ziffern 28 a) - 28 c) | in drei Falten \n\\- Tat zu Ziffer 29 | \n\\- Taten zu den Ziffern 32 c) -32 h) | in sechs Fallen \n\\- Taten zu den Ziffern 33 d), 33 f), 33 g) | in drei Fallen \n \n \n\n687\n\n \n\nbb) der Bestechlichkeit gemaß § 332 Abs. 1 StGB in Tateinheit mit Untreue\ngemaß § 266 Abs. 1, 2. Alt. StGB (Treubruchstatbestand), § 52 Abs. 1 und 2\nStGB in vier Fallen:\n\n \n\n688\n\n \n\n\\- Tat zu Ziffer 21\n\n \n\n689\n\n \n\n\\- Tat zu Ziffer 30,\n\n \n\n690\n\n \n\n\\- Tat zu Ziffer 32 b)\n\n \n\n691\n\n \n\n\\- Tat zu Ziffer 33 e)\n\n \n\n692\n\n \n\ncc) der Untreue gemaß § 266 Abs.1, 2. Alt. StGB (Treubruchstatbestand) in 13\nFallen:\n\n \n\n693\n\n \n--- \n\\- Tat zu Ziffer 17 | \n\\- Tat zu Ziffer 18 | \n\\- Tat zu Ziffer 23 | \n\\- Taten zu den Ziffern 28 d)- 28 l) | in neun Fallen \n\\- Tat zu Ziffer 31 | \n \n \n\n694\n\n \n\ndd) der Vorteilsannahme gemaß § 331 Abs. 1 StGB in Tateinheit mit Beihilfe zur\nFalschbeurkundung im Amt gemaß §§ 348 Abs. 1, 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 StGB:\n\n \n\n695\n\n \n\n\\- Tat zu Ziffer 7\n\n \n\n696\n\n \n\nee) sowie der Beihilfe zur Untreue gemaß § 266 Abs. 1, 2. Alt. StGB\n(Treubruchstatbestand), §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 StGB:\n\n \n\n697\n\n \n\n\\- Tat zu Ziffer 26\n\n \n\n698\n\n \n\nb) der Angeklagte ...\n\n \n\n699\n\n \n\naa) der Bestechlichkeit gemaß § 332 Abs. 1 StGB in 33 Fallen:\n\n \n\n700\n\n \n--- \n\\- Taten zu den Ziffern 8 a) - 8k) | in 11 Fallen \n\\- Tat zu Ziffer 9 | \n\\- Tat zu Ziffer 10 | \n\\- Tat zu Ziffer 11 | \n\\- Tat zu Ziffer 12 | \n\\- Tat zu Ziffer 13 | \n\\- Taten zu den Ziffern 14 a) - 14 e) | in funf Fallen \n\\- Taten zu den Ziffern 15 a) -15 c) | in drei Fallen \n\\- Taten zu den Ziffern 16 a) -16 i) | in neun Fallen \n \n \n\n701\n\n \n\nbb) der Bestechlichkeit gemaß § 332 Abs. 1 StGB in Tateinheit mit Untreue\ngemaß § 266 Abs. 1, 2. Alt. StGB (Treubruchstatbestand), § 52 Abs. 1 und 2\nStGB in drei Fallen:\n\n \n\n702\n\n \n\n\\- Tat zu Ziffer 32 a)\n\n \n\n703\n\n \n\n\\- Tat zu Ziffer 33 c)\n\n \n\n704\n\n \n\n\\- Tat zu Ziffer 34 a)\n\n \n\n705\n\n \n\nDer Angeklagte ... hatte eine Vermogensbetreuungspflicht gegenuber seinem\nDienstherrn. Er hatte nicht nur maßgeblichen Einfluss auf die Auftragsvergaben\nsowie die Auftragsplanungen. Ihm oblag die selbststandige Auftragsuberwachung\nund Kontrolle der Aufmaße, die er eigenverantwortlich innerhalb seines eigenen\nErmessensspielraumes wahrnahm. Diese Pflichten gingen uber die allgemeinen\nPflichten aus dem Angestelltenverhaltnis hinaus.\n\n \n\n706\n\n \n\ncc) der Untreue gemaß § 266 Abs. 1, 2. Alt. StGB (Treubruchstatbestand) in 16\nFallen:\n\n \n\n707\n\n \n--- \n\\- Tat zu Ziffer 17 | \n\\- Tat zu Ziffer 18 | \n\\- Taten zu den Ziffern 19 a) - 19 n) | in 14 Fallen \n \n \n\n708\n\n \n\ndd) der Untreue gemaß § 266 Abs. 1, 2. Alt. StGB (Treubruchstatbestand) in\nTateinheit mit Beihilfe zur Bestechlichkeit gemaß §§ 332, 27 Abs. 1, 28 Abs.\n1, 52 Abs. 1 und 2 StGB:\n\n \n\n709\n\n \n\n\\- Tat zu Ziffer 30\n\n \n\n710\n\n \n\nee) der Vorteilsannahme gemaß § 331 Abs. 1 in vier Fallen:\n\n \n\n711\n\n \n--- \n\\- Taten zu den Ziffern 33 a) und 33 b) | in zwei Fallen \n\\- Tat zu Ziffer 34 b) | \n\\- Tat zu Ziffer 35 | \n \n \n\n712\n\n \n\nc) der Angeklagte ...\n\n \n\n713\n\n \n\naa) der Bestechung gemaß § 334 Abs. 1 StGB in 56 Fallen:\n\n \n\n714\n\n \n--- \n\\- Taten zu den Ziffern 1 a) -1 e) | in funf Fallen \n\\- Taten zu den Ziffern 2 a) - 2 b) | in zwei Fallen \n\\- Tat zu Ziffer 3 | \n\\- Taten zu den Ziffern 4 a) - 4 d) | in vier Fallen \n\\- Tat zu Ziffer 5 | \n\\- Tat zu Ziffer 6 | \n\\- Taten zu den Ziffern 8 a) - 8 k) | in elf Fallen \n\\- Tat zu Ziffer 9 | \n\\- Tat zu Ziffer 10 | \n\\- Tat zu Ziffer 11 | \n\\- Tat zu Ziffer 12 | \n\\- Tat zu Ziffer 13 | \n\\- Taten zu den Ziffern 14 a) -14 e) | in funf Fallen \n\\- Taten zu den Ziffern 15 a) -15 c) | in drei Fallen \n\\- Taten zu den Ziffern 16 a) -16 i) | in neun Fallen \n\\- Tat zu Ziffer 36 | \n\\- Taten zu den Ziffern 37 a) - 37 h) | in 8 Fallen \n \n \n\n715\n\n \n\nbb) der Vorteilsgewahrung gemaß § 333 Abs. 1 StGB in Tateinheit mit Anstiftung\nzur Falschbeurkundung im Amt gemaß §§ 348 Abs. 1, 26, 52 Abs. 1 und 2 StGB:\n\n \n\n716\n\n \n\n\\- Tat zu Ziffer 7\n\n \n\n717\n\n \n\ncc) der Beihilfe zur Untreue gemaß §§ 266 Abs. 1, 2. Alt.\n(Treubruchstatbestand), 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 StGB in zwei Fallen:\n\n \n\n718\n\n \n\n\\- Tat zu Ziffer 17\n\n \n\n719\n\n \n\n-Tat zu Ziffer 18\n\n \n\n720\n\n \n\nDie Taten stehen jeweils im Verhaltnis der Tatmehrheit gemaß § 53 StGB\nzueinander. Bei den einzelnen Tatkomplexen ist die Kammer jeweils davon\nausgegangen, dass grundsatzlich mehrere Vorteilsannahmen im Verhaltnis der\nTatmehrheit zueinander stehen. Die Kammer ging nur dann von Tateinheit aus,\nwenn die Zuwendungen als Teilleistungen auf eine Unrechtsvereinbarung\nzuruckgingen, welche die zu leistenden Vorteile festlegte.\n\n \n\n \n\n2.\n\n \n\n721\n\n \n\nHinsichtlich der weiteren ursprunglich angeklagten Taten zu den Tatkomplexen\nder Anklageschrift mit den Ziffern 2, 12, 18, 20, 22, 26, 28, 29, 34, 42 und\n47 bis 50 hat die Kammer mit Beschluss vom 26.09.2011 das Verfahren gegen die\nAngeklagten jeweils gemaß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.\n\n \n\n \n\n3.\n\n \n\n722\n\n \n\nIm Übrigen waren die Angeklagten freizusprechen.\n\n \n\n723\n\n \n\nSoweit die Staatsanwaltschaft den drei Angeklagten im Tatkomplex zu Ziffer 24\nder Anklageschrift eine wettbewerbsbeschrankende Absprache gemaß § 298 StGB\nvorwirft, so waren alle drei Angeklagten aus tatsachlichen Grunden\nfreizusprechen.\n\n \n\n724\n\n \n\nNach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann nur festgestellt werden, dass es\neine Absprache zwischen den drei Angeklagten gab, dass der Angeklagte ... den\nAuftrag fur die Entwasserungsarbeiten erhalten sollte. Diesen Auftrag erhielt\ner auf Grundlage seines Angebots vom 23.09.2008. Eine vorhergehende Absprache\nzwischen ihm und den weiteren Anbietern ... KG und ... KG konnte hingegen\nnicht festgestellt werden. Der Angeklagte ... hat eine solche bestritten und\nsich dahingehend eingelassen, eine Absprache nur mit den Mitangeklagten ...\nund ... getroffen zu haben. Der Angeklagte ... hat zwar angegeben, dass es\nsich bei den Angeboten der beiden weiteren Anbieter um Schutzangebote\ngehandelt habe, was der Zeuge ... als Geschaftsfuhrer der ... KG in Abrede\ngestellt hat. Auch ... hat jedoch angegeben, dass der Angeklagte ... in die\nAbsprachen mit den weiteren Anbietern nicht eingebunden war. Der Angeklagte\n... hat jegliche Absprache bestritten.\n\n \n\n725\n\n \n\nEine Strafbarkeit ist bereits deshalb nicht gegeben, weil auch nach den\nubereinstimmenden Einlassungen der Angeklagten ... und ... jedenfalls eine\nausschließlich vertikale Absprache zwischen einem Unternehmer und dem\nVeranstalter vorgelegen hat, die nicht vom Tatbestand des § 298 StGB erfasst\nist (so vor Änderung des GWB durch die 7. GWB Novelle zum 01.07.2005, BGH St\n49, 201, 205 ff.). Dies gilt nach Auffassung der Kammer auch nach der\nzwischenzeitlich erfolgten Erweiterung des Anwendungsbereichs des GWB auf\nVeranstalter, denn eine entsprechende Ausweitung des Straftatbestands § 298\nStGB ist damit nicht zwangslaufig verbunden. Zwar kann auch eine\nausschließlich vertikale Absprache zwischen Veranstalter und Unternehmer dazu\nfuhren, dass der Wettbewerb vollig ausgeschaltet wird. Dies ist jedoch auch\ndann der Fall, wenn ein Auftrag gar nicht ausgeschrieben, sondern gleich\nfreihandig vergeben wird, zumal die Pflicht zur Ausschreibung als solche nicht\nstrafbewehrt ist. Insoweit ware es widerspruchlich, wenn eine ausschließlich\nvertikale Absprache bei einer Ausschreibung den Tatbestand des § 298 StGB\nerfullen wurde (vgl. Bose in Graf/Jager/Wittig, Wirtschafts- und\nSteuerstrafrecht, 2011, § 289 StGB Rn. 24). Vertikale Absprachen zwischen\nVeranstalter und Unternehmer sind ausreichend durch §§ 299, 331 ff StGB\nstrafrechtlich geschutzt.\n\n \n\n726\n\n \n\nSoweit die Staatsanwaltschaft in Tatkomplex zu Ziffer 7 der Anklageschrift dem\nAngeklagten ... weiterhin eine Untreuehandlung zum Nachteil seines\nDienstherren durch Entwendung von Granitpflastersteinen (130 qm),\nGranittiefborden (35 lfd. Meter) sowie 16 Granitbordsteine (je 1 m Lange) mit\neinem Gesamtwert von netto 5.756,40 € vorwirft, so war dies dem Angeklagten\n... nicht nachzuweisen. Der Angeklagte ... war insoweit aus tatsachlichen\nGrunden freizusprechen.\n\n \n\n727\n\n \n\nZwar haben die bei der Autobahnmeisterei Braunschweig angestellten Mitarbeiter\n..., ... und ... als Zeugen ubereinstimmend und glaubhaft bekundet, dass der\nAngeklagte ... Sammler von Natursteinen sei und diese sowohl auf dem\nStutzpunkt in Peine als auch auf seinem Grundstuck in Sievershausen fur seinen\nprivaten Gebrauch gelagert habe. Der ebenfalls vernommene Zeuge ... hat zudem\nbekundet, dass er das von ihm verwendete Natursteinmaterial fur die am\nFerienhaus in M ... durchgefuhrten Pflasterarbeiten ausschließlich vom\nGrundstuck des Angeklagten ... in Sievershausen bzw. vom Stutzpunkt in Peine\nabgeholt habe. Keiner der Zeugen konnte jedoch bestatigen, dass die vom Zeugen\n... ... in Mardorf verwendeten Natursteine tatsachlich aus dem Bestand der\nAutobahnmeisterei Braunschweig stammten. Allein der Umstand, dass sie zum Teil\nauf dem Gelande der Autobahnmeisterei gelagert worden waren, lasst diese\nSchlussfolgerung zur Überzeugung der Kammer nicht zu. Denn der Wohnsitz des\nAngeklagten ... befand sich ebenfalls auf diesem Gelande. Soweit der Zeuge ...\ndaruber hinaus bekundet hat, dass er vom Angeklagten ... beauftragt worden\nsei, Natursteine aus dem Bestand auszusortieren, die dann spater verschwunden\ngewesen seien, bezog sich dies jedenfalls nicht auf das in Mardorf verwendete\nPflastermaterial. Denn der Zeuge ... hat angegeben, dass sich der Auftrag auf\nrotliche Steine bezog, in M. wurde jedoch nur graues Natursteinmaterial\nverlegt. Dies steht zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund der entsprechen\nBekundungen des Zeugen ... sowie der Lichtbilder vom Grundstuck in M.\n(Fallakte 3.6, Bl. 88 bis 94 d. A.), die in Augenschein genommen und\nzusatzlich von den Zeugen ... und ... erlautert wurden.\n\n \n\n728\n\n \n\nAuch hinsichtlich des uber die Feststellungen zu Ziff. II. 28 a) bis c)\nhinausgehenden weiteren Tatvorwurfs der Bestechlichkeit in dem Tatkomplex zu\nZiff. 9 der Anklageschrift war der Angeklagte ... aus tatsachlichen Grunden\nfreizusprechen. Die Arbeiten aus dem Angebot vom 19.05.2006 fur ein Objekt in\nVisselhovede sind nach den ubereinstimmenden Aussagen der Zeugen ... und ...\nvon der ... GmbH nicht ausgefuhrt worden. Beide haben glaubhaft bekundet, dass\nes sich um ein Angebot gehandelt habe, das die Eheleute ... zur Vorlage in\neinem Rechtsstreit mit einem Mieter hatten nutzen wollen. Die Durchfuhrung der\nArbeiten sei weder beabsichtigt gewesen, noch tatsachlich erfolgt.\n\n \n\n729\n\n \n\nSoweit die Staatsanwaltschaft den Angeklagten ... und ... uber die\nFeststellungen zu II. Ziffer 16 a) bis i) hinaus in dem Tatkomplex zu Ziffer\n37 der Anklageschrift die Begehung von drei weiteren Taten der\nBestechlichkeit/Bestechung vorwirft bezogen auf die Rechnungen vom 09.04.2008,\nvom 30.06.2008 und vom 11.09.2008, so waren die Angeklagten ebenfalls aus\ntatsachlichen Grunden freizusprechen. Zwar haben die Angeklagten ... und ...\nubereinstimmend die festgestellte Vorgehensweise sowie die regelmaßige\nBegleichung von Rechnungen fur Reparaturen und Inspektionen der Fahrzeuge\ngeschildert. Hinsichtlich der Einzelrechnungen war das Erinnerungsvermogen der\nAngeklagten - durchaus nachvollziehbar - jedoch nicht so, dass sie sich an\njede einzelne Rechnung erinnern konnten. Diese konnten sie lediglich anhand\nder vorliegenden Unterlagen nachvollziehen. Insbesondere der Angeklagte ...\nkonnte sich nach Einsicht in die Rechnungen auch wieder konkret erinnern. Da\ndie genannten drei Rechnungen nicht vorlagen, konnten sie auch von der Kammer\nnicht hinreichend nachvollzogen werden.\n\n \n\n730\n\n \n\nSoweit die Staatsanwaltschaft weiterhin uber die zu II. Ziffer 19 a) bis n)\nfestgestellten Taten hinaus dem Angeklagten ... im Tatkomplex zu Ziffer 51 der\nAnklageschrift die Begehung weiterer Untreuehandlungen zum Nachteil des Landes\nvorwirft (dort insgesamt 9 Taten), war der Angeklagte ... aus rechtlichen\nGrunden freizusprechen. Bei den in der Anklageschrift bezeichneten Rechnungen\nder Unternehmen ... KG vom 21.10, 13.11. und 11.12.2009 und ... GmbH vom 01.\nund 03.12.2009 handelt es sich um solche, die bereits Gegenstand der\nAnklagevorwurfe in den Tatkomplexen zu den Ziffern 8. und 30. der\nAnklageschrift waren und hier als Taten zu II. Ziffn. 30 und 33 c) abgeurteilt\nwurden. Einer Verurteilung stand somit das Verbot der strafrechtlichen\nDoppelverfolgung entgegen.\n\n \n\n \n\n**V.**\n\n \n\n731\n\n \n\n1\\. (Angeklagter ...)\n\n \n\n732\n\n \n\na) Bei der Strafzumessung betreffend den Angeklagten ... ist die Kamer von\nnachfolgend bezeichneten Strafrahmen ausgegangen:\n\n \n\n733\n\n \n\naa) Auszugehen war bei den Taten wegen Bestechlichkeit (Taten zu den Ziffern 1\na) bis e), 2 a) und b), 3, 4 a) bis d), 5, 6, 20, 21, 22, 24, 25, 27, 28 a)\nbis c), 29, 30, 32 b) bis h) und 33 d) bis g)) jeweils vom Strafrahmen des §\n332 Abs. 1 S. 1 StGB. Der Strafrahmen des § 332 Abs. 1 Satz 1 StGB war - außer\nbei der Tat zu Ziff. 25 - in allen Fallen zu den vorgenannten Ziffern gemaß §\n335 Abs. 1 Nr. 1 a), Abs. 2 Nr. 3, 1. Alt. StGB zu erhohen. Der Angeklagte ...\nhandelte insoweit jeweils in der Absicht, sich durch die wiederholten\nTatbegehungen eine Einnahmequelle nicht nur vorubergehender Art zu\nverschaffen. Das fur die festgestellten Taten kennzeichnende korruptive\nBeziehungsgeflecht zwischen dem Angeklagten ... und dem Angeklagten ... bzw.\nden weiteren Gebern ..., ..., ..., ... ..., ..., ..., ... und ... war\nfortwahrend dadurch motiviert, dem Angeklagten ... dauerhaft eine\nwirtschaftliche Einnahmequelle zu ermoglichen, die sein regulares Einkommen\naus seiner Besoldung als Bauamtsrat mit der Besoldungsstufe A 12 erheblich\nuberschritt.\n\n \n\n734\n\n \n\nIn den Fallen zu den Ziffern 2 a) und b), 3, 20 und 22 war zusatzlich das\nRegelbeispiel des § 335 Abs. 2 Nr. 1 StGB erfullt. Die Zuwendungen ragten in\nihrem Umfang in diesen Fallen deutlich aus dem Rahmen durchschnittlicher\nBestechungsfalle heraus.\n\n \n\n735\n\n \n\nIn den Fallen zu den Ziffern 1 a) bis e), 2 a) und b), 3, 4 a) bis d), 5, 6,\n27, 28 a) und b), 32 c) bis f) und 33 d) bis g) war zusatzlich das\nRegelbeispiel des § 335 Abs. 2 Nr. 2 StGB erfullt.\n\n \n\n736\n\n \n\nIn den Fallen zu den Ziffern 1 a) bis e), 2 a) und b), 3, 4 a) bis d), 5 und 6\nhat der Angeklagte ... jeweils fortgesetzt Vorteile vom Mitangeklagten ...\nentgegengenommen, die er als Belohnung fur in der Vergangenheit bereits\nzuruckliegende, aber auch fur zukunftige Dienstpflichtverletzungen erhielt.\nHinsichtlich der Taten zu den Ziffern 27 und 28 a) und b) hat der Angeklagte\n... die ihm durch das Unternehmen ... GmbH jeweils zugewandten ersparten\nAufwendungen ebenfalls auch fur zukunftige Dienstpflichtverletzungen bezogen.\nHinsichtlich der Taten zu Ziffer 32 b) bis f) erhielt der Angeklagte ... die\nZuwendungen vom Einzelunternehmer ... ebenfalls fur zukunftige\nDienstpflichtverletzungen. Selbiges gilt hinsichtlich der Zuwendungen\nbetreffend die Taten zu Ziffer 33 d) bis g) durch den Geschaftsfuhrer des\nUnternehmens ..., Herrn ... Es bestand jeweils eine korruptive Dauerbeziehung,\nbei der den Beteiligten bereits von Anfang an klar war, dass der ersten\nVorteilsannahme weitere folgen sollten. Hinsichtlich der Zuwendungen vom\nAngeklagten ... und von der ... GmbH bestand diese bereits vor dem hier\nabgeurteilten Tatzeitraum. In samtlichen Fallen hat sich der Angeklagte ...\naus eigenem Antrieb heraus standig und fortwahrend fur die jeweils in Aussicht\ngestellten Dienstpflichtverletzungen bezahlen lassen und insoweit das\nVertrauen der Öffentlichkeit in die Lauterkeit des Öffentlichen Dienstes\nbesonders nachhaltig geschadigt.\n\n \n\n737\n\n \n\nIm Rahmen der Gesamtabwagung liegen Milderungsgrunde, die der Annahme eines\nbesonders schweren Falles entgegenstehen, nicht vor. Dies gilt auch\nhinsichtlich der Taten mit eher geringeren Vorteilen und Taten, die langer\nzuruckliegen. Denn insoweit war jeweils insbesondere zu berucksichtigen, dass\nder Angeklagte ... ohne wirtschaftliche Not gehandelt hat und das Ausmaß des\npflichtwidrigen Handelns jeweils erheblich war. Nach den Gesamtumstanden,\ninsbesondere auch des korruptiven Beziehungsgeflechts zu einer Vielzahl von\nPersonen, lagen keine Grunde vor, von der Indizwirkung der Regelbeispiele\nabzusehen.\n\n \n\n738\n\n \n\nbb) Hinsichtlich der Untreuetaten zu den Ziffern 17, 18, 23, 28 d) bis I) und\n31 war jeweils vom erhohten Strafrahmen der Untreue gem. §§ 266 Abs. 1 und\nAbs. 2 i. V. m. 263 Abs. 3 S. 1 und S. 2 Nrn. 1 und 4 StGB auszugehen.\n\n \n\n739\n\n \n\nDer Angeklagte ... handelte auch bei den Taten, bei denen die Zahlungen an die\nFirma ..., die ... GmbH und die ... GmbH erfolgten, gewerbsmaßig. Denn diese\nUntreuehandlungen dienten jeweils der Kompensation von Schmiergeldleistungen,\nauch wenn eine konkrete Schmiergeldzahlung jeweils nicht zugeordnet werden\nkonnten. Sie waren somit zugleich mittelbar auf die Erzielung weiterer\nSchmierleistungen ausgerichtet, jener Einnahmequellen, die dem Angeklagten ...\nals dauerhafte wirtschaftliche Einnahmequelle von einigem Umfang dienten.\n\n \n\n740\n\n \n\nWeiterhin hat der Angeklagte ... jeweils seine Stellung als Amtstrager\nmissbraucht, indem er die vollstandig bzw. teilweise uberhohte Rechnungen als\nzustandiger Leiter der Autobahnmeisterei Braunschweig jeweils als sachlich\nrichtig abzeichnete und die manipulierten Rechnungen anschließend zur\nAuszahlung an den regionalen Geschaftsbereich Hannover der Landesbehorde fur\nStraßenbau und Verkehr in Hannover weiterleitete. Der Angeklagte ... wusste,\ndass nach verantwortlicher Gegenzeichnung durch ihn eine weitere Überprufung\nder inhaltlichen Richtigkeit der Rechnungen sowie der Aufmaßblatter nicht\nerfolgen wurde.\n\n \n\n741\n\n \n\nIm Rahmen der Gesamtabwagung liegen Milderungsgrunde, die der Annahme eines\nbesonders schweren Falles entgegenstehen, nicht vor. Dies gilt insbesondere im\nHinblick auf die Hohe der Schaden.\n\n \n\n742\n\n \n\ncc) Hinsichtlich der Tat zu Ziffer 7 wegen Vorteilsannahme in Tateinheit mit\nBeihilfe zur Falschbeurkundung im Amt war vom gemaß §§ 27 Abs. 1, 49 Abs. 1\nNr. 2 StGB gemilderten Strafrahmen des § 348 Abs. 1 StGB auszugehen. Eine\nweitere Milderung gemaß §§ 28 Abs. 1 i. V. m. 49 Abs. 1 Nr. 2 StGB schied hier\naus, weil der Angeklagte ... als Gehilfe selbst das die Strafbarkeit des\nTaters begrundende personliche Merkmal der Amtstragereigenschaft i. S. d. §§\n14 Abs. 1 i. V. m. 11 Abs. 1 Nr. 2 a StGB erfullte.\n\n \n\n743\n\n \n\ndd) Hinsichtlich der Tat zu Ziffer 26 wegen Beihilfe zur Untreue war vom gemaß\n§§ 28 Abs. 1 und 27 Abs. 2 StGB - jeweils in Verbindung mit § 49 Abs. 1 Nr. 2\nStGB - doppelt gemilderten Strafrahmen des § 266 Abs. 1 StGB auszugehen. Der\nAngeklagte ... hatte keine Treuepflicht gegenuber der ... GmbH, die Einordnung\nseines Tatbeitrags als Beihilfe fußt nicht auf der fehlenden Treuepflicht.\n\n \n\n744\n\n \n\nb) Innerhalb der vorgenannten Strafrahmen hat die Kammer bei der Festsetzung\nder Einzelstrafen hinsichtlich aller Taten insbesondere folgende fur und gegen\nden Angeklagten ... sprechenden Strafzumessungskriterien berucksichtigt:\n\n \n\n745\n\n \n\nFur den Angeklagten ... spricht, dass er bislang nicht strafrechtlich in\nErscheinung getreten ist. Weiterhin war mildernd zu berucksichtigen, dass er\nin Folge der festgestellten Taten uber die vorlaufige Dienstenthebung und\nBezugekurzung hinaus sicher mit der vollstandigen Aberkennung seines\nRuhegehalts zu rechnen hat Ebenso war zu berucksichtigen, dass gegen ihn\nzugleich der Verfall von Wertersatz in Hohe von 286.274,15 € angeordnet wurde.\nDie Kammer hat zudem beim letzten Wort des Angeklagten ... erstmals Reue fur\nseine Taten beobachten konnen. Im Rahmen seines ausdrucklich "der\nÖffentlichkeit" gewidmeten letzten Wortes entschuldigte sich der Angeklagte\nemotional betroffen unter Tranen fur die verubten Taten, wofur er sich\nnachtraglich "schame". Insbesondere bezog der Angeklagte ... dabei\nausdrucklich seine Ehefrau und den gemeinsamen Sohn mit ein. In diesem\nZusammenhang wies er darauf hin, dass er allein fur das von der gesamten\nFamilie nun zu tragende Leid verantwortlich sei. Unverkennbar war fur die\nKammer unter dem personlich gewonnen Eindruck vom Angeklagten mit\nfortschreitender Dauer der Hauptverhandlung, dass auch die Auswirkungen der\noffentlichen Hauptverhandlung sowie das gesteigerte Öffentlichkeitsinteresse\neinerseits und die personlichen Beschrankungen fur ihn und seine Familie durch\nden Vollzug der Untersuchungshaft besonders belastend auf ihn einwirkten.\n\n \n\n746\n\n \n\nStrafmildernd fiel weiter ins Gewicht, dass die Umsetzung der jeweiligen\nUnrechtsvereinbarungen durch zahlreiche Auftragsvergaben des Angeklagten ...\naußerhalb seines Zustandigkeitsbereichs sowie die auf ihn zuruckgehenden\nRechnungsmanipulationen auf keine wirksamen Kontrollmechanismen seitens der\nLandesbehorde fur Straßenbau und Verkehr stießen. Der Angeklagte konnte\njeweils davon ausgehen, dass die Auszahlungen durch den regionalen\nGeschaftsbereich Hannover der Landesbehorde fur Straßenbau und Verkehr ohne\ninhaltliche Überprufungen erfolgen wurden.\n\n \n\n747\n\n \n\nLetztlich hat die Kammer auch das fortgeschrittene Lebensalter des Angeklagten\n... und seine damit verbundene besondere Haftempfindlichkeit strafmildernd\nberucksichtigt.\n\n \n\n748\n\n \n\nStraferschwerend fiel demgegenuber ins Gewicht, dass der Angeklagte als Leiter\nder Autobahnmeisterei Braunschweig aufgrund seiner Fuhrungsposition in\nbesonderem Maße eine Vorbildfunktion fur das Vertrauen der Öffentlichkeit in\ndie Lauterkeit des Öffentlichen Dienstes einnahm. Der Angeklagte hat\nerhebliche kriminelle Energie an den Tag gelegt. Er hat die Taten uber Jahre\nunter Einbeziehung einer Vielzahl von Gebern innerhalb des von ihm initiierten\nkorruptiven Beziehungsgeflechts begangen und hat dabei die bestehenden\ngeschaftlichen Beziehungen zur Autobahnmeisterei und deren Bedeutung fur die\njeweiligen Unternehmer gezielt fur sich ausgenutzt, um erhebliche Zuwendungen\nzu erlangen. Mit zunehmender Dauer des bestehenden korruptiven\nBeziehungsgeflechts wurden die Forderungen des Angeklagten ... immer hoher und\nvehementer geaußert. Die von dem Angeklagten fur die erhaltenen Vorteile\nbegangenen Dienstpflichtverletzungen waren schwerwiegend. Straferschwerend war\nauch die Hohe der Zuwendungen bei der Bestechlichkeit bzw. der Schaden bei der\nUntreue zu berucksichtigen. Schließlich war straferschwerend zu\nberucksichtigen, dass der Angeklagte auch seine Familie mit in das korruptive\nBeziehungsgeflecht einbezogen hat.\n\n \n\n749\n\n \n\nUnter Berucksichtigung der jeweiligen Hohe der geforderten/angenommenen\nVorteile bzw. der verursachten Schaden hat die Kammer die nachfolgend\naufgefuhrten Einzelstrafen als tat- und schuldangemessen festgesetzt, wobei\ndie einzelne Taten betreffenden weiteren Zumessungskriterien berucksichtigt\nwurden:\n\n \n\n750\n\n \n--- \n\\- fur die Taten zu Ziffern 1 a bis e | jeweils ein Jahr Freiheitsstrafe \n| Zu Gunsten des Angeklagten wurde zusatzlich berucksichtigt, dass er den\nErhalt von insgesamt 4.000,00 € in dieser Zeit eingeraumt hat. \n\\- fur die Taten zu Ziffern 2 a und b | jeweils zwei Jahre und sechs Monate Freiheitsstrafe \n| Zu Gunsten des Angeklagten ... fiel zusatzlich dessen teilgestandige\nEinlassung insoweit ins Gewicht, als er hinsichtlich der Tat zu Ziff. 2 a\njedenfalls ersparte Aufwendungen in Hohe von insgesamt 23.000,00 € und\nhinsichtlich der Tat zu Ziff. 2 b solche in Hohe von insgesamt 16.212,70 €\neingeraumt hat. Straferschwerend war insoweit zu berucksichtigen, dass der\nAngeklagte hier in besonders ausgepragtem Maße stetig und ohne Rucksicht auf\netwaig entstehende Kosten die Durchfuhrung der Arbeiten durch die Unternehmen\n..., ... GmbH und ... einforderte und jeweils Aufwendungen weit uber die\nWertgrenze des empfangenen Vorteils besonders großen Ausmaßes, welche die\nKammer mit 20.000,00 € bemisst, ersparte. \n\\- fur die Tat zu Ziffer 3 | drei Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe \n| Zu seinen Gunsten fiel strafmildernd in Gewicht, dass er den Erhalt eines\nentsprechenden Bargeldbetrages in Hohe von 100.000,00 € vom Angeklagten ...\neingeraumt hat. \n| Demgegenuber war die betrachtliche Hohe der Zuwendung weit uber die\nWertgrenze des empfangenen Vorteils großen Ausmaßes gemaß § 335 Abs. 2 Nr. 1\nStGB hinaus straferschwerend zu berucksichtigen. \nfur die Taten zu Ziffern 4 a) bis d) | jeweils ein Jahr Freiheitsstrafe \nfur die Taten zu Ziffern 5 und 6 | jeweils ein Jahr und vier Monate Freiheitsstrafe \nfur die Tat zu Ziffer 7 | sechs Monate Freiheitsstrafe \n| Strafmildernd war die gestandige Einlassung des Angeklagten ... zu\nberucksichtigen. Strafscharfend fiel demgegenuber ins Gewicht, dass er aus\nbloßer Bequemlichkeit - um sich eine Vorfuhrung des Fahrzeugs in Deutschland\nzu ersparen - die dazu notwendige Dienstpflichtverletzung des Prufingenieurs\nals Haupttater in Kauf nahm, obwohl er wusste, dass dieser bei einer\nEntdeckung schwerwiegende berufliche Konsequenzen zu befurchten hatte. \n\\- fur die Tat zu Ziffer 17 | zwei Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe \n| Hier war zusatzlich das besonders planvolle Handeln des Angeklagten ...\nsowie die erhebliche Schadenshohe strafscharfend zu berucksichtigen. Ferner\nfiel straferschwerend ins Gewicht, dass er als unmittelbarer\nDienstvorgesetzter der bei der Autobahnmeisterei Braunschweig angestellten\nMitarbeiter deren Arbeitsleistungen missbrauchte, um diese als Grundlage fur\ndie fingierten Rechnungen zu verwenden. \n\\- fur die Tat zu Ziffer 18 | zwei Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe \n| Hier war zusatzlich neben der Hohe des wirtschaftlichen Schadens seines\nDienstherrn ebenfalls das planvolle und geschickt organisierte Handeln des\nAngeklagten strafscharfend zu berucksichtigen. \n\\- fur die Tat zu Ziffer 20 | zwei Jahre Freiheitsstrafe \n| Zu Gunsten des Angeklagten war zusatzlich zu berucksichtigen, dass der\nUnternehmer ... es ihm leicht gemacht hat, sein Anliegen zur Anstellung seines\nSohnes zu verwirklichen. \n\\- fur die Tat zu Ziffer 21 | ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe \n| Hier war zusatzlich straferschwerend zu berucksichtigen, dass gegen mehrere\nStrafgesetze - Bestechlichkeit in Tateinheit mit Untreue - verstoßen wurde. \n\\- fur die Tat zu Ziffer 22 | zwei Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe \n| Strafscharfend war zu berucksichtigen, dass der Angeklagte die Gelegenheit\nnutzte, uber die von ihm initiierte Anmietung der Wohnung fur die ... GmbH\nweitere Vorteile fur die ... Immobilien KG zu erlangen. Weiterhin war\nstrafscharfend zu berucksichtigen, dass er wesentlichen faktischen Einfluss\nauf das Unternehmen nahm. \n\\- fur die Tat zu Ziffer 23 | ein Jahr und drei Monate Freiheitsstrafe \n\\- fur die Tat zu Ziffer 24 | ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe \n\\- fur die Tat zu Ziffer 25 | neun Monate Freiheitsstrafe \n| Straferschwerend fiel hier zusatzlich ins Gewicht, dass der Angeklagte\noffensiv seine Stellung als Leiter der Autobahnmeisterei ausnutzte, um zu\nGunsten seines Sohnes den Sicherungsanhanger erwerben zu konnen und dabei als\nalleiniger Ansprechpartner fur seinen Sohn auftrat. \n\\- fur die Tat zu Ziffer 26 | sechs Monate Freiheitsstrafe \n| Hier fiel straferschwerend zusatzlich ins Gewicht, dass der Angeklagte die\nBeihilfehandlung zur taterschaftlichen Untreuehandlung seines Sohnes zum\nNachteil der ... GmbH zugleich ausnutzte, um auch personlich profitieren zu\nkonnen. Die erhebliche kriminelle Energie des Angeklagten kommt auch insoweit\nzum Ausdruck, als der Angeklagte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in einem\nTelefonat mit dem sonst unbeteiligten Geschaftsfuhrer der ... GmbH, Herrn ...,\nselbst manipulierend Einfluss auf diesen zu nehmen versuchte. Er\nbeabsichtigte, diesen fur sich im Rahmen eines seinerzeit zwischen der ...\nGmbH und dem Sohn des Angeklagten schwelenden zivilrechtlichen Rechtsstreits\nfur sich gewinnen zu konnen. \n\\- fur die Tat zu Ziffer 27 | ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe \n| Hier war wiederum zusatzlich straferschwerend zu berucksichtigen, dass der\nAngeklagte ... uber seine einflussreiche Position als Leiter der\nAutobahnmeisterei zugleich nach Gutdunken personlich auf das Wohl und Wehe des\nUnternehmens ... GmbH Einfluss nahm. Die skrupellose Vorgehensweise des\nAngeklagten ... fuhrte insbesondere dazu, dass allein er uber die Mitarbeiten\n... und ... uber das ob und wie der Rechnungslegungen bestimmte. Mit wiederum\nbuchhalterischer Genauigkeit positionierte er dabei samtliche privat\nveranlassten Arbeiten auf Rechnungen an die Autobahnmeisterei Braunschweig.\nDie Angestellten des Unternehmens mussten dem Angeklagten T. stets zur "freien\nVerfugung" stehen und sich dessen Willen unterwerfen. \n\\- fur die Taten zu Ziffern 28 a) bis c) | jeweils ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe \n\\- fur die Taten zu Ziffern 28 d) bis l) | jeweils ein Jahr Freiheitsstrafe \n\\- fur die Tat zu Ziffer 29 | ein Jahr und drei Monate Freiheitsstrafe \n| Strafscharfend war hier zu berucksichtigen, dass der Angeklagte dem\nHandwerker ... besonders offensiv und auch mit subtilen Drohungen gegenuber\ntrat. \n\\- fur die Tat zu Ziffer 30 | ein Jahr und drei Monate Freiheitsstrafe \n| Strafscharfend war die tateinheitlich begangene Untreue zu berucksichtigen. \n\\- fur die Tat zu 31 | sechs Monate Freiheitsstrafe \n| Zu Gunsten des Angeklagten war hier zusatzlich zu berucksichtigen, dass die\nHemmschwelle zur Nutzung des dienstlichen Pkw aus ausschließlich privaten\nGrunden gering war und dass er in vollem Umfang gestandig war. \n\\- fur die Tat zu Ziffer 32 b) | ein Jahr und neun. Monate Freiheitsstrafe \n\\- fur die Taten zu Ziffern 32 c) bis h) | jeweils ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe \n| Hier war zusatzlich strafscharfend bei der Tat zu 32 b) zu berucksichtigen,\ndass tateinheitlich eine Untreuehandlung vorlag, und dass der Angeklagte ...\nseine freundschaftliche Beziehung zu dem Geschaftsfuhrer ... des Unternehmens\nJR ... Buro fur Verkehrstechnik fur sich ausnutzte, um dessen\nverwandtschaftliche Beziehung zu dem Geschaftsfuhrer des Unternehmens ...,\nHerrn ... auszunutzen, um auch von diesem Zuwendungen zu erhalten. \n| Strafmildernd war bei den Taten zu 32 g) und h) zu berucksichtigen, dass\neine Zahlung nicht erfolgte. \n\\- fur die Taten zu Ziffern 33 d), f) und g) | jeweils ein Jahr und drei Monate Freiheitsstrafe \n\\- fur die Tat zu Ziffer 33 e) | ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe. \n \n \n\n751\n\n \n\nAus den vorgenannten Einzelstrafen hat die Kammer unter Erhohung der hochsten\nverwirken Einzelstrafe von drei Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe auf\neine\n\n \n\n752\n\n \n\n**Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten**\n\n \n\n753\n\n \n\nerkannt.\n\n \n\n754\n\n \n\nDabei sind nochmals samtliche vorgenannten sowie die weiteren fur und gegen\nden Angeklagten ... sprechenden Strafzumessungskriterien umfassend in einer\nGesamtbetrachtung berucksichtigt worden.\n\n \n\n755\n\n \n\nInsbesondere hat die Kammer dabei strafmildernd berucksichtigt, dass die\nEinzeltaten zum Teil schon lange zuruck liegen und aus einer zunehmend\nerstarkten Dauerbeziehung innerhalb des Korruptionsgeflechts heraus begangen\nworden sind, wobei die Hemmschwelle zur Tatbegehung mit zunehmender Dauer\nsank. Wegen des engen zeitlichen, sachlichen sowie situativen Zusammenhangs\nhat die Kammer einen straffen Zusammenzug vorgenommen. Dies gilt auch\nhinsichtlich samtlicher Untreuehandlungen, die letztlich - auch wenn sie nicht\nkonkreten Schmiergeldzahlungen zuzuordnen waren wie in den tateinheitlich\nbegangenen Fallen - der Kompensation fur erhaltene Schmiergeldzahlungen\ndienten.\n\n \n\n756\n\n \n\nUnter diesen Gesichtspunkten ist die Verhangung der erkannten\nGesamtfreiheitsstrafe auch in einer Gesamtschau zur Ahndung der dem\nAngeklagten ... zur Last gelegten und festgestellten Taten unbedingt\nerforderlich aber auch ausreichend, um dem Angeklagten das Unrecht der von ihm\nbegangenen Taten vor Augen zu fuhren.\n\n \n\n757\n\n \n\n2\\. (Angeklagter B.)\n\n \n\n758\n\n \n\na) Bei der Strafzumessung betreffend den Angeklagten ... von den nachfolgend\nbezeichneten Strafrahmen ausgegangen:\n\n \n\n759\n\n \n\naa) Auszugehen war bei den Taten wegen Bestechlichkeit (Taten zu den Ziffern 8\na) bis k). 9, 10, 11, 12, 13, 14 a) bis e), 15 a) bis c), 16 a) bis i), 32 a),\n33 c) und 34 a)) jeweils vom Strafrahmen des § 332 Abs. 1, S. 1 StGB.\n\n \n\n760\n\n \n\nDieser Strafrahmen war jeweils gem. § 335 Abs. 1 Nr. 1 a), Abs. 2 Nr. 3, 1.\nAlt. StGB zu erhohen, weil der Angeklagte ... jeweils gewerbsmaßig handelte.\nDie Zuwendungen dienten ihm als regelmaßige Einnahmequelle neben seinem\nmonatlichen Gehalt.\n\n \n\n761\n\n \n\nIn den Fallen zu den Ziffern 8 a) und 13 bezogen sich die Taten jeweils auf\neinen Vorteil großen Ausmaßes i. S. d. des § 335 Abs. 2 Nr. 1 StGB.\n\n \n\n762\n\n \n\nWeiterhin waren die Voraussetzungen des § 335 Abs. 2 Nr. 2 StGB in den Fallen\nzu den Ziffern 8 a) bis k), 9, 10, 11, 12, 13, 14 a) bis e), 15 a) bis c) und\n16 a) bis i) erfullt, denn der Angeklagte ... hat jeweils fortgesetzt Vorteile\nvom Mitangeklagten G. entgegengenommen, die er als Belohnung fur in der\nVergangenheit bereits zuruckliegende, aber auch fur zukunftige\nDienstpflichtverletzungen erhielt.\n\n \n\n763\n\n \n\nIm Rahmen der Gesamtabwagung liegen Milderungsgrunde, die der Annahme eines\nbesonders schweren Falles entgegenstehen, nicht vor. Dies gilt auch\nhinsichtlich der Taten mit geringeren Vorteilen und jenen, die langer\nzuruckliegen. Insoweit war jeweils auch zu berucksichtigen, dass der\nAngeklagte ... ohne wirtschaftliche Not gehandelt hat. Nach den\nGesamtumstanden des korruptiven Beziehungsgeflechts uber langere Zeit und zu\nmehreren Personen lagen keine Grunde vor, von der Indizwirkung der\nRegelbeispiele abzuweichen.\n\n \n\n764\n\n \n\nbb) Hinsichtlich der Untreuehandlungen betreffend die Taten zu den Ziffern 17,\n18, 19 a) bis n) war jeweils vom erhohten Strafrahmen gem. §§ 266 Abs. 1 und\nAbs. 2 i. V. m. 263 Abs. 3 S. 1 u. S. 2 Nr. 1, 1. Alt. und Nr. 4 StGB\nauszugehen.\n\n \n\n765\n\n \n\nDer Angeklagte ... handelte auch hier jeweils gewerbsmaßig. Die Zahlungen\nerfolgten zwar an die Firma Die Untreuehandlungen dienten jedoch jeweils der\nKompensation von Schmiergeldleistungen, auch wenn eine konkrete\nSchmiergeldzahlung jeweils nicht zugeordnet werden konnten. Sie waren somit\nzugleich mittelbar auf die Erzielung weiterer Schmierleistungen ausgerichtet;\njener Einnahmequellen, die dem Angeklagten ... als dauerhafte wirtschaftliche\nEinnahmequelle von einigem Umfang dienten.\n\n \n\n766\n\n \n\nEr handelte zudem unter gleichzeitiger Ausnutzung seiner Amtstragerstellung.\nDer Angeklagte ... als nicht verbeamteter Angestellter technischer Mitarbeiter\nder Autobahnmeisterei Braunschweig ist Amtstrager i. S. d. § 11 Abs. 1 Nr. 2 c\nStGB, da auch er fur die Anstellungsbehorde jeweils im Auftrag der\nLandesbehorde fur Straßenbau und Verkehr - Autobahnmeisterei -\neigenverantwortlich Aufgaben der offentlichen Verwaltung wahrgenommen hat.\n\n \n\n767\n\n \n\nEin Absehen von der Regelwirkung des besonders schweren Falles kam auch hier\nangesichts der jeweiligen Schadenhohe und der Einbindung in die gesamte\nKorruptionsbeziehung nicht in Betracht.\n\n \n\n768\n\n \n\ncc) Hinsichtlich der Tat zu Ziff. 30 war im Hinblick auf die tateinheitlich\nzur Untreue geleistete Beihilfehandlung zur Bestechlichkeit des Mitangeklagten\n... vom einfach gemilderten Strafrahmen des §§ 332 Abs. 1 i. V. m. 27 Abs. 2,\n49 Abs. 1 Nr. 3, 4. Var. StGB auszugehen, § 52 Abs. 2 S. 1 StGB. Eine weitere\nVerschiebung des Strafrahmens gem. §§ 28 Abs. 1 i. V. m. 49 Abs. 1 StGB schied\nhier aus, da der Angeklagte B. selbst Amtstrager im Sinne des § 332 Abs. 1\nStGB war.\n\n \n\n769\n\n \n\ndd) Hinsichtlich der Vorteilsannahme in vier Fallen betreffend die Taten zu\nden vorgenannten Ziffern 33 a und b, 34 b und 35 war jeweils vom Strafrahmen\ndes § 331 Abs. 1 StGB auszugehen.\n\n \n\n770\n\n \n\nb) Innerhalb der so aufgezeigten Strafrahmen hat die Kammer bei der\nFestsetzung der Einzelstrafen samtliche fur und gegen den Angeklagten ...\nsprechenden Strafzumessungskriterien berucksichtigt:\n\n \n\n771\n\n \n\nStrafmildernd war zu berucksichtigen, dass der Angeklagte ... strafrechtlich\nnicht vorbelastet ist. Weiterhin war zu berucksichtigen, dass er mit\nerheblichen Schadenersatzanspruchen sowie mit Ruckforderungsanspruchen seitens\nseines fruheren Dienstherrn gem. §§ 687 Abs. 2, 681 S. 2, 667 BGB zu rechnen\nhat. Auch war zu seinen Gunsten zu berucksichtigen, dass der Angeklagte ...\nauf die bestandskraftig festgestellten Steuernachforderungen hinsichtlich der\nzusatzlichen Einkunfte durch die Schmiergelder i. H. v. insgesamt 50.000,00 €\nbereits Ratenzahlungen i. H. v. 200,00 € monatlich leistet. Insgesamt war\nferner zu seinen Gunsten zu berucksichtigen, dass er im Verhaltnis zum\nMitangeklagten ... als technischer Mitarbeiter eine untergeordnete Rolle bei\nder Autobahnmeisterei Braunschweig einnahm. Aufgrund der ihm bekannt\ngewordenen Taten seines Dienstvorgesetzten war seine Hemmschwelle, sich selbst\nin Korruptionsbeziehungen zu Auftragnehmern der Autobahnmeisterei zu\nverstricken, herabgesetzt.\n\n \n\n772\n\n \n\nInsgesamt war auch zu seinen Gunsten zu berucksichtigen, dass er sich bereits\nwahrend des Ermittlungsverfahrens teilgestandig eingelassen hat. Beitrage zur\nAufklarung weiterer Straftaten erfolgten allerdings nicht in einem solchen\nUmfang, dass eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 46 b, 49 Abs. 1 StGB zu\nrechtfertigen gewesen ware. Die Angaben des Angeklagten waren nicht vollig\nfreiwillig, sondern erfolgten in nicht unerheblichem Umfang erst zogerlich,\nnamlich dann, wenn der Angeklagte ... die Ermittlungsbeamten bereits auf\nentsprechende Sachverhalte hingewiesen hatte. Vergleichbare, dessen Ausmaß\nentsprechende Ermittlungsfortschritte konnten dem eher zogerlichen\nEinlassungsverhalten des Angeklagten ... im Ermittlungsverfahren nicht\nzugerechnet werden. Entsprechend der widerspruchsfreien und glaubhaften\nBekundungen der Zeugen ... und KHK ... war der Angeklagte ... bereits seit\nlangerer Zeit im Visier der strafrechtlichen Ermittlungen der Polizei sowie\nder internen Ermittlungen durch die Innenrevision. Zwar hat auch er neue\nErkenntnisse im Ermittlungsverfahren beigebracht. Diese waren jedoch in nicht\nunerheblichem Umfang bereits bekannt aufgrund der ausschließlich eigenen\nErmittlungserkenntnisse der Polizei bzw. der Innenrevision oder aufgrund der\nbereits erfolgten Einlassungen des Angeklagten ... Die gestandigen\nEinlassungen des Angeklagten ... beschrankten sich zudem auf einen\nBeteiligtenkreis, der nicht uber den hier festgestellten Umfang hinausging. Im\nRahmen des nach § 46 b Abs. 1 StGB gewahrten Ermessens hat die Kammer sich\nnach der Gesamtwurdigung, insbesondere auch der in § 46 b Abs. 2 StGB\ngenannten Umstande gegen eine Milderung entschieden.\n\n \n\n773\n\n \n\nGleichwohl war die geleistete Aufklarungshilfe ebenso strafmildernd zu\nberucksichtigen wie der Umstand, dass der Angeklagte ... sich auch in der\nHauptverhandlung teilgestandig eingelassen hat. Der Angeklagte ... hat jedoch\nversucht, die Taten zu relativieren, insbesondere Zuwendungen von ... als\nfreundschaftlich motiviert oder geringer darzustellen und seine\nwirtschaftliche Not hervorzuheben: Er habe oft keine andere Moglichkeit mehr\ngesehen habe als in seiner personlichen Verzweifelung die erheblichen\nZuwendungen entgegenzunehmen. Er betonte stetig, wie hoch seine Benzinkosten\nund die sonstigen laufenden Lebenshaltungskosten gewesen seien. Diese Kosten\nseien - ohne sein Verschulden - geradezu explodiert, was die Kammer angesichts\nder Verwendung der Schmiergelder fur Einrichtungsgegenstande bei den Taten zu\nZiffer 8 und fur eine Urlaubsreise bei Tat 32 a) nicht nachvollziehen konnte.\n\n \n\n774\n\n \n\nStrafscharfend fiel ins Gewicht, dass der Angeklagte sich dem Angeklagten ...\nhartnackig "jammernd", gleichwohl berechnend aufdrangte, indem er immer wieder\nauf seine eigenen personlichen schlechten finanziellen Verhaltnisse hinwies.\nStrafscharfend war auch die jeweilige Hohe der erhaltenen Zuwendungen bzw.\nSchaden zu berucksichtigen. Der Angeklagte ... hat selbst nachdem er ab\nDezember 2008 Kenntnis von dem Ermittlungsverfahren wegen Vorteilsannahme\nhatte und nach dem Strafbefehl des Amtsgerichts Braunschweig vom 22.12.2009\ngleichwohl die zeitlich nachfolgenden Taten verubt. Dass der Angeklagte ...\ndiese Warnfunktionen bei den jeweils zeitlich nachfolgenden Taten konsequent\nignoriert hat, die korruptive Beziehung zum Mitangeklagten ... sowie weiteren\nGebern sogar weiterhin aufgebaut und gepflegt hat, war strafscharfend zu\ngewichten.\n\n \n\n775\n\n \n\nUnter Berucksichtigung der jeweiligen Hohe der angenommenen/geforderten\nVorteile bzw. der Schaden hat die Kammer die nachfolgend aufgefuhrten\nEinzelstrafen als tat- und schuldangemessen festgesetzt, wobei die einzelne\nTaten betreffenden weiteren Zumessungskriterien berucksichtigt wurden:\n\n \n\n776\n\n \n--- \n\\- fur die Tat zu Ziffer 8 a) | ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe \n| Hier war strafscharfend zu berucksichtigen, dass der Angeklagte ... selbst\nplanvoll vorging, indem er beispielsweise die korruptive Beziehung zu dem\nMitangeklagten ... gegenuber dem Verkaufer ... zu verschleiern versuchte und\ninsbesondere den Mitangeklagten ... als seinen Vater und die Kaufer des\nWohnhauses als seine Bruder vorstellte. Weiterhin diente auch die Vereinbarung\nder monatlichen Bargeldzahlungen i. H. v. 400,00 € zur Kompensation der von\nihm jeweils zuvor gezahlten 400,00 € Kaltmiete an die Sohne des Mitangeklagten\n... der Verschleierung seiner Kauflichkeit. \n\\- fur die Taten zu Ziffer 8 b) bis k) | jeweils ein Jahr Freiheitsstrafe \n\\- fur die Tat zu Ziffer 9 | ein Jahr Freiheitsstrafe \n\\- fur die Tat zu Ziffer 10 | ein Jahr Freiheitsstrafe \n| Hier war strafmildernd zu berucksichtigen, dass der Angeklagte ... die\nempfangenen Geldleistungen zugleich als Entschadigung fur seinen personlichen\nEinsatz angesehen hat, worin ihn der Mitangeklagte ... zudem ausdrucklich\nbestarkte \n\\- fur die Tat zu Ziffer 11 und 12 | jeweils ein Jahr und ein Monat Freiheitsstrafe \n\\- fur die Tat zu Ziffer 13 | ein Jahr und drei Monate Freiheitsstrafe \n\\- fur die Taten zu Ziffer 14 a) bis e), \n15 a) bis c) und 16 a) bis 16 i) | jeweils ein Jahr Freiheitsstrafe \n\\- fur die Tat zu Ziffer 17 | ein Jahr und neun Monate Freiheitsstrafe \n| Hier war zusatzlich insbesondere die Hohe des verursachten\nVermogensschadens zum Nachteil des Dienstherrn des Angeklagten ... zu\nberucksichtigen. Strafmildernd war sein Gestandnis die gegenuber dem\nMitangeklagten ... untergeordnete Stellung zu berucksichtigen. Hinsichtlich\nder tatbegehungsspezifischen strafscharfenden Gesichtspunkte wird auf die\nAusfuhrungen zur Tat Ziffer 17 beim Angeklagten ... Bezug genommen, die auch\nfur den Angeklagten ... - wenngleich in abgeschwachter Auspragung - gelten. \n\\- fur die Tat zu Ziffer 18 | zwei Jahre Freiheitsstrafe \n| Strafscharfend war hier die Hohe der Vermogensschadigung zu Lasten des\nDienstherrn des Angeklagten ... zu berucksichtigen. Weiterhin war die\nerhebliche planvolle und offenbarte krimineller Energie strafscharfend zu\nberucksichtigen. Auch hier kann im Übrigen auf die Ausfuhrungen zur Tat Ziffer\n18 beim Angeklagten ... Bezug genommen werden, die auch fur den Angeklagten\n... - wenngleich seiner untergeordneten Rolle entsprechend weniger stark\nausgepragt - gelten. \n\\- fur die Taten zu Ziffer 19 a) bis n) | jeweils sechs Monate Freiheitsstrafe \n| Strafmildernd war hier zu berucksichtigen, dass die Einzelschaden der Taten\nzu Ziffer 19 a) bis n) durch die Rechnungsmanipulationen relativ gering\nausfielen. \n\\- fur die Tat zu Ziffer 30 | sechs Monate Freiheitsstrafe \n| Hier war zusatzlich strafmildernd zu berucksichtigen, dass der Angeklagte\n... als Gehilfe der Bestechlichkeit des ihm vorgesetzten Mitangeklagten ...\ndiesem auch untergeordnet war und die hierzu tateinheitlich begangene\nUntreuehandlung in Ausfuhrung der Beihilfehandlung letztlich der Kompensation\nder dem Mitangeklagten ... zugewandten Schmierleistung diente. \n\\- fur die Tat zu Ziffer 32 a) | ein Jahr und zwei Monate Freiheitsstrafe \n| Hier war zusatzlich strafscharfend zu berucksichtigen, dass der Angeklagte\n... uber seinen eigenen Tatbeitrag hinaus zugleich seine Ehefrau veranlasste,\nan der von ihm begangenen Straftat mitzuwirken. Nur auf seine Initiative hin\nwar es uberhaupt moglich, dass die Zeugen ... und ... ... Scheinrechnungen zu\nGunsten des Einzelunternehmens seiner zweiten Ehefrau beglichen, um einen\ngemeinsamen Urlaubsaufenthalt in Neuseeland zu finanzieren. \n\\- fur die Taten zu Ziffer 33 a) und b) | jeweils sechs Monate Freiheitsstrafe \n\\- fur die Tat zu Ziffer 33 c) | ein Jahr und zwei Monate Freiheitsstrafe \n| Zusatzlich strafscharfend fiel hier ins Gewicht, dass die tateinheitlich\nhierzu begangene Untreuehandlung der Kompensation der empfangenen\nSchmierleistungen diente. \n\\- fur die Tat zu Ziffer 34 a) | ein Jahr und zwei Monate Freiheitsstrafe \n\\- fur die Tat zu Ziffer 34 b) | sechs Monate Freiheitsstrafe \n| Zusatzlich strafscharfend fiel auch hier die tateinheitlich verwirklichte\nUntreuehandlung zur Kompensation der empfangenen Schmiergeldleistung ins\nGewicht. \n\\- fur die Tat zu Ziffer 35 | sechs Monate Freiheitsstrafe \n| Strafscharfend fiel ins Gewicht, dass der Angeklagte ... sich die bereits\nbestehende korruptive Dauerbeziehung zwischen dem Mitangeklagten ... und dem\nUnternehmer ... zielgerichtet zu Nutzen machen wollte, um auch personlich\neinen wirtschaftlichen Nutzen fur sich daraus ziehen zu konnen. \n \n \n\n777\n\n \n\nAus den vorgenannten Einzelstrafen hat die Kammer unter Erhohung der hochsten\nverwirkten Einzelstrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe auf eine\n\n \n\n778\n\n \n\n**Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren**\n\n \n\n779\n\n \n\nerkannt.\n\n \n\n780\n\n \n\nDabei sind nochmals samtliche fur und gegen den Angeklagten sprechenden\nStrafzumessungskriterien umfassend in einer Gesamtbetrachtung berucksichtigt\nworden. Insbesondere hat die Kammer strafmildernd berucksichtigt, dass die\nEinzeltaten zum Teil schon lange zuruck liegen und aus einer Dauerbeziehung\ninnerhalb des Korruptionsgeflechts - wenngleich weniger ausgepragt als beim\nAngeklagten ... - heraus begangen worden sind, wobei die Hemmschwelle zur\nTatbegehung mit zunehmender Dauer sank. Deshalb und wegen des engen\nzeitlichen, sachlichen sowie situativen Zusammenhangs hat die Kammer hier\neinen besonders straffen Zusammenzug vorgenommen. Dies gilt auch hinsichtlich\nsamtlicher Untreuehandlungen, die letztlich - auch wenn sie nicht konkreten\nSchmiergeldzahlungen zuzuordnen waren wie in den tateinheitlich begangenen\nFallen - der Kompensation fur erhaltene Schmiergeldzahlungen dienten.\n\n \n\n781\n\n \n\nZudem wurde im Wege des Harteausgleichs strafmildernd berucksichtigt, dass\nhinsichtlich der Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Braunschweig\nvom 22.12.2009 Gesamtstrafenfahigkeit gegeben war, eine Gesamtstrafenbildung\naber wegen der vollstandigen Zahlung nicht mehr moglich war.\n\n \n\n782\n\n \n\n3\\. (Angeklagter ...)\n\n \n\n783\n\n \n\na) Bei der Strafzumessung betreffend den Angeklagten ... ist die Kammer von\nden nachfolgend bezeichneten Strafrahmen ausgegangen:\n\n \n\n784\n\n \n\naa) Auszugehen war bei den Taten wegen Bestechung (Taten zu den Ziffern 1 a)\nbis e), 2 a) und b), 3, 4 a) bis d), 5, 6, 8 a) bis k), 9, 10, 11, 12, 13, 14\na) bis e), 15 a) bis c), 16 a) bis i), 36 und 37 a) bis h)) jeweils vom\nStrafrahmen des § 334 Abs. 1 S. 1 StGB.\n\n \n\n785\n\n \n\nDer Angeklagte ... handelte jeweils gewerbsmaßig, denn er erhielt durch die\nZuwendungen mittelbare Vorteile zumindest durch die dadurch bedingten\nzusatzlichen Auftrage.\n\n \n\n786\n\n \n\nDie Taten zu den Ziffern 2 a) und b), 3, 8 a), 13 und 37 a) bezogen sich\ndaruber hinaus jeweils auf einen Vorteil großen Ausmaßes gem. § 335 Abs. 1 Nr.\n1 b und Abs. 2 Nr. 1 StGB.\n\n \n\n787\n\n \n\nEin Absehen von den die Strafrahmen erhohenden Regelwirkungen des § 335 Abs.1\nNr. 1 b, Abs. 2 Nrn. 1 und 3, 1. Alt. StGB war angesichts der dauerhaft\nbestehenden Korruptionsbeziehung in keinem Fall ersichtlich.\n\n \n\n788\n\n \n\nAusgehend von den jeweils erhohten Strafrahmen hinsichtlich samtlicher\nBestechungstaten war dieser gemaß §§ 46 b Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 i. V. m.\n49 Abs. 1 Nrn. 2 und 3, 3. Var. StGB zu mildern.\n\n \n\n789\n\n \n\nDie Kammer hat von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht und dem Angeklagten ...\naufgrund seiner erheblichen Aufklarungshilfe weit uber dieses Verfahren hinaus\ndie Moglichkeit dieser Strafmilderung zugebilligt. Der Angeklagte ... hat\ndurch seine fruhzeitigen Angaben, beginnend ab seiner Inhaftierung im\nErmittlungsverfahren, wesentlich dazu beigetragen, dass die ihm selbst sowie\njene den Mitangeklagten ... und ... zur Last gelegten und festgestellten Taten\nuberhaupt - wie festgestellt - aufgeklart werden konnten. Seine fruhzeitigen\nEinlassungen bereits im Ermittlungsverfahren erstreckten sich dabei weit uber\nseine eigenen Tatbeitrage hinaus nicht nur auf die hier festgestellten Taten,\nsondern auch auf weitere Taten, die Gegenstand weiterer zahlreicher\nErmittlungsverfahren gegen verantwortlich Handelnde des Landesamtes fur\nStraßenbau und Verkehr und weitere Unternehmer sind. Der Angeklagte ... hat so\nzugleich auch einen generalpraventiven wesentlichen Beitrag zur\nKorruptionsbekampfung im offentlichen Dienst geleistet. Aufgrund seiner\nAngaben konnten zahlreiche Spuren gegen weitere Beschuldigte seitens der\nErmittlungsbehorden uberhaupt erst nachverfolgt werden. Der Zeuge KOK ...\nkonnte hierzu detaillierte Angaben zum Stand der weiteren Ermittlungsverfahren\ngegen gesondert verfolgte Beschuldigte machen. Dabei ist die Kammer davon\nuberzeugt, dass die weiteren Ermittlungsverfahren jeweils auf einer guten\nBeweislage fußen, die auf die von Beginn an gestandigen Einlassungen des\nAngeklagten ... zuruckzufuhren sind. Die Kammer teilt insoweit ausdrucklich\ndie Einschatzung des Zeugen KOK ..., wonach die gestandigen Einlassungen des\nAngeklagten ... im Ermittlungsverfahren jeweils maßgeblich fur den Fortschritt\nder Aufdeckung eines weitaus großeren korruptiven Beziehungsgeflechts waren.\nDies gilt insbesondere hinsichtlich der Aufklarung naheliegender\nVerstrickungen auf Ebene der Landesbehorde fur Straßenbau und Verkehr selbst.\n\n \n\n790\n\n \n\nbb) Hinsichtlich der Tat zu Ziffer 7 ist die Kammer vom gemaß §§ 28 Abs. 1 i.\nV. m. 49 Abs. 1 Nr. 2 StGB gemilderten Strafrahmen des § 348 Abs. 1, 26 StGB\nausgegangen. Dieser gemilderte Strafrahmen wurde sodann ein weiteres Mal gem.\n§§ 46 b Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 i. V. m. 49 Abs. 1 Nr. 2 StGB gemildert.\nAuf die vorhergehenden Ausfuhrungen wird Bezug genommen. Dieser doppelt\ngemilderte Strafrahmen liegt oberhalb des ebenfalls gemaß § 46 b Abs. 1 Nr. 1\ni. V. m. 49 Abs. 1, S. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 StGB gemilderten Strafrahmens der\ntateinheitlich begangenen Vorteilsannahme, weshalb die festzusetzende\nEinzelstrafe sich an diesem hoheren Strafrahmen gemaß § 52 Abs. 2 S. 1 StGB\norientierte.\n\n \n\n791\n\n \n\ncc) Hinsichtlich der Beihilfehandlungen zu den gemeinschaftlich begangenen\nUntreuehandlungen der Mitangeklagten ... und ... in den Fallen zu den Ziffern\n17 und 18 ist die Kammer jeweils vom gem. §§ 27 Abs. 1 und 28 Abs. 1 StGB -\njeweils in Verbindung mit § 49 Abs. 1 Nr. 2 StGB - doppelt gemilderten\nStrafrahmen des § 266 Abs. 1 S. 1 StGB ausgegangen, da der Angeklagte keine\neigenen Treuepflicht hatte und die Einordnung des Tatbeitrags als Beihilfe\nnicht nur auf der fehlenden Treuepflicht fußte. Weiterhin hat die Kammer\nhinsichtlich der Tat zu Ziffer 17 den Strafrahmen zusatzlich gemaß §§ 46 b\nAbs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 StGB i. V. m. 49 Abs. 1 Nr. 2 StGB ein weiteres Mal\ngemildert.\n\n \n\n792\n\n \n\nb) Innerhalb der so aufgezeigten Strafrahmen hat die Kammer bei der\nFestsetzung der Einzelstrafen samtliche fur und gegen den Angeklagten ...\nsprechende Strafzumessungskriterien berucksichtigt:\n\n \n\n793\n\n \n\nZu Gunsten des Angeklagten ... war zunachst strafmildernd zu berucksichtigen,\ndass er bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Daruber\nhinaus war die nahezu vollstandige gestandige Einlassung des Angeklagten ...,\ndie auch bereits fruhzeitig im Ermittlungsverfahren erfolgte, strafmildernd zu\nberucksichtigen. Außer dem Tatvorwurf zu Ziffer 18, den er bis zuletzt\nbestritten hat, hat er alle ihm zur Last gelegten Taten eingeraumt. Zudem hat\ner in der Hauptverhandlung die von der Adhasionsklagerin geltend gemachten\nSchadensersatzanspruche vollumfanglich anerkannt. Vorab hat er ein\nSchuldanerkenntnis abgegeben und dinglich gesichert.\n\n \n\n794\n\n \n\nWeiterhin war strafmildernd zu berucksichtigen, dass der Angeklagte ...\nsamtliche bestandskraftig festgestellten Steuernachzahlungsforderungen im\nHinblick auf die hier festgestellten Taten bereits vollumfanglich beglichen\nhat.\n\n \n\n795\n\n \n\nWeiterhin war zu seinen Gunsten zu berucksichtigen, dass er echte Reue zeigte\nund bemuht war, "reinen Tisch zu machen". Er hat auch nicht versucht, seine\nTaten -wie der Angeklagte ... - zu relativieren. So scheute er beispielsweise\nim Zusammenhang mit seiner Einlassung hinsichtlich der Tat zu Ziffer 17 nicht\ndie sinngemaß wortliche Äußerung: "Ich war immer fleißig und wollte auch\nehrliche Arbeit machen. Hier muss ich aber sagen, dass ich auch schon damals\nwusste, dass ich den Staat da beschissen habe. Das ist wirklich eine\nRiesensauerei gewesen." Nicht selten wandte er sich in der Hauptverhandlung\nwahrend der Einlassungen sowie wahrend der Beweisaufnahme direkt an die\nMitangeklagten ... und ... mit den Worten: "Mensch ..., Mensch ... hort doch\nauf damit und sagt doch einfach wie es war."\n\n \n\n796\n\n \n\nZu seinen Gunsten war auch zu berucksichtigen, dass die Taten auf ein\ndauerhaftes korruptives Gesamtgeflecht zuruckzufuhren waren und der Angeklagte\n... letztlich auch deshalb handelte, um seinen laufenden Geschaftsbetrieb\naufrechtzuerhalten.\n\n \n\n797\n\n \n\nDer Angeklagte ist zudem aufgrund seines fortgeschrittenen Lebensalters und\nseiner Krankheit besonders haftempfindlich.\n\n \n\n798\n\n \n\nDemgegenuber fiel straferschwerend ins Gewicht, dass der Angeklagte ... selbst\nerheblich von den ihm pflichtwidrig erteilten Auftragen sowie den zahlreichen\nRechnungsmanipulationen und fingierten Rechnungen im Rahmen der\nBeihilfehandlungen zur Untreue der Mitangeklagten ... und ... profitiert hat.\nAufgrund des von ihm geforderten korruptiven Beziehungsgeflechts zu den\nMitangeklagten konnte er sich selbst nach Belieben von ihm durchzufuhrende\nArbeiten im ortlichen Zustandigkeitsbereich der Autobahnmeisterei Braunschweig\naussuchen und dadurch erheblich seinen Umsatz steigern.\n\n \n\n799\n\n \n\nUnter Berucksichtigung der jeweiligen Hohe der geleisteten Zuwendungen bzw.\nSchaden hat die Kammer die nachfolgend aufgefuhrten Einzelstrafen als tat- und\nschuldangemessen festgesetzt, wobei die einzelne Taten betreffenden weiteren\nZumessungskriterien berucksichtigt wurden:\n\n \n\n800\n\n \n--- \n\\- fur die Taten zu Ziffer 1 a) bis e) | jeweils sechs Monate Freiheitsstrafe \n\\- fur die Taten zu Ziffer 2 a) und b) | jeweils ein Jahr und funf Monate Freiheitsstrafe \n| Strafscharfend war zu berucksichtigen, dass er betrachtliche Zuwendungen\nleistete, die die Grenze eines großen Ausmaßes gemaß § 335 Abs. 1 Nr. 1 b,\nAbs. 2 Nr. 1 StGB weit uberschritten. In diesem Zusammenhang wies er\ninsbesondere die Unternehmer ... und ... vielfach vehement an, die Rechnungen\nals scheinbare Arbeitsleistungen zu Gunsten seines Einzelunternehmens\nabzurechnen, um weiterhin diese Kosten rechtswidrig als eigene\nBetriebsausgaben ungerechtfertigt steuerlich geltend machen zu konnen. \n\\- fur die Tat zu Ziffer 3 | ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe \n| Strafscharfend war hier zusatzlich zu berucksichtigen, dass auch hier die\nZuwendung uber die Tatbestandsmaßigkeit des Vorteils großen Ausmaßes i. S. d.\n§ 335 Abs. 1 Nr. 1 b, Abs. 2 Nr. 1 StGB weit hinaus reichte. Ebenfalls fiel\nstraferschwerend ins Gewicht, dass er dem Mitangeklagten ... den konkreten\nVorschlag zur Verschleierung der eigenen Geldzahlung durch das Fingieren einer\neigenen Bargeldabhebung des Mitangeklagten ... unterbreitete. Auf die\ndiesbezuglichen Ausfuhrungen zum Mitangeklagten ... wird inhaltlich Bezug\ngenommen. \n\\- fur die Taten zu Ziffer 4 a), c) und d) | Geldstrafe in Hohe von 90 Tagessatzen \n\\- fur die Tat zu Ziffer 4 b) | sechs Monate Freiheitsstrafe \n\\- fur die Taten zu Ziffer 5 und 6 | sechs Monate Freiheitsstrafe \n\\- fur die Tat zu Ziffer 7 | sechs Monate Freiheitsstrafe \n| Ebenso wie beim Mitangeklagten ... war auch hier zusatzlich besonders\nstrafscharfend zu berucksichtigen, dass der Angeklagte ... ausschließlich zur\nVermeidung personlicher Unannehmlichkeiten des Mitangeklagten ... auf den ihm\npersonlich bekannten Prufingenieur ... zuging und diesen zur unrichtigen\nBescheinigung der TÜV- Abnahme uberredete. Nur aufgrund dieser\nAnstiftungshandlung wird dieser vorhersehbar erhebliche berufliche\nSchwierigkeiten als Prufingenieur erlangen. Auf die entsprechenden\nAusfuhrungen zu dem Mitangeklagten ... wird verwiesen und inhaltlich Bezug\ngenommen. \n\\- fur die Tat zu Ziffer 8 a) | neun Monate Freiheitsstrafe \n\\- fur die Taten zu Ziffer 8 b), c), d), g), h), j) und k) | jeweils sechs Monate Freiheitsstrafe \n\\- fur die Taten zu Ziffer 8 e), f) und i) | jeweils Geldstrafe in Hohe von 90 Tagessatzen \n\\- fur die Taten zu Ziffer 9 bis 12 | jeweils sechs Monate Freiheitsstrafe \n\\- fur die Tat zu Ziffer 13 | neun Monate Freiheitsstrafe \n\\- fur die Taten zu Ziffer 14 a), b) und d) | jeweils sechs Monate Freiheitsstrafe \n\\- fur die Taten zu Ziffer 14 c) und e) | jeweils Geldstrafe in Hohe von 90 Tagessatzen \n\\- fur die Taten zu Ziffer 15 a) bis c) | jeweils Geldstrafe in Hohe von 90 Tagessatzen \n\\- fur die Taten zu Ziffer 16 a), b), d), e), g) und i) | jeweils Geldstrafe in Hohe von 90 Tagessatzen \n\\- fur die Taten zu Ziffer 16 c), f) und h) | jeweils sechs Monate Freiheitsstrafe \n\\- fur die Tat zu Ziffer 17 | ein Jahr und drei Monate Freiheitsstrafe \n| Hier war zusatzlich strafscharfend die hohe kriminelle Energie des\nAngeklagten ... zu bemessen, die auch in der Beihilfehandlung deutlich zum\nAusdruck kommt. Er selbst war der Nutznießer der Untreuehandlungen der\nMitangeklagten ... und ... Strafmildernd war demgegenuber hier besonders die\nvollinhaltliche gestandige Einlassung des Angeklagten ... zu berucksichtigen,\nohne die diese Tat moglicherweise nie hatte aufgeklart werden konnen. \n\\- fur die Tat zu Ziffer 18 | ein Jahr und neun Monate Freiheitsstrafe \n| Zusatzlich strafscharfend fiel hier ins Gewicht, dass auch hier der\nAngeklagte ... als Gehilfe Nutznießer der Untreuehandlung in erheblicher\nGroßenordnung war. \n\\- fur die Tat zu Ziffer 36 | Geldstrafe in Hohe von 90 Tagessatzen \n\\- fur die Tat zu Ziffer 37 a) | neun Monate Freiheitsstrafe \n\\- fur die Taten zu Ziffer 37 b), c), d), e) und f) | jeweils Geldstrafe in Hohe von 90 Tagessatzen \n\\- fur die Taten zu Ziffer 37 g) und h) | jeweils sechs Monate Freiheitsstrafe. \n \n \n\n801\n\n \n\nDie Hohe des Tagessatzes hat die Kammer mit 115,00 € bemessen.\n\n \n\n802\n\n \n\nAus den vorgenannten Einzelstrafen hat die Kammer sodann unter Erhohung der\nhochsten verwirkten Einzelstrafe von einem Jahr und neun Monaten\nFreiheitsstrafe auf eine\n\n \n\n803\n\n \n\n**Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten**\n\n \n\n804\n\n \n\nerkannt.\n\n \n\n805\n\n \n\nDabei sind nochmals samtliche fur und gegen den Angeklagten ... sprechenden\nStrafzumessungskriterien umfassend in einer Gesamtbetrachtung berucksichtigt\nworden. Insbesondere hat die Kammer dabei strafmildernd berucksichtigt, dass\ndie Einzeltaten zum Teil schon lange zuruck liegen und aus einer zunehmend\nerstarkten Dauerbeziehung innerhalb des Korruptionsgeflechts heraus begangen\nworden sind, wobei die Hemmschwelle zur Tatbegehung besonders fur den\nAngeklagten ... als Hauptgeber, der sich zunehmenden Forderungen ausgesetzt\nsah, mit zunehmender Dauer sank. Wegen des zusatzlichen engen zeitlichen,\nsachlichen sowie situativen Zusammenhangs hat die Kammer hier ebenfalls einen\nstraffen Zusammenzug vorgenommen. Dies gilt auch hinsichtlich der\nBeihilfehandlungen zur Untreue die letztlich der Kompensation fur geleistete\nSchmiergeldzahlungen dienten.\n\n \n\n806\n\n \n\nVor dem Hintergrund der korruptiven Dauerbeziehungen hat die Kammer die\nverhangte Gesamtfreiheitsstrafe als unbedingt erforderlich, aber auch\nausreichend erachtet, um dem Angeklagten ... das Unrecht der von ihm\nbegangenen Taten vor Augen zu fuhren. Trotz der Anwendung des § 46 b Abs. 1\nNr. 1 StGB sowie unter zusatzlicher Berucksichtigung samtlicher weiterer fur\nden Angeklagten sprechender positiver Strafzumessungsgesichtspunkte kam im\nHinblick auf das Gesamtunrecht der ihm zur Last gelegten und festgestellten\nTaten die Verhangung einer Gesamtfreiheitsstrafe, deren Vollstreckung zur\nBewahrung hatte ausgesetzt werden konnen, nicht in Betracht. Insoweit hat die\nKammer keine Veranlassung gesehen, von der Ausnahmeregelung des § 53 Abs. 2 S.\n2 StGB Gebrauch zu machen, da bereits wegen der verhangten\nEinzelfreiheitsstrafen die Grenze des § 56 Abs. 2 StGB bei der\nGesamtstrafenbildung uberschritten werden musste.\n\n \n\n \n\n**VI.**\n\n \n\n \n\n1.\n\n \n\n807\n\n \n\na) Der Angeklagte ... hat aus den zu II.) festgestellten Taten unmittelbar\nnachfolgende Vermogenswerte erlangt:\n\n \n\n808\n\n \n\nBargeld in Hohe von 131.550,00 € aus den Taten zu Ziffer 1 (10.000,00 €),\nZiffer 3 (100.000,00 €), Ziffer 21 (9.300,00 €), Ziffer 32 b) (2.750,00 €) und\nZiffern 33 d), e), f) und g) (9.500,00 €).\n\n \n\n809\n\n \n\nEr hat ferner Aufwendungen im Wert von 172.633,05 € erspart bei den Taten zu\nden Ziffern 2 a) bis b) (120.465,58 €), Ziffern 4 a) bis d) (2.310,05 €),\nZiffer 5 (7.883,75 €), Ziffer 6 (5.000,00 €), Ziffer 7 (58,00 €), Ziffer 26\n(1.793,33 €), Ziffer 27 (4.760,00 €), 28 a) und b) (16.945,90 €), Ziffer 29\n(10.362,33 €), Ziffer 30 (1.674,71 €), Ziffer 31 (1.379,40 €).\n\n \n\n810\n\n \n\nDer Angeklagte hat mithin insgesamt unmittelbare Vermogensvorteile in Hohe von\ninsgesamt 304.183,05 € erlangt.\n\n \n\n811\n\n \n\nb) In Hohe von insgesamt 15.158,90 € stehen der Anordnung des Verfalls von\nWertersatz (§ 73 a StGB) Anspruche von Verletzten gem. § 73 Abs. 1 S. 2 StGB\nentgegen:\n\n \n\n812\n\n \n\nHinsichtlich der Tat zu Ziffer 26 (Beihilfe zur Untreue) stehen der Anordnung\ndes Verfalls von Wertersatz Schadensersatzanspruche der durch die\nUntreuehandlung geschadigten ... GmbH zumindest in Hohe des\nNettorechnungsbetrages von 1.507,00 € entgegen.\n\n \n\n813\n\n \n\nHinsichtlich der Taten zu den Ziffern 21, 32 b) und 33 e) (jeweils\nBestechlichkeit in Tateinheit mit Untreue zum Nachteil des Dienstherrn) stehen\nder Verfallsanordnung Anspruche des verletzten Dienstherrn in Hohe der durch\ndie jeweils tateinheitliche Begehung der Untreuehandlungen verwirklichten\nVermogensschaden zu, mithin die Nettobetrage der manipulierten Rechnungen bei\nden Taten zu Ziffer 21 (9.252,85 €), Ziffer 32 b) (680,00 €) und Ziffer 33 e)\n(2.339,65 €).\n\n \n\n814\n\n \n\nZwar ist bei Bestechungsdelikten nach den §§ 331 ff. StGB der Dienstherr eines\nAmtstragers grundsatzlich nicht Verletzter. Stellt aber der Bestechungslohn\nspiegelbildlich den Schadensnachteil im Rahmen einer Betrugs- oder\nUntreuehandlung des Bestochenen dar, so muss eine Verfallsanordnung\nunterbleiben, um eine doppelte Inanspruchnahme auszuschließen (vgl. hierzu\nFischer, 57. Auflage, § 73 Rn. 22). Aus der Tat zum Nachteil des Dienstherrn\nist der Bestechungslohn dann erlangt, wenn er mit dem durch das pflichtwidrige\nHandeln entstandenen Schaden inhaltlich so verknupft ist, dass der\nVermogensnachteil des Dienstherrn und der Vermogenszuwachs beim Tater\ngleichsam spiegelbildlich miteinander korrespondieren, etwa wenn einem Dritten\nVorteile aus dem Vermogen des Dienstherrn verschafft werden, die dessen\nAufwendungen fur den Bestechungslohn kompensieren oder die ganz oder teilweise\ndem Tater zufließen sollen (vgl. BGH Urteil vom 24.06.2010 - 3 StR 84/10, Rn.\n17 m. w. N.). Das war hier jeweils der Fall.\n\n \n\n815\n\n \n\nHinsichtlich der Tat zu Ziffer 31 (Untreue zum Nachteil des Landes) stehen dem\nDienstherrn ebenfalls Schadensersatzanspruche in Hohe der vom Angeklagten\nersparten Aufwendungen fur privat veranlasste Fahrten in Hohe von 1.379,40 €\nzu. Auch hinsichtlich dieses Betrages konnte Verfall von Wertersatz nicht\nangeordnet werden. Der Teilbetrag von 149,90 € ist in den im Tenor\nfestgestellten Anspruchen der Verletzten allerdings nicht enthalten, weil die\nentsprechenden Aufwendungen im Jahr 2006 - somit vor Inkrafttreten des § 111 i\nAbs. 2 StPO n. F. - erspart wurden.\n\n \n\n816\n\n \n\nWeitere Anspruche des Dienstherrn hinsichtlich der erhaltenen Zuwendungen\nstehen der Anordnung des Verfalls von Wertersatz nicht entgegen.\n\n \n\n817\n\n \n\nZwar kann nach der auf den Angeklagten ... als Beamter des Landes\nNiedersachsen anwendbaren gesetzlichen Regelung der §§ 1 NBG i. V. m. 42 Abs.\n2 BeamtStG der Dienstherr grundsatzlich die Herausgabe des Erlangten\nverlangen. Der Beamte ist demnach verpflichtet, einen erlangten\nVermogensvorteil in Bezug auf sein Amt dem Dienstherrn wieder herauszugeben.\nDies kann jedoch nur verlangt werden, soweit nicht in einem Strafverfahren der\nVerfall oder der Verfall von Wertersatz angeordnet wird. Dem Verfallsanspruch\ndes Staates kommt nach dieser Regelung der Vorrang zu (vgl. betr.\nBundesbeamte: BGH- Urteil vom 24.06.2010 - 3 StR 84/10 Rn. 19 mit Hinweis auf\nBVerwGE 115, 389, OVG Munster NVWZRR 2003, 136). Ersatzanspruche des\nDienstherrn auf Herausgabe des Erlangten nach den Vorschriften der §§ 687 Abs.\n2, 681 Satz 2, 667 BGB bestehen ebenfalls nicht, denn diese Vorschriften sind\nauf das Beamtenverhaltnis nicht anwendbar (vgl. BGH- Urteil vom 24.06.2010 - 3\nStR 84/10 Rn. 20 mit Hinweis auf BVerwGE 115, 389; so auch BGH NStZ 2000, 589\n(590), BGH NStZ 2003, 423; BGH- Urteil vom 14.02.2007 - 5 StR 323/06).\n\n \n\n818\n\n \n\nDer nach Abzug von 15.189,50 € verbleibende Betrag von 289.024,15 € ubersteigt\nden im Tenor angeordneten Verfallsbetrag um 2.750,00 €. Dies beruht auf einen\nversehentlichen Eingabefehler des erhaltenen Betrages in Hohe von 2.750,00 €\nin das von der Kammer verwendete Berechnungsprogramm, der erst bei Absetzung\ndes schriftlichen Urteils bemerkt wurde. Insoweit ist die - fur den\nAngeklagten gunstigere - Anordnung im Tenor maßgeblich.\n\n \n\n819\n\n \n\nDer Anordnung des Verfalls von Wertersatz und der Feststellung\nentgegenstehender Anspruche Dritter in erkannter Hohe steht die\nHartevorschrift des § 73 c StGB nicht entgegen. Ausweislich der festgestellten\nVermogensverhaltnisse ist kein Grund ersichtlich, der geeignet ware die\nLiquiditat des Angeklagten ... im Ansatz in Frage zu stellen. Bestandskraftige\nSteuerfestsetzungen hinsichtlich der zusatzlichen Einkunfte aus Schmiergeldern\nliegen bisher nicht vor. Bei der noch zu erwartenden Festsetzung wurde sich\ndie Begleichung eines Verfallsbetrages zudem steuermindernd auswirken.\n\n \n\n \n\n2.\n\n \n\n820\n\n \n\na) Der Angeklagte ... hat aus den zu II.) festgestellten Taten zu den Ziffern\n8 - 13 und 32 - 35 Bargeld in Flohe von insgesamt 91.694,99 € erlangt. Aus den\nTaten zu den Ziffern 14 -16 hat er eine Ersparnis von Aufwendungen in Hohe von\n14.438,17 € erlangt.\n\n \n\n821\n\n \n\nDer Angeklagte ... hat mithin aus den vorgenannten Taten unmittelbar\nVermogensvorteile in Hohe von insgesamt 106.133,16 € gem. § 73 Abs. 1 S. 1\nStGB erlangt.\n\n \n\n822\n\n \n\nb). Der Anordnung des Verfalls von Wertersatz gem. § 73 a StGB stehen jedoch\nSchadensersatzanspruche des Dienstherrn gegen den Angeklagten ... in\nentsprechender Hohe gem. § 73 Abs. 1 S. 2 StGB entgegen. Der Angeklagte ...\nwar nicht verbeamteter Angestellter der Autobahnmeisterei Braunschweig. Fur\nihn gilt insoweit - anders als bei Beamten -, dass dem Dienstherrn gegen ihn\nein Ersatzanspruch auf Herausgabe der erlangten Schmiergelder nach den §§ 687\nAbs. 2, 681 Satz 2, 667 BGB zusteht.\n\n \n\n823\n\n \n\nWeil diese Anspruche letztlich der Kompensation der Interessen des\nGeschaftsherrn dienen, unterfallen sie uneingeschrankt der Vorrangbestimmung\ndes § 73 Abs. 1 S. 2 StGB (so auch BGH 5 StR 323/06 a. a. O.). Fur eine\nFeststellung der entgegenstehenden Anspruche der Verletzten im Tenor war indes\nkein Raum, weil § 111 i Abs. 2 StPO mangels Vorliegens eines dinglichen\nArrests keine Anwendung findet.\n\n \n\n \n\n3.\n\n \n\n824\n\n \n\nDer Angeklagte ... hat aus den Taten zu II.) (dort Ziffern 17 und 18) Bargeld\nin Hohe von netto 152.765,40 € erlangt. Soweit er unmittelbar aus der Tat zu\nZiffer 19 weitere 31.733,41 € erlangt hat, so war dies gemaß § 73 Abs. 1 S. 1\nStGB ohne Bedeutung. Der Angeklagte ... wurde dieser Tat nicht angeklagt. Der\nAnordnung des Verfalls von Wertersatz gem. § 73 a StGB in vorgenannter Hohe\nstehen jedoch gemaß § 73 Abs. 1 S. 2 StGB in entsprechender Hohe Rechte des\nVerletzten entgegen.\n\n \n\n \n\n4.\n\n \n\n825\n\n \n\nDaruber hinaus waren die im Tenor genannten Gegenstande, die wahrend des\nErmittlungsverfahrens sichergestellt wurden, als Tatmittel gemaß § 74 StGB\neinzuziehen. Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass diese Gegenstande der\nTatbegehung dienten. Nach den glaubhaften Bekundungen des dazu vernommenen\nZeugen KOK ... enthielten die Rechner und das i-Phone, die ausgewertet wurden,\njeweils beweiserhebliche Daten, die den sicheren Schluss zulassen, dass diese\nGegenstande zur Organisation, Vorbereitung und Ausfuhrung der Taten dienten.\n\n \n\n \n\n**VII.**\n\n \n\n826\n\n \n\nDer Angeklagte ... war auf die zulassig erhobenen Klageantrage der\nAdhasionsklagerin gemaß seinem sowie dem ubereinstimmenden Anerkenntnis seines\nVerteidigers in der Hauptverhandlung vom 26.09.2011 zu verurteilen, § 406 Abs.\n2 StPO.\n\n \n\n \n\n**VIII.**\n\n \n\n827\n\n \n\nDie Kostenentscheidung folgt aus §§ 465, 466, 467 StPO.\n\n \n\n828\n\n \n\nDie Kostenentscheidung zum Adhasionsverfahren folgt aus § 472 a Abs. 1 StPO.\n\n \n\n829\n\n \n\nDie Entscheidung uber die vorlaufige Vollstreckbarkeit findet ihre rechtliche\nGrundlage in den Regelungen der §§ 406 b StPO, 708 Nr. 1 ZPO.\n\n \n\n* * *\n\n![Abkürzung Fundstelle](/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-\ninfo.gif) Diesen Link konnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses\nDokument verlinken mochten: \nhttp://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=JURE150013184&psml=bsndprod.psml&max=true\n\n |
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190,750 | olgce-2011-09-13-32-ss-11911 | 603 | Oberlandesgericht Celle | olgce | Niedersachsen | 32 Ss 119/11 | 2011-09-13 | 2019-02-11 14:17:35 | 2019-02-12 13:58:27 | Beschluss | #### Tenor\n\n \n\n1\\. Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss der 7.\nkleinen Strafkammer des Landgerichts Buckeburg vom 05.07.2011 wird mit der\nMaßgabe verworfen, dass die Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses,\nsoweit sie die Verwerfung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen\nStand betrifft, aufgehoben wird.\n\n \n\n2\\. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen\ndie Versaumung der Frist zur Einlegung der Revision ist gegenstandslos.\n\n \n\n3\\. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 7. kleinen Strafkammer\ndes Landgerichts Buckeburg vom 12.05.2011 wird als unzulassig verworfen.\n\n \n\n4\\. Der Angeklagte hat die Kosten des Beschwerde- und des Revisionsverfahrens\nzu tragen.\n\n#### Grunde\n\n \n\nI.\n\n1\n\n \n\nDas Amtsgericht Rinteln hat den Angeklagten am 02.11.2010 wegen Diebstahls in\n3 Fallen, dabei in einem Fall in Tateinheit mit Hausfriedensbruch, wegen\nBetruges sowie wegen vorsatzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer\nGesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Ferner hat es dem\nAngeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Fuhrerschein eingezogen und\nangeordnet, dass ihm vor Ablauf von zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis\nerteilt werden darf.\n\n2\n\n \n\nDie dagegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Buckeburg\nam 12.05.2011 gem. § 329 Abs. 1 StPO verworfen, nachdem der Angeklagte trotz\nordnungsgemaßer Ladung zum Hauptverhandlungstermin nicht erschienen war und\nsein Ausbleiben nicht hinreichend entschuldigt hatte. Das Verwerfungsurteil\nist dem Angeklagten am 18.05.2011 und seinem beigeordneten Verteidiger am\n19.05.2011 zugestellt worden.\n\n3\n\n \n\nMit Schriftsatz vom 26.05.2011, bei Gericht eingegangen am selben Tag, hat der\nAngeklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versaumung der\nBerufungshauptverhandlung beantragt und zugleich Revision eingelegt fur den\nFall der Verwerfung des Wiedereinsetzungsantrags.\n\n4\n\n \n\nZur Begrundung des Wiedereinsetzungsgesuchs hat er - erstmalig - vorgetragen,\ner sei am 12.05.2011 reise- und verhandlungsunfahig erkrankt gewesen und er\nhabe deswegen zum Hauptverhandlungstermin nicht erscheinen konnen. Zur\nGlaubhaftmachung hat er ein arztliches Attest vom 20.05.2011 vorgelegt, in dem\nes heißt, der Angeklagte sei am 12.05.2011 "akut erkrankt und weder reisefahig\nnoch in der Lage [gewesen] vor Gericht zu erscheinen".\n\n5\n\n \n\nZur Begrundung der Revision erhebt der Angeklagte zwei Verfahrensrugen sowie\ndie allgemeine Sachruge. Im Rahmen der Ruge der Verletzung formellen Rechts\nwird zunachst der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO geltend gemacht\nund ausgefuhrt, die Hauptverhandlung sei in Abwesenheit des Angeklagten\ndurchgefuhrt worden, obwohl dieser, belegt durch „jetzt vorgelegtes arztliches\nAttest" am Hauptverhandlungstag reise- und verhandlungsunfahig gewesen sei.\nFerner wird die Verletzung der Amtsaufklarungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO\nbeanstandet mit der Begrundung, die Kammer habe zum\nBerufungshauptverhandlungstermin keine Zeugen geladen, obwohl die Berufung\nunbeschrankt eingelegt worden sei. Die Erwagungen, mit denen die allgemeine\nSachruge ausgefuhrt wird, erschopfen sich in Angriffen gegen die Anwendung\nmateriellen Rechts im amtsgerichtlichen Urteil.\n\n6\n\n \n\nMit Beschluss vom 08.06.2011 hat das Landgericht Buckeburg den\nWiedereinsetzungsantrag als unzulassig verworfen, weil der Angeklagte die\nWiedereinsetzung nicht binnen einer Woche nach Zustellung des\nVerwerfungsurteils an ihn beansprucht hatte (§ 329 Abs. 3 StPO).\n\n7\n\n \n\nDaraufhin hat der Angeklagte mit Schriftsatz vom 10.06.2011 beantragt, ihm\nWiedereinsetzung in den vorigen Stand sowohl gegen die Versaumung der\nWiedereinsetzungsfrist zu gewahren als auch gegen die - von ihm irrig\nangenommene - Versaumung der Frist zur Einlegung der Revision.\n\n8\n\n \n\nHierauf hat das Landgericht Buckeburg dem Angeklagten mit Beschluss vom\n05.07.2011 - unter Gewahrung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen\ndie Versaumung der Wiedereinsetzungsfrist - die Wiedereinsetzung in den\nvorigen Stand gegen die Versaumung der Berufungshauptverhandlung erneut\nversagt. Es hat den entsprechenden Antrag nunmehr als unbegrundet verworfen,\nweil der Angeklagte nicht glaubhaft gemacht habe, den Termin schuldlos\nversaumt zu haben. Das hierzu vorgelegte arztliche Attest enthalte weder eine\nDiagnose noch sonstige Angaben zu der Erkrankung, was zur Glaubhaftmachung\nerforderlich sei.\n\n9\n\n \n\nDagegen wendet sich der Angeklagte mit der sofortigen Beschwerde.\n\n10\n\n \n\nDie Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die sofortige Beschwerde als\nunbegrundet und die Revision als unzulassig zu verwerfen.\n\n \n\n \n\nII.\n\n11\n\n \n\nDie Rechtsmittel fuhren nicht zum Erfolg.\n\n \n\n12\n\n \n\n1\\. Die sofortige Beschwerde ist zulassig, in der Sache jedoch nicht\nbegrundet.\n\n13\n\n \n\nDie Grunde der angefochtenen Entscheidung - auf die zur Vermeidung von\nWiederholungen Bezug genommen wird - treffen zu. Ihnen gegenuber greift das\nBeschwerdevorbringen nicht durch.\n\n14\n\n \n\nDie Generalstaatsanwaltschaft hat dazu wie folgt Stellung genommen:\n\n15\n\n \n\n„Der Angeklagte hat damit bis heute die Grunde fur sein Ausbleiben in der\nBerufungshauptverhandlung weder hinreichend dargelegt noch glaubhaft gemacht.\n\n16\n\n \n\nEin krankheitsbedingtes Ausbleiben in der Hauptverhandlung ist nur dann\nentschuldigt, wenn dem Angeklagten eine Teilnahme an dieser aufgrund von Art\nund Auswirkungen seiner Krankheit unzumutbar war. Dies setzt eine detaillierte\nDarlegung der konkreten Symptomatik der Erkrankung voraus, aufgrund derer der\nAngeklagte am Erscheinen gehindert war (OLG Celle, Beschluss vom 16.09.2009, 2\nWs 109/09; OLG Celle, Beschluss vom 19.01.2010, 1 Ws 22/10; Meyer-Goßner,\nStPO, 54. Auflage, § 329 Rdnr. 26 m. w. Nachw.). Das vom Angeklagten\nvorgelegte Attest weist weder eine Diagnose noch Art und Umfang der\nerforderlichen Behandlung aus. Aus ihm ergibt sich noch nicht einmal, ob am\n12.05.2011 uberhaupt eine eigene Untersuchung des Angeklagten durch den\nausstellenden Arzt stattgefunden hat. Dies genugt den Anforderungen an eine\nhinreichende Darlegung und Glaubhaftmachung einer krankheitsbedingten\nVerhinderung des Angeklagten nicht. Das Landgericht war nach den vagen Angaben\ndes Beschwerdefuhrers zu seiner Verhinderung nicht gehalten, im\nWiedereinsetzungsverfahren von Amts wegen weitere Nachforschungen anzustellen\n(vgl. OLG Celle, Beschluss vom 16.09.2009, 2 Ws 109/09)."\n\n17\n\n \n\nDem tritt der Senat bei.\n\n18\n\n \n\nDamit war der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die\nVersaumung der Hauptverhandlung bereits unzulassig erhoben und aus diesem\nGrund zuruckzuweisen. Bei der Darlegung der konkreten Grunde fur die Saumnis\nund bei ihrer Glaubhaftmachung handelt es sich um Zulassigkeitsvoraussetzungen\n(Meyer-Goßner, a.a.O., § 45, Rdnr. 5 und 6).\n\n19\n\n \n\nDaruber hinaus ist lediglich Folgendes auszufuhren:\n\n20\n\n \n\nSoweit das Landgericht dem Angeklagten mit Beschluss vom 05.07.2011 die Kosten\ndes Wiedereinsetzungsverfahrens auch insoweit auferlegt hat, als es den Antrag\nauf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versaumung der\nBerufungshauptverhandlung verworfen hat, war die Kostenentscheidung -\nlediglich zur Klarstellung - aufzuheben. Eine Kostenentscheidung nach § 473\nAbs. 7 StPO ist nur bei Gewahrung der Wiedereinsetzung veranlasst. Bei\nAntragsverwerfung gehoren die durch den Antrag entstandenen Kosten zu den\nVerfahrenskosten, mit denen der Antragsteller schon belastet ist (Meyer-\nGoßner, a.a.O., § 473, Rdnr. 38 m.w.N). Diese hatte das Landgericht dem\nAngeklagten bereits mit dem Verwerfungsurteil vom 12.05.2011 auferlegt.\n\n \n\n21\n\n \n\n2\\. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die - irrig\nangenommene - Versaumung der Frist zur Einlegung der Revision ist\ngegenstandslos.\n\n22\n\n \n\nDie Revisionseinlegungsfrist ist nicht versaumt worden. Das Verwerfungsurteil\nist dem Angeklagten zwar am 18.05.2011 zugestellt worden, jedoch daneben auch\nseinem beigeordneten Verteidiger, und zwar erst am 19.05.2011. Wird die fur\neinen Beteiligten bestimmte Zustellung an mehrere Empfangsberechtigte bewirkt,\nso richtet sich gem. § 37 Abs. 2 StPO die Berechnung der Frist nach der\nzuletzt bewirkten Zustellung. Danach ist die einwochige\nRevisionseinlegungsfrist des § 341 Abs. 1 StPO mit Eingang der Revision bei\nGericht am 26.05.2011 gewahrt.\n\n \n\n23\n\n \n\n3\\. Die Revision war gem. § 349 Abs. 1 StPO als unzulassig zu verwerfen.\n\n24\n\n \n\nDie Generalstaatsanwaltschaft hat zu der Revisionsbegrundung wie folgt\nStellung genommen:\n\n25\n\n \n\n„a) Soweit die Revision die Verletzung des § 329 StPO rugt, genugt das\nVorbringen nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Zur\nformgerechten Begrundung einer Verfahrensruge gegen ein Verwerfungsurteil nach\n§ 329 Abs. 1 StPO ist es erforderlich, dass die Revision unter Angabe\nbestimmter Tatsachen ausfuhrt, das Berufungsgericht habe zum Zeitpunkt seiner\nEntscheidung den Rechtsbegriff der genugenden Entschuldigung verkannt oder in\nsonstiger Weise die Voraussetzungen des § 329 Abs. 1 StPO missachtet (Gossel\nin: Lowe-Rosenberg, StPO, 25. Auflage, § 329 Rdnr. 100, 102; OLG Karlsruhe\nNStZ-RR 2010, 287 f.; OLG Munchen NStZ-RR 2006, 20 ff., Meyer-Goßner, StPO,\n54. Auflage, § 329 Rdnr. 48). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Vielmehr\nbeschrankt sich die Revision auf den Vortrag, dass der Verteidiger dem Gericht\nmitgeteilt habe, der Angeklagte habe ihm gegenuber bekundet, entgegen seinen\nursprunglichen Absichten doch zur Hauptverhandlung erscheinen zu wollen (RB S.\n2). Der Revisionsfuhrer unterlasst es insoweit, die einen Verfahrensmangel\nbegrundenden Tatsachen mitzuteilen, d.h. gegen welche Handlungen oder\nUnterlassungen des Gerichts der Vorwurf der fehlerhaften Verfahrensweise\nerhoben wird und inwiefern gegen das Gesetz verstoßen worden ist.\n\n26\n\n \n\nAuf das nachtraglich eingereichte arztliche Attest kann die Revision die\nVerfahrensruge nicht stutzten, weil es der Berufungskammer zum Zeitpunkt ihrer\nEntscheidung noch nicht vorlag (vgl. Gossel in: Lowe-Rosenberg, StPO, 25.\nAuflage, § 329 Rdnr. 102 m. w. Nachw.).\n\n27\n\n \n\nIm Übrigen ware die Ruge daher auch unbegrundet, weil das vom Landgericht\nerlassene Prozessurteil gemaß § 329 Abs. 1 StPO frei von Rechtsfehlern ist. Es\nlagen zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts uberhaupt keine\nAnhaltspunkte fur eine genugende Entschuldigung des Fernbleibens des\nAngeklagten vor.\n\n \n\n28\n\n \n\nb) Die Ruge der Verletzung des § 244 Abs. 2 StPO ist unzulassig. Die Revision\nverkennt, dass es sich bei dem angefochtenen Urteil um ein Prozessurteil\nhandelt und nicht um eine Sachentscheidung in Bezug auf den\nVerfahrensgegenstand. „Entscheidungsreife" des Verfahrens ist nicht\nVoraussetzung fur die Anwendung des § 329 Abs. 1 StPO.\n\n29\n\n \n\nc) Auch die erhobene Sachruge ist unzulassig, weil der Revisionsfuhrer darin\nausschließlich die Anwendung sachlichen Rechts im amtsgerichtlichen Urteil\nangreift, welches nicht Gegenstand der Revision ist (vgl. Gossel in: Lowe-\nRosenberg, StPO, 25. Auflage, § 329 Rdn. 98; Meyer-Goßner, StPO, 54. Auflage,\n§ 329 Rdn. 49 m. w. Nachw.)."\n\n30\n\n \n\nAuch dem tritt der Senat bei.\n\n31\n\n \n\nErganzend ist lediglich auszufuhren, dass auch die Geltendmachung des\nabsoluten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 5 StPO nicht durchgreift. Diese\nVorschrift sichert die Pflicht zur Anwesenheit der notwendigen\nVerfahrensbeteiligten, wobei anerkannt ist, dass die Abwesenheit nur dann\nschadet, wenn sie sich auf wesentliche Teile der Hauptverhandlung erstreckt\n(Hanack in: Lowe-Rosenberg, a.a.O., § 338, Rdnr. 84 m.w.N.). Es liegt deshalb\ngrundsatzlich kein Verstoß gegen diese Vorschrift vor, wenn der Angeklagte als\nder Rechtsmittelfuhrer der Berufungsverhandlung fernbleibt und die Strafkammer\nnach § 329 Abs. 1 StPO verfahrt. Denn in diesem Fall wird weder zur Sache\nverhandelt noch werden insoweit irgendwelche Feststellungen zum Schuld- oder\nStrafausspruch getroffen, sondern gerade wegen der Abwesenheit des Angeklagten\nlediglich die verfahrensrechtliche Frage gepruft, ob die Voraussetzungen fur\ndie Anwendung des § 329 Abs. 1 StPO vorliegen (OLG Stuttgart, NStZ-RR 2004,\n338; OLG Hamm, NJW 1970, 1245; Gossel in: Lowe-Rosenberg, a.a.O., § 329, Rdnr.\n31).\n\n \n\n \n\nIII.\n\n32\n\n \n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs.1 StPO.\n\n33\n\n \n\nDer Umfang des Teilerfolgs der sofortigen Beschwerde ist gering. Angesichts\ndessen erscheint es nicht unbillig, dem Angeklagten die gesamte Kostenlast\nauch im Beschwerdeverfahren aufzuerlegen (§ 473 Abs. 4 StPO).\n\n* * *\n\n![Abkürzung Fundstelle](/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-\ninfo.gif) Diesen Link konnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses\nDokument verlinken mochten: \nhttp://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=KORE226752011&psml=bsndprod.psml&max=true\n\n |
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190,918 | lg-osnabruck-2011-07-20-12-o-80211 | 596 | Landgericht Osnabrück | lg-osnabruck | Osnabrück | Niedersachsen | Ordentliche Gerichtsbarkeit | Landgericht | 12 O 802/11 | 2011-07-20 | 2019-02-11 14:23:13 | 2019-02-12 13:58:55 | Urteil | #### Tenor\n\n \n\n1) Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klagerin fur\ndas im Erbbaugrundbuch von G. Blatt 1087 eingetragene Erbbaurecht einen\nweiteren jeweils am 1. 7. eines jeden Jahres falligen jahrlichen Erbbauzins in\nHohe von 216,89 € fur den Zeitraum seit dem 1. 1. 2010 zu zahlen.\n\n \n\n \n\n2) Die Beklagten werden weiter verurteilt, die Eintragung eines weiteren\njahrlichen Erbbauzinses fur den Zeitraum seit dem 1. 1. 2010 in Hohe von\njahrlich weiteren 216,89 € als selbstandige Reallast fur den jeweiligen\nGrundstuckseigentumer im Erbbaugrundbuch von G., Blatt 1087, unter teilweiser\nAusnutzung der Vormerkung im Rang der Vormerkung zu bewilligen.\n\n \n\n \n\n3) Die Beklagten werden weiter als Gesamtschuldner verurteilt, die Klagerin\nvon der in diesem Rechtsstreit entstandenen Gebuhrenforderung der Sozietat M.\nHohe von 92,82 € freizustellen.\n\n \n\n \n\n4) Es wird festgestellt, dass jede der Vertragsparteien verlangen kann, dass\nder Erbbauzins fruhestens nach Ablauf von 5 Vertragsjahren nach der letzten\nAnpassung auf seine Angemessenheit uberpruft wird. Ergibt sich bei der\nÜberprufung, dass der vom Statistischen Bundesamt festgelegte\nVerbraucherpreisindex, wie er fur den Durchschnitt eines Kalenderjahres fur\ndie Bundesrepublik Deutschland amtlich festgestellt wird\n(Verbraucherpreisindex) sich gegenuber der letzten Erbbauzinsfestsetzung um\nmindestens 10 Punkte verandert hat, konnen der Grundstuckseigentumer und der\nErbbauberechtigte jeder fur sich eine Erbbauzinserhohung oder -verringerung\nverlangen. Diese Erhohung oder Verringerung soll der seit der letzten\nErbbauzinsfestsetzung eingetretenen Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen\nVerhaltnisse, mindestens aber der Änderung des vorgenannten\nVerbraucherpreisindexes entsprechen, sofern dies nicht unbillig ist.\n\n \n\n \n\nDie weitergehende Klage wird abgewiesen.\n\n \n\n \n\n5) Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.\n\n \n\n \n\n6) Das Urteil ist vorlaufig vollstreckbar. Die Beklagten konnen die\nVollstreckung durch Sicherheitsleistung in Hohe von 110 % des vollstreckbaren\nBetrages abwenden, wenn nicht die Klagerin vor der Vollstreckung Sicherheit in\nHohe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.\n\n#### Tatbestand\n\n1\n\n \n\nDie Klagerin begehrt von den Beklagten und in 25 weiteren bei der Kammer\nanhangigen Verfahren Zahlung eines um 10,44 % erhohten Erbbauzinses fur die\nstreitgegenstandlichen Grundstucke, sowie Feststellung, dass weitere\nAnpassungen in der Zukunft vorgenommen werden konnen.\n\n2\n\n \n\nDie Klagerin ist Eigentumerin des mit dem im Tenor bezeichneten Erbbaurecht\nbelasteten Grundstucks, an dem sie den Beklagten mit notariell beurkundeten\nVertrag vom 29. 10. 1994 ein Erbbaurecht fur die Dauer von 99 Jahren\nbestellte.\n\n \n\n3\n\n \n\nIn § 3 des Vertrages vereinbarten die Parteien, dass jede Partei nach Ablauf\nvon 5 Vertragsjahren verlangen kann, dass der Erbbauzins auf seine\nAngemessenheit uberpruft wird. Fur die Einzelheiten wird auf den Erbbauvertrag\ndes Notars R., UR-Nr. .../94 (Blatt 158 ff d.A.) Bezug genommen. In § 17\nvereinbarten die Parteien die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des\nErbbauzinses.\n\n \n\n4\n\n \n\nVor dem Abschluss des Erbbaurechtsvertrages stellten die potentiellen\nErbbauberechtigten die Frage, ob die Grundstucke durch Kauf erworben werden\nkonnten. Der damalige Stiftungsvorstand teilte mit, dass allenfalls drei\nGrundstucke innerhalb von drei Jahren verkauft werden konnten. In den ersten\nzehn Jahren konnten uberhaupt keine Grundstucke verkauft werden.\n\n5\n\n \n\nEtliche Erbbauberechtigte haben im Folgenden Kaufanfragen an die Klagerin\ngerichtet, die diese abschlagig beschied.\n\n \n\n6\n\n \n\nIm Jahr 2003 begehrte die Klagerin erstmals eine Erhohung des Erbbauzinses.\nDie Beklagten sowie die Interessengemeinschaft der Erbbauberechtigten A. Hof\nwiesen bei der Erhohung 2003 auf Bedenken bezuglich ihrer Alters- und\nFamilienabsicherung und der Kalkulierbarkeit der Erbbauzinsen hin.\n\n7\n\n \n\nDie Parteien schlossen sodann unter dem 24. 2. 2004 einen Nachtragsvertrag, in\ndem der Erbbauzins geandert wurde. Dort heißt es in § 1 des Vertrages:\n\n \n\n8\n\n \n\n_"Der bisher eingetragene Erbbauzins wird ge andert. Ab dem 1. 10. 2003 ist\nfolgender jahrlicher Erbbauzins zu zahlen: vom 1. 10. 2003 bis zum Ablauf des\nErbbaurechts € 2.077,50 jahrlich "._\n\n9\n\n \n\nFur die weiteren Einzelheiten wird auf den Nachtragsvertrag als Anlage zum\nSchriftsatz vom 17. 1. 2011 (Blatt 69 ff d.A.) Bezug genommen. Die Beklagten\nsind davon ausgegangen, dass zukunftige Erbbauzinserhohungen bis zum Ablauf\nder jeweiligen Restlaufzeit der vereinbarten Erbbaurechte nicht mehr\nstattfinden werden, weil es in dem Nachtragsvertrag heißt, die Erhohung wirke\nbis zum Ablauf des Erbbaurechts.\n\n10\n\n \n\nDie Beklagten zahlten im Folgenden den erhohten Erbbauzins.\n\n11\n\n \n\nMit Schreiben vom 22. 10. 2009 kundigte die Klagerin den Beklagten gegenuber\neine Erbbauzinserhohung an. Fur die Einzelheiten wird auf die Anlage K 1\n(Blatt 6 d.A.) Bezug genommen.\n\n \n\n12\n\n \n\nDie Prozessbevollmachtigten der Klagerin waren vorprozessual tatig, nachdem\ndie Beklagten die Erhohung ablehnten. Die Klagervertreter wurden insgesamt\ngegenuber mindestens 26 Erbbauberechtigten tatig.\n\n13\n\n \n\nDie Beklagten zahlten den erhohten Erbbauzins nicht.\n\n \n\n14\n\n \n\nDie Klagerin beantragt,\n\n \n\n15\n\n \n\ndie Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie fur das im\nErbbaugrundbuch von G. Blatt 1087 eingetragene Erbbaurecht einen weiteren\njeweils am 1. 7. eines jeden Jahres falligen jahrlichen Erbbauzins in Hohe von\n216,89 € fur den Zeitraum seit dem 1. 1. 2010 zu zahlen.\n\n \n\n16\n\n \n\nDie Beklagten weitere zu verurteilen, die Eintragung eines weiteren jahrlichen\nErbbauzinses fur den Zeitraum seit dem 1. 1. 2010 in Hohe von jahrlich\nweiteren 216,89 € als selbstandige Reallast fur den jeweiligen\nGrundstuckseigentumer im Erbbaugrundbuch von G., Blatt 1087, unter teilweiser\nAusnutzung der Vormerkung im Rang der Vormerkung zu bewilligen.\n\n \n\n17\n\n \n\nDie Beklagten weiter als Gesamtschuldner zu verurteilen, sie von der in diesem\nRechtsstreit entstandenen Gebuhrenforderung der Sozietat M. in Hohe von 120,67\n€ freizustellen.\n\n \n\n18\n\n \n\nSowie festzustellen, dass jede der Vertragsparteien verlangen kann, dass der\nErbbauzins fruhestens nach Ablauf von 5 Vertragsjahren nach der letzten\nAnpassung auf seine Angemessenheit uberpruft wird. Ergibt sich bei der\nÜberprufung, dass der vom Statistischen Bundesamt festgelegte\nVerbraucherpreisindex, wie er fur den Durchschnitt eines Kalenderjahres fur\ndie Bundesrepublik Deutschland amtlich festgestellt wird\n(Verbraucherpreisindex) sich gegenuber der letzten Erbbauzinsfestsetzung um\nmindestens 10 Punkte verandert hat, konnen der Grundstuckseigentumer und der\nErbbauberechtigte jeder fur sich eine Erbbauzinserhohung oder -verringerung\nverlangen. Diese Erhohung oder Verringerung soll der seit der letzten\nErbbauzinsfestsetzung eingetretenen Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen\nVerhaltnisse, mindestens aber der Änderung des vorgenannten\nVerbraucherpreisindexes entsprechen, sofern dies nicht unbillig ist.\n\n \n\n19\n\n \n\nDie Beklagten beantragen,\n\n \n\n20\n\n \n\ndie Klage abzuweisen.\n\n \n\n21\n\n \n\nSie sind der Auffassung, auf Grund des ersten Nachtragsvertrages seien weitere\nErhohungen ausgeschlossen. Hierzu behaupten sie, der Erhohung sei eine\nkontroverse Diskussion voraus gegangen. Des Weiteren sei die Erhohung des\nErbbauzinses unbillig im Sinne von § 9 a Abs. 1 ErbbauRG. Denn die\nBruttodienste, die auch zur Bemessung der Erhohung heranzuziehen seien, seien\nkeine geeignete Basis. Insoweit seien vielmehr die Reallohne und die\nRentenentwicklung zugrunde zu legen. Diese seien, was zwischen den Parteien\nunstreitig ist, jedenfalls nicht gestiegen. Die Erhohung sei außerdem\nunbillig, weil die durch die Erhohung bedingte Mieterhohung am Markt nicht\ndurchzusetzen sei. Außerdem seien hier auch die Grundstuckswerte bei der\nBemessung der Billigkeit zu berucksichtigen. Insoweit tragen sie zu den\nBodenrichtwerten weiter vor.\n\n22\n\n \n\nDie Klagerin habe bei der Erhohung der Erbbauzinsen ein Ermessen, was hier\nwegen ihrer Anpassungspraxis auf Null reduziert sei.\n\n23\n\n \n\nDie Beklagten sind weiter der Auffassung, dass die Umstande, die zum Abschluss\nder Erbbaurechtsvertrage gefuhrt hatten, sich schwerwiegend geandert hatten\nund insofern eine Storung der Geschaftsgrundlage gemaß § 313 BGB vorliege.\n\n24\n\n \n\nDie Wertsicherungsklausel in § 3 der Notarvertrage sei als Allgemeine\nGeschaftsbedingung gemaß § 305 BGB unwirksam.\n\n25\n\n \n\nZu der Vormerkung sind sie der Auffassung, dass der insoweit im Vertrag\nvorhandene Anspruch nicht mehr besteht, da durch die Eintragung der Erhohung\naus 2003 die Vormerkung vollstandig ausgenutzt worden sei.\n\n26\n\n \n\nZu den Anwaltskosten bestreiten sie, dass die Prozessbevollmachtigten der\nKlagerin mit der außergerichtlichen Tatigkeit beauftragt waren und die in\nRechnung gestellten Gebuhren angemessen sind.\n\n27\n\n \n\nEin Feststellungsinteresse sei nicht gegeben.\n\n#### Entscheidungsgrunde\n\n28\n\n \n\nDie Klage ist mit Ausnahme eines geringen Teils der vorgerichtlichen\nRechtsanwaltsgebuhren begrundet.\n\n \n\n29\n\n \n\n**1) Zahlungsanspruch**\n\n30\n\n \n\nDie Klagerin hat gegen die Beklagten aus dem zwischen den Parteien\ngeschlossenen Erbbaurechtsvertrag Anspruch auf Zahlung eines erhohten\nErbauzinses in Hohe der Klageforderung.\n\n \n\n31\n\n \n\nAus § 3 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages ergibt sich, dass\njede Partei nach Ablauf von 5 Vertragsjahren verlangen kann, dass der\nErbbauzins auf seine Angemessenheit uberpruft wird. Dieses\nÜberprufungsverlangen ist jedenfalls in dem Schreiben der Klagerin vom 22. 10.\n2009 zu sehen.\n\n \n\n32\n\n \n\nDie Regelung in § 3 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages ist\nwirksam. Weder ist sie wegen Verstoßes gegen § 305 BGB unwirksam, noch ist die\nAnpassungsklausel durch den ersten Nachtragsvertrag abbedungen.\n\n \n\n33\n\n \n\nEs ist bereits zweifelhaft, ob einzelne Vereinbarungen des\nErbbaurechtsvertrages der Parteien an den Vorschriften uber die allgemeinen\nGeschaftsbedingungen gemaß §§ 305 BGB ff. zu messen sind, andere wiederum\nnicht. Nach dem Vorbringen der Beklagten handelt es sich bei § 2 des\nErbbaurechtsvertrages, in dem der konkrete Erbbauzins fur das Grundstuck\nvereinbart wurde, um eine Individualabrede, in § 3 soll es sich um eine hierzu\nim Widerspruch stehende Allgemeine Geschaftsbedingung handeln. Ob § 2 als\nIndividualvereinbarung, § 3 als Allgemeine Geschaftsbedingung anzusehen ist,\nkann im Ergebnis jedenfalls offen bleiben, da § 3 des Erbaurechtsvertrages § 2\nnicht widerspricht, und auch sonst den Vertragspartner, hier die Beklagten,\nnicht unangemessen benachteiligt. Die Parteien haben in § 2 zunachst einen\nfesten Erbbauzins vereinbart. Sodann haben sie in § 3 eine\nWertsicherungsklausel vereinbart. Diese beiden Absprachen widersprechen sich\nnicht. Es bedarf auch keines Hinweises, dass durch § 3 des Vertrages § 2\nabgeandert wird. Die notariell beurkundeten Vertrage sind hinlanglich klar und\nverstandlich.\n\n34\n\n \n\nDie Wertsicherungsklausel in § 3 des Vertrages benachteiligt die Beklagten\nauch nicht unangemessen, weil bei entsprechender Änderung der wirtschaftlichen\nVerhaltnisse auch eine Absenkung des Erbbauzinses durch die Regelung\nermoglicht wird. Insoweit wird den Interessen beider Vertragsparteien\ngleichsam Rechnung getragen.\n\n \n\n35\n\n \n\nDie Wertsicherungsklausel ist auch nicht durch eine andere Vereinbarung,\nnamlich hier den Nachtragsvertrag aus 2004 geandert worden.\n\n \n\n36\n\n \n\nAus dem Wortlaut des Nachtragsvertrages ergibt sich allein, dass die Parteien\nden zur Zeit des Nachtragsvertrages bisher geschuldeten Erbbauzins andern. Es\nergibt sich aus dem Vertrag gerade nicht, dass die Moglichkeit der Anpassung\ngeandert werden soll bzw. in Wegfall geraten soll. Dies ist auch nicht aus dem\nWortlaut " bis zum Ablauf des Erbbaurechts " herauszulesen. Es mag sein, dass\ndie Beklagten dies so verstanden haben. Das allein reicht aber zu einer\nÄnderung der vertraglich vereinbarten Anpassung nicht aus. Eine Änderung des\nErbbaurechtsvertrages konnte durch Angebot und Annahme zustande kommen. Ein\nAngebot auf Änderung der Wertsicherungsklausel bzw. deren Abschaffung ist aber\ngerade nicht vorgetragen. Dass die Klagerin eine entsprechende Erklarung\nabgegeben hat, tragen die Beklagten jedoch nicht vor. Das ergibt sich\ninsbesondere auch nicht aus dem Nachtragsvertrag. Dass die Beklagten\nihrerseits ein Angebot auf Änderung der Wertsicherungsklausel gemacht haben,\nergibt sich auch aus dem vorgelegten Schriftverkehr nicht; jedenfalls fehlt es\nan einer Annahme durch die Klagerin. Insoweit ist auch unerheblich, ob es zum\nAbschluss des Nachtragsvertrages nach kontroversen Diskussionen gekommen ist,\nweil die Beklagten zu einer entsprechenden Einigung gerade nicht vortragen.\n\n \n\n37\n\n \n\nZum Wegfall der Geschaftsgrundlage haben die Beklagten nicht ausreichend\nvorgetragen. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit sie sich im Hinblick auf die\nhier streitgegenstandliche Erhohung anders verhalten hatten, wenn sie von\nAnfang an gewusst hatten, dass das Grundstuck nicht zum Verkauf steht.\nAußerdem ist auch nach dem eigenen Vortrag der Beklagten bereits vor uber 10\nJahren jeglicher Kaufversuch durch die Klagerin abgelehnt worden.\n\n38\n\n \n\nFur das Gericht ist uberhaupt nicht erkennbar, inwieweit der Vertrag angepasst\nwerden sollte. Auch in Zusammenschau der von den Beklagten unter Umstanden\nerwarteten spateren Kaufmoglichkeit und dem Nachtragsvertrag ergibt sich keine\nÄnderung bezuglich der Anpassung; denn auch nach dem Vortrag der Beklagten hat\ndie Klagerin Kaufanfragen regelmaßig abgelehnt. Ob sie auch nach der Grundung,\nwie mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 04.07.2011 und 11.07.2011\nvorgetragen, einzelne Grundstucke an einzelne Erbbauberechtigte verkauft hat,\nist fur die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich, da sich auch dann im\nHinblick auf die Anpassung nichts anderes ergibt, und von den Beklagten weiter\nnicht hinreichend vorgetragen ist, inwieweit ein Wegfall der\nGeschaftsgrundlage im Hinblick auf die Erhohung, die vereinbart wurde, gegeben\nist. Dass der Vertrag insgesamt nicht abgeschlossen worden ware, und\nruckgangig zu machen ware, ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten gerade\nnicht; bzw. entspricht nicht ihrem Begehren.\n\n \n\n39\n\n \n\nDie Voraussetzungen der Erhohung des Erbbauzinses gemaß § 3 des zwischen den\nParteien geschlossenen Vertrages liegen auch vor.\n\n40\n\n \n\nDie Parteien haben zunachst in § 3 des Vertrages vereinbart, dass sie sich\ndaruber einig sind, dass das Erbbaurecht dem Grundstuckseigentumer eine\nangemessene Rendite aus der Grundstucksuberlassung sichern soll. Die Parteien\nhaben sodann fur eine mogliche Änderung jeweils den Ablauf von 5\nVertragsjahren, bezogen auf die letzte Festsetzung des Erbbauzinses\nvereinbart. Dabei haben sie zunachst allgemein formuliert, dass der Erbbauzins\nauf seine Angemessenheit uberpruft wird und sodann als Bezugsgroße den\nLebenshaltungskostenindex aller privaten Haushalte konkret in Bezug genommen.\nWenn sich dieser um mindestens 10 Punkte verandert habe, konnen beide Parteien\njeder fur sich eine Erbbauzinserhohung oder -verringerung verlangen. Die\nErhohung oder Verringerung soll der seit der letzten Erbbauzinsfestsetzung\neingetretenen Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhaltnisse in\nmindestens der Änderung des vorgenannten Lebenshaltungskostenindexes\nentsprechen, sofern dies nicht unbillig ist.\n\n \n\n41\n\n \n\nDie Voraussetzungen der Erhohung liegen vor.\n\n42\n\n \n\nDer Lebenshaltungskostenindex wird vom Statistischen Bundesamt seit dem Jahr\n2003 nicht weitergefuhrt. Insoweit ist eine Regelungslucke entstanden, die\ndurch erganzende Vertragsauslegung zu schließen ist. Dabei ist unter\nBerucksichtigung der im Vertrag enthaltenen Regelungen und Wertungen darauf\nabzustellen, was die Parteien bei Abwagung ihrer Interessen nach Treu und\nGlauben vereinbart hatten (BGH V ZR 71/08 NJW 2009, 679; XII ZR 141/07 NJW-RR\n2009, 880, 881; V ZR 20/06, NJW 2007, 509, 510).\n\n43\n\n \n\nUnter Berucksichtigung der "Einleitung" zu § 3, der Wertsicherungsklausel (Die\nParteien sind sich daruber einig…) sowie der Inbezugnahme der allgemeinen\nwirtschaftlichen Verhaltnisse ergibt die Auslegung, dass die Parteien eine\nandere Bezugsgroße vereinbart hatten, namlich den nun vom statistischen\nBundesamt gefuhrten Verbraucherpreisindex. Denn dieser bildet die Kosten der\nLebenshaltung allgemein ab. Der Verbraucherpreisindex "misst die\ndurchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen, die von\nprivaten Haushalten fur Konsumzwecke gekauft werden. Single-Haushalte sind\nebenso berucksichtigt wie Rentnerehepaare oder Großfamilien. Der\nVerbraucherpreisindex liefert ein Gesamtbild der Teuerung in Deutschland, bei\ndem alle Haushaltstypen, alle Regionen von Deutschland und samtliche dort\nnachgefragten Waren und Dienstleistungen einbezogen sind - Mieten,\nNahrungsmittel, Bekleidung ebenso wie etwa Kraftfahrzeuge oder\nDienstleistungen wie Friseur, Reinigung oder Reparaturen"\n(http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Presse/abisz/VPI.psml;\nStatistisches Bundesamt, letzter Zugriff 19.07.2011). Der\nVerbraucherpreisindex entspricht damit dem Lebenshaltungskostenindex aller\nprivaten Haushalte (fur Anpassungsklausel im Mietvertrag (BGH XII ZR 141/07\nNJW-RR 2009, 880; fur Erbbauzins BGH V ZR 71/08 NJW 2009, 679, 680; Reul,\nDNotZ 2003, 92, 97).\n\n44\n\n \n\nDie Voraussetzungen der Erhohung gemaß § 3 des Vertrages unter\nBerucksichtigung der erganzenden Auslegung liegen vor. Die Parteien haben\nbezuglich des Ob einer Erhohung die Veranderungen des Durchschnitts eines\nKalenderjahres seit der letzten Erhohung in Bezug genommen. Daher ist hier fur\ndie Frage, ob die Voraussetzungen einer Erhohung vorliegen auf den\nJahresdurchschnitt 2003 einerseits (Wirkung der letzten Erhohung) und 2009\n(neues Erhohungsverlangen) andererseits abzustellen. Der\nJahresdurchschnittswert fur das Jahr 2003 betrug 96,9 Punkte, der\nJahresdurchschnitt fur das Jahr 2009 107,0 Punkte, so dass eine Erhohung um 10\nPunkte gegeben ist.\n\n45\n\n \n\nFur den Umfang der Anpassung haben die Parteien in Abs. 2 § 3 vereinbart, dass\ndie Erhohung oder Verringerung der seit der letzten Erbauzinsfestsetzung\neingetreten Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhaltnissen,\nmindestens aber der Änderung des vorgenannten Indexes entsprechen solle,\nsofern dies nicht unbillig sei. Daher ist fur den Umfang der Anpassung nicht\nallein auf den Verbraucherpreisindex, sondern auch auf die wirtschaftlichen\nVerhaltnisse abzustellen, wofur auf den Mittelwert der Änderung der Einkommen\nder Arbeiter und Angestellten einerseits und des Verbraucherpreisindex\nandererseits abzustellen ist (BGH V ZR 110/09 NZM 2010, 253 zit. nach juris\nRn. 9; von Oefele, Munchener Kommentar, 5. Aufl. 2009, § 9 a ErbbauRG, Rdnr.\n9). Da die Parteien die letzte Änderung in Bezug genommen haben, ist\nabzustellen auf den konkreten Monatswert des Änderungszeitraums (BGH, V ZR\n110/09, NZM 2010, 253 zitiert nach Juris, Rdnr. 11), weil fur den Umfang der\nAnpassung gerade nicht auf den Jahresdurchschnitt Bezug genommen wird, sondern\ndie letzte Anpassung. Unter Berucksichtigung dieser Indizes entspricht die\nErhohung dem zwischen den Parteien geschlossen Vertrag. Im Oktober 2003,\nbetrug der Verbraucherpreisindex insgesamt 95,8 Punkte, im September 2009\n106,9 Punkte. Dies ist eine Erhohung um 11,5866 %. Der Index fur den\nBruttomonatsverdienst vollzeitbeschaftigter Arbeitnehmer betrug im 4. Quartal\n2003 95,8 Punkte, im 3. Quartal 2009 105,4 Punkte, er anderte sich mithin um\n10,02 %. Der Mittelwert der Erhohungen ubersteigt die von der Klagerin\nverlangte Erhohung um 10,44 % nicht und ist damit im Hinblick auf die zwischen\nden Parteien getroffene Regelung nicht ubersetzt.\n\n \n\n46\n\n \n\nDie Anpassung ist auch nicht gemaß § 9 a ErbbauRG bzw. der Regelung in § 3 des\nVertrages unbillig.\n\n47\n\n \n\nAls Maßstab der Änderung kann auf die Relation zwischen dem Wert des\nGrundstucks, dem Wirtschafts- und Wahrungsverhaltnissen und dem Einkommen des\nErbbauberechtigten abgestellt werden. Allerdings ist zu berucksichtigen, dass\ner an der Entwicklung der Grundstuckspreise nicht teilnimmt (BGH V ZR 110/09,\nNZM 2010, 253 zit. nach Juris Rn. 15), da sich fur ihn wirtschaftlich der\nErbbauzins als Miete des Grundstucks darstellt, was er aus seinem Einkommen zu\nbestreiten hat. Wenn auch dieses in die Berechnung des Anpassungsbetrages\neinfließt wie hier unter Berucksichtigung der allgemeinen wirtschaftlichen\nVerhaltnisse, kann das Erhohungsverlangen nicht unbillig sein (BGH Urteil vom\nV ZR 110/09, NZM 2010, 253, zitiert nach Juris, Rdnr. 16).\n\n \n\n48\n\n \n\nDamit ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht auf den Grundstuckswert,\nund auch nicht auf die Renten, die namlich Teil des Verbraucherpreisindexes\nsind (s.o.), fur die Bestimmung der Änderung der wirtschaftlichen Verhaltnisse\nabzustellen.\n\n \n\n49\n\n \n\nDie Klagerin kann auch Zahlung ab dem 1. Quartal 2010 verlangen, in § 3 Ziff.\n3 des Vertrages ist das Erhohungsverlangen schriftlich mitzuteilen, was hier\nmit Schreiben vom Oktober 2009 erfolgte. Der neue Erbbauzins wird nach § 3\nZiff. 3 des Vertrages ab Beginn des Kalendervierteljahres berechnet, das auf\ndie Mitteilung folgt, wenn der Zeitraum zwischen der Mitteilung und dem\nQuartalsbeginn mehr als 2 Monate betragt. So liegt der Fall hier. Noch im\nOktober haben die Beklagten das Schreiben erhalten, so dass zwei Monate\nzwischen dem Beginn des ersten Quartals 2010 und dem Erhalt des Schreibens\nlag. Die Klagerin kann gemaß § 257 ZPO auch auf zukunftige Leistungen klagen,\nda die Beklagten den Erhohungsbetrag, und dieser allein ist hier\nstreitgegenstandlich, in der Vergangenheit nicht bezahlt haben. Sie muss sich\nnicht darauf verweisen lassen, dass die Beklagten vortragen, sie wurden\nzahlen, wenn sie verurteilt wurden.\n\n \n\n50\n\n \n\n**2) Eintragung der Vormerkung**\n\n51\n\n \n\nDie Klagerin hat auch Anspruch auf Bewilligung der Eintragung der Vormerkung\nzur Sicherung des weiteren, erhohten Erbbauzinses. Dieses haben die Parteien\nin § 17 Ziff. 2 c) des Vertrages vereinbart. Es ergibt sich auch nicht etwa\naus der Eintragung des Grundbuchamtes, wonach die Vormerkung ausgenutzt wurde,\ndass diese vollstandig ausgenutzt sei. Die vertragliche Regelung zwischen den\nParteien hat Bestand. Im Hinblick darauf, dass mindestens zweifelhaft ist, ob\ndas Grundbuchamt die im Ursprungsvertrag getroffene Regelung zur Anpassung im\nHinblick auf die Hohe des neuen Erbbauzinses fur ausreichen bestimmt zur\nEintragung erachtet (fur fehlende Bestimmbarkeit OLG Zweibrucken FGPrax 2000,\n56), hat die Klagerin auch Anspruch auf Bewilligung der Eintragung.\n\n \n\n52\n\n \n\n**3) Feststellung**\n\n53\n\n \n\nDie Klagerin hat auch Anspruch auf Feststellung, dass die Anpassungsklausel in\n§ 3 des Vertrages der Parteien, wie sie mit dem Feststellungsantrag unter\nBerucksichtigung des geanderten Index formuliert ist, weiterhin Gultigkeit\nhat. Insoweit hat sie ein gemaß § 256 Abs. 2 ZPO erforderliches\nFeststellungsinteresse, was sich bereits daraus ergibt, dass die Beklagten\nbestreiten, dass die Anpassungsklausel noch wirkt. Insofern kann die Klagerin\nauch in der Hauptsache die Feststellung verlangen und ist nicht darauf\nbeschrankt, dass der weitere Bestand der Wertsicherungsklausel bei der Prufung\ndes Zahlungsantrages inzidenter festgestellt wird. Da die Parteien auch uber\ndie Bemessungsgrundlagen streiten, besteht auch der Anspruch auf Feststellung,\ndass auf den Verbraucherpreisindex (anstelle des Lebenshaltungskostenindex)\nabzustellen ist. Insoweit wird zur Begrundung nach oben verwiesen.\n\n \n\n54\n\n \n\n**4) Nebenforderung**\n\n55\n\n \n\nDie Klagerin hat Anspruch auf Freistellung von außergerichtlich entstandenen\nAnwaltskosten gemaß § 280 BGB i.V.m. dem Erbbaurechtsvertrag. Indem die\nBeklagten dem Nachtrag widersprochen haben, haben sie sich pflichtwidrig\nverhalten, weil die von der Klagerin verlangte Anpassung rechtmaßig ist.\n\n56\n\n \n\nDie Gebuhren gemaß §§ 2, 13 RVG in Verbindung mit Ziffer 2300 VV RVG sind auch\nentstanden. Die Klagervertreter haben die Beklagten vorprozessual zur Zahlung\naufgefordert. Diese Tatigkeit ist auch nicht im Hinblick auf die spater\nerhobene Klage als zum Rechtszug gehorend (§ 19 RVG) als Angelegenheit des\ndritten Teils VV RVG anzusehen. Denn es ist entscheidend auf den erteilten\nAuftrag abzustellen. Dabei spricht die Vermutung dafur, dass der Anwalt\nzunachst versuchen soll, die Sache gutlich zu bereinigen (Gerold/Schmidt, RVG\n19. Aufl. 2010, VV 2300, 2301 Rdn. 6). Diese Vermutung wird durch das\nVorbringen der Beklagten, die bestreiten, dass die Klagervertreter mit der\nvorgerichtlichen Tatigkeit beauftrag waren nicht erschuttert.\n\n57\n\n \n\nErsatzfahig sind allerdings lediglich die Kosten der angemessenen\nRechtsverfolgung nach einer 1,0 Gebuhr. Die Angemessenheit war auf das\nBestreiten der Beklagten auch zu uberprufen.\n\n58\n\n \n\nDem Gericht ist aus den weiteren hier anhangigen 25 Verfahren bekannt, dass\ndie Klagervertreter jeweils die Erbbauberechtigten zur Zahlung aufgefordert\nhaben. Insoweit ist ersichtlich, dass das Tatigwerden unter dem normalen\ndurchschnittlichen Aufwand liegt, so dass die Klagerin insoweit zum Teil mit\ndem Anspruch abzuweisen war.\n\n \n\n59\n\n \n\nDie nach Schluss der mundlichen Verhandlung eingegangen, nicht nachgelassen\nSchriftsatze geben keinen Anlass erneut in die mundliche Verhandlung\neinzutreten. Auch wenn die Klagerin bei Abschluss der Erbbaurechtsvertrage\ngeaußert hatte, es konnten vor Ablauf von 10 Jahren (wie es die Beklagten\nvortragen) keine Grundstucke veraußert werden, und sie im spateren Verlauf\nGrundstucke verkauft hatte, ist dies fur die Entscheidung des Rechtsstreits\nunerheblich.\n\n \n\n60\n\n \n\nDie Kammer ist auch, unabhangig von der rugelosen Verhandlung der Beklagten\nzur Hauptsache, fur die Entscheidung des Rechtsstreits nach dem\nGeschaftsverteilungsplan zustandig. Die Sonderzustandigkeit der ersten\nZivilkammer bezieht sich auf Miet- und Pachtverhaltnisse. Vorliegend geht es\naber um eine Streitigkeit aus einem Erbpachtvertrag, dies ist im Verhaltnis zu\nPacht im Sinne des Geschaftsverteilungsplans ein aliud. Die Zustandigkeit der\n12. Zivilkammer ergibt sich aus dem allgemeinen Turnus (Rn. 9 des\nJahresgeschaftsverteilungsplans), bzw. dem Zusammenhang der Verfahren (Rn. 15\ndes Jahresgeschaftsverteilungsplans).\n\n \n\n61\n\n \n\nDie Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 100 ZPO, die\nEntscheidung zur vorlaufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.\n\n* * *\n\n![Abkürzung Fundstelle](/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-\ninfo.gif) Diesen Link konnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses\nDokument verlinken mochten: \nhttp://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=KORE203072012&psml=bsndprod.psml&max=true\n\n |
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192,371 | vg-luneburg-2010-06-22-2-a-52308 | 616 | Verwaltungsgericht Lüneburg | vg-luneburg | Lüneburg | Niedersachsen | Verwaltungsgerichtsbarkeit | 2 A 523/08 | 2010-06-22 | 2019-02-11 20:21:13 | 2019-02-12 14:00:11 | Urteil | #### Tatbestand\n\n1\n\n \n\nDie Klager wenden sich gegen eine ihrem Nachbarn erteilte Bescheinigung des\nBezirksschornsteinfegermeisters fur eine Feuerungsanlage.\n\n2\n\n \n\nDie Klager sind Eigentumer des Wohnhauses K. 12 in L.. Der Beigeladene ist\nEigentumer des Nachbarhauses Nr. 14. Im Herbst 2006 errichtete der Beigeladene\nin seinem Wohnzimmer einen Kaminofen und montierte an der dem Klagergrundstuck\nzugewandten Nordostseite seines Hauses einen neuen Schornstein zur Abfuhrung\nder durch den Kaminofen verursachten Rauchgase. In seiner Funktion als\nBezirksschornsteinfegermeister erteilte der Beklagte dem Beigeladenen unter\ndem 12. Oktober 2006 fur diese Feuerungsanlage eine Bescheinigung nach § 40\nAbs. 8 NBauO.\n\n3\n\n \n\nIm Folgenden kam es zu Beschwerden der Klager gegenuber dem Beigeladenen und\nauch gegenuber dem Beklagten wegen Rauchabgasbelastigungen. Auf Anraten des\nBeklagten wandten sich die Klager im Juni 2007 an die zustandige\nImmissionsschutzbehorde, den Landkreis Luneburg. Ferner legten sie mit\nSchreiben vom 28. Juli 2007 beim Landkreis Luneburg gegen die vom Beklagten\nerteilte Bescheinigung Widerspruch ein.\n\n4\n\n \n\nMit Schreiben vom 7. September 2007 bestatigte der Landkreis Luneburg den\nKlagern, dass der Widerspruch zulassig sei, da es sich bei der Bescheinigung\nnach § 40 Abs. 8 NBauO um einen Verwaltungsakt handele. Mit Bescheid vom 26.\nNovember 2007 half der Landkreis Luneburg dem Widerspruch ab und hob mit einem\nan den Beigeladenen adressierten Bescheid vom gleichen Tage die vom Beklagten\nerteilte Bescheinigung auf. Zur Begrundung fuhrte er aus, dass die\nSchornsteinmundung lediglich sieben Meter entfernt vom Wohnhaus der Klager und\nin etwa gleicher Hohe wie die Fenster des Hauses der Klager angebracht sei.\nAufgrund der geringen Hohe der Schornsteinmundung verdunne sich der Rauch\nnicht ausreichend und unzumutbare Belastigungen oder gar\nGesundheitsgefahrdungen seien nicht auszuschließen. Der Rauch ziehe in einer\nstarken Konzentration in die Aufenthaltsraume des Nachbargebaudes. Dies sei\nden Klagern unzumutbar.\n\n5\n\n \n\nIm Folgenden nahm der Beigeladene Umbaumaßnahmen vor, indem er den Schornstein\nsowohl erhohte als auch versetzte. Trotzdem kam es im Folgenden zu weiteren\nBeschwerden der Klager uber Rauchbelastigungen. Im Rahmen einer\nOrtsbesichtigung am 19. Dezember 2007 verabredeten die Beteiligten und der\nLandkreis Luneburg, dass der Beigeladene das Schornsteinrohr nochmals um 0,5 m\nerhohen werde und dass vor Erteilung einer neuen Bescheinigung nach § 40 Abs.\n8 NBauO ein etwa drei Wochen langer Testbetrieb des Kaminofens erfolgen solle,\num moglichst alle Rauchentwicklungen, Windrichtungen etc. beurteilen zu\nkonnen. Dieser Testbetrieb fand im Folgenden auch statt. Die Klager trugen mit\nSchreiben ihres Verfahrensbevollmachtigten an den Landkreis Luneburg vom 24.\nJanuar 2008 jedoch vor, dass der Testbetrieb seinen Zweck nicht habe erfullen\nkonnen, weil der Beigeladene anders als in der Vergangenheit die\nFeuerungsanlage nur sehr eingeschrankt und uberwiegend nur mit kleinen\nHolzmengen betrieben habe.\n\n6\n\n \n\nUnter dem 14. Marz 2008 erteilte der Beklagte dem Beigeladenen fur den\nKaminofen und den Montageschornstein neuerlich eine Bescheinigung nach § 40\nAbs. 8 NBauO. Gegen diese Bescheinigung legten die Klager mit Schreiben vom\n10. April 2008 Widerspruch ein.\n\n7\n\n \n\nMit Bescheid vom 22. September 2008 wies der Landkreis Luneburg den\nWiderspruch gegen diesen "Bescheid" als zulassig, aber unbegrundet zuruck. Die\nAnfechtung einer dem Nachbarn erteilten Bescheinigung des\nBezirksschornsteinfegermeisters konne nur Erfolg haben, wenn der Bescheid\nrechtswidrig sei und der Nachbar dadurch in eigenen subjektiven Rechten\nverletzt sei. Dies sei nicht der Fall, da der angefochtene Bescheid weder\ngegen nachbarschutzende Normen noch gegen das baurechtliche Gebot der\nRucksichtnahme verstoße. § 19 Satz 1 NBauO, nach dem bauliche Anlagen so\nangeordnet, beschaffen und gebrauchstauglich sein mussen, dass durch chemische\nEinflusse Gefahren oder unzumutbare Belastigungen nicht entstehen, habe zwar\nnachbarschutzende Wirkung. Von dem Kaminofen und der Schornsteinanlage gingen\njedoch keine unzumutbaren Rauchbelastigungen aus. Hierfur konne zur naheren\nBeurteilung auf das Regelwerk der VDI-Richtlinie 3781 Teil 4 - Heizen mit Holz\n- zuruckgegriffen werden. Diesem Regelwerk entspreche die Feuerungsanlage. Im\nÜbrigen habe auch eine Überprufung des Einzelfalles durch eine Brennprobe bei\neinem Ortstermin am 18. Januar 2008 zu keinem anderen Ergebnis gefuhrt. Zudem\nbelege auch das von den Klagern selbst gefuhrte Protokoll uber die im Dezember\n2007 vereinbarte Testphase, dass von der Feuerungsanlage keine unzumutbaren\nBelastigungen oder Gefahren ausgingen.\n\n8\n\n \n\nDie Klager haben am 10. Oktober 2008 Klage erhoben. Sie tragen vor:\n\n9\n\n \n\nDie Klage sei zulassig, da es sich bei der Bescheinigung nach § 40 Abs. 8\nNBauO um einen Verwaltungsakt handele, mit dem der Betrieb der Feuerungsanlage\ngenehmigt worden sei. Anderslautende Rechtssprechung des Verwaltungsgerichts\nMinden sei auf den vorliegenden Fall nicht ubertragbar, da § 40 Abs. 8 NBauO\nerheblich von § 43 Abs. 7 der Nordrhein-Westfalischen Bauordnung abweiche,\nwelcher dem Bezirksschornsteinfegermeister lediglich aufgebe, festgestellte\nMangel der Bauaufsichtsbehorde mitzuteilen. Im Gegensatz dazu handele es sich\nbei § 40 Abs. 8 NBauO, wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ergebe, um ein\npraventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Erst mit Ausstellung der\nBescheinigung sei der Bauherr befugt, die Feuerungsanlage in Betrieb zu\nnehmen; zugleich verpflichte die Bescheinigung die Nachbarn zur Duldung des\nBetriebes. Die Klage sei zudem auch begrundet, da sie - die Klager -\nunzumutbaren Umwelteinwirkungen in Form von Rauchabgasen der Feuerungsanlage\nausgesetzt seien. Die Feuerungsanlage entspreche nicht den Regeln der Technik,\ninsbesondere nicht den Vorgaben der VDI-Richtlinie 3871 Teil 4 - Heizen mit\nHolz - und der DIN 18060 Teil 1. Zudem fuhre die konkrete Lage des\nSchornsteins und die Hauptwindrichtung West bis Sudwest dazu, dass Rauchabgase\nin unzumutbarem Maße auf ihr Grundstuck und in ihre Wohnraume zogen. Dies sei\ndurch Fotos, Zeugen und von ihnen - den Klagern - angefertigte Protokolle uber\ndie Rauchbelastigungen auch hinreichend dokumentiert. Aufgrund dieser Umstande\nhatte der Beklagte die Bescheinigung nicht erteilen durfen, ohne zuvor ein\nSachverstandigengutachten einzuholen.\n\n10\n\n \n\nDie Klager beantragen,\n\n11\n\n \n\ndie Bescheinigung des Beklagten vom 22. Marz 2008 sowie den\nWiderspruchsbescheid des Landkreises Luneburg vom 22. September 2008\naufzuheben\n\n12\n\n \n\nsowie die Hinzuziehung eines Bevollmachtigten im Vorverfahren fur notwendig zu\nerklaren.\n\n13\n\n \n\nDer Beklagte beantragt,\n\n14\n\n \n\ndie Klage abzuweisen.\n\n15\n\n \n\nEr tragt zu seiner Rechtsverteidigung vor:\n\n16\n\n \n\nBei der Erteilung der Bescheinigung nach § 40 Abs. 8 NBauO durch den\nBezirksschornsteinfeger handele es sich um eine rein bauordnungsrechtliche\nSicherheitskontrolle bei der lediglich die Bauart der Anlage und ihre Umgebung\nzu wurdigen seien. Eine Prufung, ob und in welchem Maße Immissionen konkret\nauftreten, konne in diesem Rahmen nicht gefordert werden, da das\nPrufungsverfahren in der Regel vor der Inbetriebnahme der Anlage und somit vor\ndem tatsachlichen Auftreten der Immissionen durchgefuhrt werde. Zur\nDurchsetzung der nachbarschutzenden Vorschriften zur Abwehr unzumutbarer\nImmissionen sei nicht der Bezirksschornsteinfeger, sondern die\nBauaufsichtsbehorde zustandig. Gehe man davon aus, dass es sich bei der\nBescheinigung nach § 40 Abs. 8 NBauO um keinen Verwaltungsakt handele, so\nfuhre der Umstand, dass der Landkreis Luneburg als "selbsternannte"\nWiderspruchsbehorde tatig geworden und der Bescheinigung durch den\nWiderspruchsbescheid nachtraglich den Charakter eines Verwaltungsaktes\nverliehen habe, hochstens zur Zulassigkeit, nicht aber zur Begrundetheit der\nKlage, da die Klager eine Verletzung nachbarrechtlicher Vorschriften nicht\nsubstantiiert dargelegt hatten.\n\n17\n\n \n\nDer Beigeladene stellt keinen Antrag.\n\n18\n\n \n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den\nInhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgange des\nLandkreises Luneburg Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der\nEntscheidungsfindung.\n\n \n\n#### Entscheidungsgrunde\n\n19\n\n \n\nDie Klage ist zulassig und hat auch in der Sache Erfolg.\n\n20\n\n \n\nDie Klage ist zulassig als Anfechtungsklage. Die Bescheinigung des\nBezirksschornsteinfegermeisters fur Feuerungsanlagen nach § 40 Abs. 8 NBauO\nstellt zwar generell keinen Verwaltungsakt dar. Die vom Beklagten ausgestellte\nBescheinigung vom 22. Marz 2008 ist jedoch durch den Widerspruchsbescheid des\nLandkreises Luneburg nachtraglich zu einem Verwaltungsakt umgestaltet worden.\nDiese Entscheidung der Widerspruchsbehorde muss sich der Beklagte zurechnen\nlassen.\n\n21\n\n \n\nNach § 40 Abs. 8 NBauO durfen Feuerungsanlagen erst in Betrieb genommen\nwerden, wenn der Bezirksschornsteinfegermeister die Tauglichkeit der\nAbgasanlagen und die sichere Benutzbarkeit der Feuerungsanlagen bescheinigt\nhat. Nach Auffassung des Einzelrichters handelt es sich bei dieser\nBescheinigung nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um einen Realakt im Sinne\neiner sachverstandigen Begutachtung der Feuerungsanlage durch den\nBezirksschornsteinfegermeister (so auch VG Minden, Urt. v. 01.08.2002 - 9 K\n1543/01 - in Juris). Den Klagern ist zwar zuzugeben, dass die Qualifizierung\nder Bescheinigung als Realakt im nordrhein-westfalischen Bauordnungsrecht\ndurch den Gesetzeswortlaut deutlicher zum Ausdruck kommt: Nach § 43 Abs. 7\nSatz 3 BauO NRW hat der Bezirksschornsteinfegermeister von ihm festgestellte\nMangel an Feuerungsanlagen lediglich der Bauaufsichtsbehorde mitzuteilen,\nworaus sich klar ergibt, dass der Bezirksschornsteinfegermeister selbst nicht\ndie Aufgabe hat, uber die Genehmigungsfahigkeit und Nutzung der\nFeuerungsanlage bindend zu entscheiden. Aber auch der Wortlaut des § 40 Abs. 8\nNBauO zwingt nicht dazu, die Bescheinigung als Verwaltungsakt zu\nqualifizieren. Zwar darf die Feuerungsanlage erst bei Vorliegen der\nBescheinigung betrieben werden, so dass die Erteilung der Bescheinigung\nzwingende Voraussetzung fur die Nutzung der Feuerungsanlage ist. Eine\nGenehmigungswirkung der Bescheinigung ist daraus jedoch nicht zwingend\nabzuleiten, zumal es gesetzestechnisch ohne weiteres moglich ist, die\nErlaubtheit eines Tuns vom Eintritt bestimmter tatsachlicher Voraussetzungen\nabhangig zu machen.\n\n22\n\n \n\nSoweit auch in der einschlagigen Kommentarliteratur vertreten wird, dass die\nPrufung von Abgasanlagen und Feuerungsanlagen eine hoheitliche Aufgabe\ndarstelle, die den Bezirksschornsteinfegermeistern zur Erledigung im eigenen\nNamen ubertragen worden sei (Große/Suchsdorf u. a., NBauO, 8. Aufl., § 80\nRdnr. 8), folgt der Einzelrichter dieser Auffassung nicht, soweit sie darauf\nhinauslauft, dass es sich bei der Bescheinigung um einen Verwaltungsakt\nhandelt. Die in der zitierten Kommentierung zur Begrundung angefuhrte\nEntscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 05.10.1990 - 7 C 7.90 -,\nNVwZ-RR 1991, 330), lasst sich auf § 40 Abs. 8 NBauO nicht ubertragen. Dieses\nUrteil betrifft Prufbescheinigungen fur die allgemeine Zulassung\nschlagwettergeschutzter und explosionsgeschutzter elektrischer Betriebsmittel\nim Bergbau, die von der Bergbau- Versuchsstrecke, einer juristischen Person\ndes Privatrechts, auf der Grundlage der Elektrozulassungs-Bergverordnung\nausgestellt werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Prufbescheinigung\nals Verwaltungsakt qualifiziert und sich zur Begrundung insbesondere auf eine\nRegelung der einschlagigen Verordnung gestutzt, nach der die Bergbau-\nVersuchsstrecke die von ihr ausgestellten Bescheinigungen "widerrufen" kann,\nwobei die einschlagige Regelung ausdrucklich auf die Vorschriften der\nVerwaltungsverfahrensgesetze Bezug nimmt. Eine vergleichbare Regelung, die den\nCharakter der Bescheinigung als Verwaltungsakt klarstellt, fehlt in § 40 Abs.\n8 NBauO.\n\n23\n\n \n\nVielmehr ergibt sich aus der Systematik der NBauO, dass die Bescheinigung nach\n§ 40 Abs. 8 NBauO keinen Verwaltungsakt darstellt. Die §§ 68 ff NBauO\nenthalten ein differenziertes System fur die Genehmigung von Bauvorhaben.\nSchon die systematische Stellung des § 40 NBauO an ganzlich anderer Stelle der\nNiedersachsischen Bauordnung spricht dagegen, dass es sich bei der\nBescheinigung des Bezirksschornsteinfegermeisters um einen Verwaltungsakt\nhandelt, der den Betrieb der Feuerungsanlage genehmigt. Eine\n"Feuerungsanlagen-Genehmigung" ließe sich auch nicht in die Systematik der §§\n68 ff NBauO sinnvoll integrieren. Dort wird in einem abgestuften System\nzwischen genehmigungspflichtigen und genehmigungsfreien Vorhaben\nunterschieden. Zusatzlich regelt das niedersachsische Baugenehmigungsrecht\nu.a. noch den Bauvorbescheid uber einzelne Rechtsfragen, die selbstandig\nbeurteilt werden konnen, und das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren. Eine\nGenehmigung von Feuerungsanlagen durch den Bezirksschornsteinfegermeister ist\nin diesem Regelungskonzept nicht vorgesehen. Abweichend von der\ngrundsatzlichen Genehmigungsbedurftigkeit von baulichen Anlagen regelt der\nAnhang der NBauO uber genehmigungsfreie bauliche Anlagen und Teile baulicher\nAnlagen in Ziffer 2.1 und 2.2 die Genehmigungsfreiheit von Feuerungsanlagen,\nwelche bei Schornsteinen jedoch nur fur bereits vorhandene Gebaude gilt. Das\nheißt, dass beim Neubau eines Gebaudes der Schornstein wie das gesamte\nVorhaben der Baugenehmigung durch die Bauaufsicht, und nicht etwa einer\nGenehmigung durch den Bezirksschornsteinfegermeister unterliegt. Umgekehrt\nentspricht es dem Willen des Gesetzgebers, dass alle sonstigen\nFeuerungsanlagen gerade genehmigungsfrei sein sollen, also auch nicht von\neiner Genehmigung des Bezirksschornsteinfegermeisters abhangen sollen.\nBestatigt wird dies durch § 89 NBauO, der nur der Bauaufsicht, nicht aber dem\nBezirksschornsteinfeger die Befugnis verleiht, gegen eine Feuerungsanlage im\nWege einer Nutzungsuntersagung einzuschreiten, soweit sie ohne Erteilung einer\nBescheinigung nach § 40 Abs. 8 NBauO betrieben wird. Dass die Bescheinigung\ndes Bezirksschornsteinfegermeisters kein Verwaltungsakt ist, zeigt zudem § 80\nAbs. 4 NBauO, der einzelne Bauabnahmeschritte vom Vorliegen dieser\nBescheinigung abhangig macht. Indem die Bescheinigung nach § 40 Abs. 8 NBauO\ndamit in den Kontext der Bauabnahmen gestellt wird, die ebenfalls keine\nVerwaltungsakte sind, wird verdeutlicht, dass es sich bei der Bescheinigung\ndes Bezirksschornsteinfegermeisters ebenso wie bei den Baumaßnahmen um\ntatsachliche Kontrollmaßnahmen ohne Rechtswirkung handelt, die der Bauaufsicht\nlediglich die tatsachliche Durchfuhrung der Bauuberwachung erleichtern sollen.\n\n24\n\n \n\nMit dieser Rechtsauffassung steht der Einzelrichter auch nicht im Widerspruch\nzur Rechtsprechung des Niedersachsischen Oberverwaltungsgerichts. Dieses hat\nzwar in einem nicht veroffentlichten Beschluss vom 2. Dezember 2008 (1 PA\n225/08) einer ohne Bescheinigung nach § 40 Abs. 8 NBauO in Betrieb genommenen\nFeuerungsanlage die "formelle Illegalitat" attestiert. Den Begriff der\nformellen Illegalitat hat es dabei aber in Anfuhrungszeichen gesetzt und damit\ntendenziell zu erkennen gegeben, dass es die Bescheinigung nach § 40 Abs. 8\nNBauO nicht als Verwaltungsakt einordnet.\n\n25\n\n \n\nDie Bescheinigung des Beklagten vom 22. Marz 2008 hat jedoch durch den\nWiderspruchsbescheid des Landkreises Luneburg, der als Aufsichtsbehorde des\nBeklagten die zustandige Widerspruchsbehorde ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16.\nAufl., § 73 Rdnr. 3), den Charakter eines Verwaltungsaktes erhalten. Bereits\nin seinem Schreiben vom 7. September 2007, das auf den ersten Widerspruch der\nKlager ergangen ist, hat der Landkreis Luneburg bestatigt, dass er die\nBescheinigung nach § 40 Abs. 8 NBauO als Verwaltungsakt ansehe und der\nWiderspruch daher zulassig sei. An dieser Rechtsauffassung hat er auch in\nseinem Widerspruchsbescheid vom 22. September 2008 festgehalten, da er den\nWiderspruch gegen den "Bescheid" ausdrucklich fur zulassig erklarte und\nlediglich als unbegrundet zuruckwies.\n\n26\n\n \n\nBei einem derartigen Vorgehen der Widerspruchsbehorde erhalt die ursprunglich\nnicht als Verwaltungsakt zu qualifizierende Handlung der Ausgangsbehorde\nnachtraglich den Charakter eines Verwaltungsaktes oder ist jedenfalls\nprozessual so zu behandeln, als ob ein Verwaltungsakt vorliegen wurde.\nInsoweit muss sich der Beklagte als Ausgangsbehorde das Handeln der\nWiderspruchsbehorde zurechnen lassen. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu\nin einer Entscheidung uber eine von der Ausgangsbehorde ausgesprochene\nschlichte Zahlungsaufforderung, die im Widerspruchsbescheid als Verwaltungsakt\neingeordnet worden war, ausgefuhrt (Urt. v. 26.06.1987 - 8 C 21.86 - BVerwGE\n78, 3 = NVwZ 1988, 51):\n\n27\n\n \n\n"Die Rechnung vom 18. Mai 1982 ist mit dem Erlass des Widerspruchsbescheides\nzum Verwaltungsakt geworden. Die Widerspruchsbehorde hat ihr diese "Gestalt"\ngegeben (s. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). In den Grunden des Widerspruchsbescheides\nwird die von der Klagerin angefochtene Rechnung ausdrucklich als\n"Verwaltungsakt in Form der Rechnung vom 18.5.1982" bezeichnet, der\n"rechtmaßig ergangen" sei, und es wird dementsprechend der Widerspruch der\nKlagerin als zulassig (und lediglich unbegrundet) behandelt. Ob daraus die\nFolgerung, daß (zumindest fortan) ein Verwaltungsakt vorliege, zweifelsfrei zu\nziehen war, mag dahinstehen. Darauf kommt es nicht an. Der Burger als\nEmpfanger einer nach ihrem objektiven Erklarungsinhalt mißverstandlichen\nWillensaußerung der Verwaltung darf durch etwaige Unklarheiten nicht\nbenachteiligt werden; das gebietet nicht zuletzt die Grundrechtsbestimmung des\nArt. 19 Abs. 4 Satz 1 GG (s. Urteil vom 12. Januar 1973, a.a.O.).\n\n28\n\n \n\nAuf die Gestalt, die ein Erst"bescheid" durch den Widerspruchsbescheid findet,\nist auch in den - hier interessierenden - Fallen abzustellen, in denen der\nWiderspruchsbescheid aus einer (schlichten) Willenserklarung einen\nVerwaltungsakt macht (s. Urteile vom 12. Januar 1973, a.a.O. S. 307 f., vom 6.\nDezember 1978 - BVerwG 8 C 24.78 - BVerwGE 57, 158 (161), vom 21. November\n1980 - BVerwG 7 C 18.79 - BVerwGE 61, 164 (168) und vom 17. Marz 1982 - BVerwG\n8 C 36.80 - Buchholz 454.4 § 69 II. WoBauG Nr. 3 S. 1 (3)). Daran kann schon\nwegen der Konsequenzen kein Zweifel sein: Der Widerspruchsbescheid\nprogrammiert das weitere Verhalten des Betroffenen. Es ware unbefriedigend, ja\nunertraglich, wenn der Betroffene, der durch den Widerspruchsbescheid zur\nErhebung einer Anfechtungsklage veranlaßt wird, mit dieser Klage - in\nErmangelung eines Verwaltungsaktes - ohne weitere Prufung abgewiesen werden\nund angesichts dessen die Kosten tragen mußte (vgl. § 154 Abs. 1 VwGO). Der\nEmpfanger eines Widerspruchsbescheides braucht, was die weitere\nRechtsverfolgung anlangt, nicht "kluger" zu sein, als es die\nWiderspruchsbehorde ist; es kann nicht zu seinen Lasten gehen, wenn er sich so\nverhalt, wie sich zu verhalten ihm der Widerspruchsbescheid - bei objektiver\nWurdigung - nahegelegt hat.\n\n29\n\n \n\nIn der vorstehend dargelegten Weise zu folgern, fuhrt auch dann nicht auf\nBedenken, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Erstbehorde und die\nWiderspruchsbehorde nicht identisch sind (vgl. § 73 Abs. 1 VwGO) und wenn\ninfolgedessen denkbar ist, daß die Widerspruchsbehorde durch eine Umgestaltung\ndes Erstbescheides Rechte der Erstbehorde verletzt. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO\nnimmt keine Rucksicht darauf, ob die Widerspruchsbehorde bei ihrer etwaigen\nUmgestaltung rechtmaßig gehandelt hat. Entscheidend ist die Gestalt, die der\nErstbescheid durch den Widerspruchsbescheid "gefunden hat", unerheblich\ndagegen, ob die Widerspruchsbehorde so handeln durfte. Das leuchtet auch ein.\nFur die Schutzwurdigkeit des jeweils Betroffenen ist belanglos, ob die\nErstbehorde und die Widerspruchsbehorde identisch sind oder nicht. Diese\nSchutzwurdigkeit hat im Vergleich zu einer etwaigen Schutzwurdigkeit auch der\nErstbehorde das großere Gewicht. Die Anfechtungsklage ist zudem allgemein so\nkonzipiert, daß die Erstbehorde grundsatzlich auch Fehler der\nWiderspruchsbehorde zu tragen hat (vgl. §§ 78 Abs. 1 Nr. 1 und 79 Abs. 1 Nr. 1\nVwGO). Anders liegt es allein dann, wenn die mit dem Widerspruchsbescheid\nvorgenommene Umgestaltung als solche fur den Betroffenen "eine zusatzliche\nselbstandige Beschwer enthalt" (§ 79 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Das trifft bei einem\nWechsel lediglich in der Rechtsform - d.h. hier: der Ersetzung einer\n(schlichten) Willenserklarung durch einen Verwaltungsakt - nicht zu; ein\nsolcher Wechsel ist bei der gebotenen verallgemeinernden Betrachtung als\nsolcher fur den Betroffenen belastungs-indifferent."\n\n30\n\n \n\nNach den vorstehenden Grundsatzen enthalt auch der Widerspruchsbescheid des\nLandkreises Luneburg vom 22. September 2008 keine zusatzliche selbstandige\nBeschwer im Sinne von § 79 Abs. 2 Satz 1 VwGO, die dazu fuhren wurde, dass die\nKlage isoliert gegen den Widerspruchsbescheid und folglich nicht gegen den\nBeklagten, sondern gegen den Landkreis Luneburg zu richten ware. Der\nWiderspruchsbescheid bewirkt lediglich einen Wechsel der Rechtsform, in dem er\neine Bescheinigung im Sinne eines Realaktes in einen Verwaltungsakt\numgewandelt hat. Weitergehende Regelungen trifft der Widerspruchsbescheid\nnicht. Insbesondere kann in der Begrundung des Widerspruchsbescheides, die im\nEinzelnen darlegt, dass der "angefochtene Bescheid" nicht gegen\nnachbarschutzende Normen oder das baurechtliche Gebot der Rucksichtnahme\nverstoße, keine inzidente ablehnende Entscheidung uber bauaufsichtliches\nEinschreiten auf der Grundlage von § 89 NBauO erblickt werden. Die\nAusfuhrungen im Widerspruchsbescheid zur fehlenden Verletzung\nnachbarschutzender Vorschriften verdeutlichen vielmehr lediglich den bei\nNachbarwiderspruchen allgemein gultigen Prufungsmaßstab, nach dem keine\numfassende Rechtmaßigkeitskontrolle erfolgt, sondern nur zu prufen ist, ob\neine Verletzung nachbarschutzender Vorschriften vorliegt.\n\n31\n\n \n\nDie Klage hat auch in der Sache Erfolg. Die vom Beklagten ausgestellte\nBescheinigung ist in der Fassung, die sie durch den Widerspruchsbescheid des\nLandkreises Luneburg erhalten hat, rechtswidrig und verletzt die Klager in\neigenen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).\n\n32\n\n \n\nDie vom Beklagten erteilte Bescheinigung ist in der Gestalt, die sie durch den\nWiderspruchsbescheid erhalten hat, rechtswidrig. Nach dem zitierten Urteil des\nBundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 1987 ist in dieser Konstellation in der\nBegrundetheit zu prufen, ob die mit der Klage angegriffene Handlung im Wege\neines Verwaltungsaktes ergehen durfte. Dies ist hier - wie bereits ausgefuhrt\n- nicht der Fall, da § 40 Abs. 8 NBauO dem Bezirksschornsteinfegermeister\nkeine Befugnis erteilt, die Bescheinigung in der Handlungsform eines\nVerwaltungsaktes zu erlassen.\n\n33\n\n \n\nDie Klager werden durch das rechtswidrige Verwaltungshandeln auch in eigenen\nRechten verletzt.\n\n34\n\n \n\nZwar ist grundsatzlich davon auszugehen, dass die Erteilung der Bescheinigung\nnach § 40 Abs. 8 NBauO in der rechtswidrigen Handlungsform des\nVerwaltungsaktes nicht zu einer Verletzung nachbarschutzender Rechte fuhrt. Es\nhandelt sich dabei namlich um einen Verwaltungsakt, der vom\nBezirksschornsteinfeger an den Bauherrn adressiert ist und prinzipiell keine\nDrittwirkung gegenuber der Bauaufsicht hat. Die Erteilung der Bescheinigung in\nder Form des Verwaltungsaktes schrankt somit die Moglichkeit der Bauaufsicht,\nim Wege einer spateren Nutzungsuntersagung nach § 89 NBauO gegen die\nFeuerungsanlage vorzugehen, rechtlich nicht ein. Somit steht sie auch nicht\neinem Anspruch des Nachbarn auf bauaufsichtliches Einschreiten entgegen, der\ngegeben sein kann, soweit eine unzumutbare Beeintrachtigung in nachbarlichen\nRechten das von § 89 NBauO angeordnete Ermessen auf null reduziert.\n\n35\n\n \n\nHier tritt jedoch hinzu, dass die Bauaufsicht, die gegebenenfalls uber eine\nNutzungsuntersagung gegenuber dem Beigeladenen zu entscheiden hatte, mit der\nWiderspruchsbehorde identisch ist und deshalb an die vom Beklagten erteilte\nBescheinigung gebunden ist. Dies folgt aus der Selbstbindung der Behorden an\ndie von ihnen erlassenen Bescheide. Bei einem Verwaltungsakt, zu dem auch ein\nWiderspruchsbescheid ergangen ist, beschrankt sich diese Bindungswirkung nicht\nauf die Ausgangsbehorde, sondern gilt auch fur die Widerspruchsbehorde (Bader\nu. a., VwGO, 4. Aufl., § 79 Rdnr. 12; Kopp/Schenke, a. a. O., § 73 Rdnr. 10).\nDiese Bindungswirkung reicht nach der Rechtsprechung des\nBundesverwaltungsgerichts soweit, dass die Widerspruchsbehorde nach Abschluss\ndes Widerspruchsverfahrens durch Zustellung des Widerspruchsbescheides nicht\nmehr befugt ist, uber die Sache weiter zu befinden; insbesondere kann sie den\nWiderspruchsbescheid nicht mehr sachlich andern (Urt. v. 11.05.1979 - 6 C\n70.78 -, BVerwGE 58, 101, 105 m.w.N.). Nach Abschluss des\nWiderspruchsverfahrens darf also nur noch die Ausgangsbehorde uber ein\nWiederaufgreifen des Verfahrens und eine Änderung der Sachentscheidung auf der\nGrundlage der §§ 48 ff VwVfG entscheiden.\n\n36\n\n \n\nFur den vorliegenden Fall bedeutet das, dass der Landkreis Luneburg im Falle\neines Antrages der Klager auf bauaufsichtliches Einschreiten an die\nBescheinigung des Beklagten, die durch den eigenen Widerspruchsbescheid des\nLandkreises den Charakter einer Genehmigungsentscheidung erhalten hat,\ngebunden ist. Dem spateren Erlass einer Nutzungsuntersagung auf der Grundlage\nvon § 89 NBauO steht somit die durch die Bescheinigung in Form des\nWiderspruchsbescheides bewirkte formelle Legalitat des Vorhabens entgegen.\n\n37\n\n \n\nDoch auch wenn man dem angefochtenen Bescheid nicht eine derartige\nGenehmigungswirkung beimisst, sondern darin nur einen feststellenden\nVerwaltungsakt erkennt, der "die Tauglichkeit der Abgasanlage und die sichere\nBenutzbarkeit der Feuerungsanlage bescheinigt" (§ 40 Abs. 8 NBauO), werden\ndurch diesen Bescheid die Entscheidungsbefugnisse der Bauaufsicht bei einem\nkunftigen Antrag der Klager auf bauaufsichtliches Einschreiten zu deren Lasten\neingeengt. Ein gegenuber dem Landkreis Luneburg durchzusetzender Anspruch der\nKlager auf bauaufsichtliches Einschreiten kommt in Betracht, soweit von der\nFeuerungsanlage fur die Klager unzumutbare Umwelteinwirkungen in Form von\nRauchbelastigungen ausgehen und der Landkreis deshalb aufgrund des\nnachbarschutzenden Rucksichtnahmegebotes, das unter anderem in § 5 Abs. 1 Nr.\n1 BImSchG niedergelegt ist, zum Einschreiten verpflichtet ist. Wie sich aus §\n40 Abs. 4 Satz 3 und Abs. 5 NBauO ergibt, umfasst die Tauglichkeitsprufung von\nAbgasanlagen durch den Bezirksschornsteinfegermeister auch die Feststellung,\ndass "Gefahren oder unzumutbare Belastigungen nicht entstehen" konnen. Die\nErteilung der Bescheinigung in der Form eines feststellenden Verwaltungsaktes\nfuhrt somit dazu, dass auch uber die nachbarschutzende Frage von Gefahren oder\nunzumutbare Belastigungen, die von der Abgasanlage ausgehen, bereits rechtlich\nbindend entschieden wird. Ist die Bauaufsichtsbehorde wie hier aufgrund ihrer\nStellung als Widerspruchsbehorde an diese Feststellung gebunden, so kann sie\nspater im Rahmen einer Entscheidung uber bauaufsichtliches Einschreiten uber\ndie Frage, ob von der Feuerungsanlage bei ordnungsgemaßem Betrieb unzumutbare\nBelastigungen ausgehen, keine eigenstandige Entscheidung mehr treffen. Ihr\nobliegt dann hochstens noch die Prufung, ob durch unsachgemaßen Gebrauch oder\neinen Defekt der Anlage zusatzliche Belastigungen entstanden sind, die den\nKlagern nicht zumutbar sind.\n\n38\n\n \n\nDie Kostenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3\nVwGO. Die Entscheidung zur vorlaufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs.\n1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.\n\n39\n\n \n\nDie Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.\n\n* * *\n\n![Abkürzung Fundstelle](/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-\ninfo.gif) Diesen Link konnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses\nDokument verlinken mochten: \nhttp://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=JURE100068145&psml=bsndprod.psml&max=true\n\n |
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192,453 | lagni-2010-06-03-4-sa-23909-b | 586 | Landesarbeitsgericht Niedersachsen | lagni | Niedersachsen | 4 Sa 239/09 B | 2010-06-03 | 2019-02-11 20:23:38 | 2019-02-12 14:00:24 | Urteil | #### Tenor\n\n \n\n**Auf die Berufung der Kl agerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover\nvom 8. Oktober 2008 - 8 Ca 33/08 B - teilweise abgeandert:**\n\n \n\n**Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Versorgungsbez\nuge der Klagerin auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Buchst. e Ziff. 5 der\nRichtlinien des Angestelltenversorgungsfonds Niedersachsen (AVN) vom 1.\nOktober 1999 anzupassen.**\n\n \n\n**Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung der\nKlagerin wird zuruckgewiesen.**\n\n \n\n**Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.**\n\n \n\n**Die Revision wird zugelassen.**\n\n \n\n#### Tatbestand\n\n1\n\n \n\nDie am 00.00.1943 geborene Klagerin trat auf der Grundlage eines schriftlichen\nArbeitsvertrages mit Wirkung vom 1. Juli 1967 als Sekretarin in die Dienste\nder Beklagten, einer Korperschaft offentlichen Rechts. Das Arbeitsverhaltnis\nbestimmte sich zunachst nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den\ndiesen erganzenden oder andernden Tarifvertragen. In § 3 des Arbeitsvertrages\nvereinbarten die Parteien, dass die Altersversorgung nach den Richtlinien des\nAngestellten-Versorgungsfonds Niedersachsen (AVN) gewahrt wird.\n\n2\n\n \n\nAm 13./20. April 1983 schloss die Beklagte einen Manteltarifvertrag\n(Tarifvertrag A) mit der DAG. Grundlage des Arbeitsverhaltnisses der Parteien\nwar zuletzt der Arbeitsvertrag vom 30. Juni 1983. In § 2 dieses Vertrages\nheißt es, dass eine zusatzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach den\nRichtlinien des Angestellten-Versorgungsfonds Niedersachsen gewahrt wird. In §\n3 haben die Parteien vereinbart, dass sich das Arbeitsverhaltnis nach dem\nfruheren mit der KVN geschlossenen Arbeitsvertrag vom 9. Juni 1978 regelt,\nsoweit ein Tarifvertrag mit der DAG nicht mehr bestehen sollte.\n\n3\n\n \n\nDie Beklagte erteilte ihren Arbeitnehmern bis 1978 Versorgungszusagen nach\nMaßgabe der AVN-Richtlinien.\n\n4\n\n \n\nDie Klagerin bezieht seit dem 1. Oktober 1999 eine Erwerbsunfahigkeitsrente.\nZum selben Zeitpunkt traten neue Richtlinien fur die Verwaltung des\nAngestellten-Versorgungsfonds Niedersachsen (AVN) in Kraft, die eine\nBegrenzung der Nettogesamtversorgung auf 100 % sowie Übergangsbestimmungen fur\nVersorgungsberechtigte enthalten, fur die der Versorgungsfall zwischen dem 1.\nOktober 1999 und dem 30. September 2002 eintritt. In den Richtlinien heißt es\nauszugsweise:\n\n5\n\n \n\n§ 7 Alters- und Hinterbliebenenversorgung\n\n6\n\n \n\n(1) a) Alters- und Hinterbliebenenversorgung wird nur Belegschaftsmitgliedern\ngewahrt, die seit mindestens 10 Jahren zu den arztlichen Korperschaften\nNiedersachsens in einem unmittelbaren und ununterbrochenen Arbeitsverhaltnis\nstanden (Wartezeit) und nach Erreichen der Altersgrenze aus den Diensten der\narztlichen Korperschaften ausgeschieden sind oder vor Erreichen der\nAltersgrenze in den Diensten der arztlichen Korperschaften berufs- oder\nerwerbsunfahig geworden sind;\n\n7\n\n \n\n§ 8 Berechnungsgrundlagen\n\n8\n\n \n\nAltersversorgung\n\n9\n\n \n\n(1) a) Die Altersversorgung berechnet sich aus den altersversorgungsfahigen\nDienstbezugen. Diese sind das jeweilige Grundgehalt (Jahresgehalt) der zuletzt\nbezogenen Vergutungsgruppe unter Berucksichtigung der tariflichen Änderungen\nzuzuglich Ortszuschlag sowie die ausdrucklich fur ruhegehaltsfahig erklarten\nZulagen.\n\n10\n\n \n\n(2) Die Altersversorgung wird berechnet nach Ablauf der Wartezeit und bis zur\nVollendung einer versorgungsfahigen Dienstzeit von 10 Jahren mit 35 v. H. der\naltersversorgungsfahigen Dienstbezuge. Die Versorgungsbezuge erhohen sich nach\neiner Dienstzeit von 10 Jahren mit jedem weiteren vollen Dienstjahr um 2 v. H.\nbis hochstens 75 v. H.\n\n11\n\n \n\n§ 9 Die tatsachlichen Leistungen\n\n12\n\n \n\n(1) Zur endgultigen Berechnung der Leistungen aus dem AVN werden die nach den\nvorstehenden Grundsatzen berechneten Altersversorgungs-, Witwen-/Witwer- und\nSterbegelder gekurzt um die ungeminderten Renten aus der gesetzlichen\nRentenversicherung, um die Ruhegelder, Witwengelder, Witwergelder,\nWaisengelder, Kindergelder, Kinderzulagen sowie um sonstige laufende\nVersorgungsbezuge.\n\n13\n\n \n\n(e) Begrenzung der Nettogesamtversorgung\n\n14\n\n \n\nDie Gesamtversorgungsbezuge durfen als Nettogesamtversorgung 100 % des\njeweiligen Nettovergleichseinkommens (Gesamtversorgungsobergrenze) nicht\nubersteigen.\n\n15\n\n \n\n1\\. Gesamtversorgungsbezuge\n\n16\n\n \n\nGesamtversorgungsbezuge sind alle monatlichen Versicherungs- und\nVersorgungsbezuge im Sinne des § 9 (1), auch die Versorgungsbezuge aus einem\nfruheren Beschaftigungsverhaltnis, aus einem berufsstandischen\nVersorgungswerk, aus einer befreienden Lebensversicherung sowie aus dem AVN.\n\n17\n\n \n\n2\\. Nettogesamtversorgung\n\n18\n\n \n\nNettogesamtversorgung sind die Gesamtversorgungsbezuge gekurzt um Steuern -\neinschließlich Steuern auf den Ertragsanteil, Solidaritatszuschlag, jedoch\nohne Kirchensteuer (ohne Berucksichtigung der antragspflichtigen Freibetrage)\n- sowie um Beitrage zur Pflege- und Krankenversicherung.\n\n19\n\n \n\n3\\. Bruttovergleichseinkommen\n\n20\n\n \n\nAls Bruttovergleichseinkommen gilt 1/12 des der Berechnung der\nAltersversorgung des AVN (§ 8 I Abs. 1) zugrundeliegenden Jahresgehaltes\n(Altersversorgungsfahige Dienstbezuge)\n\n21\n\n \n\n4\\. Nettovergleichseinkommen\n\n22\n\n \n\nDas Nettovergleichseinkommen ist dadurch zu errechnen, dass von dem\nBruttovergleichseinkommen\n\n23\n\n \n\na) bei einem am Tag des Eintrittes des Versorgungsfalles im Sinne dieser\nRichtlinien nicht dauernd getrennt lebenden verheirateten\nBelegschaftsmitgliedes sowie bei einem Belegschaftsmitglied, das an diesem Tag\nAnspruch auf Kindergeld oder eine entsprechende Leistung fur mindestens ein\nKind hat, der Betrag, der an diesem Tag als Lohnsteuer nach Steuerklasse III/0\nzu zahlen ware,\n\n24\n\n \n\nb) bei allen ubrigen Belegschaftsmitgliedern der Betrag, der am Tag des\nEintrittes des Versorgungsfalles als Lohnsteuer nach Steuerklasse I/0 zu\nzahlen ware,\n\n25\n\n \n\nsowie\n\n26\n\n \n\nc) die Betrage, die als Arbeitnehmeranteile an den Beitragen zur gesetzlichen\nKrankenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung, zur gesetzlichen\nRentenversicherung sowie nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch nach Maßgabe\nder am Tag des Eintrittes des Versorgungsfalles geltenden Beitragssatze und\nBeitragsbemessungsgrenzen zu zahlen waren,\n\n27\n\n \n\nabgezogen werden.\n\n28\n\n \n\n5\\. Überprufung der Nettogesamtversorgung\n\n29\n\n \n\nEine Überprufung und ggf. Korrektur der Hohe der Nettogesamtversorgung und des\nNettovergleichseinkommens findet jeweils mit Wirkung von dem Zeitpunkt an\nstatt,\n\n30\n\n \n\na) zu dem bei der KVN allgemeine Änderungen der Gehalter eintreten\n\n31\n\n \n\nb) zu dem Rentenanpassungen erfolgen\n\n32\n\n \n\nc) zu dem weitere Versicherungs- und Versorgungsleistungen im Sinne des § 9\n(1) anzurechnen sind\n\n33\n\n \n\nd) zu dem Änderungen des Kinderanteiles im Ortszuschlag eintreten.\n\n34\n\n \n\nDas Bruttovergleichseinkommen nach Nr. 3 ist bei Überprufung diesen\nallgemeinen Änderungen entsprechend anzupassen.\n\n35\n\n \n\nDie Anpassung der Versorgungsbezuge der Klagerin richtete sich bis 2006 nach §\n9 Abs. 1 Buchst. e Ziff. 5 der AVN-Richtlinien mit dem Stand vom 1. Oktober\n1999 (Überprufung der Netto-Gesamtversorgung).\n\n36\n\n \n\nAm 16. November 2006 schloss die Beklagte eine Dienstvereinbarung mit dem\nGesamtpersonalrat. In Art. 2 dieser Dienstvereinbarung vereinbarten die\nBetriebspartner Richtlinienerganzungen zur AVN-Leistungsanpassung. Am 14.\nDezember 2006 schloss die Beklagte mit der Gewerkschaft Ver.di einen\nTarifvertrag. In § 2 des Tarifvertrages heißt es, dass unter Berucksichtigung\ndes § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG i. V. m. § 30 c BetrAVG die Anpassung der\nlaufenden AVN - Leistungen auf 1 % jahrlich festgelegt wird. Am 1. Januar 2007\ntraten die neuen Richtlinien fur die Verwaltung des Angestellten-\nVersorgungsfonds Niedersachsen in Kraft. Diese haben, soweit fur das\nvorliegende Verfahren von Interesse, folgenden Wortlaut:\n\n37\n\n \n\n**§ 9 Die tatsachlichen Leistungen**\n\n38\n\n \n\n(4) Die Zahlung der Altersversorgungsbezuge beginnt mit Ablauf der Zeit, fur\ndie Dienstbezuge von den arztlichen Korperschaften gezahlt wurden, und endet\nmit Ablauf des Sterbemonats.\n\n39\n\n \n\nDie Regelungen des § 8 und § 9 (1) bis (3) werden nur einmalig zum\nRentenbeginn angewendet. Danach werden die laufenden Zahlungen aus dem AVN\njahrlich um 1 % angepasst.\n\n40\n\n \n\n**§ 12 Schluss- und Übergangsbestimmungen**\n\n41\n\n \n\n(1) Fur AVN - Berechtigte, die am 30. Juni 2007 AVN - Leistungen bezogen haben\nund diese uber den 1. Juli 2007 hinaus weiterhin beziehen, findet der § 9 (4)\nSatz 1 bis 3 in der ab 1. Juli 2007 geltenden Fassung Anwendung; § 9 (4) Satz\n2 wird einmalig zum Zeitpunkt 1. Juli 2007 angewandt und berechnet.\n\n42\n\n \n\nMit Schreiben vom 7. Mai 2007 teilte die Beklagte der Klagerin mit, dass ihr\nVorstand auf der Grundlage einer Vereinbarung mit dem Gesamtpersonalrat die\nRichtlinien des Angestellten-Versorgungsfonds Niedersachsen fur aktive\nMitarbeiter und Rentner angepasst habe. Neben der Einarbeitung von\ngesetzlichen Neuerungen stehe bei der Richtlinienanderung die Gestaltung einer\nlangfristig sicheren sowie kalkulierbaren Finanzierung der Betriebsrenten im\nVordergrund. Die Neuregelung beschrieb die Beklagte dabei wie folgt:\n\n43\n\n \n\nIhre Betriebsrente wird nunmehr jahrlich am 1. Juli um den festen Wert von 1 %\nerhoht. Die bisherige Regelung, wonach die Tarifabschlusse fur aktive\nMitarbeiter der KVN in prozentualen Erhohungen, Nullrunden oder\nEinmalzahlungen auf die Betriebsrenten ubertragen wurden, findet keine\nAnwendung mehr. Weiterhin entfallt die bisherige Verfahrensweise, dass\nErhohungen von angerechneten Renten zu einem verminderten AVN-Leistungsbezug\nfuhren. Aufgrund der neuen Regelung brauchen Sie ab dem 1. Juli 2007 auch\nkeinen Nachweis uber Änderungen beim Bezug gesetzlicher Renten mehr zu\nerbringen.\n\n44\n\n \n\nMit Schreiben vom 9. Juli 2007 erwiderte die Klagerin, dass Sie mit der\nÄnderung nicht einverstanden sei. Dessen ungeachtet fuhrte die Beklagte mit\nWirkung ab dem 1. Juli 2007 die Neuregelung ein.\n\n45\n\n \n\nMit der vorliegenden Klage begehrt die Klagerin die Feststellung, dass die\nBeklagte verpflichtet ist, ihr Altersversorgung gemaß ihrem Arbeitsvertrag vom\n25. April 1967 in Verbindung mit der damals gultigen Richtlinie AVN zu\ngewahren.\n\n46\n\n \n\nDie Klagerin hat die Auffassung vertreten, § 3 ihres Arbeitsvertrages vom 25.\nApril 1967 stelle eine einzelvertragliche Zusage ohne jeden Vorbehalt und ohne\njede Einschrankung dar. Ihr Versorgungsanspruch richte sich grundsatzlich nach\nder Fassung der Richtlinien des AVN, die zum Zeitpunkt der\narbeitsvertraglichen Zusage Geltung gehabt habe. Eingegriffen werden konne nur\neinvernehmlich oder durch Änderungskundigung. Eine einen Eingriff\nrechtfertigende Jeweiligkeitsklausel musse ausdrucklich oder konkludent so\nvereinbart sein, dass der Arbeitnehmer erkennen konne, was unter Umstanden auf\nihn zukomme.\n\n47\n\n \n\nDie von der Beklagten gewahlten Anpassungsregelungen mit der jahrlich 1%-igen\nErhohung, die in § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG als eine Moglichkeit erwahnt sei,\ndie Überprufungspflicht des Arbeitgebers zur Anpassung der betrieblichen\nAltersversorgung entfallen zu lassen, gelte gemaß § 30 c Abs. 1 BetrAVG nicht\nfur diejenigen Versorgungsempfanger, denen eine Versorgungszusage bis zum 31.\nDezember 1998 erteilt worden sei. Die Unbilligkeit der von der Beklagten\ngewahlten Anpassungsbestimmung folge in materieller Hinsicht schon unmittelbar\naus dem Gesetz.\n\n48\n\n \n\nDie Frage der Rechtmaßigkeit einer Anpassung habe nach den Grundsatzen der\nStorung der Geschaftsgrundlage (§ 313 BGB) zu erfolgen. Nach der\nRechtsprechung konne der Arbeitgeber eine Anpassung der Versorgungsregelung\nverlangen, wenn eine Äquivalenz-storung vorliege, von der dann auszugehen sei,\nwenn die bei Schaffung des Versorgungswerks zugrunde gelegte Belastung wegen\nÄnderungen im Sozialversicherungsrecht zum Anpassungsstichtag um mehr als 50 %\nuberschritten werde.\n\n49\n\n \n\nDie Klagerin hat beantragt,\n\n50\n\n \n\n1\\. die Beklagte zu verurteilen, der Klagerin einen Betrag in Hohe von 72,03\nEuro brutto nebst Zinsen in Hohe von 5 Prozentpunkten uber dem Basiszinssatz\nseit dem 1. September 2007 sowie monatlich fur den Zeitraum vom 31. Januar bis\n30. Juni 2008 einen Betrag in Hohe von 55,79 Euro brutto nebst Zinsen in Hohe\nvon 5 Prozentpunkten uber dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2008 zu zahlen,\n\n51\n\n \n\n2\\. festzustellen, dass die Beklagte auch uber den 1. Juli 2007 hinaus\nverpflichtet ist, der Klagerin Altersversorgung aufgrund § 3 des\nIndividualvertrages der Klagerin vom 25. April 1967 i. V. m. der damals\ngultigen Richtlinie AVN zu gewahren.\n\n \n\n52\n\n \n\nDie Beklagte hat beantragt,\n\n53\n\n \n\ndie Klage abzuweisen.\n\n54\n\n \n\nDie Beklagte hat darauf hingewiesen, dass nach der standigen Rechtsprechung\ndes Bundesarbeitsgerichts der verwendete arbeitsvertragliche Verweis auf ein\nexternes Regelwerk immer als Verweis auf die jeweilige Fassung dieses\nRegelwerks zu verstehen sei. Die Wirkung der Jeweiligkeitsklausel erfasse den\nVertragspartner nach dieser Rechtsprechung auch noch im Ruhestand.\n\n55\n\n \n\nDie ab Juli 2007 gultige 1 %-Anpassungsklausel verstoße nicht gegen § 16 Abs.\n3 Nr. 1 BetrAVG i. V. m. § 30 c Abs. 1 BetrAVG. Diese Vorschrift sei\ntarifdispositiv. Abweichende tarifvertragliche Gestaltungen seien zulassig und\nerfassten auch die nicht tarifgebundenen Versorgungsberechtigten (§ 17 Abs. 3\nBetrAVG).\n\n56\n\n \n\nDie 1 %-Anpassungsklausel verstoße nicht gegen den Grundsatz der Billigkeit.\nDies ergebe sich schon daraus, dass die 1 %-Anpassungsklausel durch einen\nTarifvertrag eingefuhrt worden sei. Tarifvertrage unterlagen keiner\ngerichtlichen Billigkeitskontrolle. Vielmehr gelte fur sie die Vermutung der\nRichtigkeit und Billigkeit. Im Übrigen habe sie - die Beklagte - mit der\nAnpassungsklausel nur eine Entwicklung nachvollzogen, die fur alle sonstigen\nArbeitnehmer und Rentner des offentlichen Dienstes schon am 1. Marz 2002 in\nKraft getreten sei. Die fur den gesamten offentlichen Dienst wirksam per\nTarifvertrag eingefuhrte und fur billigenswert gehaltene Umstellung des alten\nMehrstufen-Anpassungssystems auf die einfache 1 %-ige Anpassungsklausel konne\nda nicht unbillig sein. Sie verspreche sich von der neuen Anpassungsklausel\nauch eine betrachtliche Entlastung des Verwaltungsapparates, den sie fur ihr\nbetriebliches Versorgungswerk und vor allem fur die regelmaßigen\nRentenanpassungen vorhalten musse.\n\n57\n\n \n\nVon der neuen 1 %-Anpassungsklausel verspreche sie sich auf langere Sicht eine\ngewisse Entlastung bei ihren Versorgungslasten. Das Versorgungssystem der AVN-\nRichtlinien habe in den vergangen Jahren und Jahrzehnten zu einem vollig\nunerwarteten Lastenanstieg gefuhrt, der mehr als 50 % ausgemacht habe. Daher\nmusse bereits von einer Storung der Geschaftsgrundlage fur die ursprunglichen\nAVN-Richtlinien gesprochen werden. Die Klagerin habe bei Beginn ihrer Rente im\nOktober 1999 eine Gesamtversorgung, bestehend aus der gesetzlichen Rente und\naus der AVN-Rente bezogen, die hoher als ihre letzten Nettoarbeitsbezuge\ngewesen seien. Dies habe eine absolute Überversorgung dargestellt und sei\nbereits eine Storung in der Geschaftsgrundlage.\n\n58\n\n \n\nDas Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 8. Oktober 2008 abgewiesen.\nGegen das ihr am 23. Januar 2009 zugestellte Urteil hat die Klagerin am 20.\nFebruar 2009 Berufung eingelegt und sie am 23. Marz 2009 begrundet.\n\n59\n\n \n\nDie Klagerin macht geltend, das Arbeitsgericht habe den Charakter der\narbeitsvertraglichen Bindung der Beklagten durch die Versorgungszusage im\nArbeitsvertrag verkannt. Nach den anerkannten Auslegungsregeln sei die\nAbweichung vom Wortlaut eines Individualarbeitsvertrages nur dann statthaft,\nwenn es dem ubereinstimmenden Willen beider Vertragspartner entspreche bzw.\nbei Vertragsschluss entsprochen habe oder im Wege einer gesetzes- oder\nverfassungskonformen Auslegung erforderlich sei. Beides sei hier nicht der\nFall. Im Übrigen seien weder der Gesamtpersonalrat noch die Gewerkschaft\nbefugt gewesen, in die Rechte der Betriebsrentner einzugreifen. Die Beklagte\nsei auch nicht nach den Grundsatzen der Storung der Geschaftsgrundlage\nberechtigt gewesen, die nachteiligen Änderungen fur die Betriebsrentner\neinzufuhren.\n\n60\n\n \n\nDie Klagerin beantragt,\n\n61\n\n \n\ndas Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 8. Oktober 2008 - 8 Ca 33/08 B -\nabzuandern und\n\n62\n\n \n\n1\\. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klagerin\nAltersversorgung auf der Grundlage des § 3 des Arbeitsvertrages der Klagerin\nvom 25. April 1967 i. V. m. der damals gultigen Richtlinie AVN zu gewahren,\n\n63\n\n \n\n2\\. hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die\nVersorgungsbezuge auf der Grundlage des § 9 Ziffer 5 der Richtlinie vom 1.\nOktober 1999 anzupassen.\n\n64\n\n \n\nDie Beklagte beantragt,\n\n65\n\n \n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n66\n\n \n\nDie Beklagte meint, die durch die Jeweiligkeitsklausel aus dem Arbeitsvertrag\nder Klagerin wirksam gewordene Änderung der Anpassungsregeln (Einfuhrung der 1\n%-Grenze) halte einer Billigkeitskontrolle stand. Die Umstellung der alten\nAnpassungsregeln auf eine Anpassungsgarantie von jahrlich 1 % sei\nhochstrichterlich schon mehrfach als billigenswert eingestuft worden. Sie habe\nein legitimes Interesse an einem Gleichlauf ihrer betrieblichen\nVersorgungsregeln mit den Versorgungsregeln des allgemeinen offentlichen\nDienstes. Die neue 1 %-Anpassungsgarantie entspreche der schon seit 2001\ngeltenden Anpassungsgarantie des allgemeinen offentlichen Dienstes. Sie habe\nauch ein legitimes Interesse daran, die Verwaltung ihres Rentnerbestandes zu\nvereinfachen. Verglichen mit den Verhaltnissen bei Beginn des\nArbeitsverhaltnisses sei sie mit einem zwischenzeitlich außerst starken\nAnstieg der Lebenserwartung ihrer Rentner und damit auch mit einem starken\nAnstieg der Rentenbezugsdauer ihrer Betriebsrenten konfrontiert worden. Sie\nhabe es ihren Mitarbeitern erspart, wegen dieser Veranderungen die beiden\nbekannten Rentenkurzungen fur die Arbeitnehmer des offentlichen Dienstes\nmitmachen zu mussen. Von diesen Kurzungen sei insbesondere die Mitte der 80er\nJahre eingefuhrte Begrenzung der versprochenen Gesamtversorgung auf ca. 91 %\nder letzten Nettobezuge zu erwahnen; auch sie sei der Klagerin erspart\ngeblieben.\n\n67\n\n \n\nBei einer Gesamtbetrachtung sei die kollektivvertragliche 1 %-Garantie fur die\nKlagerin gunstiger als die von ihrer wirtschaftlichen Lage abhangige\nAnpassungsregel aus § 16 Abs. 1 BetrAVG. Schon wegen dieser Gunstigkeit sei\ndie 1 %-Anpassungsgarantie fur die Klagerin wirksam vereinbart worden.\n\n68\n\n \n\nDie Klagerin habe sich individualvertraglich dem Tarifvertrag des offentlichen\nDienstes und damit auch dem Tarifvertrag des offentlichen Dienstes zur\nbetrieblichen Altersversorgung unterworfen. Die Tarifvertrage des offentlichen\nDienstes sahen schon seit 2002 die mit jahrlich 1 % garantierte Anpassung der\nBetriebsrenten des offentlichen Dienstes vor. Auf diese Tarifvertrage des\noffentlichen Dienstes sei mit einem Haus-Tarifvertrag von Mai 1983 auch fur\nihr Unternehmen Bezug genommen worden.\n\n69\n\n \n\nWegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf\nden vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsatze und deren\nAnlagen verwiesen.\n\n \n\n#### Entscheidungsgrunde\n\n70\n\n \n\nI. Die Berufung der Klagerin ist zulassig. Sie ist statthaft sowie form- und\nfristgerecht eingelegt und begrundet worden.\n\n71\n\n \n\nII. Die zulassige Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang\nzulassig und begrundet, im Übrigen ist sie unbegrundet.\n\n72\n\n \n\n1\\. Die Klagerin begehrt nach dem Wortlaut ihres Hauptantrages die\nFeststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr Altersversorgung auf der\nGrundlage des § 3 des Arbeitsvertrages vom 25. April 1967 in Verbindung mit\nden damals gultigen Richtlinien des Angestellten-Versorgungsfonds (AVN) zu\ngewahren.\n\n73\n\n \n\nDas Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die im Arbeitsvertrag vom\n25. April 1967 verwendete Klausel eine Jeweiligkeitsklausel darstellt. In den\nArbeitsvertragen der Parteien vom 25. April 1967, 15. August 1974, 9. Juni\n1978 und 30. Juni 1983 sind die Richtlinien des Angestellten-Versorgungsfonds\nNiedersachsen als Vertragsbestandteil ubernommen worden. Das Fehlen einer\nausdrucklichen Jeweiligkeitsklausel ist unschadlich. Wenn die\nArbeitsvertragsparteien außerhalb des Arbeitsvertrages liegende\nVersorgungsvorschriften in Bezug nehmen, handelt es sich in der Regel nicht um\neine statische, sondern um eine rechtlich nicht zu beanstandende dynamische\nVerweisung (BAG 22. Februar 2000 - 3 AZR 108/99 - AP BetrAVG § 1\nBeamtenversorgung Nr. 14; 27. Juni 2006 - 3 AZR 255/05 - AP § 1 BetrAVG\nAblosung Nr. 49). Eine derartige Verweisung stellt die einheitliche Behandlung\naller Versorgungsberechtigten sicher. Die einer Mehrzahl von Arbeitnehmern\nzugesagte betriebliche Altersversorgung wird im Regelfall im Rahmen eines\nSystems erbracht, das nicht erstarren soll. Die Zusage einer von spateren\nÄnderungen abgekoppelten Versorgung ist die Ausnahme. Eine statische\nVerweisung muss deshalb deutlich zum Ausdruck gebracht werden (BAG 16. August\n1988 - 3 AZR 61/87 - AP § 1 BetrAVG Beamtenversorgung Nr. 8).\n\n74\n\n \n\nNach § 3 des Anstellungsvertrages vom 25. April 1967 richtet sich die der\nKlagerin zugesagte Altersversorgung "nach den Richtlinien des AVN." Von einer\nFestschreibung auf eine bestimmte Fassung ist nicht die Rede. Daraus lasst\nsich entnehmen, dass auch spatere Änderungen der Richtlinien zu\nberucksichtigen sind.\n\n75\n\n \n\n2\\. Der Hilfsantrag der Klagerin ist zulassig und begrundet.\n\n76\n\n \n\na. § 533 ZPO steht der Erganzung des Antrages um den Hilfsantrag nicht\nentgegen. Diese Vorschrift legt besondere Zulassungsvoraussetzungen fur\nKlageanderungen in der Berufungsinstanz fest, die vorliegend gegeben sind.\n\n77\n\n \n\nb. Mit ihrem Hilfsantrag begehrt die Klagerin die Feststellung der\nWeitergeltung der Richtlinien fur den Angestellten-Versorgungsfonds\nNiedersachsen (AVN) vom 1. Oktober 1999 und verlangt, dass ihre\nRuhegeldanspruche auch nach dem 30. Juni 2007 entsprechend § 9 Abs. 1 Buchst.\ne Nr. 5 dieser Ruhegeldordnung berechnet werden. Der Antrag ist bestimmt genug\n(§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Klagerin hat auch ein Interesse an der\nFeststellung des Inhaltes ihres Versorgungsverhaltnisses zur Beklagten (§ 256\nAbs. 1 1. Alt. ZPO). Der Feststellungsantrag ist geeignet, die zwischen den\nParteien bestehenden Streitpunkte in prozesswirtschaftlicher Art zu klaren, so\ndass sich die Klagerin nicht auf den Vorrang der Leistungsklage verweisen\nlassen muss (BAG 24. Januar 2006 - 3 AZR 583/04 - AP BGB § 313 Nr. 1).\n\n78\n\n \n\nb. Der Klagerin steht ein Anspruch auf Überprufung und Korrektur der Hohe\nihrer Nettogesamtversorgung und des Nettovergleichseinkommens nach § 9 Abs. 1\nBuchst. e Nr. 5 der Richtlinien vom 1. Oktober 1999 zu. Die Änderung der\nAnpassungsregelung durch § 9 Abs. 4 Satz 1, 2 der Richtlinien in der Fassung\nvom 1. Januar 2007 ist unwirksam.\n\n79\n\n \n\naa. Die Änderung ist nicht schon deshalb wirksam, weil die vertragliche\nVersorgungszusage in der gebotenen Auslegung auf die jeweils geltenden\nRichtlinien des Angestellten-Versicherungsfonds verweist. Die\nJeweiligkeitsklausel fuhrt nicht dazu, dass die Klagerin keinen\nVertrauensschutz genießt und jede Änderung der Richtlinien hinnehmen muss. Die\narbeitsvertragliche Verweisung auf die jeweils geltenden\nVersorgungsrichtlinien verhindert zwar eine Festschreibung der bei\nArbeitsvertragsschluss geltenden Regelungen und ermoglicht spatere Änderungen.\nDas heißt aber nicht, dass die Versorgungsordnung beliebig umgestaltet werden\nkann. Die Änderungen der Versorgungsordnung unterliegen einer gerichtlichen\nKontrolle. Sie mussen billigem Ermessen im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB\nentsprechen (BAG 2. Februar 1988 - 3 AZR 115/86 - AP § 2 BetrAVG Nr. 25; 26.\nAugust 1997 - 3 AZR 213/96 - AP BetrAVG § 1 Besitzstand Nr. 14). Die\nBestandsschutzinteressen der Arbeitnehmer sind angemessen zu berucksichtigen\nund gegen die Änderungsgrunde der Arbeitgeberin abzuwagen. Die Arbeitnehmer\ndurfen darauf vertrauen, dass die Beklagte bei Eingriffen in schutzwurdige\nRechtspositionen der Versorgungsberechtigten den Verhaltnismaßigkeitsgrundsatz\nbeachtet. Damit bedarf auch die Änderung von Anpassungsregelungen fur laufende\nVersorgungsleistungen tragfahiger Grunde. Wie gewichtig die Grunde sein\nmussen, lasst sich jedoch nicht schematisch beantworten, sondern hangt von den\nNachteilen ab, die den Versorgungsberechtigten durch die konkrete Änderung\nentstehen.\n\n80\n\n \n\nNach diesem Maßstab ist der vorliegende Eingriff unverhaltnismaßig. Zusagen,\ndie Betriebsrenten im Rahmen einer Gesamtversorgung an die Entwicklung der\nEinkunfte aktiver Arbeitnehmer anbinden, sind ganz erheblichen Unsicherheiten\nausgesetzt. Zur Zeit der Schaffung des Versorgungswerks ist nicht nur die\nallgemeine Vergutungsentwicklung ungewiss. Gesamtversorgungssysteme hangen\nnotwendigerweise von der Entwicklung der Sozialgesetzgebung ab, so dass auch\ndie Hohe der anrechenbaren Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung\nSchwankungen und sozialpolitischen Unwagbarkeiten unterliegt (BAG 9. Juli 1985\n- 3 AZR 546/82 - AP BetrAVG § 1 Ablosung Nr. 6 ) _._ Dabei konnen sich die\nBerechnungsfaktoren der Betriebsrente sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des\nArbeitgebers bzw. Rentners verandern.\n\n81\n\n \n\nDie Beklagte halt die Ersetzung der alten AVN-Dynamisierungsregeln durch die\nneue tarifvertragliche 1 % - Anpassungsklausel fur billig, weil sogar schon\nvon einer Storung der Geschaftsgrundlage gesprochen werden musse. Im\nAnsatzpunkt zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass sie als\nKorperschaft des offentlichen Rechts das haushalts-rechtliche Gebot des\nsparsamen und wirtschaftlichen Handelns zu beachten hat. Anders als einem\nprivaten Arbeitgeber ist es offentlich-rechtlichen Arbeitgebern einschließlich\nder offentlich-rechtlichen Korperschaften nicht gestattet, die Betriebsrentner\ndeutlich besser zu stellen als die aktiven Arbeitnehmer. Die offentlich-\nrechtlichen Arbeitgeber durfen eine ubermaßige Altersversorgung auf das im\noffentlichen Dienst ubliche Niveau zuruckfuhren (vgl. BAG 3. September 1991 -\n3 AZR 369/90 - AP § 1 BetrAVG Überversorgung Nr. 3). Entgegen der Ansicht der\nKlagerin kommt es auch nicht darauf an, ob eine derartige Überversorgung im\noffentlichen Dienst geplant oder ungeplant ist. Eine Überversorgung in diesem\nSinne liegt vor, wenn die Versorgungsberechtigten mehr erhalten als eine volle\nSicherung ihres bisherigen Lebensstandards, die das Ausscheiden aus dem\nErwerbsleben berucksichtigt. Vollversorgung in diesem Sinne ist nicht 100 %\ndes Nettoeinkommens, das der Betriebsrentner als Aktiver erzielen wurde;\nvielmehr ist zu berucksichtigen, dass die Betriebsrentner nicht mehr die mit\nder Erzielung des Arbeitseinkommens typischerweise verbundenen Aufwendungen\naktiver Arbeitnehmer haben. (BAG 12. Marz 1996 - 3 AZR 963/94 - AP § 3\nRuhegeld Hamburg Nr. 1; 20. August 2002 - 3 AZR 14/01 - AP BetrAVG § 1\nÜberversorgung Nr. 9). Die bisherige Regelung in § 9 Abs. 1 Buchst. e Nr. 5\nder Richtlinien vom 1. Oktober 1999 fuhrte zu einer uberproportionalen\nBeteiligung der Betriebsrentner am Unternehmenserfolg nach ihrem Ausscheiden\naus dem Betrieb. Die Tarifgehalter stiegen starker als die gesetzlichen\nRenten. Außerdem verfugten die Rentner wegen ihrer gunstigeren\nabgabenrechtlichen Situation auch noch uber einen hoheren Nettoanteil an den\nLohnerhohungen als die aktiven Arbeitnehmer. Damit fuhrte die Anpassungsregel\nverstarkt zu einer Überversorgung und im Verhaltnis zwischen den aktiven\nArbeitnehmern und den Betriebsrentnern der Beklagten zu einer tendenziell\nunausgewogenen Ordnung. Zuzugeben ist der Beklagten ferner, dass mit der neuen\nAnpassungsregel der wenig sinnvolle Verwaltungs- und Abwicklungsaufwand\nverringert wurde, der mit § 9 Abs. 1 Buchst. e Ziff. 5 AVN (1999) verbunden\nwar.\n\n82\n\n \n\nDie Beklagte ubersieht indes mit ihrem Vorbringen, dass durch das\nAnpassungsrecht in die geltende Vereinbarung nicht starker eingegriffen werden\ndarf, als es durch die Anpassung an die Grundlagen der ursprunglichen\nVereinbarung geboten ist. Die Anpassung hat sich deshalb an den Bestimmungen\nder Versorgungsordnung zu orientieren, in die eingegriffen wird. Das\nAnpassungsrecht des Arbeitgebers dient nicht dazu, die Versorgungsordnung\numzustrukturieren. Vorliegend hat die Beklagte durch die Dienstvereinbarung\nvom 16. November 2006 in Verbindung mit dem Tarifvertrag S vom 14. Dezember\n2006 zwei Eingriffe vorgenommen. Sie hat nicht nur eine neue Anpassungsregel\nfur die laufenden Betriebsrenten eingefuhrt, die eine jahrliche Anpassung der\nlaufenden Zahlungen aus dem AVN am 1. Juli um 1 % vorsieht. Sie hat daruber\nhinaus die Anpassung der laufenden Zahlungen von der Hohe der\nSozialversicherungsrente abgekoppelt. Die Verschlechterungen, gegen die sich\ndie Klagerin wehrt, sind keineswegs Vorkehrungen, die sich gegen\nÜberversorgungen richten. Zu einem solchen Zweck waren sie weder erforderlich\nnoch ohne weiteres geeignet.\n\n83\n\n \n\nHatte die Beklagte nur Überversorgungen vermeiden wollen, hatte sie die\nGesamtversorgungsobergrenze absenken mussen. Im Grunde lassen sich sogar\nÜberversorgungen innerhalb eines Gesamtversorgungssystems, das die\nGrundversorgung in die Berechnungsformel einbezieht, leichter vermeiden als in\neinem abgekoppelten System, in dem die Grundversorgung nur einmalig zum\nRentenbeginn ermittelt wird. Die von der Beklagten eingefuhrte Regelung in § 9\n(4) der Richtlinien in der Fassung vom 1. Januar 2007, die vom Prinzip der\nGesamtversorgung abruckt, uberschreitet die Grenzen der Billigkeit, weil die\nsteuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Berechnungsfaktoren nicht mehr\nsystemgerecht fortgeschrieben werden.\n\n84\n\n \n\nbb. Ein erweitertes Anpassungsrecht steht der Beklagten auch nicht\nkollektivrechtlich zu, weil sie sich auf die Dienstvereinbarung mit dem\nGesamtpersonalrat vom 16. November 2005 und den Tarifvertrag S vom 14.\nDezember 2006 stutzt. Die Abkopplung der laufenden Anpassung der\nBetriebsrenten von der Sozialversicherungsrente ist unbillig; die Einfuhrung\nder 1 %-Anpassungsregel verstoßt gegen § 17 Abs. 3 BetrAVG.\n\n85\n\n \n\n(1) Die Frage, ob sich die Regelungskompetenz der Betriebsparteien auch auf\ndie Betriebsrentner erstreckt, ist im Personalvertretungsrecht und im\nBetriebsverfassungsrecht gleich zu beantworten. Nach standiger Rechtsprechung\ndes Bundesarbeitsgerichts (seit 16. Marz 1956 - GS 1/55 - AP § 57 BetrVG Nr.\n1) konnen die Betriebspartner nicht in die Rechte der Mitarbeiter eingreifen,\ndie bereits aus dem Betrieb ausgeschieden sind. Ob an dieser Rechtsprechung\nfestzuhalten ist oder die im Schrifttum zunehmend vertretene Gegenansicht den\nVorzug verdient, kann im vorliegenden Fall offen bleiben. Im vorliegenden\nRechtsstreit kommt es auch nicht auf den Inhalt und auf die Reichweite der in\nden Arbeitsvertragen enthaltenen Jeweiligkeitsklauseln an. Nach der\nRechtsprechung des 3. Senats des Bundesarbeitsgerichts gilt allerdings eine\nJeweiligkeitsklausel auch uber das Ende des Arbeitsverhaltnisses hinaus. Der\nGrund liegt darin, dass der Arbeitgeber Ruhestandsleistungen nach\neinheitlichen Regeln erbringen will. Er will durch die Bezugnahme auf die\njeweils geltenden kollektivrechtlichen Regelungen verhindern, dass die Rentner\nnach jeweils bei Eintritt in den Ruhestand unterschiedlichen\nkollektivrechtlichen Regelungen unterschiedlich behandelt werden (BAG\n23.09.1997 - 3 AZR 529/96 - AP § 1 BetrAVG Ablosung Nr. 23). Selbst wenn die\nin der nach Beendigung des Arbeitsverhaltnisses geschlossenen\nDienstvereinbarung enthaltenen Änderungen der Versorgungsordnung durch\neinzelvertragliche dynamische Verweisung ubernommen worden sind, mussen sowohl\ndie ubernommenen Regelungen als auch deren Übernahme einer Rechtskontrolle\nstandhalten. Diese Voraussetzung ist nicht erfullt. Denn auch eine\nBetriebsvereinbarung hat die - letztlich aus § 75 BetrVG folgenden -\nGrundsatze des Vertrauensschutzes und der Verhaltnismaßigkeit einzuhalten.\nDabei ist nicht auf das vom Bundesarbeitsgericht entwickelte dreistufige\nPrufungsschema hinsichtlich des Eingriffs in Versorgungsanwartschaften\nabzustellen, da dieses die laufenden Betriebsrenten nicht betrifft (BAG 16.\nJuli 1996 - 3 AZR 398/95 - AP § 1 BetrAVG Ablosung Nr. 21). Vielmehr ist\ndirekt auf die genannten Grundsatze des Vertrauensschutzes und der\nVerhaltnismaßigkeit zuruckzugreifen. Zu berucksichtigen ist dabei, dass\nausgeschiedene Arbeitnehmer bereits ihre voll-standige Arbeitsleistung\nerbracht haben. Als rechtfertigende Zielsetzung kommt grundsatzlich ein Abbau\nder Überversorgung in Betracht. Letztlich geht es darum, dass die Grundlagen\nder alten Versorgungsordnung - bei auf Grund der kollektiven Wirkung der\nVersorgungsordnung pauschalierter Betrachtung - entfallen sein mussen, um den\nEingriff durch die verschlechternde Betriebsvereinbarung zu rechtfertigen. In\neinem derartigen Fall ist ein Abbau durch Betriebsvereinbarung aber nur unter\nden Voraussetzungen und in den Grenzen moglich, wie er auch\nindividualrechtlich nach den Regeln uber die Storung der Geschaftsgrundlage (§\n313 BGB), auf die sich die Beklagte hier aber nach dem Ausgefuhrten nicht\nstutzen kann, moglich ware. Ein weitergehender Eingriff der Betriebsparteien\naus diesem Anlass ware unverhaltnismaßig, weil nicht mehr von der Zielsetzung\ngedeckt.\n\n86\n\n \n\nDie Beschrankung der Anpassungsverpflichtung des Arbeitgebers auf jahrlich 1 %\nstellt sich fur die betroffenen Ruhegeldempfanger zudem als eine ungunstige\nAbweichung von § 16 Abs. 1 BetrAVG dar, die nach § 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVGi.\nV. m. § 134 BGB nichtig ist. Die Beklagte kann sich zur Rechtfertigung der in\n§ 9 Abs. 1 Buchst. e Nr. 9 getroffenen Regelung nicht auf § 16 Abs. 3 Nr. 1\nBetrAVG stutzen. Diese durch das Rentenreformgesetz 1999 vom 16. Dezember 1997\n(BGBl. I S. 2998) neu in das BetrAVG aufgenommene Bestimmung ist zum 1. Januar\n1999 in Kraft getreten. Ausweislich der Gesetzesmaterialien (BT-Drucks.\n13/8011) bezweckte der Gesetzgeber, mit der Schaffung der optionalen\nMindestanpassungsverpflichtung die Erhaltung und Verbreitung der betrieblichen\nAltersversorgung zu gewahrleisten und zu verbessern. Um dem Arbeitgeber\nPlanungs- und Rechtssicherheit zu gewahren, sollte eine genau kalkulierbare\nAnpassungsverpflichtung ermoglicht werden. Nach § 30 c BetrAVG gilt § 16 Abs.\n3 Nr. 1 BetrAVG nur fur laufende Leistungen, die auf Zusagen beruhen, die nach\ndem 31. Dezember 1998 erteilt wurden. Der Arbeitgeber kann fur Altzusagen die\n1 % Verpflichtung mit Zustimmung des Personalrats nicht mit der Wirkung\neingehen, dass die Anpassungsprufungspflicht des § 16 Abs. 1 BetrAVG entfallt.\nDie Übergangsvorschrift des § 30 c Abs. 1 BetrAVG verhindert eine Anwendung\ndes § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG auf alle Versorgungszusagen, die vor dem 1.\nJanuar 1999 erteilt wurden (LAG Hamm 02.09.2008 - 4 Sa 438/08 - NZA-RR 2009,\n215). Dies entspricht - soweit ersichtlich - der einhelligen Auffassung in der\njuristischen Literatur (Hofer, § 16 BetrAVG Rn. 5439; Blomeyer/Rolfs/Otto, §\n16 Rn. 298 ff.; ErfK-Steinmeyer, 9. Aufl. 2009, § 30 c BetrAVG Rn. 1).\n\n87\n\n \n\ncc. Aus dem Tarifvertrag S lasst sich keine fur die Beklagte gunstigere\nRechtsfolge herleiten. Die Tarifvertragsparteien waren zum Abschluss der\nstreitbefangenen Regelung nicht legitimiert. § 17 Abs. 3 Satz 1 BetrAVG\nerklart eine Reihe von Gesetzesbestimmungen fur tarifdispositiv und gestattet\ndamit Abweichungen auch zu Ungunsten der betroffenen Arbeitnehmer. Andere\nBestimmungen des Gesetzes sind zum Schutz der Grundanliegen des Gesetzgebers\nauch tariflich unabdingbar. Die Tarifdispositivitat des Gesetz besteht nach\ndem eindeutigen Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 1 BetrAVG fur die\nÜbergangsvorschriften der §§ 27 und 28. Hingegen sind die\nÜbergangsvorschriften der §§ 26, 29 ,30 sowie 30 a bis 31 der Tarifmacht\nentzogen. Der Wortlaut entspricht dem Willen des Gesetzgebers, eine Befreiung\nder Anpassungsprufungspflicht durch eine vertragliche Anpassungsverpflichtung\naus fiskalischen Grunden auf Neuzusagen ab 1. Januar 1999 zu beschranken.\nHinzu kam die Rucksicht auf das verfassungsrechtliche Ruckwirkungsverbot, weil\ndie Versorgungsberechtigen bisher auf die Fortgeltung des § 16 in vollem\nUmfang vertrauen konnten.\n\n88\n\n \n\nIII. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO.\n\n89\n\n \n\nDie Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG\n\n \n\n \n\n90\n\n \n\nKronig Zinkler Weidenthal\n\n \n\n* * *\n\n![Abkürzung Fundstelle](/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-\ninfo.gif) Diesen Link konnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses\nDokument verlinken mochten: \nhttp://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=KARE600030783&psml=bsndprod.psml&max=true\n\n |
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192,548 | olgce-2010-05-12-14-u-16609 | 603 | Oberlandesgericht Celle | olgce | Niedersachsen | 14 U 166/09 | 2010-05-12 | 2019-02-11 20:26:36 | 2019-02-12 14:00:41 | Urteil | #### Tenor\n\n \n\nAuf die Berufung der Klagerin wird das Urteil der 4. Zivilkammer des\nLandgerichts Hannover vom 30. Oktober 2009 abgeandert und neu gefasst wie\nfolgt:\n\n \n\n \n\nDie Beklagte wird verurteilt, an die Klagerin 18.433,42 € nebst Zinsen in Hohe\nvon 5 Prozentpunkten uber dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. Marz 2009\nzu zahlen.\n\n \n\n \n\nEs wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klagerin\nsamtliche weiteren ubergangsfahigen Kosten zu ersetzen, die auf das\nUnfallereignis vom 23. April 2004 auf der B 192/Klein Warin zuruckzufuhren\nsind und bei dem die bei der Klagerin versicherte E. K., geb. am …, verletzt\nwurde.\n\n \n\n \n\nEs wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klagerin\nsamtliche weiteren ubergangsfahigen Kosten zu ersetzen, die auf das\nvorgenannte Unfallereignis zuruckzufuhren sind und bei dem die bei der\nKlagerin versicherte O. F., geb. S., geb. am …, verletzt wurde.\n\n \n\n \n\nDie Kosten des Rechtsstreits tragt die Beklagte.\n\n \n\n \n\nDas Urteil ist vorlaufig vollstreckbar.\n\n \n\n \n\nDie Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Hohe von 110\n% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die\nKlagerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Hohe von 110 % des zu\nvollstreckenden Betrags leistet.\n\n \n\n \n\nDie Revision wird nicht zugelassen.\n\n \n\n#### Grunde\n\n \n\nI.\n\n1\n\n \n\nDie Klagerin macht als gesetzlicher Unfallversicherungstrager gegenuber der\nBeklagten vertragliche Anspruche aufgrund eines Teilungsabkommens und - dies\nist streitig - aus ubergegangenem Recht gemaß § 116 SGB X wegen eines\nVerkehrsunfalls am 23. April 2004 geltend.\n\n \n\n2\n\n \n\nDie bei der Klagerin versicherte K. nahm zum damaligen Zeitpunkt an einer von\ndem Arbeitsamt Schwerin geforderten Ausbildung zur Kosmetikerin teil.\nBildungstrager war die Firma …, Schwerin. Am Unfalltag sollte vor der\nHandwerkskammer in Rostock die Abschlussprufung abgelegt werden. Zu dieser\nPrufung wollte die bei dem Unfall verletzte Frau K. fahren. Die Pruflinge\nhatten nicht nur selbst zur Prufung zu kommen und die Prufung abzulegen,\nsondern auch entsprechende Modelle zur Prufung mitzubringen. Im verunfallten\nPkw befanden sich neben der Kandidatin K. eine weitere (bei dem Unfall\ngetotete) Lehrgangsteilnehmerin und drei Modelle, namlich die ebenfalls bei\ndem Unfall verletzte Frau F., die Unfallfahrerin N. - die bei der Beklagten\nversichert ist - sowie eine weitere Person, die ebenfalls bei dem Unfall zu\nTode kam. Der Unfall kam unstreitig dadurch zustande, dass Frau N. einem\nanderen Pkw die Vorfahrt nahm, fur den der Unfall unvermeidbar war.\n\n \n\n3\n\n \n\nDie Klagerin mochte die von ihr fur Frau K. sowie fur Frau F. erbrachten\nLeistungen von der Beklagten erstattet erhalten. Sie ist der Ansicht, die\nBeklagte konne sich nicht auf ein Haftungsprivileg nach § 105 Abs. 1 Satz 1\nSGB VII berufen. Der Unfall sei nicht auf einem Betriebsweg im Sinne des § 8\nAbs. 1 SGB VII, sondern auf einem versicherten Weg gemaß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB\nVII geschehen. Es habe auch keine betriebliche Tatigkeit im Sinne des § 105\nAbs. 1 Satz 1 SGB VII vorgelegen. Deshalb seien die Ersatzanspruche auf die\nKlagerin ubergegangen gemaß § 116 Abs. 1 SGB X.\n\n \n\n4\n\n \n\nDie Beklagte ist demgegenuber der Ansicht, der Klagerin stehe kein Anspruch\nauf Schadensersatz aus ubergegangenem Recht und in Verbindung mit dem\nTeilungsabkommen zu, weil der Unfall unstreitig (Bl. 4 und 85 d. A.) von der\nKlagerin als Arbeitsunfall anerkannt worden ist und die Klagerin dabei davon\nausgegangen sei, dass fur die Verletzte K. als Lehrgangsteilnehmerin gemaß § 2\nAbs. 1 Nr. 2 SGB VII und fur die Verletzte F. als Modell gemaß § 2 Abs. 2 Satz\n1 SGB VII Versicherungsschutz bestand. Ein Forderungsubergang gemaß § 116 SGB\nX habe aber in keinem Fall stattgefunden. Denn soweit es sich bei dem Unfall\num einen Betriebswegeunfall gemaß § 8 Abs. 1 SGB VII gehandelt habe, konne\nsich die Schadigerin N. auf das Haftungsprivileg des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB\nVII berufen; ein Forderungsubergang scheide dann aus. Habe es sich dagegen um\neinen sog. Wegeunfall gemaß § 8 Abs. 2 SGB VII gehandelt, hatten den\nVerletzten K. und F. zwar Schadensersatzanspruche gegen die Beklagten\nzugestanden, diese seien aber gemaß §§ 105 Abs. 1 Satz 3, 104 Abs. 1 Satz 2\nSGB VII nicht auf die Klagerin ubergegangen, sondern bei den Geschadigten\nverblieben.\n\n \n\n5\n\n \n\nDas Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.\n\n \n\n6\n\n \n\nHiergegen richtet sich die Berufung der Klagerin, die ihr erstinstanzliches\nKlageziel in der Hauptsache ungemindert weiterverfolgt. Das Landgericht habe\ndie Sach- und Rechtslage verkannt und widerspruchlich entschieden. Die\nSchadigerin N. habe sich zum Unfallzeitpunkt auf einem versicherten Weg gemaß\n§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII befunden. Es habe sich um einen Wegeunfall, nicht um\neinen Betriebswegeunfall gehandelt. Denn zwischen den Modellen und dem\nBildungstrager habe keinerlei rechtliche oder tatsachliche Beziehung\nbestanden. Frau N. sollte daruber hinaus auch nicht fur die Geschadigte K. als\nModell fungieren, sondern fur die andere - bei dem Unfall getotete -\nPrufungsteilnehmerin. Es habe sich damit um einen Weg zwischen Wohnung und\nArbeitsstatte gemaß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII gehandelt. Arbeitsstatte sei der\nPrufungsort in Rostock gewesen. Auf dem Weg dorthin sei der Unfall geschehen.\nDie Fahrt sei auch nicht Teil einer betrieblichen Organisation gewesen. Frau\nK. habe zwar die Abschlussprufung ablegen mussen, um ihre Ausbildung zu\nbeenden. Die Prufung sei jedoch nicht mehr Teil der Ausbildung selbst gewesen.\nDer ausbildende Trager hatte keinerlei Einfluss auf die Durchfuhrung oder\nOrganisation der Abschlussprufung von Frau K. gehabt. Die Prufung habe allein\nder Handwerkskammer als staatlicher Prufungsstelle oblegen. Auf die Auswahl\nder mitzubringenden Modelle hatte der ausbildende Trager uberhaupt keinen\nEinfluss gehabt. Er habe nicht einmal gewusst, wen die Auszubildende K. als\nModell zur Prufung mitnimmt. Somit habe es sich gerade nicht um eine\ngemeinsame Fahrt von Betriebsangehorigen oder von Arbeitskollegen oder von\nAuszubildenden zu einem gemeinsamen auswartigen Lehrgang im Interesse des\nArbeitgebers bzw. der Bildungseinrichtung gehandelt, sondern um eine Fahrt der\nAuszubildenden K. zu einer Prufung, bei der sich zufallig zwei weitere Modelle\n(F. und N.) im gleichen Kfz befunden hatten. Damit konne die Fahrtstrecke kein\nBetriebsweg gemaß § 8 Abs. 1 SGB VII gewesen sein, auf dem sich die Verletzten\nbefunden hatten. Der Bildungstrager habe der Schadigerin N. gegenuber nichts\nanordnen konnen; er habe sie uberhaupt nicht gekannt. Ohne Kontakt zwischen\nBildungstrager und Modell konne die Fahrt aber mangels jeder Organisation\ndurch den Bildungstrager nicht Teil von dessen betrieblicher Organisation\ngewesen sein. Um zu einer Haftungsprivilegierung der Schadigerin N. gemaß §\n105 Abs. 1 SGB VII zu kommen, musste außerdem eine betriebliche Tatigkeit der\nSchadigerin vorliegen. Das sei hier nicht der Fall. Daran andere auch die BGH-\nEntscheidung vom 25. Oktober 2005 (VI ZR 334/04) nichts. Der BGH habe diese\nEntscheidung am 15. Juli 2008 (VI ZR 212/07) „klargestellt". Danach sei fur\neinen Haftungsausschluss bzw. eine Haftungsprivilegierung der Schadigerin\nVoraussetzung, dass es sich um eine betriebliche Tatigkeit des Schadigers\ngehandelt habe. Das sei hier aber zu verneinen. Bei dem Unfall hatten sich\nnicht betriebliche Verhaltnisse zwischen der Schadigerin und den Geschadigten\nmanifestiert. Es habe sich bloß um eine Teilnahme am allgemeinen Verkehr\ngehandelt. Die Fahrt sei wie eine Fahrt zur Arbeitsstelle und damit als\nPrivatsache zu qualifizieren. Da es sich also nicht um einen Betriebsweg und\nkeine von betrieblicher Tatigkeit gepragte Fahrt gehandelt habe, konne sich\ndie Versicherungsnehmerin der Beklagten, die Schadigerin N., und folglich die\nBeklagte nicht auf das Haftungsprivileg des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII\nberufen. Damit seien die Anspruche auf die Klagerin gemaß § 116 SGB X\nubergegangen. Das Landgericht hatte also die Klage nicht abweisen durfen.\n\n \n\n7\n\n \n\nDie Klagerin beantragt,\n\n \n\n8\n\n \n\ndas angefochtene Urteil abzuandern und\n\n \n\n9\n\n \n\n1\\. die Beklagte zu verurteilen, an sie 18.433,42 € nebst Zinsen in Hohe von 5\nProzentpunkten uber dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu\nzahlen;\n\n \n\n10\n\n \n\n2\\. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klagerin samtliche\nweiteren ubergangsfahigen Kosten zu ersetzen, die auf das Unfallereignis vom\n23. April 2004 auf der B 192/Klein Warin zuruckzufuhren sind und bei dem die\nbei der Klagerin versicherte K., geb. am …, verletzt wurde;\n\n \n\n11\n\n \n\n3\\. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klagerin samtliche\nweiteren ubergangsfahigen Kosten zu ersetzen, die auf das vorgenannte\nUnfallereignis zuruckzufuhren sind und bei dem die bei der Klagerin\nversicherte O. F., geb. S., geb. am …, verletzt wurde.\n\n \n\n12\n\n \n\nDie Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,\n\n \n\n13\n\n \n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n \n\n14\n\n \n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen\nauf das Protokoll der mundlichen Verhandlung vom 20. April 2010 (Bl. 292 f. d.\nA.) und den Senatshinweis vom 16. April 2010 (Bl. 282 d. A.) sowie die\ngewechselten Schriftsatze nebst Anlagen.\n\n \n\n \n\nII.\n\n15\n\n \n\nDie Berufung hat Erfolg. Die Haftung der Beklagten ist nicht gemaß § 105 Abs.\n1 SGB VII beschrankt.\n\n \n\n16\n\n \n\n1\\. Haftungsprivilegierte Personen:\n\n \n\n17\n\n \n\nDie Klagerin kann sich auf die Haftungsbeschrankung des § 105 Abs. 1 SGB VII\nberufen, weil diese Norm Betriebs- wie Nicht-Betriebsangehorige betrifft, die\ndurch eine betriebliche Tatigkeit im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VII („Wie-\nBeschaftigte") oder gemaß § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB VII einen\nVersicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachten (vgl. BT-\nDrucks. 13/2204, S. 100). Unstreitig waren sowohl die Schadigerin N. als auch\ndie Geschadigten K. und F. Versicherte desselben Betriebes, des\nBildungstragers … (vgl. Bl. 10 d. A.).\n\n \n\n18\n\n \n\n2\\. Betriebliche Tatigkeit:\n\n \n\n19\n\n \n\nEntgegen der Ansicht der Klagerin liegt eine betriebliche Tatigkeit vor.\n\n \n\n20\n\n \n\na) Als betriebliche Tatigkeit des Schadigers ist grundsatzlich jede gegen\nArbeitsunfall versicherte Tatigkeit zu qualifizieren (vgl. Senat, Urteil vom\n23. Dezember 2009 - 14 U 99/09, Nds.Rpfl. 2010, 82, juris-Rdnr. 57 m. w. N.).\nDass der Verkehrsunfall vom 23. April 2004 als Arbeitsunfall anerkannt worden\nist (vgl. Bl. 4 und 85 d. A.), genugt allerdings noch nicht, um die\nHaftungsbeschrankung des § 105 SGB VII zu begrunden (vgl. Geigel/Wellner, Der\nHaftpflichtprozess, 25. Aufl., Kap. 31, Rdnr. 101 m. w. N.). Entscheidend ist,\nob es sich um eine betriebsbezogene Tatigkeit handelt, die dem Schadiger von\ndem Betrieb oder fur den Betrieb ubertragen war oder die von ihm im\nBetriebsinteresse ausgefuhrt worden ist (OLG Hamm, VersR 1999, 597, juris-\nRdnr. 16). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Schadiger\nBetriebsangehoriger war und insoweit dem Weisungs- und Direktionsrecht des\nInhabers des Unfallbetriebs bzw. dessen Bevollmachtigten unterlag und ob er\ndie Fursorgepflicht des Unfallbetriebs beanspruchen konnte (OLG Hamm a. a. O.,\njuris-Rdnr. 18 m. w. N.). Die Stellung der Schadigerin N. zur Fa. … ist hier\nalso ohne Belang.\n\n \n\n21\n\n \n\nb) Der Begriff der betrieblichen Tatigkeit ist weit auszulegen (Geigel/Wellner\na. a. O.) und objektiv zu bestimmen. Erforderlich ist eine unmittelbar mit dem\nZweck der betrieblichen Beschaftigung zusammenhangende und dem Betrieb\ndienliche Tatigkeit. Es kommt darauf an, ob der Schaden in Ausfuhrung einer\nbetriebsbezogenen Tatigkeit verursacht wurde (und nicht nur bei Gelegenheit -\nGeigel/Wellner a. a. O., Rdnr. 104 m. w. N.). Auch dies bejaht der Senat. Die\nPkw-Insassen waren zum Teil auf dem Weg zur Abschlussprufung ihrer Ausbildung,\nan der die anderen Mitfahrerinnen mitwirken sollten. Bei der beruflichen\nAusbildung bilden die vorgeschriebenen Prufungen den naturlichen Abschluss der\nAusbildung und sind deren Bestandteil, unabhangig davon, wo die Prufung\nstattfindet und welche Stelle sie abnimmt (vgl. BSG, Urteil vom 29. Oktober\n1986 - 2 RU 42/85, HV-Info 1987, 152, juris-Rdnr. 16 f.). Da die Fahrt der\nAusbildung diente, hing sie auch mit dem Zweck der betrieblichen Beschaftigung\nzusammen. Die Rechtsprechung hat demgemaß eine betriebliche Tatigkeit\nangenommen bei der Fahrt von Studenten in einem privaten Pkw zu einer\nauswartigen Lehrveranstaltung (OLG Braunschweig, VersR 1988, 304: "Unerheblich\nfur die Annahme einer betrieblichen Tatigkeit bei der Anfahrt ist auch, dass\ndie Anfahrt nicht von der Universitat selbst organisiert wurde, sondern den\nTeilnehmern uberlassen blieb" - der BGH hat die Revision des Klagers gegen\ndieses Urteil durch Beschluss vom 12. Mai 1987 - VI ZR 277/86 - nicht\nangenommen; vgl. ebenso Geigel/Wellner a. a. O., Rdnr. 102).\n\n \n\n22\n\n \n\n3\\. Der Unfall ist von der Fahrerin N. unstreitig nicht vorsatzlich\nherbeigefuhrt worden.\n\n \n\n23\n\n \n\n4\\. Es liegt ein Wegeunfall i. S. v. § 8 Abs. 1 SGB VII vor:\n\n \n\n24\n\n \n\nEs kommt im vorliegenden Fall zu einer sog. Entsperrung der\nHaftungsprivilegierung, da der Unfall auf einem Weg i. S. des § 8 Abs. 2 SGB\nVII geschah, d. h. bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr.\n\n \n\n25\n\n \n\na) Zur Abgrenzung der Unfalle, die unter das Haftungsprivileg der §§ 104 f.\nSGB VII fallen, von sonstigen Wegeunfallen im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4\nSGV VII, bei denen eine Entsperrung der Haftung erfolgt, ist zu prufen, ob\nnach der ratio legis der § 104 f. SGB VII eine Haftungsbeschrankung geboten\nist, weil sich aufgrund der bestehenden betrieblichen Gefahrengemeinschaft ein\nbetriebsbezogenes Haftungsrisiko verwirklicht hat, von dem der Unternehmer\nauch hinsichtlich eventueller Freistellungs- und Erstattungsanspruche\ngrundsatzlich befreit werden soll. Maßgeblich ist hier das Verhaltnis des\nGeschadigten zu dem in Anspruch genommenen Schadiger. Im Unfall muss sich das\nbetriebliche Verhaltnis zwischen Schadiger und Geschadigtem manifestiert\nhaben. Dann gelten die Haftungsbefreiungen der §§ 104, 105 SGB VII. Stand\njedoch das betriebliche Verhaltnis zu dem Unfall in keinem oder nur einem\nlosen Zusammenhang, scheidet eine Haftungsprivilegierung aus. Es kommt deshalb\ndarauf an, inwieweit der Unfall mit dem Betrieb und der Tatigkeit des\nVersicherten zusammenhing und ob er Ausdruck der betrieblichen Verbindung\nzwischen ihm und dem Unternehmen war, deretwegen das Haftungsprivileg nach §\n105 SGB VII besteht (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2005 - VI ZR 334/04, VersR\n2006, 221, Rdnr. 11 m. w. N.).\n\n \n\n26\n\n \n\nVon einem Unfall auf einem Betriebsweg ist somit nur dann auszugehen, wenn die\ngemeinsame Fahrt der Arbeitskollegen selbst als Teil des innerbetrieblichen\nOrganisations- und Funktionsbereichs erscheint (BGH, Urteil vom 2. Dezember\n2003 - VI ZR 349/02, BGHZ 157, 159 = VersR 2004, 379, juris-Rdnr. 17;\nWaltermann, NJW 2002, 1225, 1227, III. 2 e). Im Gegensatz dazu steht der unter\n§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII fallende „Wegeunfall", der sich beim Zurucklegen des\nmit der Versichertentatigkeit zusammenhangenden unmittelbaren Weges nach und\nvon dem Ort der Tatigkeit ereignet. Der Weg zum Arbeitsplatz ist somit kein\nBetriebsweg i. S. des § 8 Abs. 1 SGB VII, wenn er nicht vom Arbeitgeber\norganisiert wird ("Sammeltransport") oder in firmeneignen Fahrzeugen\ndurchgefuhrt (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2003 - VI ZR 348/02, DAR 2004,\n344, juris-Rdnr. 16 f.; Urteil vom 12. Oktober 2000 - III ZR 39/00, BGHZ 145,\n311 = VersR 2001, 335, juris-Rdnr. 14 f.; Urteil vom 5. November 1991 - VI ZR\n20/91, VersR 1992, 122, juris-Rdnr. 11 m. w. N.) oder durch Anordnung des\nDienstherrn zur innerbetrieblichen bzw. innerdienstlichen Aufgabe erklart\nworden ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 2008 - VI ZR 212/07, ZfS 2009, 16,\nRdnr. 18 m. w. N.).\n\n \n\n27\n\n \n\nDie Abgrenzung erfolgt aus der Sicht des Geschadigten (vgl. BGH, Urteil vom\n18. Dezember 2007 - VI ZR 235/06, VersR 2008, 410, Rdnr. 16; naher: BAG,\nUrteil vom 19. August 2004 - 8 AZR 349/03, VersR 2005, 1439, juris-Rdnr. 19 m.\nw. N.).\n\n \n\n28\n\n \n\nb) Im vorliegenden Fall hat der Betrieb keinerlei Einfluss auf die Fahrt zum\nPrufungsort genommen. Die Prufungsteilnehmer hatten ebenso mit offentlichen\nVerkehrsmitteln die Fahrt zum Prufungsort antreten und auch getrennt fahren\nkonnen. Die Ausgestaltung der Fahrt war nicht vom Arbeitgeber angeordnet\nworden. Die Insassen des Unfallfahrzeuges hatten sich stattdessen in eigener\nEntscheidung zu einer Fahrgemeinschaft zusammengeschlossen, um zu ihrer durch\ndie Prufung ortlich geanderten Arbeitsstelle zu gelangen. Dass sich zwei\nModelle mit im Fahrzeug befanden, war dabei unerheblich, weil sie - wie\nerwahnt - gem. § 2 Abs. 2 SGB VII wie Betriebsangehorige zu behandeln sind.\n\n \n\n29\n\n \n\nDamit handelte es sich um eine Privatfahrt zur Arbeitsstelle und somit um eine\nTeilnahme am allgemeinen Verkehr. Die Fahrt eines Schulers zur Schule und\nzuruck ist wie die Fahrt zur Arbeitsstelle oder zum auswartigen\nBeschaftigungsort regelmaßig Privatsache (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober\n2000 - III ZR 39/00 a. a. O., juris-Rdnr. 17; Urteil vom 5. November 1991 - VI\nZR 20/91, VersR 1992, 122, juris-Rdnr. 11 m. w. N.). Die Mitnahme eines\nArbeitskollegen im Privatfahrzeug zur Arbeitsstelle und von dort nach Hause\nist ebenso grundsatzlich kein innerbetrieblicher Vorgang, sondern Teilnahme am\nallgemeinen Verkehr (BGH, Urteil vom 5. November 1991 - VI ZR 20/91, VersR\n1992, 122, juris-Rdnr. 10 f. m. w. N.). Der streitbefangene Unfall entsprach\ninsgesamt dem "Regelfall" eines Verkehrsunfalls einer Fahrgemeinschaft auf dem\nWeg zur Arbeitsstelle. Der Senat sieht deshalb keine Veranlassung, von der\nallgemeinen Wertung der Rechtsprechung in diesen Fallen abzuweichen.\n\n \n\n30\n\n \n\nDamit steht der Beklagten kein Haftungsprivileg zu.\n\n \n\n31\n\n \n\n5\\. Die Hauptforderdung ist der Hohe nach unstreitig geblieben. Die insoweit\nseit Klagezustellung (Bl. 80 d. A.) begehrten Zinsen rechtfertigen sich aus\nVerzug. Der Senat bejaht allein schon aufgrund der unstreitig schweren\nVerletzungen der Geschadigten K. (vgl. Bl. 25 f. d. A.) und F. (vgl. Bl. 36 f.\nd. A.) und im Hinblick auf einen etwaigen Verjahrungseintritt (vgl. BGH,\nUrteil vom 25. Februar 2010 - VII ZR 187/08, NJW-Spezial 2010, 204, Rdnr. 13\nm. w. N.) das Feststellungsinteresse der Klagerin.\n\n \n\n \n\nIII.\n\n32\n\n \n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung uber die\nvorlaufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.\n\n \n\n33\n\n \n\nDie Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafur\nnicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Der Senat sieht nicht, dass die\nRechtsprechung des BGH zur aufgeworfenen Problematik "missverstandlich" und\ninsoweit grundsatzlich klarungsbedurftig ist. Insbesondere hat der BGH mit\nseinem Urteil vom 15. Juli 2008 (VI ZR 212/07, ZfS 2009, 16) keine Abkehr von\nseiner fruheren Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, sondern sich\nausdrucklich auf diese bezogen und sie angewandt (vgl. Rdnr. 10 f., 18 des\nUrteils vom 15. Juli 2008).\n\n* * *\n\n![Abkürzung Fundstelle](/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-\ninfo.gif) Diesen Link konnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses\nDokument verlinken mochten: \nhttp://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=KORE212142010&psml=bsndprod.psml&max=true\n\n |
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192,651 | lsgnihb-2010-04-21-l-2-r-60509 | 587 | Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen | lsgnihb | Niedersachsen | Sozialgerichtsbarkeit | L 2 R 605/09 | 2010-04-21 | 2019-02-11 20:29:47 | 2019-02-12 14:00:58 | Urteil | #### Tenor\n\n \n\nDie Berufung wird zuruckgewiesen.\n\n \n\nKosten sind nicht zu erstatten.\n\n \n\nDie Revision wird nicht zugelassen.\n\n#### Tatbestand\n\n1\n\n \n\nDie 1917 geborene Klagerin begehrt Leistungen fur Kindererziehung gemaß § 294\nSGB VI fur ihre 1942 geborene Adoptivtochter J. K.. Der zwischen der Tochter\nund der Klagerin und ihrem Ehemann am 16. Januar 1962 abgeschlossene notariell\nbeurkundete Kindesannahmevertrag ist mit Beschluss des Amtsgerichts Hannover\nvom 20. Februar 1962 gerichtlich bestatigt worden.\n\n2\n\n \n\nNachdem die Beklagte einen entsprechenden Antrag bereits im Jahr 2001\nabgelehnt hatte, begehrte die Klagerin im Dezember 2008 erneut die Gewahrung\nvon Leistungen fur Kinderziehung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit\nBescheid vom 24. Februar 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom\n11. Mai 2009 mit der Begrundung ab, dass § 294 SGB VI die beantragten\nLeistungen nur fur leibliche Mutter, nicht aber fur Pflege- bzw. Adoptivmutter\nvorsehe.\n\n3\n\n \n\nMit der am 20. Mai 2009 erhobenen Klage hat die Klagerin geltend gemacht, dass\nGerechtigkeit und Moral eine Entlohnung der Muhen gebieten wurden, die sie fur\ndie Erziehung ihrer von ihr von Geburt an betreuten Adoptivtochter aufgewandt\nhabe. Angesichts der in den Wirren der Kriegsjahre erbrachten\nErziehungsleistungen durfte sich die Beklagte nicht auf die gesetzlichen\nRegelungen berufen. Einer Adoption der Tochter zu einem fruheren Zeitpunkt\nhabe entgegengestanden, dass seinerzeit der Aufenthalt ihrer leiblichen Mutter\nunbekannt gewesen sei.\n\n4\n\n \n\nMit Gerichtsbescheid vom 16. November 2009 hat das Sozialgericht Hannover die\nKlage abgewiesen, da das Gesetz in § 294 SGB VI eine Gewahrung von Leistungen\nfur Kinderziehung nur an leibliche Mutter vorsehe.\n\n5\n\n \n\nMit der am 30. November 2009 eingelegten Berufung verfolgt die Klagerin ihr\nBegehren weiter. Die Nichtberucksichtigung der von Adoptivmuttern erbrachten\nErziehungsleistungen in § 294 SGB VI sei verfassungswidrig; die Ablehnung\nihres Begehrens beinhalte eine besondere Harte. Ihre Menschenwurde werde\nmissachtet.\n\n6\n\n \n\nSie beantragt,\n\n7\n\n \n\n1\\. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 16. November 2009 und\nden Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2009 in der Fassung des\nWiderspruchsbescheides vom 11. Mai 2009 aufzuheben und\n\n8\n\n \n\n2\\. die Beklagte zur Gewahrung von Leistungen fur Kindererziehung gemaß § 294\nSGB VI zu verpflichten.\n\n9\n\n \n\nDie Beklagte beantragt,\n\n10\n\n \n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n11\n\n \n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den\nInhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen\nVerwaltungsvorgange der Beklagten Bezug genommen.\n\n#### Entscheidungsgrunde\n\n12\n\n \n\nDie zulassige Berufung hat keinen Erfolg. Die Klagerin hat keinen Anspruch auf\ndie begehrten Leistungen fur Kindererziehung.\n\n13\n\n \n\n§ 294 SGB VI enthalt folgende Regelung:\n\n14\n\n \n\n1) Eine Mutter, die vor dem 1. Januar 1921 geboren ist, erhalt fur jedes Kind,\ndas sie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland lebend geboren hat, eine\nLeistung fur Kindererziehung. Der Geburt im Gebiet der Bundesrepublik\nDeutschland steht die Geburt im jeweiligen Geltungsbereich der\nReichsversicherungsgesetze gleich.\n\n15\n\n \n\n(2) Einer Geburt in den in Absatz 1 genannten Gebieten steht die Geburt\naußerhalb dieser Gebiete gleich, wenn die Mutter im Zeitpunkt der Geburt des\nKindes ihren gewohnlichen Aufenthalt\n\n16\n\n \n\n1\\. in diesen Gebieten hatte,\n\n17\n\n \n\n2\\. zwar außerhalb dieser Gebiete hatte, aber im Zeitpunkt der Geburt des\nKindes oder unmittelbar vorher entweder sie selbst oder ihr Ehemann, mit dem\nsie sich zusammen dort aufgehalten hat, wegen einer dort ausgeubten\nBeschaftigung oder Tatigkeit Pflichtbeitragszeiten hat oder nur deshalb nicht\nhat, weil sie selbst oder ihr Ehemann versicherungsfrei oder von der\nVersicherung befreit war, oder\n\n18\n\n \n\n3\\. bei Geburten bis zum 31. Dezember 1949 zwar außerhalb dieser Gebiete\nhatte, aber der gewohnliche Aufenthalt in den in Absatz 1 genannten Gebieten\naus Verfolgungsgrunden im Sinne des § 1 des Bundesentschadigungsgesetzes\naufgegeben worden ist; dies gilt auch, wenn bei Ehegatten der gemeinsame\ngewohnliche Aufenthalt in den in Absatz 1 genannten Gebieten aufgegeben worden\nist und nur beim Ehemann Verfolgungsgrunde vorgelegen haben.\n\n19\n\n \n\n(3) Absatz 1 Satz 2 gilt nicht, wenn Beitragszeiten zum Zeitpunkt der Geburt\naufgrund einer Versicherungslastregelung mit einem anderen Staat nicht in die\nVersicherungslast der Bundesrepublik Deutschland fallen wurden.\n\n20\n\n \n\n(4) Einer Geburt in den in Absatz 1 genannten Gebieten steht bei einer Mutter,\ndie\n\n21\n\n \n\n1\\. zu den in § 1 des Fremdrentengesetzes genannten Personen gehort oder\n\n22\n\n \n\n2\\. ihren gewohnlichen Aufenthalt vor dem 1. September 1939 aus einem Gebiet,\nin dem Beitrage an einen nichtdeutschen Trager der gesetzlichen\nRentenversicherung bei Eintritt des Versicherungsfalls wie nach den\nVorschriften der Reichsversicherungsgesetze entrichtete Beitrage zu behandeln\nwaren, in eines der in Absatz 1 genannten Gebiete verlegt hat,\n\n23\n\n \n\ndie Geburt in den jeweiligen Herkunftsgebieten gleich.\n\n24\n\n \n\n(5) Eine Mutter, die ihren gewohnlichen Aufenthalt im Ausland hat, erhalt eine\nLeistung fur Kindererziehung nur, wenn sie zu den in den §§ 18 und 19 des\nGesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in\nder Sozialversicherung genannten Personen gehort.\n\n25\n\n \n\nSchon der Wortlaut der vorstehend zitierten gesetzlichen Bestimmung bringt\nklar zum Ausdruck, dass die dort normierten Leistungen fur Kinderziehung fur\nvor 1921 geborene Mutter nur von leiblichen Muttern in Anspruch genommen\nwerden konnen.\n\n26\n\n \n\nVerfassungsrechtliche Bedenken gegen die vom Gesetzgeber vorgenommene\nBeschrankung des Anspruchs auf leibliche Mutter sind nach Auffassung des\nSenates jedenfalls bezogen auf Fallgestaltungen der vorliegenden Art nicht\ngegeben. Ausschlaggebend sind weiterhin die Erwagungen, mit denen das BSG\nbereits mit Urteil vom 13. Mai 1996 - 13 RJ 67/95 - eine Zuerkennung von\nLeistungen fur Kindererziehung in Bezug auf ein Adoptivkind abgelehnt hat:\n\n27\n\n \n\nDer Umstand der erst 1962 erfolgten Adoption kann schon deshalb im Ergebnis\nkeinen Verfassungsverstoß und namentlich keine dem Gleichbehandlungsgrundsatz\ndes Art. 3 Abs. 1 GG widersprechende Ungleichbehandlung im Vergleich zu\nleiblichen Muttern begrunden, weil die Klagerin ihre Tochter erst lange nach\ndem Zeitpunkt an Kindes Statt angenommen hat, bis zu dem (heute) die\nKindererziehung durch jungere Adoptivmutter im Rahmen der §§ 56, 249 SGB VI\nrentenrechtlich berucksichtigt werden konnten (vgl. BSG, aaO).\n\n28\n\n \n\nAllein die geltend gemachte tatsachliche Betreuung und Erziehung des spater\nadoptierten Kindes bereits von dessen Geburt begrundet von Verfassungs wegen\nebenfalls keine Verpflichtung des Gesetzgebers, fur die Klagerin (unter diesem\nAnsatz als Pflegemutter) Leistungen fur Kindererziehung wie fur leibliche\nMutter zu gewahren. Die seit Inkrafttreten des SGB VI in § 294 normierten\nLeistungen fur Kindererziehung sind erst 1987 eingefuhrt worden, sie beziehen\nsich nur auf vor 1921 geborene Mutter. Mithin lagen schon bei Einfuhrung der\nLeistungen die maßgeblichen Erziehungszeitraume Jahrzehnte zuruck.\n\n29\n\n \n\nVor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber die tatbestandlichen\nVoraussetzungen an auch nach Jahrzehnten unschwer uberprufbare tatsachliche\nUmstande geknupft. Er hat im vorliegenden Zusammenhang allein an die leibliche\nGeburt eines Kindes angeknupft. Demgegenuber kommt bei jungeren Muttern (und\nVatern) eine Berucksichtigung von Kindererziehungszeiten (vgl. heute die\ngesetzliche Regelung in § 56 SGB VI i.V.m. § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3\nNr. 2 und 3 SGB I) nur in Betracht, wenn sie ihr Kind in dem maßgeblichen\nZeitraum auch tatsachlich erzogen haben, und zwar - vorbehaltlich\nubereinstimmender Erklarungen beider Eltern - uberwiegend.\n\n30\n\n \n\nDie vereinfachte Regelung der tatbestandlichen Voraussetzungen in § 294 SGB VI\nbegunstigt die betroffenen Mutter in dem Sinne, dass sie keinen Nachweis einer\ntatsachlichen Erziehung ihres Kindes im ersten bzw. in den ersten\nLebensjahr(en) fuhren mussen. Andererseits steht sie einer Einbeziehung\njedenfalls von Pflegemuttern in den Leistungsbezug entgegen. Dabei ist\nklarzustellen, dass auch nach den gesetzlichen Regelungen fur jungere\nVersicherte Adoptiv- oder Pflegemutter ohnehin nicht zusatzlich zu den\nleiblichen Muttern (bzw. Vatern) Erziehungszeiten anerkannt bekommen konnen,\nsondern nur an Stelle der leiblichen Eltern. Eine Pflegeelternschaft, die\nAnspruch auf die Anerkennung von Kinderziehungszeiten nach § 56 SGB VI i.V.m.\n§ 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I begrunden kann, kommt nur in Betracht, wenn in dem\nfraglichen Zeitraum eine Erziehung des Kindes durch die leiblichen Eltern\nnicht erfolgt ist. Ein zweifaches Familienband, namlich ein Familienband\nzwischen leiblicher Mutter (bzw. Vater) und Kind auf der einen Seite und der\nPflegemutter und diesem Kind auf der anderen Seite kann hingegen im Sinne\ndieser gesetzlichen Bestimmungen nicht gleichzeitig unterhalten werden (vgl.\nBSG, U. v. 12. September 1990 - 5 RJ 45/98 - E 67, 211 und U. v. 20. April\n1992 - 5 RJ 20/91 -; vgl. ferner Mrozynski, SGB I, 3. Aufl, § 56 Rn. 15).\n\n31\n\n \n\nDiese Rechtslage hat fur Versicherte ab dem Geburtsjahrgang 1921 zur Folge,\ndass es durchaus zu Streitigkeiten zwischen einer leiblichen Mutter und einer\nPflegemutter uber das Ausmaß der wechselseitigen Beitrage zur Erziehung und\nBetreuung eines Kindes kommen kann und wem von beiden daran anknupfend die in\nBetracht kommenden rentenrechtlichen Kindererziehungszeiten zustehen.\n\n32\n\n \n\nWenn der Gesetzgeber demgegenuber fur die Geburtsjahrgange vor 1921\nentsprechende Streitigkeiten (uber schon bei Einfuhrung der entsprechenden\nRegelungen Jahrzehnte zuruckliegende Sachverhalte) von vornherein ausschließen\nwollte, dann diente dies der Verwaltungsvereinfachung (vgl. BSG, U.v. 13. Mai\n1996 - 13 RJ 67/95) und auch dem Rechtsfrieden. Die damit fur Frauen, die\nKinder als Pflegemutter von Geburt an großgezogen haben, verbundenen Harten\ndurfte der Gesetzgeber von Verfassungs wegen vor dem erlauterten Hintergrund\nin Kauf nehmen. Dabei durfte er auch berucksichtigen, dass auch bei einer\nanderweitigen gesetzlichen Ausgestaltung der Regelung die Geltendmachung eines\nAnspruchs auf Leistungen fur Kindererziehung durch Pflegemutter in der\nRechtsanwendungspraxis oft an der nach Jahrzehnten - zumal unter\nBerucksichtigung der Kriegs- und Nachkriegswirren - sich ergebenden fehlenden\nNachweisbarkeit der tatsachlich erbrachten Pflegeleistungen in den ersten\nLebensjahren des Kindes scheitern wurde. Auch dies hatte zu vielfach nur wenig\nbefriedigenden Ergebnissen gefuhrt.\n\n33\n\n \n\nEine Missachtung der durch Art. 1 Abs. 1 GG geschutzten Menschenwurde der\nbetroffenen Pflegeeltern ist schon deshalb von Rechts wegen nicht in Betracht\nzu ziehen, weil die gesetzlichen Vorschriften uber die Rentenberechnung und\ndie Gewahrung daran anknupfender Leistungen von vornherein nicht den Anspruch\nerheben wollen oder auch nur konnen, dass mit dem jeweiligen Leistungsbetrag\neine Gesamtwurdigung der Leistungen und Verdienste der Betroffenen zum\nAusdruck gebracht wurde. In die Rentenberechnung fließen nach Maßgabe der\ngesetzlichen Bestimmungen nur einzelne Aspekte der Gesamtlebensleistung\nnamentlich in Form von tatsachlichen Beitragszahlungen ein. Die\nNichtberucksichtigung von anderen Leistungen bringt damit von vornherein nicht\nderen Abwertung zum Ausdruck. Es liegt dem Gesetzgeber insbesondere fern, die\nherausragende Bedeutung einer langjahrigen Pflegeelternschaft fur das Gedeihen\ndes Kindes oder den damit - zumal unter Berucksichtigung der besonderen\nErschwernisse der Kriegs- und Nachkriegsjahre - verbundenen großherzigen\nEinsatz der Pflegeeltern in tatsachlicher Hinsicht in Abrede zu stellen.\n\n34\n\n \n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Grunde, die Revision zuzulassen (§\n160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.\n\n \n\n* * *\n\n![Abkürzung Fundstelle](/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-\ninfo.gif) Diesen Link konnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses\nDokument verlinken mochten: \nhttp://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=JURE100063753&psml=bsndprod.psml&max=true\n\n |
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192,680 | olgce-2010-04-13-32-ss-710 | 603 | Oberlandesgericht Celle | olgce | Niedersachsen | 32 Ss 7/10 | 2010-04-13 | 2019-02-11 20:30:37 | 2019-02-12 14:01:03 | Urteil | #### Tenor\n\n \n\n \n\nDas Urteil des Landgerichts Luneburg vom 12. Oktober 2009 wird im\nRechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben und das Verfahren im\nUmfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch uber die\nKosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts\nLuneburg zuruckverwiesen.\n\n#### Grunde\n\n \n\n**I.**\n\n1\n\n \n\nDer Angeklagte war in erster Instanz durch das Amtsgericht Uelzen mit Urteil\nvom 18. Mai 2009 wegen wiederholter Zuwiderhandlung gegen das\nAufenthaltsgesetz gemaß § 95 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG zu einer Freiheitsstrafe\nvon 2 Monaten verurteilt worden. Eine Aussetzung der Vollstreckung der\nFreiheitsstrafe zur Bewahrung erfolgte nicht.\n\n \n\n2\n\n \n\nAuf die Berufung des Angeklagten hat das Berufungsgericht mit dem jetzt\nangefochtenen Urteil unter Verwerfung des Rechtsmittels im Übrigen die\nVollstreckung der Strafe zur Bewahrung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil richtet\nsich die Revi-sion der Staatsanwaltschaft, die ihr Rechtsmittel auf den\nRechtsfolgenausspruch beschrankt hat, sich in der Sache jedoch allein gegen\ndie Gewahrung der Strafaussetzung wendet.\n\n \n\n3\n\n \n\n1\\. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lebt der Angeklagte, der\niranischer Staatsangehoriger ist, seit knapp 9 Jahren in der Bundesrepublik\nDeutschland. Aufenthaltsrechtlich wird er lediglich geduldet, wobei die\nentsprechenden Duldungen jeweils fur 3 Monate durch die zustandige\nVerwaltungsbehorde ausgesprochen werden. Der Angeklagte erhalt fur seinen\nLebensunterhalt Gutscheine. Von der ihm eingeraumten Moglichkeit, monatlich\n200,- Euro hinzu zu verdienen, kann der Angeklagte derzeit mangels\nBeschaftigungsstelle keinen Gebrauch machen.\n\n \n\n4\n\n \n\nSeit Januar 2003 ist der Angeklagte mehrfach strafrechtlich in Erscheinung\ngetreten. Die Mehrzahl der entsprechenden Verurteilungen erfolgte wegen\nDiebstahls, meist wegen Diebstahls geringwertiger Sachen. Im Jahr 2005\nverurteilte ihn das Amtsgericht Uelzen wegen wiederholter Zuwiderhandlung\ngegen das Aufenthaltsgesetz zu einer Geldstrafe von 15 Tagessatzen. Im Marz\n2006 wurde der Angeklagte erstmals zu einer kurzen Freiheitsstrafe verurteilt.\nDie zunachst gewahrte Strafaussetzung zur Bewahrung wurde widerrufen und die\nStrafe vollstreckt. Im August 2008 verurteilte wiederum das Amtsgericht Uelzen\nden Angeklagten erneut wegen einer Zuwiderhandlung gegen das Aufenthaltsgesetz\nzu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten und 2 Wochen. Die Vollstreckung dieser\nStrafe war im Mai 2009 erledigt.\n\n \n\n5\n\n \n\nZuletzt wurde der Angeklagte durch Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 20.\nJanuar 2009 wegen eines am 25. Oktober 2008 in Hamburg begangenen Diebstahls\nzu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt. Das Amtsgericht Hamburg\nsetzte die Vollstreckung der Strafe zur Bewahrung aus.\n\n \n\n6\n\n \n\n2\\. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts fuhr der Angeklagte am 25.\nOktober 2008 von S. aus nach H. und hielt sich dort gegen 15.30 Uhr im\nWarenhaus S. in der M.straße auf. Er hatte allerdings keine Genehmigung der\nzustandigen Auslanderbehorde, seinen auf das Gebiet des Landes Niedersachen\nbeschrankten Aufenthaltsbereich zu verlassen. Das Fehlen der Genehmigung war\ndem Angeklagten auch bekannt.\n\n \n\n7\n\n \n\n3\\. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen beruhen auf einem\nGestandnis des Angeklagten, der eingeraumt hat, in Kenntnis der fehlenden\nErlaubnis, das Gebiet Niedersachsens zu verlassen, nach H. gefahren zu sein.\nUm eine solche Erlaubnis habe er sich auch nicht bemuht, weil ihm die fur ihn\nzustandige Auslanderbehorde diese ohnehin nicht erteilt hatte, denn er habe\nkeine Ausweispapiere vorlegen konnen. Er wolle gelegentlich seine in H.\nlebende Schwester besuchen. Diese Besuche seien ihm in der Vergangenheit immer\nwieder seitens der Behorde verweigert worden. Dies vermoge er nicht\neinzusehen. Zukunftig wolle er sich dennoch mit Hilfe seiner\nBewahrungshelferin um geeignete Papiere bemuhen. Im Übrigen habe er bei\nReiseantritt nicht vorgehabt, wahrend seines Aufenthaltes in H. am 25. Oktober\n2008 den Diebstahl zu begehen, der zu seiner Verurteilung vom 20. Januar 2009\ndurch das Amtsgericht Hamburg gefuhrt hatte.\n\n \n\n8\n\n \n\n4\\. Das Berufungsgericht hat das Verhalten des Angeklagten als wiederholte\nZuwiderhandlung gegen das Aufenthaltsgesetz gewurdigt und das\nVerfahrenshindernis einer Doppelverfolgung im Hinblick auf die Verurteilung\ndes Angeklagten durch Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 20. Januar 2009\nwegen Diebstahls nicht angenommen. Die Begehung des dort\nverfahrensgegenstandlichen Diebstahls habe sich mit der hier\nverfahrensgegenstandlichen Tat lediglich in zeitlicher Hinsicht uberschnitten,\nohne dass deshalb eine einheitliche prozessuale Tat vorliege.\n\n \n\n9\n\n \n\n5\\. Das Landgericht hat eine zweimonatige Freiheitsstrafe fur tat- und\nschuldangemessen erachtet. Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat es zu\nGunsten des Angeklagten sein Gestandnis sowie seine inzwischen relativ\nstabilen Lebensverhaltnisse berucksichtigt. Die stabilen Lebensverhaltnisse\nhat der Tatrichter in dem Kontakt zu der deutschen Freundin des Angeklagten\nsowie zu seiner Herkunftsfamilie und in seinen Bemuhungen um einen Zuverdienst\nzu den ihm gewahrten Sachleistungen gesehen. Zu Lasten des Angeklagten sind\ndie mehrfachen, teils einschlagigen Vorstrafen sowie der Umstand\nberucksichtigt worden, dass das unerlaubte Verlassen des Aufenthaltsgebietes\nvon ihm auch zu der Begehung eines Diebstahls genutzt worden ist. Das\nBerufungsgericht hat zudem die fehlende Unrechtseinsicht des Angeklagten zu\nseinen Lasten berucksichtigt, die Bedeutung dieses Umstandes aber erheblich\nrelativiert, indem es darauf verwiesen hat, die Auslanderbehorde sei bisher\nkeine Hilfe bei der Losung des - auf das Fehlen von Ausweispapieren bezogenen\n- Dilemmas des Angeklagten gewesen.\n\n \n\n10\n\n \n\nDie Notwendigkeit der Verhangung einer im Sinne von § 47 Abs. 1 StGB kurzen\nFreiheitsstrafe hat die Kammer auf spezialpraventive Grunde gestutzt und\ninsbesondere darauf verwiesen, dass der Angeklagte bereits mehrfach\neinschlagig vorbestraft sei, zudem weder Reue noch Unrechtseinsicht zeige.\n\n \n\n11\n\n \n\nDie ungeachtet dessen gewahrte Aussetzung der Vollstreckung der Strafe zur\nBewahrung stutzt die Kammer auf die Erwagung, es sei im Rahmen der\nerforderlichen Prognose zu berucksichtigen, dass dem Angeklagten bereits\naufgrund des Urteils des Amtsgerichts Hamburg und der dort eingeraumten\nStrafaussetzung eine Bewahrungshelferin zur Seite gestellt sei. Mit deren\nHilfe werde sich die "ungluckliche Situation" gegenuber der Auslanderbehorde\nverbessern lassen. Dann seien auch keine weiteren Verstoße gegen das\nAufenthaltsgesetz mehr zu erwarten.\n\n \n\n**II.**\n\n12\n\n \n\nGegen dieses Urteil richtet sich die auf den Rechtsfolgenausspruch beschrankte\nRevision der Staatsanwalt, die die allgemeine Sachruge erhebt und die\nAufhebung des Berufungsurteils erstrebt, "soweit die Vollstreckung zur\nBewahrung ausgesetzt worden ist".\n\n \n\n13\n\n \n\n1\\. Die Revision beanstandet vor allem, die Kammer habe dem Angeklagten im\nRahmen der Prognose nach § 56 Abs. 1 StGB ein Dilemma zugute gehalten, aus dem\nherauszukommen ihm die Auslanderbehorde bisher nicht geholfen habe. Das\nVorliegen dieses Dilemmas habe die Kammer jedoch ausschließlich auf die\nEinlassungen des Angeklagten gestutzt, ohne die Richtigkeit der Angaben naher\nzu prufen. Insbesondere hatte geklart werden mussen, ob der Angeklagte das\nangenommene Dilemma nicht selbst verschuldet habe, weil er nicht an der\nBeschaffung von Ausweispapieren mitwirke bzw. mitgewirkt habe. Daruber hinaus\nvermisst die Revision das Fehlen einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob\ndie Verhangung einer kurzen Freiheitsstrafe im Sinne von § 47 Abs. 1 StGB auch\nauf den Aspekt der "Verteidigung der Rechtsordnung" hatte gestutzt werden\nkonnen. Die Berucksichtigung dieses Instituts beschranke sich nicht auf die in\n§ 56 Abs. 3 StGB ausdrucklich genannten Freiheitsstrafen von mindestens sechs\nMonaten und hatte sich deshalb auch hier im Rahmen der Entscheidung uber die\nStrafaussetzung ausgewirkt.\n\n \n\n14\n\n \n\n2\\. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil im\nRechtsfolgenausspruch aufzuheben und das Verfahren im Umfang der Aufhebung zur\nneuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des\nLandgerichts Luneburg zuruckzuverweisen. Sie halt die Beschrankung der Revi-\nsion auf den Rechtsfolgenausspruch fur wirksam. In der Sache beanstandet auch\ndie Generalstaatsanwaltschaft die Berucksichtigung eines "Dilemmas" zugunsten\ndes Angeklagten. Die vom Berufungsgericht angenommene ausweglose Lage habe fur\nden Angeklagten nicht bestanden, weil dieser die Moglichkeit gehabt habe, an\nder Beschaffung von Ersatzpapieren mitzuwirken.\n\n \n\n**III.**\n\n15\n\n \n\nDie Revision der Staatsanwalt hat mit der Sachruge Erfolg.\n\n \n\n16\n\n \n\n1\\. Das Verfahren gegen den Angeklagten ist nicht wegen des\nVerfahrenshindernisses des Strafklageverbrauchs (Art. 103 Abs. 3 GG) im\nHinblick auf das in Rechtskraft erwachsene Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom\n20. Januar 2009 wegen eines am 25. Oktober 2008 in Hamburg begangenen\nDiebstahls einzustellen. Diese Verurteilung hat die Strafklage wegen des dem\nAngeklagten nunmehr vorgeworfenen Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz nicht\nverbraucht. Das verfassungsrechtlich durch Art. 103 Abs. 3 GG begrundete,\nstrafverfahrensrechtlich als Verfahrenshindernis wirkende Verbot der\nDoppelverfolgung oder des Strafklageverbrauchs greift lediglich dann ein, wenn\ndie bereits rechtskraftig abgeurteilte Tat und diejenige, die den Gegenstand\ndes jetzigen Verfahrens bildet, identisch sind (vgl. BVerfG 23, 191, 202 f.;\nBVerfGE 25, 22, 28; Radtke/Hagemeier, in: Epping/Hillgruber, GG, 2009, Art.\n103 Rn. 48 m.w.N.). Die dem Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 20. Januar\n2009 zugrunde liegende prozessuale Tat und die hier verfahrensgegenstandliche\nTat sind jedoch nicht identisch. Vielmehr handelt es sich, wie das\nBerufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat, um zwei verschiedene\nTaten im prozessualen Sinne.\n\n \n\n17\n\n \n\na) Die hochstrichterliche Rechtsprechung der Strafgerichte bestimmt den fur\nden Umfang des Strafklageverbrauchs maßgeblichen Begriff der prozessualen Tat\nim Sinne von § 264 StPO dahingehend, dass dieser den vom Eroffnungsbeschluss\nbetroffenen geschichtlichen Lebensvorgang einschließlich aller damit\nzusammenhangenden oder darauf bezogenen Vorkommnisse und tatsachlichen\nUmstande, die geeignet sind, das in diesen Bereich fallende Tun des\nAngeklagten unter irgendeinem Gesichtspunkt als strafbar erscheinen zu lassen,\nerfasst (BGHSt 10, 396, 397; BGHSt 13, 320, 321; BGHSt 32, 215, 216; BGHSt 35,\n60, 61; BGHSt 35, 80, 81; BGHSt 45, 211, 212 f.; BGH NStZ 2009, 705, 706; OLG\nCelle JZ 1985, 147, 148; OLG Braunschweig NStZ-RR 1997, 80 f.; siehe auch\nMeyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., 2009; § 264 Rn. 2, Engelhardt, in: Karlsruher\nKommentar zur StPO, 6. Aufl, 2008, § 264 Rn. 3). Zu diesem von der Anklage und\ndem Eroffnungsbeschluss erfassten einheitlichen geschichtlichen Vorgang gehort\nalles, was mit ihm nach der Auffassung des Lebens einen einheitlichen Vorgang\nbildet (BGH jeweils a.a.O.). Als maßgeblich fur das Vorliegen einer als\neinheitlichen geschichtlichen Vorgang verstandenen einheitlichen prozessualen\nTat erweist sich damit die innere Verknupfung (BGH NStZ 2009, 705, 706)\nzwischen den tatsachlichen Geschehnissen, die den entsprechenden Lebensvorgang\nkonstituieren (zutreffend Beulke, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Festgabe aus\nder Wissenschaft, 2000, S. 781, 783; siehe auch Meyer-Goßner, StPO, § 264 Rn.\n3).\n\n \n\n18\n\n \n\nObwohl der prozessuale Tatbegriff grundsatzlich unabhangig von der materiell-\nrechtlichen Bewertung der Tat zu bestimmen ist, wird zur Prufung des Bestehens\neiner inneren Verknupfung und damit eines einheitlichen Lebenssachverhaltes\nals Indiz fur prozessuale Tateinheit oder Tatverschiedenheit regelmaßig das\nmaterielle Konkurrenzverhaltnis herangezogen. So stellt eine einheitliche\nHandlung im Sinne des materiellen Rechts regelmaßig auch lediglich eine\neinheitliche Tat im prozessualen Sinne dar (BGHSt 26, 284, 285; BGH NStZ 1984,\n135; BGHSt 41, 385, 389; BGH NStZ 1991, 549; BGH wistra 1993, 193; BGH NStZ\n2009, 705, 706; Engelhardt, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, § 264 Rn. 4;\nKMR/Stuckenberg, StPO, § 264 Rn. 58; Meyer-Goßner, StPO, § 264 Rn. 6; siehe\nauch Loos, in: Alternativ Kommentar zur StPO, Band 2/2, 1993 Anhang zu § 264\nRn. 38). Umgekehrt geht materiell-rechtliche Tatmehrheit grundsatzlich mit dem\nVorliegen mehrerer Taten im prozessualen Sinne einher (BGHSt 35, 14, 19; BGHSt\n36, 151, 154; BGHSt 43, 96, 99; BGHSt 44, 91, 94 = NStZ 1999, 25 mit Anmerkung\nBeulke).\n\n \n\n19\n\n \n\nIn Folge der grundsatzlichen Unabhangigkeit des prozessualen Tatbegriffs von\nder materiell-rechtlichen Bewertung des Geschehens als tateinheitlich oder\ntatmehrheitlich kann nach hochstrichterlicher Rechtsprechung trotz materiell-\nrechtlicher Tatmehrheit in Ausnahmefallen aber auch lediglich eine prozessuale\nTat anzunehmen sein (erstmals RGSt 61, 314, 317; ausfuhrlich zu der\nEntwicklung der diesbezuglichen Rechtsprechung Beulke, in: 50 Jahre\nBundesgerichtshof, S. 781, 785 f.). Solch eine einheitliche prozessuale Tat\ntrotz materiell-rechtlicher Tatmehrheit kann dann vorliegen, wenn zwischen den\nVerhaltensweisen des Taters eine innere Verknupfung dergestalt besteht, dass\nihre getrennte Aburteilung in verschiedenen erstinstanzlichen Verfahren als\nunnaturliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorganges empfunden wurde\n(etwa BGHSt 32, 215, 216 mit Anmerkung Roxin JR 1984, 346 und Anmerkung Jung\nJZ 1984, 533; BGHSt 41, 385, 388; BGHSt 43, 252, 255; BGH NStZ 2005, 514; OLG\nStuttgart NStZ-RR 1996, 173). Dieses Kriterium ist allerdings kein allgemeiner\nMaßstab zur Festlegung der prozessualen Tatidentitat, sondern wird von der\nRechtsprechung lediglich in Konstellationen mehrerer sachlich-rechtlicher\nHandlungen herangezogen (zutreffend Engelhardt, in: Karlsruher Kommentar zur\nStPO, § 264 Rn. 5).\n\n \n\n20\n\n \n\nDie Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Begriff der prozessualen Tat hat\nangesichts der Vielzahl der zur Ausfullung des Begriffs im Einzelfall\nheranzuziehenden Kriterien stets betont, dass der Maßstab des einheitlichen\ngeschichtlichen Vorgangs nicht immer eine eindeutige Entscheidung uber das\nVorliegen oder Fehlen von prozessualer Tatidentitat gestattet; maßgeblich sind\ndafur die tatsachlichen Umstande des Einzelfalls (BGHSt 45, 252, 255; BGH NJW\n1999, 1413, 1414; in der Sache ebenso OLG Braunschweig NStZ-RR 1997, 80, 81;\nOLG Dusseldorf NStZ-RR 1999, 176, 177). Das aufgrund der Einzelfallbetrachtung\ngefundene Ergebnis bedarf seinerseits der Überprufung auf seine Vereinbarkeit\nmit anderen verfahrensrechtlichen Grundsatzen, insbesondere dem\nGerechtigkeitsgedanken und dem Gedanken des Vertrauensschutzes (BGHSt 35, 14,\n19; BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentitat 21; BGH NStZ 1998, 251; OLG Dusseldorf\nNStZ 1999, 176, 177).\n\n \n\n21\n\n \n\nb) Die Anwendung dieser Kriterien fur das Vorliegen einer einzigen\nprozessualen Tat gemaß § 264 StPO auf die Konstellation, dass wahrend eines\nauslanderrechtlich unerlaubten Aufenthaltes außerhalb des gestatteten\nraumlichen Aufenthaltsbereichs ein Zustandsdelikt (etwa ein Raub oder\nDiebstahl) begangen wird, wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte\nbisher nicht einheitlich vorgenommen.\n\n \n\n22\n\n \n\nSo hat das Oberlandesgericht Stuttgart bei einem Verstoß gegen § 85 Nr. 2\nAsylVfG, in dessen Verlauf der Tater eines Raubes und einer gefahrlichen\nKorperverletzung beschuldigt worden war, eine einheitliche prozessuale Tat\nangenommen (OLG Stuttgart v. 13.10.1995 - 1 Ss 416/95, NStZ-RR 1996, 173 f.).\nDem Angeklagten des dortigen Verfahrens war durch die zum Hauptverfahren\nzugelassene Anklage ein gemeinschaftlich mit anderen am 12. Januar 1994\nbegangener Raub in Tateinheit mit gemeinschaftlicher gefahrlicher\nKorperverletzung vorgeworfen worden. Von diesem Vorwurf hatte das\nBerufungsgericht den Angeklagten freigesprochen und zudem den Antrag der\nStaatsanwaltschaft zuruckgewiesen, den Angeklagten, einen Asylbewerber, eines\ngleichzeitigen Verstoßes gegen § 85 Nr. 2 AsylVfG zu verurteilen. Die Kammer\nhatte die Auffassung vertreten, dieser Vorwurf sei mangels Tatidentitat nicht\nGegenstand von Anklage und Eroffnungsbeschluss gewesen. Dem ist der 1.\nStrafsenat des OLG Stuttgart entgegengetreten. Er hat die fur die einheitliche\nprozessuale Tat maßgebliche innere Verknupfung darin gesehen, dass die dem\nAngeklagten vorgeworfenen Delikte des Raubes und der gefahrlichen\nKorperverletzung am 12. Januar 1994 nicht denkbar waren, ohne dass sich der\nAngeklagte unter Verstoß gegen die ihm erteilte Aufenthaltsbeschrankung\nunerlaubt am Tatort aufgehalten hatte. Die innere Verknupfung sei „sonach\ndenkgesetzlich begrundet und damit besonders eng" (OLG Stuttgart NStZ-RR 1996,\n173, 174).\n\n \n\n23\n\n \n\nDas Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hat demgegenuber die Auffassung\nvertreten, dass eine Verurteilung wegen Verstoßes gegen die\nAufenthaltsbeschrankung nach dem Asylverfahrensgesetz (§ 85 Nr. 2 AsylVfG)\nnicht zum Strafklageverbrauch hinsichtlich eines wahrend des unerlaubten\nAufenthalts begangenen Diebstahls fuhrt (Hans.OLG Hamburg v. 23.3.1999 - 1 Ss\n4/99, NStZ-RR 1999, 247 f.). Der dortige Angeklagte war zunachst gemaß § 85\nNr. 2 AsylVfG verurteilt worden, weil er sich am 31. August 1997 entgegen der\nihm erteilten Aufenthaltsbeschrankung in einem naher bezeichneten Lokal in H.\naufgehalten hatte. Ein zweites gegen den Angeklagten betriebenes Verfahren\nhatte den Vorwurf zum Gegenstand, dass dieser eben am 31. August 1997 in dem\nbezeichneten Lokal den Diebstahl einer Geldborse begangen habe. Das\nOberlandesgericht hat beide Straftaten materiell-rechtlich als tatmehrheitlich\n(§ 53 StGB) begangen angesehen und daraus den Schluss gezogen, es handele sich\nauch prozessual um zwei unterschiedliche Taten. Ausgehend von der\nhochstrichterlichen Rechtsprechung zum prozessualen Tatbegriff hat das\nOberlandesgericht angenommen, der bloße punktuelle ortliche und zeitliche\nZusammenhang alleine konne nicht genugen, um die fur eine einheitliche\nprozessuale Tat erforderliche innere Verknupfung herzustellen. Zur Begrundung\ndieser Ansicht hat das Gericht vor allem auf die Rechtsprechung des\nBundesgerichtshofs verwiesen, nach der bei dem Zusammentreffen eines\nDauerdelikts mit einem wahrend des Andauerns der Dauerstraftat begangenen\nZustandsdelikts prozessuale Tateinheit jedenfalls dann nicht in Betracht\nkomme, wenn das Zustandsdelikt auf Grund eines neuen Willensentschlusses\nbegangen wird und dieser Tatbestand nach seinem Unrechtsgehalt schwerer wiegt\nals die Rechtsgutverletzung durch das Dauerdelikt (Hans.OLG Hamburg NStZ-RR\n1999, 247, 248 unter Bezugnahme auf BGHSt 36, 151, 154). Da der abstrakte\nStrafrahmen des Diebstahls den des Asylverfahrensgesetzes deutlich ubersteige\nund nach den getroffenen tatrichterlichen Feststellungen keine Anhaltspunkte\ndafur vorgelegen hatten, dass der Angeklagte einen einheitlichen Tatentschluss\ngefasst hatte, unter Verstoß gegen seine Aufenthaltsbeschrankung nach Hamburg\nzu fahren um dort eine Geldborse zu entwenden, hat das Oberlandesgericht eine\ninnere Verknupfung und damit eine einheitliche prozessuale Tat verneint.\n\n \n\n24\n\n \n\nIm Ergebnis ebenso hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart\neinen Strafklageverbrauch durch eine Verurteilung eines Angeklagten wegen § 85\nNr. 2 AsylVfG im Hinblick auf eine Straftat nach § 53 Abs. 1 Nr. 3a WaffG\nverneint (OLG Stuttgart vom 7.6.2001 - 5 Ws 4/01, Justiz 2001, 497-499). Dem\nlag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Angeklagte, ein Asylbewerber, war\nwegen wiederholten Zuwiderhandelns gegen eine Aufenthaltsbeschrankung gemaß §\n85 Nr. 2 AsylVfG (i.V.m. § 56 AsylVfG) zu einer Geldstrafe verurteilt worden.\nDie Verurteilung beruhte u.a. darauf, dass der Angeklagte am 3. April 2000 bei\neiner Fahrzeugkontrolle in einer Örtlichkeit angetroffen worden war, die\naußerhalb seiner Aufenthaltsgestattung lag. In einem anderen Verfahren war dem\nAngeklagten vorgeworfen worden, wahrend dieser polizeilichen Fahrzeugkontrolle\neine funktionsfahige Pistole nebst Magazin und 35 Patronen bei sich gefuhrt\nund dadurch gegen § 53 Abs. 1 Nr. 3a WaffG verstoßen zu haben. Angesichts der\nzeitlichen Überschneidung der in beiden Verfahren erhobenen Vorwurfe hatte das\nzustandige Gericht die Eroffnung des Hauptverfahrens wegen des angeklagten\nVerstoßes gegen das Waffengesetz unter Hinweis auf den durch die Verurteilung\nnach § 85 Nr. 2 AsylVfG eingetretenen Strafklageverbrauch abgelehnt. Der 5.\nStrafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat dagegen einen\nStrafklageverbrauch mit der Begrundung verneint, es lagen zwei\nunterschiedliche prozessuale Taten vor (OLG Stuttgart Justiz 2001, 497 f.).\nDas Gericht ist dabei von zwei selbstandigen Handlungen im materiellen Sinne\nausgegangen. Gestutzt auf die standige Rechtsprechung, dass in solchen\nKonstellationen lediglich dann eine prozessuale Tat angenommen werden konne,\nwenn die Aburteilung der verschiedenen materiell-rechtlichen Taten als\nunnaturliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs empfunden wurde,\nist das Gericht von zwei verschiedenen prozessualen Taten ausgegangen. Das\nzeitliche und ortliche Zusammentreffen von zwei Taten (im Sinne des\nmateriellen Rechts) begrunde nicht die Annahme nur einer einzigen prozessualen\nTat; vielmehr musse eine innere Verknupfung in der strafrechtlichen Bedeutung\nhinzutreten (OLG Stuttgart Justiz 2001, 497, 498 unter Bezugnahme auf BGHSt\n35, 14 und Hans.OLG Hamburg NStZ-RR 1999, 247). Die Verstoße gegen das\nAsylverfahrensgesetz und das Waffengesetz stunden in ihrer strafrechtlichen\nBedeutung quasi zusammenhanglos nebeneinander. Keine der jeweils\ntatbestandlichen Handlungen sei durch die jeweils andere bedingt. Im Übrigen\nware die Annahme von prozessualer Tateinheit mit dem Gebot materieller\nGerechtigkeit kaum zu vereinbaren, weil auch eine lediglich punktuelle\nAburteilung eines Dauerdelikts zu einer Strafklage hinsichtlich wahrend\ndesselben Zeitraums begangener unrechtschwerer (Zustands)Straftaten fuhren\nwurde (OLG Stuttgart Justiz 2001, 497, 498).\n\n \n\n25\n\n \n\nc) In der hier vorliegenden Konstellation eines Diebstahls wahrend der\nDauerstraftat nach § 95 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG handelt es sich bei Anwendung\nder in der hochstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien ebenfalls\num zwei unterschiedliche Lebenssachverhalte und damit um zwei Taten im\nprozessualen Sinne. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Angeklagte den\nEntschluss zur Ausfuhrung des Diebstahls an einem Ort außerhalb der ihm\nerteilten Aufenthaltsbeschrankung nicht bereits zusammen mit dem Entschluss,\ngegen diese Beschrankung zu verstoßen, gefasst hat. Unabhangig von dem\nmateriell-rechtlichen Verhaltnis der beiden von dem Angeklagten verwirklichten\nDelikte fehlt es zwischen den jeweils zugrunde liegenden tatsachlichen\nLebensvorgangen an der erforderlichen inneren Verknupfung, die allein die\nEinheitlichkeit eines Lebenssachverhaltes zu begrunden vermag. Entgegen der\nAuffassung des 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart genugt der\nUmstand, dass das verwirklichte Zustandsdelikt nicht denkbar ware, ohne dass\nder Tater sich unter Verstoß gegen Aufenthaltsbeschrankungen an dem spateren\nTatort des Zustandsdelikts aufgehalten hatte (OLG Stuttgart NStZ-RR 1996, 173,\n174), als prozessuale Tateinheit stiftende „innere Verknupfung" gerade nicht.\nDie dort angenommene Verknupfung besteht namlich stets bei dem Zusammentreffen\neines Dauerdelikts mit einem wahrend seiner Dauern begangenen Zustandsdelikt.\nDiese Art von Verknupfung geht jedoch uber das tatsachliche Moment\nzeitweiliger zeitlicher Parallelitat nicht hinaus. Angesichts dessen verfehlt\neine uber die bloße zeitliche Überlagerung der Ausfuhrungshandlungen\nvermittelte Einheitlichkeit des Lebensvorgangs die dem prozessualen Tatbegriff\nzukommenden Funktionen.\n\n \n\n26\n\n \n\nDer in den §§ 155, 264 StPO einfachgesetzlich normierte Tatbegriff legt den\nVerfahrensgegenstand des Strafprozesses fur die Stadien der Rechtshangigkeit\nund der Urteilsfindung auf die angeklagte prozessuale Tat fest (vgl. BGHSt 25,\n388, 390; BGHSt 29, 292; ausfuhrlich Radtke, Die Systematik des\nStrafklageverbrauchs verfahrenserledigender Entscheidungen im Strafprozeß,\n1993, S. 116-120). Angesichts dessen muss das erkennende Gericht seine\nAufklarungs- und Aburteilungspflicht (sogenannte Kognitionspflicht) auf die\ngesamte angeklagte Tat erstrecken (etwa BGHSt 16, 200, 202 f.; BGHSt 22, 105,\n106; BGHSt 25, 388, 389 f.; BGHSt 39, 164, 165; BGH NStZ 2004, 582 (583);\nKMR/Stuckenberg, StPO, § 264 Rn. 41; Engelhardt in: Karlsruher Kommentar zur\nStPO, § 264 Rn. 10; Meyer-Goßner, StPO, § 264 Rn. 10; Schluchter, in:\nSystematischer Kommentar zur StPO, § 264 Rn. 4).\n\n \n\n27\n\n \n\nAndererseits bestimmt die prozessuale Tat auch den Umfang des\nStrafklageverbrauchs durch eine verfahrensabschließende Entscheidung. Die\nEinbeziehung jedes mit einem Dauerdelikt zusammentreffenden Zustandsdelikts,\nfur dessen Vorliegen sich aus Anklage und Eroffnungsbeschluss keine\nAnhaltspunkte ergeben, in den Verfahrensgegenstand wurde das erkennende\nGericht bei der Ausubung seiner Kognitionspflicht vor letztlich nicht losbare\nSchwierigkeiten stellen. Dasselbe gilt fur ein Zustandsdelikt, bei dem nicht\nerkennbar ist, dass es wahrend eines Dauerdelikts verwirklicht worden ist, und\nbereits deshalb einem damit befassten Gericht keinen Anlass gibt, die\nKognitionspflicht auf eben dieses Dauerdelikt zu erstrecken. Angesichts der\nkaum zu bewaltigenden praktischen Schwierigkeiten einer so umfassenden\nKognitionspflicht, wie sie aus der Auffassung des 1. Strafsenats des\nOberlandesgerichts Stuttgart resultiert, ware der dann zugrunde gelegte\nprozessuale Tatbegriff mit dem Gerechtigkeitsgedanken nicht mehr in Einklang\nzu bringen.\n\n \n\n28\n\n \n\nSoweit im Einzelfall die Aufspaltung von Dauerdelikt und Zustandsdelikt in\nzwei prozessuale Taten ausnahmsweise mit einer materiell-rechtlichen\nHandlungseinheit (§ 52 StGB) verbunden sein sollte, wirkt sich dies fur den\nTater nicht nachteilig aus (ausfuhrlich Erb GA 1994, 265, 275-280). Der Tater\nwird in solchen Konstellationen stets so gestellt, als ob beide prozessualen\nTaten in einem Verfahren abgeurteilt worden waren (etwa BGHSt 29, 288, 297;\nOLG Hamm NStZ 1986, 278; siehe auch Krauth, Festschrift fur Kleinknecht, 1985,\nS. 215, 234 ff.).\n\n \n\n29\n\n \n\nd) Eine Vorlagepflicht aus § 121 Abs. 2 GVG besteht fur den Senat im Hinblick\nauf das Urteil des 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13.\nOktober 1995 nicht. Dabei kann offenbleiben, ob es sich um eine Entscheidung\nder identischen Rechtsfrage handelt, woran Zweifel bestehen. Denn das\nOberlandesgericht Stuttgart hatte uber die prozessuale Tatidentitat bei der\nBegehung eines Raubes wahrend der andauernden Straftat nach § 85 Nr. 2 AsylVfG\nzu entscheiden, wahrend sich fur den Senat die Entscheidung uber die\nReichweite der prozessualen Tat bei der Ausfuhrung eines Diebstahls im\nZeitraum der Dauer einer Straftat nach § 95 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG stellt.\nEiner Vorlage steht aber bereits entgegen, dass der Senat die fur die\nReichweite des prozessualen Tatbegriffs maßgebliche Rechtsfrage so beantwortet\nhat, wie sie bereits zuvor in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs\nentschieden worden ist. Wenn das nunmehr mit einer grundsatzlich\nvorlagepflichtigen Rechtsfrage befasste Oberlandesgericht von der\nRechtsansicht eines anderen Oberlandesgerichts abweicht, sich aber der\nRechtsauffassung des Bundesgerichtshofs anschließt, so entfallt die Pflicht\nzur Vorlage (vgl. BGHSt 34, 79, 82; BGHSt 43, 241, 245; BGHSt 43, 277, 281).\n\n \n\n30\n\n \n\nDer Bundesgerichtshof hat uber die Rechtsfrage der Reichweite der prozessualen\nTat bei dem zeitlichen Zusammentreffen einer Dauerstraftat und einem wahrend\nderen Begehung verubten Zustandsdelikt bereits mehrfach entschieden. Dabei ist\ner stets zu der Auffassung gelangt, dass es an einem einheitlichen\ngeschichtlichen Lebensvorgang und damit an einer einheitlichen prozessualen\nTat im Sinne von § 264 StGB fehlt (BGHSt 36, 151, 153 ff.; BGH StV 1999, 643,\n644, siehe auch BGHSt 43, 252, 257). Diese Entscheidungen des\nBundesgerichtshofs hatten ein Zusammentreffen der Dauerstraftat des\nunerlaubten Besitzes von Waffen mit unrechtsschwereren Zustandsdelikten zum\nGegenstand. Der Bundesgerichtshof hat in diesen Konstellationen materiell-\nrechtlich das Vorliegen von Handlungsmehrheit und gestutzt auf die\nIndizwirkung der sachlich rechtlichen Tatmehrheit auch das Vorhandensein von\nzwei Taten im prozessualen Sinne angenommen. Zusatzlich hat er darauf\nhingewiesen, gegen die fur einen einheitlichen Lebenssachverhalt erforderliche\ninnere Verknupfung spreche auch der Umstand, dass der Begehung des\nZustandsdelikts regelmaßig ein neuer Tatentschluss des Taters zugrunde liege\n(BGHSt 35, 151, 153 f.; BGH StV 1999, 643, 644; ebenso bereits BGH v.\n30.6.1982 - 3 StR 44/82 und BGH v. 8.3.1983 - 5 StR 27/83). Gerade das von dem\n1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart fur maßgeblich gehaltene\nKriterium der zeitlichen Verknupfung von Dauerstraftat und Zustandsdelikt\ngenugt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof, der der hiesige Senat\nfolgt, nicht zur Begrundung eines einheitlichen tatsachlichen Lebensvorgangs\nals Voraussetzung einer einheitlichen prozessualen Tat. Dementsprechend hat\nder 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes prozessuale Tateinheit zwischen\neiner Straftat nach § 316 StGB und einer solchen nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG\n(Besitz von Betaubungsmitteln) lediglich deshalb angenommen, weil die\ndrogenbedingt in fahruntuchtigem Zustand von dem Tater durchgefuhrte Fahrt\ngerade dem Zweck diente, Betaubungsmittel zu transportieren (BGH NStZ 2009,\n705, 706). Erst diese Zwecksetzung stellt die fur die Tat im prozessualen\nSinne erforderliche innere Verknupfung her, nicht aber die bloße zeitliche\nÜberschneidung der Tatausfuhrungen (BGH a.a.O.).\n\n \n\n31\n\n \n\n2\\. In der Sache hat die Revision der Staatsanwaltschaft im Hinblick auf die\nAussetzung der Vollstreckung der verhangten Freiheitsstrafe zur Bewahrung\ngemaß § 56 Abs. 1 StGB Erfolg. Die Ausfuhrungen des Berufungsgerichts tragen\ndiesen Teil des Rechtsfolgenausspruchs nicht.\n\n \n\n32\n\n \n\nZwar obliegt die Entscheidung nach § 56 Abs. 1 StGB, ob dem Angeklagten eine\ngunstige Prognose gestellt wird, dem pflichtgemaßem Ermessen des Tatrichters\n(OLG Dusseldorf JR 2001, 202, 203). Das Revisionsgericht hat die Wertungen des\nTatrichters, der ausschließlich einen eigenen Eindruck von dem Angeklagten in\nder Hauptverhandlung hat gewinnen konnen, bis zur Grenze des Vertretbaren\nhinzunehmen (BGHSt 29, 319, 320; BGH NStZ 1998, 408, 410; BGH NStZ 2001, 366;\nBGH wistra 2002, 137; OLG Celle Blutalkohol 36 [1999], 188; OLG Dusseldorf JR\n2001, 202 f.; siehe auch Wohlers JR 2002, 204; Groß, in: Munchener Kommentar\nzum StGB, Band 2, 2005, § 56 Rn. 63; Mosbacher, in: Satzger/Schmitt/Widmaier,\nStGB, 2009, § 56 Rn. 50). Die revisionsgerichtliche Überprufung ist damit auf\ndas Vorliegen von Rechts- und Ermessensfehlern begrenzt (BGHSt 6, 392; OLG\nDusseldorf JR 2001, 202, 203).\n\n \n\n33\n\n \n\nDie Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich aber unter\nBerucksichtigung dieses eingeschrankten Prufungsmaßstabs als ermessens- und\ndamit als rechtsfehlerhaft. Der Tatrichter hat es versaumt, bei seiner\nErmessenentscheidung uber die Aussetzung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe\nzur Bewahrung alle relevanten tatsachlichen Umstande zu berucksichtigen.\n\n \n\n34\n\n \n\nGemaß § 56 Abs. 1 StGB setzt das Gericht die Vollstreckung der Freiheitsstrafe\nzur Bewahrung aus, wenn zu erwarten ist, dass der Verurteilte sich bereits die\nVerurteilung zur Warnung dienen lassen und auch ohne die Einwirkung des\nStrafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Die Erwartung des\nTatrichters von dem zukunftigen Legalverhalten des Verurteilten auch ohne den\nVollzug der verhangten Freiheitsstrafe muss auf einer durch Tatsachen\nbegrundeten Wahrscheinlichkeit zukunftiger Straffreiheit beruhen (BGHSt 7, 6;\nBGH NStZ 1988, 452; BGH StV 1991, 514). Um zu einer gunstigen Prognose zu\ngelangen, muss der Tatrichter auf der Grundlage von Tatsachen zu der\nÜberzeugung gelangen, dass die Wahrscheinlichkeit zukunftiger Straffreiheit\ngroßer ist als diejenige zukunftig weiterer Straftaten (BGHR StGB § 56 Abs. 1,\nSozialprognose 1). Das Landgericht hat seiner Entscheidung uber die Aussetzung\nlediglich solche Tatsachen zu Grunde gelegt, die sich auf die\nWahrscheinlichkeit neuer Verstoße des Angeklagten gegen das Aufenthaltsgesetz\nbeziehen. Insoweit ist der Tatrichter von der Wahrscheinlichkeit ausgegangen,\nder Angeklagte konne solche Art erneuter Straffalligkeit zukunftig vermeiden,\nwenn es ihm mit Hilfe der ihm bereits durch die Bewahrungsentscheidung des\nAmtsgerichts Hamburg vom 20. Januar 2009 zur Seite gestellten\nBewahrungshelferin gelinge, sich Ausweispapiere zu verschaffen, die ihm\nzukunftig die Moglichkeit des gestatteten Verlassens des Gebietes von\nNiedersachsen eroffnet. Diese Tatsachengrundlage ist jedoch vor dem\nHintergrund der sonstigen von dem Landgericht getroffenen Feststellungen\nunvollstandig und wegen der Unvollstandigkeit ermessensfehlerhaft.\n\n \n\n35\n\n \n\nAusweislich der Feststellungen zur Person des Angeklagten ist dieser im\nZeitraum seit 2003 wenigstens in zehn Fallen wegen Diebstahls oder versuchten\nDiebstahls zu Geldstrafen und kurzen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Diese\nfur die Aussetzungsentscheidung bedeutsamen tatsachlichen Umstande hat das\nLandgericht nicht ausreichend seiner Ermessensentscheidung zu Grunde gelegt.\nDas angefochtene Urteil erschopft sich in einer pauschalen Verweisung auf die\nvor der Aussetzungsentscheidung angestellten Strafzumessungserwagungen. Diese\npauschale Verweisung genugt nicht, um die Ermessensentscheidung auf die\nerforderliche umfassende Tatsachengrundlage zu stutzen. Das Berufungsgericht\nhat sich uberhaupt nicht zu der Wahrscheinlichkeit zukunftiger\nDiebstahlsstrafbarkeit des Angeklagten verhalten, obwohl sich eine\nAuseinandersetzung mit dieser Frage geradezu aufdrangte. Denn in der\nVergangenheit uberwiegen die Verurteilungen des Angeklagten wegen\nDiebstahlsdelikten die wegen Verstoßen gegen das Aufenthaltsgesetz bei Weitem.\nEs geht bei der Entscheidung uber die Strafaussetzung zur Bewahrung wegen\neiner Straftat nach dem Aufenthaltsgesetz nicht nur um die Wahrscheinlichkeit\nneuer Straftaten nach dem Aufenthaltsgesetz, es geht um die Legalprognose\ninsgesamt. Dies hat das Berufungsgericht nicht genugend bedacht, sodass die\nRechtsfolgenentscheidung des angefochtenen Urteils aufzuheben war. Die\nAufhebung konnte dabei nicht auf die Frage der Bewahrung beschrankt bleiben,\nweil nicht auszuschließen sein wird, dass die festgesetzte Strafe und die\nFrage einer Bewahrung in Wechselbeziehung stehen.\n\n* * *\n\n![Abkürzung Fundstelle](/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-\ninfo.gif) Diesen Link konnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses\nDokument verlinken mochten: \nhttp://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=JURE100063432&psml=bsndprod.psml&max=true\n\n |
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192,841 | olgce-2010-03-04-3-u-910 | 603 | Oberlandesgericht Celle | olgce | Niedersachsen | 3 U 9/10 | 2010-03-04 | 2019-02-12 08:16:32 | 2019-02-12 14:01:30 | Beschluss | #### Tenor\n\n \n\nDer Senat beabsichtigt , die Berufung des Klagers gegen das am 9. Dezember\n2009 verkundete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Hannover ohne\nmundliche Verhandlung durch Beschluss gemaß § 522 Abs. 2 ZPO zuruckzuweisen,\nda das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine\ngrundsatzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts, noch\ndie Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des\nBerufungsgerichts erfordert.\n\n#### Grunde\n\n \n\nI.\n\n1\n\n \n\nDer Klager nimmt die Beklagte auf Schadensersatz aus dem Verkauf von\nsogenannten Lehman-Zertifikaten in Anspruch.\n\n \n\n2\n\n \n\nDer Klager eroffnete am 4. Mai 1998 ein Wertpapierdepot bei der Beklagten und\nerwarb in der Folgezeit eine Reihe von Wertpapieren sowie Anteile an\nAktienfonds, etwa dem Fonds DWS Top Dividende, wofur er einen Ausgabeaufschlag\nvon 5 % zahlte (vgl. Wertpapierorder vom 3. Mai 2006, Anl. B 9, Bl. 103 GA I).\nIm Verlaufe der Geschaftsbeziehung erstellte die Beklagte mehrfach sogenannte\ncomputergestutzte Risikoprofile fur den Klager - etwa am 3. Mai 2006 (Anlage B\n13, Bl. 135 f. GA I) und bei dem Beratungsgesprach zwischen dem Klager und dem\nbei der Beklagten beschaftigten Anlageberater R. am 9. Januar 2007 (Anl. B 10,\nBl. 105 f. GA I) -, von denen ihm jeweils ein ausgedrucktes Exemplar\nuberlassen wurde. Hiernach wurde er als Anleger mit mittlerer Risikoneigung\nbei einem maximalen Risikoanteil von 55 % ausgewiesen. In diesem Zusammenhang\nerhielt der Klager auch jeweils einen Prospekt "Basisinformationen uber\nVermogensanlagen in Wertpapieren" (Anlage B 12, Bl. 112 ff. GA I).\n\n \n\n3\n\n \n\nAnlasslich des Beratungstermins vom 9. Januar 2007 kaufte der Klager 15 Stuck\nBonus Express Offensiv Zertifikate, die von der X.-Bank I. p. emittiert\nwurden, und bekam die entsprechenden Produktinformationen (Prospekt, Anlage B\n14, Bl. 138 ff. GA I) ausgehandigt, die Hinweise auf Ausgabeaufschlage und an\ndie Beklagte gezahlte Boni enthielten. Über den Prospektinhalt einschließlich\nvorstehender Hinweise informierte ihn ferner der Berater R. bei dem\nBeratungsgesprach.\n\n \n\n4\n\n \n\nAm 15. Juni 2007 fand - der Anlass ist streitig - ein weiteres\nBeratungsgesprach zwischen dem Klager und dem Berater R. statt, in dessen\nFolge der Klager mit Wertpapiersammelorder Alpha Express Zertifikate II (ISIN:\nDE000A0N7XQ2 = Lehman-Zertifikate) im Gesamtwert von 10.000 € zzgl.\nAusgabeaufschlag in Hohe von 2 %, mithin zum Preis von insgesamt 10.200 € (Bl.\n7 ff., Anlage B 16, Bl. 149 ff. GA I) erwarb. Ob der Klager dabei auch einen\nProduktflyer (Anlage B 17, Bl. 152 ff. GA I) uberreicht bekam und anhand\ndessen uber die Risiken der Anlage und die der Beklagten in diesem\nZusammenhang gewahrte Rabatte - die Beklagte erhielt von der Emittentin fur\nden Ankauf der Zertifikate einen Preisnachlass von 2,2 % - aufgeklart worden\nist, ist zwischen den Parteien streitig.\n\n \n\n5\n\n \n\nDie Emittentin der Alpha Expresszertifikate II - die Lehman Brothers Treasury\nCo. B.V. - sowie die Garantin - die Lehmann Brothers Holding Inc. - fielen\nMitte September 2008 in Insolvenz. Die Zertifikate sind mittlerweile\nweitgehend wertlos.\n\n \n\n6\n\n \n\nDer Klager hat behauptet, der Berater R. habe ihn Anfang Juni 2007 angerufen\nund ihn unter dem Vorwand, ihm ein personliches Geschenk ubergeben zu wollen,\nzu einem Besuch in der Filiale der Beklagten in H. veranlasst. Dort habe er\nihm eine Flasche Wein uberreicht und bei einer bei dieser Gelegenheit\nvorgenommenen Analyse seines finanziellen Status darauf hingewiesen, dass auf\nseinem - des Klagers - Girokonto ein freier Betrag von uber 10.000 € vorhanden\nsei. Er habe ihm vorgeschlagen, das Geld in Lehman-Zertifikate zu investieren,\nwobei er ihm zu verstehen gegeben habe, dass eine realistische Gewinnchance\nvon bis zu 15 % auf das angelegte Kapital bestehe. Auf Nachfrage des Klagers,\nder sich einer Spekulationsgefahr nicht habe aussetzen wollen, nach den\nRisiken der Anlage, habe der Berater R. erklart, das Papier sei sicher, es\nkonne praktisch nichts passieren. Über die Moglichkeit eines Totalverlustes\nsei er nicht aufgeklart worden; genau so wenig sei uber exakte Provisionssatze\nder Beklagten gesprochen worden. Vielmehr habe der Berater R. ihm lediglich\ndas ubliche Bankagio mitgeteilt und ihm den Eindruck vermittelt, bei der\nAnlage in Lehman-Zertifikate handele es sich um eine aussichtsreiche\nInvestition, an der er ein personliches Eigeninteresse nicht gehabt habe. Über\nseine private Motivation sowie diejenige der Beklagten habe er ihn im\nUngewissen gelassen. Tatsachlich habe die Beklagte weitere Ruckprovisionen\nerhalten, uber die er, der Klager, nicht aufgeklart worden sei. Zur\nabschließenden Beurteilung des bestehenden Verkaufsinteresses bei der\nBeklagten ware dies fur ihn jedoch wichtig gewesen. Einen Produktflyer mit\nentsprechenden Informationen habe er - bezogen auf die Lehman-Papiere - nicht\nerhalten, auch wenn seine Unterschrift auf der Wertpapierorder einen anderen\nEindruck mache. Die Beklagte habe ihm als Anlagemoglichkeit ausschließlich die\nLehman-Papiere angeboten, nicht aber andere Anlageformen, insbesondere keine\nFestgeldanlage.\n\n \n\n7\n\n \n\nDie Beklagte ist dem entgegen getreten und hat eine Pflichtverletzung im\nRahmen der Anlageberatung in Abrede genommen. Der Berater R. habe mit dem\nKlager die Risiken und die Funktionsweise des erworbenen Zertifikats auf der\nGrundlage der Produktinformationen, die dem Klager ausgehandigt worden seien,\nerortert. Der Klager sei bei Zeichnung des Zertifikats auch daruber\nunterrichtet worden, dass die Beklagte nicht nur einen Ausgabeaufschlag in\nHohe von 2,0 %, sondern auch eine weitere Vergutung in Hohe von 2,2 % fur den\nAbschluss von der Emittentin erhalte. Bei dem ihr gewahrten Rabatt habe es\nsich - wie die Beklagte gemeint hat - zudem nicht um eine Ruckvergutung\ngehandelt. Eine Mindestabnahmeverpflichtung gegenuber der Emittentin sei sie -\nunstreitig - nicht eingegangen. Der an sie geflossene Gesamtbetrag in Hohe von\n4,2 % des Nominalbetrags der Anlage liege bei einem auf vergleichbare Produkte\nbezogenen Marktvergleich uberdies eher im unteren bis mittleren Segment. Ein\nEigeninteresse an dem Verkauf des Zertifikats habe der Berater R., der keine\neigene Provision bekommen habe, nicht gehabt. Nicht die Beklagte habe dem\nKlager den Erwerb der Zertifikate, der außerhalb seines Risikoprofils gelegen\nhabe, vorgeschlagen, sondern der Klager selbst habe den Wunsch nach Erzielung\neiner hoheren Rendite geaußert.\n\n \n\n8\n\n \n\nDas Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begrundung ausgefuhrt, dem\nKlager stehe ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz\naus § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung von Beratungs- und\nAufklarungspflichten nicht zu. Zwischen den Parteien sei zwar ein\nBeratungsvertrag zustande gekommen. Eine Bank sei grundsatzlich auch\nverpflichtet, den Anleger uber das Bestehen und die Hohe moglicher\nRuckvergutungen durch die Vermittlung von Zertifikaten zu informieren, damit\nder Kunde einen moglichen Interessenkonflikt des Beraters erkennen konne. Es\nfehle aber an einem kausalen Verstoß der Beklagten gegen die Pflicht zur\nOffenlegung der ihr zugeflossenen Vergutung. Denn nach dem unstreitigen\nVorbringen der Parteien sei davon auszugehen, dass der Klager auch bei\nausdrucklicher Information uber die der Beklagten zugeflossene Vergutung die\nfraglichen Zertifikate erworben hatte. Der Klager habe nicht bestritten, bei\nErwerb der Bonus Express Offensiv Zertifikate im Januar 2007 von dem Berater\nR. ausdrucklich auf die neben dem Ausgabeaufschlag an die Beklagten gezahlten\nBetrage aufmerksam gemacht worden zu sein. Unstreitig habe er zudem bei Erwerb\ndes DWS Top Dividende-Fonds einen Ausgabeaufschlag von 5 % fur die Beklagte\nakzeptiert. Schließlich sei er vorliegend in der Wertpapiersammelorder auf die\nAusgabeaufschlage sowie darauf hingewiesen worden, dass zusatzliche\nRuckvergutungen bzw. Vertriebsfolgeprovisionen in den ausgehandigten\nProduktinformationen ausgewiesen seien. Wenn dies fur ihn von Bedeutung\ngewesen ware, hatte es nahe gelegen, den Berater hiernach zu fragen, auch wenn\nder Klager die Produktinformationen nicht erhalten haben wolle. Auch im\nÜbrigen sei eine Pflichtverletzung nicht zu erkennen. Anlasslich des Erwerbs\nder Bonus Express Offensive Zertifikate sei der Klager ferner uber alle\nRisiken, einschließlich des Emittentenrisikos, aufgeklart worden. Auch die\nBehauptung des Klagers, der Berater R. habe erklart, das Papier sei sicher,\nstelle angesichts des damals durchweg positiven Ratings keine fehlerhafte\nInformation dar.\n\n \n\n9\n\n \n\nHiergegen wendet sich der Klager mit der Berufung, mit der er seinen zuletzt\ngestellten erstinstanzlichen Antrag weiter verfolgt. Er wiederholt und\nvertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und meint, das Landgericht habe,\nindem es Beweis uber das Beratungsgesprach nicht erhoben habe, seinen Anspruch\nauf rechtliches Gehor verletzt. Es habe insbesondere nicht berucksichtigt,\ndass es zu dem Gesprach in der Filiale der Beklagten nur aufgrund des\nLockangebots in Form einer Flasche Wein gekommen sei. Im Rahmen des\nBeratungsgesprachs habe es der Berater R. unterlassen, ihn auf das\nwirtschaftliche Interesse der Beklagten am Verkauf der Lehman-Papiere zu\nunterrichten. Überdies habe das Landgericht die Erwerbssituationen im\nZusammenhang mit dem Ankauf von Wertpapierfonds mit der in Rede stehenden\nSituation bei Kauf der Lehman-Papiere vermengt. Wegen der weiteren\nEinzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsbegrundung vom 11. Februar 2010\nBezug genommen.\n\n \n\n \n\nII.\n\n10\n\n \n\nDie zulassige Berufung des Klagers hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Sache\nkommt zudem weder grundsatzliche Bedeutung zu, noch ist die Zulassung der\nRevision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung\ndes Rechts geboten. Der Senat halt daher die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2\nZPO fur gegeben.\n\n \n\n11\n\n \n\nEin Schadensersatzanspruch, der sich nur vorliegend nur aus § 280 Abs. 1 BGB\nim Zusammenhang mit einem zwischen den Parteien geschlossenen Beratungsvertrag\nergeben kann, steht dem Klager gegenuber der Beklagten nicht zu. Weder lasst\nsich eine Beratungspflichtverletzung feststellen noch kommt eine\nvorvertragliche Aufklarungspflichtverletzung (§ 311 Abs. 2 BGB) in Betracht.\n\n \n\n12\n\n \n\n1\\. Unstreitig ist zwischen den Parteien zumindest stillschweigend ein\nBeratungsvertrag in Bezug auf das Anlagegeschaft zustande gekommen, wobei es\nkeine Rolle spielt, ob es die Beklagte war, die mit einer entsprechenden\nEmpfehlung an den Klager herangetreten ist, oder ob der Klager seinerseits an\neiner Beratung hinsichtlich des auf dem Girokonto liegenden Geldbetrages von\n10.000 € interessiert war. Tatsachlich hat jedenfalls eine Beratung\nstattgefunden (vgl. BGHZ 123, 126, 128). Der Berater schuldet dem Kunden eine\nzutreffende, vollstandige und verstandliche Mitteilung von Tatsachen sowie\ndaruber hinaus auch eine fachmannische Bewertung, um eine dem Anleger und der\nAnlage gerecht werdende Empfehlung abgeben zu konnen (BGHZ, a. a. O., 129;\nBGH, Urteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303, 2304 m. w.\nN.).\n\n \n\n13\n\n \n\n2\\. Eine Pflichtverletzung der Beklagten, vertreten durch ihren Berater R.,\nist vor diesem Hintergrund nicht zu erkennen.\n\n \n\n14\n\n \n\na) Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hangen von den Umstanden des\nEinzelfalls ab. Die Beratung muss anleger- und objektgerecht sein. Maßgeblich\nsind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel\ndes Kunden und andererseits die allgemeinen und speziellen Risiken, die sich\naus den besonderen Umstanden des Anlageobjekts ergeben. Wahrend die Aufklarung\ndes Kunden uber diese Umstande richtig und vollstandig zu sein hat, muss die\nBewertung und Empfehlung eines Anlageobjekts unter Berucksichtigung der\ngenannten Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Der\nRisiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist,\ntragt der Kunde (vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. Marz 2006 - XI ZR 63/05, WM\n2006, 851 ff., hier zitiert nach juris Rn. 12; BGH, Urteil vom 27. Oktober\n2009, a. a. O., 2305).\n\n \n\n15\n\n \n\naa) Dass der Kauf der Zertifikate nicht anlegergerecht war, lasst sich nicht\nfeststellen. Das zuletzt im Januar 2007 erstellte Risikoprofil des Klagers\nwies eine ausgewogene Anlagestrategie, mithin eine mittlere Risikobereitschaft\nmit einem maximalen Risikoanteil von 55 % aus. Ein entsprechendes Risikoprofil\nwar bereits im Jahr 2006 erstellt worden. Die Risikoprofile hatte der Klager\nselbst unterschrieben. Überdies hatte der Klager seit Beginn der Beratung\ndurch die Beklagte im Jahr 1998, in dem er ein Wertpapierdepot eroffnet hatte,\nverschiedene Anlagegeschafte, auch risikoreicherer Natur, getatigt und etwa\nAnteile an dem Fidelity European Growth Fund und an dem Fonds DWS Top\nDividende erworben, ferner Anfang 2007 die Bonus Express Offensiv Zertifikate\nauf den Dow Jones Euro STOXX 50. Der Erwerb der Lehman-Zertifikate wich daher\nnicht von der bisherigen Geschaftsstrategie des Klagers ab. Dem steht nicht\nentgegen, dass der Risikoanteil der zuletzt georderten Lehman-Zertifikate aus\ndem Risikoprofil heraus fiel. Dem Klager war vielmehr daran gelegen, eine\nmoglichst hohe Rendite zu erwirtschaften, wozu die Anlage grundsatzlich\ngeeignet war. Auf das mit dem Erwerb der Lehman-Papiere weiter gestiegene\nRisiko ist er mit der von ihm unterzeichneten Sammelorder ausdrucklich mit dem\nBemerken, der Risikoanteil sei zu hoch und die Risikoanlage erfolge auf\neigenen Kundenwunsch, hingewiesen worden (Anlage B 16 Bl. 149 GA I). Schon bei\nKauf der Bonus Express Offensiv Zertifikate hatte der Klager trotz einer\nentsprechenden Aufklarung seinen Risikoanteil auf 65 % erhoht (Anlage B 15,\nBl. 146 GA I). Dass der Klager stattdessen an der Zeichnung einer\nFestgeldanlage interessiert gewesen ware, erscheint vor diesem Hintergrund\nfern liegend.\n\n \n\n16\n\n \n\nbb) Auch uber die Risiken des Geschafts war der Klager hinreichend informiert.\nIhm stand Prospektmaterial - insbesondere die Basisinformationen uber\nVermogensanlagen in Wertpapieren (Anlage B 12, Bl. 112 ff. GA I) - zur\nVerfugung, aus dem sich detaillierte Informationen uber die Grundlagen des\nWertpapiergeschafts, die wirtschaftlichen Zusammenhange und die Chancen und\nRisiken - insbesondere auch zu Zertifikaten im Allgemeinen - ergaben. So heißt\nes auf S. 108 der Basisinformationen, mit dem Erwerb der Zertifikate sei kein\nAnrecht auf einen schon heute feststehenden Abrechnungsbetrag am\nFalligkeitstag verbunden. Der Abrechnungsbetrag konne erheblich unter dem\nErwerbspreis liegen, was im Extremfall bis zum vollstandigen Verlust des\neingesetzten Kapitals fuhren konne. Ferner wird auf das Risiko der\nZahlungsunfahigkeit des Emittenten hingewiesen (S. 109 des Prospekts). Die\nallgemeinen und speziellen Risken von Zertifikaten waren dem Klager zudem aus\ndem Verkaufsprospekt uber die Bonus Express Offensiv Zertifikate bekannt,\ninsbesondere waren das Totalausfallrisiko und das Bonitatsrisiko des\nEmittenten, der fur die Zahlungsverpflichtung der Zertifikate verantwortlich\nist (S. 13 und 15, Anl. B 14, Bl. 138 ff., Bl. 144, 146 GA I), hervor gehoben\nworden. Der Berater R. durfte mithin im Hinblick auf den beabsichtigten Kauf\nder Lehman-Zertifikate davon ausgehen, dass der Klager ausreichend informiert\nwar. Dass der Klager daruber hinaus anlasslich des Erwerbs der Zertifikate\nerneut uber die Risiken des Geschafts aufgeklart worden ist, ergibt sich auch\ndaraus, dass in der Wertpapiersammelorder vom 15. Juni 2007 unter der Rubrik\n„Risikohinweis" angekreuzt worden ist, mit dem Kunden seien die Risiken und\ndie Funktionsweise der Anlage besprochen worden. Ferner findet sich der\nallgemeine Hinweis, Einlagen in diese Produkte seien keine Bankeinlagen und\nnicht durch die X.-Bank/X.-Bank-Group, deren Tochter oder den\nEinlagensicherungsfonds garantiert. Die Performance in der Vergangenheit lasse\nkeine Ruckschlusse auf die zukunftige Wertentwicklung zu. Der Wert der Anlage\nunterliege den Schwankungen des Marktes, welche zum ganzen oder teilweisen\nVerlust des Investments fuhren konnten. Es kommt daher im Ergebnis -\njedenfalls in diesem Zusammenhang - nicht darauf an, dass der Klager\nbehauptet, den Prospekt uber die Alpha Express Zertifikate II nicht erhalten\nzu haben, obwohl seine Unterschrift auf der Wertpapiersammelorder anderes nahe\nlegt, was zu widerlegen Sache des Klagers ware (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai\n2006 - XI ZR 205/05). Sein bloßes Bestreiten ware daher nicht erheblich.\n\n \n\n17\n\n \n\nEines neuerlichen ausdrucklichen Hinweises auf das Totalausfallrisiko hatte es\naus vorstehenden Grunden ohnehin nicht bedurft. Nach der Rechtsprechung des\nBundesgerichtshofs bestimmen sich Inhalt und Umfang der Beratungspflicht nicht\nschematisch, sondern nach dem individuellen Beratungsbedarf des Anlegers,\ndessen Wissensstand, seiner Risikobereitschaft und den von ihm verfolgten\nAnlagezielen (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2009, a. a. O, 2305).\n\n \n\n18\n\n \n\nSoweit der Klager demgegenuber behauptet, der Berater R. habe die Papiere als\n„sicher" dargestellt und ausgefuhrt, es konne praktisch nichts passieren, ist\ndies vor dem vorstehend geschilderten Hintergrund zu betrachten. Insbesondere\ndurfte der Klager die Bemerkung des Beraters R. - sollte sie tatsachlich\ngefallen sein - nicht in dem Sinn verstehen, dass sein eingesetztes Kapital\nsicher sei. Schon mit Blick auf den als moglich angesehenen Ertrag von bis zu\n15 % und aufgrund der ihm - regelmaßig - erteilten Informationen musste dem in\nAnlagedingen nicht ganz unerfahrenen und in gewissem Umfang durchaus\nrisikobereiten Klager klar sein, dass ein solcher nur mit einem entsprechenden\nRisiko moglich war. Wie das Landgericht zutreffend ausgefuhrt hat, ist die\nangebliche Aussage des Beraters R. vielmehr im Lichte der damals als\nberechtigt anzusehenden Prognose uber die voraussichtliche kunftige\nEntwicklung des Anlageobjekts zu sehen. Mit einem Totalausfall war aus\ndamaliger Sicht keineswegs zu rechnen. Die Emittentin der Papiere, die Lehman\nBrothers Treasury Co. B.V. war ein angesehenes und erfolgreiches\namerikanisches Unternehmen. Dass sich dessen Insolvenz im Herbst 2008 als\nFolge der weltweiten Finanzkrise schon im Juni 2007 abgezeichnet hatte, ist\nnicht ersichtlich. Vielmehr wiesen die Zertifikate damals ein positives Rating\nder im Wertpapierhandel maßgeblichen Standardagenturen (etwa Moody\'s oder\nStandard & Poor\'s) auf. Dass hinsichtlich der Bonitat der Garantin, der Lehman\nBrothers Holding Inc., etwas anderes gegolten hatte, ist nicht ersichtlich.\nÜberdies gab der Umstand, dass neben der Emittentin noch die Garantin haften\nsollte, dem Investment eine gewisse Sicherheit.\n\n \n\n19\n\n \n\nb) Auch eine Aufklarungspflichtverletzung der Beklagten im Hinblick auf\netwaige verschwiegene Ruckvergutungen ist nicht anzunehmen.\n\n \n\n20\n\n \n\naa) Die Beklagte hat vorliegend bereits keine aufklarungspflichtigen\nRuckvergutungen erhalten. Dies ware nur dann der Fall, wenn Teile der\nAusgabeaufschlage oder Verwaltungsgebuhren, die der Kunde uber die Bank an die\nGesellschaft zahlt, hinter seinem Rucken an die beratende Bank umsatzabhangig\nzuruckfließen, sodass diese ein fur den Kunden nicht erkennbares besonderes\nInteresse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen (BGH, Urteil vom 27.\nOktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306, 2307).\n\n \n\n21\n\n \n\nDie hier in Rede stehende Ruckvergutung ist keine im vorstehenden Sinn. Sie\nist unstreitig von der Emittentin an die Beklagte geflossen und zwar in Form\neines der Beklagten eingeraumten Rabatts auf den von dieser ihrerseits zu\nleistenden Ausgabepreis. D.h. die Beklagte hat die Zertifikate zu einem\ngunstigeren Preis von der Emittentin erworben und sie teurer weiterverkauft.\nEs gibt mithin keinen Ansatzpunkt dafur, dass aus den von dem Klager\ngeleisteten Ausgabeaufschlagen oder Verwaltungsgebuhren, die er aus seiner\nSicht zunachst an die Emittentin geleistet hat, Betrage hinter seinem Rucken\nan die Beklagte zuruckgeflossen sind.\n\n \n\n22\n\n \n\nDagegen ist die Bank - auch nach der Rechtsprechung des Senats - nicht\nverpflichtet, im Rahmen einer ordnungsgemaßen anleger- und objektgerechten\nBeratung uber ihren Gewinn bzw. die Gewinnmarge aufzuklaren, da es\noffensichtlich ist, dass die Bank mit Gewinnerzielungsabsicht handelt (vgl.\nSenatsurteil vom 30. September 2009 - 3 U 45/09, Umdruck S. 14 f.; vgl. auch\nOLG Frankfurt, Urteil vom 29. Juli 2009 - 23 U 76/08, WM 2009, 1563 ff., hier\nzitiert nach juris Rn. 18 sowie OLG Dusseldorf, Urteil vom 29. Juni 2009 - 9 U\n187/08, WM 2009, 1410 ff., hier zitiert nach juris Rn. 24). Zwar ist\nzutreffend, dass der Anleger das Interesse der beratenden Bank am Vertrieb\neines Wertpapiers bei Kenntnis der Gewinnmarge besser einschatzen konnte. Die\nBelange des Kunden werden aber - ohne dass es dieser Offenlegung bedurfte -\nbereits durch das Erfordernis der anleger- und objektgerechten Beratung\ngewahrt. Die Empfehlung eines uberteuerten oder unwirtschaftlichen Produkts\nwird diesen Anforderungen nicht genugen. Über diese Grenze hinaus ist ein\nInteresse des Anlegers an der Offenlegung der internen Kalkulation indes nicht\nanzuerkennen (OLG Dusseldorf, a. a. O.). Dem steht das Senatsurteil vom 21.\nOktober 2009 (3 U 86/09) nicht entgegen. Dort ging es um eine\nAufklarungspflicht fur Ruckvergutungen, die im Rahmen der Zeichnung eines\nMedienfonds geflossen sind. Im Übrigen hatte sich die Beklagte der Emittentin\ngegenuber nicht durch eine Mindestabnahmepflicht o.a. gebunden, weshalb auch\naus diesem Grund ein besonderes Absatzinteresse der Beklagten nicht angenommen\nwerden kann.\n\n \n\n23\n\n \n\nbb) Dass die Beklagte den Ausgabeaufschlag (= Agio) in Hohe von 2 %, mithin\neinen Betrag von 200 € erhalten wurde, ergab sich im Übrigen schon aus der\nWertpapiersammelorder vom 15. Juni 2007. Der Klager hat auch nicht geltend\ngemacht, dies nicht gewusst zu haben.\n\n \n\n24\n\n \n\ncc) Des Weiteren ist eine „Ruckvergutung" in Hohe von 2,2 % in dem\nVerkaufsprospekt (Anlage B 17, S. 14, Bl. 155 R GA I) offen ausgewiesen.\nSoweit der Klager bestritten hat, den Verkaufsprospekt erhalten zu haben, kann\nauf die obigen Ausfuhrungen verwiesen werden. Hinzu kommt, dass in der\nWertpapierorder die Moglichkeit weiterer Vergutungen der Beklagten erwahnt\nworden ist. All dies kann aber aus obigen Grunden letztlich dahin stehen.\nDemzufolge kommt es auch auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob der\nBerater R. den Klager ausdrucklich auf die weitere Vergutung in Hohe von 2,2 %\ndes Nominalbetrages des Investments hingewiesen hat oder nicht, nicht an.\n\n \n\n25\n\n \n\ndd) Dafur, dass der Berater R. personlich eine Provision erhalten hat und\ndamit ein besonderes eigenes Interesse am Verkauf der Papiere hatte, ist der\nKlager beweisfallig geblieben.\n\n \n\n26\n\n \n\n3\\. Ferner hat das Landgericht zutreffend angenommen, dass im vorliegenden\nFall die Kausalitat einer - unterstellten - Pflichtverletzung mit Blick auf\ngeleistete Ruckvergutungen nicht festgestellt werden konnte. Die bei\nAufklarungspflichtverletzungen an sich bestehende tatsachliche Vermutung fur\nein aufklarungsrichtiges Verhalten (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR\n586/07) wird durch die hier bestehenden Besonderheiten widerlegt. Denn es ist\nunstreitig, dass der Klager schon bei Erwerb der Bonus Express Offensiv\nZertifikate im Januar 2007 ausdrucklich auf den neben dem Ausgabeaufschlag an\ndie Beklagte zu zahlenden Betrag aufmerksam gemacht worden ist, was ihn jedoch\nnicht vom Kauf der Zertifikate abgehalten hat. Warum sich der Klager im Juni\n2007 bei einem ahnlichen Produkt anders hatte verhalten sollen, ist nicht\nersichtlich. Hinzu kommt, dass er auch bei fruheren Anlageentscheidungen, etwa\ndem Erwerb des DWS Top Dividende Fonds, einen Ausgabeaufschlag in Hohe von 5 %\nfur die Beklagte akzeptiert hat, obwohl allein aufgrund der Hohe des\nAusgabeaufschlags das Verkaufsinteresse der Beklagten fur ihn ersichtlich\ngewesen sein muss. Es ist deshalb anzunehmen, dass er eine darunter liegende\nVergutung der Beklagten - wie hier in Hohe von 4,2 % - ebenfalls nicht\nbeanstandet hatte. Warum aus diesem fruheren Verhalten des Klagers keine\nRuckschlusse fur die in Rede stehende Erwerbssituation gezogen konnen werden\nsollen, ist nicht ersichtlich. Eine „Vermengung der Erwerbssituationen" liegt\ndarin nicht.\n\n \n\n27\n\n \n\nHinzu kommt, dass im vorliegenden Fall die Vergutung der Beklagten insgesamt\nlediglich 420 € betragen hat, wobei der Klager die Vergutung in Hohe von 200 €\nunstreitig gekannt hat. Das Eigeninteresse der Beklagten an dem Geschaft\ndurfte daher ohnehin nicht besonders hoch gewesen sein. Da dem Klager nach\neigenem Vortrag nur der Differenzbetrag in Hohe von 220 € unbekannt war,\nkonnte auch aus seiner Sicht angesichts des geringen Volumens ein gesteigertes\nEigeninteresse der Beklagten an dem Geschaft nicht bestehen.\n\n \n\n \n\nIII.\n\n28\n\n \n\nDer Klager erhalt Gelegenheit, zur beabsichtigten Zuruckweisung seines\nRechtsmittels binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses\nStellung zu nehmen oder auch, insbesondere zur Vermeidung weiterer\nGerichtskosten, seine Berufung zuruckzunehmen.\n\n* * *\n\n![Abkürzung Fundstelle](/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-\ninfo.gif) Diesen Link konnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses\nDokument verlinken mochten: \nhttp://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=KORE211112010&psml=bsndprod.psml&max=true\n\n |
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192,862 | vg-gottingen-2010-03-02-4-a-3907 | 614 | Verwaltungsgericht Göttingen | vg-gottingen | Göttingen | Niedersachsen | 4 A 39/07 | 2010-03-02 | 2019-02-12 08:17:14 | 2019-02-12 14:01:34 | Urteil | #### Tatbestand\n\n1\n\n \n\nDer Klager begehrt den Erlass des Studienbeitrags fur das Sommersemester 2007\nund das Wintersemester 2007/2008.\n\n2\n\n \n\nDer 1983 geborene Klager studiert seit dem Wintersemester 2003/2004 Biologie\n(Diplom) an der Beklagten. Im Mai 2004 erlitt er bei einem Sportunfall neben\neiner Außenbandruptur einen Bandscheibenvorfall, der im August 2005 operativ\nbehandelt wurde. Der Klager litt auch in der Folgezeit unter Schmerzzustanden\nund eingeschrankter Beweglichkeit, zu denen psychosomatische Beschwerden und\nDepressionen hinzutraten. Das Nds. Landesamt fur J. stellte einen Grad der\nBehinderung von 20 seit Mai 2004 und 40 ab Februar 2007 fest. Nach\nverschiedenen arztlichen Attesten war die Studierfahigkeit des Klagers seit\ndem Sportunfall um 60 bis 100% reduziert.\n\n3\n\n \n\nMit Schreiben vom 6.3.2007 beantragte der Klager unter Vorlage eines\namtsarztlichen Attestes bei der Beklagten den Erlass des Studienbeitrags ab\ndem Sommersemester 2007. Die Einziehung des Beitrags stelle fur ihn eine\nunbillige Harte dar, weil er krankheits- und behinderungsbedingt nicht seine\nvolle Studienleistung erbringen konne. Zudem sei er arbeitsunfahig und konne\ndeshalb keiner Nebentatigkeit nachgehen, um den Studienbeitrag zu finanzieren.\n\n4\n\n \n\nMit Bescheid vom 13.3.2007 lehnte die Beklagte den Erlass fur das\nSommersemester 2007 ab. Da der Klager sich noch innerhalb der Regelstudienzeit\nvon insgesamt neun Semestern befinde, konne eine krankheitsbedingte\nStudienzeitverlangerung nicht festgestellt werden.\n\n5\n\n \n\nAm 27.3.2007 hat der Klager Klage erhoben. Er ist der Ansicht, dass eine\nunbillige Harte vorliege. Es sei bereits im Sommersemester 2007 erkennbar\ngewesen, dass er sein Studium nicht innerhalb der Regelstudienzeit habe\nbeenden konnen. Zudem habe die Beklagte durch organisatorische Mangel dazu\nbeigetragen, dass sich sein Studium verzogere. Der Erlass sei schließlich auch\ndeshalb geboten, weil sich sein Gesundheitszustand aufgrund mehrfachen\nFehlverhaltens von Dozenten und Ärzten der Beklagten ihm gegenuber erheblich\nverschlechtert habe.\n\n6\n\n \n\nDer Klager beantragt,\n\n7\n\n \n\nden Bescheid der Beklagten vom 13.3.2007 aufzuheben und die Beklagte zu\nverpflichten, ihm den Studienbeitrag fur das Sommersemester 2007 und das\nWintersemester 2007/2008 in Hohe von jeweils 500,- € zu erlassen und ihm die\nbereits gezahlten Studienbeitrage fur diese Semester zu erstatten.\n\n8\n\n \n\nDie Beklagte beantragt,\n\n9\n\n \n\ndie Klage abzuweisen.\n\n10\n\n \n\nSie halt an ihrer Auffassung fest, dass die vom Gesetz geforderte\nStudienzeitverlangerung erst bei einer Überschreitung der Regelstudienzeit\nvorliegen konne. Fehlverhalten ihrer Bediensteten oder organisatorische Mangel\nseien nicht ersichtlich.\n\n11\n\n \n\nSeit dem Sommersemester 2008 erlasst die Beklagte dem Klager den\nStudienbeitrag.\n\n12\n\n \n\nWegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen\nwird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgange der\nBeklagten verwiesen.\n\n \n\n#### Entscheidungsgrunde\n\n13\n\n \n\nDie Klage ist als Verpflichtungsklage (soweit hinsichtlich des Wintersemesters\n2007/2008 kein Bescheid ergangen ist, in Form der Untatigkeitsklage) zulassig,\naber unbegrundet.\n\n14\n\n \n\nDer Klager hat keinen Anspruch auf Erlass des Studienbeitrages innerhalb der\nRegelstudienzeit.\n\n15\n\n \n\nGemaß § 14 Abs. 2 des Nds. Hochschulgesetzes (NHG) in der fur den streitigen\nZeitraum geltenden Fassung vom 26.2.2007 (Nds. GVBl. S. 69) kann der\nStudienbeitrag nach § 11 NHG auf Antrag ganz oder teilweise erlassen werden,\nwenn die Entrichtung zu einer unbilligen Harte fuhren wurde. Eine unbillige\nHarte liegt hinsichtlich des Studienbeitrags in der Regel vor bei\nstudienzeitverlangernden Auswirkungen einer Behinderung (§ 14 Abs. 2 S. 2 Nr.\n1 NHG).\n\n16\n\n \n\nDer Klager ist zwar unstreitig behindert i.S.d. § 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 NHG,\neine von der Vorschrift vorausgesetzte Studienzeitverlangerung ist innerhalb\nder Regelstudienzeit, fur die der Klager den Erlass begehrt, jedoch nicht\ngegeben.\n\n17\n\n \n\nUnter Studienzeit i.S.d. § 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 NHG ist die Regelstudienzeit\nzu verstehen. Denn diese ist maßgebend fur die Gestaltung des Studiengangs und\ndes Lehrangebots und stellt den Zeitraum dar, innerhalb dessen nach\nVorstellung des Gesetzgebers das Studium ublicherweise abgeschlossen werden\nkann (vgl. § 6 Abs. 3 NHG). Nicht dagegen maßgebend ist die Zeit, die von den\nStudierenden fur das Studium innerhalb der Regelstudienzeit aufgewandt oder\neingeplant wird. Diese ist individuell verschieden und regelmaßig nicht\nobjektivierbar. Sie hangt nicht nur von dem Vorliegen einer Behinderung,\nsondern auch von personlichen Interessen, Begabungen Schwerpunktsetzungen und\nPrognosen ab. Unbeachtlich ist es deshalb, wenn eine nach dem Studienplan fur\nein bestimmtes Semester empfohlene Lehrveranstaltung zu einem spateren\nZeitpunkt innerhalb der Regelstudienzeit besucht wird oder das Studium\nentgegen der personlichen Planung nicht vor dem Ablauf der Regelstudienzeit\nabgeschlossen werden kann.\n\n18\n\n \n\nStudienzeitverlangernd wirkt sich die Behinderung demnach erst aus, wenn sie\nzu einer Überschreitung der Regelstudienzeit fuhrt.\n\n19\n\n \n\nDabei ist der Erlasstatbestand nicht bereits dann gegeben, wenn die\nRegelstudienzeit - wahrscheinlich oder konkret voraussehbar - erst in Zukunft\nuberschritten werden wird. Ob es tatsachlich zu einer Studienzeitverlangerung\nkommen wird, ist innerhalb der Regelstudienzeit letztlich ungewiss. Die\nRegelstudienzeit kann u.U. durch vermehrte Anstrengungen dennoch eingehalten\nwerden oder das Studium kann vor dem Ende der Regelstudienzeit aufgegeben\nwerden.\n\n20\n\n \n\nEin Erlass des Studienbeitrags bereits innerhalb der Regelstudienzeit wurde\nBehinderte zudem begunstigen; denn sie mussten insgesamt weniger Abgaben\nentrichten als gesunde Studierende. Dies durfte zwar im Hinblick auf Art. 3\nAbs. 3 S. 2 GG - der lediglich eine Benachteiligung Behinderter verbietet,\nnicht aber eine Bevorzugung - zulassig sein, eine derartige Absicht kann dem\nGesetz jedoch nicht entnommen werden. § 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 NHG sieht eine\nunbillige Harte in den durch Verlangerung der Studienzeit entstehenden\nMehrkosten, nicht jedoch in behinderungsbedingten Erschwernissen wahrend der\nStudienzeit. Die Erlassregelung im niedersachsischen Hochschulrecht\nunterscheidet sich insoweit von derjenigen anderer Bundeslander, die z.T.\neinen Erlasstatbestand bei (ab dem ersten Semester moglichen)\nstudienerschwerenden Auswirkungen einer Behinderung annehmen (vgl. z. B. zum\nbaden-wurttembergischen Recht: VG Karlsruhe, Urteil vom 20.4.2009 - 7 K\n1529/07 -, NVwZ-RR 2009, 886; VG Freiburg, Urteil vom 7.5.2008 - 1 K 1001/07\n-, juris).\n\n21\n\n \n\nDer Gesetzgeber war auch nicht gehalten, den behinderungsbedingten\nErschwernissen wahrend der Regelstudienzeit durch eine Erlassregelung Rechnung\nzu tragen. Dem Verbot der Benachteiligung Behinderter (Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG)\nist durch § 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 NHG hinreichend Rechnung getragen worden. Die\nBerucksichtigung jeglicher sozialer Harten - hier z.B. behinderungsbedingte\nMehraufwendungen wahrend der Regelstudienzeit - ist mit dem im Beitragsrecht\nherrschenden Prinzip des Vorteilsausgleichs grundsatzlich nicht vereinbar. Der\nStudienbeitrag dient dem Ausgleich eines Vorteils, den die Studierenden durch\ndie Inanspruchnahme der Beklagten als Institution erhalten. Die Pflicht des\nStaates zur Wahrung des Existenzminimums wird hierdurch nicht beruhrt. Mit dem\nBeitrag wird der notwendige Lebensbedarf nicht beschnitten, sondern eine\nGegenleistung erbracht fur die Gewahrung eines uber den notwendigen\nLebensunterhalt hinausgehenden Vorteils (vgl. Beschluss der Kammer vom\n25.1.2005 - 4 A 4160/01 -, n.v.; VG Hannover, Gerichtsbescheid vom 20.7.2001 -\n6 A 5590/00 -, Nds.VBl 2002, 79; VG Luneburg, Urteil vom 18.6.2003 - 1 A\n396/99 - juris; jeweils zum Verwaltungskostenbeitrag).\n\n22\n\n \n\nDer Klager kann sich auch nicht auf den allgemeinen Erlasstatbestand des § 14\nAbs. 2 S. 1 NHG berufen.\n\n23\n\n \n\nEine von dem Gesetz geforderte unbillige Harte kann sich aus den personlichen\nVerhaltnissen des Beitragsschuldners (personliche Billigkeitsgrunde) oder aus\nder Sache (sachliche Billigkeitsgrunde) ergeben (Nds. OVG, Beschluss vom\n1.12.2006 - 9 LA 32/05 -, NVwZ-RR 2007, 275).\n\n24\n\n \n\nPersonliche Billigkeitsgrunde liegen vor, wenn es sich um einen atypischen,\nvom Gesetzgeber so nicht vorhergesehenen Fall handelt, in dem durch die\nEinziehung der Abgabe fur den Betroffenen außergewohnlich schwer wiegende\nNachteile entstehen, die uber die eigentliche Zahlung der Abgabe hinausgehen,\nso dass es zur Wahrung der Einzelfallgerechtigkeit geboten ist, von der\nEinziehung abzusehen (Nds. OVG, Beschluss vom 29.5.2007 - 2 ME 419/07 -, NJW\n2007, 2570). Diese Voraussetzungen liegen bei dem Klager nicht vor. Nach\neigenen Angaben ist er zwar arbeitsunfahig und kann deshalb keine uber die\nBAfoG-Leistungen hinausgehenden Einkunfte erzielen. Jedoch befindet sich eine\nVielzahl von Studierenden unabhangig von einer Erkrankung in einer\nvergleichbaren finanziellen Lage. Die Lebensunterhaltssicherung durch\nEinkunfte in Hohe des BAfoG-Hochstsatzes stellt eine fur Studierende typische,\nvom Gesetzgeber vorhergesehene Situation dar. Zur sozialvertraglichen\nGestaltung der mit der Studienbeitragspflicht einhergehenden zusatzlichen\nfinanziellen Belastungen hat der Gesetzgeber einen Anspruch auf ein\nStudiendarlehen in Hohe des Studienbeitrags gesetzlich festgelegt (§ 11 a\nNHG). Diese Regelung geht einem Billigkeitserlass vor. Der Klager hat keine\ntragfahigen Grunde fur die fehlende Moglichkeit der Inanspruchnahme eines\nsolchen Darlehns vorgebracht. Sein Hinweis auf uberhohte Zinsen steht der\nBeseitigung einer gegenwartigen Notlage nicht entgegen, weil die spatere\nRuckzahlungsverpflichtung von der entsprechenden Leistungsfahigkeit abhangt\nund ggf. ganz entfallen kann (§ 11 a Abs. 4 NHG).\n\n25\n\n \n\nSachliche Billigkeitsgrunde liegen vor, wenn die durch einen sachlichen Grund\neintretende Harte nicht dem erklarten oder mutmaßlichen Willen des\nGesetzgebers entspricht (Nds. OVG, Beschluss vom 29.5.2007, a.a.O.).\n\n26\n\n \n\nDie von dem Klager vorgetragenen organisatorischen Mangel begrunden fur die\nhier streitigen Semester keine sachliche Unbilligkeit. Zwar konnen\nstudienzeitverzogernde organisatorische Mangel grundsatzlich zu einer\nunbilligen Harte fuhren. Denn die Beklagte hat gemaß § 6 Abs. 3 NHG\nsicherzustellen, dass ein Studium innerhalb der Regelstudienzeit abgeschlossen\nwerden kann. Eine unbillige Harte i.S.d. § 14 Abs. 2 S. 1 NHG entsteht jedoch\nerst dann, wenn Studierende allein aufgrund organisatorischer Mangel der\nBeklagten gezwungen sind, die Regelstudienzeit zu uberschreiten. Da der Klager\nden Erlass fur sein 8. und 9. Hochschulsemester begehrt, liegt eine\nÜberschreitung der Regelstudienzeit nicht vor.\n\n27\n\n \n\nEbenso wenig rechtfertigt sich der Erlass aus dem Gesichtspunkt der fehlenden\nGegenleistung. Der Klager ist zwar im Wintersemester 2007/2008\nkapazitatsbedingt nicht zum Praktikum im Nebenfach Biochemie zugelassen\nworden, er hatte aber die Moglichkeit, andere Leistungen der Beklagten in\nAnspruch zu nehmen. So hat er nach eigenen Angaben weiterfuhrende\nVeranstaltungen im Fach Mikrobiologie besucht. Da der Semesterbeitrag nicht\nkostendeckend erhoben wird, entsteht eine unbillige Harte nicht bereits bei\ndem Ausfall einer einzelnen Lehrveranstaltung.\n\n28\n\n \n\nAufgrund etwaigen Fehlverhaltens einzelner Bediensteter der Beklagten kann der\nKlager ebenfalls keinen Erlass beanspruchen.\n\n29\n\n \n\nSoweit der Klager diesen Vorwurf auf Ärzte des Klinikums der Beklagten\nbezieht, fehlt es bereits an einem Zusammenhang mit der fur das Studium zu\nerbringenden Abgabe. Die Inanspruchnahme eines bei der Beklagten beschaftigten\nArztes oder einer medizinischen Einrichtung der Beklagten begrundet einen\nzivilrechtlichen Behandlungsvertrag. Leistungen der Ärzte und medizinischen\nMitarbeiter werden innerhalb des Behandlungsvertrages erbracht und nicht\ninnerhalb des durch Immatrikulation begrundeten offentlich-rechtlichen\nVerhaltnisses des Klagers als Studierender an der Beklagten.\n\n30\n\n \n\nAuch etwaiges Fehlverhalten der Dozenten des Klagers fuhrt hier nicht zu einer\nsachlichen Unbilligkeit. Der Studienbeitrag dient einer finanziellen\nBeteiligung der Studierenden an den Kosten des Studiums, um diesen das fur\neinen berufsqualifizierenden Hochschulabschluss erforderliche Studienangebot\nzu ermoglichen. Dieser Zweck wird nicht bereits durch einzelne, als\nbeleidigend und verletzend empfundene Äußerungen von Dozenten vereitelt,\nsoweit die den Beitrag rechtfertigende Gegenleistung - wie hier - noch in\nadaquater und zumutbarer entgegen genommen werden kann. Der Klager hat fur den\nhier streitigen Zeitraum lediglich geschildert, dass ihm ein Prufer\nunangemessen schwierige Fragen gestellt, ihm eine Pause wahrend der Prufung\nverweigert und ihn bei der Ergebnisbekanntgabe angeschrien habe. Der\nErlasstatbestand bezweckt nicht die Wiedergutmachung jeglichen innerhalb des\nUniversitatsbetriebes begangenen Unrechts. Soweit schuldhaft-rechtswidriges\nhoheitliches Handeln vorliegt, kommen insoweit Amts- bzw.\nStaatshaftungsanspruche (§ 839 BGB, Art. 34 GG) in Betracht. Wirkt sich das\nFehlverhalten eines Prufers auf das Prufungsergebnis aus, stehen Rechtsmittel\ngegen die Prufungsentscheidung zur Verfugung. Soweit der Klager das\nFehlverhalten von Dozenten mit einer Verschlechterung seines\nGesundheitszustandes in Verbindung bringt, sind behinderungs- und\nkrankheitsbedingte Auswirkungen auf das Studium - unabhangig von deren\nEntstehung - innerhalb des § 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 NHG zu prufen. Die\nausdruckliche Regelung schließt die Berucksichtigung weiterer, von der\nVorschrift nicht erfasster krankheits- oder behinderungsbedingter Harten aus.\nAus dem gleichen Grunde kommt eine zusammenfassende Wertung der von dem Klager\ngenannten Hartegrunde unter Einbeziehung der behinderungsbedingten\nErschwernisse als unbillige Harte nicht in Betracht.\n\n31\n\n \n\nAus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Beweisanregung des Klagers in\nseinen Schriftsatzen vom 23.2.2010 und vom 2.3.2010 nicht nachzugehen war. Die\nBehinderung des Klagers und die Voraussehbarkeit einer Überschreitung der\nRegelstudienzeit sind zwischen den Beteiligten nicht streitig. Die von dem\nKlager als beleidigend empfundenen Äußerungen und seine Unfahigkeit,\neigenstandig fur seinen Lebensunterhalt zu sorgen, konnen als wahr unterstellt\nwerden, ohne dass hierdurch ein Anspruch auf Erlass entstunde.\nDrangsalierungen u.a. gegenuber anderen behinderten Studierenden sind fur das\nvorliegende Verfahren unerheblich.\n\n32\n\n \n\nDa der Klager unterliegt, hat er gemaß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des\nVerfahrens zu tragen. Die Entscheidung uber die vorlaufige Vollstreckbarkeit\nfolgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Grunde, die Berufung\nzuzulassen, liegen nicht vor.\n\n* * *\n\n![Abkürzung Fundstelle](/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-\ninfo.gif) Diesen Link konnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses\nDokument verlinken mochten: \nhttp://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE100000937&psml=bsndprod.psml&max=true\n\n |
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104,918 | olgsh-2008-02-13-2-w-608 | 1,070 | Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht | olgsh | Schleswig-Holstein | Oberlandesgericht | 2 W 6/08 | 2008-02-13 | 2018-11-24 07:30:16 | 2019-02-14 07:05:48 | Beschluss | ECLI:DE:OLGSH:2008:0213.2W6.08.0A | #### Tenor\n\n \n\nDie weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.\n\n \n\n#### Gründe\n\n \n\n**I.**\n\n \n\n1\n\n \n\nAm 6.06.2006 hatte die Betroffen, die an einer Demenz leidet, einen Unfall,\ninfolge dessen sie einen - zunächst unerkannten - Oberschenkelhalsbruch\ndavontrug. Am 7.06.2006 erklärte die Betroffene schriftlich, dass die\nBeteiligte zu 1. - ihre einzige Tochter - ihre Betreuerin sein soll und für\nsie in allen gesundheitlichen und finanziellen Fragen für sie entscheiden\nsolle. Am 13.06.2006 errichtete die Betroffene eine notarielle\nVorsorgevollmacht, in der sie u. a. die Beteiligte zu 1. bevollmächtigte, sie\nin allen gesetzlich zulässigen Fällen gerichtlich und außergerichtlich zu\nvertreten. Ca. eine Woche nach dem Unfall - die Betroffene befand sich\ninzwischen im Krankenhaus - wurde der Oberschenkelhalsbruch festgestellt. Mit\ndieser Diagnose konfrontiert, sahen sich weder die Betroffene noch die\nBeteiligte zu 1. in der Lage, der indizierten Operation zuzustimmen. Nach\nAnhörung der Betroffenen und der Beteiligten zu 1. sowie Einholung von\nGutachten der Sachverständigen Dr. L und Dr. M bestellte das Amtsgericht den\nBeteiligten zu 2. durch einstweilige Anordnung vom 16.06.2006 zum vorläufigen\nBetreuer mit den Aufgabenkreisen Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung ohne\nEntscheidung über geschlossene Unterbringung und Entscheidung über\nunterbringungsähnliche Maßnahmen. Der Beteiligte zu 2. erteilte die\nEinwilligung in die Operation, die erfolgreich ausgeführt wurde.\n\n \n\n2\n\n \n\nDurch Beschluss vom 19.09.2006 hat das Amtsgericht nach Anhörung der\nBetroffenen und der Beteiligten zu 1. sowie Einholung eines Gutachtens der\nSachverständigen Dr. S den Beteiligten zu 2. hinsichtlich der schon bestimmten\nAufgabenkreise zum endgültigen Berufsbetreuer und die Beteiligte zu 1. zur\nBetreuerin mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge und Behördenangelegenheiten\neinschließlich Pflegeversicherung bestellt. Auf die Beschwerden der\nBetroffenen und der Beteiligten zu 1. hat das Landgericht nach erneuter\nAnhörung und Einholung eines weiteren Gutachtens des Sachverständigen Dr. B\nvom 17.09.2007 den Beschluss des Amtsgerichts insoweit geändert, als es die\nBetreuung durch die Beteiligte zu 1. aufgehoben hat. Der Beteiligte zu 2. ist\nBerufsbetreuer mit den Aufgabenkreisen Gesundheitssorge und\nAufenthaltsbestimmung zum Zwecke der notwendigen ärztlichen Untersuchung und\nHeilbehandlungen geblieben. Gegen den Beschluss des Landgerichts, auf den zur\nweiteren Sachdarstellung verwiesen wird (Bl. 120 bis 128 d. A.), richten sich\ndie weiteren Beschwerden der Betroffenen und der Beteiligten zu 1.\n\n \n\n \n\n**II.**\n\n \n\n3\n\n \n\nDie nach §§ 27, 29 FGG zulässigen weiteren Beschwerden sind unbegründet. Die\nangefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27\nFGG; 546 ZPO).\n\n4\n\n \n\nDas Landgericht hat ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Bestellung des\nBeteiligten zu 2. zum Berufsbetreuer nach § 1896 BGB seien gegeben. Auf Grund\nder Sachverständigengutachten sei davon auszugehen, dass die Betroffene an\neiner altersbedingten Demenz mittelgradiger Ausprägung leide und infolgedessen\nzumindest teilweise ihre Angelegenheiten nicht besorgen könne. Auch sei sie\nzur Bildung eines eigenen Willens nicht mehr in der Lage. Die\nBetreuerbestellung sei nicht nach § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB wegen der\nVollmachten der Betroffenen an die Beteiligte zu 1. vom 7. und 13.06.2006\nentbehrlich. Zwar sei zu unterstellen, dass diese Vollmachten wirksam seien,\nweil der Sachverständige Dr. B. nicht mit der erforderlichen Sicherheit habe\nfeststellen können, dass die Betroffene zur Zeit der Erteilung dieser\nVollmachten geschäftsunfähig gewesen sei. Gleichwohl seien diese Vollmachten\nfür den Bereich der Gesundheitssorge unbeachtlich, weil konkrete Anhaltspunkte\ndafür bestünden, dass die Beteiligte zu 1. insoweit mit sachlichen\nEntscheidungen überfordert sei. So habe sie die Diagnose eines\nOberschenkelhalsbruchs der Betroffenen trotz ausführlicher und überzeugender\nAufklärung durch die behandelnden Ärzte in Abrede gestellt und die Betroffene\ntrotz der Fraktur sogar zum Aufstehen bewegen wollen, um die Richtigkeit ihrer\neigenen Laiendiagnose zu belegen. Offensichtlich lasse die Beteiligte zu 1.\nnur ihre eigene Meinung gelten und mißachte diejenige von ärztlichen\nFachleuten. Auch ihre in diesem Zusammenhang geäußerte Auffassung, die\nerforderliche Operation könne von den Ärzten "verpfuscht" werden, zeige eine\nso stark von Mißtrauen gegenüber Ärzten geprägte Grundeinstellung, dass ein\ngedeihliches Zusammenwirken mit diesen nicht zu erwarten sei. Angesichts der\nVerweigerungshaltung der Beteiligten zu 1. bestehe auch künftig die Gefahr,\ndass dringend erforderliche Untersuchungen und Behandlungen der Betroffenen\nverzögert oder verhindert würden mit der Folge erheblicher Gefährdung von\nderen Gesundheit und Leben. Die Gesundheitssorge könne zum Wohl der\nBetroffenen nur von einem Berufsbetreuer - wie dem Beteiligten zu 2. -\nwahrgenommen werden, der sich gegenüber der Beteiligten zu 1. durchsetzen\nkönne und die nötige professionelle Distanz zu den gesundheitlichen\nAngelegenheiten der Betroffenen habe. Da diese nun dauerhaft bei der\nBeteiligten zu 1. lebe, könne das Aufenthaltsbestimmungsrecht des Betreuers\nauf Krisenfälle beschränkt werden zum Zwecke notwendig werdender ärztlicher\nUntersuchungen und Heilbehandlungen. Die Bestellung der Beteiligten zu 1. zur\nehrenamtlichen Betreuerin für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge sei\naufzuheben, weil diese ebenso gut auf Grund der als wirksam anzusehenden\nVollmachten wahrgenommen werden könne.\n\n \n\n5\n\n \n\nDiese Ausführungen sind, soweit der Beschluss des Landgerichts angefochten\nworden ist, frei von Rechtsfehlern. Danach leidet die Betroffene zweifelsfrei\nan einer psychischen Erkrankung im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB, die zur Folge\nhat, dass sie in ihrem Willen nicht frei und gehindert ist, einen Teil ihrer\nAngelegenheiten ausreichend zu besorgen. Hiergegen wendet sich die\nRechtsbeschwerde auch nicht. Ferner hat das Landgericht auf Grund des von ihm\nfestgestellten Sachverhalts - insbesondere auf der Grundlage der\nNiederschriften des Amtsgerichts über die Anhörungen und ärztlichen Gutachten\nvom 15.06.2006 (Bl. 4a bis 4c d. A.) und 19.09.2006 (Bl. 30 bis 30b d. A.) -\nnachvollziehbar begründet, dass die Gesundheitssorge durch die\nBevollmächtigung der Beteiligten zu 1. nicht ebenso gut im Sinne des § 1896\nAbs. 2 Satz 2 BGB besorgt werden kann, wie durch einen Betreuer. Danach ist\ndie Beteiligten zu 1. offenbar wegen ihres besonders geprägten Verhältnisses\nzu ihrer Mutter nicht in der Lage, in der erforderlichen Kürze der Zeit\nnotwendige Entschlüsse über deren ärztliche Untersuchungen und Behandlungen zu\nfassen und durchzuführen. Angesichts der eindrucksvollen Schilderung der\nVerhaltensweise der Beteiligten zu 1. in den genannten Niederschriften ist\ndiese Schlussfolgerung nicht nur möglich, sondern mehr als naheliegend. Einer\nweiteren Aufklärung dieses Sachverhalts, der ausweislich des Protokolls auch\nGegenstand der Anhörung am 19.04.2007 war, durch das Landgericht bedurfte es\nnicht. Soweit die Beschwerdeführerinnen im Schriftsatz vom 25.01.2008 nunmehr\neine abweichende Sachdarstellung geben, ist das Vorbringen neu und deshalb für\ndas Rechtsbeschwerdegericht unbeachtlich. Die Schlussfolgerung wird nicht\ndadurch entkräftet, dass die Ärzte bei der Aufnahme der Betroffenen im\nKrankenhaus den Oberschenkelhalsbruch des linken Beines zunächst übersehen\nhatten, weil der Bruch anfangs noch unverschoben und auf der Röntgenaufnahme\nnicht zu erkennen war. Der behandelnde Arzt Dr. L hat dann jedoch eindeutig\nden Bruch festgestellt, weil das Bein deutlich verdreht und in der Länge\nverkürzt gewesen war und die nachfolgende Computertomographie die Diagnose\nbestätigt hat. Danach waren Zweifel an der Diagnose und an der gebotenen\nOperation nicht mehr zu rechtfertigen. Auch nach mehr als angemessener\nÜberlegungsfrist hat sich die Beteiligte zu 1. - ohne dies nachvollziehbar zu\nbegründen - zu einer Entscheidung nicht in der Lage gesehen. In der\nRechtsprechung ist anerkannt, dass eine Vollmacht einer Betreuung nicht unter\nallen Umständen vorgeht, sondern nur, soweit sie geeignet ist, die\nErforderlichkeit einer Betreuung entfallen zu lassen. Das ist dann nicht der\nFall, wenn der Bevollmächtigte - wie hier im Einzelnen dargetan - nicht\nwillens oder in der Lage ist, die Vollmacht zum Wohle des Betroffenen\neinzusetzen (Senat, Beschluss vom 18.07.2007 - 2 W 93/07 - bei Juris; FGPrax\n2006, 217, 218 unter Nr. 2 Bst. b); KG NJW-RR 2007, 514 m.w.Nw.). Die\nEinrichtung lediglich einer Kontrollbetreuung scheidet aus, weil nicht\nabgewartet werden muss, bis ein Schaden eintritt und nach dem bisherigen\nVerhalten der Beteiligten zu 1. nicht anzunehmen ist, dass sie kooperativ mit\nÄrzten und einem Kontrollbetreuer umgeht (vgl. Senat FGPrax a.a.O.; KG\na.a.O.). Ein Ermessensfehler von Amts- und Landgericht bei der Auswahl des\nBetreuers ist nicht ersichtlich. Dem (einzigen) Vorschlag der Betroffenen, die\nBeteiligte zu 1. zur Betreuerin zu bestellen, war - folgerichtig - nicht zu\nentsprechen, weil dies ihrem Wohl zuwiderlaufen würde (§ 1897 Abs. 4 Satz 1\nBGB).\n\n \n\n6\n\n \n\nNach Darstellung des Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerinnen hat\ner in der hinteren Tasche der Akten einen - auch zur Zeit noch dort\nbefindlichen - Schriftsatz vom 19.04.2007 von deren früheren\nVerfahrensbevollmächtigten Rechtsanwälten S u.a vorgefunden, den\noffensichtlich das Landgericht nicht berücksichtigt hat. Dieser Schriftsatz\nträgt weder Eingangsstempel noch Eingangsvermerk. Sein Datum könnte vermuten\nlassen, dass er anlässlich des Anhörungstermins am 19.04.2007 zu den Akten\ngelangte - ein entsprechender Vermerk findet sich allerdings im Protokoll\nnicht - und künftig übersehen wurde. Dem braucht jedoch nicht weiter\nnachgegangen zu werden. Es kann unterstellt werden, dass das Landgericht durch\nNichtbeachtung des Schriftsatzes vom 19.04.2007 gegen das Gebot des\nrechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen hat. Jedoch ist nicht\nersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung hierauf auch beruht. Von dem\nVorbringen im Schriftsatz werden die getroffenen Feststellungen nicht berührt.\nEs schließt die Gefahr nicht aus, dass die Beteiligte zu 1. offenbar auf Grund\ndes besonders geprägten Verhältnisse zur Betroffenen im Zusammenhang mit\nmöglichen Entscheidungen über wichtige und dringende\nGesundheitsangelegenheiten erneut versagt. Das gilt insbesondere im Hinblick\nauf ihre Teilnahme am Kurs "Erste Hilfe für Senioren" im März 2007, der\n"Kümmerung" um einen Herrn E in den Jahren 1988 bis 1992, der Bestellung zur\nBetreuerin für eine Frau P in der Zeit von 1986 bis 1993 und der Bestätigung\nihrer Schule, dass sie sich wegen der Probleme der ihr anvertrauten Schüler\nund Schülerinnen pflichtbewusst und verlässlich gezeigt habe. Der Senat ist\nüberzeugt, dass die Beteiligte zu 1. liebevoll und auch grundsätzlich\nzweckmäßig ihre Mutter versorgt, und das aufgezeigte Verhalten möglicherweise\neiner übergroßen Besorgnis entspringt.\n\n \n\n7\n\n \n\nOb die Vollmachten im Hinblick auf eine Betreuung auch deshalb nachrangig\nsind, weil es nach dem Gutachten des Sachverständigen B. vom 17.09.2007\nunwahrscheinlich ist, das die Betroffene damals geschäftsfähig war und nur\nnicht auszuschließen ist, dass sie die Vollmachten in einer kürzeren Phase\nklaren Denkens verfasst hat, mithin ihre Wirksamkeit künftig jederzeit in\nZweifel gezogen werden kann (vgl. Senat a.a.O. FGPrax S. 217 unter Nr. 1\nm.w.Nw.), kann hier offenbleiben. Die Aufhebung der Betreuung hinsichtlich der\nVermögenssorge ist nicht mit der Rechtsbeschwerde angefochten.\n\n \n\n \n\n |
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106,056 | lagmv-2008-01-10-1-sa-13307 | 476 | Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern | lagmv | Mecklenburg-Vorpommern | Arbeitsgerichtsbarkeit | 1 Sa 133/07 | 2008-01-10 | 2018-11-24 17:30:10 | 2019-02-26 18:53:55 | Urteil | #### Tenor\n\n \n\n1\\. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts\nNeubrandenburg vom 30.03.2007 wird zurückgewiesen.\n\n \n\n2\\. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts\nNeubrandenburg vom 30.03.2007 wird zurückgewiesen.\n\n \n\n3\\. Die Parteien tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.\n\n \n\n4\\. Die Revision gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen.\n\n#### Tatbestand\n\n1\n\n \n\nDie Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer fristlosen und\nverhaltensbedingten Kündigung.\n\n2\n\n \n\nDer am 20.01.1949 geborene Kläger war seit dem 24.08.1992 als Lehrer beim\nbeklagten Land kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme im Anwendungsbereich des\nBAT-O zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 3.600,00 EUR beschäftigt. Der\nKläger ist geschieden und einem mehrfach schwerbehinderten Sohn gegenüber\nunterhaltsverpflichtet. Das Arbeitsverhältnis wurde zuletzt als\nAltersteilzeitarbeitsverhältnis im Teilzeitmodell mit einer vereinbarten\nBeendigung zum 31.07.2010 vollzogen (Blatt 7, 8 d. A.).\n\n3\n\n \n\nDer Kläger verfasste unter dem 01.07.2006 einen offenen Brief an den\nSchulamtsleiter des Staatlichen Schulamtes N. Herrn St. (Blatt 48, 49 d. A.)\nund sandte diesen mit der Bitte um vollständige und baldige Veröffentlichung\n(Blatt 74 d. A.) an die Lokalredaktionen Altentreptow, Friedland, Malchow und\nNeubrandenburg der Tageszeitung "Nordkurier".\n\n4\n\n \n\nZu dem offenen Brief an den Schulamtsleiter St. hatte sich der Kläger vor\nallem durch dessen Stellungnahme im "Nordkurier" vom 01./02.07.2006 (Blatt 73\nd. A.) zu der kommissarischen Besetzung der Schulleiterstelle der neu\neinzurichtenden Kooperativen Gesamtschule Altentreptow (KGS) veranlasst\ngesehen.\n\n5\n\n \n\nDer "Nordkurier" veröffentlichte den offenen Brief des Klägers nicht im\nWortlaut, berichtete darüber jedoch am 5. Juli 2006 im Treptower Tageblatt\n(Blatt 50 d. A.) und in der Neubrandenburger Zeitung (Blatt 99 d. A.) sowie am\n6. Juli 2006 in der Neustrelitzer Zeitung (Blatt 100 d. A.) jeweils unter der\nÜberschrift "Schulamt wird Klüngelei vorgeworfen".\n\n6\n\n \n\nNachdem der Kläger festgestellt hatte, dass der "Nordkurier" seinen offenen\nBrief nicht vollständig veröffentlicht hatte, sandte er diesen an das Schulamt\nN. sowie an die aufzulösenden Gymnasien in Friedland, Altentreptow und\nMalchow.\n\n7\n\n \n\nMit Schreiben vom 05.07.2006 beantragte daraufhin der Leiter des Schulamtes N.\nbei dem zuständigen Bezirkspersonalrat die Zustimmung zur außerordentlichen,\nhilfsweise fristgerechten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger\n(Blatt 51 - 54 d. A.). Nach Zustimmungserklärung durch den Bezirkspersonalrat\nvom 13.07.2006 kündigte das beklagte Land mit Schreiben vom 14.07.2006 das\nbestehende Arbeitsverhältnis fristlos (Blatt 9 d. A.).\n\n8\n\n \n\nGegen diese am 14.07.2006 zugegangene fristlose Kündigung richtet sich die am\n03.08.2006 beim Arbeitsgericht N. eingegangene Kündigungsschutzklage des\nKlägers.\n\n9\n\n \n\nDer Kläger hat beantragt,\n\n10\n\n \n\nfestzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die\naußerordentliche Kündigung des beklagten Landes vom 14.07.2006 nicht zum\n14.07.2006 aufgelöst worden ist.\n\n11\n\n \n\nDas beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.\n\n12\n\n \n\nMit Urteil vom 30.03.2007 hat das Arbeitsgericht Neubrandenburg der Klage\nteilweise stattgegeben. Die fristlose Kündigung sei gemäß § 54 Absatz 1 BAT-O\nnicht rechtmäßig. Zwar stelle das Verhalten des Klägers eine schuldhafte\nArbeitspflichtverletzung dar und unterliege nicht dem verfassungsmäßig\ngeschützten Recht auf freie Meinungsäußerung. Diesbezüglich sei auch der\nAusspruch einer vorangegangenen Abmahnung entbehrlich gewesen. Zudem scheitere\ndie fristlose Kündigung nicht an einer fehlerhaften Beteiligung des\nBezirkspersonalrates.\n\n13\n\n \n\nJedoch sei die fristlose Kündigung deshalb unwirksam, weil die durchzuführende\nInteressenabwägung mit Blick auf die fristlose Kündigung zugunsten des Klägers\nausfalle. Dieser Umstand resultiere daraus, dass zugunsten des Klägers seine\näußerst schwierige persönliche Situation zu berücksichtigen sei, die sich aus\nder Pflege des mehrfach schwerbehinderten Sohnes ergebe. Zudem sei auf Grund\nder ausgesprochenen Suspendierung seitens des beklagten Schulamtes N. eine\nBeeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist\nnicht mehr zu erwarten gewesen.\n\n14\n\n \n\nAuf Grund der nach § 140 BGB vorzunehmenden Umdeutung der fristlosen Kündigung\nin eine fristgemäße Kündigung habe das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2007 seine\nBeendigung gefunden. Diesbezüglich sei die Klage ohne Erfolg geblieben, weil\ndie auch insoweit durchzuführende Interessenabwägung in diesem Falle zugunsten\ndes beklagten Landes ausfalle.\n\n15\n\n \n\nGegen das am 10.04.2007 zugestellte Urteil hat das beklagte Land - anwaltlich\nvertreten - Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift ist am 25.04.2007, die\nBerufungsbegründung - nach gerichtlicher Fristverlängerung - am 15.06.2007\nbeim Landesarbeitsgericht eingegangen.\n\n16\n\n \n\nAuch der Kläger hat - ebenfalls anwaltlich vertreten - gegen die ihm am\n05.04.2007 zugegangene Entscheidung Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift\nist am 04.05.2007, die Berufungsbegründung - nach gerichtlicher\nFristverlängerung - am 05.07.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.\n\n17\n\n \n\nIn der Berufungsbegründung hält das beklagte Land im Wesentlichen an der\nerstinstanzlich geäußerten Rechtsauffassung fest. Angesichts des\nFehlverhaltens des Klägers sei die außerordentliche Kündigung des\nArbeitsverhältnisses nicht zu beanstanden. Die Fortsetzung des\nArbeitsverhältnisses sei dem beklagten Land nicht mehr zumutbar gewesen.\nSowohl die Bezugnahme im Rahmen der Interessenabwägung auf den\nschwerbehinderten Sohn als auch auf die vorgenommene Suspendierung des Klägers\nbewege sich jeweils außerhalb der Norm des § 626 BGB. Auch unter\nBerücksichtigung des Ultima-Ratio-Prinzips folge kein anderes Ergebnis. In der\nangefochtenen Entscheidung selbst sei der erhebliche Pflichtverstoß des\nKlägers festgestellt worden. Dieser habe das Vertrauensverhältnis zwischen den\nParteien derart nachhaltig gestört, dass ein Zuwarten der - ohnehin sehr\nlangen - Kündigungsfrist für das beklagte Land nicht zumutbar gewesen sei.\n\n18\n\n \n\nDas beklagte Land beantragt:\n\n19\n\n \n\n1\\. Das Urteil des Arbeitsgerichtes Neubrandenburg vom 30.03.2007 (5 Ca\n977/06), dem beklagten Land zugegangen am 05.04.2007, wird abgeändert, soweit\nhierdurch die gegenüber dem Kläger ausgesprochene außerordentliche Kündigung\nvom 14.07.2006 in eine ordentliche Kündigung umgedeutet wurde.\n\n20\n\n \n\n2\\. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.\n\n21\n\n \n\nDer Kläger beantragt, die Berufung des beklagten Landes zurückzuweisen.\n\n22\n\n \n\nDas Arbeitsgericht Neubrandenburg habe im Rahmen der Interessenabwägung\nzutreffend die Pflege des mehrfach schwerbehinderten Sohnes berücksichtigt.\nDieser Umstand folge bereits daraus, dass gerade auch das beklagte Land im\nRahmen der Personalratsanhörung diesen Gesichtspunkt im Rahmen der\nInteressenabwägung bedacht habe. Auch der Umstand der Suspendierung sei in die\nInteressenabwägung einzubeziehen, da damit deutlich gemacht worden sei, dass\nauf die Arbeitsleistung des Klägers verzichtet worden sei.\n\n23\n\n \n\nIm Übrigen sei das Urteil des Arbeitsgerichtes Neubrandenburg vom 30.03.2007\nzugunsten des Klägers abzuändern. Der Klage sei vollumfänglich stattzugeben.\nEine Pflichtverletzung durch den Kläger liege nicht vor. Die Darstellungen des\nKlägers in dem offenen Brief seien Bestandteil seiner\nMeinungsäußerungsfreiheit. Dieser Umstand liege insbesondere auch darin\nbegründet, dass seine Ausführungen lediglich durch die unschlüssigen\nDarstellungen des Schulamtsleiters im Zeitungsartikel vom 01./02. Juli 2006\nhervorgerufen worden seien.\n\n24\n\n \n\nDer Kläger beantragt seinerseits:\n\n25\n\n \n\nDas Urteil des Arbeitsgerichtes Neubrandenburg vom 30.03.2007 - 5 Ca 977/06 -\nwird insoweit aufgehoben, als es die Klage abgewiesen hat und festgestellt,\ndass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des beklagten\nLandes vom 14.07.2006 nicht zum 31.03.2007 beendet wurde.\n\n26\n\n \n\nDas beklagte Land beantragt insoweit, die Berufung zurückzuweisen.\n\n27\n\n \n\nWegen der weiteren Einzelheiten in der Berufungsinstanz wird auf die zwischen\nden Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.\n\n#### Entscheidungsgründe\n\n28\n\n \n\nSowohl die zulässige Berufung des beklagten Landes als auch die zulässige\nBerufung des Klägers sind jeweils unbegründet.\n\n29\n\n \n\nDas Arbeitsgericht Neubrandenburg hat in der angefochtenen Entscheidung zum\neinen rechtsfehlerfrei die Rechtsunwirksamkeit der fristlosen Kündigung\nfestgestellt und ist zum anderen im Wege der Umdeutung der außerordentlichen\nKündigung in eine ordentliche Kündigung rechtsbeanstandungsfrei im Ergebnis zu\neiner fristgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zum\n31.03.2007 gelangt.\n\n \n\nI.\n\n30\n\n \n\nDie Berufung des beklagten Landes bleibt ohne Erfolg.\n\n31\n\n \n\nDabei kann zu Gunsten des beklagten Landes an dieser Stelle eine\nschwerwiegende Pflichtverletzung durch den Kläger im Rahmen der\nVeröffentlichung des offenen Briefes unterstellt werden. Jedenfalls scheitert\ndie Rechtswirksamkeit der im Streit befindlichen außerordentlichen Kündigung\nim Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung des\nUltima-Ratio-Prinzips. Diesen Umstand hat das Arbeitsgericht Neubrandenburg in\nder angegriffenen Entscheidung im Ergebnis zu Recht festgestellt.\n\n32\n\n \n\nIn Abwägung der Interessen des beklagten Landes an der sofortigen Beendigung\ndes Arbeitsverhältnisses zu den Interessen des Klägers an der Fortsetzung des\nArbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist überwiegen die des\nKlägers.\n\n33\n\n \n\nDem beklagten Land ist zwar zuzugeben, dass die Frage der Zumutbarkeit der\nFortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eng\nmit der Tragweite des Pflichtverstoßes des Arbeitnehmers verbunden ist.\nAndererseits ist dieser Umstand nicht das ausschließliche Kriterium. Vielmehr\nsind die Zumutbarkeitserwägungen auch in Abhängigkeit von der Dauer des\nbeanstandungsfrei geführten Arbeitsverhältnisses einerseits und vor dem\nHintergrund der persönlichen Auswirkungen für den Arbeitnehmer andererseits zu\nbeurteilen (BAG vom 13.12.1984, NZA 1985, Seite 288; BAG vom 07.906.1973, NJW\n1973, Seite 1819).\n\n34\n\n \n\nUnterhaltsverpflichtungen des gekündigten Arbeitnehmers können hinsichtlich\nder finanziellen Folgen des Arbeitsplatzverlustes ebenso in die\nInteressenabwägung einbezogen werden (BAG vom 15.11.1995, NZA 1996, Seite 419)\nwie dessen individuelle Arbeitsmarktchancen (BAG vom 29.01. 1997, NZA 1997,\nSeite 813). Schließlich ist auch das Lebensalter des gekündigten Arbeitnehmers\ngrundsätzlich berücksichtigungsfähig (BAG vom 15.11.1995, a. a. O.).\n\n35\n\n \n\nAuf der Grundlage der vorerwähnten Grundsätze ergibt sich aus dem\nZusammenspiel der im vorliegenden Einzelfall konkret zu berücksichtigenden\nUmstände aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers selbst bei Annahme eines\nschweren Verstoßes des Klägers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten nach\nAuffassung der Kammer insgesamt keine derart einschneidende und gravierende\nVertragsverletzungsfolge, die selbst unter Berücksichtigung der langen\nKündigungsfrist des Klägers zu einer Bejahung der Unzumutbarkeit der\nFortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist hätte\nführen können.\n\n36\n\n \n\nZweifelsohne enthält der vom Kläger verfasste offene Brief insbesondere\nbezogen auf den Schulamtsleiter Herrn St. erhebliche herabwürdigende Elemente\nsowie auch die mittelbare Unterstellung, die jeweils kommissarisch\neingesetzten Direktoren seien fachlich nicht hinreichend qualifiziert mit der\nmöglichen Folge negativer Auswirkungen auf einen geordneten Betriebsablauf.\n\n37\n\n \n\nAndererseits dürfen insoweit die gravierenden persönlichen Folgen einer\nfristlosen Kündigung für den Kläger nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben.\nAngesichts des Lebensalters des Klägers, der im Kündigungszeitpunkt im Übrigen\nimmerhin über eine ca. 14jährige Betriebszugehörigkeit verfügte, kann die\nWahrscheinlichkeit der Rückkehr in den Schuldienst - mit der Folge des\nVerlustes seines sozialen Besitzstandes - nahezu ausgeschlossen werden.\n\n38\n\n \n\nAngesichts dieser besonderen Einzelfallumstände hätte ein verständiger und\nbesonnen reagierender Arbeitgeber als milderes Mittel den Ausspruch einer\nordentlichen und fristgemäßen Kündigung gewählt, zumal die eigentliche\nArbeitsaufgabe des Klägers - nämlich die Vermittlung des Lehrstoffes an die\nSchüler - durch die in Rede stehenden Vorkommnisse jedenfalls nicht\nunmittelbar tangiert wurde. Dass im Übrigen auch das beklagte Land zumindest\nzeitweise den Ausspruch einer fristgemäßen Kündigung in die Überlegungen als\nReaktion auf das Verhalten des Klägers einbezogen hatte, wird am Umstand der\nAnhörung des Personalrates zu einer vorsorglichen ordentlichen Kündigung\ndeutlich.\n\n39\n\n \n\nIm Ergebnis ist dem Arbeitsgericht Neubrandenburg in der angefochtenen\nEntscheidung zu folgen.\n\n \n\nII.\n\n40\n\n \n\nSoweit sich der Kläger im Rahmen seiner Berufung gegen die festgestellte\nBeendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2007 aus Anlass einer\nfristgemäßen verhaltensgemäßen Kündigung wendet, so bleibt sein Klagebegehren\nohne Erfolg. Die im Wege der Umdeutung gemäß § 140 BGB ermittelte fristgemäße\nKündigung ist durch verhaltensbedingte Gründe im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG\nbedingt.\n\n41\n\n \n\n1\\. Das Arbeitsgericht Neubrandenburg hat mit zutreffender Begründung die\nrechtsunwirksam fristlose Kündigung gemäß § 140 BGB in eine fristgemäße\nKündigung umgedeutet. Der danach bestehende unbedingte Beendigungswille des\nbeklagten Landes ist von den Parteien auch in der Berufungsinstanz nicht in\nAbrede gestellt worden. Aus diesem Grund kann insoweit auf die zutreffenden\nAusführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden.\n\n42\n\n \n\n2\\. Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis unstreitig\nAnwendung.\n\n43\n\n \n\n3\\. Gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG ist eine fristgemäße Kündigung unter anderem\ndann sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe im Verhalten des\nArbeitnehmers bedingt ist. Gemäß § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG hat der Arbeitgeber in\ndiesem Zusammenhang die Kündigungsgründe darzulegen und gegebenenfalls zu\nbeweisen.\n\n44\n\n \n\nGemessen an den genannten Voraussetzungen ist bereits unter Berücksichtigung\ndes unstreitigen Tatbestandes die Rechtmäßigkeit der Beendigung des\nArbeitsverhältnisses auf der Grundlage einer fristgemäßen und\nverhaltensbedingten Kündigung zum 31.03.2007 nicht in Frage zu stellen. Der\ndurch den Kläger verfasste offene Brief beinhaltet Passagen, die eine derart\nschwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung beinhalten (a), so dass\nvon der Entbehrlichkeit des Ausspruches einer vorhergehenden Abmahnung\nauszugehen ist (b) und auch die stets gebotene Interessenabwägung hier nicht\nzugunsten des Klägers zu einem anderen Ergebnis führt (c).\n\n45\n\n \n\na) Das Arbeitsgericht Neubrandenburg ist mit ausführlicher und zutreffender\nBegründung zu dem Ergebnis gelangt, dass bestimmte Äußerungen in dem offenen\nBrief durch den Kläger erhebliche arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen\ndarstellen, die keineswegs mehr von dem Recht des Klägers auf freie\nMeinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt waren.\n\n46\n\n \n\nUm unnötige Wiederholungen zu vermeiden, kann diesbezüglich zunächst\nvollumfänglich auf die umfassenden und überzeugenden Ausführungen unter Ziffer\n1.1.1 in Verbindung mit Ziffer 2.1 in der angefochtenen Entscheidung Bezug\ngenommen werden, zumal dem klägerischen Vortrag in der Berufungsinstanz\ninsoweit keine neuen und entscheidungserheblichen Tatsachen zu entnehmen sind,\nwelche die zutreffenden Feststellungen des Arbeitsgerichts anlässlich der\nEntscheidung vom 30.03.2007 rechtlich in Frage stellen könnten. Vielmehr\nbeharrt der Kläger in Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrages auf\nseinem Rechtsstandpunkt, seine Behauptungen in dem offenen Brief seien von der\nMeinungsäußerungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt.\n\n47\n\n \n\nDiese Auffassung ist - dem Arbeitsgericht Neubrandenburg uneingeschränkt\nfolgend - rechtlich nicht haltbar. Der Kläger hat in dem offenen Brief zum\neinen die Behauptung aufgestellt, der Schulamtsleiter Herr St. habe\nSchulleiterstellen kommissarisch besetzt, um damit vor allem "Pfründe an CDU-\nMitglieder oder dieser Partei nahestehender Personen zu verteilen".\n\n48\n\n \n\nZum anderen hat er dem Schulamtsleiter vorgeworfen, die Frauenquote nicht\nbeachtet zu haben und außerdem "das Gebot einer entwickelten demokratischen\nAmtsführung" nicht eingehalten zu haben. Schließlich hat der Kläger seine\nVermutung zum Ausdruck gebracht, der Schulamtsleiter werde die endgültige\nBesetzung der Schulleiterstellen anhand "praktizierter Leerformeln" besetzen,\num auf diesem Weg sowohl die Frauenquote als auch abweichende Voten der\nSchulkonferenz zu umgehen.\n\n49\n\n \n\nDie vorgenannten Behauptungen stellen zum einen - worauf das Arbeitsgericht\nNeubrandenburg zutreffend hinweist - insbesondere gegenüber Herrn St.\nEhrverletzungen in erheblichem Umfang dar. Zum anderen vermag der Kläger diese\nBehauptungen auch in der Berufungsinstanz nicht ansatzweise substantiell zu\nbelegen. Mithin sind die aufgezeigten ehrverletzenden Behauptungen des Klägers\nin dem offenen Brief auch nicht von seiner Meinungsäußerungsfreiheit nach Art.\n5 Abs. 1 GG gedeckt, worauf das Arbeitsgericht Neubrandenburg in zutreffender\nAuswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenfalls bereits\nhingewiesen hat.\n\n50\n\n \n\nSoweit der Kläger die Ansicht vertritt, er habe im letzten Absatz des offenen\nBriefes die von ihm aufgestellten Behauptungen hinreichend relativiert, so ist\nauch dieser Begründungsansatz rechtlich alles andere als überzeugend.\nAnlässlich der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2008 hat die Kammer\nausführlich darauf verwiesen, dass die dort verwandte Formulierung, vielleicht\nseien die vorgetragenen Einwände nicht oder nicht ganz stimmig, keinesfalls\ndeutlich machen, der Kläger wolle die ehrverletzenden Behauptungen nicht mehr\naufrechterhalten.\n\n51\n\n \n\nEbenso wenig kann der Formulierung ein entschuldigender Charakter beigemessen\nwerden. Zum einen ist nicht ersichtlich, welche der Behauptungen überhaupt\nnicht und welche lediglich "nicht ganz" stimmig sein sollen. Zum anderen\nschränkt der Kläger diese Aussage durch Verwendung des Begriffes "vielleicht"\nohnehin von vornherein erheblich ein. Schließlich sprechen die weiteren\nAusführungen des Klägers im zweiten Satz des letzten Absatzes des offenen\nBriefes im Gegenteil für ein dahingehendes Verständnis, der Kläger wolle seine\nBehauptungen bis zu einer widerlegenden Äußerung des Schulamtsleiters in der\nÖffentlichkeit aufrechterhalten. Eine Relativierung der zuvor aufgestellten\nehrverletzenden Behauptungen ergibt sich daraus jedenfalls nicht.\n\n52\n\n \n\nb) Zudem ist hier von der Entbehrlichkeit des Ausspruches einer vorhergehenden\nAbmahnung auszugehen. Der Kläger musste sich im Rahmen der Veröffentlichung\ndes offenen Briefes darüber im Klaren sein, dass das beklagte Land darauf\nnicht unterhalb der Schwelle des Ausspruches jedenfalls einer fristgemäßen\nKündigung reagieren würde. Da der Kläger in der Berufungsinstanz den\nzutreffenden erstinstanzlichen Erwägungen nicht entgegengetreten ist, kann\ninsoweit auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung unter Ziffer\n1.2 in Verbindung mit Ziffer 2.2 Bezug genommen werden.\n\n53\n\n \n\nc) Die vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Klägers aus. Die\nInteressen des beklagten Landes an einer fristgemäßen Beendigung des\nArbeitsverhältnisses überwiegen die des Klägers an der Fortsetzung des\nArbeitsverhältnisses über die Kündigungsfrist hinaus.\n\n54\n\n \n\nUnter Bezugnahme auf die bereits erörterten (vergl. oben unter I.)\nEinzelheiten, die zugunsten des Klägers im Rahmen der durchzuführenden\nInteressenabwägung zu berücksichtigen sind, vermögen diese jedoch die Annahme\nder Rechtswidrigkeit der fristgemäßen Kündigung nicht zu rechtfertigen, denn\nzugunsten des beklagten Landes fällt hier die Schwere der Pflichtverletzung\ndeutlich ins Gewicht. Die massiven und durch nichts belegten Angriffe -\ninsbesondere gegen die Person des Schulamtsleiters - im Rahmen des offenen\nBriefes betreffen sowohl das Außenverhältnis als auch das Innenverhältnis im\nSchulamtsbereich N..\n\n55\n\n \n\nDie damit verbundene ehrverletzende negative Darstellung der Arbeitsweise des\nSchulamtsleiters war geeignet, diesen zum einen in der Öffentlichkeit zu\ndiskreditieren und zum anderen im Innenverhältnis im Hinblick auf die dort\nbeschäftigten Mitarbeiter den ordentlichen Geschäftsablauf empfindlich zu\nstören.\n\n56\n\n \n\nAngesichts dieser Umstände ist der Ausspruch der fristgemäßen Kündigung trotz\nder damit verbundenen erheblichen persönlichen Folgen für den Kläger auch\nunter dem Gesichtspunkt der Vornahme einer umfassenden Interessenabwägung\nunter Berücksichtigung des Ultima-Ratio-Prinzipes nicht zu beanstanden.\n\n57\n\n \n\n4\\. Lediglich der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle noch darauf\nhingewiesen, dass die Rechtmäßigkeit der fristgemäßen Kündigung nicht an einer\nrechtsfehlerhaften Personalratsanhörung scheitert.\n\n58\n\n \n\nZum einen ist der zuständige Bezirkspersonalrat zu einer vorsorglichen\nordentlichen Kündigung angehört worden. Zum anderen ist die vorgenommen\nAnhörung inhaltlich nicht zu beanstanden. Zur Begründung kann insoweit auf die\nzutreffenden Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung verwiesen werden,\nzumal diese in der Berufungsinstanz nicht angegriffen worden sind.\n\n \n\nIII.\n\n59\n\n \n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit § 92\nAbs. 1 ZPO\n\n60\n\n \n\nGründe zur Zulassung der Revision gemäß § 72 ArbGG sind nicht ersichtlich.\n\n |
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109,222 | larbgsh-2006-04-19-2-ta-5706 | 1,061 | Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein | larbgsh | Schleswig-Holstein | Arbeitsgerichtsbarkeit | 2 Ta 57/06 | 2006-04-19 | 2018-11-26 07:30:16 | 2019-02-14 08:53:44 | Beschluss | ECLI:DE:LARBGSH:2006:0419.2TA57.06.0A | #### Tenor\n\n \n\nAuf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des\nArbeitsgerichts Lübeck vom 21.2.2006 – 5 Ca 1549/05 - aufgehoben:\n\n \n\n \n\nDer Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes mit Schriftsatz vom 3.2.2006\nwird zurückgewiesen.\n\n \n\nDie Kosten werden dem Kläger auferlegt.\n\n \n\nDie Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.\n\n \n\n \n\n#### Gründe\n\n \n\n**I.**\n\n1\n\n \n\nMit der Beschwerde hatte sich die Beklagte gegen einen Zwangsgeldbeschluss des\nArbeitsgerichts gewandt, mit dem die Erteilung eines Zeugnisses erreicht\nwerden sollte.\n\n \n\n2\n\n \n\nDie Parteien hatten sich mit Vergleich vom 20.6.2005 zu Ziff. 3 wie folgt\ngeeinigt:\n\n \n\n3\n\n \n\n3\\. Die Beklagte verpflichtet sich, auf der Grundlage und mit dem Inhalt des\nZwischenzeugnisses vom 14.4.2005 dem Kläger ein abschließendes Zeugnis zu\nerteilen unter dem Datum 1.6.2005, in dessen ersten Absatz aufgenommen wird,\ndass der Kläger ab 1.3.2005 als Pflegedienstleiter beschäftigt worden ist. Am\nEnde des Zeugnisses soll ein Hinweis erfolgen, dass die Beschäftigung des\nKlägers als Pflegedienstleiter ab dem 1.3.2005 wegen seines hervorragenden\nFachwissens erfolgt ist. Das Zeugnis soll von der Heimleitung und dem\nGeschäftsführer der Beklagten unterschrieben sein. Außerdem soll als\nSchlussklausel folgender Satz aufgenommen werden:\n\n \n\n4\n\n \n\nWir wünschen Herrn S. für den weiteren privaten und beruflichen Werdegang\nalles Gute.\n\n \n\n5\n\n \n\nDie Beklagte hat auf Erinnerung des Klägers vom 7.7.2005 ein Zeugnis erteilt,\ndas der Kläger beanstandet hat, weil es nicht dem Zwischenzeugnis vom\n14.4.2005, sondern dem Entwurf vom 13.4.2005 entspreche. Ein weiteres Zeugnis\n(Bl. 31 d.A.) hat der Kläger wegen 5 Fehlern (Bl. 35 d.A.) zurückgewiesen. Ein\nam 22.9.2005 übersandtes Zeugnis (Bl. 37 d.A.) hat der Kläger wegen noch\nzweier Fehler beanstandet. Ein weiteres am 7.10.2005 zugestelltes Zeugnis\nenthält in 3 Zeilen Druckstörungen, die in 2 Fällen die Zeilen „verschwimmen“\nlassen und in einem Fall als unsaubere Unterstreichung gewertet werden können.\nDer Fehler in der 12. Zeile von unten „seht“ statt „sehr“ war nicht beseitigt.\nAm 5.11.2005 erhielt der Kläger ein weiteres Exemplar (Bl. 48 d.A.), auf das\nhinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird. Das Arbeitsgericht hat mit\nBeschluss vom 22.11.2005 gegen die Beklagte ein Zwangsgeld von 500 EUR\nfestgesetzt, weil sie der Verpflichtung gem. Ziff. 3 des Vergleiches, dem\nKläger ein (fehlerfreies und drucktechnisch einwandfreies) Zeugnis zu\nerteilen, nicht nachgekommen sei. Die hiergegen eingelegte Beschwerde (2 Ta\n270/05) blieb erfolglos. Der Zwangsgeldbeschluss ist vom Kläger nicht\nvollstreckt worden.\n\n \n\n6\n\n \n\nMit Schriftsatz vom 3.2.2006 hat der Kläger Festsetzung eines weiteren\nZwangsgeldes beantragt, weil das nunmehr erteilte Zeugnis auf Seite 1\nDruckschatten aufweise. Die Beklagte hat hierzu nicht Stellung genommen. Das\nArbeitsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 21.2.2006 ein\nZwangsgeld von 1.000 EUR festgesetzt. Hiergegen richtet sich die rechtzeitig\neingelegte Beschwerde, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat. Am\n22.2.2006 haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers zwei Exemplare eines\nZeugnisses erhalten, das ihren Anforderungen entspricht.\n\n \n\n \n\n \n\n**II.**\n\n7\n\n \n\nDie zulässige Beschwerde hat Erfolg. Das Arbeitsgericht hätte kein Zwangsgeld\nfestsetzen dürfen.\n\n \n\n8\n\n \n\nZwar hatte die Beklagte vor Erlass des Beschlusses vom 21.2.2006 nicht\nordnungsgemäß erfüllt. Insoweit wird auf den Beschluss in gleicher Sache vom\n16.12.2005 (2 Ta 270/05) verwiesen. Auch auffällige Druckschatten müssen vom\nKläger nicht hingenommen werden.\n\n \n\n9\n\n \n\nEine erneute Zwangsgeldfestsetzung hätte indes nicht erfolgen dürfen, da der\nKläger nicht einmal den ersten Zwangsgeldbeschluss vollstreckt hat. Zweck\neines Zwangsgeldes nach § 888 ZPO ist es, den Schuldner zur Erfüllung\nanzuhalten. Das geschieht durch Vollstreckung des Zwangsgeldes. Der Gläubiger\nhat die Vollstreckung zu Gunsten der Staatskasse vorzunehmen (Zöller Rn. 13 zu\n§ 888 ZPO). Dem Kläger war am 29.11.2005 eine vollstreckbare Ausfertigung des\nBeschlusses vom 22.11.2005 erteilt worden, die er nicht genutzt hat. Eine\nwiederholte Zwangsgeldfestsetzung ist nur zulässig, wenn der Gläubiger die\nZwangsvollstreckung aus einem vorangegangenen Zwangsmittelbeschluss voll\ndurchgeführt hat (OLG Brandenburg Beschluss vom 13.6.1997 - 10 W 37/96 - FamRZ\n1998,180; Musielak Rn. 12 zu § 888 ZPO).\n\n \n\n10\n\n \n\nDer Kläger kann insoweit nicht damit gehört werden, er habe zunächst die\nEntscheidung über die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 16.12.2005\nabwarten wollen. Die Beschwerde hat nicht aufschiebende Wirkung (Zöller Rn. 15\nzu § 888 ZPO. § 570 Abs. 1 ZPO betrifft nicht die Vollstreckung eines\nZwangsgeldes, sondern eines Ordnungs- oder Zwangsmittels (Putzo Rn. 1 zu § 570\nZPO).\n\n \n\n11\n\n \n\nDer angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben.\n\n \n\n12\n\n \n\nDie Kosten sind dem Kläger gem. § 91 ZPO aufzuerlegen.\n\n \n\n13\n\n \n\nGründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.\n\n \n\n14\n\n \n\ngez. …\n\n \n\n \n\n \n\n |
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132,830 | vg-stuttgart-2008-02-06-a-9-k-635407 | 160 | Verwaltungsgericht Stuttgart | vg-stuttgart | Stuttgart | Baden-Württemberg | Verwaltungsgerichtsbarkeit | A 9 K 6354/07 | 2008-02-06 | 2019-01-07 10:19:10 | 2019-01-17 11:52:44 | Beschluss | ## Tenor\n\nDas Verwaltungsgericht Stuttgart ist ortlich unzustandig.\n\nDer Rechtsstreit wird an das ortlich zustandige Verwaltungsgericht Sigmaringen\nverwiesen.\n\nDie Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.\n\n## Gründe\n\n| | \n--- \n| 1 \n--- \n| Die Kammer konnte gemaß § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 4 Satz 1 GVG\nentsprechend ohne mundliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden. \n--- \n--- \n| 2 \n--- \n| Örtlich zustandig im vorliegenden Rechtsstreit um die Asylanerkennung des\nKlagers ist das Verwaltungsgericht Sigmaringen. Das ergibt sich zwar nicht,\nwie von der Beklagten ausgefuhrt, aus § 52 Nr. 5 VwGO, zumal die Anwendung\ndieser Vorschrift zur Zustandigkeit des Verwaltungsgerichts Ansbach fuhren\nwurde (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.3.2000, NVwZ-RR 2001, 276 wonach bei Behorden\nmit mehr als einem Dienstsitz, fur die nach außen im Auftrag des\nBehordenleiters gehandelt wird, der Amtssitz des Behordenleiters, hier also\ndes Prasidenten des Bundesamts fur Migration und Fluchtlinge, maßgeblich ist). \n--- \n--- \n| 3 \n--- \n| Die Zustandigkeit des Verwaltungsgerichts Sigmaringen ergibt sich jedoch\naus der vorrangig zu prufenden Bestimmung des § 52 Nr. 2 Satz 3 1. HS VwGO\ni.V.m. § 1 Abs. 2 AGVwGO. Denn der Klager, der nach einer Abschiebung im\nAnschluss an seine Ausweisung im April 2007 illegal ins Bundesgebiet\neinreiste, kam nach seiner Verhaftung zur Verbußung seiner Restfreiheitsstrafe\nin die Justizvollzugsanstalt Ravensburg. Aus der Haft stellte er im August\n2007 seinen Asylerstantrag, gegen dessen Ablehnung er sich nun wendet. \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| § 52 Nr. 2 Satz 3 1. HS VwGO knupft zur Bestimmung der ortlichen\nZustandigkeit bei solchen Streitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetz an eine\nVerpflichtung des Klagers zur Aufenthaltsnahme nach dem Asylverfahrensgesetz\nan. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass eine solche Verpflichtung\ndurch behordliche Verfugung nach den §§ 47 ff. AsylVfG im Falle des Klagers\nnicht ergangen ist. Auf Grund seiner Strafhaft ist sein Aufenthalt aber uber\n§§ 56 Abs. 1 Satz 2 u. 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG kraft Gesetzes seit\nBeginn der Strafhaft und somit auch bei Klageerhebung auf den Bezirk der\nAuslanderbehorde Ravensburg beschrankt gewesen (so auch VG Ansbach, Beschl. v.\n4.5.2004 - AN 14 K 04.30681 - <juris>; VG Karlsruhe, Beschl. v. 29.9.2003 - A\n9 K 12056/03 - <juris>). Eine dem Klager zu erteilende Aufenthaltsgestattung\nware zwar schon mit Bekanntgabe des Bescheids des Bundesamts vom 22.11.2007,\nder den Asylantrag des Klagers als offensichtlich unbegrundet abgelehnt hat,\nerloschen (§ 67 Abs. 1 Nr. 4 AsylVfG). § 56 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG ordnet aber\nauch fur diesen Fall die Weitergeltung raumlicher Beschrankungen an. \n--- \n--- \n| 5 \n--- \n| Der Rechtsstreit war daher nach Anhorung der Beteiligten an das ortlich\nzustandige Verwaltungsgericht Sigmaringen zu verweisen (§ 17a Abs. 2 Satz 1\nGVG entspr.), das auch uber die im Verfahren vor dem angegangenen\nVerwaltungsgericht Stuttgart angefallenen Kosten zu entscheiden haben wird (§\n17b Abs. 2 GVG entspr.). \n--- \n--- \n| 6 \n--- \n| Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG; § 83 Satz 2 VwGO i.V.m. §\n17a Abs. 2 Satz 1 GVG). \n---\n\n |
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139,925 | ag-breisach-am-rhein-2004-06-30-ur-ii-804 | 25 | Amtsgericht Breisach am Rhein | ag-breisach-am-rhein | Breisach am Rhein | Baden-Württemberg | Ordentliche Gerichtsbarkeit | Amtsgericht | UR II 8/04 | 2004-06-30 | 2019-01-07 14:46:23 | 2019-01-17 12:00:06 | Entscheidung | ## Gründe\n\n| \n---|--- \n| 1 \n--- \n| A. Das Verfahren der Erinnerung gegen den Kostenansatz des Notariats\nBreisach Aktenzeichen I UR ... wegen der Erhebung einer Gebuhr fur die\nBeurkundung des Kaufvertrags vom ... in Hohe von DM ... wird bis zur\nEntscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzt. \n--- \n| 2 \n--- \n| B. Urschriftlich wird dem Bundesverfassungsgericht, Postfach 1771, 76006\nKarlsruhe, das Verfahren mit der Bitte um Entscheidung uber die nachfolgend\nbeschriebene Normenkontrollfrage vorgelegt. \n--- \n| 3 \n--- \n| C. Vorlagefrage: \n--- \n| 4 \n--- \n| Ist § 140 der Kostenordnung (Gesetz uber die Kosten in Angelegenheiten der\nfreiwilligen Gerichtsbarkeit in der Fassung vom 26. Juli 1957,\nBundesgesetzblatt I S. 960) mit Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 2\nSatz 1 sowie Art. 70 Abs. 1, 105, 106 des Grundgesetzes vereinbar, soweit er\nvorschreibt, dass auch die Notare im Dienst des Landes Baden-Wurttemberg bei\nnotariellen Beurkundungen und Beglaubigungen Kosten nach den Bestimmungen der\n§§ 141 ff in Verbindung mit § 18 Absatz 1 (Geschaftswert) der Kostenordnung zu\nerheben haben? \n--- \n| 5 \n--- \n| D. Begrundung: \n--- \n| 6 \n--- \n| I. Sachverhalt: \n--- \n| 7 \n--- \n| Das Land Baden-Wurttemberg hat fur die Beurkundung eines Vertrages vom ...\naufgrund der Kostennote vom ... einen Betrag in Hohe von DM ... wegen der\nBeurkundung eines Kaufvertrages, beurkundet vor dem Notariat in Breisach unter\nUR ..., erhoben. Die Kostenerhebung einschließlich Umsatzsteuer beruht auf §§\n36 Abs. 2, 146 Abs. 1,4, 136 Abs. 1,2, 151a KostO. Sie erfolgte gemaß § 18\nAbsatz 1 KostO nach dem Geschaftswert der Beurkundung, nicht nach dem\ntatsachlichen Aufwand des Notariats. Gegen diese Kostennote wurde Erinnerung\nnach § 14 Abs. 2 KostO durch den Kostenschuldner mit der Begrundung eingelegt,\ndass die Kostenerhebung in der nach der KostO vorgegebenen Hohe\nverfassungswidrig sei. \n--- \n| 8 \n--- \n| Der tatsachliche Aufwand des Notariats, berechnet nach der\nVerwaltungsvorschrift des Finanzministeriums Baden-Wurttemberg (GABl. vom\n18.10.1995, Seite 567) in Verbindung mit der AV des Justizministeriums vom\n22.05.2002 -Az: 5656/0227- (vgl. Sandweg, BWNotZ 2003, 33), ergibt einen\nBetrag von 138 Euro. Auf die beigefugte Aufstellung des Notariats Breisach\nwird verwiesen. (Anlage 1) \n--- \n| 9 \n--- \n| Es ist amtsbekannt, dass dem Fiskus des Landes Baden-Wurttemberg aus\nNotargebuhren, die uber den tatsachlichen Aufwand hinaus erhoben werden,\nGewinne zufließen, die im allgemeinen Staatshaushalt Verwendung finden\n(zuletzt Drucksache des Landtags von Baden-Wurttemberg vom 20.06.2003 Nr.\n13/2177, wo fur das Jahr 2002 ein Gewinn von 26,7 Mio. EUR ausgewiesen ist). \n--- \n| 10 \n--- \n| Der Rechnungshof des Landes Baden-Wurttemberg beziffert in seiner Beratenden\nÄußerung nach § 88 Abs. 2 LHO vom Mai 2000 die Umsatzrendite fur das Jahr 1998\naus dem Landesteil Baden mit 60% der Notargebuhren (Drucksache des Landtags\nvon Baden-Wurttemberg Nr. 12/5154, Übersicht 36). \n--- \n| 11 \n--- \n| § 140 Satz 1 der Kostenordnung bestimmt Folgendes: „Die Kosten der Notare\nbestimmen sich, soweit bundesrechtlich nichts anderes vorgeschrieben ist,\nausschließlich nach diesem Gesetz." \n--- \n| 12 \n--- \n| In § 18 Absatz 1 der Kostenordnung heißt es: „Die Gebuhren werden nach dem\nWert berechnet, den der Gegenstand des Geschafts zur Zeit der Falligkeit hat\n(Geschaftswert)." \n--- \n| 13 \n--- \n| II. Rechtsausfuhrungen: \n--- \n| 14 \n--- \n| 1\\. Statthaftigkeit der Vorlage \n--- \n| 15 \n--- \n| Die vom Amtsgericht zu treffende Entscheidung uber die Kostenerinnerung\nhangt davon ab, ob das Gebot des § 140 KostO, dass auch staatliche Notare\n(Notare im Dienst des Landes Baden-Wurttemberg) die Gebuhren fur die bei ihnen\nerfolgte Beurkundung des Kaufvertrages nach den Bestimmungen der §§ 36 Abs. 2,\n146 Abs. 1,4, 136 Abs. 1,2, 151a in Verbindung mit § 18 Abs. 1 KostO zu\nberechnen und zu erheben haben, mit Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs.\n2 Satz 1 sowie Art. 70 Abs. 1, 105, 106 des Grundgesetzes vereinbar ist. Wenn\ndie Vorschrift des § 140 KostO mit ihrem Anwendungsgebot der Bestimmungen der\nKostenordnung, insbesondere des § 18 Abs. 1 KostO, auch fur die Notare im\nLandesdienst des Landes Baden-Wurttemberg verfassungsgemaß ist, sind die im\nvorliegenden Erinnerungsverfahren angegriffenen Gebuhren richtig erhoben\nworden und die Erinnerung ware in diesem Fall als unbegrundet zuruckzuweisen. \n--- \n| 16 \n--- \n| Das vorlegende Amtsgericht ist der Ansicht, dass § 140 der Kostenordnung in\nder Fassung vom 26. Juli 1957 (Bundesgesetzblatt I S. 960) mit Art. 2 Abs. 1,\nArt. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 2 Satz 1 sowie Art. 70 Abs. 1, 105, 106 des\nGrundgesetzes nicht vereinbar ist, soweit es danach fur die staatlichen Notare\ndes Landes Baden-Wurttemberg geboten ist, bei notariellen Beurkundungen und\nBeglaubigungen Kosten nach den Bestimmungen der Kostenordnung zu erheben. Ist\ndiese Meinung richtig, hat die Kostenerinnerung Erfolg, und es muss der Teil\nder erhobenen Gebuhren, der den Aufwand des Landes ubersteigt, dem\nErinnerungsfuhrer erstattet werden. \n--- \n| 17 \n--- \n| Es kommt auch nicht in Betracht, aus anderen Grunden der Erinnerung gegen\nden Kostenansatz stattzugeben oder ihr den Erfolg zu versagen. \n--- \n| 18 \n--- \n| Die Entscheidung uber die Erinnerung hangt damit von der Gultigkeit des §\n140 KostO ab, soweit er vorschreibt, dass auch die Notare im Dienst des Landes\nBaden-Wurttemberg bei notariellen Beurkundungen und Beglaubigungen Kosten nach\nden Bestimmungen der §§ 141 ff in Verbindung mit § 18 Absatz 1 (Geschaftswert)\nder Kostenordnung zu erheben haben. Die Vorlage an das\nBundesverfassungsgericht ist daher gemaß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes\ngeboten. \n--- \n| 19 \n--- \n| Der Moglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung des § 140 KostO, die\neine Vorlage nach Art. 100 GG ausschließen wurde (BVerfG E 83, 201, 214 f),\nsteht der eindeutige Wortlaut der Vorschrift entgegen. Das Wort\n„ausschließlich", das Ausnahmen nicht zulasst, ist nicht umzudeuten in das\nAusnahmen zulassende Wort „grundsatzlich", wie dies vom OLG Karlsruhe in\nseiner Entscheidung vom 20.08.2003 (BWNotZ 2003, 170; mit ablehnender\nAnmerkung Sandweg a.a.O. 172) unternommen worden ist. \n--- \n| 20 \n--- \n| Auch aus dem gesetzlichen Gesamtzusammenhang ergibt sich, dass der\nGesetzgeber ausnahmslos nicht nur die freiberuflichen Notare, sondern auch die\nim Dienst des Landes Baden-Wurttemberg stehenden Notare, denen die Gebuhren\nfur ihre Tatigkeit nicht selbst zufließen, den Regelungen der KostO\nunterwerfen wollte. Die speziellen Bestimmungen der §§ 142, 143, 144, 152\nKostO zeigen, dass die staatlichen Notare in den Willen des Gesetzgebers\naufgenommen waren. \n--- \n| 21 \n--- \n| Das Amtsgericht Freiburg hat in einer Entscheidung vom 14.01.2002 (BWNotZ\n2002, 89) die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemaß Art. 100 GG\nvermieden, indem es davon ausging, dass § 140 Satz 1 KostO fur den Bereich des\nOLG-Bezirks Karlsruhe durch das Urteil des Europaischen Gerichtshofs vom\n29.09.1999 (Modelo C-56/98) außer Kraft gesetzt sei. Hierbei ging das\nAmtsgericht Freiburg von einer in der Literatur vertretenen Mindermeinung des\nGeltungsvorrangs des europaischen Rechts aus. Nach herrschender Meinung, der\nauch das OLG Karlsruhe in seiner Entscheidung vom 20.08.2003 (BWNotZ 2003,\n170) folgt, soll jedoch lediglich ein Anwendungsvorrang fur das europaische\nRecht anzunehmen sein (vgl. Neisser/Verschraegen, Die Europaische Union, Wien\n2001, S. 288 ff). Das diesen Rechtsstreit entscheidende Amtsgericht sieht aus\nGrunden der Prozessokonomie davon ab, in diesem Punkt eine Meinung zu\nvertreten, die von derjenigen des OLG Karlsruhe abweicht. \n--- \n| 22 \n--- \n| Da der Wortlaut des § 140 KostO nach anerkannten Auslegungsgrundsatzen und\nnach dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelungen, sowie deren Sinn und\nZweck nicht mehrere Deutungen zulassen, ist die Vorlage an das\nBundesverfassungsgericht gemaß Art. 100 Abs. 1 GG geboten (BVerfGE 83, 201,\n214f). \n--- \n| 23 \n--- \n| 2\\. Begrundung der Vorlage aus einer Verletzung der bundesstaatlichen\nFinanzverfassung \n--- \n| 24 \n--- \n| Durch die Erhebung von Kosten nach §§ 36 Abs. 2, 146 Abs. 1,4, 136 Abs. 1,2,\n151a in Verbindung mit § 18 Abs. 1 KostO fur die Beurkundung eines\nKaufvertrages durch einen Notar im Landesdienst des Landes Baden-Wurttemberg\nliegt ein Verstoß gegen Art. 70 Abs. 1, 105, 106 GG vor. \n--- \n| 25 \n--- \n| Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 19. Marz 2003 (2 BvL\n9/98) allgemeine Grundsatze fur die Erhebung staatlicher Gebuhren\nfestgestellt, die in einem dem Badischen Notarverein von Prof. Dr. Ernst-\nWolfgang Bockenforde erstatteten Gutachten auf ihre Anwendbarkeit im Hinblick\nauf Gebuhren staatlicher Notare untersucht worden sind. Dieses am 08.03.2004\nerstattete Gutachten ist auf der Homepage des Badischen Notarvereins unter\nwww.badischer-notarverein.de veroffentlicht. Die Ausfuhrungen unter II des\nGutachtens unter dem Titel „Auswirkungen der Entscheidung des BVerfG zur\nRuckmeldegebuhr von Studenten auf die Erhebung von Notargebuhren durch\nbeamtete Notare des Landes Baden-Wurttemberg" uberzeugen das Amtsgericht in\nvollem Umfang. \n--- \n| 26 \n--- \n| a) Allgemeine Grundsatze der Urteils BVerfG vom 19.03.03 -2 BvL 9/98- \n--- \n| 27 \n--- \n| In seinem Urteil vom 19. Marz 2003 hat das Bundesverfassungsgericht die\nBemessungsgrundsatze und -grenzen der Gebuhrenerhebung untersucht und in der\ndort behandelten Ruckmeldegebuhr eine nicht-steuerliche Abgabe vom Typus der\nGebuhr gesehen, wobei der auf Verwaltungsgebuhren bezogene Gebuhrenbegriff\nzugrunde gelegt wurde, wie er in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung\nunter Bezugnahme auf BVerfGE 50,217 kontinuierlich angewendet wird (BVerfG vom\n19.03.03 -2 BvL 9/98- Rdn. 43). \n--- \n| 28 \n--- \n| Gebuhren sind danach „offentlichrechtliche Geldleistungen, die aus Anlass\nindividuell zurechenbarer offentlicher Leistungen dem Gebuhrenschuldner durch\neine offentlichrechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt\nwerden und dazu bestimmt sind, in Anknupfung an diese Leistung deren Kosten\nganz oder teilweise zu decken" (BVerfGE 50, 217, 226). Jedenfalls fur Gebuhren\ndieser Art gelten die maßstablichen Ausfuhrungen des Urteils. \n--- \n| 29 \n--- \n| Ausdrucklich hebt das Urteil hervor, dass die Begrenzungs- und\nSchutzfunktion der Finanzverfassung nicht nur fur den Abgabetyp der\nSonderabgaben, sondern ebenso auch fur die Gebuhren als Erscheinungsform\nnicht-steuerlicher Abgaben verbindliche Vorgaben begrundet. Diese\nSchutzfunktion wirkt sich auch individualrechtlich fur die Burger aus, indem\nsie den Zugriff auf ihre keineswegs unerschopflichen Ressourcen begrenzt.\n(BVerfG vom 19.03.03 -2 BvL 9/98- Rdn. 48, 50). \n--- \n| 30 \n--- \n| Zu diesen verbindlichen Vorgaben gehort, dass nicht-steuerliche Abgaben\nkompetenzrechtlich jeweils einer besonderen sachlichen Rechtfertigung\ngegenuber der Steuer bedurfen und dies nicht nur fur den Grund, sondern auch\nfur die Hohe der Abgabe gilt. Die finanzverfassungsrechtlichen Kompetenznormen\ndes Grundgesetzes bestimmen nicht nur, welcher Gesetzgeber zum Erlass einer\nRegelung zustandig ist, sondern legen zugleich auch den Umfang der\nRegelungsbefugnis fest und damit auch Grenzen fur alle Abgaben, die in\nWahrnehmung einer zustehenden Sachkompetenz auferlegt werden (BVerfG vom\n19.03.03 -2 BvL 9/98- Rdn. 47, 50). Das Oberlandesgericht Karlsruhe verkennt\ndaher den Inhalt des Urteils des Bundesverfassungsgerichts, wenn es\nargumentiert, dass eine Überschreitung der Gesetzgebungskompetenz schon\ndeshalb nicht vorliege, „weil es sich dabei nicht um ein Landes-, sondern ein\nBundesgesetz" handele, das anzuwenden das Land verpflichtet sei (OLG\nKarlsruhe, Beschluss vom 20.08.2003 -14 Wx 75/02, BWNotZ 2003, 170, 172). \n--- \n| 31 \n--- \n| Fur Gebuhren hat das Bundesverfassungsgericht klar gestellt, dass sie nicht\nallein dem Grunde nach einer besonderen sachlichen Rechtfertigung bedurfen -\nwas durch ihre Ausgleichsfunktion fur eine Gegenleistung gegeben ist -,\nsondern auch in ihrer konkreten Ausgestaltung, nicht zuletzt in ihrer Hohe.\nDie erforderliche besondere sachliche Rechtfertigung gegenuber der Steuer\nwirkt in zweierlei Richtung. Wortlich heißt es dazu: \n--- \n| 32 \n--- \n| „Nicht nur die Erhebung der Gebuhr dem Grunde nach bedarf der\nRechtfertigung; rechtfertigungsbedurftig ist die Gebuhr auch der Hohe nach.\nAuch ihre Bemessung, insbesondere die Hohe des Gebuhrensatzes, bedarf\nkompetenzrechtlich im Verhaltnis zur Steuer einer besonderen,\nunterscheidungskraftigen Legitimation." (BVerfG vom 19.03.03 -2 BvL 9/98- Rdn.\n94 sowie Rdn. 53). \n--- \n| 33 \n--- \n| Die in dieser Hinsicht bestehende verfassungsrechtliche Bindung der\nGebuhrenbemessung wird im Urteil naher konkretisiert. Die Bemessung der Gebuhr\nmuss ihrer Hohe nach durch zulassige Gebuhrenzwecke, die der Gesetzgeber bei\nder tatbestandlichen Ausgestaltung erkennbar verfolgt, gerechtfertigt sein. \n--- \n| 34 \n--- \n| Als solche Gebuhrenzwecke, nach denen sich die Hohe der Gebuhr bestimmen\nkann, werden - die bisherige Rechtsprechung zusammenfassend - Kostendeckung,\nVorteilsausgleich, Verhaltenslenkung und soziale Zwecke benannt. Fur den\nVorteilsausgleich bezieht sich das Urteil, damit den Begriff prazisierend, auf\ndie Entscheidung zum Wasserentnahmeentgelt, in der es um die\nerlaubnisgebundene Eroffnung der Moglichkeit der Wasserentnahme und die\nteilweise Abschopfung des dadurch gewahrten Vorteils ging (BVerfGE 93, 319,\n346 f.). Allerdings kann nicht jeder dieser zulassigen Gebuhrenzwecke beliebig\nzur Rechtfertigung der konkreten Bemessung einer Gebuhr herangezogen werden.\nAuch sind legitime Gebuhrenzwecke nur dann geeignet, einen sachlich\nrechtfertigenden Grund fur die Gebuhrenbemessung abzugeben, wenn und soweit\nsie nach der tatbestandlichen Ausgestaltung der konkreten Gebuhrenregelung von\neiner erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung fur diese Zwecke getragen\nwerden. (BVerfG vom 19.03.03 -2 BvL 9/98- Rdn. 55-61, 63). \n--- \n| 35 \n--- \n| Daraus ergibt sich als Folgerung, dass je nach dem erkennbar verfolgten\nGebuhrenzweck Obergrenzen fur die Gebuhrenbemessung bestehen. Deren\nÜberschreitung nimmt der Gebuhr im Verhaltnis zur Steuer die sachliche\nRechtfertigung und macht sie unzulassig, weil sie insoweit die notwendige\nAbhangigkeit von einer Gegenleistung verliert, daher voraussetzungslos\ngeschuldet wird und in Konkurrenz zur Steuer tritt. In der abschließenden\nBegrundung der Unzulassigkeit der Ruckmeldegebuhr nach § 120 a\nUniversitatsgesetz BW tritt das sehr deutlich hervor. Dort heißt es: \n--- \n| 36 \n--- \n| „Die Bemessung der Ruckmeldegebuhr ... ist folglich ganz uberwiegend weder\nhinsichtlich der speziellen Kosten der Bearbeitung der Ruckmeldung\ngerechtfertigt, noch durch weitere vom Gesetzgeber erkennbar verfolgte\nGebuhrenzwecke. Wesentliche Teile der Gebuhr werden - funktional wie die\nSteuer - voraussetzungslos erhoben. Die fur die Unterscheidung von der Steuer\nunerlassliche Abhangigkeit ... von einer Gegenleistung geht infolge ihrer\nuberhohten Bemessung verloren. Die Ruckmeldegebuhr ... tritt insoweit als\nMittel der staatlichen Einnahmeerzielung in Konkurrenz zur Steuer." (BVerfG\nvom 19.03.03 -2 BvL 9/98- Rdn. 89). \n--- \n| 37 \n--- \n| Demgemaß ist eine Gebuhr, die vom Gebuhrenzweck der Kostendeckung getragen\nwird, nur bis zur Kostendeckung zulassig, eine Gebuhr, die auf\nVorteilsausgleich gerichtet ist, nur bis zum Wert des zugewendeten Vorteils;\neine Lenkungsgebuhr kann von ihrem Zweck her die Kostendeckung uberschreiten,\nmuss aber in ihrer Bemessung dem erstrebten Lenkungszweck angemessen sein. \n--- \n| 38 \n--- \n| Die gerichtliche Kontrolldichte hinsichtlich der\nfinanzverfassungsrechtlichen Rechtfertigungsanforderungen an die\nGebuhrenbemessung ist nach dem Urteil eingeschrankt. Die gesetzgeberische\nGebuhrenbemessung setze ihrerseits komplexe Kalkulation, Bewertungen,\nEinschatzungen und Prognosen voraus. Auch die maßgeblichen Bestimmungsgroßen\nder Gebuhrenbemessung, wie die speziellen Kosten der offentlichen Leistungen,\nder Vorteil der Leistungen fur den Gebuhrenschuldner oder die\nverhaltenslenkende Wirkung einer finanziellen Belastung ließen sich haufig\nnicht im voraus exakt ermitteln und quantifizieren. Der Gesetzgeber sei daher\nzur Erfassung der Vielzahl der Einzelfalle in einem Gesamtbild und zu\ngeneralisierenden, typisierenden und pauschalierenden Regelungen berechtigt.\nEin grobes Missverhaltnis der Gebuhrenbemessung zu den verfolgten legitimen\nGebuhrenzwecken konne allerdings, so das Urteil, nicht hingenommen werden\n(BVerfG vom 19.03.03 -2 BvL 9/98- Rdn. 62). \n--- \n| 39 \n--- \n| Die im Urteil aufgezeigten Zulassigkeitsanforderungen dem Grunde und der\nHohe nach fur nicht-steuerliche Abgaben einschließlich der Gebuhren haben\nkompetenzrechtlichen Charakter, denn sie ergeben sich aus der Begrenzungs- und\nSchutzfunktion der bundesstaatlichen Finanzverfassung. Das hat zur Folge, dass\ndie Nichtbeachtung dieser Anforderungen die entsprechenden Gebuhrenregelungen\nnicht erst materiell rechtswidrig, sondern bereits kompetenzwidrig macht.\nNimmt der Gesetzgeber fur Gebuhrenregelungen, wie es notwendig ist, eine\nSachkompetenz in Anspruch, besteht diese im Hinblick auf die Gebuhrenerhebung\nnur insoweit, als die Anforderungen aus der Begrenzungs- und Schutzfunktion\nder Finanzverfassung nicht beeintrachtigt werden. Werden diese Anforderungen\nmissachtet, ist die Regelung kompetenzwidrig und verstoßt gegen die\nBestimmungen der bundesstaatlichen Finanzverfassung, im Anlassfall Art. 105,\n106 GG; sie ist von Anfang an verfassungswidrig (BVerfG vom 19.03.03 -2 BvL\n9/98- Urteilstenor und Rdn. 40, 91). \n--- \n| 40 \n--- \n| Auf materielle Grundrechtsverletzungen, wie etwa unmittelbare Verstoße gegen\nArt. 2 Abs. 1 (Verhaltnismaßigkeit), Art. 3 Abs. 1 (Belastungsgleichheit)\nkommt es daher nicht mehr entscheidend an. Die Verfassungswidrigkeit besteht\nunabhangig davon, ob zugleich auch ein Grundrecht, insbesondere der\nGleichheitssatz, verletzt ist. Das Urteil hat deshalb diese Fragen dahinstehen\nlassen (BVerfG vom 19.03.03 -2 BvL 9/98- Rdn. 90). \n--- \n| 41 \n--- \n| b) Implementierung der Grundsatze des BVerfG auf Gebuhren staatlicher Notare \n--- \n| 42 \n--- \n| Die Anwendbarkeit der BVerfG-Entscheidung vom 19.3.03 auf die Erhebung der\nNotargebuhren durch beamtete Notare hangt davon ab, ob diese Gebuhren dem\nGebuhrenbegriff, den diese Entscheidung zugrunde legt, unterfallen. \n--- \n| 43 \n--- \n| aa) Die Eigenart der Notargebuhren \n--- \n| 44 \n--- \n| Notargebuhren sind keine Steuern. Steuern im Sinne des Grundgesetzes sind\neinmalige oder laufende Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung fur eine\nbesondere Leistung darstellen und von einem offentlich-rechtlichen Gemeinwesen\nzur Erzielung von Einkunften allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand\nzutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knupft (BVerfGE 49, 343, 353;\n55, 274, 299; 65, 325, 344; BVerwGE 95, 188, 194; vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 AO;\nP. Kirchhof in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, 1990, § 88 Rdn. 53 ff). Die\nGebuhren der Notare nach der Kostenordnung stellen demgegenuber eine\nGegenleistung fur eine besondere notarielle Dienstleistung dar. Sie sind damit\nkeine Steuern, sondern haben Gebuhrencharakter. \n--- \n| 45 \n--- \n| Notargebuhren unterscheiden sich generell deutlich von den Gebuhren fur\nRechtsanwalte und andere Berufe. Rechtsanwaltsgebuhren nach der BRaGO sind\nprivatrechtliche Entgelte fur Dienstleistungen, die Gegenstand\nprivatrechtlicher Vertrage sind. Die Gebuhrenordnung legt Vergutungssatze fur\ndie Anwaltstatigkeit fest; diese konnen bei gerichtlichen Angelegenheiten\nnicht unterschritten, wohl aber durch schriftliche Vereinbarung uberschritten\nwerden (§ 3 Abs. 1 BRaGO), bei außergerichtlichen Angelegenheiten konnen sie\ndurch die Vereinbarung von Pauschal- oder Zeitvergutungen ersetzt werden (§ 3\nAbs. 5 BRaGO). \n--- \n| 46 \n--- \n| Demgegenuber sind Notargebuhren gesetzlich vorgeschriebene Entgelte fur\nAmtshandlungen auf dem Gebiet vorsorgender Rechtspflege, die der Notar als\nunabhangiger Trager eines offentlichen Amtes (§ 1 BNotO) vornimmt und\nvorzunehmen hat (§§ 14 ff. BNotO). Sie sind nicht verhandelbar, sondern so zu\nerheben wie gesetzlich vorgeschrieben (§ 17 BNotO, § 140 KostO),\nentgegenstehende Vereinbarungen sind unwirksam (§ 140 S. 2 KostO). Es sind\nmithin offentlich-rechtlich geregelte amtliche Dienstleistungen, fur die die\nGebuhren anfallen und erhoben werden. \n--- \n| 47 \n--- \n| Im Gegensatz zu den Steuern, die als Gemeinlast allen Steuerburgern\nvoraussetzungslos auferlegt werden konnen (BVerfGE 55, 274, 298; 67, 256, 274\nf; 78, 249, 267; Vogel, Handbuch des Staatsrechts IV, § 87 Rn. 54), stellt die\nGebuhr eine Sonderlast dar, die an besondere Voraussetzungen geknupft ist und\neine tatsachlich individuell erbrachte konkrete Staatsleistung voraussetzt\n(BVerfGE 7, 244, 256; 4, 342, 346; Wilke, Gebuhrenrecht, S. 24 ff; Heimlich,\nDie Verleihungsgebuhr als Umweltabgabe, Berlin 1996, S. 29). Nicht\nentscheidend ist, welche Bezeichnung der Gesetzgeber einer Abgabe verleiht,\nmaßgebend ist vielmehr ihr materieller Gehalt (BVerfGE 7, 244, 251 f; 49, 343,\n353; 55, 274, 304 f). Allerdings kann eine verschleiernde Bezeichnung der\nAbgabe und insbesondere ihres Zwecks wegen des Gebots offener\nparlamentarischer Willensbildung zu ihrer Verfassungswidrigkeit fuhren, wie\ndas Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 19.03.2003 mit den\nWorten festgestellt hat, dass zur „Normenklarheit auch Normenwahrheit" gehort\n(BVerfG vom 19.03.03 -2 BvL 9/98- Rdn. 64): \n--- \n| 48 \n--- \n| „Wahlt der Gesetzgeber einen im Wortlaut eng begrenzten Gebuhrentatbestand,\nkann nicht geltend gemacht werden, er habe auch noch weitere, ungenannte\nGebuhrenzwecke verfolgt", oder zumindest teilweise eine Steuer erheben wollen.\nErhebt der Staat als Gegenleistung fur die Verwaltungsleistung eine Abgabe,\ndie den notigen Bezug zu den Kosten der Verwaltungsleistung oder zu dem durch\nsie vermittelten Vorteil vermissen lasst, so bleibt die Abgabe gleichwohl\nGebuhr und wird nicht zur („verkappten") Steuer (vgl. Kloepfer, AoR 97, 1972,\nS. 232, 251 f; Wilke, Gebuhrenrecht, S. 282 ff; VGH Bad.-Wurtt. ESVGH 49,\n29,32). \n--- \n| 49 \n--- \n| Bei den von den badischen Notaren im Landesdienst erwirtschafteten Gebuhren\nhandelt es sich um Geldleistungen des Burgers an die Staatskasse des Landes\nBaden-Wurttemberg, das auch Glaubiger dieser Gebuhren ist. Gleichzeitig steht\ndieser Gebuhr eine staatliche Leistung, namlich die notarielle Dienstleistung\ndurch den beamteten Notar, gegenuber. Wenn fur den Begriff der Gebuhr als\nkonstituierendes Element eine „konkrete Staatsleistung" zu fordern ist\n(Heimlich, a.a.O. S. 34 mit Nachweisen aus Literatur und Rechtsprechung), so\nist dieses Kriterium also bei den badischen Notaren erfullt. Denn ihre\nDienstleistungen erbringen sie als Beamte, und es fließen die zu erhebenden\nNotargebuhren allein oder ganz uberwiegend der Staatskasse unmittelbar oder in\nWurttemberg uber eine Abfuhrungspflicht der Notare zu (§§ 10 Abs. 1, 12 Abs. 1\ni. V. m. §§ 13 u. 14 LJKG). Die Merkmale einer Gebuhr i. S. der Entscheidung\ndes BVerfG sind damit erfullt. \n--- \n| 50 \n--- \n| Es handelt sich also in diesem Fall um eine offentlich-rechtliche\nGeldleistung, die aus Anlass einer individuell zurechenbaren offentlichen\nLeistung, hier der notariellen Beurkundung oder Beglaubigung bestimmter\nRechtsvorgange, den um diese Leistung Nachsuchenden als Gebuhrenschuldnern\ngesetzlich auferlegt wird und jedenfalls auch dazu bestimmt ist, in Anknupfung\nan diese Leistung deren Kosten zu decken. (BVerfG vom 19.03.03 -2 BvL 9/98-\nRdn. 43). \n--- \n| 51 \n--- \n| Damit sind die verfassungsrechtlichen Bindungen, denen die Erhebung und\nBemessung von Gebuhren nach der Entscheidung des BVerfG unterliegt, auch auf\ndie Notargebuhren der beamteten Notare anwendbar. Es spielt dabei keine Rolle,\nwelcher Gebuhrenart die Notargebuhren des naheren zuzuordnen sind, ob sie sich\neher als Verwaltungsgebuhr, als Benutzungsgebuhr, Vorteilsabschopfungsgebuhr\noder Lenkungsgebuhr darstellen. Denn die verfassungsrechtlichen Bindungen, die\nsich aus der Begrenzungs- und Schutzfunktion der bundesstaatlichen\nFinanzverfassung ergeben, sind, wie das Urteil ausweist, unabhangig von der\nGebuhrenart; sie sind auf alle Abgaben anwendbar, die die Merkmale der Gebuhr,\nwie sie in der Entscheidung definiert sind, erfullen. Die Gebuhrenart hat nur\nAuswirkungen auf die zulassige Art der Gebuhrenbemessung gemaß den\nverschiedenen Gebuhrenzwecken. \n--- \n| 52 \n--- \n| bb) Mogliche Qualifizierung als Sonderabgabe \n--- \n| 53 \n--- \n| Gegen die Qualifizierung der von beamteten Notaren erhobenen Notargebuhren\nals Gebuhren i. S. der Entscheidung des BVerfG kann nicht mit Erfolg\neingewandt werden, sie stellten eine Sonderabgabe dar und unterfielen den\ndafur geltenden Regelungen. \n--- \n| 54 \n--- \n| Die Erhebung einer Abgabe als Sonderabgabe ist wegen ihrer großen\nÄhnlichkeit zur Steuer (BVerfGE 93, 319, 344) nur unter engen Voraussetzungen\nmoglich. Die Abgabe muss zur Verfolgung eines Sachzwecks erhoben werden, der\nuber die bloße staatliche Mittelbeschaffung hinausgeht; sie setzt eine\nspezifische Sachnahe zwischen dem Kreis der Abgabepflichtigen und dem mit der\nAbgabenerhebung verfolgten Zweck voraus, der eine besondere\nGruppenverantwortung fur die mit der Abgabe zu finanzierende Aufgabe\nentspringt; das Abgabeaufkommen muss gruppennutzig, im Interesse der Gruppe\nder Abgabepflichtigen, verwendet werden (BVerfGE 67, 256, 276 f; 82, 159, 180\nf). \n--- \n| 55 \n--- \n| Die Bundesnotarkammer hatte in einem Schreiben an das\nBundesjustizministerium vom 12.08.1998 (Aktenzeichen T X 20 § 26,\nStellungnahme zum Verfahren vor dem EuGH C-56/98 „Modelo"; vgl. Sandweg,\nBWNotZ 2003, 156) darauf hingewiesen, dass sich der EuGH nicht mit dem im\ndeutschen Recht bekannten Begriff der „Sonderabgabe" auseinander setze. Nach\nMeinung der Bundesnotarkammer konne namlich dieser Aspekt bei der Auslegung\nder Richtlinie 69/335/EWG zur Ablehnung ihrer Anwendung fur Notargebuhren\nfuhren, da eine homogene Gruppe, namlich „die Gewerbetreibenden", betroffen\nsei. Eine auf einem Sondervorteil beruhende Abgabe kann jedoch auch im\ndeutschen Recht nur dann verfassungsrechtlich Bestand haben, wenn sie von\neiner Gruppe wegen deren speziellen Verantwortlichkeit fur eine\nFinanzierungsaufgabe gefordert wird. Selbst wenn man unterstellen wollte, dass\ndie Gruppe der Gewerbetreibenden fur die Einrichtung und Unterhaltung der\nNotariate eine besondere Verantwortung zu tragen hatte, fehlen, abgesehen\ndavon, dass das Kostengesetz keinen Hinweis auf diesen Gesichtspunkt enthalt,\nwas erforderlich ware (BVerfG vom 19.03.03 -2 BvL 9/98- Rdn. 90), weitere\nkonstituierende Merkmale einer solchen Abgabe. Das Abgabengesetz musste\nnamlich auch Aussagen uber die Verwendung des Aufkommens treffen und auch eine\n„gestaltende Einflussnahme" auf den in der Kompetenzgrundlage bezeichneten\nSachbereich regeln (Vgl. BVerfGE 67, 256, 257; P. Kirchhof in:\nIsensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Heidelberg 1990, Bd. IV,\nRn. 228). Dies alles findet in der KostO keine Grundlage. \n--- \n| 56 \n--- \n| Im Gegenteil besteht die Regierung des Landes Baden-Wurttemberg auf der\nVerwendung der aus den Notariaten erzielten Einnahmen im allgemeinen\nStaatshaushalt ohne spezielle „gestaltende Einflussnahmen". So teilte das\nJustizministerium in einem Schreiben vom 16. Juni 1997 (Az.: 3830 - II/260) an\nden Vorsitzenden des Badischen Notarvereins e. V. folgendes mit (Sandweg,\nBWNotZ 2003, 156): \n--- \n| 57 \n--- \n| „Ihren Hinweis zur Verwendung der Notariatsgebuhren mit Schreiben vom 31.\nMai 1997 hat Herr Minister Professor Dr. Goll zur Kenntnis genommen. Ihre\nschon mehrfach vertretene Auffassung, die Gebuhreneinnahmen aus den Notariaten\nund Grundbuchamtern durften von Verfassungs wegen nur fur Zwecke dieser\nBehorden verwendet werden, vermogen wir nicht zu teilen. Einen solchen\nverfassungsrechtlichen Grundsatz gibt es nicht. Es gilt vielmehr - auch im\nBereich der Gebuhreneinnahmen aus dem Notariat - der Grundsatz der\nGesamtdeckung, d.h. alle staatlichen Einnahmen, die in die Staatskasse\nfließen, dienen nach Maßgabe des Haushaltsplans der Finanzierung aller\nstaatlichen Aufgaben." (Unterstreichung befindet sich im Original.) \n--- \n| 58 \n--- \n| Keine der Voraussetzungen fur die Annahme einer Sonderabgabe ist bei den\nNotargebuhren also erfullt: Es fehlt an dem besonderen Sachzweck uber die\nMittelbeschaffung hinaus ebenso wie an einer spezifischen Sachnahe und\nGruppenverantwortung der Gebuhrenschuldner untereinander und eine auf die\nGebuhrenschuldner bezogenen gruppennutzigen Verwendung der Gebuhren.\nUnabhangig davon gelten die Anforderungen aus der Begrenzungs- und\nSchutzfunktion der bundesstaatlichen Finanzverfassung fur Sonderabgaben\ngenauso wie fur Gebuhren, ja sie sind gerade im Blick auf die Sonderabgaben\nzuerst entwickelt worden. \n--- \n| 59 \n--- \n| cc) Auswirkungen der Anwendbarkeit der Entscheidung des BVerfG auf die\nBemessung der Notargebuhren beamteter Notare \n--- \n| 60 \n--- \n| Sind die Grundsatze der BVerfG-Entscheidung vom 19.03.2003 -2 BvL 9/98-\nmithin auf die Notargebuhren beamteter Notare anwendbar, ist nach der\nAuswirkung auf die Bemessung dieser Notargebuhren zu fragen. \n--- \n| 61 \n--- \n| Die Notargebuhren, wie sie von den beamteten Notaren in Baden-Wurttemberg\nerhoben werden, decken nicht nur die Kosten der Einrichtung der Notariate und\nder Besoldung der Notare und ihrer Unterstutzungskrafte, sondern sie bringen\ndaruber hinaus dem Land einen nicht unbetrachtlichen Einnahmeuberschuss. \n--- \n| 62 \n--- \n| Der Rechnungshof Baden-Wurttemberg stellte in seiner beratenden Äußerung\nnach § 88 Abs. 2 LHO vom Mai 2000 (Landtag Ba-Wu., Drs. 12/5154) fur das Jahr\n1998 einen Überschuss aus der notariellen Tatigkeit der Amtsnotariate von 176\nMio. DM fest, der sich jeweils zu 88 Mio. DM auf das badische und\nwurttembergische Rechtsgebiet verteilt. \n--- \n| 63 \n--- \n| Besonders deutlich kommt die Gewinnerzielungsabsicht in politischen\nÄußerungen zu der im Jahr 2003 geplanten und gescheiterten Notariatsreform zum\nAusdruck. Beispielhaft dafur, dass die Landesregierung wegen der\nEinnahmeuberschusse eine Privatisierung des Notarwesens in Baden ablehnte, ist\naus dem Staatsanzeiger des Landes Baden-Wurttemberg Nr. 48 vom 08.12.2003 zu\nzitieren: Die Privatisierung der Notariate wird „derzeit zuruckgestellt", da\nsonst Einnahmeausfalle von mindestens 30 Millionen Euro pro Jahr drohen. \n--- \n| 64 \n--- \n| Der Gewinn des Landesfiskus kann somit nicht als unbeabsichtigte Nebenfolge\neiner nur auf Kostendeckung abzielenden Gebuhrenbemessung betrachtet werden.\nEr ubersteigt die Kosten der von den Notaren im Landesdienst erbrachten\nLeistungen um ca. 100 % (siehe Rechnungshof Baden-Wurttemberg, a.a.O., S. 1 u.\n85). Lediglich als unbeabsichtigte Nebenfolge ist es aber zu tolerieren, wenn\nÜberschusse entstehen. Sie durfen in keinem Fall gezielt herbeigefuhrt werden\n(F. Kirchhof, Grundriß des Abgabenrechts, Heidelberg 1991, Rn. 181;\nKloepfer/Follmann, DÖV 1988, 583; Meyer, Gebuhren fur die Nutzung von\nUmweltressourcen, Berlin 1995, S. 165, 212, Heimlich a.a.O. S. 209 f; Arndt,\nWiVerw 1990, 34; Murswiek, Die Entlastung der Innenstadte vom\nIndividualverkehr, Bd. 1, Baden-Baden 1993, S. 55). \n--- \n| 65 \n--- \n| Eine solche Gebuhrenbemessung entbehrt im Hinblick auf alle zulassigen\nGebuhrenzwecke der erforderlichen sachlichen Rechtfertigung. Fur den\nGebuhrenzweck der Kostendeckung ist das evident. Wird auf einen\nVorteilsausgleich abgestellt, so liegt kein uber die - vorgeschriebene -\nBeurkundungsleistung hinausgehender besonderer Vorteil vor, wie etwa bei der\nErlaubnis von Wasserentnahmen, der ganz oder teilweise abgeschopft werden\nkonnte. \n--- \n| 66 \n--- \n| Denn unter Vorteilsausgleich versteht das Bundesverfassungsgericht die\nAbschopfung von Vorteilen, die im Rahmen einer offentlich-rechtlichen\nNutzungsregelung dem Gebuhrenschuldner gewahrt wurden. Auf diese Weise soll\nein Sondervorteil abgeschopft werden, der fur den Einzelnen durch die Teilhabe\nan einem Gut der Allgemeinheit entstanden ist, den andere nicht oder nicht im\ngleichen Umfang nutzen durfen (BVerfGE 93, 319 „Wasserentnahme"). Das\nWasserentnahmeentgelt wird so sachlich legitimiert. Die Nutzung der\nEinrichtungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit steht demgegenuber jedermann\noffen und auch im Nachhinein vermittelt deren Inanspruchnahme kein\nDauerrechtsverhaltnis (vgl. hierzu BVerfG vom 19.03.2003 - 2 BvL 9/98 - 78 ff\n„Student an einer Hochschule"), das dem Klienten des Notars Sondervorteile\nvermitteln konnte, die der Berechtigung zur Nutzung der\nUniversitatseinrichtungen oder des Grundwassers zur gewerblichen Entnahme\nvergleichbar waren. \n--- \n| 67 \n--- \n| Wenn in der Literatur im Zusammenhang der Gebuhrendiskussion der\nVorteilsbegriff nicht einheitlich gebraucht wird, so hat dies auf das Ergebnis\nfur die hier untersuchten staatlichen Notargebuhren keinen Einfluss. Zuweilen\nwird schon der Aufwand fur die behordliche Leistung selbst als\nVorteilszuwendung aufgefasst, die eine Kostenverantwortlichkeit des\nZuwendungsempfangers begrundet (vgl. Paul Kirchhof, Staatliche Einnahmen,\nHDStR IV, § 88 Rdn. 196, 198). Dann konnen Verwaltungsgebuhren als\nVorteilsausgleich angesehen und danach bemessen werden. Vergleichbares gilt\nbei der Benutzung einer offentlichen Einrichtung, wie etwa eines\nKindergartens. In diesen Fallen handelt es sich um einen Ausgleich von\nAufwendungen der staatlichen Einrichtung, die im vorliegenden Fall jedoch weit\nuberschritten und unabhangig von der staatlichen Leistung bemessen werden, so\ndass auch unter diesem Aspekt eine abweichende Beurteilung nicht indiziert\nist. Davon zu unterscheiden sind Vorteile, die durch die Eroffnung besonderer\nNutzungsmoglichkeiten entstehen, die bestimmte Personen im Unterschied zu\nanderen besonders begunstigen, wie bei Erteilung gewerblicher Konzessionen\noder der Erlaubnis von Wasserentnahmen. Hier bedeutet Vorteilsabschopfung den\nvollen oder teilweisen Ausgleich des wirtschaftlichen Vorteils, den der\nBegunstigte erhalten hat, was - wie oben dargelegt - ebenfalls ausscheidet. \n--- \n| 68 \n--- \n| Lenkungszwecke, um die Rechtsuchenden zu motivieren, von\nbeurkundungspflichtigen Rechtsgeschaften abzusehen, kommen nicht in Betracht. \n--- \n| 69 \n--- \n| Hinzu kommt, dass nach der tatbestandlichen Ausgestaltung der Kostenordnung\nerkennbar nur der Gebuhrenzweck der Kostendeckung von einer gesetzgeberischen\nEntscheidung getragen ist und somit andere Gebuhrenzwecke ohnehin die\nGebuhrenbemessung nach der Kostenordnung nicht rechtfertigen konnen (BVerfG\nvom 19.03.03 -2 BvL 9/98- Rdn. 63). \n--- \n| 70 \n--- \n| Es bleibt daher dabei, dass die Notargebuhren bei beamteten Notaren in\nerheblichem Umfang ohne Bezug auf eine Gegenleistung und damit\nvoraussetzungslos erhoben werden, der Einnahmebeschaffung des Landes dienen\nund so in Konkurrenz zur Steuer treten. Die Gebuhrenbemessung ist insoweit mit\nder Begrenzungs- und Schutzfunktion der bundesstaatlichen Finanzverfassung\nunvereinbar und verfassungswidrig. \n--- \n| 71 \n--- \n| (2) Hiergegen kann nicht erfolgreich eingewendet werden, dass die Bemessung\nder Notargebuhren auf Bundesrecht, namlich den Regelungen der Kostenordnung\nberuhe, das Land daher die Einnahmeuberschusse, die bei ihm anfallen, nicht\nselbst veranlasst habe und deshalb dafur auch nicht verantwortlich sei. Ein\nsolches Auseinanderfallen von Gebuhrengesetzgeber und Gebuhrenbegunstigtem ist\nunbeachtlich. Die Begrenzungs- und Schutzfunktion der bundesstaatlichen\nFinanzverfassung trifft Bund und Lander gleichermaßen und gesamthaft, denn\n„die Regelung des X. Abschnitts des Grundgesetzes muss aus zwingenden\nbundesstaatsrechtlichen Grunden als eine fur Bund und Lander abschließende\nRegelung verstanden werden." (siehe dazu BVerfGE 67, 256, 285 f). \n--- \n| 72 \n--- \n| Die Begrenzungs- und Schutzfunktion gilt in ihrer kompetenzbegrenzenden\nWirkung unabhangig davon, ob die unzulassige Konkurrenz zur Steuer durch\nvoraussetzungslose Erhebung der Gebuhr bei dem Hoheitstrager auftritt, der\nselbst Gebuhrengesetzgeber ist, oder bei einem anderen Hoheitstrager. Dies\nergibt sich auch aus der von der Rechtsprechung mehrfach hervorgehobenen\nindividualrechtlichen Schutzwirkung der bundesstaatlichen Finanzverfassung\n(siehe BVerfGE 55, 274, 302; 67, 256, 278; 82, 159, 180 f). \n--- \n| 73 \n--- \n| Auch wenn eine Gebuhrenregelung, wie die der Kostenordnung, nicht fur ihren\ngesamten Geltungsbereich, sondern nur in einem bestimmten Land wegen der dort\nbestehenden besonderen Einrichtungen den Charakter einer funktionellen Steuer\nannimmt, hindert das nicht, dass sie insoweit, d. h. fur diesen Bereich, wegen\nVerstoßes gegen die bundesstaatliche Finanzverfassung unzulassig ist. \n--- \n| 74 \n--- \n| Ein weiterer Einwand kann lauten, durch die partielle Unanwendbarkeit der\nKostenordnung auf die Tatigkeit beamteter Notare aufgrund der Richtlinie\n69/335/EWG (vgl. EuGH Beschluss vom 21.03.2002 -C 264/00- „Grunderzentrum\nMullheim"; ZIP 2002, 663; BWNotZ 2002, 86) werde eine Ungleichbehandlung\ngleicher Rechtsvorgange herbeigefuhrt, was dem Gleichheitssatz widerspreche\n(so OLG Karlsruhe Beschluss vom 20.08.2003 -14 Wx 75/02-; BWNotZ 2003, 170).\nEine solche Ungleichbehandlung findet tatsachlich statt, denn uberall wo keine\nbeamteten, sondern freiberufliche Notare tatig sind, fallen weiterhin die\nerheblich hoheren Gebuhren der Kostenordnung an (OLG Hamm, Beschluss vom\n07.05.2002 -15 W 282/01- Internet: www.maklerrecht-advocat24.de). \n--- \n| 75 \n--- \n| Wenn es an einem rechtfertigenden Grund fur diese Ungleichbehandlung, wie er\nbei den gesellschaftsrechtlichen Rechtsvorgangen i. S. der europaischen\nRichtlinie 69/335/EWG durch die Zwecksetzung eben dieser Richtlinie gegeben\nist, fehlt, so wird dadurch die verfassungsrechtliche Unvereinbarkeit der\nAnwendung der Kostenordnung auf die Notargebuhren der beamteten Notare nicht,\netwa im Sinne einer Gegenwirkung, aufgehoben. Wie bereits dargelegt, ist eine\nGebuhrenregelung, soweit sie gegen die Begrenzungs- und Schutzfunktion der\nbundesstaatlichen Finanzverfassung verstoßt, nicht erst materiell\nrechtswidrig, sondern bereits kompetenzwidrig; es fehlt schon die Befugnis,\neine solche Regelung zu treffen. \n--- \n| 76 \n--- \n| Umgekehrt bringt eine ungleiche Gebuhrenbelastung, die durch den Wegfall\neiner solchen Regelung hervorgerufen wird, die Regelungsbefugnis nicht wieder\nhervor. Dies ware ein Widerspruch in sich. Entsteht aus der ungleichen\nGebuhrenbelastung eine Gleichheitsverletzung i. S. von Art. 3 Abs. 1 GG, so\nist diese an anderer Stelle zu beseitigen als durch ein seinerseits\nverfassungswidriges Wiederaufleben einer unzulassigen Gebuhrenbemessung. Bei\nGleichheitsverletzungen sind stets mehrere Wege moglich, um diese Verletzung\nauszuraumen. Daher kann dem OLG Karlsruhe nicht gefolgt werden, wenn es davon\nausgeht, dass die den Aufwand ubersteigenden Gebuhreneinnahmen des Landes aus\nder Beurkundungstatigkeit seiner Amtsnotare deshalb hinzunehmen seien, weil\nsie nur der Reflex des grundgesetzlich gebilligten Nebeneinanders\nfreiberuflicher und staatlicher Notariate und der von Art. 3 Abs. 1 GG\ngeforderten einheitlichen Gebuhrenbemessung seien, die die\nbetriebswirtschaftlichen Belange der Anwalts- und Nur-Notare berucksichtigen\nmusse (OLG Karlsruhe Beschluss vom 20.08.2003 -14 Wx 75/02-; BWNotZ 2003, 170,\n172). \n--- \n| 77 \n--- \n| (3) Auch unter dem Gesichtspunkt des „Vorteilsausgleichs" ist die Hohe der\nNotargebuhren bei Notaren im Dienst des Landes Baden-Wurttemberg nicht zu\nrechtfertigen. \n--- \n| 78 \n--- \n| Bei einem Vorteilsausgleich bzw. einer Vorteilsabschopfung muss zunachst\ngeklart werden, worin der Vorteil, um dessen Ausgleich oder Abschopfung es\ngeht, besteht. Der Vorteilsbegriff ist mehrdeutig und wird in verschiedenen\nZusammenhangen unterschiedlich gebraucht. Bei Beurkundungs- und vergleichbaren\nLeistungen der Notare liegt der „Vorteil" darin, dass die betreffenden\nRechtsvorgange dadurch eine Verlasslichkeit, vielfach auch erst ihre\nrechtliche Gultigkeit erhalten. Man kann diesen Vorteil, wenn man will, in\nParallele zu dem Vorteil setzen, der durch eine staatliche Einrichtung, etwa\neinen Kindergarten, dem Benutzer dieser Einrichtung zugewendet wird: Es wird\ndie Einrichtung und Funktion des Notars benutzt, um fur bestimmte\nRechtsvorgange den „Vorteil" der Verlasslichkeit oder Rechtswirksamkeit zu\nerlangen. Im einen wie im anderen Fall liegt der Vorteil allein in der Nutzung\neiner staatlichen Einrichtung, er geht nicht daruber hinaus. Es werden dadurch\nnicht etwa weitere Nutzungs- oder Erwerbsmoglichkeiten, wie bei gewerblichen\nKonzessionen oder den Wasserentnahmeerlaubnissen, eroffnet, die wirtschaftlich\nausnutzbare Vorteile begrunden, die nicht allgemein zuganglich sind. \n--- \n| 79 \n--- \n| Ein Ausgleich der zugewandten Vorteile kann sich so nur auf die\nstaatlicherseits dafur gemachten Aufwendungen beziehen, daruber hinaus gibt es\nnichts „abzuschopfen". Insbesondere lasst sich nicht die nach der\nKostenordnung gemaß dem Geschaftswert bemessene Gebuhr (§§ 32, 36 Abs. 2\nKostO) ihrerseits als zugewandter Vorteil qualifizieren, der abschopfbar ist\n(so LG Freiburg v. 30.10.03 - Az. 4T221/03, II, 1 b Umdr. S. 4). Letztlich\nsind die Gebuhren fur notarielle Dienstleistungen mit einer\n„Ressourcennutzungsgebuhr" (Murswiek, NuR 1994, 170 ff), wie sie der\n„Wasserpfennig" darstellt, nicht vergleichbar. \n--- \n| 80 \n--- \n| Hier wird das gebuhrenmaßige Ergebnis, das sich vom erlangten und\nauszugleichenden Vorteil her bestimmen soll, fur den Vorteil selbst und damit\nals Grund des Ergebnisses genommen - eine typische petitio principii. Nicht\ndie Gebuhr bestimmt den Wert des Vorteils, sondern der Wert des Vorteils die\nGebuhr. Der Vorteil liegt aber nicht im Geschaftswert des beurkundeten\nRechtsvorgangs, sondern in der durch die Beurkundung erlangten Verlasslichkeit\noder Rechtsgultigkeit. \n--- \n| 81 \n--- \n| Auch soziale Zwecke konnen eine generelle Überhohung der Gebuhren nicht\nrechtfertigen, denn Abstufungen der Gebuhrenbelastung nach Leistungsfahigkeit\nsind nur „unterhalb einer kostenorientierten Obergrenze des Gebuhrensatzes"\nzulassig (BVerfG vom 19.03.03 -2 BvL 9/98- Rdn. 61). \n--- \n| 82 \n--- \n| Als zulassiger Gebuhrenzweck fur die Bemessung der Gebuhren staatlicher\nNotare kommt mithin allein die Kostendeckung in Betracht. \n--- \n| 83 \n--- \n| Das Kostendeckungsprinzip zielt darauf ab, dass sich die Hohe der Gebuhr\nnach dem Aufwand fur die erbrachte Leistung richtet. Der Geschaftswert, der\ndurch § 18 KostO zum Maßstab gemacht wird, steht jedoch in keinem Zusammenhang\nzu dem tatsachlich entstehenden Aufwand, der durch die notarielle\nDienstleistung verursacht wird, und die in Baden-Wurttemberg im staatlichen\nNotariat erzielte erhebliche Kostenuberdeckung, kann als ein Indiz dafur\ngewertet werden, dass dort die Gebuhren eine bloße Kostendeckung in Wahrheit\nnicht bezwecken (vgl. VGH Bad.-Wurtt. ESVGH 49, 29, 34 m. w. Nachw.). \n--- \n| 84 \n--- \n| Die Entscheidung des BVerfG zur Ruckmeldegebuhr von Studenten fuhrt in ihren\nAuswirkungen, wie dargelegt, dazu, dass die Erhebung von Notargebuhren durch\nbeamtete Notare gemaß der Kostenordnung mit der Verfassung unvereinbar ist;\nsie verschafft dem Land in erheblichem Umfang finanzielle Einnahmen uber die\nKostendeckung hinaus und verstoßt damit kompetenzrechtlich gegen die\nBegrenzungs- und Schutzfunktion der bundesstaatlichen Finanzverfassung. \n--- \n| 85 \n--- \n| Das Amtsgericht ist demgemaß der Überzeugung, dass die Regelung in § 140\nKostO insoweit wegen Verletzung der Bestimmungen der bundesstaatlichen\nFinanzverfassung (Art. 70 Abs. 1, 105, 106 GG) kompetenzwidrig und daher von\nAnfang an verfassungswidrig ist, als sie es den staatlichen Notaren gebietet,\nGebuhren fur ihre Tatigkeit nach den Bestimmungen der Kostenordnung zu\nerheben. \n--- \n| 86 \n--- \n| 3\\. Begrundung der Vorlage aus einer Verletzung der Grundrechte \n--- \n| 87 \n--- \n| Das Gebot aus § 140 KostO fur die Notare im Dienst des Landes Baden-\nWurttemberg verletzt auch die Grundrechte des Erinnerungsfuhrers aus Art. 2\nAbs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 S. 1 GG. \n--- \n| 88 \n--- \n| a) Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG \n--- \n| 89 \n--- \n| Art. 2 Abs. 1 GG schutzt mit der allgemeinen Handlungsfreiheit auch den\nAnspruch, durch die Staatsgewalt nicht mit einem finanziellen Nachteil\nbelastet zu werden, der nicht formell und materiell mit den Normen der\nVerfassung in Einklang steht (BVerfGE 80, 137, 152f; 97, 332, 340f, stand.\nRspr.). \n--- \n| 90 \n--- \n| Wie oben dargelegt, ist die Regelung der Notargebuhren innerhalb des\nstaatlich organisierten Notariats des Landes Baden-Wurttemberg nicht\nBestandteil der verfassungsmaßigen Ordnung. Das ergibt sich in\nformellrechtlicher Hinsicht schon daraus, dass der Bundesgesetzgeber die\nGrenzen seiner Kompetenz zur Regelung der Gebuhren staatlicher Notare\nuberschritten hat. Hinzu kommt in materiellrechtlicher Hinsicht, dass die\nBemessung der Notargebuhren bei Notaren im Landesdienst den Grundsatz der\nVerhaltnismaßigkeit in der Auspragung verletzt, die er fur das Gebuhrenrecht\nim Äquivalenzprinzip gefunden hat (vgl. BVerfGE 20, 257, 269 f; 83, 363, 392). \n--- \n| 91 \n--- \n| Der Grundsatz der Verhaltnismaßigkeit gebietet in seiner gebuhrenrechtlichen\nAusgestaltung als Äquivalenzprinzip, dass eine Gebuhrenregelung, gemessen an\nihrer jeweiligen Zwecksetzung, geeignet, erforderlich und im engeren Sinne\nverhaltnismaßig sein muss; in der letzteren Hinsicht darf der mit der\nGebuhrenregelung verfolgte Zweck nicht außer Verhaltnis zu der dem Burger\nauferlegten Gebuhr stehen (BVerfGE 80, 103, 107; vgl. zum Europarecht BVerwGE\n87, 154, 166f). In die Verhaltnismaßigkeitsprufung sind zwar alle mit der\nGebuhrenregelung verfolgten Zwecke als Abwagungsfaktoren einzubeziehen,\nausscheiden mussen jedoch verfassungsrechtlich unzulassige Zwecke (BVerfGE 50,\n217, 227; 85, 337, 346). \n--- \n| 92 \n--- \n| Gegen diese Grundsatze verstoßt die Regelung der Kostenordnung fur die\nstaatlichen Notare bereits deshalb, weil sie keinen verfassungsrechtlich\nzulassigen Zweck verfolgt. Wie oben dargelegt, dienen die Gebuhreneinnahmen im\nstaatlichen Notariat nicht der Deckung des durch die notarielle Dienstleistung\nverursachten Verwaltungsaufwands und auch nicht als „lenkende Gebuhr"\nzulassigen anderen sachlichen Zwecken, sondern ausschließlich der\nEinnahmeerzielung zu Gunsten des Landesfiskus. \n--- \n| 93 \n--- \n| Das Äquivalenzprinzip besagt weiter, dass die Gebuhren nach ihrer Hohe nicht\nin einem Missverhaltnis zu dem Wert stehen durfen, den die von der\noffentlichen Gewalt im Einzelfall gebotene Leistung fur den\nGebuhrenpflichtigen hat (BVerfGE 20, 257, 270; 83, 363, 392; 85, 337, 347;\nBVerwGE 26, 305, 308, 309f; 80, 36, 39). Hierbei kommt es auf den Nutzen fur\nden Rechtsuchenden im Einzelfall an. \n--- \n| 94 \n--- \n| Auch insofern verstoßt die Kostenordnung bei staatlichen Notaren gegen die\nVerfassung. Zweck der notariellen Dienstleistungen ist die Gewahrung von\nrechtlicher Beratung und Erstellung einer der Rechtssicherheit dienenden\nUrkunde. Hierdurch wird der Rechtsuchende in seinen Interessen begunstigt,\njedoch ist das hierfur gewahrte Äquivalent im Staatsnotariat unangemessen\nhoch. Fur den Kosten-Nutzen-Vergleich mussen diejenigen Vorteile außer\nBetracht bleiben, die dem Rechtsuchenden nicht von dem die Dienstleistung\nerbringenden Land Baden-Wurttemberg, sondern von Dritten zugewendet werden,\nselbst wenn diese Zuwendungen mit Blick auf die durch die notarielle\nBeurkundung erreichten Rechtsstatus erfolgen sollten (vgl. BVerfGE 93, 319,\n344; VGH Bad.-Wurtt. ESVGH 49, 43). \n--- \n| 95 \n--- \n| Diese grundsatzliche Frage kann hier jedoch letztlich offen bleiben, da\nweder im Gesetzgebungsverfahren bei Erstellung der Kostenordnung noch im\nGesetz selbst zum Ausdruck kommt, dass ein solcher Gebuhrenzweck verfolgt wird\n(vgl. hierzu BVerfG vom 19.03.2003 - 2 BvL 9/98 - Rdn. 87). Auch der Vorteil,\ngenerell das staatliche Notariat als eine Einrichtung der durch den Staat\ngewahrten freiwilligen Gerichtsbarkeit nutzen zu durfen, scheidet als\nGebuhrenbemessungsfaktor aus, da die Gebuhren der Kostenordnung nicht als\nBenutzungsgebuhren ausgestaltet sind. \n--- \n| 96 \n--- \n| Damit bleibt als moglicher Nutzen des Rechtsuchenden allein dasjenige, was\ndie spezielle notarielle Dienstleistung ausmacht, namlich Verlasslichkeit und\nrechtliche Gultigkeit von Rechtsvorgangen. Es werden nicht weitere Nutzungs-\noder Erwerbsmoglichkeiten, wie bei der Wasserentnahmeerlaubnis, eroffnet, die\nnicht bereits allgemein zuganglich sind. Somit kann nur die Kostendeckung\nGebuhrenzweck und Maßstab fur ihre Bemessung sein. Die erhebliche\nÜberschreitung dieses Maßstabs verletzt somit das durch Art. 2 Abs. 1 GG\ngewahrleistete Äquivalenzprinzip. \n--- \n| 97 \n--- \n| Hiergegen kann nicht eingewendet werden, dass die gleiche Gebuhrenlast\ndenjenigen trifft, der die Dienste eines freiberuflichen Notars in Anspruch\nnimmt, denn die Dienstleistungen der freiberuflichen Notare und damit deren\nfinanziellen Aufwendungen fur die Ausstattung und Organisation ihrer Buros\nsind wesentlich umfangreicher als dies bei den in Baden-Wurttemberg tatigen\nstaatlichen Notaren der Fall ist. Wegen deren sparlicher personellen und\nsachlichen Ausstattung konnen von den Notaren im Dienst des Landes Baden-\nWurttemberg viele Dienstleistungen nicht erbracht werden, die im freiberuflich\norganisierten Notariat dem Standard entsprechen (vgl. Sandweg, BWNotZ 1997,\n3ff; Hertel, Vertragspraxis nach neuem Schuldrecht, Munchen 2003, S. 55) und\nsomit als Leistungsaquivalent fur die Gebuhrenbemessung nicht zur Verfugung\nstehen (Sandweg, BWNotZ 2003, 153, 157). \n--- \n| 98 \n--- \n| b) Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG \n--- \n| 99 \n--- \n| Die Erhebung von Gebuhren nach der Kostenordnung durch staatliche Notare\nverletzt auch den Grundsatz der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen und\nden Grundsatz der verhaltnismaßigen Gleichheit unter den Gebuhrenschuldnern.\nSie ist auch insofern mit dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG\nunvereinbar. \n--- \n| 100 \n--- \n| aa) Ungleichheit im Verhaltnis zu allen abgabepflichtigen Burgern \n--- \n| 101 \n--- \n| Dem Kostendeckungsprinzip kommt nach uberwiegender Meinung grundsatzlich als\nsolchem kein Verfassungsrang zu (BVerwGE 12, 162, 167f; Buchholz 40I.84\nBenutzungsgebuhren Nr. 25, S 5; offen gelassen von BVerfGE 20, 257, 270; 34,\n52, 61; VGH Bad.-Wurtt. ESVGH 49, 40). Unabhangig hiervon folgt jedoch aus dem\nallgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG der Grundsatz der\nBelastungsgleichheit aller Abgabepflichtigen (BVerfG vom 19.03.03 -2 BvL 9/98-\nRdn. 51; vgl. Weyreuther, UPR 1997, 261). Auszugehen ist davon, dass die\nAbgabepflichtigen bereits uber die Steuer zu den offentlichen Lasten\nherangezogen werden. Daher bedarf die zusatzliche Heranziehung zu besonderen\nAbgaben - uber die Steuer hinaus - der besonderen sachlichen Rechtfertigung.\nDiese ist mithin nicht nur unter kompetenzrechtlichen Gesichtpunkten gefordert\n(vgl. oben D II 2.), sondern fließt auch aus den materiellen Grundrechten des\nAbgabepflichtigen (VGH Bad.-Wurtt. ESVGH 49, 40). \n--- \n| 102 \n--- \n| In diesem Zusammenhang verlangt die Rechtsprechung des\nBundesverfassungsgerichts, dass Gebuhren nicht vollig unabhangig von den\nKosten der gebuhrenpflichtigen Staatsleistung festgesetzt werden durfen und\ndass die Verknupfung zwischen den Kosten der Staatsleistung und den dafur\nauferlegten Gebuhren sich als sachgerecht erweisen muss (BVerfGE 50, 217, 227;\n85, 337, 346; VGH Bad.-Wurtt. ESVGH 49, 40). Der Gebuhrenmaßstab ist demgemaß\nwillkurlich, wenn er sich allzu weit von der Kostenbezogenheit der Gebuhr\nentfernt (BVerfGE 50, 217, 228; VGH Bad.-Wurtt. ESVGH 49, 40). \n--- \n| 103 \n--- \n| Die Gebuhren der staatlich angestellten Notare des Landes Baden-Wurttemberg,\ndie nach der Kostenordnung erhoben werden, verstoßen unter diesem\nGesichtspunkt gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Es wurde (oben D I) dargelegt, dass der\nVerwaltungsaufwand, den das Land Baden-Wurttemberg fur die Notariate im OLG-\nBezirk Karlsruhe (badisches Rechtsgebiet) erbringt, generell nur 40% des\nGebuhrenaufkommens verbraucht. In Einzelfallen kann die Notargebuhr wegen\nihrer Orientierung am Geschaftswert den tatsachlichen Aufwand um ein noch\nwesentlich hoheres Vielfaches ubersteigen. Damit ist ein Bezug zu den\ntatsachlichen Kosten generell und im Einzelfall nicht mehr gegeben. Der\nRechtsuchende erbringt also in Baden-Wurttemberg bei der Inanspruchnahme\nnotarieller Dienstleistungen der staatlichen Notare eine uber seine allgemeine\nSteuerlast hinausgehende Abgabe. Fur die damit verbundene Ungleichbehandlung\nfindet sich kein sachlicher Grund. Der alleinige Zweck der Einnahmeerzielung\ndurch das Land stellt einen solchen sachlichen Grund nicht dar (vgl. VGH\nBad.-Wurtt. ESVGH 49, 40). \n--- \n| 104 \n--- \n| bb) Verhaltnismaßige Ungleichheit unter den Schuldnern von Notargebuhren \n--- \n| 105 \n--- \n| Aus dem Gleichheitsgrundsatz folgt auch, dass bei gleichartig beschaffenen\nLeistungen, die rechnerisch und finanziell in Leistungseinheiten erfasst\nwerden konnen, die Gebuhrenmaßstabe und Gebuhrensatze so zu wahlen und zu\nstaffeln sind, dass sie unterschiedlichen Ausmaßen in der erbrachten Leistung\nRechnung tragen, damit die verhaltnismaßige Gleichheit unter den\nGebuhrenschuldnern gewahrt bleibt (BVerfGE 50, 217, 227; vergl. BVerwGE 80,\n36, 41f; VGH Bad.-Wurtt. ESVGH 49, 41). Insoweit gebietet der allgemeine\nGleichheitssatz unter dem Gesichtpunkt der Verteilungsgerechtigkeit, die\nGebuhrenpflichtigen gleich oder wenn sachliche Grunde vorliegen,\nunterschiedlich stark zu belasten (vgl. BVerwGE 95, 188, 203; Bad.-Wurtt.\nESVGH 49, 41; BVerfG - Vorprufungsausschuss - NJW 1984, 1871;\nKorintenberg/Lappe, KostO § 79 Rdn. 1a; Blumenwitz, NJW 1989, 621; E.\nKlein/Schmahl, Anm. zu EuGH, WuB II N. 1999, 248; Mathias, JurBuro 1998, 566;\nLappe, NJW 2000, 1148). Dabei darf der Gesetzgeber aus Grunden der\nPraktikabilitat und Wirtschaftlichkeit - und damit aus Grunden der\nVerwaltungsvereinfachung - typisieren und vergrobern (vgl. BVerfGE 50, 217,\n227; VGH Bad.-Wurtt. ESVGH 49, 41 m. w. Nachw.). \n--- \n| 106 \n--- \n| Der Europaische Gerichtshof hat mit Urteil vom 29.09.1999 (Modelo I,\nC-56/98) zur Auslegung der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969\nin der durch die Richtlinie 85/303/EWG des Rates vom 10. Juni 1985 geanderten\nFassung entschieden, dass Gebuhrensysteme fur die Beurkundungen staatlicher\nNotare in gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten an den dafur tatsachlich\ngetatigten Aufwendungen zu orientieren seien. Anderenfalls wurden sie\nverdeckte indirekte Steuern auf Kapitalansammlungen darstellen und damit gegen\nGemeinschaftsrecht verstoßen. Das Modelo-Urteil ist in der Folge durch den\nBeschluss des EuGH vom 21.03.2002 („Grunderzentrum Mullheim" C-264/00, ZIP\n2002, S. 663ff) auch fur das Notariat im badischen Rechtsbereich bestatigt\nworden. \n--- \n| 107 \n--- \n| Damit ist fur das notarielle Gebuhrenrecht festgestellt, dass eine Abgabe,\ndie durch die im Rahmen eines gesellschaftsrechtlichen Vorgangs zwingend\nvorgeschriebene Inanspruchnahme einer notariellen Dienstleistung veranlasst\nist, dann keinen Gebuhrencharakter hat und als verdeckte Steuer gegen die\nRichtlinie 69/335/EWG verstoßt, wenn ihre Hohe die tatsachlichen Aufwendungen\nubersteigt und hierdurch dem Staat eine Einnahme zufließt, die ganz oder\nteilweise im allgemeinen Staatshaushalt Verwendung findet (Urteil C-56/98 vom\n29.09.1999 „Modelo"). \n--- \n| 108 \n--- \n| Es ist also davon auszugehen, dass innerhalb des staatlich organisierten\nNotariats fur Vorgange, die unter die Richtlinie fallen, nur aufwandsbezogene\nGebuhren nach europaischem Recht zulassig sind. Die wirtschaftlichen oder\nrechtlichen Vorteile, die der rechtsuchenden Gesellschaft erwachsen sind ohne\nBelang (Urteil C-206/99 vom 21.06.2001 „Sonae" Rdnr. 39), und fur die Hohe des\nzu entschadigenden Aufwands ist der Staat darlegungspflichtig (GA Jacobs,\nSchlussantrage, „Fantask" C-188/95, Slg. 1997, I-6783, Rdnr. 48). \n--- \n| 109 \n--- \n| Damit ist die gesetzliche Regelung aus § 140 KostO durch das vorrangige\neuropaische Recht uberlagert und faktisch außer Kraft gesetzt, denn eine\neinheitliche Kostenerhebung fur notarielle Dienstleistungen ist innerhalb der\nBundesrepublik Deutschland nicht mehr moglich. \n--- \n| 110 \n--- \n| Somit sind durch die Richtlinie 69/335/EWG hinsichtlich der Notargebuhren in\nzweierlei Hinsicht Ungleichheiten geschaffen worden: Einmal gegenuber den\nGebuhren freiberuflicher Notare, zum anderen innerhalb des Gebuhrensystems der\nAmtsnotare gegenuber den Geschaften, die nicht der Richtlinie 69/335/EWG\nunterliegen. \n--- \n| 111 \n--- \n| (1) Verhaltnismaßige Ungleichheit gegenuber Gebuhren freiberuflicher Notare \n--- \n| 112 \n--- \n| Das Bundesverfassungsgericht befasst sich mit dem Fragenkomplex der\nWertgebuhr bei freiberuflich tatigen Berufstragern am Rande der Entscheidung\nuber die Orientierung der Gerichtsgebuhren am Streitwert, indem es zu den\nAnwaltsgebuhren ausfuhrt: „Bei den Rechtsanwaltsgebuhren haben das Äquivalenz-\nund das Kostendeckungsprinzip weitgehend zuruckzutreten, weil der Rechtsanwalt\naus seinem Gebuhrenaufkommen nicht nur seinen Kostenaufwand, sondern daruber\nhinaus seinen Lebensunterhalt bestreiten muß." (BVerfGE 80, 103, 109). \n--- \n| 113 \n--- \n| Das Bundesverfassungsgericht unterscheidet also zwischen dem Kostenaufwand\ndes Anwalts und seinem Lebensunterhalt, der nicht unmittelbar zum\nKostenaufwand gerechnet wird. Hieraus lasst sich ableiten, dass aus der\nAnwaltstatigkeit uber den reinen Kostenaufwand hinaus Gewinne erzielt werden\ndurfen, die mit der Verfassung auch als staatlich festgelegte Gebuhr im\nEinklang stehen. \n--- \n| 114 \n--- \n| Dieses Ergebnis ist zu rechtfertigen, da die Gefahr einer Unterversorgung\nder freiberuflich gefuhrten Buros mit personellen und sachlichen Mitteln, wie\nsie im staatlichen Notariat beklagt wird, nicht gegeben ist. Bei einer\nfreiberuflichen Amtsausubung sorgt bereits die Konkurrenzsituation unter den\nBerufsangehorigen fur eine umfangreiche und wirtschaftlich sinnvolle\nInvestitionstatigkeit. Daher hat der Umstand, dass die Gebuhren der\nfreiberuflichen Notare keinem „offentlich-rechtlichen Gemeinwesen" (BVerfGE\n57, 139, 166) wie Steuern zufließen nicht nur eine starke Indizfunktion fur\nein wesentliches Unterscheidungskriterium zu den Verhaltnissen im staatlichen\nNotariat, sondern gerade der Sozialaspekt fuhrt notwendigerweise zu\nunterschiedlichen Beurteilungen (Sandweg, BWNotZ 2003, 157). Wurde namlich fur\ndas freiberufliche Notariat die Forderung aufgestellt, dass sich Gebuhren\nausschließlich am Aufwand fur das einzelne Geschaft auszurichten hatten, ware\ndort eine sozialvertragliche Gebuhrenstruktur nicht mehr moglich. \n--- \n| 115 \n--- \n| Beim derzeitigen System werden namlich Verluste bei niedrigen Werten durch\nGewinne bei hohen Werten ausgeglichen. Ein Verlustausgleich aus allgemeinen\nSteuermitteln zur Erfullung des Justizgewahrungsanspruchs ist im\nfreiberuflichen Notariat nicht moglich. Die Kostenstruktur beim\nfreiberuflichen Notariat erzwingt daher eine insgesamt betriebswirtschaftlich\nfunktionierende Einkommensstruktur. Gleichzeitig ist auch der freiberufliche\nNotar an die Erfullung der Anspruche aus dem Justizgewahrungsanspruch\ngebunden, was sich aus seiner Stellung als Trager eines offentlichen Amtes (§\n1 BNotO) und insbesondere aus seiner Pflicht zur Amtsausubung nach § 15 BNotO\nergibt. Daher kann dem Sozialstaatsprinzip und dem Justizgewahrungsanspruch im\nfreiberuflichen Notariat nur dann Rechnung getragen werden, wenn ein Ausgleich\nfur unrentable Amtsgeschafte dadurch stattfindet, dass bei hohen Werten\nGewinnuberschusse erzielt werden. Nur die so zustande kommende\nMischkalkulation ermoglicht außerhalb der staatlichen Struktur die Einhaltung\nder Verfassungsgebote von sozialer Gerechtigkeit und Justizgewahrung. \n--- \n| 116 \n--- \n| Die dargestellten Unterschiede rechtfertigen eine abweichende Beurteilung\nzwischen dem Verbot der Gewinnerzielung und damit geringerer Gebuhrenhohen im\nstaatlichen Notariat und dem Festhalten an den Gebuhrenstrukturen in der\nKostenordnung. Denn was in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar\noder sachfremd ist, lasst sich nicht abstrakt und allgemein feststellen,\nsondern stets nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachbereichs\n(BVerfGE 93, 319). \n--- \n| 117 \n--- \n| Bei der Betrachtung der unterschiedlichen Behandlung der beiden Bereiche ist\nes belanglos, ob eine Gleichheitswidrigkeit in einer Belastung oder einer\nBegunstigung besteht (BVerfGE 17, 210, 216 f; 79, 1, 17), entscheidend ist, ob\nsie auf Grunden beruht, die sich aus der verschiedenen Struktur der beiden\nNotariatsformen ergibt und daher eine differenzierende Regelung erfordert.\nDies ist dargelegt und ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot damit im\nVerhaltnis zur Gebuhrenstruktur der freiberuflich tatigen Notare\nausgeschlossen (vgl. BVerfGE 42, 374, 388; 75, 108, 157; 80, 103, 107 f; 93,\n319; 97, 332, 346; Sandweg, BWNotZ 2003, 153ff). \n--- \n| 118 \n--- \n| (2) Verhaltnismaßige Ungleichheit innerhalb des Gebuhrensystems der\nstaatlichen Notare \n--- \n| 119 \n--- \n| Innerhalb des Landesteils Baden, in dem nur Notare im Dienst des Landes\nBaden-Wurttemberg amtieren, die alle den gleichen Restriktionen hinsichtlich\nihrer personellen und sachlichen Ausstattung unterworfen sind und daher auch\nalle den gleichen eingeschrankten Service dem Rechtsuchenden bieten konnen,\nfuhrt eine Gebuhrenerhebung, die in ihrer Bemessung zwischen\ngesellschaftsrechtlichen und anderen Geschaften unterscheidet, zur Verletzung\ndes Grundsatzes der verhaltnismaßigen Gleichheit. Diese Gleichheit ist nicht\nmehr gegeben, wenn z. B. fur die Bestellung einer Grundschuld mit Unterwerfung\nunter die sofortige Zwangsvollstreckung bei einem Gegenstandswert von 1 Mio.\nEUR eine Gebuhr von 1.557,00 EUR zuzuglich Mehrwertsteuer zu erheben ist,\nwahrend fur die Grundung einer GmbH mit gleichem Gegenstandswert und eventuell\nhoherem Arbeitsaufwand nur ein Betrag von weit unter 500 EUR in Rechnung zu\nstellen ist. \n--- \n| 120 \n--- \n| Der Gesetzgeber hat bei der Normierung der KostO dem Prinzip der\nverhaltnismaßigen Gleichheit folgend seine Wahl dahingehend getroffen, dass er\ndie Kosten im gesellschaftsrechtlichen Bereich denjenigen in anderen Bereichen\ngleichgestellt hat. Diese Gleichbehandlung wird gemaß Art. 3 Abs. 1 GG auch\ndann aufrecht zu erhalten sein, wenn durch hoherrangiges europaisches Recht\ngenerell ein anderer Maßstab (Kostendeckungsprinzip anstelle des\nWertgebuhrensystems) gefordert wird. \n--- \n| 121 \n--- \n| Dies muss im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG zur Folge haben, dass alle\nGebuhren im staatlichen Notariat ausschließlich nach konkretem Aufwand,\nnamlich dem Kostendeckungsprinzip, zu erheben sind. Denn durch den vom\neuropaischen Recht erzwungenen Paradigmenwechsel von Wert- zu Aufwandsgebuhren\nist wegen der Systemverschiedenheit dieser Bemessungsgrundlagen eine\ngeltungserhaltende Reduktion innerhalb des staatlichen Notariats nicht\nmoglich. Innerhalb des Landes Baden-Wurttemberg besteht daher jedenfalls die\nVerpflichtung, auf Gleichbehandlung zu achten (BVerfGE 93, 319, 351). Anlass\nfur eine Ausnahme von diesem Grundsatz (vgl. BVerfGE 33, 303, 352) besteht\nhier nicht, da Staatsburger in anderen Bundeslandern nicht beruhrt sind. \n--- \n| 122 \n--- \n| Der Gleichheitsgrundsatz ist also dadurch verletzt, dass bei gleichartig\nbeschaffenen Leistungen, die rechnerisch und finanziell in Leistungseinheiten\nerfasst werden konnen, die Gebuhrenmaßstabe und Gebuhrensatze durch die\nVorgaben des europaischen Rechts so gestaffelt sind, dass sie gleichen\nAusmaßen in der erbrachten Leistung nicht durch gleiche Gebuhren Rechnung\ntragen, sondern umgekehrt bei großeren Leistungen sogar geringere Belastungen\nzur Folge haben konnen. Damit ist die verhaltnismaßige Gleichheit unter den\nGebuhrenschuldnern innerhalb des staatlichen Notariats nicht mehr gewahrt\n(BVerfGE 50, 217, 227f; vergl. BVerwGE 80, 36, 41f; VGH Bad.-Wurtt. ESVGH 49,\n41) und der allgemeine Gleichheitssatz unter dem Gesichtpunkt der\nVerteilungsgerechtigkeit verletzt, denn die Notargebuhren im badischen\nRechtsgebiet entfernen sich mit ihrer durchgangigen Struktur so sehr von der\nnotwendigen Kostenbezogenheit, dass der Maßstab willkurlich ist (vgl. BVerwGE\n95, 188, 203; Bad.-Wurtt. ESVGH 49, 41; BVerfG - Vorprufungsausschuss - NJW\n1984, 1871; Korintenberg/Lappe, KostO § 79 Rdn. 1a; Blumenwitz, NJW 1989, 621;\nE. Klein/Schmahl, Anm. zu EuGH, WuB II N. 1999, 248; Mathias, JurBuro 1998,\n566; Lappe, NJW 2000, 1148). \n--- \n| 123 \n--- \n| Diesem Ergebnis wird entgegen gehalten, dass die Ungleichbehandlung gleicher\noder annahernd gleicher Sachverhalte, soweit sie durch die Richtlinie\n69/335/EWG und ihre Anwendung entstehen, nicht vom deutschen Gesetzgeber\nausgehen und von ihm im Hinblick auf die Bindung an Art. 3 Abs. 1 GG nicht\nselbst zu verantworten sei (Bockenforde a. a. O. S. 19). Auch das Pfalzische\nOLG Zweibrucken (MittBayNot 2004, 65) lehnt die Konsequenzen aus Art. 3 Abs. 1\nGG mit einer Argumentation vom Ergebnis her mit den folgenden Worten ab:\n„Wollte man anders entscheiden, liefe dies darauf hinaus, dem europaischen\nNormgeber mittelbar uber den Gleichheitssatz Einfluss auch auf solche\nnationalen Rechtsvorschriften einzuraumen, auf die sich seine Kompetenz nicht\nerstreckt." \n--- \n| 124 \n--- \n| Es ist richtig, dass dem europaischen Normgeber nur eine enumerativ\nbegrenzte Zustandigkeit fur einzelne Rechtsbereiche zusteht (Art. 5 Abs. 1\nEGV). In diesem Rahmen halt sich auch die Richtlinie 69/335/EWG. Fraglich ist\njedoch, ob sich die innerstaatliche deutsche Rechtsordnung vor den\nKonsequenzen generell verschließen kann, die durch den europaischen\nGesetzgeber in Ausubung seiner ihm eroffneten Kompetenzen geschaffen werden. \n--- \n| 125 \n--- \n| Die Staaten der europaischen Gemeinschaft haben ihre Souveranitatsrechte zu\nGunsten europaischer Gesetzgebungsorgane, wenn auch in begrenztem Rahmen,\neingeschrankt und hierdurch eine Rechtsordnung geschaffen, deren\nRechtssubjekte nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern auch die Einzelnen sind\n(Europaische Rechtsprechung 1963, S. 3 Nr. 1224, Urteil vom 05.02.1963,\nRechtssache 26/62 - Slg. IX, S. 26). Es wurde so eine europaische\nRechtsordnung errichtet, die direkten Zugriff auf die Burger und Unternehmen\nhat und die die Staaten zum Erlass von Regelungen zwingen kann. Diese\nRechtsordnung kann nicht losgelost von den innerstaatlichen „grundrechtlichen\nLeitplanken" (Hirsch, NJW 2000, 1820) existieren, vielmehr muss das Gebot der\nGrundrechte universell sowohl im Verhaltnis des europaischen Rechts zum\nGrundgesetz gelten (vgl. BVerfGE 75, 223, 240), als auch umgekehrt verlangt es\ndas Gebot der Rechtsstaatlichkeit, das jede Rechtsgemeinschaft bindet (Hirsch,\nNJW 2000, 1820), dass die Einwirkungen des europaischen Rechts innerhalb der\ninnerstaatlichen Rechtsordnung ihre uneingeschrankte Wirkung entfalten. Denn\n„das von der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten unabhangige Gemeinschaftsrecht\nsoll den Einzelnen, ebenso wie es ihnen Pflichten auferlegt, auch Rechte\nverleihen. Solche Rechte entstehen nicht nur, wenn der Vertrag dies\nausdrucklich bestimmt, sondern auch auf Grund von eindeutigen Verpflichtungen,\ndie der Vertrag den Einzelnen wie auch den Mitgliedstaaten und den Organen der\nGemeinschaft auferlegt." (Europaische Rechtsprechung 1963, S. 4 Nr. 1225,\nUrteil vom 05.02.1963, Rechtssache 26/62 - Slg. IX, S. 25) \n--- \n| 126 \n--- \n| Die Mitgliedstaaten waren verpflichtet, die Richtlinie 69/335/EWG des Rates\nvom 17. Juli 1969 bis zum 01.01.1972 in nationales Recht umzusetzen.\nHinsichtlich der nach der KostO zu erhebenden Abgaben fur notarielle Akte ist\nin Deutschland die Umsetzung unterblieben. Dies heißt jedoch nicht, dass sich\nder deutsche Gesetzgeber von dieser Norm nachtraglich dadurch distanzieren\nkonnte oder heute distanzieren kann, dass eine ausdruckliche Umsetzung in das\nnationale Recht unterblieben ist, vielmehr hat der deutsche Gesetzgeber mit\nseinem Unterlassen notwendigerweise zum Ausdruck gebracht, dass die Richtlinie\n69/335/EWG in der bestehenden Form als nationales deutsches Recht akzeptiert\nist. \n--- \n| 127 \n--- \n| Nach standiger Rechtsprechung des EuGH handelt es sich namlich bei der\nRichtlinie 69/335/EWG - unabhangig von einer Umsetzung in nationales Recht -\num eine Norm, auf die sich jede Person berufen kann, da sie ausreichend\nkonkret gefasst und nicht an weitere Bedingungen geknupft ist (EuGH C-188/95\nvom 02.12.1997 „Fantask"). Die Richtlinie beinhaltet also seit 01.01.1972\ninnerhalb der europaischen Union, also auch in Deutschland, unmittelbar\ngeltendes Recht. Einen „Vertrauenstatbestand" fur den Einzelstaat auf\nFortgeltung des nationalen Rechts bis zu einer Entscheidung durch den EuGH\nlehnt dieser ausdrucklich ab (Urteil C-426/98 vom 19.03.2002\n„Kommission/Griechenland). \n--- \n| 128 \n--- \n| Der deutsche Gesetzgeber hat damit den rechtlichen Inhalt der Richtlinie\n69/335/EWG in der Auslegung durch den Europaischen Gerichtshof in seinen\nWillen aufgenommen, unabhangig davon, welches Organ der Gesetzgebung die Norm\ngeschaffen hat. Der Grundsatz des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG gilt nicht nur fur\ndas nationale deutsche Recht. „Alle Staatsgewalt", also auch diejenige der\nsupranationalen europaischen, muss vom Volke ausgehen. Werden auf diese Weise\nhoheitliche Aufgaben wahrgenommen und hoheitliche Befugnisse ausgeubt, „sind\ndies zuvorderst die Staatsvolker der Mitgliedstaaten, die dies uber die\nnationalen Parlamente demokratisch" legitimiert haben (BVerfGE 89, 155, 184).\nEine Teilung in ein nationales Rechtssystem, das mit den Grundrechten\nubereinstimmen muss, und supranationalem Recht, bei dem diese Übereinstimmung\nvernachlassigt werden konnte, sieht die Verfassung nicht vor (vgl. BVerfGE 58,\n1, 37; 68, 1, 98f; 75, 223, 240; 89, 155, 188). „Dementsprechend pruft das\nBundesverfassungsgericht, ob Rechtsakte der europaischen Einrichtungen und\nOrgane sich in den Grenzen der ihnen eingeraumten Hoheitsrechte halten oder\naus ihnen ausbrechen" (BVerfGE 89, 155, 188). \n--- \n| 129 \n--- \n| Das europaische Recht halt sich seinerseits ebenfalls an die Grundsatze der\nGleichheit unter den Rechtssubjekten. So bestimmt Art. 12 Abs. 2, das\nFolgende: „Diese Steuern und sonstigen Abgaben durfen auch nicht hoher sein\nals diejenigen, die in dem erhebenden Mitgliedstaat fur gleichartige Vorgange\nerhoben werden." Auch in der Rechtsprechung des Europaischen Gerichtshofs\nkommt der Gedanke der Gleichbehandlung innerhalb des einzelnen Mitgliedstaats\nzum Ausdruck, indem die innerstaatlichen Verjahrungsfristen und ubrigen\nModalitaten fur eine Ruckerstattung zuviel bezahlter Abgaben ubernommen werden\n(vgl. EuGH Urteil vom 17.11.1998 -C-228/96- „Aprile"; EuGH Urteil vom\n15.09.1998 -C-231/96 „Edis"). \n--- \n| 130 \n--- \n| c) Verletzung des Art. 14 Abs. 2 S. 1 GG \n--- \n| 131 \n--- \n| Hinzu kommt, dass auch ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 2 S. 1 GG gegeben ist;\ndenn Individualvermogen, auch das Eigentum am Geld, ist nur im Rahmen der\nallgemeinen Steuerpflicht gemeinwohlpflichtig, prinzipiell aber nicht fur\nfremde Personen sozialpflichtig. Deshalb sind fremdnutzige Abgaben\ngrundsatzlich unzulassig (P. Kirchhof in: Isensee/Kirchhof (Hrsg), Handbuch\ndes Staatsrechts, Heidelberg 1990, Bd. IV, § 88 Rdnr. 238). \n--- \n| 132 \n--- \n| Diese Meinung wird gestutzt durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts\nvom 19.03.2003 (2 BvL 9/98), indem dort unter Randnummer 48 ausgefuhrt wird:\n„Die grundgesetzliche Finanzverfassung verlore aber ihren Sinn und ihre\nFunktion, wenn unter Ruckgriff auf die Sachgesetzgebungskompetenzen von Bund\nund Landern beliebig nichtsteuerliche Abgaben unter Umgehung der\nfinanzverfassungsrechtlichen Verteilungsregeln begrundet werden konnten und\ndamit zugleich ein weiterer Zugriff auf die keineswegs unerschopflichen\nRessourcen der Burger eroffnet wurde (vgl. BVerfGE 78, 249, 266; 93, 319,\n342)." \n--- \n| 133 \n--- \n| Eine Gewinnerzielung ist daher fur das staatliche Notariat vor dem Prinzip\ndes steuerfinanzierten Staates nicht zu rechtfertigen, denn „das Heranziehen\ndes Einzelnen zur Finanzierung von Gemeinlasten ist allein im Wege der Steuer\nzulassig" (BVerfGE 93, 319, 347). \n---\n\n |
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140,621 | olgstut-2004-12-09-5-w-6204 | 147 | Oberlandesgericht Stuttgart | olgstut | Baden-Württemberg | Oberlandesgericht | 5 W 62/04 | 2004-12-09 | 2019-01-07 15:17:21 | 2019-02-12 12:20:14 | Beschluss | ## Tenor\n\n1\\. Die sofortige Beschwerde des Klagers gegen den Beschluss des Landgerichts\nHeilbronn vom 19.11.2004, Az.: 3 O 534/04 I - wird als\n\n> > > unstatthaft verworfen.\n\n2\\. Der Klager tragt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.\n\nBeschwerdewert: bis 500,-- EUR\n\n## Gründe\n\n| \n---|--- \n| 1 \n--- \n| Der Klager verfolgt, gestutzt auf das NachbarG Baden-Wurttemberg, Anspruche\nauf Versetzung von Baumen auf dem Grundstuck des Beklagten. Den Streitwert hat\nder Klager mit 6.100,-EUR angegeben. Das Landgericht hat den Streitwert gemaß\n§ 25 GKG auf 3.500,-EUR festgesetzt und auf Bedenken gegen seine sachliche\nZustandigkeit hingewiesen. \n--- \n--- \n| 2 \n--- \n| Ein Rechtsmittel gegen die angefochtene Entscheidung ist nicht gegeben, die\nsofortige Beschwerde ist unstatthaft. \n--- \n--- \n| 3 \n--- \n| Die Streitwertfestsetzung durch das Landgericht Heilbronn erfolgte nach dem\nVerstandnis des Senates gem. § 62 GKG n.F. Soweit in dem Beschluss „§ 25 GKG"\naufgefuhrt ist, geht der Senat von einem Versehen infolge nicht vollstandiger\nAktualisierung des Computersystems HADES aus. Denn auf die nach dem 01.07.2004\neingegangene Klage ist nach § 72 GKG n.F. das Gerichtskostengesetz (GKG) in\nder Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 anzuwenden.\nDaher geht der Senat von einer Streitwertfestsetzung durch das Landgericht\ngem. § 62 GKG n.F. aus. Denn schon mit der Klage wurden uber die\nProzessbevollmachtigten des Klagers die Gebuhren einbezahlt und der Beschluss\ndes Landgerichts diente nicht der Anforderung von Gerichtsgebuhren. Im Übrigen\nist aus dem Hinweis unter V. der Verfugung vom 19.11.2004 (Bl. 14)\nersichtlich, dass die Streitwertfestsetzung der Bestimmung der Zustandigkeit\ndiente. \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| § 62 GKG n.F. entspricht inhaltlich § 24 GKG a.F., wahrend in § 63 GKG n.F.\ndie Regelungen von § 25 Abs. 1 GKG a.F. enthalten sind. Die moglichen\nRechtsmittel gegen Streitwertfestsetzungen sind nunmehr in den §§ 66 ff. GKG\nn.F. geregelt, wobei die Regelung von § 25 Abs. 3 GKG a.F. Eingang in § 68 GKG\nn.F. gefunden hat. \n--- \n--- \n| 5 \n--- \n| Bereits nach der bisherigen Regelung war eine Entscheidung nach § 24 GKG\na.F. nicht isoliert, sondern nur mit der Hauptsache anfechtbar (vgl. Hartmann,\nKostengesetze, 33. Aufl., Rn. 1 zu § 24 GKG a.F.) und eine vorlaufige\nStreitwertfestsetzung nach § 25 Abs. 1 GKG a.F. konnte ebenfalls nicht\nisoliert, sondern - bei Beschwer - nur in Verbindung mit einer\nVorschussanforderung angefochten werden (Hartmann, a.a.O., Rn. 14 zu § 25 GKG\na.F.). Insoweit sollte die neue Fassung des Gerichtskostengesetzes,\ninsbesondere § 68 GKG n.F. keine Erweiterung der bisherigen Rechtsmittel\nregeln (vgl. Begrundung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zum\nKostenrechtsmodernisierungsgesetz, S. 189). Ein Rechtsmittel gegen den\nangefochtenen Beschluss ist sonach unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt\ngegeben, die sofortige Beschwerde ist nicht statthaft. \n--- \n--- \n| 6 \n--- \n| Lediglich erganzend - und weil das Landgericht in dem Vorlagebeschluss von\neinem statthaften und zulassigen Rechtsmittel ausgegangen ist - weist der\nSenat zur Frage des Streitwertes auf Folgendes hin: \n--- \n--- \n| 7 \n--- \n| Zutreffend stellt das Landgericht auf § 3 ZPO ab und pruft das Interesse\ndes Klagers an der begehrten Beseitigung. Die Kosten fur die Beseitigung der\nBaume konnen allenfalls fur den Beklagten bei der Bewertung einer Beschwer fur\nden Fall einer Verurteilung Berucksichtigung finden. Macht ein Klager wie hier\neine Beeintrachtigung seines Grundstuckes in dessen Nutzbarkeit und damit\ndessen Wert geltend, kommt eine Bemessung des Streitwertes nach der\nWertminderung des Grundstuckes bzw. der betroffenen Grundstucksteile in\nBetracht (BGH ZfIR 1998, 749; OLG Koblenz OLG-Report 1999, 114; Schwerdtfeger\nin Munchener Kommentar zur ZPO, Rn. 45 zu § 3). Vorliegend hat der Klager den\nWert des Grundstuckes je m² mit 490,-- EUR vorgetragen. Geht man angesichts\nder Vielzahl der Baume, deren Beseitigung der Klager begehrt und die sich\nentlang des Teils der Grundstucksgrenze befinden, welche hinter dem auf dem\nGrundstuck befindlichen Gebaude verlauft, davon aus, dass das Grundstuck kaum\nkleiner als 500 m² sein wird, weist es mithin einen Bodenwert von mindestens\n245.000,-- EUR auf. Eine starke Beschattung und Vermoosung des Grundstucks,\nsowie fallendes Laub und Sichteinschrankungen konnen eine Beeintrachtigung\ndarstellen, die jedenfalls 3 % des Bodenwertes (was bei 500 m² 7.350,-- EUR\nentsprache) nicht unterschreitet. \n--- \n--- \n| 8 \n--- \n| Im Übrigen kann sich die Zustandigkeit des Landgerichts Heilbronn auch\nbezuglich der sachlichen Zustandigkeit aus § 39 Satz 1 ZPO ergeben. \n--- \n--- \n| 9 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Da das Rechtsmittel\nunstatthaft ist, ist das Verfahren nicht gebuhrenfrei gemaß § 66 Abs. 8 GKG\nn.F. (BGH R GKG, § 25 Abs. 3 S. 1; OLG Koblenz NJW-RR 2000,1239). \n--- \n---\n\n |
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142,087 | olgstut-2006-07-17-16-wf-15906 | 147 | Oberlandesgericht Stuttgart | olgstut | Baden-Württemberg | Oberlandesgericht | 16 WF 159/06 | 2006-07-17 | 2019-01-08 23:41:26 | 2019-02-12 13:10:32 | Beschluss | ## Tenor\n\nAuf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des\nAmtsgerichts - Familiengericht - Goppingen vom 27.06.2006 abgeandert.\n\nDer Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe fur den ersten Rechtszugs ohne\nRatenzahlungsanordnung bewilligt.\n\nIhr wird Rechtsanwaltin S., G., beigeordnet.\n\nDas Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebuhrenfrei, außergerichtlichen Auslagen\nwerden nicht erstattet.\n\nDie Rechtsbeschwerde wird zugelassen.\n\n## Gründe\n\n| \n---|--- \n| 1 \n--- \n| Die gemaß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulassige sofortige Beschwerde gegen die\nVersagung von Prozesskostenhilfe fur das Scheidungsverfahren hat in der Sache\nErfolg. \n--- \n| 2 \n--- \n| Gemaß § 115 III ZPO hat die Partei ihr Vermogen einzusetzen, soweit das\nzumutbar ist. § 90 SGB XII gilt entsprechend. Danach kann der Vermogenseinsatz\noder die Vermogensverwertung nicht verlangt werden, soweit dies eine Harte\nbedeuten wurde, z.B. wenn eine angemessene Lebensfuhrung oder die\nAufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert\nwurde. \n--- \n| 3 \n--- \n| Das Vermogen der Antragstellerin - eine Lebensversicherung auf Rentenbasis\nbei der Allianz mit einem Ruckkaufswert am 1.6.2006 von 6.325,02 EUR und einer\nMonatsbelastung von 51,13 EUR und ein Bausparvertrag aus vermogenswirksamen\nLeistungen mit einem Kontostand am 31.12.2005 von 226,10 EUR ubersteigt das\nSchonvermogen nach § 1 b der Verordnung zur Durchfuhrung des § 90 Abs. 2 Nr. 9\ndes Zwolften Buches Sozialgesetzbuch, das hier 3.112 EUR (2600 + wegen der\nbeiden Kinder 2*256) betragt. (Der Gesetzgeber wurde dabei allen an\nProzesskostenhilfeverfahren Beteiligten erheblichen Zeitaufwand ersparen, wenn\ner anstelle dieser Verweisung wenigstens die Hohe des Schonvermogens benennen\nwurde.) \n--- \n| 4 \n--- \n| Die angespannte Haushaltslage in Bund und Landern spricht fur eine enge\nAuslegung der bestehenden Regelungen. Wegen des standig steigenden Aufwandes\nfur die Prozesskostenhilfe hat das Land Baden-Wurttemberg eine Initiative zur\nEindammung dieser Kosten gestartet. Nach einem Bericht des\nLandesrechnungshofes betrugen die Ausgaben des Landes Baden-Wurttemberg fur\nbeigeordnete Rechtsanwalte im Haushaltsjahr 2003 insgesamt 46,8 Millionen EUR,\nvon denen 70% auf Familiensachen vor den Amtsgerichten entfielen. Seit 1981\nhaben sich die Aufwendungen fur beigeordnete Rechtsanwalte fast verfunffacht\n(vgl. Drucksache des Landtags von Baden-Wurttemberg 13/4610). \n--- \n| 5 \n--- \n| Dabei fallt auf, dass in 29% der Eheverfahren Prozesskostenhilfe ohne\nRatenzahlung bewilligt wird, obwohl lediglich drei Prozent der alleinstehenden\nFrauen bis zum 65. Lebensjahr und 21% der alleinerziehenden Frauen Sozialhilfe\nbezogen haben. Da Prozesskostenhilfe als Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen\nzu verstehen ist (vgl. BVerfG NJW 1974, 229, 230), sollte sich der Kreis der\nBerechtigten weitgehend decken. \n--- \n| 6 \n--- \n| Allerdings wurde das Vermogen der Antragstellerin aus Beitragen zu einer\nangemessenen Alterssicherung gebildet. Bei der Berechnung des einzusetzenden\nEinkommens im Rahmen der Bedurftigkeitsprufung werden angemessene\nVersicherungsbeitrage vom Einkommen abgezogen, soweit sie den\nMindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommenssteuergesetzes (2006 und 2007: 3 %\ndes sozialversicherungspflichtigen Bruttoeinkommens des Vorjahres) nicht\nuberschreiten (vgl. §§ 115 Abs. 1 Nr. 1a ZPO, § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII). \n--- \n| 7 \n--- \n| Auf dieser Linie liegt auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die\ndieser zur zusatzlichen Altersvorsorge im Rahmen des Unterhaltsrechts\nentwickelt hat (vgl. BGH FamRZ 2006, 387, 389; FamRZ 2005, 1817, 1821 f).\nDanach ist ein Betrag von bis zu vier Prozent des Gesamtbruttoeinkommen des\nVorjahres fur eine uber die primare Altersversorgung hinausgehende\nzusatzlichen Altersvorsorge dem Zugriff der Unterhaltsberechtigten entzogen. \n--- \n| 8 \n--- \n| Hat ein Antragsteller Vermogen aus Beitragen gebildet, die vom Einkommen\nabgesetzt werden konnen, ware es widerspruchlich, von ihm die Verwertung\ndieses Vermogens zu verlangen. Es ist nach Auffassung des Senats daher\nunzumutbar, Vermogen fur Prozesskosten einzusetzen, das durch Zahlungen\nerwirtschaftet wurde, die nach § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII vom Einkommen\nabgesetzt werden konnen. \n--- \n| 9 \n--- \n| Auch im vorliegenden Fall ist der Vermogenseinsatz unzumutbar. Die\n36-jahrige Antragstellerin erwirtschaftet in abhangiger Beschaftigung bei\neinem Jahresbruttoeinkommen von rund 19.600 EUR eine Altersversorgung, die nur\n2/3 des Durchschnittsverdienstes aller Versicherter (2005: 29.569 EUR)\nbetragt. \n--- \n| 10 \n--- \n| Sie ist auf Grund der Betreuung zweier Kinder im Alter von 8 und 6 Jahren\nvorerst auch an einer Ausweitung ihrer Erwerbstatigkeit gehindert. Ein\nAufstockungsunterhalt steht ihr mangels Leistungsfahigkeit des Ehemannes nicht\nzu. \n--- \n| 11 \n--- \n| Eine Finanzierung der Prozesskosten uber ein Darlehen wurde zur PKH-\nBerechtigung der Antragstellerin ohne Ratenzahlungsanordnung fuhren und kommt\ndaher ebenfalls nicht in Frage. \n---\n\n |
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142,486 | lg-mannheim-2006-09-29-7-o-7606 | 137 | Landgericht Mannheim | lg-mannheim | Mannheim | Baden-Württemberg | Ordentliche Gerichtsbarkeit | Landgericht | 7 O 76/06 | 2006-09-29 | 2019-01-09 08:14:18 | 2019-01-17 12:02:38 | Urteil | ## Tenor\n\n[Anmerkung der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Tenor wurde\nvom Gericht nicht mitgeteilt.]\n\n## Gründe\n\n| \n---|--- \n| 1 \n--- \n| **Sachverhalt s. im Anschluss an Gr unde** \n--- \n| 2 \n--- \n| Die zulassige Klage ist unbegrundet. \n--- \n| 3 \n--- \n| 1\\. Der Beklagte ist hinsichtlich einer von ihm selbst begangenen\nunerlaubten Handlung gem. § 97 Abs. 1 UrhG nicht passivlegitimiert. Die\nKlagerin ist hinsichtlich eines taterschaftlichen Handelns des Beklagten\nbeweisfallig geblieben. \n--- \n| 4 \n--- \n| Denn der Beklagte hat die taterschaftliche Begehung eines\nUrheberrechtsverstoßes durch ihn wirksam bestritten. Grundsatzlich trifft die\nDarlegungs- und Beweislast fur alle anspruchsbegrundenden Merkmale in § 97\nAbs. 1 UrhG den Anspruchssteller (von Wolff in: Wandtke/Bullinger,\nUrheberrecht, 2. Aufl., § 97 Rn. 21), hier also die Klagerin. Allerdings\ntrifft den Beklagten eine sekundare Darlegungslast. Als solche wird die Last\neiner Gegenpartei bezeichnet, sich im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO\nobliegenden Erklarungspflicht zu den Behauptungen der darlegungspflichtigen\nPartei zu außern. Eine solche sekundare Darlegungslast kann insbesondere dann\nangenommen werden, wenn sich die maßgeblichen Vorgange im Wahrnehmungsbereich\ndes Prozessgegners abgespielt haben. In diesem Zusammenhang ist zu prufen, ob\nes diesem zumutbar ist, nahere Angaben zu machen (allgemein: BGHZ 86, 23, 29;\n100, 190, 196; BGH, Urt. v. 24.11.1998, - VI ZR 388/97, NJW 1999, 714, 715;\nMes, P., GRUR 2000, 934, 939). Die Klagerin kann keine Kenntnis davon haben,\nwer den Internetanschluss der Beklagten zum ermittelten Zeitpunkt tatsachlich\ngenutzt hat; dieser Umstand liegt allein in der Sphare des Beklagten. Wie weit\nbei dieser Sachlage die sekundare Darlegungslast der Beklagten konkret reicht,\nbraucht nicht entschieden zu werden. Der Beklagte ist seiner sekundaren\nDarlegungslast jedenfalls nachgekommen. Er hat sich nicht auf ein einfaches\nBestreiten beschrankt, sondern vielmehr konkret seinen Sohn als Tater\nangegeben. Auf dieses Bestreiten der Behauptung einer Taterschaft der\nBeklagten ist die Klagerin als darlegungs- und beweisbelastete Partei\nbeweisfallig geblieben. \n--- \n| 5 \n--- \n| 2\\. Der Beklagte unterliegt auch nicht der Storerhaftung. \n--- \n| 6 \n--- \n| a) Wer - ohne Tater oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise\nwillentlich und adaquat kausal zur Verletzung eines geschutzten Gutes\nbeitragt, kann als Storer fur eine Schutzrechts-/Urheberrechtsverletzung auf\nUnterlassung in Anspruch genommen werden (vgl. BGHZ 148, 13, 17 - ambiente.de;\nBGH Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 22/99, GRUR 2002, 618, 619 - Meißner Dekor; BGHZ\n158, 236, 251 - Internet-Versteigerung). Nach standiger Rechtsprechung setzt\nallerdings die Haftung desjenigen, der ohne Tater oder Teilnehmer als Storer\nhaftet, die Verletzung von Prufungspflichten voraus. Denn anderenfalls wurde\ndie Storerhaftung uber Gebuhr auf Dritte erstreckt werden, die nicht selbst\ndie rechtswidrige Beeintrachtigung vorgenommen haben. Der Umfang der\nPrufungspflichten bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Storer in\nAnspruch genommenen nach den Umstanden eine Prufung zumutbar ist (BGH, Urt. v.\n10.10.1996 - I ZR 129/94, GRUR 1997, 313, 315 f - Architektenwettbewerb; Urt.\nv. 30.06.1994 - I ZR 40/92, GRUR 1994, 841, 842 f; Urt. v. 15.10.1998 - I ZR\n120/96, GRUR 1999, 418, 419 f - Mobelklassiker; BGHZ 148, 13, 17 f -\nambiente.de; BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung). \n--- \n| 7 \n--- \n| b) Der Beklagte tragt willentlich und adaquat kausal zur Verletzung des\ngeschutzten Urheberrechts bei. Er betreibt als Inhaber einen\nInternetanschluss; dieser ist mit seinem Willen und von ihm angemeldet worden.\nOhne den Internetanschluss und seine Überlassung an Dritte ware es auch nicht\nkausal zu einer Verletzung des geschutzten Urheberrechts gekommen. Er ist als\nInhaber des Anschlusses sowohl rechtlich als auch tatsachlich in der Lage,\ndafur zu sorgen, dass dieser Anschluss nicht fur Rechtsverletzungen genutzt\nwird. Soweit der Beklagte vortragt, dass er dazu mangels Kenntnisse nicht in\nder Lage sei, muss er sich dann, wenn er selbst einen entsprechenden\nInternetanschluss betreibt, der Hilfe Dritter bedienen. \n--- \n| 8 \n--- \n| Fraglich ist allein die Annahme der Verletzung von Prufungspflichten. Dabei\nist zu beachten, dass die ursprunglich zwischen den Parteien umstrittene Frage\neiner Nutzung eines W-LAN Netzes durch Dritte vorliegend nicht zu entscheiden\nist. Der Beklagte hat im Laufe des Prozesses seinen diesbezuglichen Vortrag\naufgegeben. Stattdessen hat er ohne sachlichen Widerspruch der Klagerin seinen\nvolljahrigen Sohn als Tater benannt. Folglich ist allein die Frage der\nReichweite der Storerhaftung bei der Internetnutzung durch volljahrige\nFamilienmitglieder streitgegenstandlich. Hierbei hat der Beklagte keinerlei\nÜberwachungs- oder Belehrungsmaßnahmen vorgetragen. \n--- \n| 9 \n--- \n| Der Umfang der Prufungspflicht bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem\nBeklagten als Storer nach den Umstanden eine Überprufung der Internetnutzung\nzuzumuten ist. \n--- \n| 10 \n--- \n| Soweit - wie im Streitfall - ein Anschlussinhaber den Anschluss\nFamilienangehorigen und insbesondere seinen Kindern zur Verfugung stellt,\nberuht die Eroffnung des Zugangs zum Internet auf dem familiaren Verbund.\nPrufungs- und Überwachungspflichten sind nur insoweit anzunehmen, als diese im\nRahmen der Erziehung von Kindern in Abhangigkeit von deren Alter auch auf\nanderen Betatigungsfeldern notwendig ist. Eine dauerhafte Überprufung des\nHandelns der eigenen Kinder oder des Ehepartners ist ohne konkreten Anlass\nnicht zumutbar. Ohne Anlass fur die Annahme, dass Familienmitglieder in\nrechtswidriger Weise Urheberrechte im Rahmen der Nutzung des Internets\nverletzen, kommt eine standige Überwachung oder gar eine Sperrung des\nAnschlusses fur diese nicht in Betracht. Ob es allerdings bei Eroffnung des\nInternetverkehrs fur die Kinder einer einweisenden Belehrung bedarf, ist nach\ndem Alter und dem Grad der Vernunft der jeweiligen Nutzer im Einzelfall zu\nentscheiden. \n--- \n| 11 \n--- \n| Nach diesen Grundsatzen scheidet im vorliegenden Fall eine Storerhaftung\ndes Beklagten aus. Bei einem volljahrigen Kind, das nach allgemeiner\nLebenserfahrung im Umgang mit Computer- und Internettechnologie einen\nWissensvorsprung vor seinen erwachsenen Eltern hat, kann es sinnvollerweise\nkeiner einweisenden Belehrung uber die Nutzung des Internets bedurfen. In\ndiesem Fall bleibt es bei der Beurteilung, dass ein Vater ein konkretes\nFamilienmitglied nicht ohne Anlass der Begehung unerlaubter Handlungen\nverdachtigen muss und dementsprechend zur Einleitung von Überwachungsmaßnahmen\nverpflichtet ware. \n--- \n| 12 \n--- \n| **Sachverhalt** \n--- \n| 13 \n--- \n| Die Klagerin nimmt den Beklagten wegen unerlaubten Anbietens eines\nComputerspiels zum Upload im Internet auf Unterlassung sowie auf Aufwendungs-\nund Schadensersatz in Anspruch. \n--- \n| 14 \n--- \n| Die Klagerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und\nVerwertungsrechte an dem Computerspiel „...". Der Beklagte ist Inhaber eines.\nInternetanschlusses. \n--- \n| 15 \n--- \n| Im Internet gibt es Tauschborsen, in denen die Benutzer sich im Rahmen\neines Peer-to-Peer-Netzwerkes gegenseitig uber die jeweilige Tauschplattform\nDaten zur Verfugung stellen. Hierzu sind alle Computer der Nutzer uber eine\nbestimmte Software in einem eigenen Netzwerk miteinander verbunden. Um an dem\nNetzwerk teilnehmen zu konnen, ist es erforderlich, eine entsprechende\nSoftware, welche im Internet kostenlos angeboten wird, herunter zu laden und\nzu installieren, sowie sich selbst zu registrieren und einen Benutzernamen\nanzugeben. Jeder Nutzer der Internettauschborse bietet den anderen Nutzern\nsodann Einblick in einen bestimmten Teil der Festplatte seines Computers. Die\nDaten werden dann gegenseitig uber die Tauschplattform zur Verfugung gestellt.\nDabei bietet jeder, der auch nur ein Datenpaket einer Datei von einem anderen\nNutzer auf seine eigene Festplatte ladt, dieses Datenpaket bereits wieder\nanderen Nutzern fur den Download durch diese an (Filesharing). \n--- \n| 16 \n--- \n| Am _Datum_ um _Uhrzeit_ bot ein Nutzer mit der IP-Adresse nnn.nnn.nnn.nn\ndie Datei „....rar" als funktionsfahige Version des hier interessierenden\nComputerprogramms anderen zum Download an. \n--- \n| 17 \n--- \n| Die Staatsanwaltschaft ermittelte den Beklagten als Anschlussinhaber.\nZwischen den Parteien ist unstreitig, dass vom Anschluss des Beklagten aus der\nstreitgegenstandliche Upload stattgefunden hat. \n--- \n| 18 \n--- \n| Der Beklagte tragt vor, dass er fur den streitgegenstandlichen Upload nicht\nverantwortlich sei, da sein volljahriger Sohn an der Tauschborse teilgenommen\nhabe. Er selbst habe also keine urheberechtsverletzende Handlung vorgenommen.\nAber auch fur das Tun seines Sohnes brauche er nicht einzustehen. \n---\n\n |
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143,090 | vg-stuttgart-2007-06-21-2-k-321107 | 160 | Verwaltungsgericht Stuttgart | vg-stuttgart | Stuttgart | Baden-Württemberg | Verwaltungsgerichtsbarkeit | 2 K 3211/07 | 2007-06-21 | 2019-01-09 15:01:37 | 2019-01-17 12:03:15 | Beschluss | ## Tenor\n\nDie aufschiebende Wirkung der Widerspruche der Antragsteller gegen die\nBaugenehmigung der Antragsgegnerin vom 18.7.2006 wird angeordnet, soweit die\nGenehmigung einen Betrieb der Videoanlage in der Zeit von 30 Minuten nach\nSonnenuntergang bis 30 Minuten vor Sonnenaufgang gestattet. Im Übrigen werden\ndie Antrage abgelehnt.\n\nDie Antragsgegnerin tragt die Kosten des Verfahrens.\n\nDer Streitwert wird auf 15.000 EUR festgesetzt.\n\n## Gründe\n\n| | \n--- \nI. \n--- \n| 1 \n--- \n| Die Antragstellerin 1 ist Eigentumerin des mit einem Wohnhaus bebauten\nGrundstucks G.-Straße in M., der Antragsteller 2 ist Eigentumer des\nbenachbarten, ebenfalls einem Wohnhaus bebauten Grundstucks G.-Straße. Die\nGrundstucke befinden sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „G.-Straße",\nder fur die Grundstucke ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. \n--- \n--- \n| 2 \n--- \n| Die Beigeladene beantragte mit Schreiben vom 12.12.2005 die Erteilung eines\nBauvorbescheids fur die Errichtung einer „City-Board" genannten\nVideowerbeanlage mit laufend wechselnden Bildern auf dem mit einem\nmehrgeschossigen Wohnhaus bebauten Grundstuck E.- Straße. Die 4,08 m x 3,02 m\ngroße Anlage soll in einer Hohe von ca. 12 m an der westlichen Außenwand des\nWohnhauses angebracht werden. Der Anbringungsort ist von den Wohnhausern der\nAntragsteller ca. 35 - 40 m entfernt. \n--- \n--- \n| 3 \n--- \n| Das Vorhaben der Beigeladenen wurde von der Antragsgegnerin am 18.7.2006\ngenehmigt, worauf die Anlage Ende Dezember 2006 in Betrieb genommen wurde.\nGegen die Baugenehmigung legten die Antragsteller mit Schreiben vom 24.4.2007\nWiderspruch ein, uber den bisher nicht entschieden wurde. \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| Mit ihren am 30.4.2007 beim Gericht eingegangenen Antragen begehren die\nAntragsteller, die aufschiebende Wirkung ihrer Widerspruche anzuordnen. Die\nAntragsgegnerin und die Beigeladene sind den Antragen entgegen getreten. \n--- \n--- \n| 5 \n--- \n| Die Kammer hat die Grundstucke der Antragsteller am 8.6.2007 in Augenschein\ngenommen. Auf die Niederschrift hieruber wird verwiesen. \n--- \n--- \n--- \nII. \n--- \n| 6 \n--- \n| Die Antrage sind teilweise begrundet. Die von den Antragstellern gestellten\nAntrage, die aufschiebende Wirkung ihrer Widerspruche anzuordnen, erfordern\neine Abwagung zwischen ihrem Interesse, vor den nachteiligen Auswirkungen der\nbereits errichteten Videowerbeanlage jedenfalls bis zur Bestandskraft der\nangefochtenen Baugenehmigung verschont zu bleiben, und dem Interesse der\nBeigeladenen, die Anlage schon vor einer Entscheidung uber die Widerspruche\nder Antragsteller betreiben zu konnen. Dem Interesse der Antragsteller kommt\ndabei der Vorrang zu, soweit die angefochtene Baugenehmigung auch einen\nBetrieb der Videowerbeanlage wahrend der Dunkelheit, d. h. in der Zeit von 30\nMinuten vor Sonnenaufgang bis 30 Minuten nach Sonnenuntergang gestattet. An\nder Vereinbarkeit der Baugenehmigung mit den Rechten der Antragsteller\nbestehen insoweit erhebliche Zweifel. \n--- \n--- \n| 7 \n--- \n| 1\\. Die angefochtene Baugenehmigung ist den Antragstellern gegenuber bisher\nnicht bestandskraftig geworden. Zwar haben die Antragsteller gegen die am\n18.7.2006 erteilte Baugenehmigung erst am 24.4.2007 Widerspruch eingelegt. Die\nWiderspruche sind jedoch noch fristgerecht, da die Baugenehmigung den\nAntragstellern nicht amtlich bekannt gegeben worden ist und durch die\nBekanntgabe der Baugenehmigung an die Beigeladene nicht zugleich die\nRechtsbehelfsfristen fur die Antragsteller in Gang gesetzt worden sind. Aus\ndem nachbarschaftsrechtlichen Gemeinschaftsverhaltnis folgt allerdings, dass\nein Nachbar, der von einer dem Bauherrn erteilten Baugenehmigung auf andere\nWeise zuverlassig Kenntnis erlangt hat, sich bezuglich der Einlegung eines\nWiderspruchs so behandeln lassen muss, als sei ihm die Baugenehmigung im\nZeitpunkt der zuverlassigen Erlangung der Kenntnis amtlich bekannt gegeben\nworden. Die Frist zur Einlegung des Widerspruchs richtet sich deshalb fur den\nNachbarn vom Zeitpunkt der zuverlassigen Kenntniserlangung regelmaßig nach den\nFristvorschriften der §§ 70 Abs. 1 und 58 Abs. 2 VwGO (BVerwG, Urt. v.\n25.1.1974 - IV C 2.72 - BVerwGE 44, 294). Diese Frist war aber im Zeitpunkt\nder Widerspruchseinlegung noch nicht abgelaufen. Die Antragsteller haben ihr\nRecht zur Widerspruchserhebung auch nicht verwirkt, da die Anlage erst im\nDezember 2006 in Betrieb genommen worden ist und die Antragsteller bereits\ndurch ihr an den Beigeladenen adressiertes und der Antragsgegnerin zur\nKenntnis gegebenes Schreiben vom 28.12.2006 zu erkennen gegeben haben, dass\nsie sich mit der Anlage nicht abfinden werden. \n--- \n--- \n| 8 \n--- \n| 2\\. Das Baugrundstuck liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten\nGebiets, fur das außer eines sich auf die Festsetzung von Baulinien\nbeschrankenden Stadtbauplans aus dem Jahre 1885 ein Bebauungsplan nicht\nexistiert. Die planungsrechtliche Zulassigkeit des Vorhabens der Beigeladenen\nrichtet sich daher in erster Linie nach § 34 BauGB. Ein Fall des § 34 Abs. 2\nBauGB ist entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht gegeben, da die\nEigenart der naheren Umgebung weder einem allgemeinen Wohngebiet noch einem\nanderen Baugebiet der BauNVO entspricht. Nach standiger Rechtsprechung reicht\ndie nahere Umgebung im Sinn dieser Vorschrift so weit, wie sich - erstens -\ndie Ausfuhrung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens auswirken kann und -\nzweitens - wie die Umgebung ihrerseits die bodenrechtliche Situation des\nBaugrundstucks pragt (BVerwG, Urt. v. 18.10.1974 - 4 C 77.73 - NJW 1975, 460;\nUrt. v. 26.5.1978 -4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369; 11.2.1993 - 4 C 15.92 - NVwZ\n1994, 285). Sie ist daher nicht auf die in der unmittelbaren Nachbarschaft\nvorhandene Bebauung beschrankt, sondern bezieht auch die Bebauung in der\nweiteren Umgebung des Baugrundstucks ein, soweit diese noch pragend auf das\nGrundstuck einwirkt (BVerwG, Urt. v. 19.9.1986 - 4 C 15.84 - BVerwGE 75, 34).\nDie nahere Umgebung des Baugrundstucks umfasst danach außer der ganz\nuberwiegend aus Wohnhausern bestehenden Bebauung entlang der G.-Straße und dem\nauf dem Baugrundstuck selbst vorhandenen Wohnhaus auch das nach Osten an das\nBaugrundstuck grenzende, mit einem Geschaftshaus bebaute Grundstuck E. Str. 3\nsowie die nordlich der R. Straße gelegenen, großtenteils ebenfalls gewerblich\ngenutzten Grundstucke. Aufgrund der uneinheitlichen Art der Bebauung kann\ndieser Bereich weder als allgemeines Wohngebiet noch als Mischgebiet\nqualifiziert werden. \n--- \n--- \n| 9 \n--- \n| Nach dem deshalb anzuwendenden § 34 Abs. 1 BauGB hangt die Zulassigkeit des\nVorhabens der Beigeladenen in erster Linie davon ab, ob sich das Vorhaben nach\nArt und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstucksflache, die\nuberbaut werden soll, in die Eigenart der naheren Umgebung einfugt. Ob das\nVorhaben der Beigeladenen diese Voraussetzung erfullt, kann im Rahmen des\nvorliegenden Verfahrens dahin stehen, da § 34 Abs. 1 BauGB nur insoweit\nnachbarschutzende Wirkung hat, als das zum Tatbestandsmerkmal des Einfugens\ngehorende Rucksichtnahmegebot verletzt ist. Durch die Baugenehmigung wurden\ndie Antragsteller deshalb nur dann in ihren Rechten verletzt, wenn mit dem\nVorhaben ihnen unzumutbare Beeintrachtigungen verbunden waren und das Vorhaben\nsich deshalb ihnen gegenuber als rucksichtslos darstellte. Soweit die\nVideowerbeanlage wahrend der Tageszeit, d. h. in der Zeit 30 Minuten vor\nSonnenaufgang bis 30 Minuten nach Sonnenuntergang, betrieben wird, halt die\nKammer die von ihr ausgehenden Beeintrachtigungen der Antragsteller fur\nzumutbar. Die Kammer hat jedoch erhebliche Zweifel, ob dies auch fur einen\nBetrieb der Anlage wahrend der Dunkelheit gilt. \n--- \n--- \n| 10 \n--- \n| Von den der G.-Straße zugewandten Wohnraumen in den Gebauden der\nAntragsteller besteht eine direkte Sichtverbindung zu der ca. 35 m bis 40 m\nentfernten Videowerbeanlage. Die Raume sind daher den von der Anlage\nausgehenden Lichtemissionen unmittelbar ausgesetzt. Lichtimmissionen gehoren\nzu den schadlichen Umwelteinwirkungen im Sinn des § 3 Abs. 1 BImSchG, wenn sie\nnach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder\nerhebliche Belastigungen fur die Allgemeinheit oder fur die Nachbarschaft\nherbeizufuhren. Rechtsverbindliche Vorschriften zur Bestimmung der\nimmissionsschutzrechtlichen Erheblichkeitsgrenzen fur diese Art von\nImmissionen fehlen bisher. Die vom Landerausschuss fur Immissionsschutz am\n10.5.2000 beschlossenen Hinweise zur Messung und Beurteilung von\nLichtimmissionen (im Folgenden: LAI-Hinweise) haben keine normative Wirkung\nund konnen folglich eine Allgemeinverbindlichkeit nicht fur sich beanspruchen.\nEs ist deshalb Aufgabe der Gerichte, die Erheblichkeit der von Anlagen wie der\nhier genehmigten Videowand ausgehenden Lichtimmissionen unter Berucksichtigung\nihrer Eigenart sowie der sonstigen Umstande zu beurteilen. In diesem Rahmen\nkonnen auch die genannten LAI-Hinweise bewertend mit herangezogen werden, auch\nwenn sie nicht wie Normen angewendet und die in ihnen vorgeschlagenen Mess-\nund Rechenverfahren, Richtwerte sowie Zu- und Abschlage nicht ungepruft\nzugrunde gelegt werden durfen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.4.1991 - 7 C 12.90 -\nBVerwGE 88, 143 zu den ebenfalls vom Landerausschuss fur Immissionsschutz\nbeschlossenen „Hinweisen zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen\nverursachten Gerausche"). \n--- \n--- \n| 11 \n--- \n| Zur Beurteilung der durch Lichtimmissionen verursachten Belastigungen\nverwenden die LAI-Hinweise die Kriterien der Raumaufhellung sowie der als\npsychologische Blendung bezeichneten Storempfindung, die u. a. durch die\nstandige und ungewollte Ablenkung der Blickrichtung zur Lichtquelle hin\nentsteht und bei großem Unterschied der Leuchtdichte der Lichtquelle zur\nUmgebungsleuchtdichte eine standige Umadaptation des Auges auslost. Die\nRaumaufhellung wird durch die mittlere Beleuchtungsstarke E F in der\nFensterebene, die psychologische Blendung durch die Leuchtdichte L s der\nBlendlichtquelle, die Umgebungsleuchtdichte L s und der Raumwinkel Ω s\nbeschrieben. Das von der Beigeladenen nach der Inbetriebnahme der Anlage und\nden daraufhin eingegangenen Nachbarbeschwerden eingeholte Gutachten des\nSachverstandigen fur Lichttechnik ... vom 19.2.2007 ist an Hand der in den\nLAI-Hinweisen enthaltenen Vorgaben erarbeitet und begegnet auch im Übrigen\nkeinen Bedenken. Nach dem Gutachten halt die Anlage die in den LAI-Hinweisen\ngenannten Immissionsrichtwerte ein, wenn die Einstellung der Leuchtdichte bei\neinem Betrieb der Anlage wahrend der Dunkelstunden von 5 % auf 2 % geandert\nwird. Zugrunde gelegt wurde dabei, dass die Anlage nur von 06.00 Uhr bis 20.00\nUhr betrieben wird. Die auf weiteren Messungen beruhende Erganzung des\nGutachtens vom 10.3.2007 bestatigt dessen Aussagen. Erganzend heißt es, dass\nbei einer Einstellung der Leuchtdichte bis 2,5 % die „hochsten Anspruche" der\nLAI-Hinweise auch bei einem Betrieb von 06.00 Uhr bis 22.00 Uhr erfullt seien. \n--- \n--- \n| 12 \n--- \n| Die Betriebszeiten der Anlage werden in dem Bauantrag des Beigeladenen nicht\ngenannt. Entsprechende Festlegungen sind auch in die Baugenehmigung nicht\naufgenommen worden. Fur das Schreiben der Antragsgegnerin vom 1.3.2007 gilt\ndas Gleiche. Mit diesem Schreiben hat die Antragsgegnerin auf das Gutachten\nvom 19.2.2007 reagiert und die Baugenehmigung durch eine nachtragliche Auflage\nerganzt, deren Inhalt sich nicht ohne weiteres erschließt, da die\nAntragsgegnerin sich im Wesentlichen darauf beschrankt hat, die Ergebnisse des\nGutachtens in ihrem Schreiben zusammenzufassen. Das als Verfugung bezeichnete\nund mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Schreiben durfte jedoch als\nAnordnung zu verstehen sein, dass die Anlage wahrend der Dunkelstunden nur in\nder Weise betrieben werden darf, dass die Einstellung der Leuchtdichte von 5 %\nauf 2 % geandert wird, auch wenn dies in dem Schreiben nicht mit der\nwunschenswerten Klarheit zum Ausdruck kommt. Weitergehende Einschrankungen,\ninsbesondere solche zeitlicher Art, konnen dem Schreiben dagegen nicht\nentnommen werden. \n--- \n--- \n| 13 \n--- \n| Die angefochtene Baugenehmigung durfte in ihrer gegenwartigen Form schon aus\ndiesem Grund rechtswidrig sein, da die Anlage nach den vorlegenden Gutachten\nbei einem - weder in der Baugenehmigung noch in dem Schreiben vom 1.3.2007\nausgeschlossenen - Betrieb auch in der Zeit nach 22 Uhr den Anforderungen der\nLAI-Hinweise nur dann genugt, wenn die Einstellung der Leuchtdichte uber das\nin dem Schreiben vom 1.3.2007 genannte Maß weiter verringert wird. Dass die\nAnlage derzeit tatsachlich nur bis 20 Uhr betrieben wird, andert daran nichts,\nda die Antragsteller keine Gewahr dafur haben, dass die Betriebszeiten von der\nBeigeladenen nicht in Zukunft ausgedehnt werden. \n--- \n--- \n| 14 \n--- \n| Ob eine nachtragliche Auflage, die die Betrieb der Anlage auf die Zeit von\n06 Uhr bis 22 Uhr beschrankt, genugt, um unzumutbare Beeintrachtigungen der\nAntragsteller auszuschließen, erscheint fraglich, auch wenn - was die Kammer\nim Hinblick auf die erwahnten Sachverstandigengutachten nicht bezweifelt - die\nAnlage in diesem Fall den in den LAI-Hinweisen genannten Anforderungen genugen\nsollte. Da die LAI-Hinweise keine Allgemeinverbindlichkeit beanspruchen und\nweder den vom Bundes-Immissionsschutzgesetz mit der Grenze der Erheblichkeit\nvon Belastigungen gesetzten Maßstab andern noch durch die vorgeschlagenen\nMess- und Bewertungsmethoden sowie Zu- und Abschlage zu Ergebnissen fuhren\ndurfen, die den Bewertungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes nicht\nentsprechen, haben die Gerichte sie daraufhin zu uberprufen, ob sie den vom\nBundes-Immissionsschutzgesetz gestellten Anforderungen entsprechen und diese\nregelhaft nachvollziehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.4.1991, a.a.O.). Die Frage,\nob die LAI-Hinweise diesen Anforderungen uneingeschrankt genugen, halt die\nKammer fur offen. \n--- \n--- \n| 15 \n--- \n| Die in den Hinweisen genannten Immissionsrichtwerte fur die - als Gradmesser\nder Raumaufhellung verwendeten - mittlere Beleuchtungsstarke differenzieren\nzwischen der Zeit von 06 Uhr bis 22 Uhr und der Zeit von 22 Uhr bis 06 Uhr.\nDer zur Festlegung der maximal zulassigen mittleren Leuchtdichte dienende\nProportionalitatsfaktor k wahrend der Dunkelstunden unterscheidet zwischen den\nZeiten von 06 Uhr bis 20 Uhr, 20 Uhr bis 22 Uhr und 22 Uhr bis 06 Uhr. Was\nAnlagen der vorliegenden Art betrifft, die verschiedenfarbiges Licht in zum\nTeil raschem Wechsel ausstrahlen, erscheint diese Unterteilung nur bedingt\nsachgerecht, da sie nicht berucksichtigt, dass der Grad der Beeintrachtigungen\nder Nachbarschaft durch die von einer solchen Anlage ausgehenden\nLichtimmissionen nicht allein von der Uhrzeit sondern auch - oder sogar\nvorrangig - davon abhangt, ob die Anlage wahrend der Tageszeit oder wahrend\nder Dunkelheit betrieben wird. Die Antragsteller haben wahrend des\nAugenscheins anschaulich beschrieben, welche Lichteffekte in ihren Wohnraumen\nentstehen, wenn die genehmigte Anlage wahrend der Dunkelheit eingeschaltet\nist. Die Antragsteller sprachen in diesem Zusammenhang von einer\nverschiedenfarbigen und standig flackernden Beleuchtung, die ihnen das Gefuhl\ngebe, sich in einer Diskothek zu befinden. Auch wenn sich die Kammer von\ndiesen Effekten kein eigenes Bild machen konnte, da der Augenschein zur\nTageszeit stattgefunden hat, halt sie die Schilderung der Antragsteller fur\nzumindest plausibel. Ob den Antragstellern, deren Grundstucke in einem\nallgemeinen Wohngebiet liegen und daher eine besondere Schutzwurdigkeit\ngegenuber Immissionen besitzen, ein Betrieb der Anlage auch wahrend der\nDunkelheit zugemutet werden kann, ist angesichts dessen fraglich. Bis zu einer\nabschließenden Klarung dieser Frage, die erst in einem etwaigen\nHauptsacheverfahren erfolgen kann, halt die Kammer es deshalb fur\nerforderlich, die aufschiebende Wirkung der Widerspruche der Antragsteller\nanzuordnen, soweit die Baugenehmigung einen Betrieb der Anlage auch wahrend\nder Dunkelheit gestattet, wobei unter Dunkelheit die Zeit von 30 Minuten nach\nSonnenuntergang bis 30 Minuten vor Sonnenaufgang zu verstehen ist. \n--- \n--- \n| 16 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf den § 155 Abs. 1 S. 3 und § 154 Abs. 3\nVwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 63 Abs. 2 S. 1 und\n39 Abs. 1 GKG. \n---\n\n |
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133,766 | olgkarl-2003-03-14-19-wx-1103 | 146 | Oberlandesgericht Karlsruhe | olgkarl | Baden-Württemberg | Oberlandesgericht | 19 Wx 11/03 | 2003-03-14 | 2019-01-07 10:34:01 | 2019-02-12 12:16:47 | Beschluss | ## Tenor\n\nAuf die sofortige weitere Beschwerde der Betroffenen wird der Beschluss des\nLandgerichts Offenburg vom 31.01.2003 (4 T 235/02) aufgehoben. Das Verfahren\nwird zur weiteren Prufung und Entscheidung an das Landgericht zuruckverwiesen.\n\n## Gründe\n\n| | I. \n--- \n| 1 \n--- \n| Die Betroffene wurde am 23.11.2002 in die "K. a. d. L." eingeliefert,\nnachdem sie aufgrund eines angeschwollenen linken Knochels zusammengebrochen\nwar und der Notfallarzt eine seelische Verwirrung festgestellt hatte. Die\nKlinik hat am 26.11.2002 einen Unterbringungsantrag gestellt und vorgetragen,\ndie Betroffene leide an einer akuten Psychose. Weiter bestehe der Verdacht\neiner Thrombose im linken Bein. \n--- \n| 2 \n--- \n| Die Betroffene ist diesem Antrag entgegengetreten. Nach Anhorung hat das\nAmtsgericht mit Beschluss vom 27.11.2002 im Wege der einstweiligen Anordnung\ndie vorlaufige Unterbringung der Betroffenen fur die Dauer von langstens 6\nWochen angeordnet. Weiter wurde die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung\nangeordnet. \n--- \n| 3 \n--- \n| Gegen diese Entscheidung hat die Betroffene mit Schriftsatz vom 28.11.2002\nsofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat am 06.12.2002 die\nBetroffene und den behandelnden Arzt angehort. Aufgrund Beschlusses der Kammer\nvom gleichen Tag hat der Sachverstandige Dr. D. am 10.12.2002 ein\npsychiatrisches Gutachten erstellt (AS. 121 - 141). \n--- \n| 4 \n--- \n| Am 23.12.2002 wurde die Betroffene in die psychiatrische Klinik W.-E.\nuberfuhrt. Dort wurde sie am 24.12.2002 entlassen. \n--- \n| 5 \n--- \n| Mit Hinweis vom 03.01.2003 (AS. 171) hat das Landgericht den Beteiligten\nGelegenheit zur Stellungnahme und Anpassung der Verfahrensantrage gegeben.\nHierauf hat die Betroffene nicht reagiert. Das Landgericht hat sodann mit\nBeschluss vom 31.01.2003 die sofortige Beschwerde mit der Begrundung\nzuruckgewiesen, eine Auslegung des Beschwerdevorbringens lasse nicht den\nSchluss zu, dass die Betroffene auch an einer nachtraglichen Feststellung der\nRechtswidrigkeit interessiert sei. Da sich durch die Entlassung die Hauptsache\nerledigt habe, sei die sofortige Beschwerde unbegrundet. \n--- \n| 6 \n--- \n| Gegen den Beschluss des Landgerichts hat die Betroffene sofortige weitere\nBeschwerde eingelegt und die Ansicht vertreten, das Landgericht habe zu\nUnrecht nicht uber die Rechtmaßigkeit der Unterbringung entschieden. In ihrer\nsofortigen Beschwerde sei inzident ein entsprechender Feststellungsantrag\nenthalten gewesen. \n--- \nII. \n--- \n| 7 \n--- \n| Das zulassige Rechtsmittel hat in der Sache in dem aus dem Beschlusstenor\nersichtlichen Umfang Erfolg. Es fuhrt zur Aufhebung der angefochtenen\nEntscheidung und Zuruckverweisung an das Landgericht, denn dessen Entscheidung\nhalt einer rechtlichen Nachprufung nicht stand (§ 27 Abs. 1 FGG, §§ 546, 547,\n559 ZPO). \n--- \n| 8 \n--- \n| Durch die Entlassung der Betroffenen, spatestens aber mit dem\nzwischenzeitlichen Ablauf des sechswochigen Unterbringungszeitraums hat sich\ndie Hauptsache erledigt. Grundsatzlich ist eine Beschwerde zu verwerfen, wenn\nder Beschwerdefuhrer diese trotz Erledigung in vollem Umfang aufrecht erhalt\n(Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 13 a Rdn. 47; Keidel/Kahl, a.a.O., § 19\nRdn. 94). Nach den Grundsatzen, die das Bundesverfassungsgericht zur\nRechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG entwickelt hat, ist eine nachtragliche\nFeststellung der Rechtswidrigkeit allerdings bei vorlaufiger gerichtlich\nangeordneter Unterbringung nach § 70 h FGG i.V.m. Landesrecht regelmaßig in\nBetracht zu ziehen (BVerfG, NJW 1998, 2432). In diesen Fallen tiefgreifender\nGrundrechtseingriffe ist trotz Erledigung von einem fortbestehenden\nRechtsschutzinteresse auszugehen (BVerfG, NJW 2002, 2456 ff). Diesen\nrechtlichen Ausgangspunkt hat das Landgericht auch nicht verkannt,\nrechtsfehlerhaft geht es allerdings davon aus, dass die Betroffene\nverpflichtet gewesen ware, ihren Antrag ausdrucklich auf einen\nFeststellungsantrag "umzustellen" bzw. eine Auslegung ihres Rechtsmittels im\nSinne eines Feststellungsbegehrens nicht moglich sei. \n--- \n| 9 \n--- \n| Erklarungen und Antrage gegenuber dem Gericht konnen auslegungsbedurftig\nsein. Das Gericht muss nach Moglichkeit den Willen des Erklarenden erforschen,\nsofern dieser in der Erklarung verkorpert ist (Keidel/Zimmermann, § 11 Rdn. 35\nm.w.N.). Entscheidend ist der Inhalt und das erkennbare Ziel eines Antrags auf\nder Grundlage einer wohlwollenden Auslegung. Diese, auch im ZPO-Verfahren\ngeltenden (vgl. etwa fur die Umdeutung eines Leistungsantrags in einen\nFeststellungsantrag BGH MDR 1988, 46) Grundsatze, sind im FGG-Verfahren schon\ndeshalb besonders zu beachten, weil dort Beschwerde und sofortige Beschwerde\nuberhaupt keines formlichen Antrags oder einer Begrundung bedurfen\n(Keidel/Sternal § 21 Rdn. 23 m.w.N.). \n--- \n| 10 \n--- \n| Da es sich bei der Auslegung des Antrags der Betroffenen um die Auslegung\neiner prozessualen Erklarung handelt, bindet die Auslegung durch das\nLandgericht den Senat nicht (BGH NJW-RR 1996, 1210 f; Keidel/Meyer-Holz, § 27\nRdn. 50). Die Auslegung des Vorbringens der Betroffenen durch den Senat\nergibt, dass sie die Rechtswidrigkeit der Unterbringungsmaßnahme festgestellt\nhaben will, so dass es nicht darauf ankommt, dass sie ihren ursprunglichen\nAntrag auf Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses und der -\nzwischenzeitlich erledigten - Unterbringungsmaßnahme nicht ausdrucklich\nangepasst hat (zutreffend: BayObLG FamRZ 2000, 1537 f). Der Inhalt der\nzahlreichen Schriftsatze der Betroffenen lasst keinen Zweifel daran, dass sie\nder Ansicht ist, dass sie die Unterbringungsmaßnahme fur unberechtigt und\ndamit rechtswidrig halt. Nur eine solche Auslegung des Rechtsschutzbegehrens\nentspricht dem wohlverstandenen Interesse der Betroffenen. Die Auslegung des\nLandgerichts, das Vorbringen der Betroffenen sei auf die sofortige Entlassung\naus der Unterbringung gerichtet gewesen, mag zwar bis zum Zeitpunkt der\ntatsachlichen Entlassung zutreffend gewesen sein, berucksichtigt aber in\nkeiner Weise die wesentliche Tatsache, dass die Betroffene zwischenzeitlich\naus der Unterbringung entlassen worden ist und die hierdurch eingetretene\nVeranderung. Ein Verstoß gegen anerkannte Auslegungsgrundsatze - und damit\neine Rechtsverletzung - ist u.a. aber auch dann gegeben, wenn nicht alle fur\ndie Auslegung wesentlichen Tatsachen berucksichtigt werden (BGH NJW-RR 1991,\n495 ff. m.w.N.). Das Landgericht, das den Antrag der Betroffenen so versteht,\ndass dieser erfolglos bleiben muss, verstoßt zudem gegen den\nAuslegungsgrundsatz, wonach im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den\nMaßstaben der Rechtsordnung vernunftig ist und der recht verstandenen\nInteressenlage entspricht (BGH NJW-RR 1996, 1210 f. m.w.N.). \n--- \n| 11 \n--- \n| Die angefochtene Entscheidung beruht auch auf dieser Rechtsverletzung. \n--- \n| 12 \n--- \n| Nachdem das Landgericht in der Sache selbst noch nicht entschieden hat, hat\nder Senat von der Moglichkeit der Zuruckverweisung Gebrauch gemacht\n(Keidel/Meyer-Holz, § 27 Rdn. 58). Das Landgericht wird im Rahmen der zu\ntreffenden Entscheidung auch eine die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens\nerfassende Entscheidung nach § 13 a FGG zu treffen haben (Keidel/Zimmermann, §\n13 a Rdn. 36 ff.). \n---\n\n |
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133,819 | lsgbw-2004-02-03-l-11-kr-253403 | 128 | Landessozialgericht Baden-Württemberg | lsgbw | Baden-Württemberg | Sozialgerichtsbarkeit | L 11 KR 2534/03 | 2004-02-03 | 2019-01-07 10:34:46 | 2019-01-17 11:53:46 | Urteil | ## Tenor\n\nDie Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom\n23. Mai 2003 wird zuruckgewiesen.\n\nDie Beklagte hat der Klagerin und dem Beigeladenen die Kosten des\nBerufungsverfahrens zu erstatten.\n\n## Tatbestand\n\n| \n---|--- \n| 1 \n--- \n| Zwischen den Beteiligten ist streitig, welche Krankenkasse fur ein\nscheineheliches Kind vor Anerkennung der Vaterschaft zustandig ist und ob ein\nErstattungsanspruch der Klagerin nach § 111 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB\nX) wegen Fristablaufs ausgeschlossen ist. \n--- \n| 2 \n--- \n| Der Beigeladene T.M. (T.M.) wurde am 18.01.2000 geboren. In der\nGeburtsbescheinigung, die bei der Klagerin am 08.02.2000 einging, waren als\nEltern die seit 1984 verheirateten R. S. (R.S.) und E. I. S. (E.S.) angegeben.\nE.S. war zum damaligen Zeitpunkt uber ihren Ehemann bei der Klagerin\nfamilienversichert. T.M., der damals noch T. S. hieß, wurde in die\nFamilienversicherung aufgenommen. Die Klagerin ubernahm fur ihn in der Zeit\nvom 18.01. bis 13.09.2000 die Kosten von Krankenhausbehandlung und\nArzneimittel sowie Fahrtkosten in Hohe von insgesamt 8.587,41 EURO. \n--- \n| 3 \n--- \n| Am 07.11.2000 wurde die Ehe der Eheleute S. auf den am 10.05.2000\nzugestellten Scheidungsantrag durch Urteil des Amtsgerichts H. rechtskraftig\ngeschieden. \n--- \n| 4 \n--- \n| Bereits am 27.06.2000 hatte ebenfalls das Amtsgericht H. nach Anfechtung\nder Vaterschaft des R.S. durch E.S., der R.S. nicht entgegengetreten war,\nfestgestellt, dass R.S. nicht der Vater von T. Schmidt ist. Durch Urkunde vom\n07.11.2000 anerkannte Eduard Moser (E.M.) die Vaterschaft mit Zustimmung der\nMutter. Seit 30.11.2001 sind Evi Ingrid Moser (E.I.M. <geschiedene Schmidt>)\nund E.M. miteinander verheiratet. \n--- \n| 5 \n--- \n| Am 19.03.2002 teilte E.I.M. der Klagerin telefonisch mit, ihre Ehe mit R.S.\nsei „irgendwann" in 2000 geschieden worden. Nachfolgend legte sie das\nScheidungsurteil vor. \n--- \n| 6 \n--- \n| Mit Bescheid vom 03.04.2002 stornierte die Klagerin die ab 18.01.2000\neingerichtete Familienversicherung des beigeladenen T.M.. \n--- \n| 7 \n--- \n| Unter dem 19.04.2002 machte die Klagerin ihren Erstattungsanspruch\ngegenuber der Beklagten, bei der E.M. krankenversichert ist, geltend. \n--- \n| 8 \n--- \n| Die Beklagte erteilte T.M. unter dem 14.06.2002 zunachst eine\nMitgliedschaftsbescheinigung dahingehend, dass er ab 20.01.2000 bei ihr\nversichert sei. Mit Bescheinigung vom 21.06.2002 berichtigte sie dies\ndahingehend, dass die Versicherung erst ab 07.11.2000 eingetreten sei. \n--- \n| 9 \n--- \n| Unter gleichem Datum teilte die Beklagte der Klagerin mit, die\nFamilienversicherung fur den Beigeladenen bei E.M. sei erst ab dem Tag der\nErstellung der Urkunde uber die Anerkennung der Vaterschaft moglich. Die\nRechtswirkung der Anerkennung der Vaterschaft konne erst von diesem Zeitpunkt\nan, also dem 07.11.2000, geltend gemacht werden. \n--- \n| 10 \n--- \n| Die Klagerin trug dagegen vor, die Vaterschaft von E.M. sei nie\nangezweifelt worden. Im Übrigen sei der Zeitpunkt der Feststellung der\nVaterschaft fur die Entstehung des Anspruchs auf Leistungen der Familienhilfe\nnicht entscheidend. Die Familienversicherung beginne mit der Erfullung der\ngesetzlichen Voraussetzungen. Dies sei der Tag der Geburt des Kindes, da E.M.\nzu diesem Zeitpunkt bei der Beklagten versichert gewesen sei und sich aus\nseiner Versicherung die Familienversicherung ableite. Die Ausschlussfrist fur\nden Erstattungsanspruch beginne fruhestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der\nerstattungsberechtigte Leistungstrager Kenntnis erlangt habe. \n--- \n| 11 \n--- \n| Unter dem 17.07.2002 bezifferte die Klagerin ihren Erstattungsanspruch der\nHohe nach mit 8.332,88 EURO. \n--- \n| 12 \n--- \n| Die Beklagte trat dem Begehren erneut entgegen. Sie fuhrte aus, T.M. sei\nals nichteheliches Kind nach dem Burgerlichen Gesetzbuch anzusehen. Ein\nRechtsverhaltnis zwischen dem nichtehelichen Kind und dem Vater werde erst\ndurch die Anerkennung bzw. durch die gerichtliche Vaterschaftsfeststellung\nbegrundet. Vorher konne sich niemand auf die Vaterschaft berufen. Eine\nFamilienversicherung sei deshalb erst ab 07.11.2000 moglich. Der\nErstattungsanspruch werde nicht anerkannt. \n--- \n| 13 \n--- \n| Die Klagerin vertrat demgegenuber weiter die Ansicht, die Feststellung der\nVaterschaft sei fur die Entstehung des Anspruchs auf Leistungen der\nFamilienhilfe nicht entscheidend. Dieser Zeitpunkt bestimme auch nicht das\nEntstehen eines Ersatzanspruchs und scheide als Anknupfungspunkt fur den\nFristbeginn gemaß § 111 SGB X aus. \n--- \n| 14 \n--- \n| Mit Schreiben vom 19.11.2002 anerkannte die Beklagte einen\nErstattungsanspruch fur den Beigeladenen in Hohe von 254,53 EURO hinsichtlich\nder ab dem 07.11.2000 entstandenen Arzneimittelkosten. \n--- \n| 15 \n--- \n| Daraufhin erhob die Klagerin Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG), mit der\nsie ihren Erstattungsanspruch weiterverfolgte. Sie wies noch einmal darauf\nhin, die rechtskraftige Feststellung der Vaterschaft sei keine Voraussetzung\nfur die Familienversicherung. Diese werde daher auch gegebenenfalls\nruckwirkend ab dem Zeitpunkt begrundet, an dem die Voraussetzungen des § 10\nSozialgesetzbuch Funftes Buch (SGB V) erfullt seien. Durch die Anerkennung der\nVaterschaft von E.M. seien die Voraussetzungen fur die Durchfuhrung der\nFamilienversicherung seines Kindes T. von Geburt an erfullt. § 1600a\nBurgerliches Gesetzbuch (BGB) sehe kein Ruckwirkungsverbot vor. Auch die\nUnterhaltsverpflichtungen wurden ruckwirkend begrundet. \n--- \n| 16 \n--- \n| Die Beklagte wandte dagegen noch einmal ein, der Beginn der\nFamilienversicherung nach § 10 SGB V komme erst ab Anerkennung der Vaterschaft\nin Betracht. Dies bestatige auch § 1594 Abs. 1 BGB, der bestimme, dass die\nRechtswirkungen der Anerkennung erst von dem Zeitpunkt an geltend gemacht\nwerden konnten, zu dem die Anerkennung wirksam werde. Die Tatsache, dass nach\neiner Anerkennung der Vaterschaft auch fur die Vergangenheit\nUnterhaltsverpflichtungen begrundet wurden, sei fur das vorliegende Verfahren\nnicht von Bedeutung. Wahrend die fruhere Bestimmung des § 205\nReichsversicherungsordnung (RVO) den Anspruch auf Familienkrankenhilfe von\nKindern von deren Unterhaltsberechtigung abhangig gemacht habe, sehe dies § 10\nSGB V nicht mehr vor. \n--- \n| 17 \n--- \n| Mit Urteil vom 23.05.2003, der Beklagten zugestellt am 03.06.2003,\nverurteilte das SG die Beklagte, der Klagerin die in der Zeit vom 18.01. bis\n06.11.2000 fur den Beigeladenen angefallenen Behandlungskosten in Hohe von\ninsgesamt 8.332,88 EURO zu erstatten. In den Entscheidungsgrunden fuhrte es\naus, unter Berucksichtigung der zivilrechtlichen Grundsatze sei der\nBeigeladene fur den streitgegenstandlichen Zeitraum als nichteheliches Kind\ndes bei der Beklagten Versicherten E.M. uber die Beklagte familienversichert.\nDie Rechtswirkungen der Anerkennung der Vaterschaft konnten gemaß § 1594 Abs.\n1 BGB erst von dem Zeitpunkt an geltend gemacht werden, zu dem die Anerkennung\nwirksam werde, soweit sich nicht aus dem BGB etwas anderes ergebe. Die\nRegelung des § 1594 Abs. 1 BGB sei jedoch nur eine Rechtsausubungssperre und\nkeine Rechtswirksamkeitssperre. Der Beginn der Familienversicherung sei von\ndiesem Zeitpunkt nicht abhangig. Diese werde ruckwirkend ab dem Zeitpunkt\nbegrundet, an dem die Voraussetzungen des § 10 SGB V erfullt seien. Etwas\nanderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Beigeladene aufgrund der\nVermutung des § 1592 Nr. 1 BGB zunachst bis zum Vaterschaftsanerkenntnis per\nFiktion als eheliches Kind des bei der Klagerin versicherten R.S. gegolten\nhabe. Insoweit sei die Vermutung der Ehelichkeit nachrangig zu der\nnachtraglich anerkannten Nichtehelichkeit. Mit der Vaterschaftsanerkennung\nstehe es dem bisher aufgrund bestehender Ehe mit der Kindsmutter „fingierten"\nScheinvater frei, erbrachte Unterhaltsleistungen von dem nunmehr anerkannten\nbiologischen Vater erstattet zu verlangen. Sachgerecht sei es daher im\nErgebnis, wenn auch die Krankenkasse - hier die Klagerin - die zunachst auf\nder Grundlage der gesetzlichen Vaterschaftsfiktion geleistet habe, ihre Kosten\nvon der Krankenkasse des nunmehr anerkannten Vaters - hier der Beklagten -\nerstattet verlangen konne. \n--- \n| 18 \n--- \n| Hiergegen richtet sich die am 30.06.2003 eingelegte Berufung der Beklagten.\nZur Begrundung tragt sie vor, die Ausfuhrungen des SG hielten einer\nrechtlichen Nachprufung nicht stand. Auch nach dem Zivilrecht bestehe ein\nUnterhaltsanspruch fur die Vergangenheit gemaß § 1613 BGB nur in\neingeschranktem Umfang, namlich ab dem Zeitpunkt, ab dem der Verpflichtete zum\nZwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden sei,\nuber seine Einkunfte und sein Vermogen Auskunft zu erteilen, ab dem Zeitpunkt,\nzu dem der Verpflichtete mit dem Unterhaltsanspruch in Verzug gekommen sei\noder ab dem Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch rechtshangig geworden\nsei. Im Übrigen kamen Unterhaltsanspruche fur die Vergangenheit nur unter den\nAusnahmetatbestanden des § 1613 Abs. 2 BGB in Betracht. Daraus ergebe sich der\nGrundsatz, dass kein Unterhalt fur die Vergangenheit und zwar auch dann nicht,\nwenn der Unterhaltsglaubiger deshalb Schulden machen musse, bestehe. Scheide\nsomit ein Unterhaltsanspruch fur die Vergangenheit aus, so sei es auch nicht\nmoglich, eine Familienmitversicherung ruckwirkend in Kraft zu setzen. Diese\nwerde zutreffenderweise erst ab 07.11.2000 durchgefuhrt. Auf jeden Fall sei\njedoch auch der Erstattungsanspruch nach § 111 SGB X verspatet angemeldet\nworden. Streitig seien Leistungen fur die Zeit vom 20.01.2000 bis 06.11.2000.\nDer Erstattungsanspruch hatte danach spatestens bis 06.11.2001 angemeldet\nwerden mussen. Die Bestimmung des § 111 Satz 2 SGB X sei nicht anwendbar.\nDanach beginne die Frist zur Anmeldung des Erstattungsanspruchs zwar\nfruhestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte\nLeistungstrager von der Entscheidung des erstattungspflichtigen\nLeistungstragers uber seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt habe. Dies setze\naber eben eine Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungstragers uber\nseine Leistungspflicht voraus. Eine solche Entscheidung liege nicht vor. Unter\neiner Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungstragers uber seine\nLeistungspflicht sei auch nicht die Ablehnung eines Erstattungsanspruchs zu\nverstehen. Die als wirksam anzusehende Anmeldung sei erst mit Schreiben vom\n17.07.2002 erfolgt. Diese Anmeldung sei verfristet. Auch wenn man auf den\nZeitpunkt der Feststellung bzw. die Anerkennung der Vaterschaft am 07.11.2000\nabstelle, sei das Schreiben der Klagerin vom 17.07.2002 als verfristet\nanzusehen. Dass die Klagerin von den anspruchsbegrundenden Umstanden erst\naufgrund der telefonischen Mitteilung der Versicherten E.I.M. am 19.03.2002\nKenntnis erlangt habe, konne von der Klagerin auch nicht mit Erfolg\nvorgebracht werden. Dabei handele es sich nur um tatsachliche, nicht jedoch um\nrechtliche Hinderungsgrunde. \n--- \n| 19 \n--- \n| Die Beklagte beantragt, \n--- \n| 20 \n--- \n| das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Mai 2003 aufzuheben. \n--- \n| 21 \n--- \n| Die Klagerin beantragt, \n--- \n| 22 \n--- \n| die Berufung zuruckzuweisen. \n--- \n| 23 \n--- \n| Die Familienversicherung nach § 10 SGB V sei nicht abhangig von\nUnterhaltsanspruchen. Mit Anerkennung der Vaterschaft konnten die Rechte des\nKindes - gegebenenfalls auch ruckwirkend - geltend gemacht werden. Dies konne\nauch nicht an § 1613 BGB scheitern. E.M. habe offensichtlich von Geburt an den\nKindesunterhalt sichergestellt. Erst durch das Schreiben der Beklagten vom\n14.06.2002 habe sie von der Zustandigkeit und der Leistungspflicht der\nBeklagten Kenntnis nehmen konnen. Daher beginne die Frist fur die Anmeldung\ndes Erstattungsanspruchs nach § 111 Satz 2 SGB X erst mit diesem Zeitpunkt. \n--- \n| 24 \n--- \n| Mit Beschluss vom 22.09.2003 hat der Senat T.M. zum Verfahren beigeladen. \n--- \n| 25 \n--- \n| Die Mutter des Kindes E.I.M. hat auf Nachfrage mitgeteilt, sie selbst habe\ndie Vaterschaft von R.S. angefochten. Sie hat das Protokoll der\nnichtoffentlichen Sitzung des Amtsgerichts H. vom 20.06.2000 sowie das Urteil\ndieses Gerichts vom 27.06.2000, den Scheidungsantrag vom 10.04.2000 und ein\nSchreiben des Amtsgerichts H. vom 24.05.2000 den Versorgungsausgleich\nbetreffend vorgelegt. \n--- \n| 26 \n--- \n| Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. \n--- \n| 27 \n--- \n| Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mundliche\nVerhandlung einverstanden erklart. \n--- \n| 28 \n--- \n| Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der\nBeteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten und die\nVerwaltungsakten der Beteiligten Bezug genommen. \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| \n---|--- \n| 29 \n--- \n| Die Berufung der Beklagten, uber die der Senat mit Zustimmung der\nBeteiligten gemaß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mundliche Verhandlung\nentschieden hat, ist zulassig, jedoch unbegrundet. Das SG hat die Beklagte zu\nRecht dazu verurteilt, der Klagerin die fur den beigeladenen T.M. in der Zeit\nvom 18.01.2000 bis 06.11.2000 angefallenen Behandlungskosten in Hohe von\ninsgesamt 8.332,88 EUR zu erstatten. \n--- \n--- \n| 30 \n--- \n| Dass § 103 SGB X die richtige Anspruchsnorm ist, wird von den Beteiligten\nnicht bestritten. Danach kann ein Leistungstrager von dem fur die\nentsprechende Leistung zustandigen Leistungstrager Erstattung verlangen, wenn\nder gegen ihn gerichtete Anspruch nachtraglich ganz oder teilweise entfallen\nist. Weitere Voraussetzung ist, dass der erstattungspflichtige Leistungstrager\nnicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen\nLeistungstragers Kenntnis erlangt hat. Eine solche Fallkonstellation liegt\nhier vor. Die klagende Krankenkasse hat nach § 10 SGB V dem beigeladenen T.M.\nLeistungen erbracht, weil dieser aufgrund seiner Scheinehelichkeit uber den\nScheinvater R.S. bei ihr krankenversichert war. Mit Urteil vom 27.06.2000\nstellte das Amtsgericht H. fest, dass R.S. nicht der Vater von T.M. ist. Durch\nUrkunde vom 07.11.2000 anerkannte E.M. die Vaterschaft des T.M.. Aufgrund\ndieser Konstellation ist die Beklagte die fur den beigeladenen T.M. zustandige\nKrankenversicherung, da sein Vater E.M. bei ihr versichert ist. Der\nursprunglich gegen die Klagerin gerichtete Familienhilfeanspruch ist\nnachtraglich entfallen. Die Beklagte hat fur den Beigeladenen auch noch keine\nLeistungen erbracht. Ein Erstattungsverhaltnis gemaß § 103 SGB X liegt somit\ndem Grunde nach zwischen der Klagerin und der Beklagten vor. \n--- \n--- \n| 31 \n--- \n| Wie das SG zutreffend ausgefuhrt hat, hat die Vaterschaftsanerkennung des\nE.M. vom 07.11.2000 zur Folge, dass die Familienversicherung des beigeladenen\nT.M. nicht erst mit dem Zeitpunkt der Vaterschaftsfeststellung, sondern\nruckwirkend ab Geburt bei der Beklagten beginnt. Der Senat schließt sich\nhinsichtlich dieses Punktes den begrundeten und zutreffenden Ausfuhrungen des\nSG im angefochtenen Urteil in vollem Umfang an und sieht insoweit von einer\nweiteren Darstellung der Entscheidungsgrunde ab (§ 153 Abs. 2 SGG). \n--- \n--- \n| 32 \n--- \n| Erganzend ist darauf hinzuweisen, dass nicht allein die\nVaterschaftsanerkennung dazu gefuhrt hat, dass E.M. nunmehr als Vater des\nbeigeladenen T.M. anzusehen ist, vielmehr wurde aufgrund der Anfechtung der\nVaterschaft durch die Mutter des beigeladenen T.M. auch rechtskraftig\nfestgestellt, dass ihr ursprunglicher Ehemann R.S. nicht der Vater des Kindes\nist. Durch das entsprechende Urteil des Amtsgerichts H. wurde das bisherige\nVater-Kind-Verhaltnis zwischen R.S. und T.M. mit Ruckwirkung auf den Tag der\nGeburt des Kindes aufgehoben. Die Vermutung der Ehelichkeit galt nicht mehr.\nDas Kind galt damit abstammungsrechtlich als vaterlos. Aufgrund der\nVaterschaftsanerkennung des E.M. bekam es dann einen „neuen" Vater (vgl.\nDiederichsen in Palandt, BGB-Kommentar, 62. Aufl., § 1599 RdZiff. 7). Gemaß §\n1594 BGB konnen die Rechtswirkungen der Anerkennung der Vaterschaft durch E.M.\nerst von dem Zeitpunkt an geltend gemacht werden, zu dem die Anerkennung\nwirksam wird. Dies hat - worauf das SG zu Recht hingewiesen hat - jedoch nur\nzur Folge, dass die Rechtswirkungen der Vaterschaft und damit auch die\nAnspruche aus der Familienversicherung - erst von diesem Zeitpunkt an geltend\ngemacht werden konnen. Vorher kann sich grundsatzlich niemand auf die\nVaterschaft des Mannes berufen (vgl. Diederichsen a.a.O., § 1594 RdZiff. 5).\nDies heißt jedoch nicht, dass die Anspruche deshalb auch erst ab diesem\nZeitpunkt entstehen. Die Entstehung der Anspruche tritt mit der Anerkennung\nruckwirkend ab der Geburt ein. Die Anspruche konnen nur erst ab diesem\nZeitpunkt geltend gemacht. § 1594 Abs. 1 BGB wird als Rechtsausubungssperre,\njedoch nicht als Rechtswirksamkeitssperre angesehen. Dementsprechend konnen\nauch die aus dem nichtehelichen Verwandtschaftsverhaltnis (§ 1589 Satz 1 BGB)\nresultierenden Anspruche nach erfolgter Vaterschaftsfeststellung ruckwirkend\nab Geburt des Kindes geltend gemacht werden. Daraus ist zu folgern, dass auch\nsonstige Anspruche und hierzu gehort auch der Anspruch auf\nFamilienkrankenhilfe ruckwirkend ab Geburt geltend gemacht werden konnen.\nDarauf, ob § 10 SGB V im Gegensatz zu § 205 RVO den Anspruch auf\nFamilienkrankenhilfe von Kindern nicht mehr von deren Unterhaltsberechtigung\nabhangig macht, kommt es nicht an. Entscheidend ist, dass samtliche Anspruche\nund nicht nur die Anspruche auf Unterhalt ruckwirkend begrundet werden. Das\nnichteheliche Kind kann gemaß § 1612 Abs. 2 Nr. 2a BGB auch fur die\nVergangenheit Unterhalt verlangen. Die Feststellung der Vaterschaft wirkt fur\nund gegen alle auf den Zeitpunkt der Geburt zuruck. Ebenso verhalt es sich\nauch im Bereich des Kindergeldrechts. Kindergeld wird nach der Anerkennung\nauch fur Zeitraume vor der Vaterschaftsfeststellung zugesprochen (BSG, Urteil\nvom 22.09.1993 - 10 RKg 6/93 -, SozR 3-5870 § 9 BKGG Nr. 2). \n--- \n| 33 \n--- \n| Entgegen der Meinung der Beklagten scheitert der Erstattungsanspruch auch\nnicht an der Ausschlusswirkung des § 111 SGB X. \n--- \n| 34 \n--- \n| Zwar ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der\nErstattungsberichtigte ihn nicht spatestens 12 Monate nach Ablauf des letzten\nTages, fur den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Insoweit hat die\nKlagerin fur den beigeladenen T.M. erstmals am 18.01.2000 Leistungen erbracht\nund ist letztmals am 08.11.2001 in Anspruch genommen worden. Ihren\nErstattungsanspruch angemeldet hat sie am 19.04.2002. Die detaillierte\nAufstellung erfolgte unter dem 18.07.2002. Damit waren entsprechend der\nAusschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X zumindest die Leistungen, die bis\n18.04.2001 erbracht wurden, ausgeschlossen. Mit einem Teil ihrer Anspruche\nware die Klagerin auch dann ausgeschlossen, wenn man entsprechend der vom\nBundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 08.03.1990 - 3 RK 12/89 -\nvertretenen Auffassung, der sich der Senat grundsatzlich anschließt, die Frist\nerst am 07.11.2000, dem Tag, an dem die Vaterschaft anerkannt wurde, beginnen\nlasst, da die ersatzberechtigte Krankenkasse ihren Ersatzanspruch vorher aus\nallgemeinen Rechtsgrunden gar nicht durchsetzen konnte. Daraus wurde folgen,\ndass der Erstattungsanspruch spatestens am 06.11.2001 hatte geltend gemacht\nwerden mussen. Die Klagerin ware damit aufgrund der Geltendmachung erst im\nApril bzw. Juli 2002 auch insoweit teilweise mit ihren Anspruchen\nausgeschlossen. \n--- \n--- \n| 35 \n--- \n| Erganzend bestimmt § 111 Satz 2 SGB X jedoch, dass der Lauf der Frist\nfruhestens mit dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der erstattungsberichtigte\nLeistungstrager von der Entscheidung des erstattungspflichtigen\nLeistungstragers uber seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Aufgrund\ndieser Neufassung des Satzes 2 des § 111 SGB X mit Wirkung vom 01.01.2001\ndurch das 4. Euro-Einfuhrungsgesetz hat der erstattungsberechtigte Trager\nnunmehr die Chance, auch oft mehrere Jahre zuruckliegende von ihm erbrachte\nLeistungen erstattet zu bekommen. Die vorangegangene Regelung, die lediglich\nauf die erbrachten Leistungen abgestellt hatte, konnte nicht zu befriedigenden\nErgebnissen fuhren. Der erstattungsberechtigte Trager hatte in Fallen, in\ndenen eine Bewilligung des anderen Versicherungstragers noch gar nicht vorlag,\noftmals keine Moglichkeit innerhalb der Frist zu reagieren (vgl. Steinbach in\nHauck/Haines, Sozialgesetzbuch SGB X/3 K § 111 RdZiff. 8). Die Beklagte hat\nhier erstmals mit Bescheid vom 14.06.2002 entschieden, dass der beigeladene\nT.M. bei ihr versichert ist. Eine Berichtigung erfolgte am 21.06.2002. Die\nKlagerin hat von der ersten Mitgliedschaftsbescheinigung per Fax am\n14.06.2002, von der zweiten mit Schreiben vom 21.06.2002 Kenntnis erhalten.\nDiese beiden Mitgliedschaftsbescheinigungen stellen Entscheidungen der\nBeklagten uber ihre Leistungspflicht dar. Es kann nun dahingestellt bleiben,\nob bereits in der ersten Mitgliedschaftsbescheinigung die maßgebende\nEntscheidung des erstattungspflichtigen Leistungstragers zu sehen ist, oder ob\nauf die berichtigte Mitgliedschaftsbescheinigung abzustellen ist, denn auf\njeden Fall hat die Klagerin, einerlei auf welches Datum man abstellt, sowohl\nmit der vorsorglichen Anmeldung ihres Erstattungsanspruchs am 19.04.2002 als\nauch mit dem detaillierten Erstattungsanspruch vom 17.07.2002 die\nAusschlussfrist von einem Jahr eingehalten. Die Frist greift fur den hier im\nStreit stehenden Erstattungsanspruch nicht ein. Der von der Beklagten zu\nkeinem Zeitpunkt der Hohe nach bestrittene Anspruch auf Erstattung ist\nbegrundet. \n--- \n| 36 \n--- \n| Die Berufung der Beklagten ist daher zuruckzuweisen. \n--- \n| 37 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154\nVerwaltungsgerichtsordnung. Der Senat halt es fur angemessen, die Kosten des\nBeigeladenen der Beklagten aufzuerlegen. \n--- \n| 38 \n--- \n| Grunde fur die Zulassung der Revision liegen nicht vor. \n--- \n \n## Gründe\n\n| \n---|--- \n| 29 \n--- \n| Die Berufung der Beklagten, uber die der Senat mit Zustimmung der\nBeteiligten gemaß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mundliche Verhandlung\nentschieden hat, ist zulassig, jedoch unbegrundet. Das SG hat die Beklagte zu\nRecht dazu verurteilt, der Klagerin die fur den beigeladenen T.M. in der Zeit\nvom 18.01.2000 bis 06.11.2000 angefallenen Behandlungskosten in Hohe von\ninsgesamt 8.332,88 EUR zu erstatten. \n--- \n--- \n| 30 \n--- \n| Dass § 103 SGB X die richtige Anspruchsnorm ist, wird von den Beteiligten\nnicht bestritten. Danach kann ein Leistungstrager von dem fur die\nentsprechende Leistung zustandigen Leistungstrager Erstattung verlangen, wenn\nder gegen ihn gerichtete Anspruch nachtraglich ganz oder teilweise entfallen\nist. Weitere Voraussetzung ist, dass der erstattungspflichtige Leistungstrager\nnicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen\nLeistungstragers Kenntnis erlangt hat. Eine solche Fallkonstellation liegt\nhier vor. Die klagende Krankenkasse hat nach § 10 SGB V dem beigeladenen T.M.\nLeistungen erbracht, weil dieser aufgrund seiner Scheinehelichkeit uber den\nScheinvater R.S. bei ihr krankenversichert war. Mit Urteil vom 27.06.2000\nstellte das Amtsgericht H. fest, dass R.S. nicht der Vater von T.M. ist. Durch\nUrkunde vom 07.11.2000 anerkannte E.M. die Vaterschaft des T.M.. Aufgrund\ndieser Konstellation ist die Beklagte die fur den beigeladenen T.M. zustandige\nKrankenversicherung, da sein Vater E.M. bei ihr versichert ist. Der\nursprunglich gegen die Klagerin gerichtete Familienhilfeanspruch ist\nnachtraglich entfallen. Die Beklagte hat fur den Beigeladenen auch noch keine\nLeistungen erbracht. Ein Erstattungsverhaltnis gemaß § 103 SGB X liegt somit\ndem Grunde nach zwischen der Klagerin und der Beklagten vor. \n--- \n--- \n| 31 \n--- \n| Wie das SG zutreffend ausgefuhrt hat, hat die Vaterschaftsanerkennung des\nE.M. vom 07.11.2000 zur Folge, dass die Familienversicherung des beigeladenen\nT.M. nicht erst mit dem Zeitpunkt der Vaterschaftsfeststellung, sondern\nruckwirkend ab Geburt bei der Beklagten beginnt. Der Senat schließt sich\nhinsichtlich dieses Punktes den begrundeten und zutreffenden Ausfuhrungen des\nSG im angefochtenen Urteil in vollem Umfang an und sieht insoweit von einer\nweiteren Darstellung der Entscheidungsgrunde ab (§ 153 Abs. 2 SGG). \n--- \n--- \n| 32 \n--- \n| Erganzend ist darauf hinzuweisen, dass nicht allein die\nVaterschaftsanerkennung dazu gefuhrt hat, dass E.M. nunmehr als Vater des\nbeigeladenen T.M. anzusehen ist, vielmehr wurde aufgrund der Anfechtung der\nVaterschaft durch die Mutter des beigeladenen T.M. auch rechtskraftig\nfestgestellt, dass ihr ursprunglicher Ehemann R.S. nicht der Vater des Kindes\nist. Durch das entsprechende Urteil des Amtsgerichts H. wurde das bisherige\nVater-Kind-Verhaltnis zwischen R.S. und T.M. mit Ruckwirkung auf den Tag der\nGeburt des Kindes aufgehoben. Die Vermutung der Ehelichkeit galt nicht mehr.\nDas Kind galt damit abstammungsrechtlich als vaterlos. Aufgrund der\nVaterschaftsanerkennung des E.M. bekam es dann einen „neuen" Vater (vgl.\nDiederichsen in Palandt, BGB-Kommentar, 62. Aufl., § 1599 RdZiff. 7). Gemaß §\n1594 BGB konnen die Rechtswirkungen der Anerkennung der Vaterschaft durch E.M.\nerst von dem Zeitpunkt an geltend gemacht werden, zu dem die Anerkennung\nwirksam wird. Dies hat - worauf das SG zu Recht hingewiesen hat - jedoch nur\nzur Folge, dass die Rechtswirkungen der Vaterschaft und damit auch die\nAnspruche aus der Familienversicherung - erst von diesem Zeitpunkt an geltend\ngemacht werden konnen. Vorher kann sich grundsatzlich niemand auf die\nVaterschaft des Mannes berufen (vgl. Diederichsen a.a.O., § 1594 RdZiff. 5).\nDies heißt jedoch nicht, dass die Anspruche deshalb auch erst ab diesem\nZeitpunkt entstehen. Die Entstehung der Anspruche tritt mit der Anerkennung\nruckwirkend ab der Geburt ein. Die Anspruche konnen nur erst ab diesem\nZeitpunkt geltend gemacht. § 1594 Abs. 1 BGB wird als Rechtsausubungssperre,\njedoch nicht als Rechtswirksamkeitssperre angesehen. Dementsprechend konnen\nauch die aus dem nichtehelichen Verwandtschaftsverhaltnis (§ 1589 Satz 1 BGB)\nresultierenden Anspruche nach erfolgter Vaterschaftsfeststellung ruckwirkend\nab Geburt des Kindes geltend gemacht werden. Daraus ist zu folgern, dass auch\nsonstige Anspruche und hierzu gehort auch der Anspruch auf\nFamilienkrankenhilfe ruckwirkend ab Geburt geltend gemacht werden konnen.\nDarauf, ob § 10 SGB V im Gegensatz zu § 205 RVO den Anspruch auf\nFamilienkrankenhilfe von Kindern nicht mehr von deren Unterhaltsberechtigung\nabhangig macht, kommt es nicht an. Entscheidend ist, dass samtliche Anspruche\nund nicht nur die Anspruche auf Unterhalt ruckwirkend begrundet werden. Das\nnichteheliche Kind kann gemaß § 1612 Abs. 2 Nr. 2a BGB auch fur die\nVergangenheit Unterhalt verlangen. Die Feststellung der Vaterschaft wirkt fur\nund gegen alle auf den Zeitpunkt der Geburt zuruck. Ebenso verhalt es sich\nauch im Bereich des Kindergeldrechts. Kindergeld wird nach der Anerkennung\nauch fur Zeitraume vor der Vaterschaftsfeststellung zugesprochen (BSG, Urteil\nvom 22.09.1993 - 10 RKg 6/93 -, SozR 3-5870 § 9 BKGG Nr. 2). \n--- \n| 33 \n--- \n| Entgegen der Meinung der Beklagten scheitert der Erstattungsanspruch auch\nnicht an der Ausschlusswirkung des § 111 SGB X. \n--- \n| 34 \n--- \n| Zwar ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der\nErstattungsberichtigte ihn nicht spatestens 12 Monate nach Ablauf des letzten\nTages, fur den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Insoweit hat die\nKlagerin fur den beigeladenen T.M. erstmals am 18.01.2000 Leistungen erbracht\nund ist letztmals am 08.11.2001 in Anspruch genommen worden. Ihren\nErstattungsanspruch angemeldet hat sie am 19.04.2002. Die detaillierte\nAufstellung erfolgte unter dem 18.07.2002. Damit waren entsprechend der\nAusschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X zumindest die Leistungen, die bis\n18.04.2001 erbracht wurden, ausgeschlossen. Mit einem Teil ihrer Anspruche\nware die Klagerin auch dann ausgeschlossen, wenn man entsprechend der vom\nBundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 08.03.1990 - 3 RK 12/89 -\nvertretenen Auffassung, der sich der Senat grundsatzlich anschließt, die Frist\nerst am 07.11.2000, dem Tag, an dem die Vaterschaft anerkannt wurde, beginnen\nlasst, da die ersatzberechtigte Krankenkasse ihren Ersatzanspruch vorher aus\nallgemeinen Rechtsgrunden gar nicht durchsetzen konnte. Daraus wurde folgen,\ndass der Erstattungsanspruch spatestens am 06.11.2001 hatte geltend gemacht\nwerden mussen. Die Klagerin ware damit aufgrund der Geltendmachung erst im\nApril bzw. Juli 2002 auch insoweit teilweise mit ihren Anspruchen\nausgeschlossen. \n--- \n--- \n| 35 \n--- \n| Erganzend bestimmt § 111 Satz 2 SGB X jedoch, dass der Lauf der Frist\nfruhestens mit dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der erstattungsberichtigte\nLeistungstrager von der Entscheidung des erstattungspflichtigen\nLeistungstragers uber seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Aufgrund\ndieser Neufassung des Satzes 2 des § 111 SGB X mit Wirkung vom 01.01.2001\ndurch das 4. Euro-Einfuhrungsgesetz hat der erstattungsberechtigte Trager\nnunmehr die Chance, auch oft mehrere Jahre zuruckliegende von ihm erbrachte\nLeistungen erstattet zu bekommen. Die vorangegangene Regelung, die lediglich\nauf die erbrachten Leistungen abgestellt hatte, konnte nicht zu befriedigenden\nErgebnissen fuhren. Der erstattungsberechtigte Trager hatte in Fallen, in\ndenen eine Bewilligung des anderen Versicherungstragers noch gar nicht vorlag,\noftmals keine Moglichkeit innerhalb der Frist zu reagieren (vgl. Steinbach in\nHauck/Haines, Sozialgesetzbuch SGB X/3 K § 111 RdZiff. 8). Die Beklagte hat\nhier erstmals mit Bescheid vom 14.06.2002 entschieden, dass der beigeladene\nT.M. bei ihr versichert ist. Eine Berichtigung erfolgte am 21.06.2002. Die\nKlagerin hat von der ersten Mitgliedschaftsbescheinigung per Fax am\n14.06.2002, von der zweiten mit Schreiben vom 21.06.2002 Kenntnis erhalten.\nDiese beiden Mitgliedschaftsbescheinigungen stellen Entscheidungen der\nBeklagten uber ihre Leistungspflicht dar. Es kann nun dahingestellt bleiben,\nob bereits in der ersten Mitgliedschaftsbescheinigung die maßgebende\nEntscheidung des erstattungspflichtigen Leistungstragers zu sehen ist, oder ob\nauf die berichtigte Mitgliedschaftsbescheinigung abzustellen ist, denn auf\njeden Fall hat die Klagerin, einerlei auf welches Datum man abstellt, sowohl\nmit der vorsorglichen Anmeldung ihres Erstattungsanspruchs am 19.04.2002 als\nauch mit dem detaillierten Erstattungsanspruch vom 17.07.2002 die\nAusschlussfrist von einem Jahr eingehalten. Die Frist greift fur den hier im\nStreit stehenden Erstattungsanspruch nicht ein. Der von der Beklagten zu\nkeinem Zeitpunkt der Hohe nach bestrittene Anspruch auf Erstattung ist\nbegrundet. \n--- \n| 36 \n--- \n| Die Berufung der Beklagten ist daher zuruckzuweisen. \n--- \n| 37 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154\nVerwaltungsgerichtsordnung. Der Senat halt es fur angemessen, die Kosten des\nBeigeladenen der Beklagten aufzuerlegen. \n--- \n| 38 \n--- \n| Grunde fur die Zulassung der Revision liegen nicht vor. \n---\n\n |
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137,057 | lsgbw-2007-04-16-l-13-as-477006-er-b | 128 | Landessozialgericht Baden-Württemberg | lsgbw | Baden-Württemberg | Sozialgerichtsbarkeit | L 13 AS 4770/06 ER-B | 2007-04-16 | 2019-01-07 12:05:23 | 2019-01-17 11:57:11 | Beschluss | ## Tenor\n\nDie Beschwerde der Klager gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe\n\nvom 4. September 2006 wird zuruckgewiesen.\n\nAußergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.\n\n## Gründe\n\n| | \n--- \n| 1 \n--- \n| Die Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist zulassig,\nsachlich jedoch nicht begrundet. \n--- \n--- \n| 2 \n--- \n| Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ist nur zu befinden uber das mit\nder Beschwerde weiter verfolgte und am 9. August 2006 rechtshangig gewordene\nBegehren der Klager, die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung zu\nverpflichten, fur den im Bescheid vom 26. Juli 2006 (Widerspruchsbescheid vom\n10. August 2006) geregelten Bewilligungszeitraum 1. August 2006 bis 31. Januar\n2007 wie bis zum 30. Juni 2006 vorlaufig monatlich 326,31 EUR als Leistungen\nzur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewahren; die Beklagte hatte diese\nLeistung fur August 2006 in Hohe von 232,13 EUR (75,13 EUR Kosten fur\nUnterkunft/Heizung fur alle Klager, 157 EUR befristeter und der Klagerin zu 1\nzustehender Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld), fur September 2006 in\nHohe von 203,13 EUR (75,13 EUR Kosten fur Unterkunft/Heizung, 128 EUR\nZuschlag) und fur Oktober 2006 bis Januar 2007 in Hohe von 154,13 EUR (75,13\nEUR Kosten fur Unterkunft/Heizung, 79 EUR Zuschlag) bewilligt.\nZwischenzeitlich hat die Beklagte mit dem gesondert angefochtenen Bescheid vom\n29. November 2006 diese Bewilligung fur die Zeit ab 1. Oktober 2006 ganz\naufgehoben und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Hohe von\n300,26 EUR zuruckgefordert. Wegen der Ruckforderung haben die Klager ein\nVerfahren des Eilrechtsschutzes durchgefuhrt. Die Klager machen geltend, vom\nEinkommen der Bedarfsgemeinschaft mussten weitere Betrage fur die Kreditraten\nder der Klagerin zu 1 und dem Klager zu 3 gehorenden, jeweils\nfremdfinanzierten Kfz in Hohe von monatlich 154,03 EUR und 216,75 EUR sowie\nauch die monatlichen Beitrage der von der Klagerin zu 1 unterhaltenen Kfz-\nHaftpflichtversicherung und Kfz-Vollkaskoversicherung in Hohe von 42,69 EUR\nund die Aufwendungen zur Unfallversicherung der Klagerin zu 1 in Hohe von 7,50\nEUR abgesetzt werden. Außerdem sei die Beklagte von einem zu hohen\nDurchschnittseinkommen des Klagers zu 3 ausgegangen. \n--- \n--- \n| 3 \n--- \n| Der angefochtene, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung\nablehnende Beschluss des Sozialgerichts vom 4. September 2006 ist im Ergebnis\nzutreffend. Prozessuale Grundlage hierfur ist § 86 b Abs. 2 Satz 2 des\nSozialgerichtsgesetzes (SGG). Danach sind einstweilige Anordnungen auch zur\nRegelung eines vorlaufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges\nRechtsverhaltnis zulassig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung\nwesentlicher Nachteile notig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen\nAnordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden\n(vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung\n[ZPO]) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus (zum Folgenden vgl.\nSenatsbeschluss vom 31. August 2006 - L 13 AS 2759/06 ER-B m.w.N., abgedruckt\nin Juris). Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorwegnehmenden\nEilentscheidung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann bei\nLeistungen nach dem SGB II in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer\nNotlage uber existenzsichernde Leistungen fur die Gegenwart und nahe Zukunft\ngestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare\nNachteile entstunden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens\nverwiesen wurde. Einen finanziellen Ausgleich fur die Vergangenheit\nherbeizufuhren, ist, von einer in die Gegenwart fortwirkenden Notlage\nabgesehen, nicht Aufgabe des vorlaufigen Rechtsschutzes, sondern des\nHauptsacheverfahrens. Der Anordnungsanspruch hangt vom voraussichtlichen\nErfolg des Hauptsacherechtsbehelfs ab und erfordert eine summarische Prufung;\nan ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der\nVersagung vorlaufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen,\ninsbesondere eine endgultige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht\n(vgl. Bundesverfassungsgericht <BVerfG> in NJW 2003, 1236 f. und Beschluss vom\n12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - abgedruckt in Juris). Maßgebend fur die\nBeurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmaßig die Verhaltnisse im\nZeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, hier also der Entscheidung uber die\nBeschwerde. \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| Die Voraussetzungen fur den Erlass einer einstweiligen Anordnung, welche\nwegen des nicht glaubhaft gemachten Nachholbedarfs ohnehin nur die Zeit ab 9.\nAugust 2006 erfassen konnte, liegen nicht vor. Eine einstweilige Anordnung ist\nhier zur Abwendung wesentlicher Nachteile nicht geboten. Die Eilbedurftigkeit\nim Sinne einer existentiellen, ein sofortiges Handeln erforderlich machenden\nNotlage ist im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht ausreichend\nglaubhaft gemacht. Auf den Sparkonten der Klager befanden sich am 10. August\n2006 noch 5145,31 EUR. Angesichts dessen, dass wegen der wirksamen und vom\nSenat zu beachtenden Aufhebung ab 1. Oktober 2006 mit der einstweiligen\nAnordnung lediglich hohere Leistungen in Hohe von 94,18 EUR fur August 2006\nund 123,18 EUR fur September 2006, insgesamt also 217,36 EUR begehrt werden,\nist den Klagern zuzumuten, insoweit auf die Sparkonten zuzugreifen; dafur,\ndass ein solcher Zugriff nicht moglich ist, besteht kein Anhalt. \n--- \n--- \n| 5 \n--- \n| Unabhangig davon ist auch ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.\nDenn es ist nicht uberwiegend wahrscheinlich, dass den Klagern fur die\nstreitbefangene Zeit vom 1. August 2006 bis 30. September 2006 hohere\nLeistungen zustehen. Der Gesamtbedarf der Klager, die eine Bedarfsgemeinschaft\nim Sinn von § 7 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 3 Buchst. c und Nr. 4 des Zweiten Buches\nSozialgesetzbuch (SGB II) in der seit 1. August 2006 geltenden Fassung bilden,\nbelauft sich fur den streitbefangenen Zeitraum auf 1349,43 EUR monatlich.\nDieser Gesamtbedarf setzt sich zusammen aus den Regelleistungen fur die mit\ndem Klager zu 3 eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bildende\nKlagerin zu 1 in Hohe von zwei mal 311 EUR (vgl. § 20 Abs. 3 in Verbindung mit\nAbs. 2 Satz 1 SGB II), dem Sozialgeld fur den mit der Klagerin zu 1 und den\nKlager zu 3 in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden nicht erwerbsfahigen und am\n2005 geborenen Sohn, dem Klager zu 2, in Hohe von 207 EUR (§ 28 Abs. 1 Satz 2\nNr. 1 SGB II) und den Kosten fur Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1\nSGB II) in Hohe von 520,43 EUR. Dem Gesamtbedarf steht jedoch Einkommen in\nmonatlich wechselnder Hohe des Klagers zu 3 aus einer Vollzeitbeschaftigung,\nwelches diesem jeweils zur Mitte des Folgemonats gut geschrieben wird sowie\ndas dem Klager zu 2 zuzurechnende Kindergeld (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II\nin der ab 1. Juli 2006 geltenden Fassung) gegenuber, nachdem das Kindergeld\noffenkundig bei dem Klager zu 2 zur Sicherung des Lebensunterhalts benotigt\nwird. Dass dieses Einkommen als Einnahmen in Geld (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB\nII) bei der Hilfebedurftigkeit der Bedarfsgemeinschaft zu berucksichtigen ist,\nergibt sich aus § 9 Abs. 1 und Abs. 2 Satze 1 und 2 SGB II. In welchem\nZeitraum und in welchem Umfang das Einkommen im Einzelnen nach Absetzung\nbestimmter Pauschbetrage Berucksichtigung findet, regeln die auf der Grundlage\nvon § 13 SGB II ergangenen §§ 2, 3 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen\nsowie zur Nichtberucksichtigung von Einkommen und Vermogen beim\nArbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld - Verordnung\n<Alg II-V >) vom 20. Oktober 2004 (BGBl. I 2004, 2622) in der Fassung der am\n1. Oktober 2005 in Kraft getretenen Änderungsverordnung vom 22. August 2005\n(BGl I, 2499) sowie § 11 Abs. 2 bis Abs. 4 SGB II. Die Berechnung des\nEinkommens aus nichtselbstandiger Arbeit regelt § 2 Alg II V. Nach dessen\nAbsatz 1 ist bei der Berechnung des Einkommens aus nichtselbststandiger Arbeit\n(§ 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch) von den Bruttoeinnahmen auszugehen.\nJedoch bestimmt § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II, dass vom Einkommen u.a. abzusetzen\nsind 1. auf das Einkommen entrichtete Steuern, 2. Pflichtbeitrage zur\nSozialversicherung einschließlich der Beitrage zur Arbeitsforderung. Laufende\nEinnahmen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Alg II-V fur den Monat zu\nberucksichtigen, in dem sie zufließen. Fur laufende Einnahmen, die in großeren\nals monatlichen Zeitabstanden oder in unterschiedlicher Hohe zufließen, gilt\nnach § 2 Abs. 2 Satz 3 Alg II-V Abs. 3 entsprechend. Diese Vorschrift bestimmt\nin Satz 1, dass einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berucksichtigen sind,\nin dem sie zufließen. Abweichend hiervon ist nach Satz 2 eine Berucksichtigung\nder Einnahmen ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses folgt, zulassig,\nwenn Leistungen fur den Monat des Zuflusses bereits erbracht worden sind.\nSoweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, sind einmalige\nEinnahmen nach § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-V auf einen angemessenen Zeitraum\naufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Die\nBeklagte hat ausweislich der Akten dem Bescheid fur die streitbefangene Zeit\nab 1. August 2006 das dem Klager zu 3 in den Monaten April bis Juni 2006 - der\nLohn fur Juli 2006 ist erst Mitte August 2006 zur Auszahlung gelangt -\nzugeflossene Bruttoeinkommen von 2143,75 EUR (April 2006), 2990 EUR (Mai 2006)\nund 3107 EUR (Juni 2006) zugrunde gelegt und ist rechnerisch zutreffend nach\nAbzug der Steuern und Pflichtbeitrage zu einem durchschnittlichen\nNettoverdienst von 1637,30 EUR gelangt. Grundsatzlich ist bei wie hier in\nunterschiedlicher Hohe zufließendem Einkommen aus Beschaftigung die Bildung\neines auf der Grundlage mehrerer Monate ermittelten Durchschnittseinkommens\nnicht zu beanstanden, wenn gleich die in solchen Fallen nach dem entsprechend\nanwendbaren § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-V vorgesehene Aufteilung einer einmaligen\nEinnahme auf einen angemessenen Zeitraum und Ansetzung eines entsprechenden\nmonatlichen Teilbetrages nicht unmittelbar greifen kann. Die Rechtsfolge des §\n2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-V ist deshalb bei monatlich wechselnden Einkunften\nsinngemaß anzupassen, was die Bildung eines Durchschnittseinkommens\nermoglicht. Allerdings fallt auf, dass sich das von der Beklagten fur die auf\nsechs Monate erstreckte Bewilligung gebildete Durchschnittseinkommen auf das\nEinkommen von lediglich drei Monaten beschrankt und deshalb nicht besonders\nreprasentativ ist. Es ist deshalb zu uberlegen, die Durchschnittsbildung von\nder Dauer des Bewilligungszeitraumes abhangig zu machen oder grundsatzlich\neinen langeren, jedenfalls sechs Monate umfassenden Zeitraum zugrunde zu\nlegen. Mit der Bildung eines durchschnittlichen Einkommens aus Beschaftigung\nwird fingiert, dass dieses Einkommen fur die Zeit der Bewilligung oder\nBeanspruchung von Leistungen bezogen wird, wobei einiges dafur spricht, dass\nes sich dann bei der Bewilligung um eine endgultige Entscheidung handeln\ndurfte, die bei unveranderter vertraglicher Arbeitszeit und unverandertem Lohn\nallein wegen eines im Bewilligungszeitraums erzielten abweichenden Verdienstes\nweder zum Nachteil noch zum Vorteil des Hilfebedurftigen nach § 40 Abs. 1 Satz\n1 SGB II in Verbindung mit § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch aufgehoben\nwerden kann. Wurde der in den sechs Beschaftigungsmonaten von Januar bis Juli\n2006 verdiente und in den Monaten Februar bis Juli 2006 zugeflossene Lohn\nherangezogen, ergebe sich ein Durchschnittseinkommen von netto 1545,35 EUR.\nAuch unter Zugrundelegung dieses fur die Klager gunstigeren\nDurchschnittsbetrages ergibt sich kein hoherer Anspruch. \n--- \n--- \n| 6 \n--- \n| Abzusetzen sind namlich - hier von Bedeutung - lediglich Beitrage zu\noffentlichen oder privaten Versicherungen oder ahnlichen Einrichtungen, soweit\ndiese Beitrage gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Hohe angemessen\nsind (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 erster Halbsatz SGB II), die mit der Erzielung\ndes Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB\nII) sowie fur Erwerbstatige ferner ein Betrag nach § 30 (§ 11 Abs. 2 Satz 1\nNr. SGB II). Die bei erwerbsfahigen und erwerbstatigen Hilfebedurftigen in §\n11 Abs. 2 Satz 2 SGB II anstelle der Betrage nach Satz 1 Nr. 3 bis Nr. 5\nvorgesehene Absetzung eines Erwerbstatigen-Grundfreibetrages von 100 EUR gilt\nnach § 11 Abs. 2 Satz 3 SGB II bei monatlichen Einkunften von mehr als 400 EUR\nnicht, wenn der erwerbsfahige Hilfebedurftige nachweist, dass die Summe der\nBetrage nach Satz 1 Nr. 3 bis Nr. 5 den Betrag von 100 EUR ubersteigt. Diese\nBestimmung kommt nur dem Klager zu 3 zugute, weil allein dieser erwerbstatig\nist und uber Einkommen verfugt. Die Klagerin zu 1 und der Klager zu 2 sind\nnicht erwerbstatig. Deshalb erhebt sich die Frage, ob wegen der nach dem\nGesetz fur den Klager zu 2 vorgesehenen Zurechnung des Kindergeldes auch nur\ndieser uber Einkommen verfugt, so dass bei der Klagerin zu 1 wegen deren\nfehlenden Einkommens grundsatzlich keine Absetzungen moglich sind. Der Senat\nbejaht dies mit dem Bundessozialgericht (BSG vgl. Urteil vom 7. November 2006\n- B 7 b AS 18/06 R - in Juris). Vom Einkommen des Klagers zu 3 absetzbar sind\ndessen Beitrage zur gesetzlich vorgeschriebenen Kfz-Haftpflichtversicherung\n(zu diesen vergleiche BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R - in\nJuris; offengeblieben im Urteil des BSG vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06\nR - in Juris) mit monatlich 35,93 EUR; dazu kommt fur die nach Grund und Hohe\nangemessenen Beitrage zu privaten Versicherungen die monatliche und der Hohe\nnach nicht zu beanstandende (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS\n18/06 R - in Juris) Pauschale von 30 EUR (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V). Zu\nden abzusetzenden durchschnittlichen monatlichen Beitragen von 65,93 EUR\nkommen als mit der Erzielung des Einkommens des Klagers zu 3 verbundene\nnotwendige Ausgaben die Wegekosten fur die Fahrten zur 35 km entfernten\nArbeitsstelle unter Zugrundelegung von 21 Arbeitstagen und einer\nKilometerpauschale von 0,20 EUR, mithin 147 EUR monatlich. Hohere Wegekosten\nsind ebensowenig nachgewiesen wie Kosten fur Arbeitskleidung mit monatlich 20\nEUR, sodass insoweit lediglich noch die Werbungskostenpauschale des § 3 Abs. 1\nNr. 3 Buchstabe a Alg II-V mit 15,33 EUR (ein Sechzigstel von 9.200 EUR als\nsteuerrechtlicher Werbungskostenpauschale nach § 9a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1\nBuchstabe a des Einkommenssteuergesetzes) zu berucksichtigen ist. Die vom\nKlager zu 3 auf das zur Finanzierung seines Kfz aufgewandte Darlehen gezahlten\nZins- und Tilgungsraten sind nicht als Werbungskosten absetzbar (vgl. auch\nHessisches LSG, Beschluss vom 27. November 2006 - L 9 AS 213/06 ER - in\nJuris). Schon im Steuerrecht sind solche Kreditraten nicht als\nabsetzungsfahige Werbungskosten angesehen worden (vgl. Bundesfinanzhof,\nUrteile vom 30. November 1979 - VI R 83/77 - und VI R 128/78 - in HFR 1980,\n1986; Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14. Mai 1980 - 1 BvR 360/80 -\nStRK EStG § 9 I Nr. 4 R4). Auch hier gilt, dass die Leistungen des SGB II\nnicht der Vermogensbildung dienen (zu diesem Grundsatz vgl. BSG, Urteil vom 7.\nNovember 2006 - B 7b AS 8/06 R - in Juris). Insoweit ist auch ohne Bedeutung,\nob die Kreditraten den dem Klager zu 3 nach § 30 SGB II zustehenden und\nebenfalls vom Einkommen abzusetzenden Erwerbstatigenfreibetrag von 210 EUR -\nwie hier - ubersteigen oder nicht. Insgesamt sind mithin vom Einkommen des\nKlagers zu 3 monatlich 438,26 EUR abzusetzen, sodass sich bei Zugrundelegung\ndes von der Beklagten angenommenen Durchschnittverdienstes von 1.637,30 EUR\nein bereinigtes anrechenbares Einkommen von 1.199,91 EUR bzw. bei dem auf der\nBasis von sechs Monaten gebildeten Durchschnittverdienstes von 1.545,35 EUR\nein solches von 1.107,09 EUR ergibt. Die Beklagte ist bei der Bewilligung von\neinem bereinigtem Einkommen in Hohe von 1.120,30 EUR ausgegangen, wobei dieser\nlediglich einen Berechnungsposten in der Begrundung darstellende Betrag nicht\nin Bindungswirkung erwachsen ist. Somit konnte sich lediglich fur den Fall\neines bereinigten Einkommens von 1.107,09 EUR und damit eines unter\nEinbeziehung des Kindergeldes von 154 EUR bereinigten Gesamteinkommens von\n1.261,09 EUR ein hoherer Anspruch ergeben. Dieser wurde sich bei dem\nGesamtbedarf von 1.349,43 EUR nach vorrangiger Deckung der in die\nZustandigkeit der Agentur fur Arbeit fallenden Leistungen in Hohe von 829 EUR\nauf allenfalls 13,21 EUR fur Kosten der Unterkunft und Heizung belaufen. Indes\nwird auch in dieser Hohe den Klagern kein Anspruch vorenthalten. Denn der\nKlagerin zu 1 ist von ihrem Vater im Juli 2006 ein Geldbetrag in Hohe 5.794,31\nEUR zugewandt worden, der grundsatzlich Einkommen ist und lediglich dann nicht\nberucksichtigungsfahig ware, wenn die Voraussetzungen von § 11 Abs. 3 Nr. 1\nBuchstabe a SGB II oder von § 1 Abs. 1 Nr. 2 Alg II-V vorliegen wurden. Dies\nist jedoch zu verneinen. Der Vater der Klagerin zu 1 hat in seiner\nschriftlichen Erklarung angegeben, die Klagerin zu 1 erhalte in unregelmaßigen\nAbstanden bei seinen dortigen Besuchen Geldsummen in bar in kleineren\nBetragen; damit sollten Aufwendungen der Klagerin zu 1 wegen der Fahrten zu\nihm, Anschaffungen von Sachen fur den Klager zu 2 als seinem Enkel sowie ein\nBedarf fur die Bildung von Rucklagen fur Anschaffungen sowie mogliche\nZahlungen wegen eines anhangigen zivilrechtlichen Gerichtsverfahrens\nbefriedigt werden. Diese sich auf kleine Geschenke beziehende Darstellung\nerklart die Zuwendung des hohen Betrages von 5.795,31 EUR nicht. Beim\nderzeitigen Sachstand ist eine einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem\nSGB II dienende zweckbestimmte Leistung, welche die Lage des Empfangers nicht\nso gunstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht\ngerechtfertigt waren, nicht zu bejahen. Deshalb kann offen bleiben, ob zu den\nzweckbestimmten und nicht berucksichtigungsfahigen Einnahmen auch Leistungen\nvon privaten Personen gehoren oder ob die Vorschrift auf offentlich-rechtliche\nLeistungen zu beschranken ist. Die ab August 2006 mogliche und auf die sechs\nBewilligungsmonate verteilte Berucksichtigung der Zuwendung als einmalige\nEinnahme (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 Alg II-V) bedeutet, dass fur jeden\nBewilligungsmonat weitere 965,88 EUR als Einkommen anrechenbar sind. Daran\nandert sich auch deshalb nichts, dass die Zuwendung anschließend auf\nSparkonten der Klager verteilt und in geringem Umfang fur einen Urlaub\nverbraucht worden ist (zur Bedeutung der Aufteilungsregel des § 2 Abs. 3 Satz\n3 Alg II-V vgl. Senatsbeschluss vom 1. Februar 2007 - L 13 AS 6118/06 ER-B in\njuris). Selbst wenn deshalb auch die Beitrage zur Kfz-Haftpflichtversicherung\nder Klagerin zu 1 in Hohe von monatlich 23,59 EUR und die\nVersicherungspauschale von 30 EUR abgesetzt wurden, ergibt sich ein\nGesamteinkommen, das jegliche Leistungen ausschließt. Dies bedeutet, dass die\nKlager keine uber die bis 30. September 2006 bewilligten Leistungen\nhinausgehenden zusatzlichen Leistungen beanspruchen konnen. \n--- \n--- \n| 7 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193\nAbs. 1 Satz 1 SGG. \n--- \n--- \n| 8 \n--- \n| Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. §\n177 SGG). \n---\n\n |
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138,112 | olgkarl-2003-09-04-16-wf-10903 | 146 | Oberlandesgericht Karlsruhe | olgkarl | Baden-Württemberg | Oberlandesgericht | 16 WF 109/03 | 2003-09-04 | 2019-01-07 13:58:10 | 2019-02-12 12:40:04 | Beschluss | ## Tenor\n\nDie sofortige Beschwerde der Klager gegen den ihnen Prozesskostenhilfe\nversagenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mosbach vom 17.\nApril 2003 wird zuruckgewiesen.\n\n## Gründe\n\n| \n---|--- \n| 1 \n--- \n| Die Klager sind Miteigentumer des Grundstucks Grundbuchamt H. Nr. ...\nGebaude- und Freiflache He. Sie bezeichnen dieses Grundstuck als ihr einziges\nVermogen. Der Beklagte ist Insolvenzverwalter einer Firma L., welche einen\nVollstreckungstitel gegen den Klager F. Lu. hat. Mit diesem\nVollstreckungstitel hat der Beklagte den Anspruch des Klagers F. Lu. auf\nAufhebung der Grundstucksgemeinschaft gepfandet und betreibt bei dem\nVollstreckungsgericht Mosbach die Teilungsversteigerung. Dieses hat die\nZwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft auch angeordnet. \n--- \n| 2 \n--- \n| Die Klager wollen die Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der\nGemeinschaft als unzulassig bezeichnet sehen, da die Klagerin G. Lu. der\nTeilungsversteigerung nicht zugestimmt habe. Sie suchen fur ihre\nDrittwiderspruchsklage um Prozesskostenhilfe nach. Diese hat das Amtsgericht\nversagt. Ihre hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. \n--- \n| 3 \n--- \n| Der Klager F. Lu. hat schon deshalb kein Widerspruchsrecht, weil im Wege\nder Zwangsvollstreckung aus seinem und nicht aus dem Recht der Klagerin uber\ndas Grundstuck verfugt werden soll. \n--- \n| 4 \n--- \n| Die Klage der Klagerin G. ist deshalb ohne Aussicht auf Erfolg, weil sie\nsich ebenfalls, aber aus anderen Grunden nicht auf § 1365 BGB berufen kann.\nAllerdings bedarf der Ehegatte, der die Zwangsversteigerung zum Zwecke der\nAufhebung der Miteigentumsgemeinschaft an einem Grundstuck betreibt, der\nZustimmung des anderen Ehegatten gem. § 1365 BGB, wenn der Miteigentumsanteil\nsein einziges Vermogen darstellt. Dies gilt indessen nicht, wenn, wie hier,\ndie Zwangsversteigerung von einem Glaubiger dieses Ehegatten betrieben wird,\nder den Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft gepfandet hat. Diese Aussage\nist in der familienrechtlichen Literatur und in der Rechtsprechung einhellige\nMeinung (BGB-RGRK/Finke, 12. Aufl., 1984, § 1365 Rn. 22 und Rn. 5; Erman/D.\nHeckelmann, BGB, 10. Aufl., 2000, § 1365 Rn. 14; Soergel/Lange, BGB\nBearbeitung Sommer 1988, § 1365 Rn. 42; Palandt/Brudermuller, BGB, 62. Aufl.,\n2003, § 1365 Rn. 8; Staudinger/Thiele, BGB Neubearbeitung 2000, § 1365 Rn. 46;\nBrudermuller, FamRZ 1996, 1520; Rechtsprechung: die von den Klagern selbst\nvorgelegte OLG Dusseldorf NJW 1991, 851; OLG Koln, NJW-RR 1989, 325; sowie die\nzahlreichen Rechtsprechungsnachweise in der zitierten Literatur, insbesondere\nbei Brudermuller FamRZ 1996, 1520 Fn. 53). Die gegenteilige Auffassung von\nzwei Stimmen in der zwangsvollstreckungsrechtlichen Literatur (Steiner/Teufel,\nZwangsversteigerung/Zwangsverwaltung, 9. Aufl., 1986, § 180 ZVG Rn. 25 ohne\nBegrundung; Stober, ZVG, 17. Aufl., 2002, § 180 Anmerkung 3.13 lit. p) ist\nvereinzelt geblieben. Ihr ist auch nicht zu folgen. Zweck des § 1365 BGB ist,\ndie wirtschaftliche Grundlage der Familiengemeinschaft zu erhalten und den\nanderen Ehegatten vor einer Gefahrdung seines Zugewinnausgleichsanspruchs zu\nschutzen. Nicht Zweck dieser Bestimmung ist es, einem Glaubiger eines\nEhegatten die Zwangsvollstreckung in dessen Vermogen zu erschweren oder gar,\nwenn dieser Glaubiger nicht das Recht hat, gem. § 1365 Abs. 2 BGB das\nVormundschaftsgericht anzurufen, ganzlich aus der Hand zu schlagen. Einem\nGlaubiger ware es auch nicht verwehrt, die Zwangsvollstreckung allein in den\nMiteigentumsanteil zu betreiben. Der Ersteher des Miteigentumsanteils konnte\ndie Teilungsversteigerung sodann, ohne durch § 1365 BGB behindert zu sein,\nbetreiben. Die Zwangsversteigerung allein eines Miteigentumsanteils fuhrt\nmangels entsprechender Interessenten regelmaßig zu dessen Verschleuderung.\nAbgesehen also davon, dass § 1365 BGB schon seinem Zweck nach nicht auf die\nTeilungsversteigerung durch den Glaubiger eines Ehegatten anzuwenden ist, der\nden Auseinandersetzungsanspruch gepfandet hat, wurde die Anwendung dieser\nBestimmung daruber hinaus den Zweck ins Gegenteil verkehren, weil sie nach\nVerschleuderung eines der Miteigentumsanteile einen nach zwei Versteigerungen\nnoch verbleibenden allfalligen Übererlos, der noch als Familienvermogen\nerhalten bleiben konnte, schmalern wurde. Das von Stober (a.a.O.) angefuhrte\nArgument, dass der Glaubiger eines Ehegatten dessen\nAuseinandersetzungsanspruch durch Pfandung nur in dem Umfang erwerben konne,\nwie er ihm selbst zustehe, ubersieht deshalb, dass das Widerspruchsrecht des\nanderen Ehegatten aus den genannten Grunden nur gegenuber Verfugungen des\nEhegatten selbst bestehen kann, nicht aber auch gegenuber Verfugungen durch\nGlaubiger des Ehegatten. \n--- \n| 5 \n--- \n| Die zu beantwortende Rechtsfrage wird dadurch, dass zwei vereinzelt\ngebliebene Stimmen anders votieren, nicht zu einer in solcher Weise offenen,\ndass der Klagerin G. Lu. Prozesskostenhilfe bewilligt werden musste. Sie kann\nvielmehr bereits im Verfahren der Prozesskostenhilfe abschließend geklart\nwerden. \n--- \n| 6 \n--- \n| Das Amtsgericht hat deshalb zu Recht Prozesskostenhilfe versagt. Die fur\ndie erfolglose Beschwerde der Klager vorgesehene Gebuhr von 25 EUR erhebt der\nKostenbeamte von Amts wegen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. \n---\n\n |
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140,866 | vg-stuttgart-2005-05-22-16-k-112005-16-k-1 | 160 | Verwaltungsgericht Stuttgart | vg-stuttgart | Stuttgart | Baden-Württemberg | Verwaltungsgerichtsbarkeit | 16 K 1120/05; 16 K 1121/05 | 2005-05-22 | 2019-01-08 15:53:00 | 2019-01-17 12:01:02 | Urteil | ## Tenor\n\nDer Beklagte wird verurteilt, fur das Gebiet der Landeshauptstadt Stuttgart\n(Gefahrengebiet) einen Aktionsplan aufzustellen, der festlegt, welche\ngeeigneten Maßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit im Gefahrengebiet\nkurzfristig zu ergreifen sind, um die Gefahr der Überschreitung des im § 4 II\n1 der Verordnung uber Immissionswerte fur Schadstoffe in der Luft (22.\nBImSchV) vom 11.9.2002 (BGBl. I S. 3626), geandert durch Verordnung vom\n13.7.2004 (BGBl. I S. 1612/1625), festgelegten Tagesmittelwertes fur Partikel\n(PM 10) von 50 μm/m 3 \\- bei zugelassenen 35 Überschreitungen je Kalenderjahr\n- zu verringern oder den Zeitraum, wahrend dessen der erwahnte Wert\nuberschritten wird, zu verkurzen.\n\nDer Beklagte tragt die Kosten der beiden Verfahren.\n\nDie Berufung wird zugelassen.\n\n## Tatbestand\n\n| \n---|--- \n| 1 \n--- \n| I. Die Klager machen als Bewohner von Stuttgart die Gefahr von Schaden an\nihrer eigenen Gesundheit als Folge von Feinschwebestaub geltend, der den\nverordneten Grenzwert in verbotener Weise an bestimmten (Mess-) Stellen im\nStadtgebiet von Stuttgart bereits uberschritten hat. Sie fordern deshalb vom\nBeklagten, einen immissionsschutzrechtlichen Aktionsplan aufzustellen, der\ninhaltlich festzulegen habe, welche geeigneten Maßnahmen im Stadtgebiet - von\nden ortlich zustandigen Behorden - kurzfristig zu ergreifen seien zum Schutze\nihrer eigenen Gesundheit gegen die bereits verwirklichte Gefahr der lokalen\nÜberschreitung des seit 1.1.2005 geltenden Tagesmittelwertes fur Partikel PM\n10 von 50 µm/m 3 unter Berucksichtigung von 35 zulassigen Überschreitungen je\nKalenderjahr (Grenzwert der 1. Stufe). \n--- \n| 2 \n--- \n| II. 1. Der Rat der Europaischen Union ( EU ) legte im Rahmen der\nUmweltpolitiken der Gemeinschaft (Art. 174 ff. EG = Art. 130r ff. EGV) und des\nFunften Umwelt-Aktionsprogrammes (ABl. EG Nr. C 138 vom 17.5.1993, S. 5) zur\nErreichung eines hohen Gesundheitsniveaus mit der sogen. Luftqualitats-\nGrundlagen-Richtlinie 1996 (RL 96/62/EG vom 27.9.1996 uber die Beurteilung und\nKontrolle der Luftqualitat, ABl. EG Nr. L 296 vom 21.11.1996, S. 55 LQ-RL 1996\n; vgl. dazu BT-Drucks. 14/8450 vom 6.3.2002, S. 8) die Grundsatze fur eine\ngemeinsame Strategie zur Verbesserung der Luftsituation fest. Er definiert mit\nihr die Luftqualitatsziele fur die Gemeinschaft im Hinblick auf die Steuerung\n(Kontrolle) durch Vermeidung, Verhutung oder Verringerung (Bekampfung)\nschadlicher Auswirkungen der Luft auf die menschliche Gesundheit und die\nUmwelt insgesamt durch - Quellen unabhangige - Luftverunreinigungen. Art. 7\nIII LQ-RL 1996 schreibt folgendes vor: \n--- \n| 3 \n--- \n| Die Mitgliedstaaten erstellen Aktionsplane, in denen die Maßnahmen angegeben\nwerden, die im Fall der Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte …\nkurzfristig zu ergreifen sind, um die Gefahr der Überschreitung zu verringern\nund deren Dauer zu beschranken. Diese Plane konnen, je nach Fall, Maßnahmen\nzur Kontrolle und, soweit erforderlich, zur Aussetzung der Tatigkeiten\nvorsehen, die zu einer Überschreitung der Grenzwerte beitragen, einschließlich\ndes Kraftfahrzeugverkehrs. \n--- \n| 4 \n--- \n| Im Übrigen erteilt die LQ-RL 1996 verbindliche Auftrage zur weiteren\nKonkretisierung der Luftqualitatsziele, vor allem zum Erlass von\nImmissionsgrenzwerten ( IGW ), durch sogen. Tochter- Richtlinien ( TRL ; vgl.\nBT-Drucks. 14/8450 vom 6.3.2002, S. 8). \n--- \n| 5 \n--- \n| 2\\. a) Der Rat der Europaischen Union erließ in Konkretisierung der\nerwahnten LQ-RL 1996 und in Anlehnung an die weitere anlagenbezogene, die\nbesten verfugbaren Techniken ( BAT = Best Available Technics ) gebietende RL\n96/61/EG des Rates vom 24.9.1996 uber die integrierte Vermeidung und\nVerminderung der Umweltverschmutzung - IVU-RL 1996 - (ABl. EG Nr. L 257 vom\n10.10.1996, S. 26) die an die Mitgliedstaaten, also auch an die Bundesrepublik\nDeutschland, gerichtete (Erste Tochter-) RL 99/30/EG vom 22.4.1999 uber\nGrenzwerte fur Schwefeldioxid (SO 2 ), Stickstoffdioxid (NO 2 ),\nStickstoffoxide (NO X ), Partikel (PM 10 ) und Blei (Pb) in der Luft - 1. TRL\n1999 - (ABl. EG Nr. L 163 vom 29.6.1999, S. 41), deren Anhang V ( Ermittlung\nder Anforderungen fur die Beurteilung der Konzentration von Schwefeldioxid,\nStickstoffdioxid, Stickstoffoxiden, Partikeln und Blei in der Luft innerhalb\neines Gebietes oder Ballungsraumes ) durch die Kommissions-Entscheidung\n2001/74/EG vom 17.10.2001 (ABl. EG Nr. L 278, S. 35) geandert wurde (vgl. dazu\nArt. 249 I, IV EG). \n--- \n| 6 \n--- \n| Diese 1. TRL 1999 hat unter anderem zum Ziel die Quellen unabhangige\nFestlegung von Immissionsgrenzwerten ( IGW ) und ggfs. von Alarmschwellen (was\nfur Deutschland neu ist) fur die Konzentration mithin von Partikeln in der\nLuft im Hinblick auf die Vermeidung, Verhutung und Verringerung schadlicher\nAuswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt insgesamt, auch die\nBeurteilung der Konzentrationen von Partikeln in der Luft an Hand\neinheitlicher Methoden und Kriterien; sie bezweckt außerdem die Erhaltung der\nLuftqualitat dort, wo sie gut ist, und deren Verbesserung, wo dies\nhinsichtlich der Belastung namentlich mit Partikeln aller Fraktionen nicht der\nFall ist (Art. 1 der 1. TRL 1999; vgl. dazu auch das CAFE- Programm [ CAFE =\nClean Air For Europe = Air propre pour l\'Europe ] der Europaischen Kommission,\nMitteilung vom 4.5.2001, KOM (2001) 245 endg.; BR-Drucks. 385/01 und UPR 2001,\n267 ff.). Die Quellen unabhangigen Regelungen haben den Vorteil, die Probleme\nder Luftverunreinigung flachendeckend zu erkennen und anzugehen. \n--- \n| 7 \n--- \n| b) Die Mitgliedstaaten, an welche die EU-Richtlinien gerichtet sind, also\nauch die Bundesrepublik Deutschland, sind gemeinschaftsrechtlich auf Grund von\nArt. 249 III EG (= Art. 189 III EGV) verpflichtet, diese Richtlinien in\nnationales Recht umzusetzen. Sie haben auf Grund von Art. 5 I 1 der 1. TRL\n1999 \n--- \n| 8 \n--- \n| … die (nach der LQ-RL 1996) erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicher\nzu stellen, dass die gemaß Art. 7 der 1. TRL 1999 beurteilten PM 10 \\-\nKonzentrationen in der Luft die Grenzwerte des Anhanges III Abschnitt 1 ab den\ndort genannten Zeitpunkten nicht uberschreiten , \n--- \n| 9 \n--- \n| und sie waren auf Grund von Art. 12 I Unter-Abs. 1 der 1. TRL 1999\nverpflichtet, \n--- \n| 10 \n--- \n| …diejenigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft zu setzen, die\nerforderlich sind, um den Vorgaben der 1. TRL 1999 bis zum 19.7.2001\nnachzukommen. \n--- \n| 11 \n--- \n| Nach dem Anhang III Abschnitt 1 zur 1. TRL 1999 betragt zum Schutz der\nmenschlichen Gesundheit und der Umwelt insgesamt der Tagesmittelwert ab dem\n1.1.2005 fur Partikel PM 10 50 μm/m 3 , der lediglich bis zu 35-mal je\nKalenderjahr uberschritten werden darf; die 1.TRL 1999 sieht diesen Wert als\nMindestanforderung vor, schließt also strengere Grenzwerte zum Schutz der\nGesundheit von besonders gefahrdeten Personengruppen (wie z. B. von Kindern\noder Krankenhaus-Patienten) nicht aus (Erwagungsgrund 4 ). \n--- \n| 12 \n--- \n| c) Grenzwert ist - per definitionem - ein Wert, der auf Grund\nwissenschaftlicher Erkenntnisse mit dem Ziel festgelegt wird, schadliche\nAuswirkungen auf die menschliche Gesundheit und / oder die Umwelt insgesamt zu\nvermeiden, zu verhuten oder zu verringern und der innerhalb eines bestimmten\nZeitraumes erreicht werden muss und dann nicht uberschritten werden darf (Art.\n2 Nr. 5 der 1. TRL 1999). Er baut auf einem punktbezogenen ( spot )\nBeurteilungsverfahren auf. \n--- \n| 13 \n--- \n| Unter PM 10 ( PM = particular matter ) werden diejenigen Partikel\nverstanden, die einen großenselektierenden Lufteinlass passieren, der fur\neinen aerodynamischen Durchmesser ( d ae ) von 10 μm ( μm = Mikrometer) eine\nAbscheidewirksamkeit von 50 v. H. aufweist (Art. 2 Nr. 11 der 1. TRL 1999).\nPartikel dieser Große und vor allem auch die PM 2,5 \\- Fraktion (§ 1 Nr. 10\nder 22. BImSchV; Teilchen unter 2,5 μm), gelten als lungen- (alveolen-) gangig\nund verantwortlich fur gesundheitliche Auswirkungen von Schwebstaub und am\nSchwebstaub haftenden Komponenten, wie z. B. Metallen, Arsen und\nBenzo(a)pyren; ultrafeine Partikel ( PM 0,1 \\- Fraktion) konnen sogar uber die\nLungenblaschen (Alveolen) bis in die Blutbahn vordringen und sich dann uber\nden Blutweg im Korper verteilen. Die PM 10 \\- Partikel konnen dazu fuhren,\ndass es zu voruber gehenden Beeintrachtigungen der Atemwege kommt, die in der\nZunahme von Atemwegssymptomen, wie z. B. von Husten und verschlechterten\nLungen-Messwerten, liegen konnen, dass es ferner zu einem erhohten\nMedikamentenbedarf bei Asthmatikern bis zu vermehrten Krankenhausaufnahmen\nsowie einer Zunahme der Sterblichkeit (Mortalitat) wegen Atemwegserkrankungen\nund Herz-Kreislauf-Problemen kommt. Die PM aller Fraktionen konnen vor allem\ndurch anthropogene (= von Menschen verursachte) Quellen, wie z.B. durch den\nStraßenverkehr infolge von (ultrafeinen) Ruß-Partikeln aus dem Auspuff von\nDiesel-Kraftfahrzeugen, infolge des Abriebes von Reifen, Bremsen und\nKupplungsbelagen und dessen Aufwirbelungen (Re-Suspensionen) hervorgerufen\nwerden (vgl. dazu UBA, Hintergrundpapier zum Thema Staub / Feinstaub PM vom\nMarz 2005, S. 3 ff.). \n--- \n| 14 \n--- \n| d) Die EU-Kommission hat die Ergebnisse einer erweiterten Kosten-Nutzen-\nAnalyse uber die Auswirkungen von Feinstaub ( PM 10 ) und von bodennahem Ozon\n( O 3 ) auf die menschliche Gesundheit unter dem Titel CAFE CBA: Baseline\nAnalysis 2000 - 2020 veroffentlicht. Damit will die Kommission die seit\n1.1.2005 in Kraft getretenen Grenzwerte fur Schwefel ( S ), Blei ( Pb ) und\nFeinstaub (PM 10 ) zusatzlich untermauern. \n--- \n| 15 \n--- \n| Den Angaben aus den Mitgliedstaaten zufolge wurden in 12 der EU-15-Staaten\ndie Grenzwerte uberschritten. Nach den Ergebnissen der Studie wurden jedes\nJahr etwa 300°000 Europaer vorzeitig an Herz- und Krebserkrankungen sterben,\ndie vor allem durch Emissionen des Verkehrs und der Industrie ausgelost\nwurden. Die Lebenserwartung jedes Europaers sinke durchschnittlich um neun\nMonate. Wichtigster Faktor seien dabei Feinstaube (Fundstelle: UPR 2005, 182). \n--- \n| 16 \n--- \n| 3\\. a) Die Bundesregierung erließ in - der gemaß Art. 249 III EG\nerforderlichen - Umsetzung unter anderem der oben erwahnten EU-Richtlinien in\nnationales Recht (bis spatestens 19.7.2001) auf Grund des § 48a I und III\nBImSchG (in der Fassung des Siebenten Änderungsgesetzes zum BImSchG vom\n11.9.2002, BGBl. I S. 3622; vgl. dazu BT-Drucks. 14/8450 vom 6.3.2002), dem\nallgemeinen Zweck des BImSchG entsprechend (§ 1 BImSchG), die - novellierte -\nVerordnung uber Immissionswerte fur Schadstoffe in der Luft (22. BImSchV) vom\n11.9.2002 (BGBl. I S. 3626). Die Verordnung, die am 18.9.2002 nach uber\n1-jahriger Verspatung in Kraft getreten war (vgl. Art. 12 I 1 der 1. TRL 1999\n19.7.2001 ), wurde zuletzt durch die Verordnung vom 13.7.2004 (BGBl. I S.\n1612/1625) geandert. Zugleich wurde die Verordnung uber die Festlegung von\nKonzentrationswerten (23. BImSchV) mit Wirkung zum 21.7.2004 aufgehoben. \n--- \n| 17 \n--- \n| Die 22. BImSchV legt zum Zwecke der Gefahrenabwehr vor allem Immissions-\ngrenzwerte (nebst Toleranzmargen) auch fur Partikel PM 10 fest, die ab dem\n1.1.2005 strikt eingehalten werden mussen (§ 4 II 1 der 22. BImSchV = Art. 5 I\nund Anhang III Abschnitt 1 der 1. TRL; Grenzwerte der 1. Stufe) und die dann\nauch nicht mehr uberschritten werden durfen (§ 1 Nr. 3 der 22. BImSchV = Art.\n2 Nr. 5 der 1. TRL 1999; vgl. dazu Jarass, NVwZ 2003, 260 ff.). Die\nzustandigen Behorden haben die Luftqualitat zu beurteilen, was im Wege der\nErmittlung und Bewertung der Luftqualitat durch Messung an Hand der Methoden\nund Kriterien des § 10 der 22. BImSchV und der Anlagen 2 bis 5 (§ 1 Nr. 2 der\n22. BImSchV) zu geschehen hat. \n--- \n| 18 \n--- \n| § 47 II BImSchG schreibt in Umsetzung der LQ-RL 1996 und in Erganzung des\nbisherigen BImSchG (vgl. BT-Drucks. 14/8450 vom 6.3.2002, S. 9) folgendes vor: \n--- \n| 19 \n--- \n| Besteht die Gefahr, dass die durch die 22. BImSchV nach § 48a I BImSchG\nfestgelegten Immissionsgrenzwerte uberschritten werden, hat die zustandige\nBehorde einen Aktionsplan aufzustellen, der festlegt, welche Maßnahmen\nkurzfristig zu ergreifen sind (§ 47 II 1 BImSchG). Die im Aktionsplan\nfestgelegten Maßnahmen mussen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der\nIGW zu verringern oder den Zeitraum, wahrend dessen die IGW uberschritten\nwerden, zu verkurzen. Aktionsplane konnen Teil eines Luftreinhalteplanes nach\nAbs. 1 sein. \n--- \n| 20 \n--- \n| Langfristig geht es um die vollstandige Beseitigung der Überschreitungen. In\nBetracht kommen gemaß § 11 IV 1 der 22. BImSchV insbesondere umsetzungsfahige,\ndem Vorbehalt des Gesetzes genugende (Behorden-) Maßnahmen aller Art (vgl. BT-\nDrucks. 12/8450 vom 6.3.2002, S. 13; Jarass, NVwZ 2003, 257/260, 26; Hansmann,\nNuR 1999, 11). Im Übrigen haben die in Aktionsplanen festzulegenden Maßnahmen\nden Vorgaben des § 45 II BImSchG zu genugen, sie haben insbesondere dem\nintegrierten Umweltschutz zu dienen (§ 47 V 1 BImSchG). Die zustandigen\nBehorden haben, um die Einhaltung der verbindlichen IGW sicher zu stellen,\nbereits vor dessen Verbindlichkeit Plane zu erlassen, in denen die notwendigen\nMaßnahmen aufgefuhrt sind (vgl. Art. 8 III LQ-RL 1996; vgl. auch BT-Drucks.\n14/8450 vom 6.3.2002, S. 18). \n--- \n| 21 \n--- \n| b) Folgende kurz- und langfristige Maßnahmen kommen insbesondere in Betracht\n(UBA, a. a. O., S. 20): \n--- \n| 22 \n--- \n| \\- Nasse Reinigungen der Straßen zum Schutz vor lokalen Staubaufwirbelungen\n(Resuspensionen). \n--- \n| 23 \n--- \n| - Tempo 30 km/h auf Hauptstraßen, wo lokale Überschreitungen des Grenzwertes\nauftreten. \n--- \n| 24 \n--- \n| \\- Nutzervorteile fur sogen. saubere Fahrzeuge (namentlich fur Gasfahrzeuge,\nfur Fahrzeuge mit Dieselruß-Filtern, welche die motorische Verbrennung\nverbessern und die Abgase nachbehandeln und eine Abscheiderate von mehr als 99\nv. H. haben, und fur Fahrzeuge mit Abgas-Katalysatoren) etwa durch steuerliche\nAnreize. \n--- \n| 25 \n--- \n| \\- Befristete Verkehrsverbote fur LKW ohne Dieselruß-Filter. \n--- \n| 26 \n--- \n| \\- Reduzierung der Parkmoglichkeiten zu Gunsten des ÖPNV. \n--- \n| 27 \n--- \n| \\- Zufahrt zur Stadt nur noch fur Diesel-Kraftfahrzeuge mit Dieselruß-\nFilter. \n--- \n| 28 \n--- \n| \\- Umstellung von kommunalen Dienstleistungsfahrzeugen und privaten\nkleineren Andienungs- LKW auf Erdgas und Dieselruß-Filter. \n--- \n| 29 \n--- \n| \\- Im Einzelfall - gegen hohe punktuelle Überschreitungen - Bau von\nUmgehungsstraßen. \n--- \n| 30 \n--- \n| III. Die UMEG, Zentrum fur Umweltmessungen, Umwelterhebungen und\nGeratesicherheit Baden-Wurttemberg mit Sitz in Karlsruhe fuhrt seit Anfang\n2004 PM 10 \\- (Spot-) Messungen an hoch belasteten Hauptverkehrsstraßen in\nStuttgart durch. Sie sind nach Maßgabe der Vorgaben im § 10 VII 1 der 22.\nBImSchV und der dortigen Anlage 2 Abschnitt la ( großraumige\nStandortkriterien; Schutz der menschlichen Gesundheit ) so ausgewahlt worden,\ndass Daten zu den Bereichen innerhalb von Gebieten und Ballungsraumen gewonnen\nwerden, in denen auf Grund ortlicher Gegebenheiten, wie z. B. der\ndurchschnittlichen Tagesverkehrsmenge ( DTV ), der bestehenden Randbebauung,\nund auf Grund der Erfahrungen aus der fruheren 23. BImSchV die hochsten\nKonzentrationen auftreten, denen die Bevolkerung wahrscheinlich direkt oder\nindirekt uber einen Zeitraum hinweg ausgesetzt sein wird, welcher der\nMittelungszeit des betroffenen IGW Rechnung tragt. \n--- \n| 31 \n--- \n| Die PM 10 \\- Konzentrationen wurden im Kalenderjahr 2004 im Stadtgebiet von\nStuttgart an unterschiedlichen straßennahen Orten kleinraumig gemessen; von\nihnen kann grob gesagt werden, dass sie etwa zu 50 v. H. aus der Emission von\nDiesel- Kraftfahrzeugen, etwa zu 25 v. H. aus dem, was der Verkehr aufwirbelt,\nund zu weiteren etwa 25 v. H: aus ferntransportierten Partikeln hervor gerufen\nwerden (UBA, a. a. O., S. 4). Die (Spot-) Messungen der UMEG erbrachten - nach\nTagen gerechnet - Überschreitungen des erwahnten Tagesmittelwertes fur\nPartikel der Fraktion PM 10 an folgenden Orten: \n--- \n| 32 \n--- \n| \n--- \n\\- Arnulf-Klett-Platz (Stuttgart-Mitte; Hauptbahnhof) | an 43 Tagen \n\\- Neckartor (Stuttgart-Mitte) | an 155 Tagen \n\\- Hohenheimer Straße (Stuttgart-Mitte) | an 58 Tagen \n\\- Siemensstraße (Feuerbach) | an 62 Tagen \n\\- Waiblinger Straße (Bad Cannstatt) | an 63 Tagen. \n| 33 \n--- \n| Im Übrigen ist der PM 10 \\- Tagesmittelwert im Kalenderjahr 2005 bereits\njetzt an 70 Tagen im Stadtgebiet (Neckartor, Stuttgart-Mitte) uberschritten.\nDaten zur Luftbelastung findet man ubrigens stundenaktuell und deutschlandweit\nim Internet unter http://www.umweltbundesamt.de . Mit diesem Internet- Angebot\nerfullt die Bundesrepublik Deutschland (Bundeslander, Bundesumweltministerium,\nUmweltbundesamt) die seit 19.7.2001 geltende Informations-Verpflichtung der 1.\nTRL 1999 zur LQ-RL 1996 (Fundstelle: UPR 2001, 388). \n--- \n| 34 \n--- \n| IV. Die Klager forderten das vom Ministerium fur Umwelt Baden- Wurttemberg (\nUM ) mit der Prufung geeigneter Maßnahmen beauftragte Regierungsprasidium\nStuttgart auf, seinen Verpflichtungen aus dem BImSchG einschließlich der 22.\nBImSchV nachzukommen und einen Luftreinhalte- sowie einen Aktionsplan fur das\nStadtgebiet von Stuttgart zu erlassen. \n--- \n| 35 \n--- \n| Das Regierungsprasidium Stuttgart antwortete mit Schreiben vom 23.3.2005. Es\nfuhrte darin aus, dass das Ingenieurburo der Firma ... im Dezember 2004 und\nJanuar 2005 gutachterliche Maßnahmebetrachtungen zu PM 10 im Zusammenhang mit\nLuftreinhalteplanen vorgelegt habe (vgl. www.rp.baden-wuerttemberg.de; RP\nStuttgart) und dass gegenwartig ein Luftreinhalte- / Aktionsplan fur den\nBallungsraum Stuttgart erarbeitet werde, der aber erst im Herbst 2005 dem UM\nzugeleitet werden konne; der Termin konne als ambitioniert betrachtet werden.\nAus den erwahnten Maßnahmenbetrachtungen ergebe sich, dass die Einhaltung des\nPM 10 \\- Tagesmittelwertes allein durch technische Verbesserungen nicht\nerreicht werden konne, sie vielmehr auch eine Verringerung des\nVerkehrsaufkommens (namlich des durchschnittlichen Tagesverkehrs DTV )\nerfordere. \n--- \n| 36 \n--- \n| V. Die Klager haben wegen der fur sie unbefriedigenden Antwort des\nRegierungsprasidiums am 30.3.2005 beim Verwaltungsgericht Stuttgart allgemeine\nLeistungsklagen gegen den Beklagten eingereicht. \n--- \n| 37 \n--- \n| Sie tragen vor: \n--- \n| 38 \n--- \n| Ihre Klagen seien zulassig. Sie konnten insbesondere geltend machen, infolge\nder verbotenen PM 10 \\- Grenzwertuberschreitungen in ihrer Gesundheit\nbeeintrachtigt zu werden. Sie seien Bewohner von Stuttgart und mussten als\nsolche im Gefahrengebiet leben. Ihre Klagen seien auch begrundet. Sie hatten\neinen Rechtsanspruch auf die Einhaltung des verordneten PM 10 \\- Grenzwertes\nauf der Grundlage eines Aktionsplanes. \n--- \n| 39 \n--- \n| Die Klager beantragen, \n--- \n| 40 \n--- \n| den Beklagten zu verurteilen, fur das Gebiet der Landeshauptstadt Stuttgart\n(Gefahrengebiet) einen Aktionsplan aufzustellen, der festlegt, welche\ngeeigneten Maßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit im Gefahrengebiet\nkurzfristig zu ergreifen sind, um die Gefahr der Überschreitung des im § 4 II\n1 der Verordnung uber Immissionswerte fur Schadstoffe in der Luft (22.\nBImSchV) vom 11.9.2002 (BGBl. I S. 3626), geandert durch Verordnung vom\n13.7.2004 (BGBl. I S. 1612/1625), festgelegten Tagesmittelwertes fur Partikel\nPM 10 von 50 μm/m 3 \\- bei zugelassenen 35 Überschreitungen je Kalenderjahr -\nzu verringern oder den Zeitraum, wahrend dessen der erwahnte Wert\nuberschritten wird, zu verkurzen. \n--- \n| 41 \n--- \n| Der Beklagte beantragt, \n--- \n| 42 \n--- \n| die Klagen abzuweisen. \n--- \n| 43 \n--- \n| Er erwidert: \n--- \n| 44 \n--- \n| Die Klagen seien unzulassig. Es sei zweifelhaft, ob die Klager wegen des\nFehlens eines Aktionsplanes in ihren Rechten moglicherweise verletzt sein\nkonnten. Der Aktionsplan diene nur mittelbar dem Gesundheitsschutz. Ein\nAnspruch auf Planaufstellung bestehe nicht. Es sei ein eherner Grundsatz der\ndeutschen Verwaltungsrechtsordnung, dass ein Dritter keinen Anspruch auf die\nAufstellung von Planen jeglicher Art habe, was sich fur den Bereich der\nBauleitplanung aus § 1 III 2 BauGB ergebe. Er konne Luftreinhaltung auch mit\nanderen Instrumenten als mit Aktionsplanen betreiben (vgl. § 45 I 2 BImSchG).\nDie Klager gehorten nicht zu dem von der 22. BImSchV geschutzten\nPersonenkreis. Geschutzt seien nur diejenigen Personen, die sich innerhalb des\nganzen Tages typischerweise dauernd oder zumindest uberwiegend im\nEinwirkungsbereich der Schadstoff-Konzentrationen aufhalten wurden. Maßgebend\nsei eine grundstucksbezogene und keine gebietsbezogene Betrachtungsweise.\nKlagebefugt seien deshalb nur diejenigen Personen, die sich auf Grundstucken\naufhalten, in deren unmittelbarer Nahe ohne eine signifikante Änderung der\nBelastungsfaktoren Grenzwertuberschreitungen festgestellt worden seien. Es sei\nunzulassig, die an einzelnen Orten festgestellten Grenzwertuberschreitungen\nflachendeckend auf das ganze Stadtgebiet zu ubertragen. Die dem Referenz-\nMesspunkt ( RMP ) benachbarten Profil-Messpunkte ( PMP ) wurden zeigen, dass\ndie Mess-Ergebnisse am RMP reprasentativ fur einen umgebenden Bereich von\nmindestens 200 qm seien, weshalb singulare Spitzenbelastungen hier\nausgeschlossen seien. Der sogen. Hintergrund- Messpunkt ( HMP ) befinde sich\netwas abseits der jeweiligen Hauptverkehrsstraße. Die HMP seien reprasentativ\nfur die Immissionsbelastung im Innenstadtbereich in einer großeren Umgebung um\nden RMP . Die Feinstaubbelastung nehme in einer Quer- oder Parallelstraße mit\ngeringem DTV deutlich ab. Der Klager zu 1 wohne in der ... ; seine Wohnung sei\ndeutlich abgesetzt von der Mess-Station ... . Der Klager zu 2 wohne im ... in\nder ... ; die ... sei eine bloße Anliegerstraße und gleichfalls deutlich\nabgesetzt von dem verkehrsmaßig hoch belasteten ... und der stark befahrenen\n... . \n--- \n| 45 \n--- \n| Die Klagen seien auch unbegrundet. Den zustandigen Behorden konne angesichts\nder Komplexitat des Planungsgegenstandes zogerliches Verhalten nicht\nvorgeworfen werden. Erst die (Spot-) Messungen im Jahre 2004 hatten deutliche\nÜberschreitungen des zulassigen PM 10 - Tagesmittelwertes gezeigt. Die\nArbeiten an einem ( Luftreinhalte- und) Aktionsplan seien unverzuglich im\nAugust 2004 aufgenommen worden. Es sei damals entschieden worden, den\nLuftreinhalte- und den Aktionsplan fur das Stadtgebiet von Stuttgart in nur\neinem Plan zusammen zu fassen. Der ganze Plan solle im Herbst 2005 beschlossen\nund sodann auch umgesetzt werden. \n--- \n| 46 \n--- \n| Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den\nBeteiligten gewechselten Schriftsatze sowie auf die vom Beklagten vorgelegte\neinschlagige Behordenakte verwiesen. \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| \n---|--- \n| 47 \n--- \n| Die Klagen haben Erfolg. \n--- \n| 48 \n--- \n| I. Die Klagen sind zulassig. \n--- \n| 49 \n--- \n| 1\\. Die Klagen sind als allgemeine Leistungsklagen an sich statthaft.\nInsbesondere scheidet die Statthaftigkeit von Verpflichtungsrechtsbehelfen aus\n(§§ 42 I und 68 II VwGO). Denn die Klagen sind objektiv nicht auf den Erlass\neines Verwaltungsaktes (§ 35 LVwVfG) gerichtet. Der von den Klagern begehrte\nimmissionsschutzrechtliche Aktionsplan des Regierungsprasidiums Stuttgart ist\nein die Behorden und auch andere Stellen bindendes Handlungskonzept, ohne dass\nihm die fur einen Verwaltungsakt erforderliche (regelnde) Außenwirkung zukame\n(vgl. Jarass, BImSchG, Kommentar, 6. Auflage 2005, § 47 Rn 37 und Rn 43\nbehordenverbindliches Handlungskonzept , und im Anschluss daran BayVG Munchen,\nBeschl. vom 27.4.2005 - M 1 E 05.1115 -, das abweichend vom Vorbringen der\nKlager im Falle eines Aktionsplanes nicht von einem bloßen Programmplan\nausgeht). \n--- \n| 50 \n--- \n| Regelnde Außenwirkung kann allenfalls denjenigen (geeigneten) Maßnahmen\nzuerkannt werden, die im vorgeschalteten Aktionsplan festgelegt sind, sobald\nsie ergriffen werden. Das konnen z. B. Verkehrsbeschrankungen oder\nVerkehrsverbote der zustandigen Straßenverkehrsbehorde sein (§ 40 I 1 BImSchG;\nvgl. auch § 45 I 1, I 2 Nr. 3 StVO und dazu BVerwG, Urt. vom 4.6.1986, BVerwGE\n74, 234 = NVwZ 1986, 918 = DVBl 1987, 373 = DÖV 1986, 926 = NJW 1986, 2655 =\nJuS 1987, 327 Nr. 13 Larmschutz wegen Inanspruchnahme einer Wohnstraße durch\nuberortlichen Verkehr als Schleichweg und BVerwG, Urt. vom 15.4.1999, BVerwGE\n109, 29 = DÖV 1999, 911 = NVwZ 1999, 1234 = ZUR 1999, 332 = DVBl 1999, 1745 =\nNuR 1999, 691 Sommer-Smog ). \n--- \n| 51 \n--- \n| Der begehrte immissionsschutzrechtliche Aktionsplan ist in diesem Sinne\ngleichsam eine gesetzlich vorgesehene (verwaltungsinterne, vorbereitende)\nVorschaltmaßnahme auf dem Weg zu weiteren (regelnden) Maßnahmen, mit denen im\nInteresse der menschlichen Gesundheit die Gefahr der Überschreitung der\nImmissionsgrenz-werte verringert oder der Zeitraum, wahrend dessen die Werte\nuberschritten werden, verkurzt werden soll. Insoweit kann auch von einem\nabgestuften Regelungsmechanismus geredet werden, welcher den Überschreitungen\nder Grenzwerte, unabhangig von den Immissionsquellen, begegnen soll (BVerwG,\nUrt. vom 26.5.2004 - 9 A 6/03 -, NVwZ 2004, 1237 = DVBl 2004, 1289 = NuR 204,\n729 = ZUR 2005, 96 = IBR 2004, 64 Planfeststellung fur den Ausbau der B 170 im\nStadtgebiet von Dresden mit Anmerkung von Scherer-Leydecker; Jarass, NVwZ\n2003, 257/262 mehrstufiges Verfahren der Luftreinhaltung ). Die Regelung\nahnelt, beilaufig bemerkt, zumindest was die Stufen anbelangt, dem Verhaltnis,\nin dem auf dem Gebiet des Bauleitplanungsrechtes die Bebauungsplane auf der\neinen Seite zum Flachennutzungsplan auf der anderen Seite stehen, das namlich\ngleichfalls durch den Grundsatz der 2-Stufigkeit gekennzeichnet ist (vgl. § 8\nII 1 BauGB), wobei der (vorbereitende) Flachennutzungsplan (§§ 1 II und 5\nBauGB) als eine (lediglich) verwaltungsinterne stadtebaurechtliche\nPlanmaßnahme eigener Art angesehen und der (verbindliche) Bebauungsplan in der\nverwaltungsrechtlichen Handlungsform der Gemeindesatzung (§§ 1 II und 10 I\nBauGB) beschlossen wird. \n--- \n| 52 \n--- \n| 2\\. Das beklagte Land ist beteiligtenfahig (§ 61 Nr. 1 VwGO) und als solches\nauch zur Prozessfuhrung passiv befugt. \n--- \n| 53 \n--- \n| Die Landesbehorden sind zum Erlass von Aktionsplanen sachlich zustandig. An\nsich sachlich zustandige Behorde im Sinne des hier maßgebenden § 47 II BImSchG\nist gemaß § 5 II LVG das nach der Bekanntmachung der Landesregierung uber die\nAbgrenzung der Geschaftsbereiche der Ministerien (Stand 1.1.2005) fur den\nImmissionsschutz zustandige Ministerium fur Umwelt Baden-Wurttemberg (UM );\ndie Verfahrensvorschriften der Immissionsschutz-Zustandigkeitsverordnung -\nBImSchG-ZuVO - vom 3.3.2003 (GBl. S. 180), zuletzt geandert durch Art. 162 des\nVerwaltungsstruktur-Reformgesetzes vom 1.7.2004 (GBl. S. 469/553), regeln\ninsoweit nichts anderes. Das UM hat indessen insoweit auf Grund von § 5 III\nLVG seine Aufgaben den Regierungsprasidien ubertragen. Durch diese Übertragung\nhat sich indessen an der die Prozessfuhrungsbefugnis bestimmenden\nZustandigkeit einer Landesbehorde nichts geandert. \n--- \n| 54 \n--- \n| 3\\. Die Klager sind klagebefugt, d. h. durch das gerugte Unterlassen\nbeschwert. \n--- \n| 55 \n--- \n| a) Die Klager konnen als (Dauer-) Bewohner eines konkreten Gefahrenbereiches\nim Hinblick auf ihre grundgesetzlich geschutzte Gesundheit (Art. 2 II 1GG)\ngeltend machen, durch das Unterlassen des begehrten\nimmissionsschutzrechtlichen Aktionsplanes - jedenfalls moglicherweise - in\neigenen Rechten oder zumindest in rechtlich geschutzten Eigeninteressen\nverletzt (und nicht etwa nur tatsachlich betroffen) zu sein. § 42 II VwGO ist\nauf allgemeine Leistungsklagen entsprechend anzuwenden. Der Sinn dieser an\nsich fur Anfechtungs- und fur Verpflichtungsklagen geltende prozessualen\nVorschrift besteht im Wesentlichen darin, Popular- (Jedermanns-) und\ngrundsatzlich auch Interessenklagen (etwa Klagen von interessierten Verbanden)\nauszuschließen. Diese Zielsetzung des § 42 II VwGO ist auf allgemeine\nLeistungsklagen ohne weiteres ubertragbar (vgl. dazu etwa BVerwG, Urt. vom\n12.9.1980, NJW 1981, 2075 = DVBl 1981, 218; BVerwG, Beschl. vom 5.2.1992,\nNVwZ-RR 1992, 371 = DÖV 1992, 536). \n--- \n| 56 \n--- \n| b) Ein die Klagebefugnis (Beschwer) begrundendes subjektives offentliches\nRecht einer Person liegt nach der von der deutschen Rechtsprechung bemuhten\nund auch sonst herrschenden Schutznormtheorie dann vor, wenn ein Rechtssatz\nnicht allein Interessen der Allgemeinheit (etwa die Umwelt insgesamt) schutzt,\nsondern zumindest auch den Interessen des Einzelnen (genauer: den\nschutzwurdigen und schutzbedurftigen Interessen eines individualisierbaren\nPersonenkreises) und damit Individualinteressen dient; der Umstand, dass -\nnebenbei bemerkt - ein Rechtssatz einem Dritten lediglich tatsachlich,\nsozusagen reflexartig, einen rechtlichen Vorteil verschafft, vermittelt\ndagegen noch keine subjektiven offentlichen Rechte. Wo also das objektive\nRecht zugleich die Interessen einer Person (eines Menschen) schutzt, wird ihr\nimmer auch die Rechtsmacht zur gerichtlichen Durchsetzung dieser Interessen\ngegenuber der offentlichen Gewalt nach Maßgabe der von der Rechtsordnung zur\nVerfugung gestellten Befugnis- oder sonstigen Handlungsnormen eingeraumt; auf\ndie Rechtsqualitat dieser Normen kommt es nicht an. Das Vorbringen des\nBeklagten, der begehrte Aktionsplan diene lediglich mittelbar dem Schutz der\nmenschlichen Gesundheit, verliert unter diesem Gesichtspunkt seine\nargumentative Kraft und ist unerheblich. \n--- \n| 57 \n--- \n| c) Die Frage, ob ein bestimmter Rechtssatz des offentlichen Rechtes mit der\nRechtsmacht zu seiner Durchsetzung gleichsam angereichert ist, ist, sofern sie\nnicht schon der Wortlaut im bejahenden Sinne beantwortet (vgl. etwa § 5 I 1\nNr. 1 BImSchG und §§ 22 I und 3 I BImSchG Nachbarschaft ; § 15 I 2 BauNVO\nunzumutbare Storungen im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung ; § 5 VII 3\nLBO nachbarschutzend ), im Wege der - vor allem telelogischen, gelegentlich\nrechtshistorischen - Auslegung zu losen, wobei im Falle von sogen.\nUmsetzungsnormen (d. h. im Falle von Rechtssatzen, mit denen EU-Richtlinien in\nnationales Recht ubergeleitet worden sind) auch der vom EuGH entwickelte\ngemeinschaftsrechtliche Effet-Utile-Grundsatz (sogen. vertragskonforme\nAuslegung; vgl. dazu Peters, UPR 2000, 272), d. h. der Grundsatz zu\nberucksichtigen ist, der sich dynamisch an der nutzlichen Wirkung des\neuropaischen Gemeinschaftsrechtes orientiert (vgl. dazu EuGH, Urt. vom\n8.4.1976 - 48/75 -, ABl. EG 1976 Nr. C 214, 4 - 5 = DVBl 1976, 705 = NJW 1976,\n2065; EuGHE, Gutachten 1/91, 1991, I-6079 Hummer ; kritisch hierzu BVerfG,\nUrt. vom 12.10.1993 - 2 BvR 2134/92 -, BVerfGE 89, 155 = NJW 1993, 3047 = DVBl\n1993, 154 = DÖV 1994, 119 Maastricht ). Dabei reicht es im Ergebnis fur die\nBejahung eines subjektiven offentlichen Rechtes aus, wenn sich dem Rechtssatz\nim Wege einer vertretbaren Auslegung entnehmen lasst, dass ein bestimmtes\nIndividualinteresse begunstigt werden solle. Dies ist Ausfluss des Gedankens,\ndass aus der von Art. 19 IV GG entscheidend mitgepragten Gesamtsicht des\nBonner Grundgesetzes (GG) vom Verhaltnis des Einzelnen zum Staat folgt, im\nZweifel derjenigen Interpretation eines Rechtssatzes den Vorzug zu geben, die\ndem Burger einen Rechtsanspruch einraumt (vgl. BVerfGE 15, 275/281 f.). In\ndiesem Sinne wird die subjektiv-rechtliche Relevanz - zumindest von der\nRechtsprechung - jedenfalls hinsichtlich solcher Rechtsnormen abgelehnt, die\nnach Ansicht der herrschenden Meinung lediglich das typisierte Interesse der\nGesamtheit, nicht aber das damit notwendig ubereinstimmende\nIndividualinteresse des Einzelnen schutzen wollen (vgl. etwa BVerwG, Urt. vom\n22.2.1995, BVerwGE 95, 133/137 = NVwZ 1994, 999 = DVBl 1994, 1241 = DÖV 1994,\n962). Hingegen ist von einem geschutzten Individualinteresse regelmaßig dann\nauszugehen, wenn ein von der Allgemeinheit abgrenzbarer unmittelbar und\nkonkret Betroffener bzw. Berechtigter vorhanden ist, dessen Beeintrachtigungen\nnach dem Gesetz tunlichst zu vermeiden sind (vgl. etwa BVerwG, Urt. vom\n15.7.1987, BVerwGE 78, 40 = DÖV 1987, 1017 = DÖV 1987, 1017 = DVBl 1987, 1265\n= NJW 1988, 434 Nachbarschutz im Wasserrecht ). \n--- \n| 58 \n--- \n| d) In diesem Zusammenhang sei nur am Rande und nur als Ausblick der Hinweis\nauf die UN/ECE- Konvention uber den Zugang zu Informationen,\nÖffentlichkeitsbeteiligungen an Entscheidungsfragen und den Zugang zu\nGerichten in Umweltangelegenheiten (sogen. Aarhus-Konvention - AK ) vom\n25.6.1998 (abgedruckt in: NVwZ- Beilage Nr. III/2001 zu Heft 5/2001; vgl. auch\nhttp://www.unece.org/env.pp ) gestattet. Zeichner dieses multilateralen\nvolkerrechtlichen Abkommens waren insgesamt 39 UN/ECE-Staaten, darunter alle\nMitgliedstaaten der EU, sowie die Europaische Kommission. Die AK ist am\n30.12.2001 in Kraft getreten (vgl. UPR 2002, 22). Ihr Programm findet Ausdruck\nin den drei systematisch abgestuften Absatzen des Art. 9, in denen es um die 3\nPfeiler (piliers) Recht der Burger auf Zugang zu Umweltinformationen (vgl.\ndazu die RL 2003/4/EG des Europaischen Parlamentes und des Rates vom 28.1.2003\nuber den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und uber die\nAufhebung der RL 90/313/EWG des Rates - Informations- RL -, ABl. EG Nr. L 41\nvom 14.2.2003, S: 26), Recht der Burger auf Teilhabe an Entscheidungsprozessen\n(vgl. dazu die RL 2003/35/EG des Europaischen Parlamentes und des Rates vom\n26.5.2003 uber die Beteiligung der Öffentlichkeit bei Ausarbeitung bestimmter\numweltbezogener Plane und Programme und zur Änderung der RL 85/337/EWG und der\nRL 96/61/EG des Rates in Bezug auf Öffentlichkeitsbeteiligungen und den Zugang\nzu Gerichten - Öffentlichkeitsbeteiligungs- RL -, ABl. EG Nr. L 156 vom\n25.6.2003, S. 17) und - was gerade hier von Bedeutung ist - Recht der Burger\nauf Zugang zu den Gerichten in Umweltangelegenheiten (acces a la justice )\ngeht (zur Information und Partizipation der Öffentlichkeit in\nUmweltangelegenheiten nach den RL 2003/4/EG und 2003/35/EG vgl. Werres, DVBl\n2005, 611 ff.). \n--- \n| 59 \n--- \n| Nach Art. 9 II Unter-Abs. 1 AK ist im Grundsatz ein Zugang zu gerichtlicher\noder anderweitiger unabhangiger Überprufung in Umweltangelegenheiten geboten;\ndie Klagebefugnis soll auch die Drittbetroffenen , namentlich Individuen,\numfassen. In dieser Hinsicht liegt bisher lediglich ein Vorschlag fur eine\nRichtlinie des Europaischen Parlamentes und des Rates uber den Zugang zu\nGerichten in Umweltangelegenheiten vom 24.10.2003 (KOM (2003) 624 endg.) vor.\nZiel dieses Entwurfes einer Rechtsschutz-RL (RSchRLE) ist - in Anpassung an\nArt. 9 II Unter-Abs. 2 Satz 1 AK - ein moglichst umfassender Zugang zu\nGerichten . Gefordert wird - in Übereinstimmung mit Art. 9 II, III AK - ein\nKlagerecht fur denjenigen, der ein ausreichendes Interesse hat oder alternativ\neine Rechtsverletzung geltend macht, sofern das Verwaltungsprozessrecht einer\nVertragspartei dies als Voraussetzung erfordert (sogen. Optionsmodell). Damit\nscheint es in der Bundesrepublik Deutschland gerade bei der bereits oben\nerwahnten Schutznormtheorie bleiben zu durfen. Doch der Umstand, dass\noffenkundig weder in der AK noch im RSchRLE eine Interessenklage\nvorgeschrieben wird, besagt nicht viel, weil es dadurch nicht ausgeschlossen\nist, den Begriff des subjektiven Rechtes in Revision der Schutznormtheorie\nauch im Sinne des Effet-Utile- Grundsatzes zu erweitern (so mit Recht\nEkardt/Pohlmann, NVwZ 2005, 532/53 f. gegen Seelig/Grundling, NVwZ 2002, 1033\nff. und von Danwitz, NVwZ 2004, 272 ff.; vgl. auch das Votum fur die\nBeibehaltung des deutschen Individualrechtsschutzes von Schmidt-Preuß, NVwZ\n2005, 489/494 ff.). \n--- \n| 60 \n--- \n| e) Im gegebenen Falle muss unter Berucksichtigung des eindeutigen Wortlautes\nsowie des Zieles und des Zweckes der von den Klagern bemuhten, mit strikter\n(Außenrechts-) Verbindlichkeit ausgestatteten Grenzwertregelung des § 4 II 1\nder 22. BImSchV fur Partikel der PM 10 \\- Fraktion, welche die\nGrenzwertfestlegung in der 1. TRL 1999 ubernommen hat und welche -\nhinsichtlich ihres Anspruchniveaus - nicht allein der Konkretisierung anderer\nmaterieller Vorgaben (etwa des § 3 I BImSchG schadliche Umwelteinwirkungen ;\nvgl. z. B. die der Konkretisierung der schadlichen Umwelteinwirkung dienende\n18. BImSchV im Falle von Sportlarm; vgl. dazu BVerwG, Beschl. vom 8.11.1994,\nBVerwG UPR 1995, 108 = DVBl 1995, 514 = BauR 1995, 377 = NVwZ 1995, 993 = BRS\n56 Nr. 194 = NuR 1996, 29) dient, sondern als eigenstandige Regelung zur\nAnwendung kommt (so Jarass, NVwZ 2003, 257/260; vgl. dazu BT-Drucks. 14/8450\nvom 6.3.2002, S. 9 Pragung der Novellierung des BImSchG von einem gewissen\nDualismus ), und ferner unter verfassungsgerechter Beachtung des oben\nerwahnten gemeinschaftsrechtlichen Effet-Utile- Grundsatzes erkannt werden,\ndass die angesprochene Regelung nicht nur dem typisierten Interesse der\nGesamtheit der Bevolkerung, namentlich der Wohnbevolkerung, an effektivem\nGesundheitsschutz dient, sondern dass sie durch die Benennung der menschlichen\nGesundheit (vgl. auch Art. 174 I tire 2 EG = Art. 130r I tire 2 EGV) an\nvorderster Stelle in hervor gehobener Weise auch dem Interesse des Einzelnen\nam Schutz vor Schaden an seiner Gesundheit gerecht werden will (so auch nur\nnebenbei BVerwG, Urt. vom 26.5.2004, a. a. O.; vgl. auch BVerwG, Urt. vom\n2.12.1980 - 7 C 84/78 -, BVerwGE 61, 256 = NJW 1981, 1393 = DVBl 1981, 294 =\nDÖV 1981, 294 = JuS 1981, 617 Die Dosisgrenzwerte des § 45 StrlSchV haben\ndrittschutzenden Charakter ; vgl. auch EuGH, Urteile vom 30.5.1991 - Rs C\n361/88 - und - Rs C 59/89 -, NVwZ 1991, 866 und NVwZ 1991, 868 mangelhafte\nUmsetzung der beiden Luftreinhaltungs-RL 80/779/EWG und 82/884/EWG ). \n--- \n| 61 \n--- \n| Die besagte Grenzwertregelung will nicht nur die Allgemeinheit schutzen,\nsondern auch den Einzelnen vor den bereits zitierten erheblichen\ngesundheitlichen Gefahren, denen er durch die den verordneten Grenzwert\nuberschreitenden PM 10 \\- Konzentrationen ausgesetzt ist, bewahren und ihm\nentsprechende Klagerechte auf Grund der vorhandenen gesetzlichen Befugnis- und\nsonstigen Handlungsnormen gewahren (so Jarass, NVwZ 2003, 257/264). Schutz der\nmenschlichen Gesundheit im Allgemeinen ohne effektiven (auch einklagbaren)\nSchutz der Gesundheit Einzelner im Besonderen ware ein Widerspruch in sich. \n--- \n| 62 \n--- \n| In diesem Zusammenhang ist der Auffassung des Beklagten entgegen zu treten,\nwonach es einen ehernen Grundsatz der deutschen (Verwaltungs-) Rechtsordnung\ngebe, dass ein Dritter keinen Anspruch auf Aufstellung von Planen jeglicher\nArt habe. Denn diesen Grundsatz gibt es wahrhaft nicht. Die Existenz eines\nderartigen Grundsatzes kann auch nicht mit Hilfe des stadtebaurechtlichen § 1\nIII 2 BauGB belegt werden, weil es einen Anspruch auf Bauleitplanung allein\ndeshalb nicht gibt, weil der Gesetzgeber es selbst ist, der diesen Anspruch\nkategorisch (ausnahmslos) ausgeschlossen hat. Selbst wenn es ubrigens einen\nderartigen Grundsatz gabe, musste hier im uberragenden Interesse an effektivem\nGesundheitsschutz eine Ausnahme gemacht werden; Grundsatze sind namlich dazu\nda, dass sie Ausnahmen zulassen. \n--- \n| 63 \n--- \n| f) Die Klager gehoren zu den Menschen, die von der Grenzwertregelung des § 4\nII 1 der 22. BImSchV in ihrer Gesundheit geschutzt sind. Sie gehoren als\nBewohner von Stuttgart einem Personenkreis an, der sich durch das Vorliegen\neines so genannten faktischen Aktionsplangebietes im Sinne der bereits oben\nerwahnten Schutznormtheorie auch hinreichend individualisieren lasst. \n--- \n| 64 \n--- \n| Unter einem faktischen Aktionsplangebiet soll, was das Stadtgebiet von\nStuttgart anbelangt, ein Ballungsraum im Sinne der 22. BImSchV verstanden\nwerden, fur den es einen immissionsschutzrechtlichen Aktionsplan als\nHandlungskonzept - aus welchen Grunden auch immer - zwar noch nicht gibt, fur\nden aber ein solcher Plan zwingend aufzustellen ist, weil die gesetzlichen\nVoraussetzungen hierfur gegeben sind. Das faktische Aktionsplangebiet\nentspricht einem immissionsschutzrechtlichen Gefahrengebiet, weil es allein\ndurch die Gefahr gekennzeichnet ist, dass die im § 4 II der 22. BImSchV\nfestgelegten Immissionsgrenzwerte uberschritten werden konnten (§ 47 II 1\nBImSchG). \n--- \n| 65 \n--- \n| Nach § 9 II 1 der 22. BImSchV, dessen Geltung ubrigens im Hinblick auf die\nim § 4 II der 22. BImSchV festgesetzten Immissionsgrenzwerte fur Partikel PM\n10 nicht durch § 9 I der 22. BImSchV ausgeschlossen ist, haben die zustandigen\nBehorden die Ballungsraume festzulegen, wobei sie dann jahrlich Gebiete und\nBallungsraume nach § 9 II 2 der 22. BImSchV entsprechend bestimmten Werten\neinzustufen haben. Unter einem Ballungsraum wird im gegebenen Zusammenhang\nverstanden entweder ein Gebiet mit mindestens 250°000 Einwohnern, das aus\neiner oder mehreren Gemeinden besteht, oder ein Gebiet, das aus einer oder\nmehreren Gemeinden besteht, welche jeweils eine Einwohnerdichte von 1°000\nEinwohnern oder mehr je Quadratkilometer bezogen auf die Gemarkungsflache\nhaben oder die zusammen mindestens eine Flache von 100 Quadratkilometern\ndarstellen (§ 1 Nr. 7 der 22. BImSchV). Das Stadtgebiet von Stuttgart erfullt\ndie Voraussetzungen eines so verstandenen Ballungsraumes. \n--- \n| 66 \n--- \n| g) Die Rechtsprechung des BVerwG zum Drittschutz im Bereich des\nanlagenbezogenen Immissionsschutzrechtes, die dort im Hinblick auf die im § 5\nI 1 Nr. 2 BImSchG geregelte Vorsorgepflicht erkannt hat, dass es an einem\nindividualisierbaren Personenkreis dann fehlte, wenn zwar potentiell\nschadliche, aber keinem bestimmten Emittenten zuzuordnende Umweltweinwirkungen\n(§ 3 I BImSchG) gegeben seien (vgl. dazu BVerwG, Urt. vom 11.12.2003, BVerwGE\n119, 329 = DÖV 2004, 340 = VBlBW 2004, 177 = DVBl 2004, 638 = NVwZ 2004, 610 =\nZUR 2004, 229 CVR-Anlage CVR = Chemical Vapor Reaction = Nanopulver-Anlage ;\nBesprechung Gantzer, VBlBW 2004, 174 ff.), ist schon deshalb auf den Bereich\ndes auf Ballungsraume bezogenen Immissionsschutzrechtes (Luftqualitatsrechtes)\nnicht ubertragbar, weil - zum einen - die Vorschriften der 22. BImSchV dem\neigenstandigen, gemeinschaftsrechtlich beeinflussten Luftqualitatsrecht des\nBImSchG angehoren und - zum anderen und dies vor allem - sie nicht der\nVorsorge gegen schadliche Umwelteinwirkungen, d. h. nicht der Schaffung einer\nSicherheitszone vor der Gefahrenschwelle, sondern ebenso wie etwa § 5 I 1 Nr.\n1 BImSchG bereits der Gefahrenabwehr dienen (so Jarass, BImSchG, 6. Auflage\n2005, § 48a Rn 16; Gerhold/Weber, NVwZ 2000, 1139 ff.), wo es generell und -\nwie dargelegt - auch im gegeben Falle einen individualisierbaren Personenkreis\ngibt (vgl. BVerwG, Beschl. vom 7.9.1988, BVerwGE 80, 184/189 = NJW 1989, 467;\nBVerwG, Beschl. vom 22.1.2004, NVwZ-RR 2004, 335). \n--- \n| 67 \n--- \n| 4\\. Das allgemeine Rechtsschutzbedurfnis ist gegeben. \n--- \n| 68 \n--- \n| a) Der Beklagte hat es trotz Aufforderung durch die Klager pflichtwidrig\nunterlassen, den begehrten immissionsschutzrechtlichen Aktionsplan\naufzustellen. Das in diesem Zusammenhang zu erorternde, das gegenwartige\nallgemeine Rechtsschutzbedurfnis der Klager in Abrede stellende Vorbringen des\nBeklagten, wonach erst die (Spot-) Messungen der UMEG im Jahre 2004 deutliche\nÜberschreitungen des zulassigen PM 10 - Tagesmittelwertes im Stadtgebiet von\nStuttgart gezeigt und erst sie Anlass zur Aufnahme von Arbeiten an einem (\nLuftreinhalte- und) Aktionsplan im August 2004 gegeben hatten, ist\nunerheblich. Denn das Fehlen von Überschreitungen des verordneten Wertes kann\nkein Grund dafur sein, es zu unterlassen, einen ( Luftreinhalte- und)\nAktionsplan fur das betreffende Gebiet oder den betreffenden Ballungsraum nach\nMaßgabe der jeweiligen - fortschreibungsfahigen - Beurteilungslage bereit zu\nstellen. Es kann auch nicht mit reinem Formalismus abgetan werden,\nAktionsplane fur Gebiete aufzustellen, in denen zunachst keine Überschreitung\ndes in der 1. TRL 1999 (22. BImSchV) fur PM 10 bestimmten hochstzulassigen\nTagesmittelwertes bekannt geworden sei, aus welchen Grunden dies auch immer\nder Fall gewesen sein mag. Denn eine (dem Auftreten von Überschreitungen\nvorbeugende) Pflicht zum Handeln der zustandigen (Landes-) Behorde hat bereits\nseit dem - aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht der Dinge verspateten - In-\nKraft-Treten der 22. BImSchV zum 18.9.2002 bestanden, wenn sie nicht schon\ndurch die Verpflichtung zur Umsetzung der 1. TRL 1999 zum 19.7.2001 (vgl. Art.\n12 I 1 der 1. TRL 1999) ausgelost worden war (vgl. dazu BT-Drucks. 14/8450 vom\n6.3.2002, S. 18, und im Anschluss daran Jarass, NVwZ 2003, 257/ 261). Unter\ndiesen Umstanden verliert auch die behordeninterne Entscheidung, den\nAktionsplan als Teil eines Luftreinhalteplanes gemaß § 47 II 3 BImSchG\naufzustellen, seine entschuldigende Kraft, zumal es in einem Aktionsplan auch\nnur um kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen geht. \n--- \n| 69 \n--- \n| Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, er sei zeitlich erst dann\nverpflichtet gewesen, mit der Ausarbeitung eines Aktionsplanes zu beginnen,\nals er erfahren habe, dass es zu Überschreitungen des Grenzwertes im\nverbotenen Ausmaß gekommen sei, muss ihm gesagt werden, dass diese Auffassung\nsich nicht mit Art. 7 III LQ-RL 1996 vereinbaren lasst, der - wie oben schon\neinmal dargestellt - folgendes vorschreibt: \n--- \n| 70 \n--- \n| Die Mitgliedstaaten erstellen Aktionsplane, in denen die Maßnahmen angegeben\nwerden, die im Falle der Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte\n(Hervorhebung durch das Gericht) kurzfristig zu ergreifen sind, um die Gefahr\nder Überschreitung zu verringern und deren Dauer zu beschranken. Diese Plane\nkonnen, je nach Fall, Maßnahmen zur Kontrolle und, soweit erforderlich, zur\nAussetzung der Tatigkeiten vorsehen, die zu einer Überschreitung der\nGrenzwerte beitragen, schließlich des Kraftfahrzeugverkehrs. \n--- \n| 71 \n--- \n| So und nicht anders muss dann auch im Sinne europarechtskonformer Auslegung\ndie Ermachtigungs- und Anspruchsnorm des § 47 II BImSchG verstanden werden. \n--- \n| 72 \n--- \n| Fur die Verpflichtung zur Ausarbeitung eines Aktionsplanes mit dem\nWirksamwerden der 1. TRL 1999 zum 19.7.2001 spricht auch die dem Entwurf des\n7. Änderungsgesetzes zum BImSchG beigefugte Begrundung vom 6.3.2002, wo es\nheißt: \n--- \n| 73 \n--- \n| Die TRL legen fur die durch sie erfassten Schadstoffe Luftqualitatsziele\ndurch Grenzwerte fur Immissionen fest, die nach dem Eintritt bestimmter\nStichtage nicht mehr uberschritten werden durfen. Art. 7 I der LQ-RL 1996\nverpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, dies sicher zu stellen. Um dem\nVerhaltnismaßigkeitsgrundsatz zu entsprechen und den Mitgliedstaaten und den\nBetroffenen angemessene Fristen fur die notwendigen rechtlichen und\ntechnischen Anpassungen zu ermoglichen, gestatten die TRL bis zum Eintritt der\nStichtage innerhalb eines im Einzelnen vorgegebenen Übergangszeitraumes die\nÜberschreitung der Grenzwerte im Rahmen der Toleranzmargen (BT- Drucks.\n14/8450 vom 6.3.2002, S. 8). \n--- \n| 74 \n--- \n| Der Fall, dass es im Ballungsraum von vorne herein nicht zu verbotenen\nÜberschreitungen des Grenzwertes kommen wurde, hat wahrlich nicht unterstellt\nwerden durfen. Die Gefahr der kunftigen Überschreitung des PM 10 -Grenzwertes\nim Jahre 2005 ist nicht erst im Jahre 2004 offensichtlich gewesen. So hat der\nBundesrat aus Anlass der Aufhebung der 23. BImSchV eine Entschließung gefasst,\nin der es auszugsweise heißt (vgl. BR-Drucks. 331/04 - Beschluss, Anlage;\nabgedruckt in: Landmann/Roh-mer, Umweltrecht, Kommentar, Band II Teil 2.23): \n--- \n| 75 \n--- \n| ... Der Bundesrat weist ausdrucklich darauf hin, dass die technischen\nPotentiale zur Emissionsminderung nicht ausreichen werden, um in Deutschland\ndiese neuen europaischen Immissionsgrenzwerte flachendeckend einzuhalten. Dies\ntrifft speziell fur den Kurzzeitgrenzwert fur Feinstaub (PM 10 ) zu, der zur\nZeit in vielen Stadten an Hauptverkehrsstraßen um den Faktor 2 bis 3\nuberschritten wird. Es ist davon auszugehen, das ohne Einleitung\neinschneidender Maßnahmen in circa 70 bis 120 Kommunen in Deutschland in den\nJahren 2005 bzw. 2010 mit Überschreitungen der Grenzwerte von PM 10 und NO 2\nzu rechnen ist. Die Nichteinhaltbarkeit des Kurzzeitgrenzwertes fur PM 10 in\nurbanen Ballungsraumen ist nicht nur ein deutsches, sondern ein europaweites\nPhanomen, wie eine im Auftrag der Kommission tatige Gruppe von Experten der\nMitgliedstaaten in einem PM 10 -Positionspapier festgestellt hat. \n--- \n| 76 \n--- \n| b) Das Rechtsschutzbedurfnis kann den Klagern auch nicht deshalb\nabgesprochen werden, weil der erstrebte Aktionsplan - wie ausgefuhrt - keine\nregelnde Außenwirkung besitzt. Entscheidend ist, dass der Aktionsplan -\nmittelbar - geeignet ist, die Rechtsposition der Klager zu verbessern. Denn\nder Aktionsplan hat rechtserhebliche Bedeutung fur den Erlass weiterer, dem\nGesundheitsschutz der Klager dienenden Maßnahmen, die kunftig nach Maßgabe\ndieses Planes im Falle der verbotenen Überschreitung des Grenzwertes\nkurzfristig zu treffen sind. Allein diese Betrachtungsweise entspricht dem\ngestuften Regelungsmechanismus, der dem europarechtliche beeinflussten\nLuftreinhalterecht zu Grunde liegt. \n--- \n| 77 \n--- \n| II. Die Klagen sind begrundet. \n--- \n| 78 \n--- \n| Das gerugte Unterlassen des begehrten immissionsschutzrechtlichen\nAktionsplanes fur das Stadtgebiet von Stuttgart durch den Beklagten ist in\neiner die Rechte der Klager verletzenden Weise rechtswidrig, weshalb und -\nmangels Ermessens - auch infolge Spruchreife die beantragte Verurteilung des\nBeklagten zur begehrten Planaufstellung hat ausgesprochen werden mussen\n(entsprechend § 113 V 1 VwGO). Die ausgesprochene Verpflichtung genugt dem\nBestimmtheitsgebot und ist entsprechend § 172 VwGO auch vollstreckungsfahig\n(zur Anwendbarkeit des § 172 VwGO auf allgemeine Leistungsurteile vgl.\nKopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage 2003, § 172 Rn 1). Die insoweit geaußerten\nZweifel sind unangebracht. \n--- \n| 79 \n--- \n| 1\\. Das gerugte Unterlassen ist rechtswidrig. \n--- \n| 80 \n--- \n| a) Das gerugte Unterlassen steht im Widerspruch zu der zwingenden - im Sinne\ndes Art. 7 III 1 LQ-RL 1996 europarechtskonform auszulegenden - besonderen\nHandlungsnorm des § 47 II 1 BImSchG. Danach hat die (nach Landesrecht)\nzustandige Behorde zwingend einen Aktionsplan aufzustellen, in dem sie\ndiejenigen - im Sinne des § 47 II 2 BImSchG und des § 11 VI 2 der 22. BImSchV\ngeeigneten - Maßnahmen anzugeben hat, die - gleichsam vorausschauend - im\nFalle der Gefahr der Überschreitung der durch eine Rechtsverordnung nach § 48a\nI BImSchG, namentlich im Falle der Gefahr der Überschreitung der durch die\nVerordnung uber Immissionswerte fur Schadstoffe in der Luft (22. BImSchV)\nfestgelegten Immissionsgrenzwerte, kurzfristig zu ergreifen sind, um die\nGefahr der Überschreitung zu verringern und deren Dauer zu beschranken. Diese\neuroparechtlich veranlasste Verpflichtung der zustandigen Behorde zur\nAufstellung eines Aktionsplanes besteht also nicht erst bei Vorliegen einer\n(konkreten) Gefahr der Überschreitung im polizeirechtlichen Sinne, sondern\nunabhangig davon schon fur den gedachten Fall, dass die Gefahr der\nÜberschreitung der Grenzwerte besteht. Im Übrigen kame es fur das Vorliegen\neiner Polizeigefahr nicht darauf an, ob die Polizei die Gefahr gekannt oder ob\nsie sie im Gegenteil nicht gekannt hat. \n--- \n| 81 \n--- \n| b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser besonderen Handlungsnorm, die\nhier wegen des subjektive Rechte vermittelnden § 4 II 1 der 22. BImSchG\nzugleich eine Anspruchsnorm fur die Klager ist, sind hier erfullt. \n--- \n| 82 \n--- \n| Der in der erwahnten Vorschrift als Tagesmittelwert festgelegte\nImmissionsgrenzwert von 50 μm/m 3 fur Partikel PM 10 bei 35 zugelassenen\nÜberschreitungen je Kalenderjahr kann im Stadtgebiet (Gefahrengebiet) nicht\neingehalten werden. Der Fall, dass die Gefahr des Überschreitens besteht, ist\nhier bereits eingetreten, sie hat sich daruber hinaus schon realisiert. Fur\ndie Antwort auf die Frage nach der Überschreitung von Grenzwerten der 22.\nBImSchV kommt es ubrigens nicht darauf an, ob die Grenzwerte in einem Gebiet\noder Ballungsraum flachendeckend oder im Durchschnitt uberschritten werden\n(BVerwG, Urt. vom 26.5.2004, NVwZ 2004, 1237 = DVBl 2004, 1289 = NuR 2004, 729\n= ZUR 2005, 96). \n--- \n| 83 \n--- \n| c) Da die tatbestandlichen Voraussetzungen erfullt sind, hat der Beklagte\ndurch die zustandige Behorde den vom Gesetz geforderten\nimmissionsschutzrechtlichen Aktionsplan fur das nach den §§ 9 I, II und 4 II\nder 22. BImSchV festzulegende Gefahrengebiet aufzustellen. Ein\nEntschließungsermessen besteht nicht. Angesichts der Eindeutigkeit der\nRegelung kann der Beklagte im Hinblick auf § 45 I BImSchG nicht darauf\nverweisen, dass es neben der Aufstellung eines Aktionsplanes auch andere\nMoglichkeiten gebe, um Luftreinhalteplanung zu betreiben. Er widerspricht sich\ninsoweit selbst, als er ja seit August 2004 tatsachlich eine Aktionsplanung\nbetreibt. Im Übrigen musste § 47 II 1 BImSchG als eine Schranke des im § 45 I\nBImSchG eingeraumten Ermessens verstanden werden. \n--- \n| 84 \n--- \n| Dieses Verstandnis liegt auch der dem Entwurf des 7. Änderungsgesetzes zum\nBImSchG beigefugten Begrundung vom 6.3.2002 zu Grunde, wo es heißt: \n--- \n| 85 \n--- \n| ... Auch § 45 I BImSchG gewahrt den zustandigen Behorden insoweit Ermessen,\nals nicht ein Aktionsplan auf Grund von § 47 II BImSchG aufzustellen ist (BT-\nDrucks. 14/8450 vom 6.3.2002, S. 12). ... . \n--- \n| 86 \n--- \n| d) Die zustandige Behorde hat indessen ein (Verwaltungs-) Ermessen bei der\nAuswahl der im begehrten immissionsschutzrechtlichen Aktionsplan\nfestzulegenden, als geeignet zu erachtenden Maßnahmen (vgl. § 47 II 2 BImSchG\nund § 11 IV der 22. BImSchV). Es kann nicht erkannt werden, dass dieses\nAuswahlermessen auf eine einzelne Maßnahme oder bereits jetzt auf bestimmte\nMaßnahmen beschrankt ware. Eine Verurteilung des Beklagten kommt deshalb und\nauch wegen der durch § 88 VwGO angeordneten Bindung des Gerichtes an das\nKlagebegehren (ne ultra petita ) nicht in Betracht. Eine (Durchgriffs-) Klage\nauf den Erlass einer bestimmten Maßnahme scheidet aus, weil ohne den\nAktionsplan nicht erkannt werden kann, welche von der zustandigen Behorde zu\nerlassende geeignete Maßnahme im konkreten Einzelfalle zum Schutz der\nGesundheit der Klager kurzfristig in Betracht kommt. Erst der Aktionsplan\nkanalisiert gleichsam die Rechtsschutzmoglichkeiten der Klager im Falle\nverbotener PM 10 - Konzentrationen. \n--- \n| 87 \n--- \n| 2\\. Das gerugte Unterlassen verletzt auch Rechte der Klager. \n--- \n| 88 \n--- \n| a) Die Klager gehoren zu den von der Grenzwertregelung des § 4 II 1 der 22.\nBImSchV in ihrer Gesundheit geschutzten Menschen. Sie sind Bewohner eines\nfaktischen Aktionsplangebietes. Sie halten sich auf Dauer im Stadtgebiet von\nStuttgart auf, welches einen Ballungsraum bildet. Sie wohnen namentlich im\nBereich der Probenahmestelle ... bzw. im Bereich der Probenahmestelle ... , wo\nuberdies jeweils festgestellt worden ist, dass schon jetzt der zulassige\nTagesmittelwert der 1. Stufe fur Partikel PM 10 von 50 μm/m 3 an mehr als 35\nTagen je Kalenderjahr uberschritten ist. Ihre Wohngrundstucke befinden sich\nnamlich im Gebaude ... bzw. im Gebaude ..., die Bestandteil des hier in Rede\nstehenden faktischen Aktionsplangebietes (Gefahrengebietes) sind. \n--- \n| 89 \n--- \n| b) Das Vorbringen des Beklagten, die erwahnten Grundstucke seien deutlich\nabgesetzt von den jeweiligen Probenahmestellen, ist unerheblich, weil es\ndarauf nicht ankommt. Maßgebend fur die Verletzung von Rechten der Klager ist\neinzig der Umstand, dass die Wohngrundstucke der Klager in einem nach\nimmissionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilenden Gefahrengebiet\nliegen, in dem sich ubrigens - noch einmal bemerkt - die Gefahr der verbotenen\nÜberschreitung des Grenzwertes in unmittelbarer Nahe ihrer Wohnungen auch\nschon realisiert hat. Lediglich rechtsmissbrauchlichen Klagen musste der\nErfolg abgesprochen werden; von Rechtsmissbrauch (entsprechend § 242 BGB) kann\nhier indessen nicht die Rede sein. \n--- \n| 90 \n--- \n| Die Rechtslage ist im Hinblick auf den Drittschutz durchaus mit derjenigen\neines Grundstuckseigentumers zu vergleichen, dem im Bebauungsrecht als\nPlangebietsbetroffenem ein Gebietsgewahrleistungsanspruch wegen gebietsfremder\nAnlagen (Anlagentypen) oder Nutzungen (Nutzungstypen) im Sinne der §§ 2 bis 14\nBauNVO zusteht, wobei es in Fallen dieser Art nach der Rechtsprechung des\nBVerwG auch nicht einmal darauf ankommt, ob dieser Grundstuckseigentumer\nunzumutbar durch die gebietsfremde Anlage oder Nutzung beeintrachtigt ist\n(vgl. etwa BVerwG, Urt. vom 16.9.1993, BVerwGE 94, 151 = UPR 1994, 69 = DVBl\n1994, 284 = ZfBR 1994, 97 = DÖV 1994, 263 = BauR 1994, 223 = MDR 1994, 379 =\nNJW 1994, 1546 = BRS 55 Nr. 110 Die Festsetzung von Baugebieten durch\nBebauungsplane hat kraft Bundesrechts grundsatzlich nachbarschutzende Funktion\n; BVerwG, Beschl. vom 13.12.1995, UPR 1996, 113 = ZfBR 1996, 123 = DÖV 1996,\n293 = BauR 1996, 219 = NVwZ, 1996, 787 = BRS 57 Nr. 79 Einen Verstoß gegen §\n13 BauNVO kann ein Nachbar grundsatzlich unabhangig davon abwehren, ob er\ndurch die freiberufliche oder gewerbliche Nutzung unzumutbar beeintrachtigt\nwird. ). Und dieser Gebietsgewahrleistungsanspruch betrifft indessen nicht nur\ndie rechtlichen, d. h. die festgesetzten, sondern auch die faktischen BauNVO-\nBaugebiete, namlich diejenigen Gebiete, die nach ihrer (Umgebungs-) Eigenart\neinem der in der BauNVO bezeichneten Baugebiete entsprechen (§ 34 II BauGB;\nBVerwG, Urt. vom 16.9.1993, BVerwGE 94, 151 = NJW 1994, 1546 = ZfBR 1994, 97 =\nNVwZ 1994, 783 LS; BVerwG, Beschl. vom 11.4.1996, ZfBR 1997, 51= NVwZ-RR 1997,\n463 = BRS 58 Nr. 82 faktisches BauNVO- Mischgebiet ). \n--- \n| 91 \n--- \n| III Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 I VwGO. \n--- \n| 92 \n--- \n| IV Die Berufung ist wegen grundsatzlicher Bedeutung der Rechtssache\nzugelassen worden (§§ 124 II Nr. 3 und 124a I 1 VwGO). \n--- \n \n## Gründe\n\n| \n---|--- \n| 47 \n--- \n| Die Klagen haben Erfolg. \n--- \n| 48 \n--- \n| I. Die Klagen sind zulassig. \n--- \n| 49 \n--- \n| 1\\. Die Klagen sind als allgemeine Leistungsklagen an sich statthaft.\nInsbesondere scheidet die Statthaftigkeit von Verpflichtungsrechtsbehelfen aus\n(§§ 42 I und 68 II VwGO). Denn die Klagen sind objektiv nicht auf den Erlass\neines Verwaltungsaktes (§ 35 LVwVfG) gerichtet. Der von den Klagern begehrte\nimmissionsschutzrechtliche Aktionsplan des Regierungsprasidiums Stuttgart ist\nein die Behorden und auch andere Stellen bindendes Handlungskonzept, ohne dass\nihm die fur einen Verwaltungsakt erforderliche (regelnde) Außenwirkung zukame\n(vgl. Jarass, BImSchG, Kommentar, 6. Auflage 2005, § 47 Rn 37 und Rn 43\nbehordenverbindliches Handlungskonzept , und im Anschluss daran BayVG Munchen,\nBeschl. vom 27.4.2005 - M 1 E 05.1115 -, das abweichend vom Vorbringen der\nKlager im Falle eines Aktionsplanes nicht von einem bloßen Programmplan\nausgeht). \n--- \n| 50 \n--- \n| Regelnde Außenwirkung kann allenfalls denjenigen (geeigneten) Maßnahmen\nzuerkannt werden, die im vorgeschalteten Aktionsplan festgelegt sind, sobald\nsie ergriffen werden. Das konnen z. B. Verkehrsbeschrankungen oder\nVerkehrsverbote der zustandigen Straßenverkehrsbehorde sein (§ 40 I 1 BImSchG;\nvgl. auch § 45 I 1, I 2 Nr. 3 StVO und dazu BVerwG, Urt. vom 4.6.1986, BVerwGE\n74, 234 = NVwZ 1986, 918 = DVBl 1987, 373 = DÖV 1986, 926 = NJW 1986, 2655 =\nJuS 1987, 327 Nr. 13 Larmschutz wegen Inanspruchnahme einer Wohnstraße durch\nuberortlichen Verkehr als Schleichweg und BVerwG, Urt. vom 15.4.1999, BVerwGE\n109, 29 = DÖV 1999, 911 = NVwZ 1999, 1234 = ZUR 1999, 332 = DVBl 1999, 1745 =\nNuR 1999, 691 Sommer-Smog ). \n--- \n| 51 \n--- \n| Der begehrte immissionsschutzrechtliche Aktionsplan ist in diesem Sinne\ngleichsam eine gesetzlich vorgesehene (verwaltungsinterne, vorbereitende)\nVorschaltmaßnahme auf dem Weg zu weiteren (regelnden) Maßnahmen, mit denen im\nInteresse der menschlichen Gesundheit die Gefahr der Überschreitung der\nImmissionsgrenz-werte verringert oder der Zeitraum, wahrend dessen die Werte\nuberschritten werden, verkurzt werden soll. Insoweit kann auch von einem\nabgestuften Regelungsmechanismus geredet werden, welcher den Überschreitungen\nder Grenzwerte, unabhangig von den Immissionsquellen, begegnen soll (BVerwG,\nUrt. vom 26.5.2004 - 9 A 6/03 -, NVwZ 2004, 1237 = DVBl 2004, 1289 = NuR 204,\n729 = ZUR 2005, 96 = IBR 2004, 64 Planfeststellung fur den Ausbau der B 170 im\nStadtgebiet von Dresden mit Anmerkung von Scherer-Leydecker; Jarass, NVwZ\n2003, 257/262 mehrstufiges Verfahren der Luftreinhaltung ). Die Regelung\nahnelt, beilaufig bemerkt, zumindest was die Stufen anbelangt, dem Verhaltnis,\nin dem auf dem Gebiet des Bauleitplanungsrechtes die Bebauungsplane auf der\neinen Seite zum Flachennutzungsplan auf der anderen Seite stehen, das namlich\ngleichfalls durch den Grundsatz der 2-Stufigkeit gekennzeichnet ist (vgl. § 8\nII 1 BauGB), wobei der (vorbereitende) Flachennutzungsplan (§§ 1 II und 5\nBauGB) als eine (lediglich) verwaltungsinterne stadtebaurechtliche\nPlanmaßnahme eigener Art angesehen und der (verbindliche) Bebauungsplan in der\nverwaltungsrechtlichen Handlungsform der Gemeindesatzung (§§ 1 II und 10 I\nBauGB) beschlossen wird. \n--- \n| 52 \n--- \n| 2\\. Das beklagte Land ist beteiligtenfahig (§ 61 Nr. 1 VwGO) und als solches\nauch zur Prozessfuhrung passiv befugt. \n--- \n| 53 \n--- \n| Die Landesbehorden sind zum Erlass von Aktionsplanen sachlich zustandig. An\nsich sachlich zustandige Behorde im Sinne des hier maßgebenden § 47 II BImSchG\nist gemaß § 5 II LVG das nach der Bekanntmachung der Landesregierung uber die\nAbgrenzung der Geschaftsbereiche der Ministerien (Stand 1.1.2005) fur den\nImmissionsschutz zustandige Ministerium fur Umwelt Baden-Wurttemberg (UM );\ndie Verfahrensvorschriften der Immissionsschutz-Zustandigkeitsverordnung -\nBImSchG-ZuVO - vom 3.3.2003 (GBl. S. 180), zuletzt geandert durch Art. 162 des\nVerwaltungsstruktur-Reformgesetzes vom 1.7.2004 (GBl. S. 469/553), regeln\ninsoweit nichts anderes. Das UM hat indessen insoweit auf Grund von § 5 III\nLVG seine Aufgaben den Regierungsprasidien ubertragen. Durch diese Übertragung\nhat sich indessen an der die Prozessfuhrungsbefugnis bestimmenden\nZustandigkeit einer Landesbehorde nichts geandert. \n--- \n| 54 \n--- \n| 3\\. Die Klager sind klagebefugt, d. h. durch das gerugte Unterlassen\nbeschwert. \n--- \n| 55 \n--- \n| a) Die Klager konnen als (Dauer-) Bewohner eines konkreten Gefahrenbereiches\nim Hinblick auf ihre grundgesetzlich geschutzte Gesundheit (Art. 2 II 1GG)\ngeltend machen, durch das Unterlassen des begehrten\nimmissionsschutzrechtlichen Aktionsplanes - jedenfalls moglicherweise - in\neigenen Rechten oder zumindest in rechtlich geschutzten Eigeninteressen\nverletzt (und nicht etwa nur tatsachlich betroffen) zu sein. § 42 II VwGO ist\nauf allgemeine Leistungsklagen entsprechend anzuwenden. Der Sinn dieser an\nsich fur Anfechtungs- und fur Verpflichtungsklagen geltende prozessualen\nVorschrift besteht im Wesentlichen darin, Popular- (Jedermanns-) und\ngrundsatzlich auch Interessenklagen (etwa Klagen von interessierten Verbanden)\nauszuschließen. Diese Zielsetzung des § 42 II VwGO ist auf allgemeine\nLeistungsklagen ohne weiteres ubertragbar (vgl. dazu etwa BVerwG, Urt. vom\n12.9.1980, NJW 1981, 2075 = DVBl 1981, 218; BVerwG, Beschl. vom 5.2.1992,\nNVwZ-RR 1992, 371 = DÖV 1992, 536). \n--- \n| 56 \n--- \n| b) Ein die Klagebefugnis (Beschwer) begrundendes subjektives offentliches\nRecht einer Person liegt nach der von der deutschen Rechtsprechung bemuhten\nund auch sonst herrschenden Schutznormtheorie dann vor, wenn ein Rechtssatz\nnicht allein Interessen der Allgemeinheit (etwa die Umwelt insgesamt) schutzt,\nsondern zumindest auch den Interessen des Einzelnen (genauer: den\nschutzwurdigen und schutzbedurftigen Interessen eines individualisierbaren\nPersonenkreises) und damit Individualinteressen dient; der Umstand, dass -\nnebenbei bemerkt - ein Rechtssatz einem Dritten lediglich tatsachlich,\nsozusagen reflexartig, einen rechtlichen Vorteil verschafft, vermittelt\ndagegen noch keine subjektiven offentlichen Rechte. Wo also das objektive\nRecht zugleich die Interessen einer Person (eines Menschen) schutzt, wird ihr\nimmer auch die Rechtsmacht zur gerichtlichen Durchsetzung dieser Interessen\ngegenuber der offentlichen Gewalt nach Maßgabe der von der Rechtsordnung zur\nVerfugung gestellten Befugnis- oder sonstigen Handlungsnormen eingeraumt; auf\ndie Rechtsqualitat dieser Normen kommt es nicht an. Das Vorbringen des\nBeklagten, der begehrte Aktionsplan diene lediglich mittelbar dem Schutz der\nmenschlichen Gesundheit, verliert unter diesem Gesichtspunkt seine\nargumentative Kraft und ist unerheblich. \n--- \n| 57 \n--- \n| c) Die Frage, ob ein bestimmter Rechtssatz des offentlichen Rechtes mit der\nRechtsmacht zu seiner Durchsetzung gleichsam angereichert ist, ist, sofern sie\nnicht schon der Wortlaut im bejahenden Sinne beantwortet (vgl. etwa § 5 I 1\nNr. 1 BImSchG und §§ 22 I und 3 I BImSchG Nachbarschaft ; § 15 I 2 BauNVO\nunzumutbare Storungen im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung ; § 5 VII 3\nLBO nachbarschutzend ), im Wege der - vor allem telelogischen, gelegentlich\nrechtshistorischen - Auslegung zu losen, wobei im Falle von sogen.\nUmsetzungsnormen (d. h. im Falle von Rechtssatzen, mit denen EU-Richtlinien in\nnationales Recht ubergeleitet worden sind) auch der vom EuGH entwickelte\ngemeinschaftsrechtliche Effet-Utile-Grundsatz (sogen. vertragskonforme\nAuslegung; vgl. dazu Peters, UPR 2000, 272), d. h. der Grundsatz zu\nberucksichtigen ist, der sich dynamisch an der nutzlichen Wirkung des\neuropaischen Gemeinschaftsrechtes orientiert (vgl. dazu EuGH, Urt. vom\n8.4.1976 - 48/75 -, ABl. EG 1976 Nr. C 214, 4 - 5 = DVBl 1976, 705 = NJW 1976,\n2065; EuGHE, Gutachten 1/91, 1991, I-6079 Hummer ; kritisch hierzu BVerfG,\nUrt. vom 12.10.1993 - 2 BvR 2134/92 -, BVerfGE 89, 155 = NJW 1993, 3047 = DVBl\n1993, 154 = DÖV 1994, 119 Maastricht ). Dabei reicht es im Ergebnis fur die\nBejahung eines subjektiven offentlichen Rechtes aus, wenn sich dem Rechtssatz\nim Wege einer vertretbaren Auslegung entnehmen lasst, dass ein bestimmtes\nIndividualinteresse begunstigt werden solle. Dies ist Ausfluss des Gedankens,\ndass aus der von Art. 19 IV GG entscheidend mitgepragten Gesamtsicht des\nBonner Grundgesetzes (GG) vom Verhaltnis des Einzelnen zum Staat folgt, im\nZweifel derjenigen Interpretation eines Rechtssatzes den Vorzug zu geben, die\ndem Burger einen Rechtsanspruch einraumt (vgl. BVerfGE 15, 275/281 f.). In\ndiesem Sinne wird die subjektiv-rechtliche Relevanz - zumindest von der\nRechtsprechung - jedenfalls hinsichtlich solcher Rechtsnormen abgelehnt, die\nnach Ansicht der herrschenden Meinung lediglich das typisierte Interesse der\nGesamtheit, nicht aber das damit notwendig ubereinstimmende\nIndividualinteresse des Einzelnen schutzen wollen (vgl. etwa BVerwG, Urt. vom\n22.2.1995, BVerwGE 95, 133/137 = NVwZ 1994, 999 = DVBl 1994, 1241 = DÖV 1994,\n962). Hingegen ist von einem geschutzten Individualinteresse regelmaßig dann\nauszugehen, wenn ein von der Allgemeinheit abgrenzbarer unmittelbar und\nkonkret Betroffener bzw. Berechtigter vorhanden ist, dessen Beeintrachtigungen\nnach dem Gesetz tunlichst zu vermeiden sind (vgl. etwa BVerwG, Urt. vom\n15.7.1987, BVerwGE 78, 40 = DÖV 1987, 1017 = DÖV 1987, 1017 = DVBl 1987, 1265\n= NJW 1988, 434 Nachbarschutz im Wasserrecht ). \n--- \n| 58 \n--- \n| d) In diesem Zusammenhang sei nur am Rande und nur als Ausblick der Hinweis\nauf die UN/ECE- Konvention uber den Zugang zu Informationen,\nÖffentlichkeitsbeteiligungen an Entscheidungsfragen und den Zugang zu\nGerichten in Umweltangelegenheiten (sogen. Aarhus-Konvention - AK ) vom\n25.6.1998 (abgedruckt in: NVwZ- Beilage Nr. III/2001 zu Heft 5/2001; vgl. auch\nhttp://www.unece.org/env.pp ) gestattet. Zeichner dieses multilateralen\nvolkerrechtlichen Abkommens waren insgesamt 39 UN/ECE-Staaten, darunter alle\nMitgliedstaaten der EU, sowie die Europaische Kommission. Die AK ist am\n30.12.2001 in Kraft getreten (vgl. UPR 2002, 22). Ihr Programm findet Ausdruck\nin den drei systematisch abgestuften Absatzen des Art. 9, in denen es um die 3\nPfeiler (piliers) Recht der Burger auf Zugang zu Umweltinformationen (vgl.\ndazu die RL 2003/4/EG des Europaischen Parlamentes und des Rates vom 28.1.2003\nuber den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und uber die\nAufhebung der RL 90/313/EWG des Rates - Informations- RL -, ABl. EG Nr. L 41\nvom 14.2.2003, S: 26), Recht der Burger auf Teilhabe an Entscheidungsprozessen\n(vgl. dazu die RL 2003/35/EG des Europaischen Parlamentes und des Rates vom\n26.5.2003 uber die Beteiligung der Öffentlichkeit bei Ausarbeitung bestimmter\numweltbezogener Plane und Programme und zur Änderung der RL 85/337/EWG und der\nRL 96/61/EG des Rates in Bezug auf Öffentlichkeitsbeteiligungen und den Zugang\nzu Gerichten - Öffentlichkeitsbeteiligungs- RL -, ABl. EG Nr. L 156 vom\n25.6.2003, S. 17) und - was gerade hier von Bedeutung ist - Recht der Burger\nauf Zugang zu den Gerichten in Umweltangelegenheiten (acces a la justice )\ngeht (zur Information und Partizipation der Öffentlichkeit in\nUmweltangelegenheiten nach den RL 2003/4/EG und 2003/35/EG vgl. Werres, DVBl\n2005, 611 ff.). \n--- \n| 59 \n--- \n| Nach Art. 9 II Unter-Abs. 1 AK ist im Grundsatz ein Zugang zu gerichtlicher\noder anderweitiger unabhangiger Überprufung in Umweltangelegenheiten geboten;\ndie Klagebefugnis soll auch die Drittbetroffenen , namentlich Individuen,\numfassen. In dieser Hinsicht liegt bisher lediglich ein Vorschlag fur eine\nRichtlinie des Europaischen Parlamentes und des Rates uber den Zugang zu\nGerichten in Umweltangelegenheiten vom 24.10.2003 (KOM (2003) 624 endg.) vor.\nZiel dieses Entwurfes einer Rechtsschutz-RL (RSchRLE) ist - in Anpassung an\nArt. 9 II Unter-Abs. 2 Satz 1 AK - ein moglichst umfassender Zugang zu\nGerichten . Gefordert wird - in Übereinstimmung mit Art. 9 II, III AK - ein\nKlagerecht fur denjenigen, der ein ausreichendes Interesse hat oder alternativ\neine Rechtsverletzung geltend macht, sofern das Verwaltungsprozessrecht einer\nVertragspartei dies als Voraussetzung erfordert (sogen. Optionsmodell). Damit\nscheint es in der Bundesrepublik Deutschland gerade bei der bereits oben\nerwahnten Schutznormtheorie bleiben zu durfen. Doch der Umstand, dass\noffenkundig weder in der AK noch im RSchRLE eine Interessenklage\nvorgeschrieben wird, besagt nicht viel, weil es dadurch nicht ausgeschlossen\nist, den Begriff des subjektiven Rechtes in Revision der Schutznormtheorie\nauch im Sinne des Effet-Utile- Grundsatzes zu erweitern (so mit Recht\nEkardt/Pohlmann, NVwZ 2005, 532/53 f. gegen Seelig/Grundling, NVwZ 2002, 1033\nff. und von Danwitz, NVwZ 2004, 272 ff.; vgl. auch das Votum fur die\nBeibehaltung des deutschen Individualrechtsschutzes von Schmidt-Preuß, NVwZ\n2005, 489/494 ff.). \n--- \n| 60 \n--- \n| e) Im gegebenen Falle muss unter Berucksichtigung des eindeutigen Wortlautes\nsowie des Zieles und des Zweckes der von den Klagern bemuhten, mit strikter\n(Außenrechts-) Verbindlichkeit ausgestatteten Grenzwertregelung des § 4 II 1\nder 22. BImSchV fur Partikel der PM 10 \\- Fraktion, welche die\nGrenzwertfestlegung in der 1. TRL 1999 ubernommen hat und welche -\nhinsichtlich ihres Anspruchniveaus - nicht allein der Konkretisierung anderer\nmaterieller Vorgaben (etwa des § 3 I BImSchG schadliche Umwelteinwirkungen ;\nvgl. z. B. die der Konkretisierung der schadlichen Umwelteinwirkung dienende\n18. BImSchV im Falle von Sportlarm; vgl. dazu BVerwG, Beschl. vom 8.11.1994,\nBVerwG UPR 1995, 108 = DVBl 1995, 514 = BauR 1995, 377 = NVwZ 1995, 993 = BRS\n56 Nr. 194 = NuR 1996, 29) dient, sondern als eigenstandige Regelung zur\nAnwendung kommt (so Jarass, NVwZ 2003, 257/260; vgl. dazu BT-Drucks. 14/8450\nvom 6.3.2002, S. 9 Pragung der Novellierung des BImSchG von einem gewissen\nDualismus ), und ferner unter verfassungsgerechter Beachtung des oben\nerwahnten gemeinschaftsrechtlichen Effet-Utile- Grundsatzes erkannt werden,\ndass die angesprochene Regelung nicht nur dem typisierten Interesse der\nGesamtheit der Bevolkerung, namentlich der Wohnbevolkerung, an effektivem\nGesundheitsschutz dient, sondern dass sie durch die Benennung der menschlichen\nGesundheit (vgl. auch Art. 174 I tire 2 EG = Art. 130r I tire 2 EGV) an\nvorderster Stelle in hervor gehobener Weise auch dem Interesse des Einzelnen\nam Schutz vor Schaden an seiner Gesundheit gerecht werden will (so auch nur\nnebenbei BVerwG, Urt. vom 26.5.2004, a. a. O.; vgl. auch BVerwG, Urt. vom\n2.12.1980 - 7 C 84/78 -, BVerwGE 61, 256 = NJW 1981, 1393 = DVBl 1981, 294 =\nDÖV 1981, 294 = JuS 1981, 617 Die Dosisgrenzwerte des § 45 StrlSchV haben\ndrittschutzenden Charakter ; vgl. auch EuGH, Urteile vom 30.5.1991 - Rs C\n361/88 - und - Rs C 59/89 -, NVwZ 1991, 866 und NVwZ 1991, 868 mangelhafte\nUmsetzung der beiden Luftreinhaltungs-RL 80/779/EWG und 82/884/EWG ). \n--- \n| 61 \n--- \n| Die besagte Grenzwertregelung will nicht nur die Allgemeinheit schutzen,\nsondern auch den Einzelnen vor den bereits zitierten erheblichen\ngesundheitlichen Gefahren, denen er durch die den verordneten Grenzwert\nuberschreitenden PM 10 \\- Konzentrationen ausgesetzt ist, bewahren und ihm\nentsprechende Klagerechte auf Grund der vorhandenen gesetzlichen Befugnis- und\nsonstigen Handlungsnormen gewahren (so Jarass, NVwZ 2003, 257/264). Schutz der\nmenschlichen Gesundheit im Allgemeinen ohne effektiven (auch einklagbaren)\nSchutz der Gesundheit Einzelner im Besonderen ware ein Widerspruch in sich. \n--- \n| 62 \n--- \n| In diesem Zusammenhang ist der Auffassung des Beklagten entgegen zu treten,\nwonach es einen ehernen Grundsatz der deutschen (Verwaltungs-) Rechtsordnung\ngebe, dass ein Dritter keinen Anspruch auf Aufstellung von Planen jeglicher\nArt habe. Denn diesen Grundsatz gibt es wahrhaft nicht. Die Existenz eines\nderartigen Grundsatzes kann auch nicht mit Hilfe des stadtebaurechtlichen § 1\nIII 2 BauGB belegt werden, weil es einen Anspruch auf Bauleitplanung allein\ndeshalb nicht gibt, weil der Gesetzgeber es selbst ist, der diesen Anspruch\nkategorisch (ausnahmslos) ausgeschlossen hat. Selbst wenn es ubrigens einen\nderartigen Grundsatz gabe, musste hier im uberragenden Interesse an effektivem\nGesundheitsschutz eine Ausnahme gemacht werden; Grundsatze sind namlich dazu\nda, dass sie Ausnahmen zulassen. \n--- \n| 63 \n--- \n| f) Die Klager gehoren zu den Menschen, die von der Grenzwertregelung des § 4\nII 1 der 22. BImSchV in ihrer Gesundheit geschutzt sind. Sie gehoren als\nBewohner von Stuttgart einem Personenkreis an, der sich durch das Vorliegen\neines so genannten faktischen Aktionsplangebietes im Sinne der bereits oben\nerwahnten Schutznormtheorie auch hinreichend individualisieren lasst. \n--- \n| 64 \n--- \n| Unter einem faktischen Aktionsplangebiet soll, was das Stadtgebiet von\nStuttgart anbelangt, ein Ballungsraum im Sinne der 22. BImSchV verstanden\nwerden, fur den es einen immissionsschutzrechtlichen Aktionsplan als\nHandlungskonzept - aus welchen Grunden auch immer - zwar noch nicht gibt, fur\nden aber ein solcher Plan zwingend aufzustellen ist, weil die gesetzlichen\nVoraussetzungen hierfur gegeben sind. Das faktische Aktionsplangebiet\nentspricht einem immissionsschutzrechtlichen Gefahrengebiet, weil es allein\ndurch die Gefahr gekennzeichnet ist, dass die im § 4 II der 22. BImSchV\nfestgelegten Immissionsgrenzwerte uberschritten werden konnten (§ 47 II 1\nBImSchG). \n--- \n| 65 \n--- \n| Nach § 9 II 1 der 22. BImSchV, dessen Geltung ubrigens im Hinblick auf die\nim § 4 II der 22. BImSchV festgesetzten Immissionsgrenzwerte fur Partikel PM\n10 nicht durch § 9 I der 22. BImSchV ausgeschlossen ist, haben die zustandigen\nBehorden die Ballungsraume festzulegen, wobei sie dann jahrlich Gebiete und\nBallungsraume nach § 9 II 2 der 22. BImSchV entsprechend bestimmten Werten\neinzustufen haben. Unter einem Ballungsraum wird im gegebenen Zusammenhang\nverstanden entweder ein Gebiet mit mindestens 250°000 Einwohnern, das aus\neiner oder mehreren Gemeinden besteht, oder ein Gebiet, das aus einer oder\nmehreren Gemeinden besteht, welche jeweils eine Einwohnerdichte von 1°000\nEinwohnern oder mehr je Quadratkilometer bezogen auf die Gemarkungsflache\nhaben oder die zusammen mindestens eine Flache von 100 Quadratkilometern\ndarstellen (§ 1 Nr. 7 der 22. BImSchV). Das Stadtgebiet von Stuttgart erfullt\ndie Voraussetzungen eines so verstandenen Ballungsraumes. \n--- \n| 66 \n--- \n| g) Die Rechtsprechung des BVerwG zum Drittschutz im Bereich des\nanlagenbezogenen Immissionsschutzrechtes, die dort im Hinblick auf die im § 5\nI 1 Nr. 2 BImSchG geregelte Vorsorgepflicht erkannt hat, dass es an einem\nindividualisierbaren Personenkreis dann fehlte, wenn zwar potentiell\nschadliche, aber keinem bestimmten Emittenten zuzuordnende Umweltweinwirkungen\n(§ 3 I BImSchG) gegeben seien (vgl. dazu BVerwG, Urt. vom 11.12.2003, BVerwGE\n119, 329 = DÖV 2004, 340 = VBlBW 2004, 177 = DVBl 2004, 638 = NVwZ 2004, 610 =\nZUR 2004, 229 CVR-Anlage CVR = Chemical Vapor Reaction = Nanopulver-Anlage ;\nBesprechung Gantzer, VBlBW 2004, 174 ff.), ist schon deshalb auf den Bereich\ndes auf Ballungsraume bezogenen Immissionsschutzrechtes (Luftqualitatsrechtes)\nnicht ubertragbar, weil - zum einen - die Vorschriften der 22. BImSchV dem\neigenstandigen, gemeinschaftsrechtlich beeinflussten Luftqualitatsrecht des\nBImSchG angehoren und - zum anderen und dies vor allem - sie nicht der\nVorsorge gegen schadliche Umwelteinwirkungen, d. h. nicht der Schaffung einer\nSicherheitszone vor der Gefahrenschwelle, sondern ebenso wie etwa § 5 I 1 Nr.\n1 BImSchG bereits der Gefahrenabwehr dienen (so Jarass, BImSchG, 6. Auflage\n2005, § 48a Rn 16; Gerhold/Weber, NVwZ 2000, 1139 ff.), wo es generell und -\nwie dargelegt - auch im gegeben Falle einen individualisierbaren Personenkreis\ngibt (vgl. BVerwG, Beschl. vom 7.9.1988, BVerwGE 80, 184/189 = NJW 1989, 467;\nBVerwG, Beschl. vom 22.1.2004, NVwZ-RR 2004, 335). \n--- \n| 67 \n--- \n| 4\\. Das allgemeine Rechtsschutzbedurfnis ist gegeben. \n--- \n| 68 \n--- \n| a) Der Beklagte hat es trotz Aufforderung durch die Klager pflichtwidrig\nunterlassen, den begehrten immissionsschutzrechtlichen Aktionsplan\naufzustellen. Das in diesem Zusammenhang zu erorternde, das gegenwartige\nallgemeine Rechtsschutzbedurfnis der Klager in Abrede stellende Vorbringen des\nBeklagten, wonach erst die (Spot-) Messungen der UMEG im Jahre 2004 deutliche\nÜberschreitungen des zulassigen PM 10 - Tagesmittelwertes im Stadtgebiet von\nStuttgart gezeigt und erst sie Anlass zur Aufnahme von Arbeiten an einem (\nLuftreinhalte- und) Aktionsplan im August 2004 gegeben hatten, ist\nunerheblich. Denn das Fehlen von Überschreitungen des verordneten Wertes kann\nkein Grund dafur sein, es zu unterlassen, einen ( Luftreinhalte- und)\nAktionsplan fur das betreffende Gebiet oder den betreffenden Ballungsraum nach\nMaßgabe der jeweiligen - fortschreibungsfahigen - Beurteilungslage bereit zu\nstellen. Es kann auch nicht mit reinem Formalismus abgetan werden,\nAktionsplane fur Gebiete aufzustellen, in denen zunachst keine Überschreitung\ndes in der 1. TRL 1999 (22. BImSchV) fur PM 10 bestimmten hochstzulassigen\nTagesmittelwertes bekannt geworden sei, aus welchen Grunden dies auch immer\nder Fall gewesen sein mag. Denn eine (dem Auftreten von Überschreitungen\nvorbeugende) Pflicht zum Handeln der zustandigen (Landes-) Behorde hat bereits\nseit dem - aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht der Dinge verspateten - In-\nKraft-Treten der 22. BImSchV zum 18.9.2002 bestanden, wenn sie nicht schon\ndurch die Verpflichtung zur Umsetzung der 1. TRL 1999 zum 19.7.2001 (vgl. Art.\n12 I 1 der 1. TRL 1999) ausgelost worden war (vgl. dazu BT-Drucks. 14/8450 vom\n6.3.2002, S. 18, und im Anschluss daran Jarass, NVwZ 2003, 257/ 261). Unter\ndiesen Umstanden verliert auch die behordeninterne Entscheidung, den\nAktionsplan als Teil eines Luftreinhalteplanes gemaß § 47 II 3 BImSchG\naufzustellen, seine entschuldigende Kraft, zumal es in einem Aktionsplan auch\nnur um kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen geht. \n--- \n| 69 \n--- \n| Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, er sei zeitlich erst dann\nverpflichtet gewesen, mit der Ausarbeitung eines Aktionsplanes zu beginnen,\nals er erfahren habe, dass es zu Überschreitungen des Grenzwertes im\nverbotenen Ausmaß gekommen sei, muss ihm gesagt werden, dass diese Auffassung\nsich nicht mit Art. 7 III LQ-RL 1996 vereinbaren lasst, der - wie oben schon\neinmal dargestellt - folgendes vorschreibt: \n--- \n| 70 \n--- \n| Die Mitgliedstaaten erstellen Aktionsplane, in denen die Maßnahmen angegeben\nwerden, die im Falle der Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte\n(Hervorhebung durch das Gericht) kurzfristig zu ergreifen sind, um die Gefahr\nder Überschreitung zu verringern und deren Dauer zu beschranken. Diese Plane\nkonnen, je nach Fall, Maßnahmen zur Kontrolle und, soweit erforderlich, zur\nAussetzung der Tatigkeiten vorsehen, die zu einer Überschreitung der\nGrenzwerte beitragen, schließlich des Kraftfahrzeugverkehrs. \n--- \n| 71 \n--- \n| So und nicht anders muss dann auch im Sinne europarechtskonformer Auslegung\ndie Ermachtigungs- und Anspruchsnorm des § 47 II BImSchG verstanden werden. \n--- \n| 72 \n--- \n| Fur die Verpflichtung zur Ausarbeitung eines Aktionsplanes mit dem\nWirksamwerden der 1. TRL 1999 zum 19.7.2001 spricht auch die dem Entwurf des\n7. Änderungsgesetzes zum BImSchG beigefugte Begrundung vom 6.3.2002, wo es\nheißt: \n--- \n| 73 \n--- \n| Die TRL legen fur die durch sie erfassten Schadstoffe Luftqualitatsziele\ndurch Grenzwerte fur Immissionen fest, die nach dem Eintritt bestimmter\nStichtage nicht mehr uberschritten werden durfen. Art. 7 I der LQ-RL 1996\nverpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, dies sicher zu stellen. Um dem\nVerhaltnismaßigkeitsgrundsatz zu entsprechen und den Mitgliedstaaten und den\nBetroffenen angemessene Fristen fur die notwendigen rechtlichen und\ntechnischen Anpassungen zu ermoglichen, gestatten die TRL bis zum Eintritt der\nStichtage innerhalb eines im Einzelnen vorgegebenen Übergangszeitraumes die\nÜberschreitung der Grenzwerte im Rahmen der Toleranzmargen (BT- Drucks.\n14/8450 vom 6.3.2002, S. 8). \n--- \n| 74 \n--- \n| Der Fall, dass es im Ballungsraum von vorne herein nicht zu verbotenen\nÜberschreitungen des Grenzwertes kommen wurde, hat wahrlich nicht unterstellt\nwerden durfen. Die Gefahr der kunftigen Überschreitung des PM 10 -Grenzwertes\nim Jahre 2005 ist nicht erst im Jahre 2004 offensichtlich gewesen. So hat der\nBundesrat aus Anlass der Aufhebung der 23. BImSchV eine Entschließung gefasst,\nin der es auszugsweise heißt (vgl. BR-Drucks. 331/04 - Beschluss, Anlage;\nabgedruckt in: Landmann/Roh-mer, Umweltrecht, Kommentar, Band II Teil 2.23): \n--- \n| 75 \n--- \n| ... Der Bundesrat weist ausdrucklich darauf hin, dass die technischen\nPotentiale zur Emissionsminderung nicht ausreichen werden, um in Deutschland\ndiese neuen europaischen Immissionsgrenzwerte flachendeckend einzuhalten. Dies\ntrifft speziell fur den Kurzzeitgrenzwert fur Feinstaub (PM 10 ) zu, der zur\nZeit in vielen Stadten an Hauptverkehrsstraßen um den Faktor 2 bis 3\nuberschritten wird. Es ist davon auszugehen, das ohne Einleitung\neinschneidender Maßnahmen in circa 70 bis 120 Kommunen in Deutschland in den\nJahren 2005 bzw. 2010 mit Überschreitungen der Grenzwerte von PM 10 und NO 2\nzu rechnen ist. Die Nichteinhaltbarkeit des Kurzzeitgrenzwertes fur PM 10 in\nurbanen Ballungsraumen ist nicht nur ein deutsches, sondern ein europaweites\nPhanomen, wie eine im Auftrag der Kommission tatige Gruppe von Experten der\nMitgliedstaaten in einem PM 10 -Positionspapier festgestellt hat. \n--- \n| 76 \n--- \n| b) Das Rechtsschutzbedurfnis kann den Klagern auch nicht deshalb\nabgesprochen werden, weil der erstrebte Aktionsplan - wie ausgefuhrt - keine\nregelnde Außenwirkung besitzt. Entscheidend ist, dass der Aktionsplan -\nmittelbar - geeignet ist, die Rechtsposition der Klager zu verbessern. Denn\nder Aktionsplan hat rechtserhebliche Bedeutung fur den Erlass weiterer, dem\nGesundheitsschutz der Klager dienenden Maßnahmen, die kunftig nach Maßgabe\ndieses Planes im Falle der verbotenen Überschreitung des Grenzwertes\nkurzfristig zu treffen sind. Allein diese Betrachtungsweise entspricht dem\ngestuften Regelungsmechanismus, der dem europarechtliche beeinflussten\nLuftreinhalterecht zu Grunde liegt. \n--- \n| 77 \n--- \n| II. Die Klagen sind begrundet. \n--- \n| 78 \n--- \n| Das gerugte Unterlassen des begehrten immissionsschutzrechtlichen\nAktionsplanes fur das Stadtgebiet von Stuttgart durch den Beklagten ist in\neiner die Rechte der Klager verletzenden Weise rechtswidrig, weshalb und -\nmangels Ermessens - auch infolge Spruchreife die beantragte Verurteilung des\nBeklagten zur begehrten Planaufstellung hat ausgesprochen werden mussen\n(entsprechend § 113 V 1 VwGO). Die ausgesprochene Verpflichtung genugt dem\nBestimmtheitsgebot und ist entsprechend § 172 VwGO auch vollstreckungsfahig\n(zur Anwendbarkeit des § 172 VwGO auf allgemeine Leistungsurteile vgl.\nKopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage 2003, § 172 Rn 1). Die insoweit geaußerten\nZweifel sind unangebracht. \n--- \n| 79 \n--- \n| 1\\. Das gerugte Unterlassen ist rechtswidrig. \n--- \n| 80 \n--- \n| a) Das gerugte Unterlassen steht im Widerspruch zu der zwingenden - im Sinne\ndes Art. 7 III 1 LQ-RL 1996 europarechtskonform auszulegenden - besonderen\nHandlungsnorm des § 47 II 1 BImSchG. Danach hat die (nach Landesrecht)\nzustandige Behorde zwingend einen Aktionsplan aufzustellen, in dem sie\ndiejenigen - im Sinne des § 47 II 2 BImSchG und des § 11 VI 2 der 22. BImSchV\ngeeigneten - Maßnahmen anzugeben hat, die - gleichsam vorausschauend - im\nFalle der Gefahr der Überschreitung der durch eine Rechtsverordnung nach § 48a\nI BImSchG, namentlich im Falle der Gefahr der Überschreitung der durch die\nVerordnung uber Immissionswerte fur Schadstoffe in der Luft (22. BImSchV)\nfestgelegten Immissionsgrenzwerte, kurzfristig zu ergreifen sind, um die\nGefahr der Überschreitung zu verringern und deren Dauer zu beschranken. Diese\neuroparechtlich veranlasste Verpflichtung der zustandigen Behorde zur\nAufstellung eines Aktionsplanes besteht also nicht erst bei Vorliegen einer\n(konkreten) Gefahr der Überschreitung im polizeirechtlichen Sinne, sondern\nunabhangig davon schon fur den gedachten Fall, dass die Gefahr der\nÜberschreitung der Grenzwerte besteht. Im Übrigen kame es fur das Vorliegen\neiner Polizeigefahr nicht darauf an, ob die Polizei die Gefahr gekannt oder ob\nsie sie im Gegenteil nicht gekannt hat. \n--- \n| 81 \n--- \n| b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser besonderen Handlungsnorm, die\nhier wegen des subjektive Rechte vermittelnden § 4 II 1 der 22. BImSchG\nzugleich eine Anspruchsnorm fur die Klager ist, sind hier erfullt. \n--- \n| 82 \n--- \n| Der in der erwahnten Vorschrift als Tagesmittelwert festgelegte\nImmissionsgrenzwert von 50 μm/m 3 fur Partikel PM 10 bei 35 zugelassenen\nÜberschreitungen je Kalenderjahr kann im Stadtgebiet (Gefahrengebiet) nicht\neingehalten werden. Der Fall, dass die Gefahr des Überschreitens besteht, ist\nhier bereits eingetreten, sie hat sich daruber hinaus schon realisiert. Fur\ndie Antwort auf die Frage nach der Überschreitung von Grenzwerten der 22.\nBImSchV kommt es ubrigens nicht darauf an, ob die Grenzwerte in einem Gebiet\noder Ballungsraum flachendeckend oder im Durchschnitt uberschritten werden\n(BVerwG, Urt. vom 26.5.2004, NVwZ 2004, 1237 = DVBl 2004, 1289 = NuR 2004, 729\n= ZUR 2005, 96). \n--- \n| 83 \n--- \n| c) Da die tatbestandlichen Voraussetzungen erfullt sind, hat der Beklagte\ndurch die zustandige Behorde den vom Gesetz geforderten\nimmissionsschutzrechtlichen Aktionsplan fur das nach den §§ 9 I, II und 4 II\nder 22. BImSchV festzulegende Gefahrengebiet aufzustellen. Ein\nEntschließungsermessen besteht nicht. Angesichts der Eindeutigkeit der\nRegelung kann der Beklagte im Hinblick auf § 45 I BImSchG nicht darauf\nverweisen, dass es neben der Aufstellung eines Aktionsplanes auch andere\nMoglichkeiten gebe, um Luftreinhalteplanung zu betreiben. Er widerspricht sich\ninsoweit selbst, als er ja seit August 2004 tatsachlich eine Aktionsplanung\nbetreibt. Im Übrigen musste § 47 II 1 BImSchG als eine Schranke des im § 45 I\nBImSchG eingeraumten Ermessens verstanden werden. \n--- \n| 84 \n--- \n| Dieses Verstandnis liegt auch der dem Entwurf des 7. Änderungsgesetzes zum\nBImSchG beigefugten Begrundung vom 6.3.2002 zu Grunde, wo es heißt: \n--- \n| 85 \n--- \n| ... Auch § 45 I BImSchG gewahrt den zustandigen Behorden insoweit Ermessen,\nals nicht ein Aktionsplan auf Grund von § 47 II BImSchG aufzustellen ist (BT-\nDrucks. 14/8450 vom 6.3.2002, S. 12). ... . \n--- \n| 86 \n--- \n| d) Die zustandige Behorde hat indessen ein (Verwaltungs-) Ermessen bei der\nAuswahl der im begehrten immissionsschutzrechtlichen Aktionsplan\nfestzulegenden, als geeignet zu erachtenden Maßnahmen (vgl. § 47 II 2 BImSchG\nund § 11 IV der 22. BImSchV). Es kann nicht erkannt werden, dass dieses\nAuswahlermessen auf eine einzelne Maßnahme oder bereits jetzt auf bestimmte\nMaßnahmen beschrankt ware. Eine Verurteilung des Beklagten kommt deshalb und\nauch wegen der durch § 88 VwGO angeordneten Bindung des Gerichtes an das\nKlagebegehren (ne ultra petita ) nicht in Betracht. Eine (Durchgriffs-) Klage\nauf den Erlass einer bestimmten Maßnahme scheidet aus, weil ohne den\nAktionsplan nicht erkannt werden kann, welche von der zustandigen Behorde zu\nerlassende geeignete Maßnahme im konkreten Einzelfalle zum Schutz der\nGesundheit der Klager kurzfristig in Betracht kommt. Erst der Aktionsplan\nkanalisiert gleichsam die Rechtsschutzmoglichkeiten der Klager im Falle\nverbotener PM 10 - Konzentrationen. \n--- \n| 87 \n--- \n| 2\\. Das gerugte Unterlassen verletzt auch Rechte der Klager. \n--- \n| 88 \n--- \n| a) Die Klager gehoren zu den von der Grenzwertregelung des § 4 II 1 der 22.\nBImSchV in ihrer Gesundheit geschutzten Menschen. Sie sind Bewohner eines\nfaktischen Aktionsplangebietes. Sie halten sich auf Dauer im Stadtgebiet von\nStuttgart auf, welches einen Ballungsraum bildet. Sie wohnen namentlich im\nBereich der Probenahmestelle ... bzw. im Bereich der Probenahmestelle ... , wo\nuberdies jeweils festgestellt worden ist, dass schon jetzt der zulassige\nTagesmittelwert der 1. Stufe fur Partikel PM 10 von 50 μm/m 3 an mehr als 35\nTagen je Kalenderjahr uberschritten ist. Ihre Wohngrundstucke befinden sich\nnamlich im Gebaude ... bzw. im Gebaude ..., die Bestandteil des hier in Rede\nstehenden faktischen Aktionsplangebietes (Gefahrengebietes) sind. \n--- \n| 89 \n--- \n| b) Das Vorbringen des Beklagten, die erwahnten Grundstucke seien deutlich\nabgesetzt von den jeweiligen Probenahmestellen, ist unerheblich, weil es\ndarauf nicht ankommt. Maßgebend fur die Verletzung von Rechten der Klager ist\neinzig der Umstand, dass die Wohngrundstucke der Klager in einem nach\nimmissionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilenden Gefahrengebiet\nliegen, in dem sich ubrigens - noch einmal bemerkt - die Gefahr der verbotenen\nÜberschreitung des Grenzwertes in unmittelbarer Nahe ihrer Wohnungen auch\nschon realisiert hat. Lediglich rechtsmissbrauchlichen Klagen musste der\nErfolg abgesprochen werden; von Rechtsmissbrauch (entsprechend § 242 BGB) kann\nhier indessen nicht die Rede sein. \n--- \n| 90 \n--- \n| Die Rechtslage ist im Hinblick auf den Drittschutz durchaus mit derjenigen\neines Grundstuckseigentumers zu vergleichen, dem im Bebauungsrecht als\nPlangebietsbetroffenem ein Gebietsgewahrleistungsanspruch wegen gebietsfremder\nAnlagen (Anlagentypen) oder Nutzungen (Nutzungstypen) im Sinne der §§ 2 bis 14\nBauNVO zusteht, wobei es in Fallen dieser Art nach der Rechtsprechung des\nBVerwG auch nicht einmal darauf ankommt, ob dieser Grundstuckseigentumer\nunzumutbar durch die gebietsfremde Anlage oder Nutzung beeintrachtigt ist\n(vgl. etwa BVerwG, Urt. vom 16.9.1993, BVerwGE 94, 151 = UPR 1994, 69 = DVBl\n1994, 284 = ZfBR 1994, 97 = DÖV 1994, 263 = BauR 1994, 223 = MDR 1994, 379 =\nNJW 1994, 1546 = BRS 55 Nr. 110 Die Festsetzung von Baugebieten durch\nBebauungsplane hat kraft Bundesrechts grundsatzlich nachbarschutzende Funktion\n; BVerwG, Beschl. vom 13.12.1995, UPR 1996, 113 = ZfBR 1996, 123 = DÖV 1996,\n293 = BauR 1996, 219 = NVwZ, 1996, 787 = BRS 57 Nr. 79 Einen Verstoß gegen §\n13 BauNVO kann ein Nachbar grundsatzlich unabhangig davon abwehren, ob er\ndurch die freiberufliche oder gewerbliche Nutzung unzumutbar beeintrachtigt\nwird. ). Und dieser Gebietsgewahrleistungsanspruch betrifft indessen nicht nur\ndie rechtlichen, d. h. die festgesetzten, sondern auch die faktischen BauNVO-\nBaugebiete, namlich diejenigen Gebiete, die nach ihrer (Umgebungs-) Eigenart\neinem der in der BauNVO bezeichneten Baugebiete entsprechen (§ 34 II BauGB;\nBVerwG, Urt. vom 16.9.1993, BVerwGE 94, 151 = NJW 1994, 1546 = ZfBR 1994, 97 =\nNVwZ 1994, 783 LS; BVerwG, Beschl. vom 11.4.1996, ZfBR 1997, 51= NVwZ-RR 1997,\n463 = BRS 58 Nr. 82 faktisches BauNVO- Mischgebiet ). \n--- \n| 91 \n--- \n| III Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 I VwGO. \n--- \n| 92 \n--- \n| IV Die Berufung ist wegen grundsatzlicher Bedeutung der Rechtssache\nzugelassen worden (§§ 124 II Nr. 3 und 124a I 1 VwGO). \n---\n\n |
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103,037 | olgsh-2008-08-27-2-w-6506 | 1,070 | Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht | olgsh | Schleswig-Holstein | Oberlandesgericht | 2 W 65/06 | 2008-08-27 | 2018-11-23 10:30:10 | 2019-02-14 05:49:09 | Beschluss | ECLI:DE:OLGSH:2008:0827.2W65.06.0A | #### Tenor\n\n \n\nDie angefochtene Entscheidung wird geändert.\n\n \n\nDer Geschäftswert für den ersten Rechtszug wird\n\n \n\na) hinsichtlich des Hauptantrags auf 200.000,00 Euro,\n\n \n\nb ) hinsichtlich des Hilfsantrags auf 200.000,00 Euro,\n\n \n\nmithin insgesamt auf 400.000,00 Euro festgesetzt.\n\n \n\nDie Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind\nnicht zu erstatten.\n\n#### Gründe\n\n \n\nI.\n\n1\n\n \n\nDie Antragsteller sind Aktionäre der A AG (im folgenden A), eines\nbörsennotierten Unternehmens, das auf den Geschäftsfeldern Mobilfunk, Festnetz\nund Internet Telekommunikationsleistungen anbietet. Vorstandsvorsitzender der\nA war bis zum 21.06.2002 B,. Er war außerdem mit ca. 60% des Aktienkapitals an\nder A beteiligt. Am 23.03.2000 schlossen die A, B und die Antragsgegnerin\neinen notariell beurkundeten Kooperationsrahmenvertrag (Cooperation Framework\nAgreement - CFA). In diesem Vertrag kamen die Vertragsparteien überein,\ngemeinsam eine UMTS-Lizenz zu ersteigern und in Deutschland auf dem Gebiet der\nFestnetz- und Mobiltelekommunikation zu kooperieren. Die Antragsgegnerin\nsollte nach B zweitgrößter Aktionär der A werden. In Abschnitt 4 des CFA wurde\nim Einzelnen eine Verwaltungs- und Leitungsstruktur von A vereinbart. Insoweit\nist zwischen den Beteiligten streitig, ob es sich um eine reine Vereinbarung\nzwischen den Aktionären B und der Antragsgegnerin handelt oder ob sich die A\nvertraglich der Leitung durch die Antragsgegnerin unterworfen hat und damit\ndas CAF einen Beherrschungsvertrag im Sinne des § 291 Abs. 1 AktG darstellt.\nDer Vertrag wurde nicht der Hauptversammlung der A zur Beschlussfassung über\ndie Zustimmung unterbreitet. Er wurde auch nicht in das Handelsregister\neingetragen. Im November 2000 erwarb die Antragsgegnerin einen\nAktienkapitalanteil von 28,3% an der A (18,6 Millionen Aktien zum Gesamtpreis\nvon 3,72 Milliarden Euro), B hielt fortan einen Anteil von 40%. Die\nVertragsparteien nahmen die Kooperation auf. Im Herbst 2001 kam es zwischen\nder A und B einerseits und der Antragsgegnerin andererseits zu Differenzen\nüber das weitere Vorgehen in Verfolg des Kooperationsziels. Die\nAntragsgegnerin kündigte das CFA am 11.06.2002 und stellte die Finanzierung\nein.\n\n2\n\n \n\nDie Antragsteller haben am 15.12.2003/12.05.2005 beim Landgericht beantragt,\n\n3\n\n \n\n1\\. gemäß § 305 AktG i.V.m. dem SpruchG die angemessene Barabfindung zugunsten\nder außenstehenden Aktionäre der A auf Grund des mit der Antragsgegnerin am\n23.03.2000 geschlossenen Beherrschungsvertrages festzusetzen,\n\n4\n\n \n\n2\\. hilfsweise,\n\n5\n\n \n\ngemäß analog § 305 AktG i.V.m. dem SpruchG die angemessene Barabfindung\nzugunsten der außenstehenden Aktionäre der A im Hinblick auf die qualifizierte\nfaktische Beherrschung/-existenzvernichtende bzw. existenzgefährdende\nNachteilszufügung zu Lasten der A in der Zeit von März 2000 bis Januar 2003\nfestzusetzen,\n\n6\n\n \n\n3\\. weiter hilfsweise,\n\n7\n\n \n\ndas Verfahren auszusetzen bis zur rechtskräftigen Entscheidung des\nLandgerichts Kiel im Verfahren 14 O 195/03 über den am 1.07.2005 gestellten\nKlageantrag der … GmbH auf Feststellung, dass zwischen der Antragsgegnerin und\nder A in der Zeit vom 22.03.2000 bis zum 28.01.2003 ein qualifiziert\nfaktischer Konzern bestanden hat, bzw. im Sinne der neueren Rechtsprechung des\nBGH seit BGHZ 149, 10 eine existenzvernichtende bzw. existenzgefährdende\nNachteilszufügung durch die Antragsgegnerin zu Lasten der A in der\nvorgenannten Zeit stattgefunden hat.\n\n8\n\n \n\nDie Antragsteller bewerten die Untergrenze der Abfindung mit 200,00 Euro je\nStückaktie.\n\n9\n\n \n\nDie Antragsgegnerin hat beantragt,\n\n10\n\n \n\ndie Anträge als unzulässig, jedenfalls als unbegründet abzuweisen.\n\n11\n\n \n\nDas Landgericht hat die Anträge als unzulässig abgewiesen mit der Begründung,\ndass im Hinblick auf den Hauptantrag ein Beherrschungsvertrag nicht vorliege\nund im Hinblick auf den Hilfsantrag die internationale Zuständigkeit fehle. Im\nÜbrigen sei dieser Antrag auch deshalb unzulässig, weil Ansprüche aus\nfaktischer Beherrschung bzw. einer Ausfallhaftung wegen\nexistenzvernichtenden/existenzgefährdenden Eingriffs nicht im Spruchverfahren\ngeltend zu machen seien, sondern nach § 317 AktG im ordentlichen\nZivilverfahren. Eine Aussetzung des Verfahrens komme aus diesen Gründen nicht\nin Betracht. Im Übrigen sei das Verfahren vor dem Landgericht Kiel nicht\nvorgreiflich, weil es sich nicht um dieselben Parteien handele.\n\n12\n\n \n\nDas Landgericht hat den Geschäftswert für den Hauptantrag nach § 15 Abs. 1\nSatz 2 Hs. 2 SpruchG n. F. auf 7,5 Millionen Euro (Höchstwert) und für den\nHilfsantrag nach § 18 Abs. 1 Satz 2 KostO n. F. auf 60 Millionen Euro\nfestgesetzt. Gegen diesen Beschluss, auf den zur weitergehenden\nSachdarstellung Bezug genommen wird (Bl. 790 bis 793 d. A.), richtet sich die\nBeschwerde der Antragsteller. Sie erstreben die Herabsetzung des\nGeschäftswerts pro Antrag auf 200.000 Euro (Mindestwert nach § 15 Abs. 1 Satz\n2. Hs. 2 SpruchG). Die Antragsgegnerin hat dem widersprochen. Nach ihrer\nVorstellung ist nach § 18, 30 Abs. 1 KostO a. F. pro Antrag ein Geschäftswert\nvon ca. 8,6 Milliarden Euro (47.103.160 außenstehende Aktionäre bzw. Anzahl\nder Aktien, für die eine Abfindung verlangt wird, X Börsenkurs der Aktie von\n183,00 Euro) festzusetzen. Dies ergibt nach ihrer Berechnung Gerichtskosten\nder Instanz pro Antrag von ca. 139,5 Millionen Euro. An anderer Stelle\nberechnet sie einen Geschäftswert von 9.420.632.000,00 Euro, wobei sie von der\nBewertung der Antragsteller von 200,00 Euro pro Aktie ausgeht. Die Anträge\nunterfielen schon deshalb nicht den Vorschriften des SpruchG - mithin auch\nnicht § 15 SpruchG - , weil sie nicht statthaft seien.\n\n13\n\n \n\nDer Senat hat die Beschwerde in der Hauptsache im Verfahren 2 W 160/05 durch\nBeschluss selbigen Datums zurückgewiesen.\n\n \n\nII.\n\n14\n\n \n\nDie Beschwerde ist nach §§ 15 Abs. 1 Satz 1 SpruchG n. F.; § 31 Abs. 3 Satz 1\nKostO n. F. zulässig. Das Rechtsmittel ist nach Maßgabe des Ausspruchs auch\nbegründet.\n\n15\n\n \n\n1\\. Für die Festsetzung des Geschäftswerts hinsichtlich des Hauptantrages ist\n§ 15 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 SpruchG und nicht - unmittelbar oder über § 15 Abs. 1\nSatz 1 SpruchG - die KostO .a. F. oder n. F. anwendbar.\n\n16\n\n \n\na) Für die gerichtliche Beurteilung des Hauptantrags sind nach Auffassung des\nSenats die Vorschriften des SpruchG einschlägig. Nach seinem § 1 Nr. 1 ist es\nanzuwenden auf das gerichtliche Verfahren für die Bestimmung u. a. der\nAbfindung außenstehender Aktionäre bei _Beherrschungsverträgen_ (§ 305 AktG).\nEin solches Verfahren haben die Antragsteller hier am 15.12.2003 ausdrücklich\nmit ihrem Antrag eingeleitet. Das Landgericht hat den Antrag verfahrensmäßig\nauch nach dem SpruchG geprüft. Es hat u. a. seine internationale Zuständigkeit\nhierfür bejaht, eine Verfristung nach § 4 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 SpruchG\nverneint und - nach Verneinung eines Beherrschungsvertrages - offen gelassen,\nob das Spruchverfahren deshalb unzulässig ist, weil das CFA vor seiner\nEinleitung aufgehoben worden war. Zu allem hat es gemäß § 8 SpruchG mündlich\nverhandelt und nach § 11 SpruchG durch einen mit Gründen versehenen Beschluss\nentschieden. Dementsprechend haben die Antragsteller nach § 12 SpruchG das\nstatthafte Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eingelegt, worauf die\nAntragsgegnerin sich - ebenfalls nach den Vorschriften des SpruchG -\neingelassen hat. Im _notwendigen_ Zusammenhang mit dem vom Landgericht\nanzustellenden Untersuchungen stand vor allem die Frage, ob nach dem ihm\nunterbreiteten Sachverhalt mit dem CAF ein wirksamer Beherrschungsvertrag im\nSinne des § 291 AktG gegeben war, in dessen Folge - da das CFA selbst keine\nangemessene Abfindung vorsah - nach § 305 Abs. 3 Satz 3 AktG eine solche im\nSpruchverfahren festzusetzen gewesen wäre. Da ein eventuell anzunehmender\nBeherrschungsvertrag schon wegen Verstoßes gegen § 293 AktG und § 294 Abs. 1\nAktG nichtig gewesen wäre, hätte es nach Auffassung des Senats auch ohne die\nklaren Vorgaben durch Hauptversammlungsbeschluss und Eintragung noch zum\nPrüfungsumfang des Gerichts gehört, ob auf einen "verdeckten" nichtigen\nBeherrschungsvertrag die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anzuwenden\ngewesen wären, da bei Anwendbarkeit dieser Grundsätze der nichtige einem\nwirksamen Beherrschungsvertrag gleichzustellen gewesen wäre. Dies hätte\nmöglicherweise zu einer direkten oder entsprechenden Anwendung des\nSpruchverfahrens geführt. Diese Frage wird für das GmbH- und Aktienrecht vom\nBundesgerichtshof grundsätzlich bejaht (vgl. BGH NJW 1988, 1326; NJW 1992,\n505; NZG 2005, 261; NZG 2005, 472) und ist für das Aktienrecht in\nRechtsprechung und Literatur Gegenstand widerstreitender Meinungen (vgl. OLG\nMünchen ZIP 2008, 1330 m.w.Nw. zum Meinungsstand), so dass ihre Prüfung von\nden Antragstellern und gegebenenfalls vom Spruchgericht ernsthaft in Erwägung\nzu ziehen war. Deshalb muss es sich die Antragsgegnerin auch gefallen lassen,\nim Sinne des § 15 Abs. 2 und 3 SpruchG Veranlasserin des Verfahrens zu sein.\nDabei kann es für die Anwendbarkeit des SpruchG in diesem Zusammenhang keine\nRolle spielen, ob die Prüfung des Vorliegens eines Beherrschungsvertrages und\nder Anwendbarkeit der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft im Einzelfall\naufwändig ist oder nicht.\n\n17\n\n \n\nb) Wird - wie hier geschehen - das Vorliegen eines Beherrschungsvertrages\nverneint, ist der Antrag unzulässig, weil er in Anlehnung an die\nBegriffsbildung im Rechtsmittelrecht (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26.\nAufl., vor § 511 Rn. 6: wenn eine mit diesem Rechtsmittel nicht anfechtbare\nEntscheidung vorliegt) "nicht statthaft" ist, d. h. entsprechend, weil die\nAntragsteller mit ihrem Antrag nicht die Bestimmung einer Abfindung verlangen\nkönnen. Dabei ist die "Statthaftigkeit" nur _eine_ Voraussetzung der\nZulässigkeit des Antrags neben anderen, wie zum Beispiel die Zuständigkeit,\ndie Einhaltung von Fristen und die Antragsberechtigung (vgl. OLG Stuttgart NZG\n2004, 1162). Inzwischen entspricht es einhelliger Auffassung in Rechtsprechung\nund Literatur, der sich der Senat anschließt, dass der Mindestwert von\n200.000,00 Euro _immer_ dann festzusetzen ist, wenn im Ergebnis die Erhöhung\nder Kompensation ausbleibt, also - neben dem Fall der Unbegründetheit des\nAntrags - auch bei seiner Unzulässigkeit und seiner Rücknahme (OLG Frankfurt\nAG 2005, 890; OLG Stuttgart NZG 2004, 97; NZG 2004, 625; OLG Düsseldorf,\nBeschluss vom 10.08.2004 - 19 W 6/04 - bei Juris; für einen vergleichbaren\nFall der Unstatthaftigkeit jedenfalls im Ergebnis OLG München ZIP 2008, 1330;\nHüffer, AktG, 8. Aufl., 2008, Anh zu § 305 § 15 SpruchG Rn. 3;\nBürgers/Körber/Simmler, AktG, 2008, Anh § 306 § 15 SpruchG Rn. 2;\nKlöcker/Frowein, SpruchG, 2004, § 15 Rn. 4; Fritzsche/Dreier, SpruchG, § 15\nRn. 11; Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 4. Aufl., 2005, §\n15 SpruchG, S. 839 - jeweils mit weiteren Nachweisen). Begründet wird diese\nAuffassung zutreffend u. a. damit, dass das SpruchG nicht danach unterscheide,\naus welchen Gründen die Kompensation ausbleibe. Dafür sei gerade der\nMindestwert eingeführt worden. Gegenüber einer Festsetzung nach § 30 KostO\nhabe dieser den Vorteil, klar und eindeutig zu sein. Er führe ferner zu einer\nVerminderung des Kostenrisikos des Antragstellers. Dem Umstand, dass das\nSpruchverfahren in der Hauptsache zu keiner gerichtlichen Entscheidung komme,\nhabe der Gesetzgeber in § 15 Abs. 1 Satz 5 und 6 SpruchG durch die Zahl der\nanzusetzenden Gebühren Rechnung getragen. Für ein Ermessen, den Geschäftswert\nim Falle der Unzulässigkeit des Antrags niedriger oder höher - etwa wie das\nLandgericht auf den Höchstwert von 7,5 Millionen Euro - festzusetzen ist\ndemnach kein Raum. Die Literatur, auf die sich das Landgericht insoweit zum\nBeleg seiner abweichenden Auffassung bezieht, ist inzwischen - von den\nKommentatoren ausdrücklich eingeräumt - überholt.\n\n18\n\n \n\n2\\. Für die Festsetzung des Geschäftswertes für den Hilfsantrag gilt im\nErgebnis nichts Anderes.\n\n19\n\n \n\nAllerdings ist der Antragsgegnerin einzuräumen, dass - anders als zum\nHauptantrag - der von den Antragstellern hilfsweise vorgetragene Grund des\nAbfindungsanspruchs entsprechend § 305 AktG "qualifiziert faktische\nBeherrschung/ existenzvernichtende bzw. existenzgefährdende Nachteilszufügung"\nnicht im Katalog des § 1 SpruchG enthalten ist. Gesetzesverfasser und die\nnahezu einhellige Meinung in Rechtsprechung und Literatur gehen jedoch davon\naus, dass dieser Katalog nicht abschließend, und das Spruchverfahren für\nvergleichbare Fälle wegen der bewertungsabhängigen Höhe von Ansprüchen\nzugänglich ist (z. B. Ausschussbericht BT-Drs 15/838 unter Hinweis auf BGH NJW\n2003, 1032 - reguläres Delisting; BVerfG NJW 2001, 279 - übertragende\nAuflösung; OLG Düsseldorf NZG 2005, 317 - kaltes Delisting; Emmerich/Habersack\na.a.O. § 1 SpruchG Rn. 3 und 4; Hüffer a.a.O. § 1 SpruchG Rn. 6 - jeweils\nm.w.Nw.). Zwar bestehen bei der vorliegenden dem Schadensersatzrecht zumindest\nverwandten Anspruchsgrundlage (vgl. hierzu zum GmbH-Recht BGH NJW 2007, 2689;\nDStR 2008, 1293; WM 2008, 1293) gegen die Vergleichbarkeit Bedenken, weil die\nAnspruchsgrundlage rechtlich problematisch und hinsichtlich der\nTatsachenfeststellung schwierig ist, was dem Sinn und Zweck des\nSpruchverfahrens zuwiderläuft. Diesen Bedenken haben Literatur und\nRechtsprechung, die den Anspruchsgrund der qualifiziert faktischen\nBeherrschung/existenzvernichtenden bzw. existenzgefährdenden Nachteilszufügung\nbejahen oder in Erwägung ziehen, dadurch Rechnung getragen, dass sie die\nrechtskräftige Feststellung des Anspruchsgrundes dem ordentlichen Zivilgericht\nzuweisen und im Anschluss daran die Bestimmung der Höhe dem Spruchgericht (OLG\nStuttgart DB 2000, 709; OLG Zweibrücken NZG 2005, 935; Schmidt/Lutter, AktG,\n2008, § 317 Rn. 64; Emmerich/Habersack a.a.O. Anh. § 17 Rn. 29 - jew.\nm.w.Nw.). Dadurch wird die Vergleichbarkeit hergestellt, weil das\nSpruchgericht sich nunmehr auf eine eindeutige Grundlage stützen kann und nur\nnoch über die Höhe zu entscheiden hat. Daraus folgt, dass sich im Falle einer\nAussetzung des Spruchverfahrens und einem negativen Ausgang des\nFeststellungsverfahrens vor dem ordentlichen Zivilgericht, die Festsetzung des\nGeschäftswerts durch das Spruchgericht nach Abweisung des Antrags als\nunzulässig - weil unstatthaft - nicht abweichend von dem unter Nr. 1.\nbehandelten Fall beurteilt. Allerdings hat vorliegend der Senat die von den\nAntragstellern hilfsweise beantragte - bereits von Amts wegen zu prüfende -\nAussetzung des Spruchverfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die\nbeim Landgericht Kiel rechtshängige Feststellungsklage als Vorfrage im Rahmen\nseines Ermessens u. a. wegen der langen Dauer der Verfahren abgelehnt und -\nbei Offenlassen des Anspruchsgrundes in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht\n- das Spruchgericht für dessen Feststellung als (zur Zeit) nicht "zuständig"\ngehalten. Schon mit Rücksicht auf das Kostenrisiko der Antragsteller kann\njedoch die Höhe des Geschäftswerts nicht von dieser Ermessensentscheidung\nabhängig gemacht werden.\n\n20\n\n \n\n3\\. Die gegen die Ergebnisse nach Nr. 1. und 2. gerichteten Argumente der\nAntragsgegnerin sind, soweit sie darin nicht schon widerlegt sind, nicht\nüberzeugend.\n\n21\n\n \n\na) Ihr Hinweis auf die Rechtsprechung, wonach in Kostensachen vom Gesetz an\nsich gebühren- und erstattungsfrei gestellte Beschwerden (§§ 5 Abs. 6, 25 Abs.\n4 GKG a. F.) dann kostenpflichtig sind, wenn das Rechtsmittel ausgeschlossen\n(§ 5 Abs. 2 S. 2 und 3, 25 Abs. 3 S. 2 GKG a. F.), also nicht statthaft ist,\nliegt neben der Sache, weil es sich schon nach der ausdrücklichen Bekundung\ndieser Rechtsprechung selbst um eindeutige Fälle des eindeutigen\n(gesetzlichen) Ausschlusses handelt (BGH NJW 2003, 69; OLG Koblenz NJW-RR\n2000, 1239). Daran fehlt es hier.\n\n22\n\n \n\nb) Der Senat sieht sich ferner im Einklang mit der unter Nr. 1 b) schon\nerwähnten Entscheidung des OLG München vom 24.06.2008 - 31 Wx 83/07 - ZIP\n2008, 1330 (ungekürzter Text bei Juris) in Verbindung mit der\nerstinstanzlichen Entscheidung des LG München vom 19.10.2007 - 5 HKO 13298/07\n- WM 2008, 30 (ungekürzter Text ebenfalls bei Juris). Beide Gerichte haben den\nAntrag außenstehender Aktionäre „auf Feststellung u .a. der angemessenen\nBarabfindung“ in direkter oder entsprechender Anwendung des § 305 AktG in\nVerbindung mit § 1 SpruchG als unzulässig - _weil unstatthaft_ \\- angesehen\nmit der Begründung, § 1 SpruchG sei nicht (entsprechend) anwendbar, und haben\nden Geschäftswert jeweils nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG auf 200.000,00 Euro\n(Mindestwert) festgesetzt. Das Landgericht hat dazu ausgeführt, da der Antrag\nauf Durchführung eines Spruchverfahrens gerichtet sei und sich das Gericht mit\nder Anwendbarkeit dieser Vorschriften eingehend auseinandergesetzt habe, sei\nes „sachgerecht“, wenn die Nebenentscheidungen ihre rechtliche Grundlage in\ndem Gesetz haben, über dessen Anwendbarkeit die rechtliche Auseinandersetzung\ngehe. Das Oberlandesgericht hat sich dem „in Übereinstimmung mit dem\nLandgericht und unter Berücksichtigung der Wertung des § 15 Abs. 1 Satz 2\nSpruchG“ angeschlossen. Dieser Auffassung ist auch - wie unter Nr. 1. im\nEinzelnen dargelegt - der Senat. Soweit die Antragsgegnerin in ihrem\nSchriftsatz vom 30.07.2008 unter Hinweis auf „in Erfahrung gebrachte\nHintergründe zur Sachgerechtigkeit“ der genannten Entscheidungen Abweichungen\nzum hier zu entscheidenden Fall sieht, hält der Senat dies für nicht\nüberzeugend. Die danach intern gebliebene angebliche Überlegung, mangels\ngreifbarer Anhaltspunkte zur Höhe eine unangemessene Festsetzung nach § 30\nAbs. 2 Satz 1 KostO auf 3.000,00 Euro durch eine Festsetzung nach § 15 Abs. 1\nSatz 2 SpruchG vermeiden zu müssen, belegt lediglich das vom Senat unter Nr.\n1. schon erwähnte Argument der Rechtssicherheit. Einen entscheidungs-\nerheblichen Unterschied wegen der vorgenannten Begründung des vorliegenden\nSachverhalts zum „Münchener Fall“ erkennt der Senat im Gegensatz zur\nAntragsgegnerin nicht. Diese übersieht, dass auch hier die Antragsteller\n„keinen quantifizierten Antrag gestellt, sondern schlicht die Durchführung\neines Spruchverfahrens zur Festsetzung einer angemessen Abfindung“ beantragt\nhaben. Die auch im „Münchener Fall“ ausdrücklich vorgenommene\n_rechtssystematische_ Wahl der Rechtsgrundlage für die\nGeschäftswertfestsetzung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG kann nicht davon\nabhängen, ob in der Antragsbegründung der ohne weiteres zu ermittelnde\nAktienkurs im maßgeblichen Zeitpunkt als Untergrenze der Abfindung erwähnt\nwird oder nicht.\n\n23\n\n \n\nc) Anhaltspunkte für einen Mißbrauch oder einen „Etikettenschwindel“ durch die\nAntragstellung der Antragsteller, um unter Umgehung kostenträchtiger Verfahren\nvor dem ordentlichen Gericht als Abfindungsansprüche getarnte\nSchadensersatzansprüche günstig vor dem Spruchgericht geltend zu machen, sieht\nder Senat nicht. Es handelt sich vielmehr um die legitime Ausschöpfung\nüberwiegend noch ungeklärter verfahrensrechtlicher Möglichkeiten, welche die\nDiskussion in Rechtsprechung und Literatur nahelegt oder zumindest\nerwägenswert erscheinen lässt. Das zeigt auch der in längeren Zeitabständen\nvon den Beteiligten unterbreitete Prozessstoff im Aktenumfang von nunmehr ca.\n1300 Blatt Papier einschließlich zweier kontroverser Rechtsgutachten von\nspezialisierten Hochschullehrern.\n\n24\n\n \n\nd) Der Senat folgt auch nicht der Auffassung der Antragsgegnerin, dass die\nGeschäftswertkappung in § 15 SpruchG gegen Verfassungsrecht oder europäisches\nRecht verstößt. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen\nBezug auf die inzwischen vorliegende Entscheidung des BVerfG vom 13.02.2007\nzur Gebührenbegrenzung bei Streitigkeiten mit besonders hohen\nGegenstandswerten (§§ 22 Abs. 2 RVG und § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 39 Abs.\n2 GKG) in NJW 2007, 2098 (zusammenfassende Orientierungssätze bei Juris).\nDesgleichen sieht der Senat nicht den "Grundsatz der Waffengleichheit"\nverletzt. Das Kostenrisiko trifft vorliegend im Ergebnis beide Beteiligte\ngleichermaßen.\n\n25\n\n \n\n4\\. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 15 Abs. 1 Satz 1 SpruchG; 31 Abs. 5\nKostO.\n\n \n\n |
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105,726 | lsgsh-2007-09-19-l-4-b-48907-ka-er | 1,068 | Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht | lsgsh | Schleswig-Holstein | Sozialgerichtsbarkeit | L 4 B 489/07 KA ER | 2007-09-19 | 2018-11-24 13:30:27 | 2019-02-26 18:42:08 | Beschluss | ECLI:DE:LSGSH:2007:0919.L4B489.07KAER.0A | #### Tenor\n\n \n\nDie Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel\nvom 25. Juni 2007 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die vorläufige\nVerlängerung der Zulassung des Antragstellers spätestens mit dem 31. Dezember\n2012 endet.\n\n \n\nDie Beschwerde der Beigeladenen zu 5) gegen den Beschluss des Sozialgerichts\nKiel vom 25. Juni 2007 wird verworfen.\n\n \n\nDer Antragsgegner und die Beigeladene zu 5) tragen die Kosten des\nBeschwerdeverfahrens je zur Hälfte.\n\n \n\nDie außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1)- 4) und zu 6) und 7) im\nBeschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig.\n\n#### Gründe\n\n \n\nI.\n\n1\n\n \n\nDer Antragsteller begehrt im Wege einstweiligen Rechtsschutzes (die\nFeststellung), über den 30. Juni 2007 hinaus zur vertragsärztlichen Versorgung\nzugelassen zu sein.\n\n2\n\n \n\nDer ...1939 geborene Antragsteller ist seit dem 31. Dezember 1969 als Arzt\napprobiert und war zunächst als angestellter Arzt im Krankenhaus beschäftigt.\nWährend seiner Tätigkeit als Leitender Arzt der Radiologischen Abteilung im\nKlinikum I. von September 1979 bis zum 14. Dezember 1992 war er seit Oktober\n1979 ermächtigt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Überweisungspraxis zur\nDurchführung folgender Leistungen: Angiographische Untersuchungen, soweit\ndiese mittels der digitalen Subtraktionsangiographie durchgeführt werden (1.),\nComputertomographische Untersuchungen des Ganzkörpers einschließlich des\nSchädels (2.), Strahlentherapie bösartiger Tumore (3.), Hochvolttherapie bei\nPatienten nach endoprothetischer Versorgung (4.) sowie für die Fälle, die im\nRahmen einer Ermächtigung eines am Krankenhaus I. tätigen Arztes zur\nSchrittmacherkontrolle und bei der Dialyse eine dringliche Röntgenaufnahme\nerfordern.\n\n3\n\n \n\nDurch Beschluss des Zulassungsausschusses vom 9. Dezember 1992 (Bescheid vom\n17. März 1993) wurde der Antragsteller als Arzt für Radiologie und Arzt für\nNuklearmedizin für I. zugelassen. Der Widerspruch der Beigeladenen zu 5) gegen\nden Zulassungsbeschluss wurde mit Beschluss des Antragsgegners vom 21. Juni\n1993 (Bescheid vom 26. Juli 1993) zurückgewiesen, die hiergegen erhobene Klage\nmit Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 6. Oktober 1994 (S 8a Ka 104/93)\nabgewiesen. Nach Rücknahme der Berufung (L 6 Ka 68/94) durch die Beigeladene\nzu 5) am 6. April 1995 wurde die Zulassung rechtskräftig.\n\n4\n\n \n\nMit Schreiben vom 27. April 1995 erteilte die Beigeladene zu 5)\n(Finanzbuchhaltung) dem Antragsteller eine Honorarabrechnung für die Quartale\nbis III/94 in Höhe der Differenz zwischen den von ihm im Rahmen der\nErmächtigung abgerechneten Honoraren und den Honoraren, die er als\nVertragsarzt hätte abrechnen können; die beiliegende Abrechnung für das\nQuartal IV/94 habe nur die vertragsärztliche Tätigkeit zur Grundlage.\n\n5\n\n \n\nZum 30. September 2001 verzichtete der Antragsteller auf die Zulassung als\nRadiologe. Seit dem 1. Januar 2006 übt er seine vertragsärztliche Tätigkeit im\nRahmen des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) I. aus.\n\n6\n\n \n\nMit Beschluss vom 29. November 2006 verlängerte der Zulassungsausschuss auf\nden am 2. Juli 2006 gestellten Antrag die Zulassung des Antragstellers als\nFacharzt für Nuklearmedizin in I. über das 68. Lebensjahr hinaus gemäß § 95\nAbs. 7 SGB V bis zum 31. Dezember 2012. Zur Begründung führte er aus, aufgrund\nfehlender, da bereits vernichteter Unterlagen seien der genaue Umfang der\nTätigkeit des Antragstellers im Rahmen seiner Ermächtigung nicht mehr\nermittelbar und eine volle vertragsärztliche Tätigkeit hierbei nicht\nnachweisbar. Damit sei die Frist von 20 Jahren (§ 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V) auf\ndas Datum der Niederlassung am 15. Dezember 1992 hin zu berechnen.\n\n7\n\n \n\nGegen diesen Beschluss erhob die Beigeladene zu 5) Widerspruch. Zur Begründung\nführte sie aus, es sei nicht berücksichtigt worden, dass der Antragsteller in\nsehr umfassendem Umfang ermächtigt gewesen sei, dies schon aufgrund der\nComputertomographie. Zudem habe er seine Ermächtigung quasi in die Zulassung\nüberführt, weshalb anzunehmen sei, dass er zuvor im Wesentlichen die gleichen\nLeistungen erbracht habe. Zudem sei eine Verlängerung der Zulassung auch nicht\nzum Ausgleich wirtschaftlicher Härten geboten, weil die Investitionen des\nAntragstellers wegen der Niederlassung an dem Krankenhaus, an dem er zuvor\ntätig gewesen sei, nicht erheblich gewesen seien.\n\n8\n\n \n\nMit Schreiben vom 16. April 2007 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller\nmit, dass er in der Sitzung vom 12. April 2007 den Beschluss des\nZulassungsausschusses aufgehoben habe. Der Antrag auf Verlängerung der\nZulassung sei abgelehnt worden, als Zulassungsende sei der 30. Juni 2007\nfestgestellt worden. Ein rechtsmittelfähiger Bescheid hierüber werde erst\nspäter übersandt werden können.\n\n9\n\n \n\nAm 11. Mai 2007 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht Kiel vorläufigen\nRechtsschutz beantragt. Ein Anordnungsgrund sei wegen der drohenden\nExistenzvernichtung bei Praxiseinstellung zum streitigen bisherigen\nZulassungsende vor rechtskräftiger Klärung im Hauptsacheverfahren gegeben. Der\nAnordnungsanspruch folge einerseits aus der Neuregelung des § 95 Abs. 7 Satz 8\nSGB V. Die genannte Regelung sei nicht nur bei Feststellung der\nUnterversorgung, sondern erst recht bei fehlender Bedarfsplanung anzuwenden;\nNuklearmediziner unterlägen nicht der Bedarfsplanung. Andererseits folge sein\nVerlängerungsanspruch auch aus § 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V. Er sei im Sinne\ndieser Vorschrift noch nicht 20 Jahre als Vertragsarzt tätig und vor dem 1.\nJanuar 1993 zugelassen gewesen. Er sei am 9. Dezember 1992 wirksam zugelassen\nworden und habe seine vertragsärztliche Tätigkeit auch aufgenommen. Die\nerfolglose Anfechtung der Zulassung mit dem Ende des Rechtsstreits am 6. April\n1995 durch Rücknahme der Berufung ändere nichts an der wirksamen Erteilung der\nZulassung bereits 1992. Der Ermächtigungszeitraum sei nicht auf den Zeitraum\nder vertragsärztlichen Tätigkeit anzurechnen. Sein Tätigkeitsschwerpunkt sei\ndie Tätigkeit im Krankenhaus gewesen; die Ermächtigung sei nur zur Erbringung\neinzelner Leistungen im Rahmen einer Nebentätigkeitsgenehmigung erfolgt. Die\nihm nach Eintritt der Rechtskraft der Zulassung erteilte Honorarabrechnung\n(Schreiben der Finanzbuchhaltung der Beigeladenen zu 5) vom 27. April 1995)\nbelege, dass zwischen dem im Rahmen der Ermächtigung und dem im Rahmen der\nZulassung erreichten Honorar große Lücken klafften.\n\n10\n\n \n\nDer Antragsteller hat beantragt,\n\n11\n\n \n\nihm im Wege einer vorläufigen Regelung zu gestatten, bis zur rechtskräftigen\nEntscheidung des Hauptsacheverfahrens seine vertragsärztliche Tätigkeit über\nden 30. Juni 2007 hinaus fortzusetzen.\n\n12\n\n \n\nDer Antragsgegner hat beantragt,\n\n13\n\n \n\nden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.\n\n14\n\n \n\nDer Antragsteller sei nicht vor dem 1. Januar 1993 zugelassen gewesen, sondern\nerst mit Rechtskraft des Zulassungsbeschlusses am 6. April 1995. Da für\nNuklearmediziner die Bedarfsplanungsrichtlinien nicht gelten würden, sei die\nnur auf bedarfsabhängig zuzulassende Fachärzte abstellende Ausnahmevorschrift\n§ 95 Abs. 7 Sätze 8, 9 SGB V auf ihn nicht anwendbar.\n\n15\n\n \n\nIn dem Bescheid des Antragsgegners vom 4. Juni 2007 zu dem Beschluss vom 12.\nApril 2007 ist zur Begründung dargelegt: Die Voraussetzungen für eine\nVerlängerung der Zulassung nach § 95 Abs. 7 SGB V lägen nicht vor. Es sei zwar\nnicht festzustellen, dass der Antragsteller bereits 20 Jahre als Vertragsarzt\ntätig gewesen sei. Die Beschreibung des Ermächtigungsumfanges und die Höhe der\ngezahlten Honorare sprächen gegen die Annahme einer Tätigkeit vergleichbar der\neines zugelassenen Vertragsarztes. Der Antragsteller sei jedoch nicht bereits\nvor dem 1. Januar 1993 zugelassen gewesen, sondern erst mit dem Bescheid des\nBerufungsausschusses vom 26. Juli 1993. Dieser sei an die Stelle des\nangefochtenen Bescheides des Zulassungsausschusses getreten und alleiniger\nGegenstand des Klageverfahrens bei dem Sozialgericht Kiel gewesen. Mithin sei\n(erst) durch diesen Bescheid endgültig über das Zulassungsbegehren des\nAntragstellers entschieden worden, nachdem das Urteil des Sozialgerichts Kiel\ndurch Rücknahme der dagegen gerichteten Berufung rechtmäßig geworden sei. Die\nZulassung des Antragstellers sei daher am 21. Juni 1993 erfolgt.\n\n16\n\n \n\nDer Antragsteller hat gegen diesen Bescheid am 15. Juni 2007 Klage erhoben (S\n16 KA 85/07).\n\n17\n\n \n\nDas Sozialgericht hat durch Beschluss vom 25. Juni 2007 den Antragsgegner\nverpflichtet, dem Antragsteller vorläufig bis zur endgültigen Entscheidung in\nder Hauptsache eine vertragsärztliche Zulassung über den 30. Juni 2007 hinaus\nzu erteilen. Der Antrag sei gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1, 2 Sozialgerichtsgesetz\n(SGG) statthaft. Nach Aufhebung des Beschlusses des Zulassungsausschusses\ndurch den Antragsgegner benötige der Antragsteller einen positiven Ausspruch\nüber die Verlängerung seiner Zulassung, für den er einstweiligen Rechtsschutz\nnur über eine einstweilige Anordnung erreichen könne. Die Zulässigkeit eines\nAntrages schon vor Klageerhebung folge ausdrücklich aus § 86b Abs. 3 SGG.\n\n18\n\n \n\nFür den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sei\nVoraussetzung, dass ein dem Antragsteller zustehendes Recht oder rechtlich\ngeschütztes Interesse vorliege (sog. Anordnungsanspruch), welches ohne\nGewährung vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert\nwürde, so dass dem Antragsteller schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu\nderen nachträglicher Beseitigung die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht\nmehr in der Lage wäre (sog. Anordnungsgrund). Nach der im einstweiligen\nRechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung lägen diese\nVoraussetzungen vor. Die Anforderungen an die richterliche Wahrheits- und\nRechtsprüfung seien dabei gegenüber der Hauptsacheentscheidung herabgesetzt,\nso dass keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit notwendig sei. Dabei\nbestehe zwischen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund eine Beziehung. Sei\nein Anordnungsanspruch offensichtlich gegeben, also der angefochtene Bescheid\noffensichtlich rechtswidrig, seien nur geringe Anforderungen an den\nAnordnungsgrund zu stellen. Lasse sich das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs\nim Rahmen einer summarischen Prüfung nicht mit Wahrscheinlichkeit klären,\nsondern sei das Hauptsacheverfahren offen, schließe selbst dies eine\nvorläufige Regelung nicht von vornherein aus; es seien dann jedoch strengere\nAnforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes zu stellen. Nach dieser\nsummarischen Prüfung bestehe mit Wahrscheinlichkeit ein Anordnungsanspruch.\nNach § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V in der Fassung durch Artikel 1 des Gesetzes zur\nÄnderung des Vertragsarztrechts ende ab dem 1. Januar 1999 die Zulassung eines\nVertragsarztes zur vertragsärztlichen Versorgung am Ende des\nKalendervierteljahres, in dem der Vertragsarzt sein 68. Lebensjahr vollende.\nDamit ende kraft Gesetzes die Zulassung des Antragstellers zur Teilnahme an\nder vertragsärztlichen Versorgung angesichts der Vollendung des 68.\nLebensjahres am 3. April 2007 mit Quartalsende zum 30. Juni 2007. Die Regelung\ndes § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V über die Altersgrenze in der vertragsärztlichen\nVersorgung sei nicht grundsätzlich rechtswidrig (unter Hinweis auf z. B. BSG,\nBeschl. v. 27. April 2005 - B 6 KA 38/04 B; Schleswig-Holsteinisches\nLandessozialgericht, Urt. v. 31. Januar 2006, L 4 KA 3/04; Schleswig-\nHolsteinisches Landessozialgericht Beschl. v. 25. Mai 2007 - L 4 B 406/07 KA\nER).\n\n19\n\n \n\nEs sei nicht ausgeschlossen, sondern sogar eher wahrscheinlich, dass die\nVoraussetzungen für den Ausspruch einer Verlängerung der Zulassung des\nAntragstellers vorlägen. Dies folge zunächst aus § 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V. Sei\nder Vertragsarzt danach zum Zeitpunkt der Vollendung des achtundsechzigsten\nLebensjahres weniger als zwanzig Jahre als Vertragsarzt tätig (Ziff. 1) und\nvor dem 1. Januar 1993 bereits als Vertragsarzt zugelassen (Ziff. 2), so\nverlängere der Zulassungsausschuss die Zulassung längstens bis zum Ablauf\ndieser Frist. Das Gericht teile die Auffassung des Zulassungsausschusses, dass\nder Antragsteller in diesem Sinne noch nicht zwanzig Jahre zur\nvertragsärztlichen Versorgung zugelassen gewesen sei. Die von ihm im Zeitraum\nvon 1979 bis 1992 im Rahmen einer Ermächtigung zur Teilnahme an der\nvertragsärztlichen Überweisungspraxis für einzelne Leistungen ausgeübte\nTätigkeit, während er zugleich als Leitender Arzt der Radiologischen Abteilung\ndes Klinikums I. beschäftigt gewesen sei, führe zu keiner anderen Beurteilung.\nZwar seien grundsätzlich im Zusammenhang mit der Berechnung des 20-Jahres-\nZeitraumes solche Zeiten anzurechnen, in denen Ärzte aufgrund einer\nErmächtigung in niedergelassener Praxis mit voller Arbeitskraft versicherte\nKassenpatienten hätten behandeln können (unter Hinweis auf BSG, Urt. v. 21.\nSeptember 2001 - B 6 KA 45/00 R). Bei dem Antragsteller sei jedoch schon\ninsoweit eine andere Konstellation anzunehmen, als er die Haupttätigkeit als\nKlinikarzt ausgeübt habe und er gerade nicht mit voller Arbeitskraft im Rahmen\nder Ermächtigung habe tätig sein können. Dies sei trotz der zwischenzeitlich\nvernichteten Unterlagen über die Abrechnungen der ermächtigten Tätigkeit\nanzunehmen, allein abzuleiten aus dem unstreitig bestehenden\nBeschäftigungsverhältnis zur Klinik. Jedenfalls sei dem Antragsteller eine\nvolle vertragsärztliche Tätigkeit mit der Verpflichtung zur Anrechnung nicht\nnachweisbar, wie es auch der Zulassungsausschuss feststellt habe. Dieser\nAnsicht habe sich letztlich auch der Antragsgegner angeschlossen. Nach\nsummarischer Prüfung sei weiterhin mit Wahrscheinlichkeit davon auszugehen,\ndass der Antragsteller bereits vor dem 1. Januar 1993 zugelassen gewesen sei.\nEr sei durch Beschluss des Zulassungsausschusses vom 9. Dezember 1992 als\nFacharzt für Radiologie und Nuklearmedizin für I. zur vertragsärztlichen\nVersorgung zugelassen worden und habe seine vertragsärztliche Tätigkeit zum\n15. Dezember 1992 aufgenommen. In dieser Konstellation sei es nach\nsummarischer Prüfung nicht zwingend, auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der\nZulassung erst durch Rücknahme der Berufung am 6. April 1995 abzustellen,\nsondern auf den Zulassungsbeschluss noch im Jahr 1992. Die Zulassung sei dem\nAntragsteller, wie er zu Recht ausgeführt habe, am 9. Dezember 1992 wirksam\nerteilt worden. Die Anfechtung durch die Widerspruchseinlegung bewirke\nlediglich eine Hemmung der Vollziehbarkeit, nicht jedoch der Wirksamkeit der\nZulassung (unter Hinweis auf Schallen, § 44 Zulassungsverordnung Rn. 1391 m.\nw. N.). Entscheidend sei jedoch, dass es im Rahmen des § 95 Abs. 7 Satz 4 SGB\nV für die Frage einer Verlängerung der Zulassung nicht auf den Zeitpunkt der\nBestandskraft der Zulassungsentscheidung ankommen müsse. Die zum Wirksamwerden\nbzw. dem Wirksamkeitszeitpunkt einer Zulassung ergangenen Entscheidungen\nhätten diese Frage jeweils im Hinblick auf rückwirkend ausstehende Vergütungen\nfür im Schwebezeitraum erbrachte vertragsärztliche Leistungen zu entscheiden\ngehabt. Hierfür sei sicherlich die Frage einer (Rück-)Wirkung einer Zulassung\nals statusbegründender Maßnahme entscheidungserheblich und damit zu klären\n(unter Hinweis auf z. B. BSG, Urt. v. 28. Januar 1998 - B 6 KA 41/96 R).\nHierauf müsse es jedoch in diesem Regelungszusammenhang der Verlängerung einer\nZulassung nicht notwendig ankommen.\n\n20\n\n \n\nNach summarischer Überprüfung halte das Gericht auch die Anwendung des § 95\nAbs. 7 Satz 8 SGB V auf diese Fallkonstellation für naheliegend. Nach dieser\nNeuregelung gelte § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V nicht, wenn der Landesausschuss der\nÄrzte und Krankenkassen nach § 100 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgestellt habe, dass\nin einem bestimmten Gebiet eines Zulassungsbezirks eine ärztliche\nUnterversorgung eingetreten sei oder unmittelbar drohe. Zwar sei hier keine\nUnterversorgung in diesem Sinne festgestellt worden. Jedoch könne diese\nRegelung nicht nur auf Fälle der festgestellten Unterversorgung, sondern\nzumindest dem darin enthaltenen Rechtsgedanken nach auch auf die Fälle\nfehlender Bedarfsplanung angewendet werden. Insbesondere ein mit der\nEinführung der Altersgrenze verfolgter Zweck, nämlich in überversorgten, und\ndamit für die Neuzulassung gesperrten Planungsbereichen Niederlassungschancen\nfür jüngere Ärzte schaffen zu wollen, spreche für eine Ausdehnung der\nNeuregelung auch auf die der Bedarfsplanung nicht unterliegende Arztgruppe der\nNuklearmediziner, da diese für eine Neuzulassung nicht der Beendigung der\nTätigkeit durch ältere Vertragsärzte und damit eines Freimachens von\nVertragsarztsitzen bedürften. Ein Anordnungsgrund liege offensichtlich vor, so\ndass auch die Anforderungen an den noch im Hauptsacheverfahren letztlich zu\nüberprüfenden Anordnungsanspruch geringer seien. Das Gericht sei davon\nüberzeugt, dass bei einer Schließung der vertragsärztlichen Praxis des\nAntragstellers zum Quartalsende am 30. Juni 2007 bis zu einer endgültigen\nKlärung im Hauptsacheverfahren der Antragsteller die wirtschaftliche\nExistenzgrundlage verlieren würde. Die bis dahin der Praxis verbundenen\nPatienten und zuweisenden Ärzte würden sich zwischenzeitlich anderweitig\norientieren. Würde er im Hauptsacheverfahren letztlich obsiegen, liefe sein\nRechtsschutz möglicherweise ins Leere. Darin seien schwere, unzumutbare, im\nHauptsacheverfahren nicht mehr behebbare Nachteile zu sehen. Demgegenüber\nerscheine es hinnehmbar, dem Antragsteller durch einstweilige Gewährung einer\nZulassung über die Altersgrenze hinaus die vertragsärztliche Tätigkeit unter\nAufrechterhaltung seiner Praxis weiter bis zur endgültigen Klärung zu\nermöglichen, selbst wenn sich im Hauptsacheverfahren ein Anspruch auf\nVerlängerung der Zulassung nicht ergeben sollte.\n\n21\n\n \n\nGegen den ihm - ausweislich des Empfangsbekenntnisses - am 5. Juli 2007\nzugestellten Beschluss haben der Antragsgegner am 4. Juli 2007 und die - mit\nBeschluss des Senats vom 19. Juli 2007 - Beigeladene zu 5) am 11. Juli 2007\nBeschwerde eingelegt. Der Antragsgegner trägt im Wesentlichen vor: Das Ende\nder Zulassung eines 68-jährigen Arztes trete nach § 95 Abs. 7 SGB V kraft\nGesetzes ein. Nicht einmal eine gegen den Feststellungsbescheid erhobene Klage\nhabe aufschiebende Wirkung. Danach sei es höchst zweifelhaft, ob der\nAnordnungsantrag vor Bescheidzustellung und vor Klagerhebung zulässig sei.\nMateriell könne die auf § 86b Abs. 2 SGG gestützte Regelungsanordnung keinen\nBestand haben, weil auch bei einer nur summarischen Prüfung der\nErfolgsaussichten einer Klage das Gericht die seiner Ansicht nach offenen\nRechtsfragen zu entscheiden habe. Daran fehle es im Zusammenhang mit den\nErwägungen zum Zeitpunkt der Zulassung des Antragsstellers. Denn da die\nZulassung statusbegründend sei, keine Rückwirkung entfalte und bis zur\nRechtsmittelrücknahme unwirksam gewesen sei, sei es systemwidrig, von einer\nZulassung durch den Beschluss des Zulassungsausschusses auszugehen. Das habe\nrichtig auch der Antragssteller so gesehen; seine Tätigkeit nach dem 9.\nDezember 1992 habe allein auf der Ermächtigung beruht. Die Annahme, der\nAntragssteller sei bereits seit dem 9. Dezember 1992 zugelassen gewesen,\nscheitere auch daran, dass die Beschlüsse der Zulassungsausschüsse zu\nbegründen und zuzustellen seien, als Verwaltungsakte daher nicht mit der\nVerkündung, sondern zu einem späteren Zeitpunkt Wirkung entfalteten. Die\nsummarische Prüfung des Geltungsbereichs des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V dürfte\neiner Nachprüfung nicht standhalten. Die von dem Antragssteller angestellten\nErwägungen zur Auslegung des § 95 Abs. 7 SGB V hätten das Bestehen einer\nGesetzeslücke zur Voraussetzung. Anhaltspunkte hierfür seien nicht\nersichtlich. Vielmehr ergebe sich aus der in der Rechtsprechung anerkannten\nVerfassungsmäßigkeit der Regelung des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V, dass dieser\nals Obersatz zu lesen sei und die Regelungen des Satzes 4 eine\nAusnahmevorschrift darstellten - genauso wie die des Satzes 8. Werde dort für\ndie an sich nicht gewollte Verlängerung der Tätigkeit eines Vertragsarztes\nüber das 68. Lebensjahr hinaus auf eine Unterversorgung abgestellt und\nausdrücklich normiert, dass die Feststellung der (drohenden) Unterversorgung\ndurch den Landesausschuss zu erfolgen habe, vertrage es sich nicht mit dem\nWortlaut und noch weniger mit dem Ausnahmecharakter der Regelung anzunehmen,\nfür Arztgruppen, die nicht der Bedarfsplanung unterlägen, gebe es keine wie\nauch immer geartete Altersgrenze. Denn es wäre die logische Konsequenz, dass\nfür diese Arztgruppen immer eine Unterversorgung bestünde. Damit vermenge der\nangefochtene Beschluss den Unterschied zwischen einer Unterversorgung und\neiner nicht (mehr) bestehenden Zulassungssperre in einem Planungsbereich. Dass\ndie Auffassung der Kammer nicht zutreffen könne, folge bereits aus der\nIntention des Gesetzes, durch die Altersgrenze " ... im Bereich der\nniedergelassenen Ärzte durch den Generationenwechsel eine Versorgung nach dem\nStand der aktuellen medizinischen Erkenntnisse" zu gewährleisten (BSG v. 12.\nSeptember 2001 - B 6 KA 45/00 R - SozR 3-2500 § 95 Nr. 32).\n\n22\n\n \n\nNach den von der Kammer angestellten Wahrscheinlichkeitserwägungen solle der\nAnordnungsanspruch sich aus einer doppelten Wahrscheinlichkeitsannahme\nergeben. Das minimiere nach den Gesetzen der Logik die Wahrscheinlichkeit auf\nunter 50 %. Es liege auch kein Anordnungsgrund vor. Die wirtschaftliche\nExistenz eines 68-jährigen Arztes sei gewährleistet durch die bis zu diesem\nZeitpunkt erworbenen Versorgungsansprüche und/oder das angesammelte Vermögen.\nDie Versorgung der Versicherten sei gewährleistet durch einen anderen in I.\nniedergelassenen Nuklearmediziner. Dieser könne unschwer auch die Patienten\ndes Antragstellers mit übernehmen, praktiziere er doch unter der identischen\nPostanschrift R. in I..\n\n23\n\n \n\nDie Beigeladene zu 5) vertritt mit im Wesentlichen identischen Erwägungen\nebenfalls die Auffassung, die Voraussetzungen der Ausnahmetatbestände des § 95\nAbs. 7 Satz 4 SGB V lägen nicht vor.\n\n24\n\n \n\nDer Antragsgegner und die Beigeladene zu 5) beantragen,\n\n25\n\n \n\nden Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 25. Juni 2007 aufzuheben und den\nAntrag abzulehnen.\n\n26\n\n \n\nDer Antragsgegner beantragt darüber hinaus hilfsweise,\n\n27\n\n \n\nden Erlass der einstweiligen Anordnung von einer Sicherheitsleistung gemäß §§\n938, 921 ZPO in Höhe der Honoraransprüche abhängig zu machen.\n\n28\n\n \n\nDer Antragsteller beantragt,\n\n29\n\n \n\ndie Beschwerden zurückzuweisen.\n\n30\n\n \n\nAus der Rechtsnatur der Zulassung als eines Statusaktes folge, dass diese bei\nAnfechtung zunächst schwebend unwirksam sei, so dass keine Rechte aus ihr\ngezogen werden könnten. Ihre Wirksamkeit sei davon aber nicht betroffen;\ninsoweit bezieht sich der Antragsteller auf sein bisheriges Vorbringen. Auch\ndie Ausführungen des Antragsgegners zur Bekanntgabe der Zulassung seien\nfalsch. Wirksam werde ein Beschluss regelmäßig dann, wenn er dem Betroffenen\nbekannt gegeben worden sei. Sei in der Zulassungsverordnung vorgesehen, dass\nder Bescheid mit Gründen versehen zuzustellen sei, so vermöge die nur\nmündliche Bekanntgabe des Beschlusses möglicherweise keine Anfechtungsfristen\nin Lauf zu setzen (dies schon wegen der fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung), die\nWirksamkeit des Beschlusses werde davon aber nicht berührt. Weiter verkenne\nder Antragsgegner die Ausnahmeregelung in § 95 Abs. 7 Satz 8 SGB V. Im\nKasseler Kommentar zu § 95 SGB V sei u. a. dargelegt, die Altersgrenze für\nVertragsärzte sei im unmittelbaren Zusammenhang mit den bereits am 1. Februar\n1993 wesentlich verschärften Zulassungsbeschränkungen und der ab 1. Januar\n1999 vorgesehenen Bedarfsplanung zu beurteilen. Hiernach greife die\nAltersgrenze für ihn deswegen nicht, weil sein Fachgebiet Nuklearmedizin\ninsgesamt bundesweit von so wenigen Ärzten ausgeübt werde, dass keine\nBedarfsplanung stattfinde. Damit sei die Funktion der Altersgrenze, jungen\nÄrzten den Zugang zum System trotz verhängter Zulassungssperren zu\nermöglichen, obsolet. Eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung für eine\nandere Interpretation sei nicht ersichtlich. Der auf Sicherheitsleistungen\nbezogene Antrag scheitere bereits daran, dass die Regelung der\nZivilprozessordnung zu Arrest und Einstweiliger Verfügung im Rahmen des SGG\nwegen der grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten nicht\nanwendbar seien. Dem Antragsgegner stünden auch keine Rechte an woraus auch\nimmer resultierenden Honoraransprüchen zu, die er vereiteln könnte. Ob die\nRechtsprechung zur Rückabwicklung von Honoraransprüchen auf den vorliegenden\nFall überhaupt übertragbar sei, könne offen bleiben. Wenn der Antragsgegner in\nder Beschwerdebegründung auf seine vermeintlich erworbenen\nVersorgungsansprüche bzw. das angesammelte Vermögen hinweise, um so seine\nExistenzgefährdung zu bestreiten, bestehe zudem nicht die Gefahr, dass er zur\nHonorarrückzahlung ggf. nicht in der Lage wäre.\n\n31\n\n \n\nDer Senat hat die Beigeladene zu 5) um Erläuterung des Schreibens ihrer\nFinanzbuchhaltung vom 27. April 1995 gebeten. Die Beigeladene zu 5) hat mit\nSchreiben vom 12. September 2007 dargelegt, es seien dort keine Unterlagen\nmehr vorhanden, anhand derer die seinerzeitige Auszahlung noch nachvollzogen\nwerden könnte.\n\n32\n\n \n\nDie den Antragsteller betreffenden Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners\nhaben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung des Senats gewesen. Hierauf\nsowie auf den Inhalt der Gerichtsakte wird wegen der weiteren Einzelheiten des\nSach- und Streitstandes Bezug genommen.\n\n \n\nII.\n\n33\n\n \n\nDie Beschwerde der Beigeladenen zu 5) ist unzulässig. Ihre - notwendige -\nBeiladung ist erst während des Beschwerdeverfahrens mit dem Beschluss des\nSenats vom 19. Juli 2007 erfolgt. Rechtsmittelbefugt ist jedoch nur ein\nbereits in der Vorinstanz an dem Verfahren Beteiligter. Es entspricht\nallgemeiner Auffassung, dass ein Dritter auch dann nicht rechtsmittelbefugt\nist, wenn er notwendig beizuladen gewesen wäre (s. Meyer-Ladewig in: Meyer-\nLadewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, vor § 143 Rdnr. 4a; Littmann in:\nLüdtke, SGG, 2. Aufl. 2006, § 75 Rdnr. 14; Ulmer in: Hennig, SGG, § 75 Rdnr.\n34; Kopp/Schenke, VwGO, 14 Aufl. 2005, § 146 Rdnr. 8; Meyer-Ladewig/Rudisile\nin: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 146 Rdnr. 4 und Vorb § 124 Rdnr.\n38; Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl. 2004, § 124 Rdnr. 1; BSG, Beschl. v.\n4. Juni 2002 - B 12 KR 36/01 B -, zitiert nach juris; BVerwG, Urt. v. 6. Juni\n2002 - 4 CN 4.01 -, zitiert nach juris; BVerwG, Beschl. v. 4. April 2000 - 7 B\n190/99 -, zitiert nach juris).\n\n34\n\n \n\nDie Beschwerde des Antragsgegners ist statthaft (§ 172 Abs. 1 SGG) und\nfristgerecht (§ 173 SGG) eingelegt worden, jedoch unbegründet. Das\nSozialgericht hat dem Eilantrag des Antragstellers zu Recht stattgegeben.\n\n35\n\n \n\nHinsichtlich der prozessualen und der materiell-rechtlichen Grundlagen der\nbegehrten Eilentscheidung wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen,\nin dem diese zutreffend dargelegt sind (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Ergänzend\nist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 95 Abs. 7 Satz 7 SGB V die Anstellung von\nÄrzten in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum am Ende des\nKalendervierteljahres endet, in dem diese ihr 68. Lebensjahr vollenden; Sätze\n8 und 9 gelten entsprechend; in den Fällen des § 103 Abs. 4a Satz 1 gelten die\nSätze 3 bis 5 entsprechend. Der Senat geht davon aus, dass diese\nVoraussetzungen hier vorliegen; insbesondere, dass der Antragsteller seinen\nVertragsarztsitz in das MVZ eingebracht hat. Der Senat folgt dem Sozialgericht\nauch dahingehend, dass sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein\nAnordnungsgrund bestehen. Dabei sind ergänzend die strengen Vorgaben des\nBundesverfassungsgerichts in Fällen zu berücksichtigen, in denen die\nHauptsache in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ganz oder\nteilweise vorweggenommen wird, d. h. im Falle einer Ablehnung einstweiligen\nRechtsschutzes dem Antragsteller ein endgültiger Rechtsverlust droht, auch\nwenn er im Hauptsacheverfahren obsiegen sollte. Sollte das Hauptsacheverfahren\nergeben, dass der Antragsteller ein Recht auf Zulassung auch über die\nVollendung des 68. Lebensjahres hinaus hat, wäre dieses Recht jedenfalls für\ndie Dauer des Hauptsacheverfahrens, sehr wahrscheinlich aber insgesamt\nentwertet, da nicht davon auszugehen ist, dass die Praxis aufrecht erhalten\nbzw. dem Antragsteller seine Tätigkeit im Rahmen des MVZ für die unbestimmte\nDauer des Hauptsacheverfahrens erhalten werden kann. In Fällen, in denen ein\nendgültiger Rechtsverlust droht, ist nach der Rechtsprechung des BVerfG\nentweder eine umfassende, d. h. eine nicht nur summarische Beurteilung der\nSach- und Rechtslage oder, sofern diese zum Zeitpunkt der Entscheidung im\nvorläufigen Rechtsschutz nicht möglich ist, eine umfassende\nRechtsfolgenabwägung vorzunehmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25. Mai 2001 - 1 BvR\n848/01; Beschl. v. 12. Dezember 2001 - 1 BvR 1571/00; Beschl. v. 12. Mai 2005\n- 1 BvR 569/05, jeweils u. a. veröffentlicht in juris).\n\n36\n\n \n\nIn Anwendung dieser Grundsätze entscheidet der Senat hier vor allem aufgrund\neiner Interessenabwägung. Eine abschließende Würdigung der Sach- und\nRechtslage erscheint aus den noch darzulegenden Erwägungen im Verfahren\nvorläufigen Rechtschutzes hier nicht möglich bzw. nicht angezeigt; der Ausgang\ndes Rechtsstreits ist vielmehr als offen zu beurteilen.\n\n37\n\n \n\nDies ergibt sich, wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, allerdings\nnicht bereits aus Zweifeln an der grundsätzlichen Vereinbarkeit der Regelung\nüber die Altergrenze für Vertragsärzte mit verfassungsrechtlichen bzw. EU-\nrechtlichen Regelungen. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf sein Urteil vom 31.\nJanuar 2006 (- L 4 KA 3/04 -) und seinen Beschluss vom 25. Mai 2007 (- L 4 B\n406/07 KA ER -) (beide veröffentlicht in juris, jeweils m. w. N.).\n\n38\n\n \n\nDer Ausgang des Rechtsstreits ist jedoch - jedenfalls - offen, soweit über das\nVorliegen des Ausnahmetatbestandes des § 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V gestritten\nwird. Dabei ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Kläger zum\nZeitpunkt der Vollendung des 68. Lebensjahres weniger als 20 Jahre als\nVertragsarzt tätig war (§ 95 Abs. 7 Satz 4 Nr. 1 SGB V). Diese Annahme sowohl\ndes Zulassungsausschusses als auch des Antragsgegners wird im\nHauptsacheverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit zu bestätigen sein. Die dem\nAntragsteller vor der Zulassung erteilte Ermächtigung war vom Umfang her so\neingeschränkt, dass die Voraussetzungen für die Anrechnung dieser Zeiträume\nauf den 20-Jahres-Zeitraum in Anwendung der vom BSG in dem Urteil vom 12.\nSeptember 2001 (- B 6 KA 45/00 R - SozR 3-2500 § 95 Nr. 32) entwickelten\nGrundsätze nicht möglich sein dürfte. Neben den bereits von dem Sozialgericht\ngewürdigten Umständen ist dabei zu berücksichtigen, dass das BSG in dem\ngenannten Urteil auf die besondere Form der Ermächtigung gemäß § 10 Abs. 2\nBundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 5 Nr. 3 Arzt-/Ersatzkassenvertrag\n(EKV-Ä) jeweils in der damals geltenden Fassung hingewiesen hat, die der\nTätigkeit des dortigen Klägers zugrunde gelegen habe, mit der Möglichkeit der\nErbringung ausschließlich von Leistungen eines bestimmten Teilbereichs der\njeweiligen fachärztlichen Tätigkeit (im konkreten Fall Leistungen der\ntiefenpsychologisch fundierten und/oder der analytischen Psychotherapie) dies\njedoch in Vollzeittätigkeit als niedergelassener Arzt in eigener Praxis. Eine\nsolche Konstellation der Ermächtigung war hier nicht gegeben.\n\n39\n\n \n\nSchwieriger zu beurteilen ist die Frage, ob der Antragsteller „vor dem 1. 1.\n1993 bereits als Vertragsarzt zugelassen“ (Nr. 2) war. Zwar war er mangels\nAnordnung des Sofortvollzuges des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 9.\nDezember 1992 und des Beschlusses des Berufungsausschusses vom 21. Juni 1993\ngrundsätzlich nicht berechtigt, während des Widerspruchs- sowie des Klage- und\nBerufungsverfahrens über die Rechtmäßigkeit der Zulassung über seine\nfortbestehende Ermächtigung hinaus vertragsärztlich tätig zu sein und\nabzurechnen. Dieses Recht entstand vielmehr erst - ex nunc - mit dem Eintritt\nder Bestandskraft des Zulassungsbescheides (vgl. BSG Urt. v. 8. Januar 1998 -\nB 6 KA 41/96 R - SozR 3-1500 § 97 Nr. 3). Diese von dem Sozialgericht\nzutreffend zitierte Entscheidung beantwortet jedoch nicht unmittelbar die\nFrage, auf welchen Zeitpunkt im Rahmen des § 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V\nabzustellen ist. Der Wortlaut der Vorschrift lässt vielmehr auch eine\ndahingehende Auslegung zu, dass es auf den Zeitpunkt des Zulassungsbeschlusses\nankommt. Dafür könnte auch der Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen. Es\nhandelt sich erkennbar um eine Übergangsregelung im Zusammenhang mit der\nEinführung der Altersgrenze für Vertragsärzte durch Gesetz vom 21. Dezember\n1992 (BGBl. I S. 2266) in § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar\n1993, mit der auch die Ausnahme in Satz 4 eingefügt wurde. Damit sollte Ärzten\nim fortgeschrittenen Alter, die erst vor Kurzem zur vertragsärztlichen\nVersorgung zugelassen worden waren - gedacht war hier insbesondere an Ärzte\naus den neuen Bundesländern - die Möglichkeit gegeben werden, sich durch ihre\nvertragsärztliche Tätigkeit eine Existenzgrundlage zu schaffen und\neingegangenen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Dass sich die für die\nvertragsärztliche Tätigkeit, d. h. die für die Ausnutzung einer vor dem 1.\nJanuar 1993 beantragten und auch erteilten Zulassung bis zur Vollendung des\n68. Lebensjahres faktisch zur Verfügung stehende Zeitspanne durch einen\nRechtsstreit über die Rechtmäßigkeit der Zulassung noch verkürzt, könnte ein\nArgument für eine Auslegung des § 95 Abs. 7 Abs. 4 SGB V dahingehend sein,\ndass es auf den Zulassungsbeschluss bzw. ggf. einen darin bestimmten\nZulassungszeitpunkt ankommt. Dass die Beurteilung im Rahmen des § 95 Abs. 7\nSatz 4 SGB V nicht unbedingt derjenigen in Fragen der Honorierung während des\n„Schwebezustandes“ erbrachter Leistungen entsprechen muss, ergibt sich auch\naus dem Urteil des BSG vom 12. September 2001 (- B 6 KA 90/00 R - SozR 3-5520\n§ 25 Nr. 5) betreffend die Zulassung „bis zur Vollendung des 55.\nLebensjahres“. Hier hat das BSG im Ergebnis auf den Zeitpunkt der\nAntragstellung abgestellt. Es handelt sich demnach insoweit um eine\nAuslegungsfrage, die, soweit ersichtlich, bisher höchstrichterlich nicht\nentschieden ist und dem Senat Anlass geben könnte, in der Hauptsache die\nRevision zuzulassen. Es kommt als Besonderheit des Falles hinzu, dass der\nAntragsteller offenbar faktisch bereits vor dem 1. Januar 1993 über die\nErmächtigung hinaus im Umfang der Zulassung als Vertragsarzt tätig war und von\nder Beigeladenen zu 5) auch entsprechende Honorare erhielt. Der Antragsteller\nselbst hat - unwidersprochen - vorgetragen, bereits seit dem 15. Dezember 1992\nals niedergelassener Vertragsarzt tätig gewesen zu sein. Das Schreiben der\nFinanzbuchhaltung der Beigeladenen zu 5) vom 27. April 1995 weist auf eine\nentsprechende Neuberechnung der Honorare des Antragstellers nach dem für den\nAntragsteller erfolgreichen Abschluss des Gerichtsverfahrens über die\nZulassung hin. In der Betreffzeile des Schreibens heißt es „Honorarabrechnung\nab dem 4. Quartal 1992 (15.12.1992)“. Auch der weitere Inhalt des Schreibens,\nwonach dem Antragsteller bis zum Abrechnungsquartal III/94 vorerst nur die\nHonorare aus der Ermächtigung gutgeschrieben bzw. überwiesen und die darüber\nhinausgehenden Honorare, die er als Vertragsarzt hätte abrechnen können,\neinbehalten worden seien, lässt sich kaum anders interpretieren. Da die\nBeigeladene zu 5) der dahingehenden Interpretation des Schreibens durch den\nSenat nicht widersprochen sondern lediglich dargelegt hat, die seinerzeitige\nAuszahlung mangels Unterlagen nicht mehr nachvollziehen zu können, legt der\nSenat sie für das Verfahren einstweiligen Rechtschutzes zugrunde. Würde sich\ndiese Annahme im Hauptsacheverfahren bestätigen, wäre der Antragsteller -\nmöglicherweise sogar aufgrund einer entsprechenden vorherigen Absprache mit\nder Beigeladenen zu 5) - faktisch ebenso gestellt gewesen, wie wenn er über\neine einstweilige Anordnung das Recht erhalten hätte, auch während des\nlaufenden Widerspruchs-/Gerichtsverfahrens vorläufig im Rahmen der Zulassung\ntätig zu sein und abzurechnen. In diesem Fall dürfte, unabhängig von der\nAuslegung der Stichtagsregelung in § 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V im Übrigen,\ndeutlich mehr dafür als dagegen sprechen, für die Frage, ob der Antragsteller\nvor dem 1. Januar 1993 als Vertragsarzt zugelassen war, auf den Zeitpunkt der\nfaktischen Tätigkeitsaufnahme im Rahmen der Zulassung abzustellen.\n\n40\n\n \n\nUnabhängig von der weiteren von dem Sozialgericht angesprochenen Rechtsfrage\nbetreffend die Ausnahmeregelung in § 95 Abs. 7 Satz 8 SGB V ist damit eine\nabschließende Beurteilung der Erfolgsaussicht der Hauptsache in dem Verfahren\nvorläufigen Rechtschutzes nicht möglich. Die daher vorzunehmende umfassende\nFolgenabwägung ergibt, dass das Interesse des Antragstellers, vorläufig weiter\nals Vertragsarzt tätig sein zu dürfen, das Interesse des Antragsgegners und\nder Beigeladenen zu 5) an der sofortigen Beendigung der vertragsärztlichen\nTätigkeit des Antragstellers - deutlich - überwiegt. Dem Antragsteller droht,\nwie eingangs dargelegt, ein prinzipiell endgültiger Rechtsverlust, sofern er\nwährend des Hauptsacheverfahrens nicht als Vertragsarzt tätig sein darf.\nDieser Rechtsverlust wiegt schwer, weil er das Grundrecht des Antragstellers\naus Art. 12 Abs. 1 GG betrifft. Auf die Erwägungen des Antragsgegners zur\nausreichenden finanziellen Absicherung des Antragstellers aufgrund seiner\nbisherigen Tätigkeit kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Auch nur\nannähernd gleich schwer wiegende öffentliche Interessen auf Seiten des\nAntragsgegners bzw. der Beigeladenen zu 5) sind dagegen nicht ersichtlich.\nDass der Antragsteller während des Hauptsacheverfahrens weiter als\nVertragsarzt tätig sein und abrechnen darf, fällt schon deshalb nicht\nwesentlich ins Gewicht, weil er als Nuklearmediziner einer Fachgruppe\nangehört, für die es keine Zulassungsbeschränkung wegen Überversorgung gibt,\nund weil überdies bei nuklearmedizinischen Leistungen die Gefahr der\nangebotsinduzierten Mengensteigerung nicht bzw. allenfalls in geringem Umfang\nbestehen dürfte.\n\n41\n\n \n\nFür die von dem Antragsgegner hilfsweise beantragte Festsetzung einer\nSicherheitsleistung ist kein Raum. Mit der vorläufigen Statusfeststellung ist\n- insoweit abschließend - geklärt, dass der Antragsteller während des\nHauptsacheverfahrens weiter vertragsärztlich tätig sein darf. Die\nHonoraransprüche, die er aus der entsprechenden Tätigkeit erwirbt, sind\nendgültig. Durch eine Sicherheitsleistung abzusichernde\nHonorarrückforderungsansprüche entstehen nicht.\n\n42\n\n \n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Die\naußergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 4) und zu 6) und 7) sind\nnicht erstattungsfähig, da diese sich jeweils nicht mit einem eigenen\nSachantrag an dem Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt haben (§§ 154 Abs. 3,\n162 Abs. 3 VwGO).\n\n43\n\n \n\nDieser Beschluss ist nicht anfechtbar.\n\n \n\n |
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110,825 | lsgmv-2007-02-27-l-8-b-10106 | 477 | Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern | lsgmv | Mecklenburg-Vorpommern | Sozialgerichtsbarkeit | L 8 B 101/06 | 2007-02-27 | 2018-11-26 17:30:13 | 2019-01-17 11:35:19 | Beschluss | #### Tenor\n\n \n\nDie Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts\nSchwerin vom 10. Mai 2006 - S 10 ER 29/06 AS - wird zuruckgewiesen.\n\n \n\nDie außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im Beschwerdeverfahren sind\nerstattungsfahig.\n\n#### Grunde\n\n \n\nI.\n\n1\n\n \n\nDer im Jahre 1982 geborene Klager war vom 06. Juli 2004 bis zum 05. Dezember\n2005 in der JVA V inhaftiert. Vom 05. Dezember 2005 bis zum 02. Juni 2006\nhielt er sich in der Fachklinik Mecklenburg zu einer Therapie auf.\n\n2\n\n \n\nAm 18. Januar 2006 beantragte er die Gewahrung von Leistungen nach dem SGB II.\nBereits am 17. Januar 2006 bat sein Prozessbevollmachtigter, die Korrespondenz\nmit ihm zu fuhren.\n\n3\n\n \n\nDurch Bescheid vom 19. Januar 2006 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab.\nDer Bescheid wurde per einfachen Brief nicht an den Bevollmachtigten, sondern\nden Antragsteller personlich unter seiner Klinikadresse versandt. Dort ging\nder Bescheid dem Antragsteller nach Angaben seines Bevollmachtigten am 25.\nJanuar 2006 zu. Dem Bekunden des Prozessbevollmachtigten zufolge wurde mit\nSchreiben vom 26. Januar 2006 Widerspruch eingelegt. Es wurden die\nEinzelheiten der Widerspruchseinlegung dargestellt und eidesstattlich\nversichert. Dieses Schreiben ging der Antragsgegnerin nach ihrem Bekunden\nnicht zu; es befindet sich auch nicht an chronologisch richtiger Stelle bei\nden Verwaltungsvorgangen.\n\n4\n\n \n\nAm 17. Marz 2006 hat der Antragsteller um die Gewahrung vorlaufigen\nsozialgerichtlichen Rechtsschutzes nachgesucht.\n\n5\n\n \n\nAm 12. April 2006 hat der Prozessbevollmachtigte des Antragstellers erneut\nWiderspruch eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand unter\nDarlegung der Wiedereinsetzungsgrunde beantragt.\n\n6\n\n \n\nDurch Beschluss vom 10. Mai 2006 hat das Sozialgericht die Antragsgegnerin im\nWege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, vorlaufig dem Antragsteller ab\n17. Marz 2006 fur die Dauer seines Aufenthaltes in der Fachklinik Mecklenburg,\nlangstens bis zum 04. Juni 2006, monatlich 97,00 Arbeitslosengeld II zu zahlen\nund im Übrigen den Antrag abgelehnt. Das Sozialgericht hat zur Begrundung im\nWesentlichen ausgefuhrt, dem Antragsteller sei Wiedereinsetzung in den\nvorherigen Stand im Hinblick auf die Versaumung der Widerspruchsfrist zu\ngewahren. Nach summarischer Prufung der Sach- und Rechtslage stehe dem\nAntragsteller der geltend gemachte Anspruch jedenfalls teilweise zu. Die\nInhaftierung in der JVA Vechta sei keine Unterbringung in einer stationaren\nEinrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 SGB II.\n\n7\n\n \n\nDer Beschluss ist der Antragsgegnerin am 16. Mai 2006 zugestellt worden.\n\n8\n\n \n\nDie Antragsgegnerin hat durch Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2006 den\nWiderspruch des Antragstellers als unzulassig verworfen. Hiergegen hat dieser\nam 30. Mai 2006 Klage erhoben - S 11 AS 448/06 -, uber die noch nicht\nentschieden worden ist.\n\n9\n\n \n\nAm 12. Juni 2006 hat die Antragsgegnerin Beschwerde gegen den Beschluss des\nSozialgerichts eingelegt. Sie vertritt weiterhin die Rechtsauffassung, dass\nder Bescheid vom 19. Januar 2006 bestandskraftig geworden sei.\nWiedereinsetzung sei nicht zu gewahren. Der Widerspruch des Antragstellers sei\nnicht aktenkundig. Auch in dem vom Antragsteller benannten anderen\nWiderspruchsvorgang sei der Widerspruch nicht enthalten. Dass der\nProzessbevollmachtigte den Widerspruch des Antragstellers in das\nPostausgangsbuch als versandt eingetragen habe, konne zu keiner anderen\nEntscheidung fuhren. Der Nachweis des Zugangs der fristgerechten Einlegung des\nWiderspruches obliege dem Antragsteller bzw. das ein Zugangshindernis nicht\nvon ihm zu vertreten sei. Die benannten Grunden reichten dafur nicht aus.\nHilfsweise werde vorgetragen, dass die materiell-rechtliche Begrundung des\nSozialgerichts fehlerhaft sei. Der Antragsteller habe sich seit dem 06. Juli\n2005 in Haft und im unmittelbaren Anschluss an die Haftentlassung in einer\nTherapie-Einrichtung befunden. Damit habe er dem Arbeitsmarkt mehr als sechs\nMonate nicht zur Verfugung gestanden. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 SGB\nII seien auch bei einer Haftanstalt als erfullt anzusehen. Auch im Hinblick\nauf die gesetzliche Regelung zum 01. August 2006, in welcher zu § 7 Abs. 4 SGB\nII klargestellt worden sei, dass unter den Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 4\nSGB II auch freiheitsentziehende Maßnahmen zu fassen seien, sei davon\nauszugehen, dass diese Regelung, wenn auch nicht eindeutig aus dem\nGesetzeswortlaut zu entnehmen, bereits im vorliegenden Fall so zu kommentieren\nsei.\n\n10\n\n \n\nDer Antragsteller ist dem Vorbringen entgegengetreten.\n\n \n\nII.\n\n11\n\n \n\nDie Beschwerde ist zulassig, aber unbegrundet.\n\n12\n\n \n\nDer Senat sieht bei der im vorliegenden Verfahren nur gebotenen summarischen\nPrufung der Sach- und Rechtslage den Widerspruch des Antragstellers vom 12.\nApril 2006 als zulassig an, weil dem Antragsteller Widereinsetzung zu gewahren\nsein durfte. Der Prozessbevollmachtigte des Antragstellers hat im Einzelnen\ndargelegt, wie die Versendung des Widerspruches erfolgt ist. Er durfte alles\nseinerseits Erforderliche getan haben, um die Widerspruchsfrist zu wahren, als\ner das Schreiben vom 26. Januar 2006 abgesandt hat, das ersichtlich bei der\nAntragsgegnerin nicht eingegangen ist.\n\n13\n\n \n\nZudem erlaubt der Senat sich den Hinweis, dass es im vorliegenden Fall\neventuell hatte geboten erscheinen konnen, den ablehnenden Bescheid gemaß § 37\nAbs. 1 Satz 2 SGB X dem Prozessbevollmachtigten bekannt zu geben. Darum hat er\ngebeten. Zudem ist gerade das Risiko, dass ein per einfachen Brief versandter\nBescheid in einer Klinik oder vergleichbaren Einrichtung seinen Empfanger\nnicht oder nicht fristgerecht erreicht, nicht von der Hand zu weisen. Die\nTatsache, dass der Prozessbevollmachtigte des Antragstellers nicht etwa mit\nHinblick auf diesen Sachverhalt den Zugang des Bescheides insgesamt\nbestreitet, sondern dass er substanziiert darlegt, in welcher Art und Weise er\nWiderspruch eingelegt hat, begrundet fur den Senat eine hinreichende\nWahrscheinlichkeit, dass auch in einem Hauptsacheverfahren dem Antragsteller\nWiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewahren sein wird.\n\n14\n\n \n\nDer Senat schließt sich der materiell-rechtlichen Begrundung des\nSozialgerichts im Ergebnis an. Zwar ist in der sozialgerichtlichen\nRechtsprechung unter Geltung des § 7 Abs. 4 SGB II in seiner ursprunglichen\nFassung im hohen Maße streitig gewesen, ob eine Justizvollzugsanstalt eine\nEinrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 SGB II a. F. ist (dies ist z. B.\nangenommen worden vom Landessozialgericht Nordrhein-Westphalen, Beschluss vom\n10. Oktober 2006 - L 19 B 54/06 AS -, Juris; vom Bayerischen\nLandessozialgericht, Beschluss vom 27. Oktober 2005 - L 11 B 596/06 AS ER -,\nJuris; vom Bayerischen Landessozialgericht, Urteil vom 29. September 2006 - L\n7 AS 130/06 -, Juris). Die Gegenauffassung, dass eine Justizvollzugsanstalt\nkeine Einrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 SGB II a. F. ist, wird demgegenuber\nz. B. vertreten vom Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom\n22. September 2005 - L 8 AS 196/05 ER -, Juris; vom Schleswig-Holsteinischen\nLSG, Beschluss vom 14. November 2005 - L 9 B 260/05 SO ER -, Juris; vom\nLandessozialgericht Baden-Wurttemberg, Beschluss vom 21. Marz 2006 - L 7 AS\n1128/06 ER -, Juris (vgl. auch Munder/Geiger, SGb 2007, 1).\n\n15\n\n \n\nDer Senat halt die letztgenannte Rechtsansicht fur vorzugswurdig. Dies scheint\nim Übrigen auch der Wille des Gesetzgebers zu sein, der der Änderung des § 7\nAbs. 4 SGB II zugrunde liegt. Diese Vorschrift ist zum 01. August 2006 im\nWesentlichen - soweit hier relevant - um die Formulierung erganzt worden: "Dem\nAufenthalt in einer stationaren Einrichtung ist der Aufenthalt in einer\nEinrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung\ngleichgestellt". Das Wort "gleichgestellt" spricht nach Auffassung des Senates\ndafur, dass auch der Gesetzgeber davon ausgeht, dass etwas im Grundsatz nicht\nGleiches durch die neu eingefugte gesetzliche Fiktion von seiner Rechtsfolge\nher gleichbehandelt wird.\n\n16\n\n \n\nDer Senat kann diese Rechtsfrage aber letztlich dahinstehen lassen, weil er\njedenfalls der Auffassung ist, dass die Zeiten, die der Antragsteller in der\nJustizvollzugsanstalt verbracht hat, und die Zeit in der Therapie nicht\nzusammengerechnet werden durfen. Der Senat folgt also nicht der\nentgegengesetzten Auffassung des Landessozialgerichts Baden-Wurttemberg,\nBeschluss vom 27. Marz 2006, - L 8 AS 1171/06 ER -, Juris. Zutreffend\nerscheint vielmehr die folgende Aussage (so auch Bayrisches\nLandessozialgericht, Urteil vom 29. September 2006, a.a.O.): Zeiten der Haft\nund eines sich unmittelbar anschließenden Aufenthaltes in einer Fachklinik zur\nAlkoholentwohnung sind bei der Prognoseentscheidung nach § 7 Abs. 4 SGB II\nnicht zusammenzurechnen, da es sich um stationare Aufenthalte mit\nunterschiedlicher Zielsetzung handelt und insofern ein Sachverhaltswechsel\nvorliegt. Bei der Prognose ist dann auf den Beginn der Anschlussmaßnahme\nabzustellen und nicht auf den Beginn der Haft. Diese Aussage des Bayerischen\nLandessozialgerichts lasst sich in gleicher Weise auch auf die von dem\nAntragsteller durchgefuhrte Therapie-Maßnahme ubertragen. Die Therapie-\nMaßnahme als solche hat den Zeitraum von sechs Monaten nicht uberschritten.\n\n17\n\n \n\nFerner spricht noch folgende Überlegung dafur, dass eine Zusammenrechnung der\nzwei unterschiedlichen Aufenthaltsorte von Gesetzes wegen nicht zulassig ist.\nIn § 7 Abs. 4 SGB II heißt es namlich, dass Leistungen nach diesem Buch nicht\nerhalt, wer langer als sechs Monate in einer stationaren Einrichtung\nuntergebracht ist. Der 6-Monats-Zeitraum wird in der Person des Antragstellers\naber nur dann uberschritten, wenn man nicht die Zeit in einer, sondern in zwei\nEinrichtungen zusammenzahlt. Dies ist mit dem Wortlaut des Gesetzes nur schwer\nvereinbar.\n\n18\n\n \n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.\n\n19\n\n \n\nDieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).\n\n |
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111,356 | lsgsh-2005-05-25-l-8-u-8704 | 1,068 | Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht | lsgsh | Schleswig-Holstein | Sozialgerichtsbarkeit | L 8 U 87/04 | 2005-05-25 | 2018-11-26 22:30:17 | 2019-01-17 11:35:31 | Urteil | ECLI:DE:LSGSH:2005:0525.L8U87.04.0A | #### Tenor\n\n \n\nDie Berufung des Klagers gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 21.\nJuni 2004 wird zuruckgewiesen.\n\n \n\nAußergerichtliche Kosten sind auch fur das Berufungsverfahren nicht zu\nerstatten.\n\n \n\nDie Revision wird nicht zugelassen.\n\n#### Tatbestand\n\n1\n\n \n\nDer 1933 geborene Klager begehrt die Anerkennung seiner Hals- und\nLendenwirbelsaulenerkrankung als bzw. wie eine Berufskrankheit.\n\n2\n\n \n\nAm 18. Juli 1995 beantragte der Klager, diverse Erkrankungen der Knie, der\nWirbelsaule, der Schultern sowie der Hufte als Berufskrankheit anzuerkennen.\n\n3\n\n \n\nHinsichtlich der Huft-, Schulter-, Sprung-, Knie-, Großzehen-, Hand-, Finger-\nund Ellenbogengelenke wurde ein gesondertes Verfahren eroffnet. In diesem\nwurde der Antrag hinsichtlich der Kniegelenke mit Bescheid vom 22. Juli 1997\nund Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 1998 abgelehnt. Die dagegen erhobene\nKlage wurde mit Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 8. Februar 1999\nabgewiesen (S 9 U 101/99). Hinsichtlich aller aufgefuhrten Gelenksbeschwerden\nwurde mit weiterem Bescheid vom 22. Juli 1997 und Widerspruchsbescheid vom 30.\nJuli 1998 die Anerkennung einer Berufskrankheit abgelehnt. Die dagegen\nerhobene Klage wurde mit Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 28. November\n2000 abgewiesen (S 1 U 100/98). Zur Begrundung wurde hinsichtlich der\nKniegelenke auf das rechtskraftige Urteil vom 8. Februar 1999 verwiesen. Im\nÜbrigen wurde ausgefuhrt, dass die ubrigen Beschwerden nicht wie eine\nBerufskrankheit nach § 551 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) anerkannt\nwerden konnten, denn es gebe keine ausreichenden Hinweise fur ein\ngruppenspezifisches Auftreten von Gelenksarthrose aufgrund der Tatigkeit als\nRinger bzw. als Catcher. Die Berufung blieb erfolglos (Schleswig-\nHolsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 20. Marz 2002 - L 8 U 3/01 -).\n\n4\n\n \n\nHinsichtlich der Wirbelsaulenerkrankungen gab der Klager an, dass er ab 1970\ndurchgehend Beschwerden gehabt habe sowohl beim Training als auch wahrend der\nKampfe und nach den Kampfen. In einer Dokumentation seiner Kampfe ist\naufgefuhrt, dass er im Jahre 1987 seinen letzten Kampf ausgetragen habe. Laut\neines Vermerks uber ein Gesprach am 26. Juli 1996 gab der Klager an, er habe\nseine Laufbahn 1955 begonnen und sie 1987 beendet. Pro Jahr habe er ca. 200\nKampfe durchgefuhrt. Dabei seien Meisterschaftskampfe uber eine Zeitdauer von\n15 Runden a 4 Minuten gelaufen, normale Kampfe uber eine Zeitdauer von 5\nRunden a 4 Minuten. Kampfe im nicht europaischen Ausland hatten zwischen einer\nhalben und einer vollen Stunde gedauert. Trainiert worden sei taglich zwischen\nzwei bis drei Stunden. Besonderer Belastungen sei die Wirbelsaule ausgesetzt\ngewesen bei Griffen am Kopf, die zu einem Verdrehen des Kopfes gefuhrt hatten,\nbei Schlagen im Bereich des Kopfes und Halses, bei so genannten Beinhebeln,\nÜberwurfen und Aushebern. In einem Schreiben der Beklagten vom 7. August 1996\nwurde der Klager gefragt, ob nach dem 8. November 1987 noch ein Wettkampf\nausgetragen worden sei. Daraufhin ubersandte der Klager einen Vertrag uber das\nAuftreten bei Catch-Turnieren auf dem Schutzenplatz in Hannover bis zum Jahre\n1989, der bis zum Jahre 1990 verlangert worden war. Insoweit teilte der Klager\naber mit, dass er diesen nicht habe erfullen konnen, da seine Karriere aus\nverletzungsbedingten Grunden im Jahre 1987 beendet gewesen sei. Telefonisch\nteilte er jedoch mit, dass er noch nach dem 1. April 1988 in H beim Fruhjahrs-\nund Herbst-Dom aufgetreten sei. Die Firma S, bei der der Klager unter anderem\nim Jahre 1988 auf dem Fruhjahrs- und Winter-Dom beschaftigt gewesen war,\nteilte mit, dass die Beschaftigung nur an den Wochenenden stattgefunden und\ndass es taglich zwischen zwei und vier Vorstellungen gegeben habe, wobei die\nKampfdauer jeweils 3 Minuten betragen habe. Der Klager selbst gab an, dass er\nin den Sommermonaten des Jahres 1988 noch einige inoffizielle Kampfe in\nÖsterreich bestritten habe. Auf Befragen der Beklagten informierte die\nBerufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststatten in Hannover unter dem 24.\nMarz 1997 daruber, dass der Versicherte (der Klager) wahrend des Fruhlings-\nund Winter-Doms im Jahre 1988 an drei Tagen in der Woche bis zu funf Kampfe\ndurchgefuhrt habe a 3 Minuten. Wegen der Kurze der verbrachten Zeiten im\nRahmen dieser Sport-Show seien die Voraussetzungen fur die Anerkennung als\nBerufskrankheit nicht gegeben, und diese Tatigkeit sei auch nicht dazu\ngeeignet gewesen, zu degenerativen Schadigungen zu fuhren.\n\n5\n\n \n\nIn einer Stellungnahme des Bereichs Arbeitsmedizin der Beklagten fuhrte Dr. S\naus, dass die Tatigkeit als Catcher ohne Zweifel eine Belastung der\nWirbelsaule und des gesamten Bewegungsapparates darstelle, die weit uber\nderjenigen der ubrigen Bevolkerung liege. Durch die Aktionen des Kampfgegners\nwurden praktisch alle Gelenke mit Gewalt uber den physiologischen\nWinkelbereich hinaus in Extremstellungen gezwungen. Statistisch\nepidemiologische Erkenntnisse seien wegen der geringen Anzahl von\nBerufscatchern hinsichtlich einer Berufskrankheit nicht zu erwarten. Bei der\nBerucksichtigung einer Berufskrankheit habe der Verordnungsgeber die spezielle\nGefahrdung der Berufsgruppe der Berufscatcher wegen ihrer geringen Zahl\nuberhaupt nicht in seinem Blickfeld gehabt. In dem fachchirurgischen\nZusammenhangsgutachten von M.-C. /Dr. E vom 27. Mai 1997 fuhren diese aus,\ndass bei der Halswirbelsaule eine schwerstgradige Spondylarthrose aller\nSegmente mit Betonung C2/C3, C3/C4 vorliege. Eine bandscheibenbedingte\nErkrankung lasse sich zwar unter die Berufskrankheitslisten-Nr. 2109\neinordnen, dabei handele es sich aber um eine Erkrankung der Halswirbelsaule\ndurch langjahriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, wie sie bei\nFleischtragern in der DDR oder bei Sacktragern, die Sacke zwischen 80 und 100\nkg tragen mussten, festgestellt worden seien. Das vermehrte Auftreten von\nBandscheibenschaden und Verschleißumformungen der Halswirbelsaule durch\nKampftechniken sei der sportmedizinischen Literatur nicht zu entnehmen. Es\ngabe Erfahrungsberichte, dass bei Ringern bei bestimmten Griffarten vermehrt\nVerletzungen an der Halswirbelsaule auftreten konnten, daraus konne aber keine\nBerufskrankheit abgeleitet werden. Eine Anerkennung als Berufskrankheit Nr.\n2109 konne daher nicht festgestellt werden.\n\n6\n\n \n\nAuch der monosegmentale Bandscheibenschaden im Segment L4/L5 sei nicht unter\ndie Berufskrankheit Nr. 2108 einzuordnen. Biomechanisch gabe es keine Grunde,\ndass lediglich im Segment L4/L5 ein Bandscheibenschaden auftrete, jedoch nicht\nin den angrenzenden Segmenten. Eine auf die Wirbelsaule einwirkende Kraft, die\nlediglich ein Segment schadige, gabe es nicht. Ein so genanntes\nbelastungskonformes Schadensbild im Bereich der Lendenwirbelsaule lage demnach\nnicht vor. Der monosegmentale Schaden im Segment L4/L5 sei nicht mit\nhinreichender Wahrscheinlichkeit durch die Tatigkeit als Ringer verursacht\nworden. Die Erkrankungen konnten auch nicht wie eine Berufskrankheit anerkannt\nwerden.\n\n7\n\n \n\nMit Bescheid vom 22. Juli 1997 wurden daraufhin die Wirbelsaulenerkrankungen\ndes Klagers weder als Berufskrankheit noch wie eine Berufskrankheit anerkannt.\nDagegen legte der Klager mit Schreiben vom 23. am 25. Juli 1997 Widerspruch\nein. Zur Begrundung fuhrte er aus, die festgestellten Erkrankungen seien durch\nAbnutzung wahrend seiner 34-jahrigen Karriere als Profi-Sportler entstanden.\n\n8\n\n \n\nIn einem Schreiben von Dr. D. vom 18. Februar 1998 ist angefuhrt, dass mit\nSicherheit davon ausgegangen werden konne, dass die arbeitstechnischen\nVoraussetzungen im Sinne der BK 2109 im vorliegenden Falle nicht gegeben\nseien.\n\n9\n\n \n\nDr. R. kommt in seinem fachorthopadischen Gutachten vom 19. Januar 2000 zu der\nÜberzeugung, dass Berufsringer und Catcher in einem erheblich hoheren Grad als\ndie ubrige Bevolkerung einer Schadigung der Halswirbelsaule und\nLendenwirbelsaule ausgesetzt seien und dass bei dem Klager eine\nBerufskrankheit nach Nr. 2109 und Nr. 2108 anzuerkennen sei. Die Minderung der\nErwerbsfahigkeit (MdE) fur die Halswirbelsaulenerkrankung betruge 20 v. H.,\nfur die Lendenwirbelsaulenerkrankung 10 v. H.\n\n10\n\n \n\nIn einer Stellungnahme vom 22. September 2000 nimmt der Gutachter M.-C. hierzu\nStellung und erlautert, dass der monosegmentale Bandscheibenschaden im Segment\nL4/L5 fur eine anlagebedingte Storung spreche. Ein monosegmentaler\nBandscheibenschaden stelle kein belastungskonformes Schadensbild dar, und dies\nsei in Sachverstandigenkreisen eine weit verbreitete Ansicht, die sich auch\ndie Gerichte nahezu ausschließlich zu eigen gemacht hatten. Es gabe auch keine\nHinweise auf eine Berufskrankheit nach Nr. 2109 und 2108. Der Klager habe\nseine Betatigung als Berufsringer im Jahre 1987 aufgegeben. Die danach\nerfolgten Kampfe bei kleineren Veranstaltungen hatten zu keiner gefahrdenden\nBelastung mehr gefuhrt. Daher seien die versicherungsrechtlichen\nVoraussetzungen, um eine Berufskrankheit nach diesen Ziffern anzuerkennen,\nnicht gegeben. Im Übrigen sei die Karriere als Berufsringer aufgegeben worden\nwegen der Funktionsstorung der Huftgelenke und nicht wegen der Erkrankungen\nder Hals- und Lendenwirbelsaule. Die Auswertung der wissenschaftlichen\nLiteratur ergebe, dass es bei Ringern haufiger zu Zerrungen, Prellungen oder\nStauchungen der Halswirbelsaule komme, seltener zu ernsten Verletzungen,\naußerst selten zu Bandscheibenschaden, jedoch nicht zu chronischen\nRuckenschmerzen mit oder ohne degenerative Veranderungen. Man konne von einer\ngewissen Verletzungshaufigkeit oder Verletzungsmoglichkeit bei Ringern jedoch\nnicht auf das vermehrte Auftreten einer bandscheibenbedingten Erkrankung\nschließen, denn es handele sich um zwei vollig unterschiedliche Tatbestande.\nEs sei daher durch keine einzige wissenschaftliche Veroffentlichung belegt,\ndass bei Ringern in hoherem Maße als in der Normalbevolkerung\nBandscheibenschaden der Hals- oder Lendenwirbelsaule auftraten.\n\n11\n\n \n\nIn einem weiteren Gutachten vom 22. August 2000 zum Aktenzeichen S 1 U 100/98\nkommt der Arzt fur Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. H. zu dem Ergebnis, dass\nbei dem Klager eine Verschleißumformung der Halswirbelsaule mit einer\nsegmentalen Lockerung im Bereich der oberen Halswirbelsaule zwischen dem\nzweiten und dritten, dritten und vierten sowie dem vierten und funften\nHalswirbel vorliege. Des Weiteren bestunden degenerative Veranderungen der\nWirbelsaule im Bereich der oberen Halswirbelsaule sowie eine Arthrose, eine\nVerschleißumformung im Bereich des ersten Halswirbels am Übergang zum Kopf.\nAufgrund seiner Tatigkeit als Berufsringer sei es aufgrund von Überstreckungen\nsowie ubermaßiger Beugung im Bereich der Halswirbelsaule zu Verletzungen\ngekommen, die in der Folge zu den festgestellten Verschleißumformungen gefuhrt\nhatten.\n\n12\n\n \n\nIm Bereich der Lendenwirbelsaule finde sich bei dem Klager ein\nBandscheibenschaden in dem Zwischenwirbelraum zwischen dem 4. und 5.\nLendenwirbelkorper mit fast volliger Aufhebung des Zwischenwirbelraumes sowie\neine Verschleißumformung mit beginnender Spangenbildung. Insoweit sei\nzumindest der Verdacht auf das Vorliegen einer bandscheibenbedingten\nErkrankung durch die Berufstatigkeit gegeben. Es sei daher anzunehmen, dass\ndie Voraussetzungen fur die Anerkennung einer Berufskrankheit im Sinne der BK\n2108 vorlagen.\n\n13\n\n \n\nHinsichtlich der Halswirbelsaule sei eine Berufskrankheit wie nach BK 2109 mit\neiner MdE von 20 v. H. anzunehmen und hinsichtlich der Lendenwirbelsaule eine\nBerufskrankheit nach BK 2108 mit einer MdE ebenfalls von 20 v. H.\n\n14\n\n \n\nDer Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30. August 2001, zugestellt\nam 3. September 2001, zuruckgewiesen. Zur Begrundung wurde ausgefuhrt, die\nVoraussetzung, dass der Versicherungsfall nach dem 31. Marz 1988 eingetreten\nsei, sei nicht erfullt, denn der Klager habe seine Karriere als Berufsringer\nim Jahre 1987 aufgegeben, und die danach durchgefuhrten Kampfe stellten keine\nregelmaßige belastende Tatigkeit dar. Im Übrigen lagen aber auch die\nVoraussetzungen fur die Anerkennung von Berufskrankheiten nach Nr. 2108 und\n2109 nicht vor, und es konnte auch keine Berufskrankheit wie nach Nr. 2108\noder 2109 anerkannt werden.\n\n15\n\n \n\nDer Klager hat am 2. Oktober 2001 Klage erhoben und dazu ausgefuhrt, es gebe\neinen Zusammenhang zwischen seiner Tatigkeit als Berufsringer und den\nstreitgegenstandlichen Krankheiten. Das konnte auch von Zeugen bestatigt\nwerden, die ebenfalls Berufsringer gewesen waren und vergleichbare Krankheiten\nhatten (Bl. 17 GA). Zur Bestatigung hat er ein Attest der chirurgischen\nGemeinschaftspraxis Dr. G. u.a. vom 10. September 2001 uber einen anderen\nBerufsringer vorgelegt, in welchem ein Wirbelsaulensyndrom bei erheblichen\numformenden Wirbelkorperveranderungen im LWS-Bereich festgestellt wurde sowie,\ndass die Veranderungen als Folge der erlittenen Verletzungen und der Belastung\nals Berufsringer anzusehen seien.\n\n16\n\n \n\nDer Klager hat beantragt, 1. den Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 1997 in\nder Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. August 2001 aufzuheben 2. die\nBeklagte zu verurteilen, seine Hals- und Lendenwirbelsaulenerkrankung als bzw.\nwie eine Berufskrankheit im Sinne der Nummern 2108 bzw. 2109 der Anlage 1 zur\nBerufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen und nach Maßgabe des Gesetzes zu\nentschadigen.\n\n17\n\n \n\nDie Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.\n\n18\n\n \n\nSie hat darauf verwiesen, dass die Berufskrankheit nicht nach dem Stichtag\naufgetreten sei, sowie auf die Ausfuhrungen im Widerspruchsbescheid und im\nGutachten von M.-C.\n\n19\n\n \n\nDas Sozialgericht hat ein Gutachten des Orthopaden Dr. N. eingeholt. In seinem\nGutachten vom 2. Dezember 2003 hat dieser ausgefuhrt, dass Voraussetzung fur\ndie Anerkennung einer BK 2108 ein belastungskonformes Schadensbild mit einem\nvon oben nach unten zunehmenden Verschleiß sei und ein solches\nbelastungskonformes Schadigungsbild bei dem Klager nicht vorlage. Bei diesem\nlage vielmehr in der Etage L4/5 ein schicksalhafter Verschleiß vor. Auch in\nder nicht belastend tatigen Bevolkerung unterliege gerade die Bandscheibe L4/5\neiner bevorzugten Degeneration. Der Gesetzgeber habe aber mit Einfuhrung der\nBK 2108 nicht den auch sonst haufig in der Bevolkerung vorkommenden\nBandscheibenvorfall entschadigen wollen, sondern die berufsbedingte Zerruttung\nder Bandscheiben eines Wirbelsaulenabschnitts.\n\n20\n\n \n\nBezuglich einer BK 2109 lagen bei einem Ringer die klassischen Belastungen\ndurch stundenlanges Tragen unformiger Lasten auf der Schulter mit verstarkter\nSeitneige und Ruckneigung des Kopfes nicht vor. Die geforderten Kriterien zur\nAnerkennung einer solchen Berufskrankheit bezogen sich auf lang einwirkende\nBelastungen, durch die die Ernahrungssituation der Bandscheiben verschlechtert\nwerde. Eine massive Überstreckung und Überbeugung der Halswirbelsaule bei\nRingern durfte - wenn uberhaupt - allenfalls wenige Minuten bestanden haben.\nDiese kurze Zeitdauer reiche nicht aus, um eine nachhaltige Storung der\nErnahrungssituation der Bandscheiben zu bewerkstelligen. Hingegen sei von\nmassiven, plotzlichen, relativ kurz anhaltenden Gewalteinwirkungen auf\nBandscheibe, Bander und Wirbelgelenke auszugehen, die im Einzelnen fur sich\nkeine Schadigung herbeifuhren durften. Es handele sich daher allenfalls um\nplotzliche, immer wiederkehrende kleinste Traumata mit zunachst minimalen\nStrukturverletzungen, die sich spater ausweiteten.\n\n21\n\n \n\nDie bei dem Klager bestehende bandscheibenbedingte Erkrankung der HWS und LWS\nstellten somit keine BK 2108 oder 2109 dar. Erkenntnisse, dass bei\nProfiringern eine wesentliche Inzidenz fur degenerative HWS-Erkrankungen\nvorlagen, seien ihm nicht bekannt und ließen sich bei einer Internet-Recherche\nim Rahmen des Gutachtens nicht in der Literatur finden. Die geschilderten\nGrundlagenuntersuchungen stammten samtlich aus den 60er bis 80er Jahren und\nseien somit bei der Fassung der BK 2108 und 2109 bekannt gewesen.\n\n22\n\n \n\nDas Sozialgericht Itzehoe hat mit Urteil vom 21. Juni 2004 die Klage\nabgewiesen. Zur Begrundung hat es unter anderem ausgefuhrt:\n\n23\n\n \n\n"Die Voraussetzungen fur die Anerkennung und Entschadigung einer BK 2109\nliegen nicht vor. Diese Listenerkrankung umfasst bandscheibenbedingte\nErkrankungen der Halswirbelsaule durch langjahriges Tragen schwerer Lasten auf\nder Schulter, die zur Unterlassung aller Tatigkeiten gezwungen haben, die fur\ndie Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit\nursachlich waren oder sein konnen. Hierfur ist ein fortgesetztes Tragen\nschwerer Lasten auf der Schulter einhergehend mit einer statischen Belastung\nder zervikalen Bewegungssegmente und außergewohnlicher Zwangshaltung der\nHalswirbelsaule zu fordern. Einer derartigen Belastung war der Klager wahrend\nseiner Tatigkeit als Berufsringer nicht ausgesetzt. Zwar wirken beim Ringen\nund Catchen durch die massive Überstreckung oder auch Überbeugung des Kopfes\nSchadigungsmechanismen auf die Halswirbelsaule ein. Hierbei handelt es sich\njedoch nicht um Schadigungsmechanismen auf die Bandscheiben im Sinne der BK\n2109. Eine Überstreckung oder Überbeugung der Halswirbelsaule beim Ringen -\nwenn sie uberhaupt taglich stattgefunden hat - durfte allenfalls wenige\nMinuten bestanden haben. Diese kurze Zeitdauer reicht jedoch nicht aus, um\neine nachhaltige Storung der Ernahrungssituation der Bandscheibe zu\nbewerkstelligen. Der Verordnungsgeber wollte mit der BK 2108 Dauerbelastungen\nentschadigen, durch die durch langanhaltende hohe Druckbelastung die\nDiffusionswege innerhalb der Bandscheiben gestort werden und die eine\nvorzeitige Austrocknung des Bandscheibengewebes bedingen. Demgegenuber ist\nbeim Klager aufgrund der Schadigungsmechanismen bei seiner Tatigkeit als\nRinger von plotzlichen, relativ kurz anhaltenden Gewalteinwirkungen auf die\nBandscheiben, Bander und Wirbelgelenke auszugehen, die dann zu immer\nwiederkehrenden kleinsten Traumata mit zunachst minimalen Strukturverletzungen\nauszugehen, die sich spater ausweiteten. Diese Mikrotraumatisierungen von\nbradytrophem Gewebe durch sportliche Belastungen ist seit langem bekannt, wird\njedoch von der BK 2109 nicht erfasst.\n\n24\n\n \n\nAus diesem Grunde scheidet auch die Anerkennung der Halswirbelsaulenerkrankung\ndes Klagers wie eine BK 2109 aus. Die Anerkennung einer Erkrankung nach § 551\nAbs. 2 RVO erfordert zudem grundsatzlich die Feststellung einer\ngruppenspezifischen Risikoerhohung. Diese Risikoerhohung ist bei der\nÜberstreckung und Überbeugung der Halswirbelsaule bei Berufsringern\nhinsichtlich der Bandscheibe nicht gegeben. Vielmehr kommt es zu den\ngeschilderten Mikrotraumatisierungen im Bereich des Bandapparates und der\nWirbelgelenke. Damit sind jedoch Strukturen erfasst, die nicht von der BK 2109\nerfasst werden. Auch im Falle des Klagers ist die Bandscheibenhohe im Segment\nC3/C4 und C4/C5 relativ gut erhalten und erklart nicht den massiven Verschleiß\nder Wirbelgelenke in diesen Etagen.\n\n25\n\n \n\nDie Beklagte hat auch zu Recht die Anerkennung einer BK 2108 abgelehnt. Dabei\nkann die Kammer dahingestellt sein lassen, ob der Klager uberhaupt nach dem\nStichtag am 31. Marz 1988 noch eine wirbelsaulenbelastende Tatigkeit ausgeubt\nhat bzw. ob die Aufgabe der Tatigkeit als Berufsringer aufgrund des\nBandscheibenschadens im Bereich der Lendenwirbelsaule zu diesem Zeitpunkt\ngeboten war. Beim Klager liegt im Bereich der Lendenwirbelsaule kein\nbelastungskonformes Schadensbild mit einem von oben nach unten zunehmenden\nVerschleiß vor. 1988 zeigte lediglich die Bandscheibe L4/L5 einen\nnennenswerten Verschleiß. Es gibt keinen plausiblen Grund dafur, warum\nlediglich ein Bewegungssegment im Lendenwirbelsaulenbereich durch berufliche\nBelastungen geschadigt werden sollte, wahrend samtliche anderen Bandscheiben\ngegen die Belastung resistent zu sein scheinen. Ein generalisiert\nanlagebedingt minderwertiger Knorpel ist beim Klager auszuschließen. Ansonsten\nware zu erwarten, dass auch die anderen Lendenwirbelsaulen-Bandscheiben einen\nhohergradigen Verschleiß aufweisen wurden, zusatzlich auch im Brustwirbel- und\nHalswirbelsaulenbereich. Im Falle des Klagers ist daher eher von einem\nschicksalhaften Verschleiß der Bandscheibe L4/L5 auszugehen. Auch in der\nnichtbelastend tatigen Bevolkerung unterliegt gerade diese Bandscheibe neben\nder Bandscheibe L5/S1 einer bevorzugten Degeneration."\n\n26\n\n \n\nGegen das am 12. Juli 2004 dem Prozessbevollmachtigten des Klagers zugestellte\nUrteil hat der Klager am 6. August 2004 Berufung eingelegt. Zur Begrundung\nfuhrt er aus, dass die Erkrankungen der Halswirbelsaule und der\nLendenwirbelsaule als Berufskrankheiten anzuerkennen seien, denn diese seien\nberufsbedingt entstanden, da sie bei vielen Ringern festzustellen seien\n(Beweis: diverse Zeugen - Bl. 118 GA -).\n\n27\n\n \n\nDer Klager beantragt sinngemaß, unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts\nItzehoe vom 21. Juni 2004 den Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 1997 in der\nFassung des Widerspruchsbescheides vom 30. August 2001 aufzuheben und die\nBeklagte zu verpflichten, seine Hals- und Lendenwirbelsaulenerkrankung als\nbzw. wie eine Berufskrankheit im Sinne der Nummern 2108 bzw. 2109 der Anlage 1\nzur Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen und ihn nach Maßgabe des Gesetzes\nzu entschadigen.\n\n28\n\n \n\nDie Beklagte beantragt,\n\n29\n\n \n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n30\n\n \n\nSie verweist auf das erstinstanzliche Urteil.\n\n31\n\n \n\nHinsichtlich des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Beiakten\nsowie auf die Gerichtsakten im Verfahren S 9 U 101/98 und S 1 U 100/98 bzw. L\n8 U 3/01 Bezug genommen. Diese sind zum Gegenstand der mundlichen Verhandlung\ngemacht worden.\n\n#### Entscheidungsgrunde\n\n32\n\n \n\nDie Berufung ist zulassig, aber nicht begrundet.\n\n33\n\n \n\nDas Sozialgericht hat zutreffend die Anerkennung einer Berufskrankheit\nzugunsten des Klagers abgelehnt.\n\n34\n\n \n\nDie beim Klager festgestellten Gesundheitsstorungen im Bereich der Wirbelsaule\nsind keine entschadigungspflichtigen Berufskrankheiten und auch nicht wie\nBerufskrankheiten zu entschadigen.\n\n35\n\n \n\nEine berufsbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsaule oder der Halswirbelsaule\nkann erst aufgrund der in der 2. Änderungsverordnung vom 18. Dezember 1992\n(BGBl. I 2343) eingefugten Nummern 2108 und 2109 der Anlage 1 zur\nBerufskrankheitenverordnung (BKV) als BK im Sinne des § 551 Abs. 1\nReichsversicherungsordnung (RVO) anerkannt werden. In die vorausgegangene\nAnlage 1 zur BKV in der Fassung der 1. Änderungs-VO vom 22. Marz 1988 (BGBl. I\n400) waren diese Krankheiten nicht aufgenommen. Fur neu in die Anlage 1 zur\nBKV aufgenommene Krankheiten bestimmt Art. 2 Abs. 2 Satz 1 der 2. Änderungs-VO\nausdrucklich, dass nur dann eine BK auf Antrag anzuerkennen ist, wenn der\nVersicherungsfall nach dem 31. Marz 1988 eingetreten ist. Diese\nStichtagsregelung ist zulassig und auch verfassungsrechtlich nicht zu\nbeanstanden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Januar 1995 - 2 RO 14/94\n-, HVBG-Info 16/1995 S. 1331). Nach § 551 Abs. 1 RVO, der gemaß § 212\nSozialgesetzbuch, Siebentes Buch (SGB VII) fur Versicherungsfalle vor In-\nKraft-Treten des SGB VII am 1. Januar 1997 weiter gilt, sind Berufskrankheiten\ndie Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit\nZustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der\nin den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tatigkeiten erleidet. Die\nBundesregierung wird ermachtigt, in der Verordnung solche Krankheiten zu\nbezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch\nbesondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch\nihre Arbeit in erheblich hoherem Grade als die ubrige Bevolkerung ausgesetzt\nsind. Sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann\nBerufskrankheiten sind, wenn sie durch die Arbeit in bestimmten Unternehmen\nverursacht worden sind.\n\n36\n\n \n\nNach Anlage 1 zur BKV Nr. 2108 konnen als Berufskrankheiten anerkannt werden:\nbandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsaule durch langjahriges\nHeben und Tragen schwerer Lasten oder durch langjahrige Tatigkeiten in\nextremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tatigkeiten gezwungen\nhaben, die fur die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der\nKrankheit ursachlich waren oder sein konnen.\n\n37\n\n \n\nNach Nr. 2109 konnen als Berufskrankheiten anerkannt werden:\nbandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsaule durch langjahriges\nTragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller\nTatigkeiten gezwungen haben, die fur die Entstehung, die Verschlimmerung oder\ndas Wiederaufleben der Krankheit ursachlich waren oder sein konnen.\n\n38\n\n \n\nDie vom Klager geltend gemachten Voraussetzungen der Anerkennung einer\nBerufskrankheit waren aber bereits vor dem 1. April 1988 erfullt. Der Klager\nhatte wegen erheblicher Erkrankungen seine Karriere als Proficatcher im Jahre\n1987 beendet. Das hat er sowohl bei Antragstellung und ebenfalls im Gesprach\nam 26. Juli 1996 ausgefuhrt. Das geht auch aus der Dokumentation seiner\nCatcherkarriere von G. S. hervor. Das hat der Klager nochmals dokumentiert,\nals er mitteilte, dass der bis 1990 verlangerte Vertrag nicht erfullt werden\nkonnte, da er 1987 seine Karriere beendet habe. Da somit das Unterlassen aller\nTatigkeiten, die fur die Entstehung, die Verschlimmerung oder das\nWiederaufleben der Krankheit ursachlich waren oder sein konnen, vor dem\nStichtag eingetreten ist, kann eine Berufskrankheit nicht mehr anerkannt\nwerden. Insoweit ist auch unerheblich, ob der Klager seine Berufskarriere\nwegen der Hufterkrankung beendet hat - wofur einiges spricht, da er alsbald an\nder Hufte operiert wurde - oder ob hierfur die Wirbelsaulenerkrankungen\nmaßgeblich waren. Selbst unterstellt, Letztere hatten das Ende der Karriere\nbewirkt, bleibt es weiterhin dabei, dass eine Berufskrankheit wegen der\nStichtagsregelung nicht in Betracht kommt. Zwar hat der Klager nach diesem\nZeitpunkt noch auf dem Fruhjahrs- und Herbst-Dom in H. gearbeitet bzw. nach\nseinen Angaben inoffiziell in Österreich. Bei der Wiederaufnahme der Tatigkeit\nist aber darauf abzustellen, ob die erneut aufgenommene Tatigkeit nach ihrer\nDauer geeignet war, die Krankheit nennenswert zu verschlimmern. Vorubergehende\nTatigkeiten, etwa Aushilfstatigkeiten, die fur das Schadensbild irrelevant\nsind, blieben damit außer Betracht (Brandenburg, Wirbelsaulenerkrankungen als\nBerufsbild, BG 1993, S. 791 f.). Nach Auffassung des Senats haben die nach dem\nStichtag durchgefuhrten Kampfe das Krankheitsbild nicht nennenswert\nverschlimmert. Die Kampfe auf dem H. Dom dauerten jeweils langstens 3 Minuten\nund fanden auch nur an Wochenenden statt. Im Übrigen ist davon auszugehen,\ndass der Klager aufgrund seiner Erfahrung den gegen ihn angetretenen Gegnern\nweitaus uberlegen war, so dass es ihm moglich gewesen sein wird, Verletzungen\nbzw. wesentliche Einwirkungen auf seine Wirbelsaule zu vermeiden. Hinsichtlich\nder angegebenen Kampfe in Österreich ist nicht dargelegt, dass diese sich\nwesentlich auf die Wirbelsaule des Klagers ausgewirkt hatten. Auch durfte es\nsich insoweit lediglich um vorubergehende Tatigkeiten handeln.\n\n39\n\n \n\nDas kann aber letztlich dahinstehen, denn auch unabhangig von der\nStichtagsregelung kommt eine Anerkennung als Berufskrankheit nicht in\nBetracht. Die Voraussetzungen der Nummern 2108 und 2109 der Anlage 1 zur BKV\nsind nicht gegeben, wie das Sozialgericht in seinem Urteil vom 21. Juni 2004\nzutreffend ausgefuhrt hat, auf das insoweit entsprechend § 153 Abs. 2\nSozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen wird.\n\n40\n\n \n\nDie Wirbelsaulenerkrankungen des Klagers konnen auch nicht nach § 551 Abs. 2\nRVO Berucksichtigung finden. Nach dieser Vorschrift sollen die Trager der\nUnfallversicherung im Einzelfall eine Krankheit, auch wenn sie nicht in der\nRechtsverordnung bezeichnet ist oder die dort bestimmten Voraussetzungen nicht\nvorliegen, wie eine Berufskrankheit entschadigen, sofern nach neuen\nErkenntnissen die ubrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfullt sind. § 551\nAbs. 2 RVO ist aber keine Auffangnorm zur Entschadigung von Berufskrankheiten,\ndie nach neuem Recht mangels weitergehender Ruckwirkung nicht entschadigt\nwerden konnen (Eilebrecht, Die Ruckwirkungsklausel der 2. Verordnung zur\nÄnderung der Berufskrankheitenverordnung, BG 1993, S. 187, 189). Wegen der\nStichtagsregelung kommt hier ebenfalls keine Anerkennung wie eine\nBerufskrankheit in Betracht.\n\n41\n\n \n\nAber selbst bei Außerachtlassen der Stichtagsregelung ware hier die\nAnerkennung wie eine Berufskrankheit nicht moglich. § 551 Abs. 2 RVO soll\nHarten fur den Einzelnen beseitigen helfen, die dadurch entstehen, dass die\nVoraussetzungen fur das Anerkennen einer Krankheit als Berufskrankheit\nvorliegen, aber der Verordnungsgeber, der die Verordnung in Abstanden von\njeweils mehreren Jahren erganzt, diese nicht unmittelbar nach der Erkenntnis\nangepasst hat. Eine Krankheit kann daher wie eine Berufskrankheit anerkannt\nwerden, wenn nach neuen medizinischen Erkenntnissen die Krankheit durch\nbesondere Einwirkungen verursacht wird, denen bestimmte Personengruppen durch\ndie Arbeit in erheblich hoherem Grade als die ubrige Bevolkerung ausgesetzt\nsind (Schonberger u. a., Arbeitsunfall und Berufskrankheit, S. 92 f. - auch\nzum Folgenden -). Dabei sind besondere Einwirkungen solche, die uber die in\nder Arbeitswelt allgemein ublichen Belastungen qualitativ oder quantitativ\nhinausgehen. Diese Einwirkungen mussen auch nach den Erkenntnissen der\nmedizinischen Wissenschaft geeignet sein, Krankheiten solcher Art zu\nverursachen. Maßgebend ist die herrschende Auffassung der Fachwissenschaftler.\nVereinzelte Meinungen auch von Sachverstandigen reichen nicht aus. Die\nErkenntnisse sind als neu anzusehen, wenn sie erst nach der letzten Änderung\nder Berufskrankheitenliste gewonnen oder jedenfalls bekannt geworden sind oder\nsich erst nach der letzten Änderung der Berufskrankheitenlisten zur\nAllgemeingultigkeit verdichtet haben oder zwar objektiv alt sind, dem\nVerordnungsgeber aber nicht bekannt waren und daher von ihm nicht\nberucksichtigt werden konnten, oder dem Verordnungsgeber zwar bekannt, aber\ndennoch nicht gepruft oder gewurdigt worden sind. Zwar durften die\nEinwirkungen bei den Kampfen von Catchern weit uber die allgemein ublichen\nBelastungen in der Arbeitswelt hinausgehen, wie unter anderem in der\narbeitsmedizinischen Stellungnahme von Dr. S. vom 1. November 1996 dargestellt\nist. Es ist aber nichts dafur nachgewiesen, dass nach den Erkenntnissen der\nmedizinischen Wissenschaft die Einwirkungen geeignet sind, die bei dem Klager\nvorliegenden Krankheiten hervorzurufen. M.-C. stellt in seinem Gutachten vom\n27. Mai 1997 und insbesondere in der gutachterlichen Stellungnahme vom 22.\nSeptember 2000 ausfuhrlich dar, dass es dahingehende feststehende Erkenntnisse\nin der Wissenschaft gerade nicht gibt. Das wird auch von Dr. N. in seinem\nGutachten vom 2. Dezember 2003 gestutzt, der uberdies neben den\nwissenschaftlichen Veroffentlichungen auch uber das Internet keine derartige\nAussage gefunden hat. Zwar hat Dr. R. in seinem Gutachten vom 19. Januar 2000\nanhand der Literatur naher ausgefuhrt, dass Berufsringer erheblichen\nVerletzungsgefahren ausgesetzt seien. Wie von M.-C. in seiner gutachterlichen\nStellungnahme vom 22. September 2000 ausgefuhrt wird, ist eine vermehrte\nVerletzungshaufigkeit nicht aussagekraftig fur eine vermehrte\nbandscheibenbedingte Erkrankung bei Ringern. Es gibt somit gerade keine\nwissenschaftlichen Erkenntnisse fur eine berufsbedingte Erkrankung bei\nRingern. Daher war auch dem Beweisangebot des Klagers, andere Ringer als\nZeugen hierzu zu horen, nicht nachzugehen, denn deren Meinungen konnen die\nErkenntnisse der medizinischen Wissenschaft nicht ersetzen. Im Übrigen handelt\nes sich bei der uberwiegenden Anzahl der von Dr. R. und Herrn M.-C. sowie Dr.\nN. angefuhrten Literaturstellen um solche alterer Art, so dass die\nErkenntnisse nicht neu sind.\n\n42\n\n \n\nEine Kostenerstattung findet nach § 193 Abs. 4 SGG nicht statt bzw. ist nach §\n193 Abs. 1 SGG nicht geboten.\n\n43\n\n \n\nGrunde fur die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht\nersichtlich.\n\n \n\n |
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128,429 | olgsl-2005-08-05-6-wf-4105-uki | 939 | Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken | olgsl | Saarland | Oberlandesgericht | 6 WF 41/05 UKi | 2005-08-05 | 2019-01-07 09:32:26 | 2019-02-12 12:10:55 | Beschluss | ## Tenor\n\n1\\. Auf die Beschwerde der Prozessbevollmachtigten des Klagers wird unter\nZuruckweisung der weitergehenden Beschwerde der\nStreitwertfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in\nSaarbrucken vom 14. April 2005 in der Fassung des Beschlusses vom 8. Juni 2005\n- 39 F 93/04 Uki - teilweise dahingehend abgeandert, dass der Streitwert fur\ndie Prozess- und Verfahrensgebuhr auf 8.215,68 EUR und fur die ubrigen\nGebuhren auf 8.015,64 EUR festgesetzt wird.\n\n2\\. Das Verfahren uber die Beschwerde ist gebuhrenfrei. Die Kosten des\nBeschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.\n\n## Gründe\n\nI.\n\nAm 11. November 2003 schlossen die Parteien vor dem Amtsgericht -\nFamiliengericht - in Saarbrucken einen Vergleich - 39 F 262/03 -, worin der\nKlager sich verpflichtete, an die Beklagte monatlich Kindesunterhalt fur seine\nKinder L. und P. in Hohe von je 249 EUR und Trennungsunterhalt in Hohe von 507\nEUR, insgesamt also monatlich 1.005 EUR, zu zahlen. In dem vorliegenden\nVerfahren reichte der Klager am 29. Januar 2004 eine Klage ein, mit der er die\nAbanderung des Vergleichs dahingehend begehrte, dass er ab Januar 2004 nur\nnoch monatlich Kindesunterhalt in Hohe von je 159,05 EUR und\nTrennungsunterhalt in Hohe von 331,82 EUR zu zahlen hat. Gleichzeitig\nbeantragte der Klager die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.\n\nMit am 27. September 2004 eingereichtem Schriftsatz begehrte der Klager fur\ndie Zeit ab Mai 2004 die Abanderung des oben genannten Vergleichs dahingehend,\ndass monatlich Kindesunterhalt nur noch in Hohe von je 61,17 EUR und\nTrennungsunterhalt in Hohe von 127,62 EUR zu zahlen sind. Mit am 18. Oktober\n2004 eingereichtem Schriftsatz anderte der Klager die Klage fur die Zeit von\nJanuar 2004 bis April 2004 insofern, als er nunmehr eine Herabsetzung des\nmonatlichen Kindesunterhalts auf nur noch je 171,29 EUR und des\nTrennungsunterhalts auf 357,35 EUR begehrte.\n\nIm Termin vom 7. April 2005 beendeten die Parteien das Verfahren mit einem\nVergleich.\n\nMit Beschluss vom 14. April 2005 setzte das Familiengericht den Streitwert auf\n6.810,63 EUR fest. Hiergegen hat die Prozessbevollmachtigte des Klagers\nBeschwerde eingelegt, mit der sie die Festsetzung des Geschaftswertes auf\ninsgesamt 14.256 EUR begehrte. Mit Beschluss vom 8. Juni 2005, auf den Bezug\ngenommen wird, hat das Familiengericht der Beschwerde teilweise abgeholfen und\nden Streitwert auf 7.565,67 EUR festgesetzt. Die Beschwerdefuhrerin erhebt\ngegen die grundsatzliche Berechnungsweise in dem Abhilfebeschluss ausdrucklich\nkeine weiteren Einwande, ist aber der Auffassung, dass sich der Ruckstand fur\nJanuar 2004 auf 355,08 EUR belaufe und das Abanderungsinteresse fur Februar\nbis Mai 2004 mit 1.420,32 EUR zu bewerten sei.\n\nII.\n\nDie gemaß §§ 32 Abs. 2 RVG, 68 Abs. 1, 71 GKG zulassige Beschwerde der\nProzessbevollmachtigten des Klagers ist teilweise begrundet.\n\nDer Streitwert fur die Abanderungsklage ist vorliegend nach § 17 Abs. 1, 4 GKG\na. F. (§ 71 Abs. 1 Satz 1 GKG) zu bemessen. Danach ergibt sich fur Januar 2004\nein Ruckstand, weil die auf Abanderung auch fur diesen Monat gerichtete Klage\nnach der zum Monatsbeginn eingetretenen Falligkeit des titulierten Unterhalts\neingereicht worden ist. Im Übrigen ist der Jahresbetrag maßgebend, um den die\nAbanderung begehrt wird.\n\nDabei ist zu berucksichtigen, dass die Klage spater zweimal geandert wurde.\n\nZum einen ist insofern eine Erhohung erfolgt, als mit am 27. September 2004\neingegangenem Schriftsatz ab Mai 2004 die Herabsetzung des titulierten\nUnterhalts auf nur monatlich je 61,17 EUR bzw. 127,62 EUR, insgesamt also\n249,96 EUR, begehrt wurde. Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass uber die bis\ndahin zu berucksichtigenden Ruckstande hinaus weitere Ruckstande in die\nStreitwertbemessung gemaß § 17 Abs. 4 Satz 1 GKG a. F. einzubeziehen sind.\nZwar bezieht sich die Klageerhohung auf einen Zeitraum, der vor ihrer\nEinreichung liegt, unter Einreichung der Klage i. S. v. § 17 Abs. 4 Satz 1 GKG\na. F. ist jedoch nach der uberwiegenden, vom Senat geteilten Meinung das\nerstmalige Unterhaltsbegehren in einem Rechtsstreit zu verstehen, so dass es\nauf eine spatere Klageerweiterung insoweit nicht ankommt (Saarlandisches\nOberlandesgericht, JurBuro 1990, 98; OLGR Karlsruhe 2000, 116; Hartmann,\nKostengesetze, 35. Aufl., § 42 GKG, Rz. 79, jeweils m. w. N.; a. A. OLG Koln,\nFamRZ 2004, 1226). Demzufolge andert die spatere Klageerhohung weder an den in\nAnsatz zu bringenden Ruckstandsmonaten, noch an dem bereits durch die\nEinreichung der Klageschrift feststehenden Jahreszeitraum gemaß § 17 Abs. 1\nSatz 1 GKG a. F. etwas. Die Klageerweiterung wirkt sich daher nur insoweit\nstreitwerterhohend aus, als sie zu einer Erhohung des auf den Jahreszeitraum\n(hier: Februar 2004 bis Januar 2005) bezogenen Abanderungsbegehrens gefuhrt\nhat.\n\nZum andern wurde die Klage spater teilweise fur die Monate Januar bis April\n2004 insofern zuruckgenommen, als der Klager eine Reduzierung des titulierten\nUnterhalts statt auf monatlich 649,92 EUR (= 2 * 159,05 EUR + 331,82 EUR) nur\nnoch auf monatlich 699,93 EUR (= 2 * 171,29 EUR + 357,38 EUR) angestrebt hat.\n\nDies fuhrt fur die Prozess- und Verfahrensgebuhr, bei der die spatere\nteilweise Klagerucknahme außer Betracht bleibt, weil fur sie der hochste\ngeltend gemachte Betrag maßgebend ist, zu folgender Berechnung: \n \n--- \nJanuar 2004 (Ruckstand): | 355,08 EUR | (= 1.005 EUR - 649,92 EUR) \nFebruar bis April 2004: | 1.065,24 EUR | (= 3 x <1.005 EUR - 649,92 EUR >) \nMai 2004 bis Januar 2005: | 6.795,36 EUR | (= 9 x <1.005 EUR - 249,96 EUR >) \nGesamt: | 8.215,68 EUR | \n \nFur die Gebuhren im Übrigen ist die teilweise Klagerucknahme zu\nberucksichtigen, was zu folgender Berechnung fuhrt: \n \n--- \nJanuar 2004 (Ruckstand): | 305,07 EUR | (= 1.005 EUR - 699,93 EUR) \nFebruar bis April 2004: | 915,21 EUR | (= 3 x <1.005 EUR - 699,93 EUR >) \nMai 2004 bis Januar 2005: | 6.795,36 EUR | (= 9 x <1.005 EUR - 249,96 EUR >) \nGesamt: | 8.015,64 EUR | \n \nDer Kostenausspruch ergibt sich aus § 68 Abs. 3 GKG i. V. m. § 71 Abs. 1 Satz\n2 GKG.\n\n |
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128,797 | olgsl-2006-07-26-1-u-60405-209 | 939 | Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken | olgsl | Saarland | Oberlandesgericht | 1 U 604/05 - 209 | 2006-07-26 | 2019-01-07 09:35:28 | 2019-02-12 12:11:53 | Urteil | ## Tenor\n\n1\\. Die Berufung des Beklagten gegen das am 29 . September 2005 verkundete\nUrteil des Landgerichts in Saarbrucken - Az. 9 O 330 /04 - wird zuruckgewiesen\n.\n\n2\\. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Beklagten zur Last .\n\n3\\. Das Urteil ist vorlaufig vollstreckbar .\n\n4\\. Die Revision wird nicht zugelassen .\n\n5\\. Der Wert der Beschwer des Beklagten ubersteigt 20.000 EUR nicht.\n\n## Gründe\n\nA.\n\nDer Klager ist von Beruf Steuerberater. Er nimmt den Beklagten, einen fruheren\nMandanten, der einen Pizza- Imbiss betrieben hat, aus diversen Rechnungen auf\nZahlung von Resthonorar in Anspruch.\n\nDer Klager hat zur Rechtfertigung seiner im September 2004 eingereichten Klage\nvorgetragen, er habe dem Beklagten die von ihm erbrachten\nSteuerberatungstatigkeiten vereinbarungsgemaß in Rechnung gestellt. Die den\nGegenstand der Klage bildenden Rechnungen, die der Klager von Januar 2002 bis\nzur Mandatskundigung am 17.5.2004 erteilt hat (vgl. Aufstellung Bl. 2 d.A.),\nseien dem Beklagten jedenfalls im Verlauf des Prozesses samtlich ordnungsgemaß\nunterzeichnet ubermittelt worden. Die Honorarforderungen seien nicht verjahrt.\nZwar betrafen die Rechnungen die Jahresabschlusse 2000 und 2001 sowie\nBuchfuhrungsarbeiten fur das zweite Halbjahr 2001. Die honorarpflichtigen\nArbeiten habe der Klager aber fruhestens im Jahr 2002 zum Abschluss gebracht.\nAufrechenbare Schadensersatzanspruche stunden dem Beklagten nicht zu. Die\nMandatskundigung sei weder grundlos, noch sei sie zur Unzeit erfolgt. Der\nBeklagte habe erhebliche Zahlungsruckstande gehabt, die er trotz wiederholter\nAufforderungen und Zahlungszusagen nicht ausgeglichen habe.\n\nDer Klager hat (zuletzt) beantragt,\n\n> den Beklagten zu verurteilen, an ihn 8.490,25 EUR nebst Zinsen zu zahlen.\n\nDer Beklagte hat beantragt,\n\n> die Klage abzuweisen.\n\nDer Beklagte hat bezuglich der Honorarrechnungen Nr. X1, X2, X3, X4 und X5 die\nVerjahrungseinrede erhoben. Er hat weiter behauptet, die Rechnungen Nr. X6 und\nX7 entsprachen nicht den getroffenen Pauschalhonorarvereinbarungen. Die in der\nRechnung Nr. X7 abgerechnete Buchfuhrung fur 2002 sei nicht ordnungsgemaß\ngefertigt und ubergeben worden. Hilfsweise hat der Beklagte mit einem\nSchadensersatzanspruch in Hohe von 4.000 EUR aufgerechnet. Hierzu hat er\nvorgetragen, ihm seien erhebliche steuerliche Nachteile dadurch entstanden,\ndass der Klager das Mandat am 17.5.2004 uberraschend grundlos gekundigt und\ndie erforderlichen Steuererklarungen und Voranmeldungen fur die Jahre 2002 und\n2003 nicht zeitgerecht beim Finanzamt eingereicht habe. Der Beklagte habe\ndeshalb einen anderen Steuerberater beauftragen mussen, was Mehrkosten von\nmindestens 5.000 EUR verursacht habe.\n\nDurch das nunmehr angefochtene Urteil hat das Landgericht der Klage\ngroßtenteils stattgegeben und den Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen\nverurteilt, an den Klager 8.093,90 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Zur Begrundung\nseiner Entscheidung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgefuhrt, dem Klager\nstunden aufgrund der streitgegenstandlichen Rechnungen unverjahrte\nGebuhrenanspruche von insgesamt 12.260,45 EUR gegen den Beklagten zu. Hinzu\nkomme ein unstreitiger Saldo per 1.1.2002 in Hohe von 2.300,95 EUR. Bringe man\nvon den insgesamt 14.561,10 EUR die bisher geleisteten Zahlungen von 5.300 EUR\nsowie zwei unstreitige Gegenforderungen des Beklagten in Hohe von 605 EUR und\n562,50 EUR in Abzug, ergebe sich der zuerkannte Betrag. Lediglich der in der\nRechnung Nr. X1 abgerechnete Honoraranspruch sei verjahrt. Ein aufrechenbarer\nSchadensersatzanspruch in Hohe von 4.000 EUR sei vom Beklagten nicht schlussig\ndargelegt .\n\nGegen dieses Urteil, auf dessen tatsachliche Feststellungen gemaß § 540 Abs. 1\nNr. 1 ZPO Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung des Beklagten. Der\nBeklagte verfolgt mit seinem Rechtsmittel den Antrag auf Abweisung der Klage\ninsgesamt weiter. Er macht nunmehr geltend, die Rechnung Nr. X14 sei ihm nicht\nunterschrieben ubermittelt worden. Die Rechnungen Nr. X1, X2, X5, X8, X9, X10,\nX11, X12 und X13 seien nur mit einem unleserlichen Namenskurzel unterzeichnet\nund daher nach § 9 StBGebV ebenfalls nicht einforderbar. Nicht nur der\nGebuhrenanspruch aus der Rechnung Nr. X1, sondern auch die Honorarforderungen\ngemaß den Rechnungen Nr. X2, X3, X4 und X5 seien verjahrt. Auch wenn die\nJahresabschlusse 2000 und 2001 nicht im gleichen Jahr angefertigt wurden,\nwerde bestritten, dass dies erst im Fruhjahr 2002 geschehen sein soll. Selbst\nwenn man die Namenskurzel genugen lasse, sei die Mehrzahl der Rechnungen erst\nwahrend des Prozesses einforderbar geworden . Folge sei, dass die\nKlageerhebung nicht zu einer Hemmung der Verjahrung nach § 204 BGB gefuhrt\nhabe. Unverjahrt und gerechtfertigt seien nur die Forderungen aus den\nRechnungen Nr. X6 und X7 uber insgesamt 1.802,92 EUR. Diese Forderungen seien\naber wegen der bereits im ersten Rechtszug erklarten, vom Landgericht zu\nUnrecht als nicht durchgreifend angesehenen Hilfsaufrechnung mit einem\nSchadensersatzanspruch in Hohe von 4.000 EUR verjahrt. Das Landgericht habe\ndie zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung rechtsfehlerhaft als\nunsubstantiiert angesehen.\n\nDer Beklagte beantragt (Bl. 210, 245 d.A.),\n\n> das angefochtene Urteil dahin abzuandern, dass die Klage insgesamt\n> abgewiesen wird.\n\nDer Klager beantragt (Bl. 245 d.A.),\n\n> die Berufung zuruckzuweisen .\n\nEr tritt dem Berufungsvorbringen entgegen und verteidigt das angefochtene\nUrteil, insbesondere die Feststellungen des Landgerichts, wonach die\nberufungsgegenstandlichen Rechnungsforderungen nicht verjahrt sind. Der Klager\nist der Ansicht, die zweitinstanzlich neuen Einwendungen des Beklagten zu der\nangeblich fehlenden Unterschrift auf der Rechnung Nr. X14 und den\nNamenskurzeln unter den anderen Rechnungen, die den Anforderungen des § 9\nStBGebV nicht genugen sollen, seien unzutreffend und zudem prakludiert. Der\nBeklagte habe im ersten Rechtszug eingeraumt, im Besitz samtlicher\nunterschriebenen Originalrechnungen zu sein .\n\nWegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die in dieser\nInstanz gewechselten Schriftsatze nebst Anlagen Bezug genommen .\n\nB.\n\nDie Berufung des Beklagten ist statthaft, form - und fristgerecht eingelegt\nsowie ordnungsgemaß begrundet und damit gemaß den §§ 511, 513, 517, 519 und\n520 ZPO zulassig .\n\nDas Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache erfolglos. Die angefochtene\nEntscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO\nnoch rechtfertigen die Tatsachen, die der Senat nach den §§ 529, 531 ZPO\nseiner Beurteilung zugrunde zu legen hat, eine dem Beklagten vorteilhaftere\nEntscheidung ( § 513 ZPO).\n\nDas Landgericht hat zu Recht dahin entschieden, dass der Beklagte dem Klager\nin erkanntem Umfang Steuerberaterhonorar schuldet, dass die\nHonorarforderungen, soweit diese zur Berufung angefallen sind, nicht verjahrt\nsind und dass die vom Beklagten erklarte (Hilfs-) Aufrechnung nicht\ndurchgreift.\n\nWird ein Steuerberater im Rahmen eines Dauermandates mit der Wahrnehmung aller\nsteuerlichen Belange beauftragt, liegt nach der Rechtsprechung ein\nGeschaftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter vor (BGHZ 115, 382,386;\n54, 106), aus dem sich nach Maßgabe der §§ 675, 611, 612 BGB Gebuhrenanspruche\nfur den Steuerberater ergeben.\n\nI.\n\nSoweit das Landgericht die Honorarforderung aus der Rechnung Nr. X1 als\nverjahrt und Honoraranspruche aus den Rechnungen Nr. X6 und X7 vom 17.5.2004\nin Hohe von insgesamt 1.802,92 EUR als begrundet angesehen hat, sind die\nerstinstanzlichen Feststellungen fur den Senat bindend, da sie von keiner der\nParteien angegriffen werden.\n\nII.\n\nOhne Erfolg wendet der Beklagte ein, die Honoraranspruche aus den Rechnungen\nNr. X14, X8, X10, X11, X12 und X13 in Hohe von insgesamt 3.361,38 EUR seien\nmangels ordnungsgemaßer Unterschrift gemaß § 9 StBGebV nicht einforderbar.\n\nDas zweitinstanzlich neue Verteidigungsvorbringen vermag der Berufung schon\ndeshalb nicht zu einem Teilerfolg zu verhelfen, weil der Sachvortrag einem\ngerichtlichen Gestandnis des Beklagten im ersten Rechtszug (§ 288 ZPO)\nzuwiderlauft und der Beklagte nichts dazu vorgetragen hat, dass das im ersten\nRechtszug erklarte Gestandnis unbewusst irrtumsgetragen war (1). Im Übrigen\nist das neue Verteidigungsvorbringen streitig und daher nur unter den\nVoraussetzungen des § 531 Abs.2 ZPO zuzulassen. Diese Voraussetzungen liegen\nersichtlich nicht vor (2) . Schließlich ist der Einwand, die vom Beklagten auf\nden Rechnungen geleisteten Unterschriften seien formal mangelhaft, auch\nsachlich nicht gerechtfertigt (3) .\n\n1\\. Der Prozessbevollmachtigte des Beklagten hat in der mundlichen Verhandlung\nvor dem Landgericht vom 8.9.2005 erklart, der Beklagte habe mittlerweile\nsamtliche streitgegenstandlichen Erklarungen mit der Unterschrift des Klagers\nerhalten (Bl. 177 d.A.). Bei dieser Erklarung handelt es sich um ein\ngerichtliches Gestandnis i.S.v. § 288 ZPO.\n\nDass das Gestandnis unbewusst irrtumsgetragen war, lasst sich dem\nProzessvortrag des Beklagten nicht entnehmen. Da ein Widerruf nach § 290 ZPO\nnicht in Betracht kommt, ist das Gestandnis wirksam und der Beklagte ist\nhieran auch im zweiten Rechtszug gebunden .\n\n2\\. Außerdem handelt es sich um zweitinstanzlich neues\nVerteidigungsvorbringen. Das Landgericht hat in den Entscheidungsgrunden des\nangefochtenen Urteils festgestellt, dass „zwischen den Parteien nunmehr\nunstreitig ist, dass der Beklagte spatestens am 30.6.2005 samtliche\nstreitgegenstandlichen Rechnungen des Klagers mit dessen Unterschrift erhalten\nhat" (Bl. 184 x, 177 x d.A.). Der Tatbestand des angefochtenen Urteils, zu dem\nauch die in den Urteilsgrunden getroffenen tatsachlichen Feststellungen\ngehoren (BGH NJW 2000, 3007), liefert gemaß § 314 ZPO Beweis fur positiv\nfestgestelltes streitiges und unstreitiges mundliches Parteivorbringen im\nersten Rechtszug (BGH NJW 2001, 448, 449). Entkraftet werden konnte der Beweis\nnur durch das Sitzungsprotokoll, aus dem sich wie dargelegt im Gegenteil die\nRichtigkeit dieser Feststellung ergibt.\n\nDa die Unrichtigkeit des Tatbestands einschließlich der Wiedergabe von\nTatsachenvortrag in den Entscheidungsgrunden nur mit Hilfe eines Antrages nach\n§ 320 ZPO geltend gemacht werden kann und weil kein Berichtigungsantrag\ngestellt wurde, ist davon auszugehen, dass in der Vorinstanz unstreitig war,\ndass dem Beklagten alle klagegegenstandlichen Rechnungen mit Unterschrift\nvorlagen.\n\nDas Verteidigungsvorbringen im Berufungsbegrundungsschriftsatz und dem\nweiteren Schriftsatz vom 11.7.2006, wonach auf der Rechnung Nr. X14 die\nUnterschrift fehlen soll und sich auf den weiteren o.g. Rechnungen lediglich\nKurzel befinden, die den Anforderungen an eine ordnungsgemaße Unterschrift\ni.S.v. § 9 StBGebV nicht genugen, ist daher zweitinstanzlich neu. Als\nstreitiges Vorbringen ( Bl. 232 d.A.) unterliegt es dem Novenausschluss nach §\n531 Abs.2 ZPO. Der Sachvortrag konnte nur unter den in § 531 Abs.2 ZPO\ngeregelten Voraussetzungen zugelassen werden . Diese liegen nicht vor. Der\nBeklagte hatte die Einwendungen zu formalen Unterschriftsmangeln bei\nordnungsgemaßer Prozessfuhrung bereits im ersten Rechtszug geltend machen\nkonnen und mussen; und zwar spatestens in der mundlichen Verhandlung vom\n8.9.2005. Dafur, dass dies ohne Nachlassigkeit nicht geschehen ist ( § 531\nAbs.2 Nr.3 ZPO ), gibt es keinen Anhalt.\n\n3\\. Letztlich ware der Einwand, es handele sich lediglich um unleserliche\nNamenskurzel, die den Anforderungen an eine ordnungsgemaße Unterschrift nicht\ngenugen, auch sachlich nicht begrundet. Die hochstrichterliche Rechtsprechung\nhalt eine „gewisse Großzugigkeit" bei der Beurteilung von Unterschriften fur\nangebracht. Der Unterzeichner darf, insbesondere bei langer andauernden\nGeschaftsbeziehungen, darauf vertrauen, dass seiner zuvor niemals\nbeanstandeten Unterschrift die Anerkennung erst nach vorheriger Abmahnung\nversagt wird (BVerfG NJW 88, 2787; BGH NJW 99, 60). Dass der Beklagte\nvorprozessual jemals Beanstandungen wegen formaler Mangel der Unterschriften\nder ihm vom Klager erteilten Rechnungen erhoben hat, behauptet der Beklagte\nselbst nicht.\n\nIII.\n\nDie im Berufungsrechtszug hinsichtlich der Rechnungen Nr. X2, X3, X4 und X5 -\ndie Honorarforderung gemaß Rechnung Nr. X1 ist nicht zur Berufung angefallen -\nweiter verfolgte Verjahrungseinrede (Bl. 225 d.A.) greift nicht durch.\n\nRichtig ist, dass sich die Verjahrung von Steuerberaterhonoraranspruchen, die\nvor dem 1.1.2002 fallig wurden, gemaß Art 229 § 6 Abs.3 EGBGB nach altem Recht\nrichtet. Fur solche Honorarforderungen wurde die 2- Jahres - Frist des § 196\nAbs.1 Nr.15 BGB a.F. gelten. Die Verjahrung hatte mit dem Schluss des Jahres\nbegonnen, in dem der Gebuhrenanspruch entstanden ist (§§ 198, 201 BGB a.F.).\n\nFur nach dem 1.1.2002 fallig gewordene Forderungen wurde nach der\nÜberleitungsvorschrift neues Recht gelten. Diese Anspruche wurden gemaß § 195\nBGB n. F. in 3 Jahren verjahren .\n\nDer Berufung ist einzuraumen, dass es fur die Frage der Verjahrung der\nstreitgegenstandlichen Honorarforderungen nicht auf den Zeitpunkt der\nErteilung der Gebuhrenrechnungen, sondern darauf ankommt, wann die\nHonorarforderungen fallig wurden. Dies wiederum hangt nach § 7 StBGebV davon\nab, wann die entsprechende steuerliche Angelegenheit, deren Vergutung verlangt\nwird, beendet wurde (BGH NJW 1997, 517 mwNw.).\n\nIn der Regel ist jede Tatigkeit des Steuerberaters, fur die die StBGebV eine\nselbstandige Gebuhr aufweist, eine „Angelegenheit", deren Beendigung jeweils\ndie Verjahrungsfrist gesondert in Gang setzt. Solche „Angelegenheiten" sind\ninsbesondere die Buchfuhrung (§§ 33,34 StBGebV), die Jahresabschlusse (§ 35),\nSteuererklarungen (§ 24) sowie Ermittlungen gemaß §§ 25,27 StBGebV.\n\nIn Anwendung dieser Grundsatze waren die berufungsgegenstandlichen\nHonorarforderungen bei Klageerhebung nicht verjahrt, mit der weiteren Folge,\ndass die Verjahrung seitdem gemaß § 204 Abs.1 Nr.1 BGB gehemmt ist.\n\nDer Beklagte verkennt, dass es nicht entscheidungserheblich ist, welchen\nZeitraum die vom Klager abgerechneten steuerlichen Angelegenheiten,\nErklarungen und sonstigen Tatigkeiten betreffen. Maßgeblich ist, wann die\nentsprechenden Arbeiten vom Klager ausgefuhrt und beendet wurden.\n\n1\\. Gegenstand der Rechnung Nr. X2 vom 13.5.2002 (Bl. 6, 7 d.A.) ist der\nJahresabschluss und die Gewerbe- und Umsatzsteuererklarung fur das Jahr 2000.\nEs liegt auf der Hand, dass der Klager die entsprechenden Arbeiten nicht\nbereits im Jahr 2000, sondern erst zu einem spateren Zeitpunkt ausgefuhrt und\nzum Abschluss gebracht hat. Der Klager hat vorgetragen, er habe die Arbeiten\nerst im Jahr 2002 beenden konnen, weil erforderliche Unterlagen gefehlt hatten\n.\n\nAufgabe des Beklagten, der sich auf den Gesichtspunkt der Verjahrung beruft\nund der als Schuldner den Beginn und den Ablauf der Verjahrungsfrist\ndarzulegen und soweit streitig zu beweisen hat ( BGH WM 80, 534 ), ware es\ngewesen, dem Sachvortrag des Klagers entgegenzutreten und ihn zu widerlegen.\nDer Beklagte hat zwar pauschal bestritten, dass der Jahresabschluss sowie die\nGewerbe- und Umsatzsteuererklarung fur das Jahr 2000 erst im Fruhjahr 2002\nangefertigt wurden. Er hat aber weder in substantiierter Form Tatsachenvortrag\nunterbreitet, dass dies schon fruher der Fall war, noch hat er geeigneten\nBeweis hierfur angetreten.\n\nAusgehend vom unwiderlegten Sachvortrag des Klagers ist die\nrechnungsgegenstandliche Honorarforderung erst nach dem Stichtag 1.1.2002 zur\nEntstehung gelangt. Danach war bei Klageeinreichung bzw. -zustellung noch\nkeine Verjahrung eingetreten.\n\n2\\. Entsprechendes gilt fur die Rechnungen Nr. X3 und X4 vom 17.5.2004 ( Bl.\n16 bis 18 d.A.). Auch hier hat der Klager vorgetragen, dass er die\nEinkommensteuererklarung fur das Jahr 2000 und den Jahresabschluss sowie die\nweiteren Steuererklarungen fur das Jahr 2001 erst 2002 fertiggestellt hat. Der\nBeklagte hat dies zwar mit Schriftsatz vom 11.7.2006 bestritten. Er hat aber\nseinerseits keinen geeigneten Beweis dafur angetreten, dass seine eigene\nSachdarstellung richtig ist.\n\n3\\. Auch wegen der dem Beklagten am 28.6.2002 erteilten Rechnung Nr. X5 ( Bl.\n8 d.A.), die Buchfuhrungs- und Kontierarbeiten nebst Hilfstatigkeiten fur den\nZeitraum 07. - 12/2001 zum Gegenstand hat, hat sich der Klager darauf berufen,\ndass er die entsprechenden Arbeiten erst im Jahr 2002 ausgefuhrt und zum\nAbschluss gebracht hat, ohne dass der Beklagte Beweis dafur angetreten hat,\ndass dies bereits im Jahr 2001 der Fall war.\n\n4\\. Der Hemmung der Verjahrung durch Rechtsverfolgung gemaß § 204 Abs.1 Nr.1\nBGB steht nicht entgegen, dass der Beklagte geltend macht, ihm sei ein Teil\nder streitgegenstandlichen Honorarrechnungen erst wahrend des Prozesses\nunterschrieben zugestellt worden. Nach allgemeiner Auffassung in\nRechtsprechung und Schrifttum hemmen auch unzulassige, unsubstantiierte oder\nunschlussige Klagen die Verjahrung (BGH NJW- RR 96, 1409; NJW 83, 2813 ;\nPalandt-Heinrichs, BGB, 63. Aufl. Rn. 5 zu § 204). Es ist unschadlich, wenn\nnoch nicht alle Anspruchsvoraussetzungen vorliegen (BGH NJW 03, 784). Der\nBundesgerichtshof hat entschieden, dass bei einer\nRechtsanwaltsgebuhrenforderung das Fehlen einer Rechnung gemaß § 18 BRAGO der\nHemmung der Verjahrung im Falle der Klageeinreichung nicht entgegensteht,\nobwohl die Forderung erst durch Erteilung einer entsprechenden Honorarrechnung\neinforderbar wird (BGH NJW 98, 3486).\n\nÜbertragt man diese Grundsatze auf den Streitfall, stunden (moglicherweise)\nfehlende oder mangelhafte Rechnungsunterschriften gemaß § 9 StBGebV zwar der\nEinforderbarkeit des Honorars entgegen. Am Eintritt der Hemmung der Verjahrung\ndurch Rechtsverfolgung im Wege der Klageerhebung andert sich aber nichts.\n\nIV.\n\nRechtsfehlerfrei hat das Landgericht ferner festgestellt, dass die den\nGegenstand der Klage bildenden Honorarforderungen durch die vom Beklagten\nerklarte Hilfsaufrechnung nicht in Hohe eines Betrages von 4.000 EUR erloschen\nsind.\n\nDer Beklagte hat einen Schadensersatzanspruch wegen Pflichtverletzung nach §\n280 BGB - gemaß Art 229 § 5 S.2 EGBGB kommt neues Schuldrecht zur Anwendung -\nauch im zweiten Rechtszug in tatsachlicher Hinsicht nicht einsichtig\ndargelegt.\n\nEs fehlt bereits an einer Pflichtverletzung, weshalb Fragen der\nSchadenskausalitat und -hohe dahinstehen konnen.\n\n1\\. Dem Prozessvortrag des Beklagten lasst sich in tatsachlicher Hinsicht\nzunachst nicht entnehmen, welche der ihm ubertragenen steuerlichen oder\nbuchhalterischen Tatigkeiten der Klager inwiefern nicht ordnungsgemaß erledigt\nhaben soll und welche konkreten Fehlleistungen ihm unterlaufen sein sollen,\ndie der nachfolgende Steuerberater korrigieren musste.\n\n2\\. Die Behauptung des Beklagten, die Steuererklarungen fur die Jahre 2002 und\n2003 seien nicht zeitnah eingereicht worden, genugt nicht den Anforderungen an\ndie Darlegung einer Pflichtverletzung. Der Beklagte hatte aufzeigen mussen,\ndass der Klager diese Verzogerungen zu vertreten hat, weil die Ursachen\nhierfur in seinem Verantwortungsbereich lagen. Das versteht sich nicht von\nselbst. Die verspatete Einreichung von Steuererklarungen kann vielfaltige\nUrsachen haben, die keineswegs alle im Verantwortungsbereich des\nSteuerberaters liegen mussen.\n\nDer Klager verweist in dem Zusammenhang auf sein Kundigungsschreiben vom\n17.4.2004 (Bl. 20 x d.A.). Danach hat der Klager die Fertigstellung der\nJahresabschlusse fur 2002 und 2003 gemaß § 273 BGB zu Recht davon abhangig\ngemacht, dass der Beklagte zunachst erhebliche Gebuhrenruckstande aus bereits\nabgeschlossenen Steuerberatertatigkeiten ausgleicht.\n\n3\\. Von einer grundlosen, zur Unzeit erklarten Kundigung, kann nicht\nausgegangen werden. Wie sich aus der Kundigungserklarung ergibt, hat der\nKlager das Mandat wegen erheblicher Zahlungsruckstande und der Nichteinhaltung\ndiverser Zahlungszusagen nach wiederholten vergeblichen Abmahnungen gemaß §\n314 BGB zu Recht gekundigt.\n\nEs mag sein, dass der Beklagte sich in finanziellen Schwierigkeiten befunden\nhat und dass er im Marz 2004 an den Klager zwei Teilzahlungen in Hohe von 900\nEUR geleistet hat. Die gemessen an den erheblichen Außenstanden marginalen\nTeilzahlungen rechtfertigen nicht den Vorwurf, die knapp zwei Monate spater\nerklarte fristlose Mandatskundigung sei grundlos zur Unzeit erfolgt. Der\nKlager hat den Beklagten in dem Kundigungsschreiben eigens darauf hingewiesen,\ner moge zur Vermeidung eventueller Schaden umgehend einen anderen\nSteuerberater beauftragen; die Firmenunterlagen stunden in seinem Buro zur\nAbholung bereit (Bl. 21 d.A.).\n\nDa dem Beklagten mangels Pflichtverletzung kein aufrechenbarer\nSchadensersatzanspruch zusteht, geht die Hilfsaufrechnung ins Leere.\n\nDie Berufung war nach alldem mit der Kostenfolge aus § 97 Abs.1 ZPO und\nVollstreckbarkeitserklarung gemaß den §§ 708 Nr.10, 711, 713 ZPO\nzuruckzuweisen. § 713 ZPO ist anwendbar, weil die Voraussetzungen, unter denen\nein Rechtsmittel gegen das Berufungsurteil stattfindet, unzweifelhaft nicht\ngegeben sind.\n\nEine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da die in § 543 ZPO\ngenannten Voraussetzungen nicht vorliegen.\n\n |
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129,102 | olgsl-2007-08-07-4-u-8907-30 | 939 | Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken | olgsl | Saarland | Oberlandesgericht | 4 U 89/07 - 30 | 2007-08-07 | 2019-01-07 09:38:30 | 2019-02-12 12:12:40 | Urteil | ## Tenor\n\n1\\. Die Berufung der Klagerin gegen das am 09.01.2007 verkundete Urteil des\nLandgerichts Saarbrucken (11 O 121/06) wird zuruckgewiesen.\n\n2\\. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klagerin auferlegt.\n\n3\\. Das Urteil ist vorlaufig vollstreckbar _._\n\n4\\. Die Revision wird nicht zugelassen.\n\n5\\. Der Streitwert fur das Berufungsverfahren wird auf 10.876,16 Euro\nfestgesetzt.\n\n## Gründe\n\n**I.**\n\nDie Klagerin begehrt die Ruckzahlung von Honorar sowie Schadensersatz im\nZusammenhang mit Ermittlungstatigkeiten, die die Beklagte in einer\nwettbewerbsrechtlichen Angelegenheit fur die Klagerin durchgefuhrt hat.\n\nDie Klagerin beauftragte die Beklagte am 22.10.2004 mit der Observation ihres\nehemaligen Gesellschafters R. K., der ihrer Vermutung nach gegen ein\nnachvertragliches Wettbewerbsverbot verstieß, indem er Versicherungen,\nBausparvertrage und Investmentfonds im vertraglich geschutzten Gebiet der\nKlagerin vermittelte. Ziel des Auftrags war die Dokumentation solcher\nVerstoße. Nach dem schriftlichen Auftrag, auf den bezuglich der weiteren\nVereinbarungen zwischen den Parteien erganzend Bezug genommen wird (GA 7 ff.),\nsollte die Beklagte schnellstmoglich die Observationen an mehreren Tagen, auch\nan Wochenenden, mit zwei Sachbearbeitern durchfuhren. Nach den Allgemeinen\nGeschaftsbedingungen der Beklagten wurde ausdrucklich ein Dienstvertrag\ngeschlossen (GA 9). Nach Ziffer 3.0 des Vertrags sollte der Auftragsendbericht\ndem Auftraggeber erst nach vollstandiger Zahlung des Honorars vorgelegt\nwerden.\n\nDie Klagerin zahlte vereinbarungsgemaß am 28.10.2004 an die Beklagte einen\nVorschuss in Hohe von 1.000 Euro. Die Beklagte fuhrte im Zeitraum vom\n29.10.2004 bis 02.11.2004 Observationen nach telefonischer Absprache mit der\nKlagerin durch, die im Auftragsbericht vom 15.04.2005 (GA 16 ff.) naher\ndarlegt sind. Am 09.11.2004 forderte die Beklagte unter Hinweis auf die\nbereits durchgefuhrten Ermittlungen eine Zwischenzahlung in Hohe von 5.000\nEuro an (GA 10), die die Klagerin im Dezember 2004 erbrachte. Am 06.01.2005\nerstellte die Beklagte eine Honorarabrechnung uber 10.116,26 Euro brutto, aus\nder sich abzuglich der bereits gezahlten 6.000 Euro eine Restforderung von\n4.116,26 Euro ergab. Diese machte die Beklagte in einem Verfahren vor dem\nAmtsgericht Saarbrucken geltend (37 C 170/05). Die Parteien einigten sich\naußergerichtlich dahingehend, dass die hiesige Klagerin einen Betrag von\nweiteren 2.500 Euro sowie die Prozesskosten zahlt. Vereinbarungsgemaß zahlte\ndie Klagerin einen Betrag von insgesamt 3.744,58 Euro, woraufhin die Beklagte\nihr den Auftragsendbericht aushandigte. Eine vor dem Landgericht Chemnitz von\nder Klagerin gegen Herrn K. erhobene Klage wegen angeblicher\nWettbewerbsverstoße wurde abgewiesen (2 HK O 294/06).\n\nDie Klagerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe die ihr\nobliegenden Verpflichtungen nicht vertragsgemaß erfullt, und hat samtliche\nerbrachten Zahlungen zuruckverlangt, namlich das gezahlte Honorar in Hohe von\n8.500 Euro sowie die aufgrund des Vergleichs gezahlten Gerichtskosten und\nAnwaltskosten der Beklagten (1.244,58 Euro) nebst Kosten der eigenen\nRechtsverfolgung (1.131,58 Euro).\n\nNach Auffassung der Klagerin sei zwischen den Parteien ein Werkvertrag\nzustande gekommen, mit dem sich die Beklagte verpflichtet habe, Verstoße gegen\ndas Wettbewerbsverbot nachzuweisen und zu dokumentieren. Die Beklagte habe\nlediglich uber mehrere Tage Fahrzeuge beobachtet und deren Halter ermittelt,\nohne dass ein Zusammenhang mit dem Ermittlungsauftrag festgestellt werden\nkonne. Die Klagerin hat weiter behauptet, Herr K. habe am 27.10.2004,\n01.11.2004 und 05.11.2004 nachweisbar Vertrage unter Verstoß gegen das\nWettbewerbsverbot vermittelt, was die Beklagte im Rahmen ihrer\nErmittlungstatigkeit habe feststellen mussen.\n\nDie Klagerin hat beantragt,\n\n> > die Beklagte zu verurteilen, an die Klagerin 10.876,16 Euro nebst Zinsen\n> hieraus in Hohe von 5 Prozentpunkten uber dem Basiszinssatz seit dem\n> 24.12.2005 zu zahlen.\n\nDie Beklagte hat beantragt,\n\n> > die Klage abzuweisen.\n\nSie hat sich damit verteidigt, dass die Parteien keinen Werk-, sondern einen\nDienstvertrag geschlossen hatten, nach dem ein Erfolg nicht geschuldet sei.\nDie durchgefuhrten Ermittlungen seien an den von der Klagerin vorgegebenen\nEinsatztagen nach telefonischer Absprache erfolgt. Weitere\nErmittlungstatigkeiten habe sie nicht durchgefuhrt, weil die Klagerin die\nangeforderten Zahlungen nicht vereinbarungsgemaß erbracht und keine weiteren\nObservationen gewunscht habe. Der Abschlussbericht sei vertragsgemaß erst nach\nZahlung des vollstandigen Honorars fallig. Die klagerseits behaupteten\nVerstoße gegen das Wettbewerbsverbot seien, falls uberhaupt erfolgt,\nmoglicherweise telefonisch oder per Fax geschehen, so dass ihr eine\nFeststellung nicht moglich gewesen sei.\n\nDas Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 09.01.2007 (GA 72 ff.), auf\ndessen tatsachliche Feststellungen gemaß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug\ngenommen wird, abgewiesen und zur Begrundung im Wesentlichen ausgefuhrt, der\nKlagerin stehe kein Anspruch gem. §§ 611, 280 BGB zu, denn die Beklagte habe\nihre Pflichten aus dem am 22.10.2004 geschlossenen Vertrag nicht verletzt. Es\nhandele sich um einen Dienstvertrag, so dass die Beklagte keinen bestimmten\nErfolg geschuldet habe. Eine Pflichtverletzung der Beklagten habe die Klagerin\nnicht schlussig dargelegt, die auch nicht behauptet habe, dass die im\nAuftragsbericht vom 15.04.2005 aufgefuhrten Leistungen nicht oder nur\nunzulanglich wahrgenommen worden seien. Weitere Ermittlungen habe die Beklagte\nnicht durchfuhren konnen, da die Klagerin den Auftrag zum 03.11.2005 gekundigt\nhabe. Auch die zwischen den Parteien streitigen Wettbewerbsverstoße des Herrn\nK., gegen den die hierauf gestutzte Klage vor dem LG Chemnitz abgewiesen\nwurde, wurden eine Pflichtverletzung der Beklagten angesichts des kurzen\nObservationszeitraums und der beschrankten Ermittlungsmoglichkeiten nicht\nbelegen. Ein Ruckforderungsanspruch bestehe auch nicht nach §§ 812, 138 BGB,\ndenn die Honorarforderung der Beklagten sei angesichts der angefallenen\nPersonalkosten nicht in sittenwidriger Weise ubersetzt.\n\nMit ihrer Berufung verfolgt die Klagerin ihren abgewiesenen Klageanspruch\nweiter. Sie rugt, das Landgericht habe den Vertrag zu Unrecht als\nDienstvertrag qualifiziert; fur den Inhalt der Vertragsgesprache habe sie\nBeweis durch Vernehmung des Zeugen W. angeboten. Die Beklagte habe zudem mit\nSchreiben vom 29.12.2004 auf entsprechende Bitte bestatigt, den Auftrag - also\ndie Erbringung des Nachweises der vermuteten Wettbewerbsverstoße - korrekt\nausgefuhrt zu haben. Das Erstgericht habe versaumt, Beweis uber die von der\nKlagerin selbst ermittelten Wettbewerbsverstoße im Ermittlungszeitraum zu\nerheben, wodurch die Schlechterfullung seitens der Beklagten hatte\nnachgewiesen werden konnen, und sei statt dessen unter Verletzung seiner\nHinweispflicht davon ausgegangen, dass Pflichtverletzungen nicht schlussig\nvorgetragen worden seien. Das Landgericht habe zudem die Akte des beim\nLandgericht Chemnitz anhangigen Wettbewerbsverfahrens nicht beigezogen und\nverkannt, dass die Honorarforderung der Beklagten nach § 138 BGB ubersetzt\nsei. Die aufgrund des Vergleichs vor dem Amtsgericht Saarbrucken gezahlten\nBetrage stunden ihr im Weg des Schadensersatzes zu, nachdem die\nPflichtverletzungen der Beklagten erst nach Übersendung des Auftragsberichtes\nerkennbar geworden seien.\n\nDie Klagerin beantragt ,\n\n> > unter Abanderung des am 09.01.2007 verkundeten Urteils des Landgerichts\n> Saarbrucken die Beklagte zu verurteilen, an die Klagerin 10.876,16 Euro\n> nebst Zinsen hieraus seit dem 24.12.2005 in Hohe von 5 Prozentpunkten uber\n> dem Basiszinssatz zu zahlen.\n\nDie Beklagte beantragt ,\n\n> > die Berufung zuruckzuweisen.\n\nSie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.\n\nHinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrags im Einzelnen sowie des\nErgebnisses der erstinstanzlichen Beweisaufnahme wird auf die gewechselten\nSchriftsatze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll des Landgerichts\nvom 28.11.2006 (GA 62 f.) und die Sitzungsniederschrift des Senats vom\n17.07.2007 (GA 115 f.) verwiesen.\n\n**II.**\n\n**A.**\n\nDie zulassige Berufung der Klagerin ist nicht begrundet. Das Landgericht hat\ndie Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klagerin kann aufgrund des mit\nder Beklagten geschlossenen Vergleichs das von ihr gezahlte Honorar sowie die\nProzesskosten aus dem Verfahren vor dem Amtsgericht Saarbrucken nicht\nherausverlangen. Mit dem außergerichtlichen Vergleich verpflichtete sich die\nKlagerin zur Zahlung weiterer 2.500 Euro an die Beklagte sowie zur Übernahme\nder Prozesskosten. An diesen Vergleich ist die Klagerin gebunden, denn er ist\nweder nach § 779 I BGB (1) noch aus sonstigen Grunden (2) unwirksam:\n\n1\\. Ein Vergleich ist nach § 779 I BGB unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des\nVertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht\nentspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage\nnicht entstanden ware. Die Klagerin hat nicht nachgewiesen, dass der nach dem\nInhalt des Vergleichs als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der\nWirklichkeit nicht entsprochen hatte. Soweit die Klagerin bei\nVergleichsabschluss von einer ordnungsgemaßen Vertragserfullung durch die\nBeklagte ausgegangen sein sollte, hat sie Gegenteiliges weder bewiesen noch\nschlussig dargetan:\n\na. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag ist kein Werkvertrag i.S.d.\n§ 631 BGB, denn die Beklagte schuldete uber die Erbringung der\nErmittlungstatigkeiten hinaus zweifellos nicht die Herbeifuhrung eines\nvereinbarten gegenstandlich fassbaren Arbeitsergebnisses, mithin keinen Erfolg\nim Sinne eines nachgewiesenen Verstoßes der Zielperson gegen das\nWettbewerbsverbot. Die vom Landgericht vertretene Einordnung des zwischen den\nParteien geschlossenen Vertrags als Dienstvertrag entspricht der allgemeinen\nAuffassung in Rechtsprechung und Literatur (BGH NJW 1990, 2549, juris Rdn. 5;\nWM 1978, 723 [725]; OLG Munchen, OLGR 2000, 233, juris Rdn. 43; Erman/Hanau,\nBGB, 8. Aufl., § 611 Rdn. 40). Fur die Abgrenzung zwischen Dienst- und\nWerkvertrag ist der im Vertrag zum Ausdruck kommende Wille der Parteien\nmaßgebend. Es kommt darauf an, ob auf dieser Grundlage eine Dienstleistung als\nsolche oder als Arbeitsergebnis deren Erfolg geschuldet wird (BGH, NJW 2002,\n3323, juris Rdn. 14 m.w.N.). Sofern der Vertrag hierzu keine ausdruckliche\nRegelung enthalt, kann fur dessen Auslegung eine Vielzahl von Umstanden von\nBedeutung sein. Fur die Frage, ob der Auftragnehmer fur den Eintritt eines\nErfolgs einstehen will, kann auch von Bedeutung sein, mit welcher\nWahrscheinlichkeit nach der Vorstellung der Parteien mit dem Eintritt eines\nErfolgs gerechnet werden kann (BGH, a.a.O., juris Rdn. 16 f.). Die Einordnung\nals Dienstvertrag ergibt sich vorliegend bereits aus der Natur der Sache,\nwonach bei Vertragsschluss ein Verstoß gegen das nachvertragliche\nWettbewerbsverbot von der Klagerin lediglich vermutet wurde, nicht aber\nbereits feststand und somit durch die Beklagte nur noch zu Beweiszwecken hatte\ndokumentiert werden mussen. Folgte man der Auffassung der Klagerin, hatte die\nBeklagte sich zu einem Erfolg verpflichtet, dessen Eintritt ungewiss war und\nvon der Beklagten auch nicht beeinflusst werden konnte. Fur die Annahme eines\nDienstvertrags spricht neben der beiderseitigen Interessenlage im Übrigen die\nausdruckliche Bezeichnung des Vertrags als „Dienstvertrag" sowie der\nausdruckliche Hinweis in den wirksam einbezogenen Allgemeinen\nGeschaftsbedingungen der Beklagten (GA 9), dass es sich „bei dem bestehenden\nRechtsverhaltnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmerin … um ein\nDienstleistungsverhaltnis (handelt). Bei dem geschlossenen Vertrag handelt es\nsich um einen Dienstvertrag." Sofern in dem Vertrag einzelne werkvertragliche\nElemente, etwa die Erstellung eines Auftragsberichts, enthalten waren, treten\ndiese hinter dem dienstvertraglichen Charakter des Gesamtvertrags zuruck (vgl.\nhierzu BGH, a.a.O., juris Rdn. 5 m.w.N.; OLG Munchen, a.a.O., juris Rdn. 43).\n\nb. Die Klagerin kann sich zur Stutzung ihrer Rechtsauffassung auch nicht\ndarauf berufen, der Zeuge W. habe bei Unterzeichnung des Vertrags ausdrucklich\ndarauf hingewiesen, es sei Ziel des Auftrags gewesen, zu dokumentieren, dass\ndie Zielperson im Bereich der Vermittlung von Versicherungen, Bausparvertragen\nsowie Investmentfonds tatig sei. Abgesehen davon, dass der Vortrag\nhinsichtlich der naheren Umstande des Vertragsschlusses substanzlos ist, wird\ndarin deutlich, dass die Klagerin nicht ausreichend differenziert zwischen\nZiel des Auftrags und Inhalt der vertraglichen Verpflichtungen der Beklagten.\nEs ist außer Streit, dass die Ermittlung und Dokumentation von\nWettbewerbsverstoßen des Herrn K. das von der Klagerin verfolgte Ziel der\nBeauftragung war. Daraus kann die Klagerin jedoch nicht eine vertragliche\nVerpflichtung der Beklagten herleiten, den Wettbewerbsverstoß beweiskraftig zu\n„liefern", der zum Zeitpunkt ihrer Beauftragung ebenso offen war wie die\nFrage, ob die Beklagte einen Nachweis mit den ihr zur Verfugung stehenden\nMitteln erbringen konnte.\n\nc. Etwas anderes kann die Klagerin auch nicht daraus ableiten, dass die\nBeklagte mit Schreiben vom 29.12.2004 (GA 13) der Klagerin die korrekte\nAusfuhrung des Auftrags bestatigt hat. Zwar ging dem Schreiben eine Anfrage\nder Klagerin vom 27.12.2004 (GA 12) voraus, die um Erbringung des Nachweises\ngebeten hatte, dass Herr K. in mindestens einer der Branchen Vermittlung von\nVersicherungen, Bausparern oder Investmentfonds tatig sei. Das Schreiben der\nBeklagten, das gem. §§ 133, 157 BGB aus der Sicht eines objektiven Empfangers\nauszulegen ist, kann indes nicht dahingehend verstanden werden, dass die\nBeklagte damit entgegen der bis dahin getroffenen eindeutigen Vereinbarungen\nnunmehr den Nachweis erbringen wollte, dass die behaupteten\nWettbewerbsverstoße vorlagen. Vielmehr steht die Aussage der Beklagten, der\nAuftrag sei korrekt ausgefuhrt, im Zusammenhang mit dem Hinweis auf Ziffer 3\ndes Dienstvertrags, wonach ein Abschlussbericht erst nach vollstandiger\nHonorarzahlung vorgelegt werden musse, gleichwohl aber bereits jetzt die\nkorrekte Ausfuhrung des Auftrags bestatigt werden konne.\n\nd. Da die Beklagte aufgrund des Dienstvertrags den Nachweis eines\nWettbewerbsverstoßes nicht geschuldet hat, liegt allein im fehlenden Nachweis\nkeine zum Schadensersatz verpflichtende Pflichtverletzung. Gleiches gilt fur\ndie nach Auffassung der Klagerin bestehende Dokumentationspflicht, die\ndenknotwendig nur im Fall des Nachweises eines Wettbewerbsverstoßes bestehen\nkann.\n\ne. Die Klagerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie im\nObservationszeitraum vom 27.10.2004 bis 05.11.2004 insgesamt 4\nWettbewerbsverstoße selbst ermittelt habe, wodurch die mangelhafte\nVertragserfullung der Beklagten feststehe. Selbst wenn man mit dem Landgericht\nden Vortrag der Klagerin als richtig unterstellt, ist eine Schlechterfullung\ndes Dienstvertrags damit nicht erwiesen: Zwar sollte die Beklagte nach der\nVereinbarung der Parteien die Observation schnellstmoglich aufnehmen. Die\nAufnahme der Ermittlungen war jedoch gemaß Ziffer 2.9. sowie 3.2. von der\nZahlung eines Vorschusses in Hohe von 1.000 Euro abhangig, die nach\nunbestrittenem Vortrag der Beklagten erst am 28.10.2004 eingegangen ist. Der\nerste wettbewerbswidrige Vertragsabschluss am 27.10.2004 erfolgte somit zu\neinem Zeitpunkt, in dem die Leistungspflicht der Beklagten noch nicht fallig\nwar. Die beiden am 01.11.2004 erfolgten Vertragsabschlusse erfolgten nach dem\nVortrag der Klagerin zwar wahrend der Observation durch die Beklagte, die von\n7 bis 21 h andauerte. Die Klagerin hat jedoch nichts dazu vorgetragen, in\nwelcher Form die beiden Beteiligungen an der ALBIS Capital AG & Co. KG\nvereinbart worden sind. Es ist denkbar, dass der Vertragsschluss fernmundlich\nvorbereitet und dann schriftlich vollzogen worden ist, so dass die Beklagte\nkeine Moglichkeit hatte, diesen auf legalem Weg zu ermitteln. Soweit die\nKlagerin erstmals und beweislos mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom\n02.08.2007 darauf verweist, sie habe unter Beweisantritt vorgetragen, dass im\nObservationszeitraum im Buro der Zielperson Abschlusse mit Kunden getatigt\nworden seien, ist dies nicht zutreffend. Die Klagerin hat sowohl mit\nSchriftsatz vom 29.09.2006 (GA 47 ff.) als auch in der Berufungsbegrundung (GA\n98 ff.) lediglich behauptet, dass die Vermittlungen im Observationszeitraum\nstattgefunden hatten, zu keinem Zeitpunkt jedoch vorgetragen, dass dies im\nBuro der Zielperson geschehen sei. Eine Schlechterfullung des Vertrags ist\ndamit jedenfalls nicht dargelegt. Die am 05.11.2004 erfolgte\nVertragsvermittlung fand schließlich zu einem Zeitpunkt statt, in dem die\nKlagerin nach unwidersprochenem Sachvortrag der Beklagten weitere\nObservationen nicht mehr wunschte, so dass der Beklagten jedenfalls keine\nschuldhafte Vertragsverletzung zur Last gelegt werden kann.\n\nf. Eine vertragliche Pflichtverletzung der Beklagten ist auch nicht unter dem\nGesichtspunkt ersichtlich, dass diese die in der Honorarrechnung aufgefuhrten\nLeistungen nicht oder nur teilweise erbracht hatte. Die Klagerin selbst erhebt\n- anders als im Verfahren vor dem Amtsgericht Saarbrucken (vgl. BA 59 ff.) -\nkeine Einwande dagegen, dass der in Rechnung gestellte Aufwand so auch\nangefallen ist.\n\ng. Da zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die Klagerin nach dem\n02.11.2004 keine weiteren Ermittlungstatigkeiten mehr gewunscht hat, stellt es\nauch keine Pflichtverletzung dar, dass die Beklagte nach diesem Zeitpunkt\nkeine weiteren Tatigkeiten mehr aufgenommen hat.\n\nh. Damit ist eine Vertragsverletzung, die zur Unwirksamkeit des Vergleichs\nfuhren konnte, weder nachgewiesen noch schlussig dargetan.\n\n2\\. Der Vergleich ist auch nicht aus sonstigen Grunden unwirksam mit der\nFolge, dass die Klagerin an diesen nicht mehr gebunden ware:\n\na. Der Vergleich ist nicht nach §§ 142 I, 119 I, 123 BGB nichtig. Selbst wenn\nman in dem Schreiben der Prozessbevollmachtigten der Klagerin vom 25.1.2005\n(GA 21 f.) eine noch i.S.d. § 121 BGB unverzuglich erfolgte\nAnfechtungserklarung sehen wollte, fehlt es an einem Anfechtungsgrund. Eine\narglistige Tauschung der Beklagten hat die Klagerin selbst nicht behauptet.\nSoweit die Klagerin darauf verweist, die Beklagte habe ihr die „korrekte\nAusfuhrung des Auftrags" und damit ihrer Auffassung nach den Nachweis eines\nWettbewerbsverstoßes bestatigt, liegt darin auch kein zur Anfechtung\nberechtigender Irrtum i.S.d. § 119 I BGB, sondern allenfalls ein außerhalb der\nErklarung liegender, rechtlich unerheblicher Motivirrtum. Zudem hat die\nKlagerin weder vorgetragen noch ist ersichtlich, dass ein solcher Irrtum fur\nden Abschluss des Vergleichs ursachlich gewesen ware.\n\nb. Eine mogliche Fehlvorstellung der Klagerin uber eine Dokumentation von\nWettbewerbsverstoßen bei Abschluss des Vergleichs begrundet auch keine\nUnwirksamkeit aus dem Gesichtspunkt der Storung der Geschaftsgrundlage, § 313\nII BGB. Einseitige Erwartungen einer Partei, die fur ihre Willensbildung\nmaßgebend waren, gehoren nur dann zur Geschaftsgrundlage, wenn sie in den\ngemeinschaftlichen Geschaftswillen beider Parteien aufgenommen worden sind\n(BGH, NJW-RR 1989, 1143, juris Rdn. 26, Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 313 Rdn.\n4). Dafur bestehen nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag, der\nausdrucklich als Dienstvertrag bezeichnet ist, keine Anhaltspunkte, zumal die\nBeklagte gerade nicht die Auffassung der Klagerin geteilt hat, den Nachweis\neines Wettbewerbsverstoßes zu schulden.\n\nc. Die Parteien haben den Vergleich auch nicht unter dem Vorbehalt der\nÜbersendung der Dokumentation von Wettbewerbsverstoßen geschlossen. Hierfur\nware die Klagerin nach allgemeinen Grundsatzen darlegungs- und beweisbelastet;\nein solcher Vorbehalt ist weder ersichtlich noch vorgetragen.\n\nd. Der Vergleich ist auch nicht gem. §§ 134, 138 BGB unwirksam, weil er der\nBeklagten die Vorteile aus einem verbotenen oder sittenwidrigen Geschaft hatte\nsichern sollen (vgl. BGH, NJW-RR 1989, 1143, juris Rdn. 26; Palandt/Sprau,\na.a.O., § 779 Rdn. 22). Von einer Sittenwidrigkeit des vertraglich\nvereinbarten Honorars nach § 138 II BGB kann entgegen der Auffassung der\nBerufung nicht ausgegangen werden. Ein auffalliges Missverhaltnis zwischen\nLeistung und Gegenleistung im Sinn des Wuchertatbestandes liegt in der Regel\nnur dann vor, wenn die vom Schuldner zu erbringende Leistung um 100% oder mehr\nuber dem Marktpreis liegt (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 138 Rdn. 67\nm.w.N.). Die Beklagte hat jedoch unwidersprochen vorgetragen, dass die von ihr\ngeltend gemachten Honorarsatze im unteren Bereich der Preisspanne liegen, der\nfur Detektivleistungen ublicherweise in Ansatz gebracht wird.\n\n3\\. Damit steht der Klagerin auch kein Ruckzahlungsanspruch aus dem\nGesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereichung zu, § 812 I 1, 1. Alt. BGB\nbzw. § 812 I 2, 1. Alt. BGB denn Rechtsgrund fur die geleisteten Zahlungen\nbesteht nach wie vor in dem vorbehaltlos geschlossenen und wirksamen\nVergleich.\n\n**B.**\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO. Die Entscheidung uber die\nvorlaufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.\nDie Bemessung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 47 I, 48 I GKG.\n\n |
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131,189 | olgsl-2006-11-02-5-w-22006-64 | 939 | Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken | olgsl | Saarland | Oberlandesgericht | 5 W 220/06 - 64 | 2006-11-02 | 2019-01-07 10:00:53 | 2019-02-12 12:15:24 | Beschluss | ## Tenor\n\nDie sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des\nLandgerichts Saarbrucken vom 17.7.2006 wird zuruckgewiesen.\n\n## Gründe\n\n**I.**\n\nDie Antragstellerin begehrte mit einem bei der Antragsgegnerin am 30.1.2001\neingegangenen Antrag vom 1.12.2000 den Abschluss eines Risikolebens- und eines\nBerufsunfahigkeitszusatzversicherungsvertrages. In dem Antragsformular wies\ndie Antragsgegnerin die Antragstellerin darauf hin, dass jede bis zur Annahme\ndes Antrags noch eintretende oder bekannt werdende nicht unerhebliche\nVerschlechterung des Gesundheitszustands unverzuglich schriftlich anzuzeigen\nsei. Die Antragsgegnerin stellte am 29.3.2001 einen Versicherungsschein aus,\nder - nach Unterzeichnung einer Zusatzerklarung durch die Antragstellerin -\nmit dem 10.4.2001 wirksam wurde und der Antragstellerin fur den Fall ihrer\nBerufsunfahigkeit eine Rente in Hohe von 1.500 DM monatlich versprach. Als\nBeginn der Versicherung wurde der 1.12.2000 bezeichnet. Nach dem\nVersicherungsvertrag liegt Berufsunfahigkeit nicht vor, wenn „der Versicherte\neine konkrete Tatigkeit ausubt und ein Einkommen erzielt, welches seiner\nbisherigen Lebensstellung entspricht."\n\nDie Antragstellerin war seit 1.5.2000 Anwarterin fur das Lehramt an\nGrundschulen in Hessen. Ihr Ausbildungsplan sah vor, dass sie ab dem 1.8.2000\n6-8 Wochenstunden eigenverantwortlich Unterricht leitete und ab dem 1.2.2001\n16 Wochenstunden. Ab Marz/April 2001 setzten bei ihr - wie die Antragsgegnerin\nim Prozesskostenhilfeverfahren unstreitig gestellt hat - sich in der folgenden\nZeit mit der verstarkten selbststandigen Leitung des Unterrichts\nverschlimmernde Beschwerden - Magenkrampfe, Essstorungen, Panikattacken,\nSchlafstorungen, Weinkrampfe, Kopfschmerzen - in den Nachten und am Morgen vor\ndem Unterrichtsbeginn ein. Die Antragstellerin begab sich weder in arztliche\nBehandlung noch nahm sie Medikamente ein, gab aber die Ausbildung im Oktober\n2001 auf, weil sie sich außer Stande fuhlte, vor Schulklassen zu treten, wurde\nschwanger, gebar ein Kind und widmete sich dessen Erziehung, bis sie am\n1.11.2003 die Ausbildung wieder aufnahm, die sie jedoch am 26.2.2004 auf\narztliches Anraten - es lagen schwere psycho-vegetative Storungen mit Angst-\nund Panikattacken, die aus gesundheitlichen Grunden einen Berufswechsel\ndringend erforderlich erscheinen ließen, vor - endgultig aufgab. Am 10.12.2004\nbegann sie eine Ausbildung zur Hufpflegerin; wahrend der Ausbildung erhielt\nsie einen Existenzgrundungszuschuss von monatlich 600 EUR durch die\nArbeitsverwaltung, im ubrigen jedoch keine Vergutung; sie hat die Ausbildung\nam 5.11.2005 abgeschlossen und ubt den Beruf der Hufpflegerin bei einem\nEinkommen von 300 EUR netto monatlich und einem weiteren\nExistenzgrundungszuschuss von 360 EUR monatlich durch die Arbeitsverwaltung\nseither aus.\n\nDie Antragstellerin halt sich fur berufsunfahig seit Oktober 2001 und\nbeansprucht eine Rente ab Marz 2004. Die Antragsgegnerin ist von dem Vertrag\nwegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit zuruckgetreten und\nwendet sich dagegen, dass dauernde Berufsunfahigkeit vorliege; im ubrigen\nverweist sie die Antragstellerin auf die von ihr ausgeubte Tatigkeit als\nHufpflegerin. Den Antrag auf Gewahrung von Prozesskostenhilfe hat das\nLandgericht Saarbrucken durch Beschluss vom 24.8.2006 - 14 O 202/06 -\nzuruckgewiesen. Zur Begrundung hat es ausgefuhrt, die Antragsgegnerin sei\nwegen des von ihr erklarten Rucktritts vom Vertrag leistungsfrei. Dagegen\nwendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde.\n\n**II.**\n\nDie sofortige Beschwerde ist nicht begrundet. Die beabsichtigte\nRechtsverfolgung hat schon auf der Grundlage des Vortrags der Antragstellerin\nkeine Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).\n\n1\\. Allerdings hat das Landgericht zu Unrecht darauf abgestellt, die\nAntragsgegnerin sei infolge des von ihr erklarten Rucktritts vom\nVersicherungsvertrag (§ 16 Abs. 2 VVG) nicht verpflichtet, der Antragstellerin\neine Rente wegen Berufsunfahigkeit zu zahlen. Denn die Antragsgegnerin hat\nweder dargelegt noch unter geeigneten Beweis gestellt, dass die\nAntragstellerin ihre vorvertraglich bestehende Obliegenheit zur Anzeige\ngefahrerheblicher Umstande (§ 16 Abs. 1 VVG) verletzt hat.\n\nAllerdings bestand die vorvertragliche Obliegenheit zur Anzeige\ngefahrerheblicher Umstande bis zum wirksamen Abschluss des\nBerufsunfahigkeitszusatzversicherungsvertrages am 10.4.2001. Die\nAntragsgegnerin hatte die Obliegenheit fur den Zeitraum zwischen\nAntragstellung und wirksamer Policierung jedoch, der Rechtsprechung zur\nsogenannten Nachmeldeobliegenheit folgend, dahin modifiziert, dass ein\nRucktrittsrecht abweichend von §§ 16 Abs. 1, 3 VVG nur fur Falle der von der\nAntragsgegnerin zu beweisenden schuldhaften Verletzung der Obliegenheit und\nnur in den Fallen der unterlassenen Anzeige einer nicht unerheblichen\nVerschlechterung des gesundheitlichen Zustandes nach Antragstellung bestehen\nsollte. Anders als bei der bei Antragstellung bestehenden Obliegenheit, jede\nnicht nur belanglose und alsbald vergehende Erkrankung, Storung oder\nBeschwerde anzuzeigen, war die Antragstellerin daher nur gehalten, von ihr\nerkannte nachteilige Veranderungen ihres gesundheitlichen Zustands von Gewicht\nnachtraglich mitzuteilen (vgl. OLG Frankfurt, VersR 2003, 357 bejahend fur den\nFall einer Gehirnblutung; OLG Oldenburg NversZ 2001, 409, 411 verneinend fur\nden Fall von Kniebeschwerden; OLG Hamm VersR 1996, 441 verneinend fur\nBlutungen wahrend einer Schwangerschaft). Zugleich eroffnete die Modifizierung\nder Anzeigeobliegenheit der Antragstellerin einen Bewertungsspielraum, dessen\nÜberschreitung ihr, wie von der Antragsgegnerin darzulegen ware, bewusst\ngewesen sein musste.\n\nVon alledem kann nicht ausgegangen werden. Welche konkreten gesundheitlichen\nBeeintrachtigungen bei der Antragstellerin bis zum 10.4.2001 vorlagen, ist\nweiterhin nicht bekannt. Sie selbst raumt ein, ab „Marz/April" 2001 an sich\nverstarkenden Storungen ihres Wohlbefindens durch Magen- und Schlafbeschwerden\nsowie Angstzustande gelitten zu haben, ohne sich deshalb in arztliche\nBehandlung begeben oder eigenverantwortlich Arzneimittel zu sich genommen zu\nhaben. Selbst wenn diese gesundheitlichen Beeintrachtigungen, wie die\nAntragsgegnerin meint, schon im Januar 2001 begonnen haben sollten, ist damit\nnicht dargetan, dass die Antragstellerin ihnen vor dem 10.4.2001 nach Art und\nAusmaß ein solches Gewicht beigemessen haben musste, dass sich ihr die\nNotwendigkeit einer Nachmeldung aufgedrangt haben musste. Weder scheint der\nLeidensdruck der Antragstellerin derart groß gewesen zu sein, dass sie sich\nanderweitiger Hilfe bedurftig fuhlte und damit die Erheblichkeit ihrer\ngesundheitlichen Storung erkannt hatte, noch erscheint ihre Einlassung von\nvornherein unplausibel, die Entwicklung als eine Art Lampenfieber betrachtet\nzu haben, das ein verstandiger Versicherungsinteressent nicht von vornherein\nals erhebliche gesundheitliche Beeintrachtigung auslegen muss.\n\n2\\. Der Antragsgegnerin kann auch nicht darin gefolgt werden, dass der\nVersicherungsfall schon deshalb nicht eingetreten ist, weil die\nAntragstellerin als Hufpflegerin tatig ist.\n\nAllerdings liegt kein Versicherungsfall vor, wenn die versicherte Person zwar\ninfolge Krankheit, Korperverletzung oder Krafteverfall voraussichtlich dauernd\naußer Stande ist, ihren zuletzt tatsachlich ausgeubten Beruf fortzufuhren,\nwohl aber eine andere berufliche Tatigkeit wirklich ausubt und ein ihrer\nbisherigen Lebensstellung entsprechendes Einkommen erzielt. Mit dieser\nRegelung verzichtet die Antragsgegnerin zwar auf die nach ihren Allgemeinen\nVersicherungsbedingungen ansonsten mogliche „abstrakte" Verweisung stellt aber\nhinsichtlich der „konkreten" Verweisung nicht darauf ab, ob die von der\nversicherten Person tatsachlich ausgeubte berufliche Tatigkeit „auf Grund\nihrer Kenntnisse und Fahigkeiten" ausgeubt werden kann und als solche ihrer\n„bisherigen Lebensstellung" entspricht. An einem Versicherungsfall fehlt es\nvielmehr schon dann, wenn unabhangig von den fur den bisherigen Beruf\nerforderlichen Qualifikationen ein neuer tatsachlich ergriffen worden ist und\n- lediglich - das dort erzielte Einkommen mit dem fruheren vergleichbar ist.\nDaher kame es nicht darauf an, ob die Ausbildung einer Lehramtsanwarterin und\njene einer Hufpflegerin qualitativ - nach den von ihnen vorausgesetzten\nKenntnissen und Fahigkeiten und ihrem sozialen Status - vergleichbar sind,\nsondern nur darauf, ob das von der Antragstellerin als Lehramtsanwarterin\nbezogene Einkommen, das bislang nicht bekannt ist, jenem einer Hufpflegerin,\ngegebenenfalls unter Hinzurechnung der Leistungen der Arbeitsverwaltung, im\nWesentlichen entspricht.\n\nDie Klarung dieses Umstandes kann jedoch dahinstehen. Denn die Voraussetzungen\nder Verweisung mussen zum Zeitpunkt des behaupteten Versicherungsfalls gegeben\nsein (BGH, Urt. 30.11.1994 - IV ZR 300/93 -, VersR 1995, 159). Die Ausbildung\nzum Beruf einer Hufpflegerin hat die Antragstellerin jedoch erst aufgenommen,\nnachdem sie außer Stande geworden sein will, die Ausbildung als\nLehramtsanwarterin fortzusetzen, namlich nach ihrem Vorbringen im Oktober\n2001, jedenfalls aber ab Marz 2004. Die Antragsgegnerin konnte sich folglich\nvon einer etwa bestehenden Leistungspflicht wegen der neuen beruflichen\nOrientierung der Antragstellerin nur im Wege der Nachprufung losen. Deren\nVoraussetzungen sind schon in formeller Hinsicht nicht gegeben.\n\n3\\. Die Antragstellerin hat jedoch nicht hinreichend dargelegt und unter\nBeweis gestellt, dass sie uberhaupt infolge Krankheit voraussichtlich dauernd\naußer Stande gewesen ist, ihre Ausbildung als Lehramtsanwarterin fortzufuhren\nund abzuschließen.\n\nEin Versicherungsnehmer, der, wie die Antragstellerin, Berufsunfahigkeit wegen\npsychischer Befindlichkeitsstorungen behauptet, kann gehalten sein naher\ndarzulegen, welche gesundheitlichen Hindernisse ihn in welcher konkreten Weise\nbeeintrachtigen, Anforderungen eines Berufs zu erfullen (Senat, Urt. 8.3.2006\n- 5 U 269/05 -). Dazu kann im Einzelfall auch zahlen, dass er darlegt, aus\nwelchen Grunden es ihm nicht moglich gewesen ist, seine gesundheitlichen\nBeeintrachtigungen durch zugangliche und ohne weiteren zumutbare eigene\nAnstrengungen „in den Griff" zu bekommen, weil nur dann gepruft und\ngegebenenfalls Beweis erhoben werden kann, ob eine Storung von Krankheitswert\nvorgelegen hat, „infolge" derer die versicherte Person „außer Stande" gewesen\nist, in ihrem Beruf weiter tatig zu sein. Daran fehlt es vollig.\n\nDie Antragstellerin hat zwar vorgetragen - und von diesem Vortrag ist mangels\neines Bestreitens durch die Antragsgegnerin auszugehen - dass sie an\nSchlafstorungen, Magenbeschwerden und Angstzustanden jeweils in den Nachten\nund am Morgen vor Unterrichtsbeginn gelitten haben will. Ob das immer so\ngewesen ist und ob die Antragstellerin auch bei Unterrichtsbeginn nicht mehr\nin der Lage war, den Anforderungen ihres Ausbildungsplans in quantitativer\noder qualitativer Hinsicht gerecht zu werden, ist damit nicht gesagt. Dass sie\nsich nicht in arztliche Behandlung begeben und keine Medikamente genommen hat\num zu versuchen, ihre psychischen Probleme zu bewaltigen, spricht im Hinblick\nauf dienstrechtlichen Folgen des „Versagens" im Unterricht und ihre\nVerantwortung vor den ihr anvertrauten Grundschulkindern eher dagegen, dass\nsie wirklich „außer Stande" war, weiter beruflich tatig zu sein. Auch kann in\nkeiner Weise erkannt werden, dass tatsachlich zu den Zeitpunkten der von ihr\nbehaupteten Berufsunfahigkeit auf Grund sorgfaltiger arztlicher Prufung davon\nauszugehen gewesen ware, eine Veranderung ihrer Befindlichkeit sei in\nabsehbarer Zeit nicht mehr zu erwarten.\n\nDas gilt auch fur den Februar/Marz 2004. Zwar liegt insoweit ein arztliches\nAttest vor, das von einer „schweren psycho-vegetativen Storung mit Angst- und\nPanikattacken" spricht und aus gesundheitlichen Grunden einen Berufswechsel\ndringend empfiehlt. Ob die gesundheitlichen Beeintrachtigungen - bei\nFortfuhrung der Tatigkeit als Lehramtsanwarterin - voraussichtlich andauern\nwurden oder ein Berufswechsel nicht nur dringend erforderlich erschien sondern\ndie Fortfuhrung des bisherigen Berufs in dem bedingungsgemaßen quantitativen\nUmfang oder auf Grund des Verlustes der Fahigkeit, pragende Tatigkeiten einer\nLehramtsanwarterin auszuuben, ausgeschlossen war, ergibt sich daraus nicht.\nDer Vortrag der Antragstellerin bietet auch keinerlei hinreichende\ntatsachliche Grundlage dafur, einen medizinischen Sachverstandigen zu ihrer\nBehauptung zu befragen, sie sei krankheitsbedingt außer Stande gewesen, weiter\nals Lehramtsanwarterin tatig zu sein.\n\n |
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132,555 | vg-karlsruhe-2006-01-17-5-k-274904 | 158 | Verwaltungsgericht Karlsruhe | vg-karlsruhe | Karlsruhe | Baden-Württemberg | Verwaltungsgerichtsbarkeit | 5 K 2749/04 | 2006-01-17 | 2019-01-07 10:16:32 | 2019-01-17 11:52:27 | Urteil | ## Tenor\n\n1\\. Die Klage wird abgewiesen.\n\n2\\. Die Klagerin tragt die Kosten des Verfahrens.\n\n## Tatbestand\n\n| \n---|--- \n| 1 \n--- \n| Die Klagerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von Kosten, die ihr\nim Rahmen der Gewahrung von Eingliederungshilfe fur das Kind A. B. (im:\nfolgenden Hilfeempfangerin) entstanden sind. \n--- \n| 2 \n--- \n| Die Hilfeempfangerin wurde am 19.12.1996 in der Justizvollzugsanstalt\nSchwabisch-Gmund geboren, wo ihre Mutter seit dem 15.10.1996 zur Verbußung\neiner Freiheitsstrafe einsaß. Zuvor wohnte ihre Mutter im O-Weg in M. im\nZustandigkeitsbereich der Beklagten. Seit August 1997 ist die Mutter der\nHilfeempfangerin geschieden, die elterliche Sorge wurde ihr damals alleine\nzugesprochen. Die Beklagte hat wahrend der Haftdauer die Unterkunftskosten fur\nderen Wohnung ubernommen, wohin die Mutter auch nach ihrer Haftentlassung im\nJuli 1998 zuruckkehrte. Nachdem die Mutter der Hilfeempfangerin am 03.08.1997\nvon einem Hafturlaub nicht mehr zuruckgekehrt war, wurde die Hilfeempfangerin\nam 07.08.1997 in der Notaufnahme des Kinderheims R. aufgenommen und kam am\ngleichen Tag noch in eine Bereitschaftspflegestelle bei einer Familie im\nZustandigkeitsbereich der Klagerin; ab 05.03.1998 befand sie sich in einer\nPflegefamilie in N., welches im Zustandigkeitsbereich des Beigeladenen gelegen\nist. Der Mutter der Hilfeempfangerin wurde am 01.12.1998 das Sorgerecht\nentzogen; am 19.10.1999 ist diese nach L. (Zustandigkeitsbereich der Klagerin)\nverzogen. Die Hilfeempfangerin wurde am 25.02.2002 in ein Kinderheim in L.\naufgenommen; fur deren Unterbringung dort gewahrt ihr die Klagerin Hilfe zur\nErziehung gem. §§ 27, 34 SGB VIII. \n--- \n| 3 \n--- \n| Nachdem bei der Hilfeempfangerin Defizite in ihrer Entwicklung eintraten\n(zuruckgebliebene Sprachfahigkeit, Schwierigkeiten in der Grob- und\nFeinmotorik), besuchte sie seit dem 27.08.2002 einen Forderkindergarten in L. \n--- \n| 4 \n--- \n| Den vom Kinderheim in L. mit Telefax vom 10.05.2002 gestellten Antrag auf\nKostenubernahme lehnte die Klagerin mit an den Forderkindergarten in L.\nadressiertem Bescheid vom 23.08.2002 mit der Begrundung ab, sie sei ortlich\nunzustandig. Mit an den Forderkindergarten gerichtetem Schreiben gleichen\nDatums sicherte die Klagerin dem Kindergarten die Kostenubernahme gem. § 43\nSGB I zu ab dem Tag der Aufnahme bis zur Klarung, welcher Sozialtrager fur die\nLeistung zustandig sei, langstens bis zum Tag des Ausscheidens der\nHilfeempfangerin aus der Einrichtung. \n--- \n| 5 \n--- \n| Mit Schreiben vom 28.08.2002 - bei der Beklagten am 02.09.2002 eingegangen\n- teilte die Klagerin unter Auflistung der Aufenthaltsorte der\nHilfeempfangerin der Beklagten mit, dass die Hilfeempfangerin seit dem\n25.02.2002 im Kinderheim in L. untergebracht, aufgrund ihres\nEntwicklungsstands von einer Behinderung bedroht sei und deshalb im\nForderkindergarten in L. betreut werden soll; sie sei gem. § 43 Abs. 1 SGB I\nin Vorleistung getreten, weil der Forderkindergarten den Platz anderweitige\nvergeben hatte, wenn keine Kostenzusage erteilt worden ware. Zugleich meldete\nsie Kostenerstattung an. \n--- \n| 6 \n--- \n| Unter dem 06.11.2002 vertrat die Beklagte die Auffassung, dass\nFamilienpflegestellen keine gleichartige Einrichtungen im Sinn des § 97 Abs. 2\nund 4 BSHG seien und fuhrte aus, dass ein Minderjahriger dort seinen\ngewohnlichen Aufenthalt habe, wo er seine Erziehung erhalte, also im Regelfall\nbei seinen Eltern, andernfalls, dort, wo er auf Dauer untergebracht sei, wie\nz. B. in einer Pflegefamilie. Dies bedeute, dass die Hilfeempfangerin ihren\ngewohnlichen Aufenthalt in N. begrundet habe. \n--- \n| 7 \n--- \n| Mit Schreiben vom 20.11.2002 meldete die Klagerin beim Beigeladenen\nKostenerstattung an, was dieser ablehnte. \n--- \n| 8 \n--- \n| Der Mutter der Hilfeempfangerin wurde die elterliche Sorge seit 30.06.2003\nwieder ubertragen. Die Heimunterbringung wurde durch die Ruckkehr der\nHilfeempfangerin zur Mutter am 03.08.2003 beendet; im Kostenerstattungsstreit\nmit der Beklagten hat die Klagerin vorgetragen, die Forderung im Kindergarten\nsei am 31.08.2003 beendet worden. \n--- \n| 9 \n--- \n| Mit an die Mutter der Hilfeempfangerin adressiertem Bescheid vom 28.11.2003\ngewahrte die Klagerin ab dem 01.10.2003 Hilfe zur Erziehung in Form vom\nFamilienhilfe und ubernahm zusatzlich fur die Hilfeempfangerin nach § 35 a SGB\nVIII die Kosten fur den Besuch des Forderkindergartens. \n--- \n| 10 \n--- \n| Die Klagerin hat mit Schriftsatz vom 06.09.2004, welcher bei Gericht am\n08.09.2004 eingegangen ist, Klage erhoben, zu deren Begrundung sie im\nwesentlichen vortragt: Der Kostenerstattungsanspruch ergebe sich aus § 102 SGB\nX i. V. m. § 43 SGB I. Sie habe als Tragerin der Sozialhilfe die Leistung\naufgrund von § 43 SGB I vorlaufig erbracht. Die Beklagte ware zur Leistung\nverpflichtet gewesen. Deren ortliche Zustandigkeit folge aus § 104 i. V. m. §\n97 Abs. 2 BSHG. Fur den Fall, dass ein Kind in einer anderen Familie\nuntergebracht sei, galten § 97 Abs. 2 und § 103 BSHG entsprechend. Zum\nZeitpunkt der Geburt der Hilfeempfangerin sei deren Mutter in der\nJustizvollzugsanstalt inhaftiert gewesen. Dort konne gem. § 109 BSHG kein\ngewohnlicher Aufenthalt begrundet werden. Vor der Inhaftierung sei der\ngewohnliche Aufenthalt in Mannheim gewesen, woraus die Zustandigkeit der\nBeklagten resultiere. Daran andere auch die Unterbringung der Hilfeempfangerin\nin der Pflegefamilie in N. nichts, denn dort habe diese keinen gewohnlichen\nAufenthalt begrundet. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Urteil vom\n17.12.2003 - BVerwG 5 C 14.02 - festgestellt, dass fur Kinder und Jugendliche,\ndie im Sinne von § 104 BSHG außerhalb des Elternhauses untergebracht seien,\nder Trager ihres vorherigen gewohnlichen Aufenthalts zustandig sei und damit\nauch kostentragungspflichtig bleiben solle. \n--- \n| 11 \n--- \n| Die Klagerin beantragt, \n--- \n| 12 \n--- \n| die Beklagte zu verurteilen, an die Klagerin die Kosten der Forderung von\nA. B. im Forderkindergarten der Lebenshilfe in Ludwigshafen fur die Zeit vom\n27.08.2002 bis 31.08.2003 in Hohe von insgesamt 24.176,04 EUR zu erstatten. \n--- \n| 13 \n--- \n| Die Beklagte beantragt, \n--- \n| 14 \n--- \n| die Klage abzuweisen, \n--- \n| 15 \n--- \n| Zur Begrundung tragt sie im wesentlichen vor: Die Leistungen seien im\nRahmen der §§ 39, 40 BSHG gewahrt worden. Die Hilfeempfangerin habe sich zu\ndieser Zeit im Kinderheim in L. befunden. Fur die Zustandigkeit der Leistungen\nnach dem BSHG sei der Ort des letzten gewohnlichen Aufenthalts maßgeblich (§\n97 Abs. 2 BSHG). Die Hilfeempfangerin sei vor der Aufnahme in das Kinderheim\nbei einer Pflegefamilie in N. (ortlicher Zustandigkeitsbereich des\nBeigeladenen) untergebracht gewesen. Es sei zwar zutreffend, dass sich fur\nLeistungen nach dem BSHG, die im Rahmen einer solchen Unterbringung in einer\nPflegefamilie erforderlich wurden, die ortliche Zustandigkeit aus §§ 104, 97\nAbs. 2 BSHG ergebe. Es gehe hier jedoch gerade nicht um Leistungen, die in der\nPflegefamilie bzw. in der Zeit der dortigen Unterbringung erforderlich\ngeworden seien, sondern um Leistungen nach dem Verlassen der Pflegefamilie und\nder Aufnahme in einem Kinderheim im Bereich der Klagerin. § 104 BSHG erfasse\naber nur Sozialhilfeleistungen in der Zeit, in der das Kind in einer\nPflegefamilie oder bei einer Pflegeperson untergebracht sei. § 104 BSHG besage\nhingegen nichts hinsichtlich der Frage der Begrundung bzw. Nicht-Begrundung\ndes gewohnlichen Aufenthalts eines untergebrachten Kindes.\nFamilienpflegestellen seien keine (gleichartigen) Einrichtungen im Sinn von §\n97 Abs. 2 und 4 BSHG. Daher finde auch § 109 BSHG keine Anwendung. Der\nMinderjahrige habe demnach grundsatzlich dort seinen gewohnlichen Aufenthalt,\nwo er seine Erziehung erhalte. Das bedeute, dass die Hilfeempfangerin ihren\ngewohnlichen Aufenthalt zum maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Heimunterbringung in\nL. bei der Pflegefamilie in N. im Bereich des Beigeladenen begrundet habe. \n--- \n| 16 \n--- \n| Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und ausgefuhrt: Die\nZustandigkeitsregelung des § 97 Abs. 2 BSHG gelte nur fur die Hilfe in einer\nAnstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung und nicht auch fur\ndamit im Zusammenhang stehende Sozialleistungen. Hier gehe es aber gerade\nnicht um Hilfe in der Einrichtung des Kinderheims, sondern um eine Maßnahme\nder Eingliederungshilfe gem. § 40 Abs. 1 Nr. 8 BSHG i. V. m. § 55 Abs. 2 Nr. 2\nSGB IX, die außerhalb der Einrichtung, namlich im Forderkindergarten, erbracht\nworden sei. Sonderkindergarten seien Einrichtungen zur teilstationaren\nBetreuung. Nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 BSHG sei der uberortliche Sozialhilfetrager\nfur die Hilfe in besonderen Lebenslagen fur die in § 39 Abs. 1 Satz 1 BSHG\ngenannten Personen sachlich zustandig, soweit die Hilfe in einer Einrichtung\noder in einer Einrichtung zur teilstationaren Betreuung gewahrt werde, soweit\nnach Landesrecht nicht der ortliche Trager zustandig sei. Die ortliche\nZustandigkeit richte sich bei Maßnahmen in Einrichtungen zur teilstationaren\nBetreuung nach § 97 Abs. 1 BSHG, da diese keine Einrichtungen im Sinne von §\n97 Abs. 2 BSHG darstellten. Die Zustandigkeitsregelung des § 104 BSHG, die\neine entsprechende Anwendung des § 97 Abs. 2 BSHG vorsehe, sei auf Maßnahmen\nin teilstationaren Einrichtungen nicht anwendbar. Daher sei fur die\nvorliegende Maßnahme die Leistungspflicht des uberortlichen Tragers der\nSozialhilfe gegeben, in dessen Bereich sich die Hilfeempfangerin tatsachlich\naufgehalten habe. \n--- \n| 17 \n--- \n| Dem Gericht liegen die Kostenerstattungsakten der Beklagten und der\nKlagerin sowie die Jugendhilfeakten der Klagerin vor. Hierauf und auf den\nInhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsatze wird erganzend\nBezug genommen. \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| \n---|--- \n| 18 \n--- \n| Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obgleich die Klagerin in der\nmundlichen Verhandlung nicht vertreten war. Denn in der ordnungsgemaßen Ladung\nist auf diese Moglichkeit hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO). \n--- \n| 19 \n--- \n| Die als allgemeine Leistungsklage zulassige Klage ist unbegrundet. Die\nKlagerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der von ihr im\nstreitgegenstandlichen Zeitraum fur die Forderung der Hilfeempfangerin im\nForderkindergarten aufgewandten Kosten. Hierbei ist bei den in Betracht\nkommenden Anspruchsgrundlagen auf die Sach- und Rechtslage in dem Zeitraum\nabzustellen, auf den sich die Erstattungsforderung bezieht, mithin sind u. a.\ndie Vorschriften des bis zum 31.12.2004 geltenden Bundessozialhilfegesetzes\nmaßgeblich. \n--- \n| 20 \n--- \n| Dem von der Klagerin geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch steht\njedoch bereits entgegen, dass es an einer hinreichenden Feststellung der\nRechtsgrundlage fur die an die Hilfeempfangerin erbrachten Leistung durch die\nKlagerin fehlt (1.). Abgesehen davon hatte die Klagerin - unterstellt, es gabe\neine Rechtsgrundlage fur die Hilfeleistung - gegenuber der Beklagten keinen\nKostenerstattungsanspruch (2.). \n--- \n| 21 \n--- \n| 1\\. Eine Erstattungspflicht bedingt nach jeder in Betracht kommenden\nAnspruchsgrundlage das Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen eines\nLeistungsanspruches gegen den auf Erstattung in Anspruch genommenen\nLeistungstrager. Dies setzt voraus, dass der auf Kostenerstattung in Anspruch\ngenommene Leistungstrager die Leistung, deretwegen Kostenerstattung begehrt\nwird, rechtmaßig hatte erbringen durfen (vgl. fur die Kostenerstattung nach §\n102 Abs. 1 SGB X: BVerwG, Urt. vom 13.03.2003 - 5 C 6/02 - NVwZ-RR 2003, 859).\nDaher muss derjenige, an den geleistet werden soll, zum Kreis der\nLeistungsberechtigten gehoren und die Leistung muss zur Deckung des\nHilfebedarfs geeignet sein. Dies erfordert, dass von dem leistenden\nSozialhilfetrager vor Eintritt in die Hilfe eine hinreichende Abklarung der\nLeistungsberechtigung und des Hilfebedarfs zu erfolgen hat. \n--- \n| 22 \n--- \n| Geht es um Eingliederungshilfe fur Kinder und Jugendliche, ist bei der\nFrage, welche Rechtsgrundlage einschlagig ist, zu differenzieren: Leidet der\nHilfebedurftige an einer seelischen Behinderung i. S. d. § 35 a SGB VIII oder\nist er von einer solchen bedroht, richtet sich die Hilfe nach den Vorschriften\ndes SGB VIII. Liegt hingegen eine (drohende) korperliche oder geistige\nBehinderung vor, sind - im hier streitgegenstandlichen Zeitraum - die\nVorschriften des Bundessozialhilfegesetzes einschlagig. Nach § 35 a SGB VIII\nhaben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre\nseelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit langer als sechs Monate von\ndem fur ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am\nLeben in der Gesellschaft beeintrachtigt oder eine solche Beeintrachtigung zu\nerwarten ist. Zum Personenkreis, die einen (gebundenen) Anspruch auf\nEingliederungshilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz haben, zahlen diejenigen,\nderen korperliche Funktion, geistige Fahigkeit oder seelische Gesundheit mit\nhoher Wahrscheinlichkeit langer als sechs Monate von dem fur das Lebensalter\ntypischen Zustand abweicht und die daher wesentlich in ihrer Fahigkeit, an der\nGesellschaft teilzuhaben, eingeschrankt sind, oder die von einer solchen\nwesentlichen Behinderung bedroht sind (§ 39 Abs. 1 Satz 1 BSHG i.V.m. § 2 Abs.\n1 SGB IX); bei Menschen mit anderen (d. h. mit nicht wesentlichen oder nur\nvorubergehenden) Behinderungen ist die Entscheidung uber die Gewahrung von\nEingliederungshilfe in das pflichtgemaß auszuubende Ermessen des Hilfetragers\ngestellt (§ 39 Abs. 1 Satz 2 BSHG). \n--- \n| 23 \n--- \n| Da die Gewahrung von Eingliederungshilfe - gleich nach welcher Norm -\nvoraussetzt, dass eine Behinderung vorliegt oder der Hilfeempfanger von einer\nsolchen bedroht ist, hat der angegangene Leistungstrager zunachst hinreichende\nFeststellungen dazu zu treffen, ob eine (drohende) Behinderung vorliegt und -\nwenn ja - welcher Art sie ist. Im nachsten Schritt muss eine hinreichende\nAbklarung des Hilfebedarfs, d. h. der geeigneten und erforderlichen Hilfeform\nerfolgen. \n--- \n| 24 \n--- \n| Eine Abklarung, ob im Zeitraum bis zum „Hilfeende" am 31.08.2003 bei der\nHilfeempfangerin eine (drohende) Behinderung vorlag und - wenn ja - ab welchem\nZeitpunkt sie gegeben und welcher Art sie war, ist von der Klagerin jedoch\nnicht erfolgt. Insbesondere hat diese keinen Bewilligungsbescheid erlassen,\naus dem hervorgeht, welcher Art die (moglicherweise) bei der Hilfeempfangerin\nvorliegende Behinderung ist und in dem die Hilfeart (Eingliederungshilfe nach\ndem SGB VIII oder dem BSHG) festgelegt worden ware. \n--- \n| 25 \n--- \n| Auch den in der Sozialhilfeakte der Klagerin befindlichen Unterlagen lasst\nsich, insbesondere was die Frage der Behinderung der Hilfeempfangerin\nbetrifft, nichts hinreichendes dazu entnehmen. \n--- \n| 26 \n--- \n| Zum Zeitpunkt des Hilfebeginns (27.08.2002) liegt keine arztliche\nStellungnahme vor, welche eine (drohende) Behinderung diagnostiziert,\ngeschweige denn eine solche einordnet. Allein die Verzogerung in der\nEntwicklung der Hilfeempfangerin, die sowohl im Telefax des Kinderheims in L.\nvom 10.05.2002 als auch im Attest der Kinderarztin/Psychotherapeutin F.,\nKinderzentrum L. vom 18.06.2002 festgestellt wurde, ist fur sich genommen noch\nkeine (drohende) Behinderung. Im genannten Attest ist die Diagnose: „Zustand\nnach psychosozialer Deprivation, globale Entwicklungsretardierung, Verdacht\nauf Intelligenzminderung" getroffen und festgestellt worden, dass ein erhohter\nForderbedarf bestehe, sowie dass eine Aufnahme in den Sonderkindergarten\nmedizinisch indiziert sei. Allerdings lasst sich dem Attest nichts dazu\nentnehmen, ob eine und ggf. welche (drohende) Behinderung bei der\nHilfeempfangerin vorliegt. Ebenso wenig gibt der psychologische\nUntersuchungsbericht der Diplom-Psychologin Johann-Stadler (ohne Datum, wohl\nder Klagerin vom Kinderheim per Telefax am 28.08.2002 ubermittelt) etwas fur\ndie Annahme her, die Hilfeempfangerin sei behindert. Im Gegenteil kommt darin\nzum Ausdruck, dass diese Frage gerade offen ist. Denn die Psychologin fuhrt\naus, dass aufgrund der allgemeinen Retardierung nicht gesagt werden konne, ob\ndas Stammeln noch als Entwicklungsstammeln zu interpretieren sei und sich noch\nverliere oder ob Therapiebedarf bestehe. Die Klagerin ging offenbar selbst im\nZeitpunkt der Aufnahme der Hilfeempfangerin in den Forderkindergarten davon\naus, dass die Frage des Vorliegens einer Behinderung gerade nicht geklart ist.\nDenn in einem Telefax von Herrn E., Fachbereich Soziales, an Frau R.,\nebenfalls vom 28.08.2002, ist ausgefuhrt: „J. K. hat noch Zweifel an der\nBehinderteneigenschaft, was aber gegenuber dem Sozialhilfetrager Stadt M.\nnicht unbedingt vertieft werden sollte, zumal man dies auch anders sehen\nkann." Auch ein Arztbrief des Kinderzentrums L. vom 12.11.2002, der im\nwesentlichen die bereits zuvor mit Attest vom 18.06.2002 getroffene\nEinschatzung wiederholt, verhalt sich nicht dazu, ob eine (drohende)\nBehinderung vorliegt. \n--- \n| 27 \n--- \n| Erst als sich abzeichnete, dass mit der Beklagten keine gutliche Einigung\nuber die Kostenerstattung herbeigefuhrt werden kann, hat sich die Klagerin mit\nder Klarung der Behinderteneigenschaft befasst. Hierzu befindet sich in der\nAkte lediglich die (moglicherweise auch unvollstandige) Kopie des „Formblatts\nA" (ohne Datum), in dem die fur die Stellungnahme des Gesundheitsamts\nvorgesehene Seite nicht ausgefullt ist; auf dieser Seite hatte eine Aussage\ndaruber getroffen werden mussen, welcher Art die (drohende) Behinderung\n(korperlich/geistig/seelisch) ist, ob diese wesentlich und nicht nur\nvorubergehend oder nicht wesentlich/nur vorubergehend ist und - bei Vorliegen\neiner Mehrfachbehinderung - welche Behinderung vorrangig ist. Dem Formblatt\nangeschlossen ist zwar ein arztliches Zeugnis, welches moglicherweise vom\n08.07.2003 datiert und in welchem als ausfullender Arzt Prof. Dr. D.,\nKinderklinik St. Annastift, angegeben wird; ob dieses Zeugnis unterzeichnet\nist, und wenn ja, von wem, lasst sich allerdings nicht eindeutig feststellen\n(moglicherweise ist die Akte der Klagerin nicht chronologisch angelegt und die\nUnterschriftsseite wurde von der Klagerin zum Formblatt A als Seite 3\nzugeordnet). Selbst wenn dieses Attest tatsachlich von Prof. D. herruhrt,\nbeantwortet es die Frage nicht, ob eine (drohende) Behinderung i. S. d. § 39\nAbs. 1 BSHG im streitigen Zeitraum vorlag. Hierin wird folgende Diagnose\ngetroffen: „Globale Entwicklungsstorung, Leichte Intelligenzminderung,\npsychosoziale Deprivation, motorische Entwicklungsstorung". In der Rubrik:\n„Art der vorrangigen Behinderung" ist „Geistige Behinderung, Seelische\nBehinderung" und in der Rubrik „Zusatzliche Behinderung" ist „Korperliche\nBehinderung" angekreuzt. Zum Hilfebedarf wird ausgefuhrt: „Die Behinderung auf\nverschiedenen Entwicklungsfeldern macht eine Forderung auf verschiedenen\nGebieten erforderlich: Krankengymnastik, Ergotherapie, Logopadie". Unter Punkt\n6a (Ziele einer Maßnahme/Hilfe der Eingliederungshilfe nach § 40 BSHG aus\nSicht des Arztes) ist ausgefuhrt: „Forderung durch entsprechende\nTherapiemaßnahmen, die wegen der stattgehabten Deprivation in einer\nTageseinrichtung bei Unterbringung in einer Pflegefamilie oder in einer\nEinrichtung, in der das Kind 24 Stunden betreut wird, erfolgen soll." Als\nempfehlenswerte Maßnahme/Hilfeform ist „vollstationare Betreuung" angekreuzt.\nAuch diesem Attest lasst sich nicht entnehmen, ab wann, insbesondere ob\nbereits im Zeitpunkt des Hilfebeginns eine (drohende) Behinderung vorlag. Es\nverhalt sich auch nicht dazu, ob die Behinderung wesentlich und nicht nur\nvorubergehend (i.S.d. § 39 Abs. 1 Satz 1 BSHG) ist, was Voraussetzung fur\neinen (gebundenen) Anspruch auf Eingliederungshilfe ist. Zudem verhalt sich\ndas Zeugnis auch nicht dazu, ob die Forderung in einem Forderkindergarten die\ngeeignete Hilfeart ist. \n--- \n| 28 \n--- \n| Dass im streitgegenstandlichen Hilfezeitraum die Frage des Vorliegens einer\nBehinderung und deren Zuordnung als seelische, geistige oder korperliche alles\nandere als klar war, zeigt auch der Umstand, dass selbst die Klagerin in der\nFolgezeit offenbar nicht mehr davon ausging, die Vorschriften des\nBundessozialhilfegesetzes seien als Anspruchsgrundlage fur die Forderung der\nHilfeempfangerin im Kindergarten einschlagig. Denn mit Bescheid vom 28.11.2003\ngewahrte die Klagerin fur den Besuch des Forderkindergartens ab 01.10.2003\nEingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII. \n--- \n| 29 \n--- \n| 2\\. Selbst wenn bei der Hilfeempfangerin im streitgegenstandlichen Zeitraum\neine (drohende) wesentliche Behinderung vorgelegen hatte, hat die Klagerin\ngegenuber der Beklagten keinen Kostenerstattungsanspruch. Dies gilt sowohl\ndann, wenn man - wovon die Klagerin fur die Folgezeit auch selbst ausgeht -\nunterstellt, dass es sich bei den Kosten fur den Forderkindergarten um solche\nhandelt, die im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII zu tragen\nsind und sich die Pflicht zum vorlaufigen Tatigwerden der Klagerin nach § 86 d\nSGB VIII gerichtet hatte (a.), als auch unter der Annahme, dass es sich um\nKosten im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 39, 40 BSHG mit der Folge\neines Kostenerstattungsanspruchs nach § 103 BSHG handelt (b.). Schließlich\nscheidet auch ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 102 SGB X aus (c.). \n--- \n| 30 \n--- \n| a. Hat ein ortlicher Trager im Rahmen seiner Verpflichtung zum vorlaufigen\nTatigwerden nach § 86 d SGB VIII Kosten aufgewendet, sind diese von dem\nortlichen Trager zu erstatten, dessen Zustandigkeit durch den gewohnlichen\nAufenthalt nach §§ 86, 86 a (ortliche Zustandigkeit fur junge Volljahrige) und\n86 b SGB VIII (ortliche Zustandigkeit fur Leistungen in gemeinsamen Wohnformen\nfur Mutter/Vater und Kinder) begrundet wird (§ 89 c Abs. 1 Satz 2 SGB VIII). \n--- \n| 31 \n--- \n| Die Zustandigkeit der Beklagten wurde jedoch zu keinem Zeitpunkt durch die -\nhier einschlagige - Vorschrift des § 86 SGB VIII begrundet. \n--- \n| 32 \n--- \n| Fur den Hilfezeitraum, in dem der Mutter der Hilfeempfangerin die elterliche\nSorge entzogen worden war, namlich vom 27.08.2002 bis zum 30.06.2003, gilt §\n86 Abs. 3 SGB VIII. Danach ist in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die\nElternteile verschiedene gewohnliche Aufenthalte haben und die Personensorge\nkeinem Elternteil zusteht, § 86 Abs. 2 Satz 2 und 4 SGB VIII entsprechend\nanwendbar. Nach Satz 2 dieser Vorschrift richtet sich die Zustandigkeit nach\ndem gewohnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der\nJugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewohnlichen Aufenthalt\nhatte. Vor Beginn der Leistung (27.08.2002) hatte die Hilfeempfangerin, welche\nin Haft geboren worden ist und sich zu Leistungsbeginn im Kinderheim in L.\nbefand, jedenfalls keinen gewohnlichen Aufenthalt bei ihrer Mutter. Hatte das\nKind wahrend der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem\nElternteil einen gewohnlichen Aufenthalt, so bestimmt Satz 4, dass dann der\nortliche Trager zustandig ist, in dessen Bereich das Kind vor Beginn der\nLeistung zuletzt seinen gewohnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind wahrend\nder letzten sechs Monate keinen gewohnlichen Aufenthalt, so richtet sich die\nZustandigkeit nach dem tatsachlichen Aufenthalt des Kindes vor Beginn der\nLeistung. Nimmt man an, dass die Hilfeempfangerin wahrend der letzten 6 Monate\nvor Leistungsbeginn keinen gewohnlichen Aufenthalt gehabt hatte, ware die\nKlagerin ortlich zustandig gewesen, da die Hilfeempfangerin ihren\ntatsachlichen Aufenthalt im Kinderheim in L. im Zustandigkeitsbereich der\nKlagerin hatte. In diesem Fall bestunde uberhaupt kein\nKostenerstattungsanspruch der Klagerin. Hatte die Hilfeempfangerin ihren\ngewohnlichen Aufenthalt im Kinderheim in L. begrundet, ware die Klagerin zwar\nortlich zustandig gewesen, konnte sich in diesem Fall aber auf § 89 e Abs. 1\nSGB VIII berufen, der die Einrichtungsorte schutzt: Richtet sich namlich die\nZustandigkeit u.a. nach dem gewohnlichen Aufenthalt des Kindes und ist dieser\nu.a. in einer Einrichtung oder einer anderen Familie begrundet worden, die der\nErziehung dient, so ist der ortliche Trager zur Erstattung der Kosten\nverpflichtet, in dessen Bereich die Person vor der Aufnahme in eine\nEinrichtung, eine andere Familie oder sonstige Wohnform den gewohnlichen\nAufenthalt hatte. Indes hatte dies nicht zur Folge, dass die Klagerin auf die\nBeklagte als Kostenerstattungspflichtige zuruckgreifen konnte. Vor der\nAufnahme in das Kinderheim in L. war die Hilfeempfangerin namlich vom\n05.03.1998 bis zum 25.02.2002 in einer Pflegefamilie in N. untergebracht,\nwelches im Zustandigkeitsbereich des Beigeladenen liegt. Fur den Zeitraum ab\n05.03.2000 bis 25.02.2002 gilt jedoch fur die ortliche Zustandigkeit § 86 Abs.\n6 SGB VIII: Lebt ein Kind namlich - wie hier - zwei Jahre bei einer\nPflegeperson und ist sein Verbleib dort auf Dauer zu erwarten, so wird\nabweichend von § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII der ortliche Trager zustandig, in\ndessen Bereich die Pflegeperson ihren gewohnlichen Aufenthalt hat. Dass die\nPflegeperson ihren gewohnlichen Aufenthalt in N. hatte, deutet auf die\nZustandigkeit des Beigeladenen nach § 86 Abs. 6 SGB VIII, nicht aber der\nBeklagten hin. Der Beigeladene selbst konnte nicht auf den Schutz des § 89 e\nSGB VIII verweisen, denn diese Regelung knupft an die Zustandigkeit nach dem\ngewohnlichen Aufenthalt der Eltern, eines Elternteils oder des Kindes an. \n--- \n| 33 \n--- \n| Soweit es um den Leistungszeitraum vom 01.07.2003 (Wiedererlangung des\nSorgerechts durch die Mutter) bis „Hilfeende" (31.08.2003) geht, beurteilt\nsich die Zustandigkeit wieder nach § 86 Abs. 1 i. V. m. § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB\nVIII. Da die Mutter der Hilfeempfangerin insoweit alleinsorgeberechtigt war\nund in L. wohnte, ware die Klagerin fur diesen Zeitraum ortlich zustandig\ngewesen. \n--- \n| 34 \n--- \n| b. Auch wenn es sich um Eingliederungshilfe nach §§ 39, 40 BSHG gehandelt\nhatte, hatte die Klagerin keinen Kostenerstattungsanspruch gegenuber der\nBeklagten. \n--- \n| 35 \n--- \n| Nach § 103 Abs. 1 Satz 1 BSHG hat der nach § 97 Abs. 2 S. 1 BSHG fur die\nHilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung nach §\n97 Abs. 4 BSHG ortlich zustandige Trager der Sozialhilfe, in dessen Bereich\nder Hilfeempfanger seinen gewohnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme\nhat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat, dem Trager,\nder nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG die Leistung zu erbringen hat, die\naufgewendeten Kosten zu erstatten. \n--- \n| 36 \n--- \n| Indes war die Klagerin nicht nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG zur vorlaufigen\nLeistung verpflichtet. Denn keine der alternativen Leistungsvoraussetzungen\ndieser Vorschrift lag vor. Zum einen stand der gewohnliche Aufenthalt der\nHilfeempfangerin vor ihrer Unterbringung im Kinderheim in L. fest. Zum anderen\nwar fur die Hilfe, deren Kostentragung hier im Streit steht, kein Eilfall\ngegeben. Denn uber die Hilfe, die das Kinderheim bereits mit Schreiben vom\n10.05.2002 beantragt hatte und fur die erst ab Aufnahme der Hilfeempfangerin\nin den Forderkindergarten (27.08.2002) Kosten anfielen, war nicht unverzuglich\nzu entscheiden. \n--- \n| 37 \n--- \n| Abgesehen davon fehlt es auch an der ortlichen Zustandigkeit der Beklagten\nfur die Hilfeleistung. \n--- \n| 38 \n--- \n| Dies gilt sowohl fur den Fall, dass als Rechtsgrundlage fur die Hilfe auf §\n40 Satz 1 Nr. 8 BSHG i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr.2 SGB IX (Leistungen zur Teilhabe\nam Leben in der Gemeinschaft in Form von heilpadagogischen Leistungen fur\nKinder, die noch nicht eingeschult sind) abzustellen ware, als auch fur den\nFall, dass § 40 Satz 1 Nr. 4 BSHG i. V. m. § 12 Abs. 1 Nr. 1\nEingliederungshilfe VO (Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung)\nRechtsgrundlage ware. \n--- \n| 39 \n--- \n| Nach § 97 Abs. 1 BSHG ist der Trager der Sozialhilfe ortlich zustandig, in\ndessen Bereich sich der Hilfeempfanger tatsachlich aufhalt. Der tatsachliche\nAufenthalt der Hilfeempfangerin war das im Zustandigkeitsbereich der Klagerin\ngelegene Kinderheim, so dass deren ortliche Zustandigkeit begrundet gewesen\nware, sofern man den Forderkindergarten nicht als teilstationare Einrichtung\neinordnet. Ob letzteres der Fall ist, kann jedoch offen bleiben, da auch dann\nnicht die Beklagte ortlich zustandig geworden ware. Denn dann wurde sich die\nFrage der sachlichen Zustandigkeit des Sozialhilfetragers nach § 100 Abs. 1\nNr. 1 BSHG beantworten, wonach bei teilstationarer Unterbringung von Personen,\ndie dem dort genannten Kreis der Leistungsberechtigten angehoren, der\nuberortliche Trager zustandig ist, soweit nach Landesrecht nichts anderes\nbestimmt ist. Wurde der Forderkindergarten eine teilstationare Einrichtung in\ndiesem Sinn darstellen, ware - unter der (von der Klagerin hier nicht\nuberpruften) Voraussetzung, dass die Hilfeempfangerin dem in § 100 Abs. 1 Nr.\n1 BSHG genannten Personenkreis angehort - der uberortliche Sozialhilfetrager\nfur den Bereich der Klagerin zustandig, sofern keine landesrechtliche\nDelegierung auf die Klagerin erfolgt ist, was hier keiner Prufung bedarf. \n--- \n| 40 \n--- \n| Die ortliche Zustandigkeit der Beklagten ist auch nicht durch die Regelung\ndes § 97 Abs. 2 BSHG begrundet worden. Danach ist fur die Hilfe in einer\nAnstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung der Trager der\nSozialhilfe ortlich zustandig, in dessen Bereich der Hilfeempfanger seinen\ngewohnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme hat oder in den letzten zwei\nMonaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat, wobei bei einem Übertritt von\neiner Einrichtung in weitere Einrichtungen der gewohnliche Aufenthalt, der fur\ndie erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend bleibt. Da sich die\nHilfeempfangerin vor der Aufnahme in das Kinderheim in L. noch in einer\nPflegefamilie im Zustandigkeitsbereich des Beigeladenen aufhielt, und\nPflegefamilien keine Einrichtung in diesem Sinne sind (vgl. Legaldefinition\nder Einrichtung: § 97 Abs. 4 BSHG), kommt jedoch § 97 Abs. 2 BSHG nicht zur\nAnwendung. Im Übrigen ist außerst umstritten, ob § 97 Abs. 2 BSHG uberhaupt\nfur Sozialhilfeleistungen gilt, die (lediglich) im Zusammenhang mit einer\nHilfe im Heim stehen (BVerwG, Urt. v. 17.12.2003 - 5 C 14/02 -, FEVS 55, 292). \n--- \n| 41 \n--- \n| Entgegen der Auffassung der Klagerin ist auch nicht § 104 BSHG anwendbar,\nder die Regelung des § 97 Abs. 2 BSHG fur entsprechend anwendbar erklart. Denn\ndie hierdurch begrundete Zustandigkeit erfasst Sozialhilfeleistungen nur in\nder Zeit, in der das Kind oder der Jugendliche in einer Pflegefamilie oder bei\neiner Pflegeperson untergebracht ist (BVerwG, Urt. v. 17.12.2003, a.a.O.).\nIndes geht es hier nicht um Sozialhilfeleistungen in der Zeit des Aufenthalts\nin der Pflegefamilie, sondern um Leistungen, welche wahrend des Aufenthalts im\nKinderheim in Ludwigshaften erbracht wurden. \n--- \n| 42 \n--- \n| c. Schließlich scheidet auch ein Kostenerstattungsanspruch der Klagerin nach\n§ 102 SGB X i. V. m § 43 SGB I aus. \n--- \n| 43 \n--- \n| Danach kann dann, wenn ein Anspruch auf Sozialleistungen besteht und\nzwischen mehreren Leistungstragern streitig ist, wer zur Leistung verpflichtet\nist, der unter ihnen zuerst angegangene Leistungstrager vorlaufig Leistung\nerbringen; er hat sie zu erbringen, wenn der Berechtigte sie beantragt (§ 43\nSGB I). In diesem Fall hat der vorlaufig zur Leistung verpflichtete\nLeistungstrager gem. § 102 Abs. 1 SGB X einen Kostenerstattungsanspruch\ngegenuber dem zur Leistung verpflichteten Leistungstrager. \n--- \n| 44 \n--- \n| Offen bleiben kann hier die Frage, ob im Sozial- und Jugendhilferecht die\nVorschrift des § 43 SGB I anwendbar ist oder die dortigen den vorlaufigen\nLeistungseintritt regelnden Vorschriften vorrangig sind (vgl. fur das\nJugendhilferecht: LPK-SGB VIII, 2. Aufl. 2003 § 86 d RN 12: § 86 d als\nvorrangige Regelung). \n--- \n| 45 \n--- \n| Jedenfalls kommt hier § 43 SGB I bereits deswegen nicht zum Zug, weil es an\nder Tatbestandsvoraussetzung des zwischen verschiedenen Leistungstragern\nbestehenden Kompetenzstreits fehlt. Wenn der Streit uber die Zustandigkeit -\nwie hier - erst nachtraglich entsteht, ist § 102 Abs. 1 SGB X namlich nicht\nanwendbar (v. Wulffen, SGB X, 5. Aufl. 2005, § 102 Abs. 1 SGB X, RN 6 f.; LPK-\nSGB X, 2004, § 102, RN 19). \n--- \n| 46 \n--- \n| Die Klagerin war hier jedoch bereits in die Leistung eingetreten, als sie\nder Beklagten mit Schreiben vom 28.08.2002 mitgeteilt hatte, dass die\nHilfeempfangerin im Forderkindergarten betreut werden soll. Denn sie hatte mit\nSchreiben an den Forderkindergarten vom 23.08.2002 bereits die Kostenubernahme\ngem. § 43 SGB I zugesagt und das Kind war am 27.08.2002 bereits dort\naufgenommen. \n--- \n| 47 \n--- \n| Abgesehen davon setzt § 102 Abs. 1 SGB X nicht nur eine vorlaufige\nErbringung von Sozialleistungen voraus, sondern auch, dass eine Sozialleistung\nrechtmaßig erbracht sein muss. Die vorlaufig erbrachte Sozialleistung muss -\ndie Zustandigkeit des leistenden Tragers unterstellt - nach dessen\nLeistungsrecht sowohl dem Grund als auch der Hohe nach rechtmaßig sein\n(BVerwG, Urt. v. 13.03.2003, a.a.O.; LPK-SGB X a.a.O., RN 21 f.). Es fehlt\njedoch - wie unter Punkt 1 ausgefuhrt - bereits an einer hinreichenden\nFeststellung dazu, dass die Hilfeempfangerin uberhaupt zu dem Kreis der\nLeistungsberechtigten der Behinderten oder der von einer Behinderung im Sinne\ndes § 39 Abs. 1 BSHG oder § 35 a SGB VIII bedrohten Personen gehort, sowie an\nder Abklarung des Hilfebedarfs. Hinzu kommt, dass die vorlaufige Erbringung\nvon Sozialleistungen auch den Voraussetzungen der zur vorlaufigen Leistung\nermachtigenden Norm - hier: des § 43 SGB I - genugen muss. Steht die\nErbringung der Sozialleistung im Ermessen des Leistungstragers, so ist dieses\nErmessen auch im Rahmen einer vorlaufigen Leistungserbringung pflichtgemaß\nauszuuben (BVerwG, Urt. v. 13.03.2003, a.a.O.; LPK-SGB X a.a.O., RN 21 f.). Da\nsich den Sozialhilfeakten nicht entnehmen lasst, dass der Berechtigte -\nnamlich die Hilfeempfangerin, vertreten durch ihren Vormund - bei der Klagerin\neinen Antrag auf vorlaufige Hilfegewahrung gestellt hat, war die Hilfe auch\nnicht gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB I zwingend von der Klagerin zu erbringen.\nVielmehr wurde die Klagerin von dem Kinderheim mit Telefax vom 10.05.2002 um\nHilfeleistung angegangen. Daher stand die Entscheidung, ob die Hilfe vorlaufig\nerbracht wird, gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I in deren Ermessen. Dass die\nKlagerin, die noch nicht einmal einen Bescheid uber die vorlaufige\nHilfeleistung erlassen hat, uberhaupt Ermessen ausgeubt hat, lasst sich den\nAkten nicht entnehmen, so dass die vorlaufige Hilfegewahrung auch wegen\nErmessensnichtgebrauchs fehlerhaft ist. \n--- \n| 48 \n--- \n| Schließlich war die Beklagte auch nicht der zur Leistung verpflichtete\nLeistungstrager, da sie hierfur - wie unter Nr. 2 ausgefuhrt - nicht ortlich\nzustandig war. \n--- \n| 49 \n--- \n| Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO. Es entsprach nicht der\nBilligkeit, der Klagerin gem. § 162 Abs. 3 VwGO auch die außergerichtlichen\nKosten des Beigeladenen aufzuerlegen, da dieser keinen Antrag gestellt und\nsich daher nicht am Kostenrisiko beteiligt hat. \n--- \n| 50 \n--- \n| Die Kammer sieht davon ab, das Urteil insoweit fur vorlaufig vollstreckbar\nzu erklaren (§ 167 Abs. 2 VwGO). Die Voraussetzungen fur eine Zulassung der\nBerufung durch die Kammer sind nicht erfullt. \n--- \n \n## Gründe\n\n| \n---|--- \n| 18 \n--- \n| Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obgleich die Klagerin in der\nmundlichen Verhandlung nicht vertreten war. Denn in der ordnungsgemaßen Ladung\nist auf diese Moglichkeit hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO). \n--- \n| 19 \n--- \n| Die als allgemeine Leistungsklage zulassige Klage ist unbegrundet. Die\nKlagerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der von ihr im\nstreitgegenstandlichen Zeitraum fur die Forderung der Hilfeempfangerin im\nForderkindergarten aufgewandten Kosten. Hierbei ist bei den in Betracht\nkommenden Anspruchsgrundlagen auf die Sach- und Rechtslage in dem Zeitraum\nabzustellen, auf den sich die Erstattungsforderung bezieht, mithin sind u. a.\ndie Vorschriften des bis zum 31.12.2004 geltenden Bundessozialhilfegesetzes\nmaßgeblich. \n--- \n| 20 \n--- \n| Dem von der Klagerin geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch steht\njedoch bereits entgegen, dass es an einer hinreichenden Feststellung der\nRechtsgrundlage fur die an die Hilfeempfangerin erbrachten Leistung durch die\nKlagerin fehlt (1.). Abgesehen davon hatte die Klagerin - unterstellt, es gabe\neine Rechtsgrundlage fur die Hilfeleistung - gegenuber der Beklagten keinen\nKostenerstattungsanspruch (2.). \n--- \n| 21 \n--- \n| 1\\. Eine Erstattungspflicht bedingt nach jeder in Betracht kommenden\nAnspruchsgrundlage das Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen eines\nLeistungsanspruches gegen den auf Erstattung in Anspruch genommenen\nLeistungstrager. Dies setzt voraus, dass der auf Kostenerstattung in Anspruch\ngenommene Leistungstrager die Leistung, deretwegen Kostenerstattung begehrt\nwird, rechtmaßig hatte erbringen durfen (vgl. fur die Kostenerstattung nach §\n102 Abs. 1 SGB X: BVerwG, Urt. vom 13.03.2003 - 5 C 6/02 - NVwZ-RR 2003, 859).\nDaher muss derjenige, an den geleistet werden soll, zum Kreis der\nLeistungsberechtigten gehoren und die Leistung muss zur Deckung des\nHilfebedarfs geeignet sein. Dies erfordert, dass von dem leistenden\nSozialhilfetrager vor Eintritt in die Hilfe eine hinreichende Abklarung der\nLeistungsberechtigung und des Hilfebedarfs zu erfolgen hat. \n--- \n| 22 \n--- \n| Geht es um Eingliederungshilfe fur Kinder und Jugendliche, ist bei der\nFrage, welche Rechtsgrundlage einschlagig ist, zu differenzieren: Leidet der\nHilfebedurftige an einer seelischen Behinderung i. S. d. § 35 a SGB VIII oder\nist er von einer solchen bedroht, richtet sich die Hilfe nach den Vorschriften\ndes SGB VIII. Liegt hingegen eine (drohende) korperliche oder geistige\nBehinderung vor, sind - im hier streitgegenstandlichen Zeitraum - die\nVorschriften des Bundessozialhilfegesetzes einschlagig. Nach § 35 a SGB VIII\nhaben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre\nseelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit langer als sechs Monate von\ndem fur ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am\nLeben in der Gesellschaft beeintrachtigt oder eine solche Beeintrachtigung zu\nerwarten ist. Zum Personenkreis, die einen (gebundenen) Anspruch auf\nEingliederungshilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz haben, zahlen diejenigen,\nderen korperliche Funktion, geistige Fahigkeit oder seelische Gesundheit mit\nhoher Wahrscheinlichkeit langer als sechs Monate von dem fur das Lebensalter\ntypischen Zustand abweicht und die daher wesentlich in ihrer Fahigkeit, an der\nGesellschaft teilzuhaben, eingeschrankt sind, oder die von einer solchen\nwesentlichen Behinderung bedroht sind (§ 39 Abs. 1 Satz 1 BSHG i.V.m. § 2 Abs.\n1 SGB IX); bei Menschen mit anderen (d. h. mit nicht wesentlichen oder nur\nvorubergehenden) Behinderungen ist die Entscheidung uber die Gewahrung von\nEingliederungshilfe in das pflichtgemaß auszuubende Ermessen des Hilfetragers\ngestellt (§ 39 Abs. 1 Satz 2 BSHG). \n--- \n| 23 \n--- \n| Da die Gewahrung von Eingliederungshilfe - gleich nach welcher Norm -\nvoraussetzt, dass eine Behinderung vorliegt oder der Hilfeempfanger von einer\nsolchen bedroht ist, hat der angegangene Leistungstrager zunachst hinreichende\nFeststellungen dazu zu treffen, ob eine (drohende) Behinderung vorliegt und -\nwenn ja - welcher Art sie ist. Im nachsten Schritt muss eine hinreichende\nAbklarung des Hilfebedarfs, d. h. der geeigneten und erforderlichen Hilfeform\nerfolgen. \n--- \n| 24 \n--- \n| Eine Abklarung, ob im Zeitraum bis zum „Hilfeende" am 31.08.2003 bei der\nHilfeempfangerin eine (drohende) Behinderung vorlag und - wenn ja - ab welchem\nZeitpunkt sie gegeben und welcher Art sie war, ist von der Klagerin jedoch\nnicht erfolgt. Insbesondere hat diese keinen Bewilligungsbescheid erlassen,\naus dem hervorgeht, welcher Art die (moglicherweise) bei der Hilfeempfangerin\nvorliegende Behinderung ist und in dem die Hilfeart (Eingliederungshilfe nach\ndem SGB VIII oder dem BSHG) festgelegt worden ware. \n--- \n| 25 \n--- \n| Auch den in der Sozialhilfeakte der Klagerin befindlichen Unterlagen lasst\nsich, insbesondere was die Frage der Behinderung der Hilfeempfangerin\nbetrifft, nichts hinreichendes dazu entnehmen. \n--- \n| 26 \n--- \n| Zum Zeitpunkt des Hilfebeginns (27.08.2002) liegt keine arztliche\nStellungnahme vor, welche eine (drohende) Behinderung diagnostiziert,\ngeschweige denn eine solche einordnet. Allein die Verzogerung in der\nEntwicklung der Hilfeempfangerin, die sowohl im Telefax des Kinderheims in L.\nvom 10.05.2002 als auch im Attest der Kinderarztin/Psychotherapeutin F.,\nKinderzentrum L. vom 18.06.2002 festgestellt wurde, ist fur sich genommen noch\nkeine (drohende) Behinderung. Im genannten Attest ist die Diagnose: „Zustand\nnach psychosozialer Deprivation, globale Entwicklungsretardierung, Verdacht\nauf Intelligenzminderung" getroffen und festgestellt worden, dass ein erhohter\nForderbedarf bestehe, sowie dass eine Aufnahme in den Sonderkindergarten\nmedizinisch indiziert sei. Allerdings lasst sich dem Attest nichts dazu\nentnehmen, ob eine und ggf. welche (drohende) Behinderung bei der\nHilfeempfangerin vorliegt. Ebenso wenig gibt der psychologische\nUntersuchungsbericht der Diplom-Psychologin Johann-Stadler (ohne Datum, wohl\nder Klagerin vom Kinderheim per Telefax am 28.08.2002 ubermittelt) etwas fur\ndie Annahme her, die Hilfeempfangerin sei behindert. Im Gegenteil kommt darin\nzum Ausdruck, dass diese Frage gerade offen ist. Denn die Psychologin fuhrt\naus, dass aufgrund der allgemeinen Retardierung nicht gesagt werden konne, ob\ndas Stammeln noch als Entwicklungsstammeln zu interpretieren sei und sich noch\nverliere oder ob Therapiebedarf bestehe. Die Klagerin ging offenbar selbst im\nZeitpunkt der Aufnahme der Hilfeempfangerin in den Forderkindergarten davon\naus, dass die Frage des Vorliegens einer Behinderung gerade nicht geklart ist.\nDenn in einem Telefax von Herrn E., Fachbereich Soziales, an Frau R.,\nebenfalls vom 28.08.2002, ist ausgefuhrt: „J. K. hat noch Zweifel an der\nBehinderteneigenschaft, was aber gegenuber dem Sozialhilfetrager Stadt M.\nnicht unbedingt vertieft werden sollte, zumal man dies auch anders sehen\nkann." Auch ein Arztbrief des Kinderzentrums L. vom 12.11.2002, der im\nwesentlichen die bereits zuvor mit Attest vom 18.06.2002 getroffene\nEinschatzung wiederholt, verhalt sich nicht dazu, ob eine (drohende)\nBehinderung vorliegt. \n--- \n| 27 \n--- \n| Erst als sich abzeichnete, dass mit der Beklagten keine gutliche Einigung\nuber die Kostenerstattung herbeigefuhrt werden kann, hat sich die Klagerin mit\nder Klarung der Behinderteneigenschaft befasst. Hierzu befindet sich in der\nAkte lediglich die (moglicherweise auch unvollstandige) Kopie des „Formblatts\nA" (ohne Datum), in dem die fur die Stellungnahme des Gesundheitsamts\nvorgesehene Seite nicht ausgefullt ist; auf dieser Seite hatte eine Aussage\ndaruber getroffen werden mussen, welcher Art die (drohende) Behinderung\n(korperlich/geistig/seelisch) ist, ob diese wesentlich und nicht nur\nvorubergehend oder nicht wesentlich/nur vorubergehend ist und - bei Vorliegen\neiner Mehrfachbehinderung - welche Behinderung vorrangig ist. Dem Formblatt\nangeschlossen ist zwar ein arztliches Zeugnis, welches moglicherweise vom\n08.07.2003 datiert und in welchem als ausfullender Arzt Prof. Dr. D.,\nKinderklinik St. Annastift, angegeben wird; ob dieses Zeugnis unterzeichnet\nist, und wenn ja, von wem, lasst sich allerdings nicht eindeutig feststellen\n(moglicherweise ist die Akte der Klagerin nicht chronologisch angelegt und die\nUnterschriftsseite wurde von der Klagerin zum Formblatt A als Seite 3\nzugeordnet). Selbst wenn dieses Attest tatsachlich von Prof. D. herruhrt,\nbeantwortet es die Frage nicht, ob eine (drohende) Behinderung i. S. d. § 39\nAbs. 1 BSHG im streitigen Zeitraum vorlag. Hierin wird folgende Diagnose\ngetroffen: „Globale Entwicklungsstorung, Leichte Intelligenzminderung,\npsychosoziale Deprivation, motorische Entwicklungsstorung". In der Rubrik:\n„Art der vorrangigen Behinderung" ist „Geistige Behinderung, Seelische\nBehinderung" und in der Rubrik „Zusatzliche Behinderung" ist „Korperliche\nBehinderung" angekreuzt. Zum Hilfebedarf wird ausgefuhrt: „Die Behinderung auf\nverschiedenen Entwicklungsfeldern macht eine Forderung auf verschiedenen\nGebieten erforderlich: Krankengymnastik, Ergotherapie, Logopadie". Unter Punkt\n6a (Ziele einer Maßnahme/Hilfe der Eingliederungshilfe nach § 40 BSHG aus\nSicht des Arztes) ist ausgefuhrt: „Forderung durch entsprechende\nTherapiemaßnahmen, die wegen der stattgehabten Deprivation in einer\nTageseinrichtung bei Unterbringung in einer Pflegefamilie oder in einer\nEinrichtung, in der das Kind 24 Stunden betreut wird, erfolgen soll." Als\nempfehlenswerte Maßnahme/Hilfeform ist „vollstationare Betreuung" angekreuzt.\nAuch diesem Attest lasst sich nicht entnehmen, ab wann, insbesondere ob\nbereits im Zeitpunkt des Hilfebeginns eine (drohende) Behinderung vorlag. Es\nverhalt sich auch nicht dazu, ob die Behinderung wesentlich und nicht nur\nvorubergehend (i.S.d. § 39 Abs. 1 Satz 1 BSHG) ist, was Voraussetzung fur\neinen (gebundenen) Anspruch auf Eingliederungshilfe ist. Zudem verhalt sich\ndas Zeugnis auch nicht dazu, ob die Forderung in einem Forderkindergarten die\ngeeignete Hilfeart ist. \n--- \n| 28 \n--- \n| Dass im streitgegenstandlichen Hilfezeitraum die Frage des Vorliegens einer\nBehinderung und deren Zuordnung als seelische, geistige oder korperliche alles\nandere als klar war, zeigt auch der Umstand, dass selbst die Klagerin in der\nFolgezeit offenbar nicht mehr davon ausging, die Vorschriften des\nBundessozialhilfegesetzes seien als Anspruchsgrundlage fur die Forderung der\nHilfeempfangerin im Kindergarten einschlagig. Denn mit Bescheid vom 28.11.2003\ngewahrte die Klagerin fur den Besuch des Forderkindergartens ab 01.10.2003\nEingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII. \n--- \n| 29 \n--- \n| 2\\. Selbst wenn bei der Hilfeempfangerin im streitgegenstandlichen Zeitraum\neine (drohende) wesentliche Behinderung vorgelegen hatte, hat die Klagerin\ngegenuber der Beklagten keinen Kostenerstattungsanspruch. Dies gilt sowohl\ndann, wenn man - wovon die Klagerin fur die Folgezeit auch selbst ausgeht -\nunterstellt, dass es sich bei den Kosten fur den Forderkindergarten um solche\nhandelt, die im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII zu tragen\nsind und sich die Pflicht zum vorlaufigen Tatigwerden der Klagerin nach § 86 d\nSGB VIII gerichtet hatte (a.), als auch unter der Annahme, dass es sich um\nKosten im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 39, 40 BSHG mit der Folge\neines Kostenerstattungsanspruchs nach § 103 BSHG handelt (b.). Schließlich\nscheidet auch ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 102 SGB X aus (c.). \n--- \n| 30 \n--- \n| a. Hat ein ortlicher Trager im Rahmen seiner Verpflichtung zum vorlaufigen\nTatigwerden nach § 86 d SGB VIII Kosten aufgewendet, sind diese von dem\nortlichen Trager zu erstatten, dessen Zustandigkeit durch den gewohnlichen\nAufenthalt nach §§ 86, 86 a (ortliche Zustandigkeit fur junge Volljahrige) und\n86 b SGB VIII (ortliche Zustandigkeit fur Leistungen in gemeinsamen Wohnformen\nfur Mutter/Vater und Kinder) begrundet wird (§ 89 c Abs. 1 Satz 2 SGB VIII). \n--- \n| 31 \n--- \n| Die Zustandigkeit der Beklagten wurde jedoch zu keinem Zeitpunkt durch die -\nhier einschlagige - Vorschrift des § 86 SGB VIII begrundet. \n--- \n| 32 \n--- \n| Fur den Hilfezeitraum, in dem der Mutter der Hilfeempfangerin die elterliche\nSorge entzogen worden war, namlich vom 27.08.2002 bis zum 30.06.2003, gilt §\n86 Abs. 3 SGB VIII. Danach ist in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die\nElternteile verschiedene gewohnliche Aufenthalte haben und die Personensorge\nkeinem Elternteil zusteht, § 86 Abs. 2 Satz 2 und 4 SGB VIII entsprechend\nanwendbar. Nach Satz 2 dieser Vorschrift richtet sich die Zustandigkeit nach\ndem gewohnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der\nJugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewohnlichen Aufenthalt\nhatte. Vor Beginn der Leistung (27.08.2002) hatte die Hilfeempfangerin, welche\nin Haft geboren worden ist und sich zu Leistungsbeginn im Kinderheim in L.\nbefand, jedenfalls keinen gewohnlichen Aufenthalt bei ihrer Mutter. Hatte das\nKind wahrend der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem\nElternteil einen gewohnlichen Aufenthalt, so bestimmt Satz 4, dass dann der\nortliche Trager zustandig ist, in dessen Bereich das Kind vor Beginn der\nLeistung zuletzt seinen gewohnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind wahrend\nder letzten sechs Monate keinen gewohnlichen Aufenthalt, so richtet sich die\nZustandigkeit nach dem tatsachlichen Aufenthalt des Kindes vor Beginn der\nLeistung. Nimmt man an, dass die Hilfeempfangerin wahrend der letzten 6 Monate\nvor Leistungsbeginn keinen gewohnlichen Aufenthalt gehabt hatte, ware die\nKlagerin ortlich zustandig gewesen, da die Hilfeempfangerin ihren\ntatsachlichen Aufenthalt im Kinderheim in L. im Zustandigkeitsbereich der\nKlagerin hatte. In diesem Fall bestunde uberhaupt kein\nKostenerstattungsanspruch der Klagerin. Hatte die Hilfeempfangerin ihren\ngewohnlichen Aufenthalt im Kinderheim in L. begrundet, ware die Klagerin zwar\nortlich zustandig gewesen, konnte sich in diesem Fall aber auf § 89 e Abs. 1\nSGB VIII berufen, der die Einrichtungsorte schutzt: Richtet sich namlich die\nZustandigkeit u.a. nach dem gewohnlichen Aufenthalt des Kindes und ist dieser\nu.a. in einer Einrichtung oder einer anderen Familie begrundet worden, die der\nErziehung dient, so ist der ortliche Trager zur Erstattung der Kosten\nverpflichtet, in dessen Bereich die Person vor der Aufnahme in eine\nEinrichtung, eine andere Familie oder sonstige Wohnform den gewohnlichen\nAufenthalt hatte. Indes hatte dies nicht zur Folge, dass die Klagerin auf die\nBeklagte als Kostenerstattungspflichtige zuruckgreifen konnte. Vor der\nAufnahme in das Kinderheim in L. war die Hilfeempfangerin namlich vom\n05.03.1998 bis zum 25.02.2002 in einer Pflegefamilie in N. untergebracht,\nwelches im Zustandigkeitsbereich des Beigeladenen liegt. Fur den Zeitraum ab\n05.03.2000 bis 25.02.2002 gilt jedoch fur die ortliche Zustandigkeit § 86 Abs.\n6 SGB VIII: Lebt ein Kind namlich - wie hier - zwei Jahre bei einer\nPflegeperson und ist sein Verbleib dort auf Dauer zu erwarten, so wird\nabweichend von § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII der ortliche Trager zustandig, in\ndessen Bereich die Pflegeperson ihren gewohnlichen Aufenthalt hat. Dass die\nPflegeperson ihren gewohnlichen Aufenthalt in N. hatte, deutet auf die\nZustandigkeit des Beigeladenen nach § 86 Abs. 6 SGB VIII, nicht aber der\nBeklagten hin. Der Beigeladene selbst konnte nicht auf den Schutz des § 89 e\nSGB VIII verweisen, denn diese Regelung knupft an die Zustandigkeit nach dem\ngewohnlichen Aufenthalt der Eltern, eines Elternteils oder des Kindes an. \n--- \n| 33 \n--- \n| Soweit es um den Leistungszeitraum vom 01.07.2003 (Wiedererlangung des\nSorgerechts durch die Mutter) bis „Hilfeende" (31.08.2003) geht, beurteilt\nsich die Zustandigkeit wieder nach § 86 Abs. 1 i. V. m. § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB\nVIII. Da die Mutter der Hilfeempfangerin insoweit alleinsorgeberechtigt war\nund in L. wohnte, ware die Klagerin fur diesen Zeitraum ortlich zustandig\ngewesen. \n--- \n| 34 \n--- \n| b. Auch wenn es sich um Eingliederungshilfe nach §§ 39, 40 BSHG gehandelt\nhatte, hatte die Klagerin keinen Kostenerstattungsanspruch gegenuber der\nBeklagten. \n--- \n| 35 \n--- \n| Nach § 103 Abs. 1 Satz 1 BSHG hat der nach § 97 Abs. 2 S. 1 BSHG fur die\nHilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung nach §\n97 Abs. 4 BSHG ortlich zustandige Trager der Sozialhilfe, in dessen Bereich\nder Hilfeempfanger seinen gewohnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme\nhat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat, dem Trager,\nder nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG die Leistung zu erbringen hat, die\naufgewendeten Kosten zu erstatten. \n--- \n| 36 \n--- \n| Indes war die Klagerin nicht nach § 97 Abs. 2 Satz 3 BSHG zur vorlaufigen\nLeistung verpflichtet. Denn keine der alternativen Leistungsvoraussetzungen\ndieser Vorschrift lag vor. Zum einen stand der gewohnliche Aufenthalt der\nHilfeempfangerin vor ihrer Unterbringung im Kinderheim in L. fest. Zum anderen\nwar fur die Hilfe, deren Kostentragung hier im Streit steht, kein Eilfall\ngegeben. Denn uber die Hilfe, die das Kinderheim bereits mit Schreiben vom\n10.05.2002 beantragt hatte und fur die erst ab Aufnahme der Hilfeempfangerin\nin den Forderkindergarten (27.08.2002) Kosten anfielen, war nicht unverzuglich\nzu entscheiden. \n--- \n| 37 \n--- \n| Abgesehen davon fehlt es auch an der ortlichen Zustandigkeit der Beklagten\nfur die Hilfeleistung. \n--- \n| 38 \n--- \n| Dies gilt sowohl fur den Fall, dass als Rechtsgrundlage fur die Hilfe auf §\n40 Satz 1 Nr. 8 BSHG i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr.2 SGB IX (Leistungen zur Teilhabe\nam Leben in der Gemeinschaft in Form von heilpadagogischen Leistungen fur\nKinder, die noch nicht eingeschult sind) abzustellen ware, als auch fur den\nFall, dass § 40 Satz 1 Nr. 4 BSHG i. V. m. § 12 Abs. 1 Nr. 1\nEingliederungshilfe VO (Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung)\nRechtsgrundlage ware. \n--- \n| 39 \n--- \n| Nach § 97 Abs. 1 BSHG ist der Trager der Sozialhilfe ortlich zustandig, in\ndessen Bereich sich der Hilfeempfanger tatsachlich aufhalt. Der tatsachliche\nAufenthalt der Hilfeempfangerin war das im Zustandigkeitsbereich der Klagerin\ngelegene Kinderheim, so dass deren ortliche Zustandigkeit begrundet gewesen\nware, sofern man den Forderkindergarten nicht als teilstationare Einrichtung\neinordnet. Ob letzteres der Fall ist, kann jedoch offen bleiben, da auch dann\nnicht die Beklagte ortlich zustandig geworden ware. Denn dann wurde sich die\nFrage der sachlichen Zustandigkeit des Sozialhilfetragers nach § 100 Abs. 1\nNr. 1 BSHG beantworten, wonach bei teilstationarer Unterbringung von Personen,\ndie dem dort genannten Kreis der Leistungsberechtigten angehoren, der\nuberortliche Trager zustandig ist, soweit nach Landesrecht nichts anderes\nbestimmt ist. Wurde der Forderkindergarten eine teilstationare Einrichtung in\ndiesem Sinn darstellen, ware - unter der (von der Klagerin hier nicht\nuberpruften) Voraussetzung, dass die Hilfeempfangerin dem in § 100 Abs. 1 Nr.\n1 BSHG genannten Personenkreis angehort - der uberortliche Sozialhilfetrager\nfur den Bereich der Klagerin zustandig, sofern keine landesrechtliche\nDelegierung auf die Klagerin erfolgt ist, was hier keiner Prufung bedarf. \n--- \n| 40 \n--- \n| Die ortliche Zustandigkeit der Beklagten ist auch nicht durch die Regelung\ndes § 97 Abs. 2 BSHG begrundet worden. Danach ist fur die Hilfe in einer\nAnstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung der Trager der\nSozialhilfe ortlich zustandig, in dessen Bereich der Hilfeempfanger seinen\ngewohnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme hat oder in den letzten zwei\nMonaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat, wobei bei einem Übertritt von\neiner Einrichtung in weitere Einrichtungen der gewohnliche Aufenthalt, der fur\ndie erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend bleibt. Da sich die\nHilfeempfangerin vor der Aufnahme in das Kinderheim in L. noch in einer\nPflegefamilie im Zustandigkeitsbereich des Beigeladenen aufhielt, und\nPflegefamilien keine Einrichtung in diesem Sinne sind (vgl. Legaldefinition\nder Einrichtung: § 97 Abs. 4 BSHG), kommt jedoch § 97 Abs. 2 BSHG nicht zur\nAnwendung. Im Übrigen ist außerst umstritten, ob § 97 Abs. 2 BSHG uberhaupt\nfur Sozialhilfeleistungen gilt, die (lediglich) im Zusammenhang mit einer\nHilfe im Heim stehen (BVerwG, Urt. v. 17.12.2003 - 5 C 14/02 -, FEVS 55, 292). \n--- \n| 41 \n--- \n| Entgegen der Auffassung der Klagerin ist auch nicht § 104 BSHG anwendbar,\nder die Regelung des § 97 Abs. 2 BSHG fur entsprechend anwendbar erklart. Denn\ndie hierdurch begrundete Zustandigkeit erfasst Sozialhilfeleistungen nur in\nder Zeit, in der das Kind oder der Jugendliche in einer Pflegefamilie oder bei\neiner Pflegeperson untergebracht ist (BVerwG, Urt. v. 17.12.2003, a.a.O.).\nIndes geht es hier nicht um Sozialhilfeleistungen in der Zeit des Aufenthalts\nin der Pflegefamilie, sondern um Leistungen, welche wahrend des Aufenthalts im\nKinderheim in Ludwigshaften erbracht wurden. \n--- \n| 42 \n--- \n| c. Schließlich scheidet auch ein Kostenerstattungsanspruch der Klagerin nach\n§ 102 SGB X i. V. m § 43 SGB I aus. \n--- \n| 43 \n--- \n| Danach kann dann, wenn ein Anspruch auf Sozialleistungen besteht und\nzwischen mehreren Leistungstragern streitig ist, wer zur Leistung verpflichtet\nist, der unter ihnen zuerst angegangene Leistungstrager vorlaufig Leistung\nerbringen; er hat sie zu erbringen, wenn der Berechtigte sie beantragt (§ 43\nSGB I). In diesem Fall hat der vorlaufig zur Leistung verpflichtete\nLeistungstrager gem. § 102 Abs. 1 SGB X einen Kostenerstattungsanspruch\ngegenuber dem zur Leistung verpflichteten Leistungstrager. \n--- \n| 44 \n--- \n| Offen bleiben kann hier die Frage, ob im Sozial- und Jugendhilferecht die\nVorschrift des § 43 SGB I anwendbar ist oder die dortigen den vorlaufigen\nLeistungseintritt regelnden Vorschriften vorrangig sind (vgl. fur das\nJugendhilferecht: LPK-SGB VIII, 2. Aufl. 2003 § 86 d RN 12: § 86 d als\nvorrangige Regelung). \n--- \n| 45 \n--- \n| Jedenfalls kommt hier § 43 SGB I bereits deswegen nicht zum Zug, weil es an\nder Tatbestandsvoraussetzung des zwischen verschiedenen Leistungstragern\nbestehenden Kompetenzstreits fehlt. Wenn der Streit uber die Zustandigkeit -\nwie hier - erst nachtraglich entsteht, ist § 102 Abs. 1 SGB X namlich nicht\nanwendbar (v. Wulffen, SGB X, 5. Aufl. 2005, § 102 Abs. 1 SGB X, RN 6 f.; LPK-\nSGB X, 2004, § 102, RN 19). \n--- \n| 46 \n--- \n| Die Klagerin war hier jedoch bereits in die Leistung eingetreten, als sie\nder Beklagten mit Schreiben vom 28.08.2002 mitgeteilt hatte, dass die\nHilfeempfangerin im Forderkindergarten betreut werden soll. Denn sie hatte mit\nSchreiben an den Forderkindergarten vom 23.08.2002 bereits die Kostenubernahme\ngem. § 43 SGB I zugesagt und das Kind war am 27.08.2002 bereits dort\naufgenommen. \n--- \n| 47 \n--- \n| Abgesehen davon setzt § 102 Abs. 1 SGB X nicht nur eine vorlaufige\nErbringung von Sozialleistungen voraus, sondern auch, dass eine Sozialleistung\nrechtmaßig erbracht sein muss. Die vorlaufig erbrachte Sozialleistung muss -\ndie Zustandigkeit des leistenden Tragers unterstellt - nach dessen\nLeistungsrecht sowohl dem Grund als auch der Hohe nach rechtmaßig sein\n(BVerwG, Urt. v. 13.03.2003, a.a.O.; LPK-SGB X a.a.O., RN 21 f.). Es fehlt\njedoch - wie unter Punkt 1 ausgefuhrt - bereits an einer hinreichenden\nFeststellung dazu, dass die Hilfeempfangerin uberhaupt zu dem Kreis der\nLeistungsberechtigten der Behinderten oder der von einer Behinderung im Sinne\ndes § 39 Abs. 1 BSHG oder § 35 a SGB VIII bedrohten Personen gehort, sowie an\nder Abklarung des Hilfebedarfs. Hinzu kommt, dass die vorlaufige Erbringung\nvon Sozialleistungen auch den Voraussetzungen der zur vorlaufigen Leistung\nermachtigenden Norm - hier: des § 43 SGB I - genugen muss. Steht die\nErbringung der Sozialleistung im Ermessen des Leistungstragers, so ist dieses\nErmessen auch im Rahmen einer vorlaufigen Leistungserbringung pflichtgemaß\nauszuuben (BVerwG, Urt. v. 13.03.2003, a.a.O.; LPK-SGB X a.a.O., RN 21 f.). Da\nsich den Sozialhilfeakten nicht entnehmen lasst, dass der Berechtigte -\nnamlich die Hilfeempfangerin, vertreten durch ihren Vormund - bei der Klagerin\neinen Antrag auf vorlaufige Hilfegewahrung gestellt hat, war die Hilfe auch\nnicht gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB I zwingend von der Klagerin zu erbringen.\nVielmehr wurde die Klagerin von dem Kinderheim mit Telefax vom 10.05.2002 um\nHilfeleistung angegangen. Daher stand die Entscheidung, ob die Hilfe vorlaufig\nerbracht wird, gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I in deren Ermessen. Dass die\nKlagerin, die noch nicht einmal einen Bescheid uber die vorlaufige\nHilfeleistung erlassen hat, uberhaupt Ermessen ausgeubt hat, lasst sich den\nAkten nicht entnehmen, so dass die vorlaufige Hilfegewahrung auch wegen\nErmessensnichtgebrauchs fehlerhaft ist. \n--- \n| 48 \n--- \n| Schließlich war die Beklagte auch nicht der zur Leistung verpflichtete\nLeistungstrager, da sie hierfur - wie unter Nr. 2 ausgefuhrt - nicht ortlich\nzustandig war. \n--- \n| 49 \n--- \n| Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO. Es entsprach nicht der\nBilligkeit, der Klagerin gem. § 162 Abs. 3 VwGO auch die außergerichtlichen\nKosten des Beigeladenen aufzuerlegen, da dieser keinen Antrag gestellt und\nsich daher nicht am Kostenrisiko beteiligt hat. \n--- \n| 50 \n--- \n| Die Kammer sieht davon ab, das Urteil insoweit fur vorlaufig vollstreckbar\nzu erklaren (§ 167 Abs. 2 VwGO). Die Voraussetzungen fur eine Zulassung der\nBerufung durch die Kammer sind nicht erfullt. \n--- \n \n## Sonstige Literatur\n\n| \n---|--- \n| 51 \n--- \n| Rechtsmittelbelehrung: \n--- \n| 52 \n--- \n| Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem\nVerwaltungsgerichtshof Baden-Wurttemberg zugelassen wird. Der Antrag auf\nZulassung der Berufung ist beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, Postfach 11 14\n51, 76064 Karlsruhe, oder Nordliche Hildapromenade 1, 76133 Karlsruhe,\ninnerhalb eines Monats nach Zustellung des vollstandigen Urteils zu stellen. \n--- \n| 53 \n--- \n| Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei\nMonaten nach Zustellung des vollstandigen Urteils sind die Grunde darzulegen,\naus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begrundung ist, soweit sie nicht\nbereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Verwaltungsgerichtshof\nBaden-Wurttemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim, oder Postfach 103264,\n68032 Mannheim, einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn \n--- \n| 54 \n--- \n| 1\\. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, \n--- \n| 55 \n--- \n| 2\\. die Rechtssache besondere tatsachliche oder rechtliche Schwierigkeiten\naufweist, \n--- \n| 56 \n--- \n| 3\\. die Rechtssache grundsatzliche Bedeutung hat, \n--- \n| 57 \n--- \n| 4\\. das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des\nBundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshofe\ndes Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser\nAbweichung beruht oder \n--- \n| 58 \n--- \n| 5\\. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender\nVerfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung\nberuhen kann. \n--- \n| 59 \n--- \n| Bei der Beantragung der Zulassung der Berufung muss sich jeder Beteiligte\ndurch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im\nSinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befahigung zum Richteramt als\nBevollmachtigten vertreten lassen. \n--- \n| 60 \n--- \n| Juristische Personen des offentlichen Rechts und Behorden konnen sich auch\ndurch Beamte oder Angestellte mit der Befahigung zum Richteramt sowie\nDiplomjuristen im hoheren Dienst, Gebietskorperschaften auch durch Beamte oder\nAngestellte mit Befahigung zum Richteramt der zustandigen Aufsichtsbehorde\noder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als\nMitglied zugehoren, vertreten lassen. \n--- \n| 61 \n--- \n| In Angelegenheiten der Kriegsopferfursorge und des Schwerbehindertenrechts\nsowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten des\nSozialhilferechts sind vor dem Verwaltungsgerichtshof als\nProzessbevollmachtigte auch Mitglieder und Angestellte von Verbanden im Sinne\ndes § 14 Abs. 3 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes und von Gewerkschaften\nzugelassen, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Prozessvertretung\nbefugt sind. \n--- \n| 62 \n--- \n| In Abgabenangelegenheiten sind vor dem Verwaltungsgerichtshof als\nProzessbevollmachtigte auch Steuerberater und Wirtschaftsprufer zugelassen. \n--- \n| 63 \n--- \n| In Angelegenheiten, die Rechtsverhaltnisse aus einem gegenwartigen oder\nfruheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder\nZivildienstverhaltnis betreffen und Streitigkeiten, die sich auf die\nEntstehung eines solchen Verhaltnisses beziehen, in\nPersonalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem\nZusammenhang mit einem gegenwartigen oder fruheren Arbeitsverhaltnis von\nArbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen\neinschließlich Prufungsangelegenheiten, sind vor dem Verwaltungsgerichtshof\nals Prozessbevollmachtigte auch Mitglieder und Angestellte von Gewerkschaften\nzugelassen, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt\nsind. \n--- \n| 64 \n--- \n| Lasst der Verwaltungsgerichtshof die Berufung zu, wird das Antragsverfahren\nals Berufungsverfahren fortgesetzt. Die Berufung ist innerhalb eines Monats\nnach Zustellung des Beschlusses uber die Zulassung der Berufung zu begrunden.\nDie Begrundung ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Wurttemberg,\nSchubertstraße 11, 68165 Mannheim, oder Postfach 103264, 68032 Mannheim,\neinzureichen. Die Begrundungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten\nAntrag von dem Vorsitzenden des Senats verlangert werden. Die Begrundung muss\neinen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzufuhrenden Grunde\nder Anfechtung (Berufungsgrunde). \n--- \n| 65 \n--- \n| Beschluss: \n--- \n| 66 \n--- \n| Der Streitwert wird gemaß § 52 Abs. 3 GKG auf 24.176,04 EUR festgesetzt. \n--- \n| 67 \n--- \n| Hinsichtlich der Beschwerdemoglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird\nauf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen. \n---\n\n |
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132,723 | fg-baden-wurttemberg-2007-02-02-11-k-22706 | 126 | Finanzgericht Baden-Württemberg | fg-baden-wurttemberg | Baden-Württemberg | Baden-Württemberg | Finanzgerichtsbarkeit | 11 K 227/06 | 2007-02-02 | 2019-01-07 10:18:07 | 2019-01-17 11:52:37 | Urteil | ## Tatbestand\n\n| \n---|--- \n| 1 \n--- \n| Streitig ist, ob volle oder lediglich teilweise Kindergeldanspruche\nbestehen. \n--- \n--- \n| 2 \n--- \n| Die Klage richtet sich gegen den Bescheid vom 21.03.2006 in der Fassung der\nEinspruchsentscheidungen vom 08.05.2006. Mit der angefochtenen Entscheidung\nwurde die Kindergeldfestsetzung auf den Differenzbetrag zum Schweizer\nKindergeldbetrag begrenzt und infolgedessen nur Teilkindergeld ausgezahlt.\nBegrundet wurde dies damit, dass der in der Schweiz lebende Kindesvater in der\nSchweiz einen vorrangigen Anspruch auf Schweizer Familienleistung habe und die\nKlagerin daher nur die Differenz zu diesem Betrag beanspruchen konne. \n--- \n--- \n| 3 \n--- \n| Im Klageverfahren lasst die Klagerin insbesondere Folgendes vortragen: \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| Die Klagerin sei bereits seit 1997 von dem Vater der Kinder geschieden. Die\nbeiden Kinder A und F wurden bei der Klagerin leben. Der Vater der Kinder,\nHerr B, lebe in der Schweiz. Trotz Vorstelligwerden der Klagerin und des\nProzessbevollmachtigten der Klagerin beantrage Herr B bewusst kein Schweizer\nKindergeld, geschweige denn, dass er beabsichtigen wurde, dieses an die\nKlagerin weiterzuleiten. Da Herr B nur sporadisch Unterhalt zahle und hohe\nUnterhaltsruckstande bestunden, hatte er wenigstens das Schweizer Kindergeld\nbeantragen und sodann an die Klagerin abfuhren sollen. Nach eigenem Bekunden\nsei Herrn B dies alles nicht nur gleichgultig, er habe auch ungeniert seine\nSchadenfreude daruber geaußert, dass seine verhasste Ex-Ehefrau, die Klagerin,\nkein bzw. nur geringes deutsches Kindergeld beziehe. Die Klagerin und Herr B\nhatten seit der Trennung bzw. Scheidung praktisch keine Kontakte mehr\nmiteinander. \n--- \n--- \n| 5 \n--- \n| Der Prozessbevollmachtigte der Klagerin habe sich auch bereits an die\nKindergeldstelle der Gemeinde U, Schweiz, gewandt, um eine direkte Auszahlung\ndes Schweizer Kindergeldes an die Klagerin zu erreichen. Dies sei bislang ohne\nErfolg geblieben. \n--- \n--- \n| 6 \n--- \n| Der Klagerin sei es nicht zuzumuten, gegen Herrn B in irgendeiner Form\nKlage zu erheben. Jedenfalls wurde eine Vollstreckung nur geringe Chancen auf\nDurchsetzung erwarten lassen, da Herr B in den letzten neun Jahren immer alles\nunternommen habe, um Vollstreckungsversuche zu vereiteln. Dem\nProzessbevollmachtigten der Klagerin lagen zwei dicke Leitzordner nur zur\nVollstreckung betreffend Unterhalt vor. \n--- \n--- \n| 7 \n--- \n| Die Klagerin sei dringend darauf angewiesen, dass sie fur die beiden Kinder\nA und F das volle Kindergeld bekomme. Es sei nicht einzusehen, dass die\nKlagerin fur die beiden Kinder nur 88,60 EUR erhalte statt die vollen 308,-\nEUR, da Herr B bewusst kein Schweizer Kindergeld beantragt habe bzw. bei dem\nfruheren Bezug dieses nicht an die Klagerin weitergeleitet habe. Es sei in\nkeinster Weise von Herrn B zu erwarten, dass er das Schweizer Kindergeld, wenn\ner es doch beziehen wurde, an die Klagerin abfuhren wurde. \n--- \n--- \n| 8 \n--- \n| Fur die Klagerin habe keine Rentenversicherungspflicht seit dem 01.01.2006\nbestanden. Die Klagerin habe zunachst selbstandig einen Hausmeister- und\nReinigungsservice betrieben. Insoweit bestunde keine gesetzliche\nRentenversicherungspflicht. Die Klagerin arbeite mittlerweile bei der Firma X\nim Rahmen einer sog. „sozialversicherungsfreien Tatigkeit", einem „Minijob",\nund zwar seit dem 01.05.2006. \n--- \n--- \n| 9 \n--- \n| Die Klagerin beantragt, das mit Bescheid vom 21.03.2006 festgesetzte\nKindergeld unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 08.05.2006 auf EUR\n308,- pro Monat heraufzusetzen, und zwar ab 1. Januar 2006. Es wird beantragt,\ndie Zuziehung des Bevollmachtigten zum Vorverfahren auszusprechen und die\nRevision zuzulassen. \n--- \n--- \n| 10 \n--- \n| Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. \n--- \n--- \n| 11 \n--- \n| Die Beklagte halt an ihrer Auffassung fest, der angegriffene Bescheid sei\nrechtmaßig und weist insbesondere darauf hin, dass nach ihren\nDienstanweisungen geringfugige Beschaftigungsverhaltnisse nicht als\nArbeitnehmerverhaltnis in dem Sinne angesehen werden konnten, dass der\nKlagerin volles Kindergeld zu gewahren sei. \n--- \n--- \n| 12 \n--- \n| Dem Gericht haben die bei der Beklagten fur die Klagerin gefuhrten den\nStreitfall betreffenden Akten vorgelegen. Auf den Inhalt der gewechselten\nSchriftsatze wird verwiesen. Am 11. Januar 2007 ist der Rechtsstreit auf den\nEinzelrichter ubertragen worden und am 2. Februar 2007 hat in der Streitsache\neine mundliche Verhandlung stattgefunden. Beigezogen wurden die Akten der\nRechtsstreite 11 V 43/06, 11 V44/06, 11 K 226/06, 11 S 1/06 sowie 11 S 2/06. \n--- \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| \n---|--- \n| 13 \n--- \n| Die Klage ist zulassig, jedoch nicht begrundet. \n--- \n--- \n| 14 \n--- \n| Die angefochtene Entscheidung verletzt die Klagerin nicht in ihren Rechten. \n--- \n--- \n| 15 \n--- \n| Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgrunde sieht das Gericht\nab, weil es den fur zutreffend erachteten Ausfuhrungen der\nEinspruchsentscheidung folgt (§ 105 Abs. 5 Finanzgerichtsordnung -FGO-). \n--- \n--- \n| 16 \n--- \n| Erganzend ist indes - insbesondere hinsichtlich des Zeitraumes, in der die\nKlagerin eine sog. „geringfugige Beschaftigung" ausubte, - noch auf Folgendes\nhinzuweisen: \n--- \n--- \n| 17 \n--- \n| Nach der von der Beklagten angewendeten Dienstanweisung 203.221 der\nBundesagentur fur Arbeit sind „fur den Fall der Arbeitslosigkeit\npflichtversichert" Personen, die in einem Versicherungspflichtverhaltnis zur\nBundesagentur i. S. v. § 24 SGB III stehen, d.h. die gem. § 25 SGB III\nversicherungspflichtigen Arbeitnehmer und die nach § 26 SGB III sonstigen\nversicherungspflichtigen Personen, soweit sie nicht nach §§ 27, 28 SGB III\nversicherungsfrei sind. Zu den Arbeitnehmern zahlen auch solche Personen, die\ngem. § 28 Nr. 1 SGB III nur wegen Vollendung ihres 65. Lebensjahres, nicht\naber aus anderen Grunden versicherungsfrei sind, wie z. B. geringfugig\nBeschaftigte i. S. v. § 27 Abs. 2 SGB III i.V.m. § 8 SGB IV. \n--- \n--- \n| 18 \n--- \n| Dieser Auffassung folgt auch das erkennende Gericht; mithin vermochte die\nKlage auch unter Berucksichtigung der von der Klagerin ausgeubten\ngeringfugigen Beschaftigung keinen Erfolg zu haben. \n--- \n--- \n| 19 \n--- \n| Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. \n--- \n--- \n| 20 \n--- \n| Der von der Klagerseite beantragten Zulassung der Revision war im Hinblick\nauf § 115 Abs. 2 Ziff. 1 FGO zu entsprechen. \n--- \n--- \n| 21 \n--- \n| Der Streitwert bemaß sich am Jahresbetrag des geltend gemachten Kindergeld-\nUnterschiedsbetrages ab Klageerhebung im September 2006 unter Hinzurechnung\nvon acht Monatsbetragen fur die Zeit von Januar bis August 2006. \n--- \n \n## Gründe\n\n| \n---|--- \n| 13 \n--- \n| Die Klage ist zulassig, jedoch nicht begrundet. \n--- \n--- \n| 14 \n--- \n| Die angefochtene Entscheidung verletzt die Klagerin nicht in ihren Rechten. \n--- \n--- \n| 15 \n--- \n| Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgrunde sieht das Gericht\nab, weil es den fur zutreffend erachteten Ausfuhrungen der\nEinspruchsentscheidung folgt (§ 105 Abs. 5 Finanzgerichtsordnung -FGO-). \n--- \n--- \n| 16 \n--- \n| Erganzend ist indes - insbesondere hinsichtlich des Zeitraumes, in der die\nKlagerin eine sog. „geringfugige Beschaftigung" ausubte, - noch auf Folgendes\nhinzuweisen: \n--- \n--- \n| 17 \n--- \n| Nach der von der Beklagten angewendeten Dienstanweisung 203.221 der\nBundesagentur fur Arbeit sind „fur den Fall der Arbeitslosigkeit\npflichtversichert" Personen, die in einem Versicherungspflichtverhaltnis zur\nBundesagentur i. S. v. § 24 SGB III stehen, d.h. die gem. § 25 SGB III\nversicherungspflichtigen Arbeitnehmer und die nach § 26 SGB III sonstigen\nversicherungspflichtigen Personen, soweit sie nicht nach §§ 27, 28 SGB III\nversicherungsfrei sind. Zu den Arbeitnehmern zahlen auch solche Personen, die\ngem. § 28 Nr. 1 SGB III nur wegen Vollendung ihres 65. Lebensjahres, nicht\naber aus anderen Grunden versicherungsfrei sind, wie z. B. geringfugig\nBeschaftigte i. S. v. § 27 Abs. 2 SGB III i.V.m. § 8 SGB IV. \n--- \n--- \n| 18 \n--- \n| Dieser Auffassung folgt auch das erkennende Gericht; mithin vermochte die\nKlage auch unter Berucksichtigung der von der Klagerin ausgeubten\ngeringfugigen Beschaftigung keinen Erfolg zu haben. \n--- \n--- \n| 19 \n--- \n| Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. \n--- \n--- \n| 20 \n--- \n| Der von der Klagerseite beantragten Zulassung der Revision war im Hinblick\nauf § 115 Abs. 2 Ziff. 1 FGO zu entsprechen. \n--- \n--- \n| 21 \n--- \n| Der Streitwert bemaß sich am Jahresbetrag des geltend gemachten Kindergeld-\nUnterschiedsbetrages ab Klageerhebung im September 2006 unter Hinzurechnung\nvon acht Monatsbetragen fur die Zeit von Januar bis August 2006. \n---\n\n |
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133,913 | lsgbw-2005-01-26-l-2-r-205502 | 128 | Landessozialgericht Baden-Württemberg | lsgbw | Baden-Württemberg | Sozialgerichtsbarkeit | L 2 R 2055/02 | 2005-01-26 | 2019-01-07 10:35:38 | 2019-01-17 11:53:52 | Urteil | ## Tenor\n\nAuf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe\nvom 17. Mai 2002 aufgehoben. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.\n\nAußergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszugen nicht zu erstatten.\n\n## Tatbestand\n\n| \n---|--- \n| 1 \n--- \n| Die Beteiligten streiten daruber, ob die Altersrente, die die Klagerin aus\nder schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) bezieht, auf\ndie von der Beklagten gewahrte Witwenrente anzurechnen ist. \n--- \n| 2 \n--- \n| Die 1935 in L. geborene Klagerin ist die Witwe des 1930 geborenen und 1997\nverstorbenen E. Z. (Versicherter), mit welchem sie (nach dem Tode des ersten\nEhemanns 1964) in zweiter Ehe seit 1965 verheiratet war; aus beiden Ehen der\nKlagerin sind Kinder hervorgegangen. Sowohl der Versicherte als auch die\nKlagerin erwarben die schweizerische Staatsangehorigkeit. Der Versicherte\nhatte von August bis Oktober 1945 sowie von Oktober 1946 bis Marz 1949 in F.\n(S.) den Beruf des Gerbers erlernt und anschließend bis November 1955 -\nunterbrochen u.a. durch den Besuch der Gerberschule (September 1950 bis Juli\n1951) - in der DDR sowie von Dezember 1955 bis Marz 1956 im Bundesgebiet u.a.\nals Gerbergeselle und Gerbereitechniker versicherungspflichtig gearbeitet.\nDanach nahm er seinen Wohnsitz in der Schweiz, wo er von April 1956 bis Januar\n1995 als Ledertechniker bei zwei verschiedenen Arbeitgebern beschaftigt war.\nAb 1. Februar 1995 bezog der Versicherte von der Rechtsvorgangerin der\nBeklagten (Landesversicherungsanstalt Baden (im Folgenden ebenfalls Beklagte))\nRegelaltersrente. Gleichfalls ab 1. Februar 1995 leistete die Ausgleichskasse\nBerner Arbeitgeber (AKBA) aus der AHV eine Altersrente. Die Klagerin, die seit\n1970 mit Unterbrechungen in der Schweiz als Arbeitnehmerin uber eigenes\nEinkommen verfugt hatte, wurde auf der Grundlage des zum 1. Januar 1997\nrevidierten schweizerischen Rentenversicherungsrechts von Januar 1957 bis\nDezember 1963 sowie erneut ab September 1965 mit Beitragszeiten zur AHV\ngefuhrt; zuletzt hatte sie ab Januar 1980 mit Unterbrechungen u.a. als\nVerkauferin sowie seit November 1984 im Labor des Bezirksspitals H. als\nAushilfe gearbeitet. Die im Bundesgebiet Deutschland entrichteten Beitrage\nhatte sie sich auf Grund beider Eheschließungen jeweils erstatten lassen. \n--- \n| 3 \n--- \n| Ab 1. Februar 1997 gewahrte die AKBA der Klagerin auf der Grundlage des\nschweizerischen Bundesgesetzes uber die Alters- und Hinterlassenenversicherung\n(AHVG) eine ordentliche Altersrente (Verfugung vom 5. Marz 1997); diese - als\nTeilrente nach der Rentenskala 41 - gezahlte Rente wurde aus einem aus einer\nBeitragsdauer von 38 Jahren und 4 Monaten sowie unter Berucksichtigung von\n12,5 Erziehungsgutschriften ermittelten durchschnittlichen Jahreseinkommen von\nCHF 54.924,00 errechnet, wobei (neben einem Aufwertungsfaktor) außerdem ein\nGesamteinkommen von CHF 936.725,00 nach Durchfuhrung des Splittings (Art.\n29quinques Abs. 3 AHVG in der Fassung der 10. AHV-Revision) zugrunde gelegt\nworden war. Die Altersrente aus der AHV betrug ab 1. Februar 1997 CHF 1.854,00\nund wurde auf Grund der zweijahrlichen Rentenanpassungen jeweils ab\nJahresbeginn entsprechend erhoht. Bereits ab 1. Dezember 1995 hatte die\nBundesversicherungsanstalt fur Angestellte (BfA) der Klagerin durch Bescheid\nvom 16. August 1996 eine Altersrente fur Frauen gewahrt, welche sich zum 1.\nFebruar 1997 auf DM 23,34 sowie ab 1. Juli 1997 auf DM 23,72 belief. \n--- \n| 4 \n--- \n| Auf den im Januar 1997 gestellten Antrag auf Hinterbliebenenrente\nbewilligte die Beklagte der Klagerin durch Bescheid vom 21. Juli 1997 fur die\nZeit vom 1. Februar bis 30. April 1997 eine große Witwenrente in Hohe von\nmonatlich DM 456,89, verweigerte eine Rentengewahrung jedoch fur die Zeit ab\n1. Mai 1997 auf Grund des zu berucksichtigenden Einkommens; hierbei stellte\nsie der ab 1. Mai 1997 auf DM 274,14 sowie ab 1. Juli 1997 auf DM 278,66\nermittelten Rente ein Einkommen ab 1. Februar 1997 von insgesamt DM 305,82\nsowie ab 1. Juli 1997 von insgesamt DM 310,71 gegenuber, welches nach den\nMaßgaben des § 97 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) aus den\num fiktive Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung gekurzten\nRenten der BfA und aus der AHV (letztere umgerechnet nach den\nUmrechnungskursen der Deutschen Bundesbank fur Februar 1997 (1,15230) bzw.\nApril 1997 (1,17043)) errechnet worden war. Den Widerspruch der Klagerin wies\ndie Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 1997 zuruck; zur\nBegrundung fuhrte sie aus, dass zu dem gemaß § 97 Abs. 1 SGB VI anzurechnenden\nErwerbsersatzeinkommen (§ 18a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV))\nauch vergleichbare auslandische Ersatzleistungen wie die nach dem Recht der\n10. AHV-Revision berechneten schweizerischen Altersrenten gehorten. \n--- \n| 5 \n--- \n| Deswegen hat die Klagerin am 13. November 1997 Klage zum Sozialgericht\nKarlsruhe (SG) erhoben. Sie hat geltend gemacht, auf Grund der 10. AHV-\nRevision sei sie hinsichtlich der ihr verbleibenden Anspruche deutlich\nschlechter gestellt. Die schweizerische Witwenrente, die im Übrigen nach den\nBerechnungen der AKBA CHF 1.375,00 betragen habe, sei allein deswegen nicht\nausbezahlt worden, weil die auf der Grundlage der 10. AHV-Revision gezahlte\nAltersrente hoher gewesen sei; allenfalls der Differenzbetrag zwischen der\nschweizerischen Witwen- und Altersrente sei auf die hier umstrittene große\nWitwenrente anrechenbar. Sie halte es im Übrigen fur ungerecht, dass sie\neinerseits eine Anrechnung der schweizerischen Rente auf die große Witwenrente\nhinzunehmen habe, wahrend die AHV-Rente andererseits geschmalert sei, weil die\nin Deutschland erworbenen Rentenanwartschaften dort nicht berucksichtigt\nwurden. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten; anders als fruher seien\nnach der 10. AHV-Revision die von den Ehepartnern im Einzelnen erworbenen\nRentenanwartschaften aufzuteilen und somit voll als Erwerbsersatzeinkommen\nanzurechnen. Das SG hat von lic. iur. S., Sozialversicherungsanstalt des\nKantons Zurich, das Rechtsgutachten vom 26. Marz 2002 erhoben. Darin hat lic.\niur. S. die schweizerischen Rechtsgrundlagen fur die Berechnung der AHV-Rente\ndargestellt und weiter ausgefuhrt, eine Unterscheidung zwischen Erwerbsersatz-\nund Unterhaltsfunktion sei dem schweizerischen Sozialversicherungsrecht fremd;\nausschließlich auf Grund ihrer eigenen Beitrage hatte die Klagerin hochstens\neine Rente von CHF 1.286,00 erhalten. Mit Urteil vom 17. Mai 2002 hat das SG\ndie Beklagte unter Abanderung des Bescheides vom 21. Juli 1997 in der Gestalt\ndes Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 1997 verurteilt, „die der Klagerin\nbewilligte große Witwenrente ab 1. Februar 1997 unter Anrechnung der ihr\ngewahrten ordentlichen Rente der AHV (Altersrente) in Hohe von CHF 1286 neu zu\nberechnen". In den Entscheidungsgrunden hat das SG im Wesentlichen ausgefuhrt,\ndie aus der schweizerischen AHV gewahrte Altersrente habe eine\n„Doppelfunktion"; nur der Anteil der Altersrente, der auf den Beitragen der\nKlagerin beruhe, mithin in Hohe von CHF 1.286,00, sei hier als vergleichbares\nErwerbsersatzeinkommen zu behandeln, wahrend die Differenz zu der tatsachlich\ngezahlten AHV-Rente einen Unterhaltsersatz darstelle. \n--- \n| 6 \n--- \n| Gegen dieses der Beklagten am 23. Mai 2002 zugestellte Urteil richtet sich\nihre am 13. Juni 2002 beim Landessozialgericht eingelegte Berufung. \n--- \n| 7 \n--- \n| Wahrend des Berufungsverfahrens hat die Beklagte die Witwenrente der\nKlagerin durch Bescheid vom 6. Februar 2003 ab 1. Juni 2002 auf der Grundlage\ndes Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europaischen Gemeinschaft und\nihren Mitgliedsstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft\nandererseits uber die Freizugigkeit (Freizugigkeitsabkommen EG/Schweiz) -\nwiederum unter Anrechnung der BfA-Rente und der AHV-Rente - neu festgestellt;\nhiernach haben sich Rentenzahlbetrage von EUR 111,28 ab 1. Juni 2002 sowie von\nEUR 113,02 ab 1. Juli 2002 ergeben. Der Bescheid enthalt den Hinweis, dass er\ngemaß § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des\nsozialgerichtlichen Verfahrens geworden sei. \n--- \n| 8 \n--- \n| Zur Begrundung der Berufung hat die Beklagte vorgebracht, nach der bis 31.\nDezember 1996 in der Schweiz maßgeblichen Rechtslage sei im Falle der\nAltersrentenberechtigung beider Ehegatten eine so genannte Ehepaar-Altersrente\nausgerichtet worden, fur deren Berechnung ausschließlich die Beitragsdauer des\nEhemanns maßgebend gewesen sei, wahrend das Einkommen von Mann und Frau\nkumuliert worden seien. Die Ehepaar-Altersrente habe allein dem Ehemann\nzugestanden, wahrend die Ehefrau lediglich befugt gewesen sei, die Auszahlung\nder halben Ehepaar-Altersrente an sich zu verlangen. Bei Tod des Mannes habe\ndie Witwe eine einfache Altersrente erhalten, die auf der Grundlage der\nEhepaar-Altersrente berechnet worden sei (Beitragsdauer des Ehemanns,\nkumuliertes Einkommen). Diese einfache Altersrente sei mithin in der Regel von\nVersicherungselementen des Mannes gepragt gewesen und habe - so auch die\nRechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) - in Bezug auf die Witwe\nUnterhalt und nicht Erwerbsersatzeinkommen dargestellt. Eine der wesentlichen\nNeuerungen durch die 10. AHV-Revision sei die Einfuhrung des Individual-\nRentensystems gewesen. Die Kumulation der Einkommen von Mann und Frau sei\nweggefallen und an ihre Stelle die Einkommensteilung (Splitting) nach Art.\n29quinquies AHVG mit halftiger Gutschreibung auf den Konten beider Ehegatten\ngetreten. Demnach sei bei der Klagerin mit Bewilligung der ordentlichen\nAltersrente das Splitting durchgefuhrt und ihr ein eigener\nAltersrentenanspruch auf der Grundlage ihrer Beitragsdauer zuerkannt worden.\nDer eigenstandige schweizerische Altersrentenanspruch sei vergleichbar mit\neiner deutschen Versichertenrente nach durchgefuhrtem Versorgungsausgleich.\nDemnach sei der gesamte Altersrentenzahlbetrag aus der AHV bei der\nEinkommensanrechnung nach § 97 SGB VI zu berucksichtigen; nur dann entspreche\ndas auslandische Altersrenteneinkommen im Kerngehalt dem inlandischen\nEinkommen. Auch bei der Anrechnung einer deutschen Versichertenrente mit\ndurchgefuhrtem Versorgungsausgleich seien die ubertragenen Anwartschaften\nnicht herauszurechnen. Die in Rede stehende Einkommensteilung nach der auf der\nGrundlage der 10. AVG-Revision bestehenden Rechtslage konne sich im Übrigen\nnicht nur zu Gunsten der Ehefrau auswirken, sondern sich auch in anderer\nRichtung bewegen. Die Beklagte hat die in dem Parallelverfahren S 8 RJ 161/01\nvom SG eingeholte Stellungnahme des lic. iur. S. vom 3. September 2001\nvorgelegt. \n--- \n| 9 \n--- \n| Die Beteiligten haben in der mundlichen Verhandlung vor dem Senat vom 26.\nJanuar 2005 ubereinstimmend erklart, dass hinsichtlich der Anrechnung der\nordentlichen Altersrente der Klagerin aus der AHV allein die Zeit ab 1. Mai\n1997 streitbefangen sei; die Beklagte hat des Weiteren erklart, dass sie auf\nihre Rechte aus dem Urteil des SG vom 17. Mai 2002 verzichte, soweit darin\neine (teilweise) Anrechnung der AHV-Rente bereits fur die Zeit ab 1. Februar\n1997 ausgesprochen worden ist. Daruber hinaus haben sich die Beteiligten im\nWege eines gerichtlichen Vergleichs dahingehend geeinigt, dass im\nBerufungsverfahren allein die Rechtmaßigkeit des Bescheides vom 21. Juli 1997\nin der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 1997 zur\ngerichtlichen Entscheidung gestellt werde; die Beklagte hat sich ferner\nverpflichtet, im Falle des rechtskraftigen Ausgangs des Gerichtsverfahrens zu\nGunsten der Klagerin den Bescheid vom 6. Februar 2003 ruckwirkend ab 1. Juni\n2002 hinsichtlich der Anrechnung der ordentlichen Altersrente der Klagerin aus\nder AHV zu uberprufen. \n--- \n| 10 \n--- \n| Die Beklagte beantragt, \n--- \n| 11 \n--- \n| das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Mai 2002 aufzuheben und die\nKlage in vollem Umfang abzuweisen. \n--- \n| 12 \n--- \n| Die Klagerin beantragt, \n--- \n| 13 \n--- \n| die Berufung zuruckzuweisen. \n--- \n| 14 \n--- \n| Sie halt das angefochtene Urteil fur zutreffend. Die AHV-Altersrente habe\nzumindest teilweise Unterhaltsersatzfunktion. \n--- \n| 15 \n--- \n| Der Senat hat von lic. iur. S. die erganzende Stellungnahme vom 26.\nSeptember 2003 eingeholt; darin hat er ausgefuhrt, beim Splitting gehe es\nprimar nicht darum, eine Unterhaltsfunktion wahrzunehmen, sondern einen\nsozialen Ausgleich zu schaffen dafur, dass die Ehefrauen in der Regel die\nunbezahlte Hausarbeit und die ebenfalls unbezahlte Kinderarbeit erledigten. \n--- \n| 16 \n--- \n| Der Senat hat die uber die Klagerin gefuhrte Rentenakte der BfA (VSNR XX)\nbeigezogen. \n--- \n| 17 \n--- \n| Zur weiteren Darstellung wird auf die beigezogene Akte der BfA, die\nVerwaltungsakten der Beklagten (2 Bde.), die Klageakte des SG und die\nBerufungsakte des Senats Bezug genommen. \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| \n---|--- \n| 18 \n--- \n| Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. \n--- \n| 19 \n--- \n| Gemaß § 123 SGG ist in Ansehung der Prozesserklarungen der Beteiligten in\nder mundlichen Verhandlung vom 26. Januar 2005 sowie der dort gestellten\nAntrage (vgl. hierzu etwa BSG SozR 3-1500 § 96 Nr. 9) allein daruber zu\nentscheiden, ob die Beklagte die laufende Zahlung der großen Witwenrente auf\nder Grundlage des Bescheides vom 21. Juli 1997 in der Gestalt des\nWiderspruchsbescheides vom 20. Oktober 1997 in der Zeit vom 1. Mai 1997 bis\n31. Mai 2002 zu Recht verweigert hat, wobei die Klagerin die Anrechnung der\nAltersrente von der BfA nicht und die Anrechnung der AHV-Rente nur insoweit\nangreift, als diese Rente bei der Einkommensanrechnung uber den auf ihren\neigenen schweizerischen Beitragen beruhenden Anteil - vom SG mit CHF 1.286,00\nin Ansatz gebracht - hinaus berucksichtigt worden ist. Auf Grund des\ngerichtlichen Vergleichs vom 26. Januar 2005 nicht mehr zu befinden ist\ndagegen uber die Rechtmaßigkeit des Bescheides vom 6. Februar 2003. Nicht\numstritten sind ferner die ubrigen Verfugungssatze der allein noch\nstreitgegenstandlichen Bescheide sowie die dort fur die Rentenberechnung\nzugrunde gelegten Faktoren. \n--- \n| 20 \n--- \n| Die Berufung der Beklagten ist zulassig. Sie ist gemaß § 151 Abs. 1 SGG\nform- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die\nBerufung wiederkehrende Leistungen fur mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs.\n1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist auch begrundet. Die hier umstrittene\nAnrechnung der ordentlichen Altersrente der Klagerin aus der AHV ist\nrechtmaßig; demgemaß vermag sie mit ihrem allein noch umstrittenen Begehren\nnicht durchzudringen. \n--- \n| 21 \n--- \n| Rechtsgrundlage fur die Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes - wie\ndie große Witwenrente (§ 46 Abs. 1 und 2 SGB VI) - ist die Bestimmung des § 97\nSGB VI. Nach Abs. 1 Satz 1 a.a.O. wird Einkommen (§§ 18a bis 18e SGB IV) von\nBerechtigten, das mit einer Witwenrente zusammentrifft, hierauf angerechnet;\ndies gilt nicht bei Witwenrenten, solange deren Rentenartfaktor mindestens 1,0\n- also fur das Sterbevierteljahr (vgl. § 67 Nr. 6 SGB VI) - betragt (§ 97 Abs.\n1 Satz 2 SGB VI). Anrechenbar ist gemaß § 97 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI das\nEinkommen, das bei Witwenrenten das 26,4fache des aktuellen Rentenwerts\nubersteigt. Von dem danach verbleibenden anrechenbaren Einkommen werden 40 vom\nHundert angerechnet (Satz 3 a.a.O.). \n--- \n| 22 \n--- \n| Nach diesen Regelungen hat die Beklagte im Bescheid vom 21. Juli 1997 fur\ndie - hier nicht mehr umstrittene Zeit vom 1. Februar bis 30. April 1997\n(Sterbevierteljahr) - eine große Witwenrente ungekurzt gezahlt, die\nRentengewahrung ab 1. Mai 1997 indessen zu Recht verweigert. Übergangsrecht (§\n314 SGB VI) kommt der Klagerin nicht zugute. Die Berechnungen der Beklagten\nwirken sich unter Ansatz der Renten von der BfA und aus der AHV, von welchen\nuber § 18b Abs. 5 Satz 2 SGB IV die fiktiven Beitragsanteile zur\nKrankenversicherung (6,70 v.H. ab 1. Mai 1997, 6,65 v.H. ab 1. Juli 1997; vgl.\n§ 247 des Funften Buches Sozialgesetzbuch, ferner „Sozialversicherungswerte"\nabgedruckt in Aichberger 4/11) und zur Pflegeversicherung (0,85 v.H.; vgl. §\n55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) abgezogen worden sind - tatsachlich\ngeleistete hohere Beitrage hat die Klagerin im Übrigen selbst nicht geltend\ngemacht -, nicht zu deren Ungunsten aus, auch wenn, entgegen § 17a Abs. 2 SGB\nIV i.V.m. Abs. 1 a.a.O. (Fassung bis 31. Dezember 1998), fur die\nEinkommensanrechnung ab 1. Mai 1997 der Umrechnungskurs fur den Monat April\n1997 zugrunde gelegt worden ist, denn der Kurswert des CHF zur DM ist in den\nfolgenden Monaten des Jahres 1997 kontinuierlich gestiegen (z.B. im Mai\n1,19046, im Juli 1,20944). Unter Berucksichtigung der Freibetrage des § 97\nAbs. 2 Nr. 1 SGB VI - bei aktuellen Rentenwerten von 46,67 ab 1. Juli 1996\nsowie von 47,44 ab 1. Juli 1997 (vgl. „Sozialversicherungswerte" in Aichberger\na.a.O.) multipliziert mit 26,4 errechnen sich hier DM 1.232,09 bzw. DM\n1.252,42 - und unter Anrechnung des verbleibenden Restes mit einer Quote von\n40 v.H. (§ 97 Abs. 2 Satz 3 SGB VI) ergeben sich, auch mit Blick auf\nRundungsungenauigkeiten, fur die Klagerin gunstigstenfalls anzurechnende\nBetrage von DM 305,82 (ab 1. Mai 1997) und von DM 310,70 (ab 1. Juli 1997).\nDiese ubersteigen jedoch die auf DM 274,14 (Mai und Juni 1997) bzw. DM 278,66\n(ab Juli 1997) errechnete Witwenrente deutlich, so dass sich ein Zahlbetrag\nnicht ergibt. Das Freizugigkeitsabkommen EG/Schweiz (ABl. Nr. L 114 vom 30.\nApril 2002; BGBl. II vom 7. September 2001 S. 810) ist erst am 1. Juni 2002 in\nKraft getreten (vgl. auch Bekanntmachung vom 10. Juni 2002 (BGBl. II S.\n1692)); es kann daher in der streitbefangenen Zeit die die\nEinkommensanrechnung modifizierende - immerhin fur die Klagerin (vgl. auch den\nBescheid vom 6. Februar 2003) gunstigere - Regelung in § 97 Abs. 2 Satz 4 SGB\nVI (in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1983)) noch\nkeine Anwendung finden. \n--- \n| 23 \n--- \n| Entgegen der Auffassung der Klagerin handelt es sich bei der ihr ab 1.\nFebruar 1997 gewahrten ordentlichen Altersrente aus der AHV um anrechenbares\nEinkommen im Sinne des § 97 SGB VI. Heranzuziehen ist insoweit die Vorschrift\ndes § 18a SGB IV, die hier in der zuletzt auf Grund des Gesetzes vom 15.\nDezember 1995 (BGBl. I S. 1809) geanderten Fassung anzuwenden ist. Nach § 18a\nAbs. 1 SGB IV sind bei Renten wegen Todes als Einkommen zu berucksichtigen\n(1.) Erwerbseinkommen und (2.) Leistungen, die auf Grund oder in\nentsprechender Anwendung offentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht werden,\num Erwerbseinkommen zu ersetzen (Erwerbsersatzeinkommen), mit Ausnahmen von\nZusatzleistungen. Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des Abs. 1 Nr. 2 der\nVorschrift sind nach § 18a Abs. 3 Satz 1 1. Halbs. Nr. 2 SGB IV u.a. Renten\nder Rentenversicherung wegen Alters, außerdem nach 2. Halbs. a.a.O.\nvergleichbare Ersatzleistungen, die von einer Stelle außerhalb des\nGeltungsbereichs dieses Gesetzbuchs erbracht werden. Unter Anwendung dieser\nRegelungen hat die Beklagte - was auch die Klagerin nicht angreift - die\ndieser von der BfA gewahrte Altersrente zutreffend als Erwerbsersatzeinkommen\nberucksichtigt. Die Beklagte hat daruber hinaus bei der Einkommensanrechnung\nzu Recht auf die ordentliche Altersrente aus der AHV zuruckgegriffen, denn\ndiese Rente ist eine der inlandischen Altersrente vergleichbare auslandische\nErsatzleistung. \n--- \n| 24 \n--- \n| Die Vergleichbarkeit einer auslandischen Ersatzleistung im Sinne des § 18a\nAbs. 3 Satz 1 2. Halbs. SGB IV ist zu bejahen, wenn die auslandischen\nLeistungen in ihrem Kerngehalt den typischen Merkmalen der inlandischen\nErwerbsersatzeinkommen entsprechen, mithin nach Motivation und Funktion\ngleichwertig sind (vgl. zum Folgenden BSG, Urteile vom 6. Februar 1991 - 13/5\nRJ 16/89 (SozR 3-2400 § 18a Nr. 1) und 13/5 RJ 15/89 (veroffentlicht in\nJURIS); BSGE 68, 184, 186 f. = SozR a.a.O. Nr. 2; jeweils m.w.N.). Nach diesen\nMerkmalen muss die auslandische Geldleistung, um als vergleichbar im\nbezeichneten Sinn bewertet werden zu konnen, eine Leistung aus einem System\nder gesetzlichen Rentenversicherung sein, also auf einer Pflichtzugehorigkeit\nberuhen, wiederkehrende Leistungen etwa fur den Fall des Alters und des Todes\nvorsehen und darf kein reines Zusatzversorgungssystem darstellen. Daruber\nhinaus muss es sich gemaß der Definition in § 18a Abs. 1 Nr. 2 SGB IV um\nErwerbsersatzeinkommen handeln. Ein solches stellen Geldleistungen dar, die\naus eigener Versicherung erworben worden sind (so genannte\nVersichertenrenten); das sind regelmaßig wiederkehrende Geldleistungen an\nVersicherte, bei denen beispielsweise das Alter eingetreten ist und die\nabstrakte Lohnfunktion haben, d.h. die in funktionellem Zusammenhang mit dem\nfruheren Erwerbseinkommen stehen. Davon zu unterscheiden sind die\nHinterbliebenenrenten; das sind auf Beitragen des verstorbenen Versicherten\nberuhende, aus einer versicherungsrechtlichen Position abgeleitete Renten, die\nan dessen Ehegatten und/oder dessen Kinder gezahlt werden. Die\nHinterbliebenenrenten haben nicht Erwerbsersatzfunktion, sondern\nUnterhaltsersatzfunktion, denn sie sollen den Ausfall von familienrechtlichen\nUnterhaltsleistungen ersetzen, die die Hinterbliebenen von dem Verstorbenen\nerhalten haben. \n--- \n| 25 \n--- \n| Beide Voraussetzungen fur die Vergleichbarkeit einer auslandischen\nErsatzleistung sind hier erfullt. Bei der schweizerischen AHV handelt es sich\num ein System der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. BSG, Urteile vom 6.\nFebruar 1991 a.a.O.). In die Versicherung obligatorisch einbezogen sind alle\nnaturlichen Personen, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, dies gilt seit\nder 10. AHV-Revision selbst fur nichterwerbstatige Ehegatten (vgl.\nRahn/Becker, DRV 1997, 662, 686; Stillich, DAngVers 1998, 241; Brombacher-\nSteiner, DRV 1998, 432, 433; Becker, DRV-Schriften 1999 Band 15, 211, 235;\ndies., DRV-Schriften 2003 Band 45, 255, 281 f.). Die AHV sieht\nRentenleistungen fur den Fall des Alters und des Todes vor (vgl. Art. 21 ff.,\n23 ff. AHVG). \n--- \n| 26 \n--- \n| Daruber hinaus handelt es sich bei der der Klagerin unter Berucksichtigung\nder Rechtsanderungen nach der 10. AHV-Revision gewahrten ordentlichen\nAltersrente um „Erwerbsersatzeinkommen" im Sinne des § 18a Abs. 1 Nr. 2 SGB\nIV. Anspruch auf Altersrente haben Frauen und Manner nach Art. 21 Abs. 1 lit.\nb AHVG mit der Vollendung einer bestimmten Altersgrenze, welche sich bei der\nKlagerin auf Grund von Übergangsrecht auf das 62. Lebensjahr belaufen hat\n(vgl. das Rentengutachten des lic. iur. S. vom 26. Marz 2002; Wolf, MittLVA\nWurttemberg 1997, 72, 73; Stillich, a.a.O., S. 243; Brombacher-Steiner,\na.a.O., S. 434; zum Übergangsrecht allgemein Brechbuhl, Soziale Sicherheit\n(CHSS) 1996, 244 ff.); nach Art. 21 Abs. 2 AHVG hatte sie damit zum 1. Februar\n1997 einen Altersrentenanspruch erworben. Einen Anspruch auf Auszahlung einer\nWitwenrente hatte die Klagerin dagegen schon deswegen nicht, weil nach Art.\n24b AHVG nur die hohere Rente - hier also die ordentliche Altersrente -\nausbezahlt wird (vgl. auch das Rentengutachten des lic. iur. S. vom 26. Marz\n2002 und seine Stellungnahme vom 26. September 2003). Die der Klagerin\nbewilligte schweizerische ordentliche Altersrente ist damit - jedenfalls nach\nder 10. AHV-Revision - schon von ihrer wirtschaftlichen Funktion her nicht\nmehr als Ausgleich der durch den Tod des Versicherten entstandenen\nVersorgungslucke anzusehen (vgl. hierzu BSGE 68, 184, 187). Ganz entscheidend\nfur den Lohnersatzcharakter der ordentlichen Altersrente sind jedoch die\nStrukturen dieser Leistung, die ihre Grundlage in der mit Wirkung vom 1.\nJanuar 1997 in Kraft getretenen 10. AHV-Revision haben. Mit dieser Revision\nist eine Rechtsentwicklung eingeleitet worden, die - mit dem Ziel der\nGleichstellung von Frauen und Mannern - zu einer Abkehr vom bisherigen\nRechtszustand hin zu einem Individual-Rentensystem gefuhrt hat. Die in den\nUrteilen des BSG vom 6. Februar 1991 a.a.O. auf der Basis der seinerzeit\nrevisionsrechtlich zugrunde zu legenden Tatsachenfeststellungen gebilligte\nRechtsauffassung zum Unterhaltsersatzcharakter der einfachen Altersrente nach\ndamaligem schweizerischem Recht kann nun nicht mehr aufrechterhalten bleiben. \n--- \n| 27 \n--- \n| Das bis zum Inkrafttreten der 10. AHV-Revision maßgebliche Rentensystem war\nauf das Leitbild gestutzt, dass der Ehemann das Haupt der ehelichen\nGemeinschaft sei. Dies zeigte sich u.a. darin, dass bei\naltersrentenberechtigten verheirateten Paaren eine so genannte Ehepaar-\nAltersrente ausgerichtet wurde, die 150 v.H. der einfachen Altersrente betrug,\ngrundsatzlich dem Mann allein zustand und fur die bei der Rentenberechnung\nausschließlich die Beitragsdauer des Mannes maßgebend war, wahrend die\nversicherten Einkommen der Ehegatten addiert wurden (vgl. die Stellungnahme\ndes lic. iur. S. vom 26. September 2003; ferner Schotz, DAngVers 1987, 113,\n116; Christoffel, CHSS 1996, 236). Die Ehefrau im Rentenalter (damals nach\nVollendung des 62. Lebensjahrs) hatte einen eigenen Rentenanspruch nur\nsolange, wie der Ehemann selbst noch nicht rentenberechtigt war; ihr eigener\nAnspruch erlosch jedoch mit dessen Renteneintritt und der sodann gezahlten\nEhepaar-Altersrente (vgl. Christoffel, a.a.O.; Becker; DRV-Schriften Band 15,\na.a.O.; dies., DRV-Schriften Band 45, a.a.O., S. 282). Nach dem Tode eines\nEhegatten stand dem uberlebenden Partner eine - ebenfalls nach den\nvorstehenden Berechnungsgrundlagen ermittelte - einfache Altersrente zu, wobei\ninsoweit bei der verwitweten Ehefrau freilich wieder ihre eigenen Beitrage und\nihr eigenes Einkommen maßgebend waren, wenn diese hoher waren (vgl. Schotz,\na.a.O.). Der Überholtheit des dargestellten - und in aller Regel die Frau\nbenachteiligenden - Familienbildes sollte durch zahlreiche Rechtsanderungen\nmit der 10. AHV-Revision Rechnung getragen werden (vgl. hierzu grundlegend\nBerger, CHSS 1996, 228 ff.; Stillich, a.a.O., S. 241 ff.; Brombacher-Steiner,\na.a.O., S. 432 ff.). Als hier interessierende Neuerungen seien insbesondere\nder eigenstandige Altersrentenanspruch der Ehefrau (Art. 21 AHVG) mit den\nnunmehr bei der Rentenberechnung zu berucksichtigenden eigenen Beitragsjahren\n(Art. 29bis Abs. 1 und 29ter Abs. 2 AHVG), das Rentensplitting (Art.\n29quinqiues Abs. 3 AHVG) und die Erziehungsgutschriften (Art. 29sexies AHVG)\nangefuhrt. Nach Art. 29quinquies Abs. 3 Satz 1 AHVG werden Einkommen, welche\ndie Ehegatten wahrend der Kalenderjahre der gemeinsamen Ehe erzielt haben,\ngeteilt und je zur Halfte den beiden Ehegatten angerechnet. Die\nEinkommensanrechnung wird nach Satz 2 a.a.O. vorgenommen: (a) wenn beide\nEhegatten rentenberechtigt sind; (b) wenn eine verwitwete Person Anspruch auf\neine Altersrente hat; (c) bei Auflosung der Ehe durch Scheidung. Das auf Grund\nder Einkommensteilung im individuellen Konto eingetragene Erwerbseinkommen\ngilt bei der Berechnung von spater entstehenden Renten als eigenes Einkommen\n(vgl. Art. 29quinquies Abs. 5 AHVG i.V.m. Art 50h der AHV-Verordnung). Gemaß\nArt. 29sexies Abs. 1 Satz 1 AHVG wird Versicherten fur diejenigen Jahre eine\nErziehungsgutschrift angerechnet, in welchen ihnen die elterliche Sorge fur\neines oder mehrere Kinder zusteht, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet\nhaben; die Erziehungsgutschrift entspricht nach Abs. 2 a.a.O. dem Betrag der\ndreifachen minimalen jahrlichen Altersrente (Art. 34 AHVG) im Zeitpunkt der\nEntstehung des Rentenanspruchs. Die Erziehungsgutschriften sind neben den\nBeitragsjahren und dem Erwerbseinkommen Grundlage fur die Rentenberechnung\n(vgl. Art. 29bis ff. AHVG; ferner Rentengutachten des lic. iur. S. vom 26.\nMarz 2002); sie sind bei der Zahl der Beitragsjahre zu berucksichtigen (vgl.\nArt. 29ter Abs. 2 Buchst. c AHVG) und, da auch bei Nichterwerbstatigkeit\ngrundsatzlich Beitragspflicht besteht, als fiktive Zuschlage zum\nErwerbseinkommen ausgestaltet (vgl. Becker, DRV-Schriften Band 15, a.a.O., S.\n235; dies., DRV-Schriften Band 45, a.a.O., S. 282). \n--- \n| 28 \n--- \n| Die dargestellten Rechtsanderungen durch die 10. AHV-Revision konnen im\nRahmen der hier umstrittenen Einkommensanrechnung nicht unbeachtet bleiben.\nDurch diese Revision wurde eine eigenstandige Alterssicherung fur\n(verheiratete) Frauen eingefuhrt, die, neben der Berechnung der Rente nach der\neigenen Beitragsdauer und beispielweise den auch bei der Klagerin in Ansatz\ngebrachten Erziehungsgutschriften, namentlich in dem sie begunstigenden\nRentensplitting ihren besonderen Ausdruck findet. Primarer Zweck der\nSplittings ist es, - so ausdrucklich lic. iur. S. (Stellungnahme vom 26.\nSeptember 2003) - einen sozialen Ausgleich zu schaffen dafur, dass die\nEhefrauen traditionellerweise die unbezahlte Hausarbeit und Kindererziehung\nerledigen; das zu gesplittete Einkommen gilt, wie ausgefuhrt, bei der\nRentenberechnung als eigenes Einkommen. Der vorgenannte Zweck ist indessen mit\ndem Ziel vergleichbar, das der in der Bundesrepublik Deutschland mit der\nScheidungsreform zum 1. Juli 1977 erfolgten Einfuhrung des\nVersorgungsausgleichs (§§ 1587 ff. des Burgerlichen Gesetzbuchs) zugrunde lag;\ndenn mit dem Versorgungsausgleich wollte der Gesetzgeber fur den Berechtigten\n- in der Regel die Ehefrau - eine eigenstandige soziale Sicherung begrunden\n(vgl. Bundestags-Drucksache 7/650 S. 155), wenngleich das Ehegattensplitting\nbislang nur im Scheidungsfall anwendbar ist (vgl. zu Reformbestrebungen\nMaschner, DRV 1997, 690 ff.). Ausgangspunkt war die - vom\nBundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 53, 257, 296; 63, 88, 109; jeweils\nm.w.N.) gebilligte - Sichtweise, dass die unmittelbaren Leistungen der Frau\nbei der Fuhrung des Haushalts und der Pflege und Erziehung der Kinder als\ngleichwertig neben der Barunterhaltsleistung stehen und deshalb auch die\nwahrend der Ehe nach Maßgabe der von den Ehegatten vereinbarten Arbeitsteilung\ngemeinsam erwirtschafteten Versorgungsanrechte nach Scheidung der Ehe\ngleichmaßig auf beide Partner verteilt werden sollen. Auch bei den auf dem\nVersorgungsausgleich beruhenden Renten hat indessen eine Anrechnung im Rahmen\ndes § 97 SGB VI zu erfolgen, weil diese - als Anspruche aus eigenem Recht -\nErwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB IV\ndarstellen (vgl. BSGE 62, 156, 159 = SozR 2200 § 1291 Nr. 31). Nichts anderes\ngilt aber fur die der Klagerin gewahrte ordentliche Altersrente aus der AHV,\ndie einer derartigen Versichertenrente vergleichbar ist. Keiner weiteren\nErorterung bedarf, dass auch die bei der Berechnung der schweizerischen Rente\nzu berucksichtigenden Erziehungsgutschriften - da dem Sinn und Zweck sowie den\nModalitaten der Berucksichtigung der Kindererziehungszeiten (§ 3 Abs. 1 Satz 1\nNr. 1, 56 i.V.m. § 70 Abs. 2 SGB VI) vergleichbar - von der\nEinkommensanrechnung erfasst werden; um kindbezogene Leistungen im Sinne des §\n18a Abs. 3 Satz 2 SGB IV (vgl. hierzu Schotz a.a.O., S. 117; Seewald in\nKasseler Kommentar, SGB IV § 18a Rdnr. 35) handelt es sich hierbei nicht. \n--- \n| 29 \n--- \n| Auch zwischenstaatliches Recht hilft hier nicht weiter; die Abkommen\nzwischen der Bundesrepublik Deutschland und der schweizerischen\nEidgenossenschaft uber Sozialversicherung enthalten keine Einschrankung der\nEinkommensanrechnung im Sinne der §§ 97 SGB VI, 18a SGB IV. Soweit die\nKlagerin rugt, dass einerseits die schweizerische Altersrente auf die große\nWitwenrente anzurechnen und andererseits die AHV-Rente geschmalert sei, weil\ndie in Deutschland erworbenen Rentenanwartschaften dort nicht berucksichtigt\nwurden, ist dies mit den Besonderheiten des Abkommensrechts zu erklaren, das\ndazu fuhrt, dass der inlandische und der auslandische Trager die Renten\njeweils grundsatzlich nur aus den in seinem Rechtssystem zuruckgelegten Zeiten\nzu errechnen und nach den Maßgaben des von ihm anzuwendenden\nRentenversicherungsrechts zu gewahren haben. Hierbei zu Tage tretende\nUnterschiede sind im Hinblick auf die Verwaltungspraktikabilitat hinzunehmen,\nzumal die auslandische Ersatzleistung ohnehin nicht in voller Hohe, sondern\nunter Berucksichtigung von 40% des die Freibetrage ubersteigenden Restes\nangerechnet wird (vgl. BSGE 68, 184, 190). \n--- \n| 30 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. \n--- \n| 31 \n--- \n| Die Voraussetzungen fur die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und\n2 SGG) liegen nicht vor. \n--- \n \n## Gründe\n\n| \n---|--- \n| 18 \n--- \n| Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. \n--- \n| 19 \n--- \n| Gemaß § 123 SGG ist in Ansehung der Prozesserklarungen der Beteiligten in\nder mundlichen Verhandlung vom 26. Januar 2005 sowie der dort gestellten\nAntrage (vgl. hierzu etwa BSG SozR 3-1500 § 96 Nr. 9) allein daruber zu\nentscheiden, ob die Beklagte die laufende Zahlung der großen Witwenrente auf\nder Grundlage des Bescheides vom 21. Juli 1997 in der Gestalt des\nWiderspruchsbescheides vom 20. Oktober 1997 in der Zeit vom 1. Mai 1997 bis\n31. Mai 2002 zu Recht verweigert hat, wobei die Klagerin die Anrechnung der\nAltersrente von der BfA nicht und die Anrechnung der AHV-Rente nur insoweit\nangreift, als diese Rente bei der Einkommensanrechnung uber den auf ihren\neigenen schweizerischen Beitragen beruhenden Anteil - vom SG mit CHF 1.286,00\nin Ansatz gebracht - hinaus berucksichtigt worden ist. Auf Grund des\ngerichtlichen Vergleichs vom 26. Januar 2005 nicht mehr zu befinden ist\ndagegen uber die Rechtmaßigkeit des Bescheides vom 6. Februar 2003. Nicht\numstritten sind ferner die ubrigen Verfugungssatze der allein noch\nstreitgegenstandlichen Bescheide sowie die dort fur die Rentenberechnung\nzugrunde gelegten Faktoren. \n--- \n| 20 \n--- \n| Die Berufung der Beklagten ist zulassig. Sie ist gemaß § 151 Abs. 1 SGG\nform- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die\nBerufung wiederkehrende Leistungen fur mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs.\n1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist auch begrundet. Die hier umstrittene\nAnrechnung der ordentlichen Altersrente der Klagerin aus der AHV ist\nrechtmaßig; demgemaß vermag sie mit ihrem allein noch umstrittenen Begehren\nnicht durchzudringen. \n--- \n| 21 \n--- \n| Rechtsgrundlage fur die Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes - wie\ndie große Witwenrente (§ 46 Abs. 1 und 2 SGB VI) - ist die Bestimmung des § 97\nSGB VI. Nach Abs. 1 Satz 1 a.a.O. wird Einkommen (§§ 18a bis 18e SGB IV) von\nBerechtigten, das mit einer Witwenrente zusammentrifft, hierauf angerechnet;\ndies gilt nicht bei Witwenrenten, solange deren Rentenartfaktor mindestens 1,0\n- also fur das Sterbevierteljahr (vgl. § 67 Nr. 6 SGB VI) - betragt (§ 97 Abs.\n1 Satz 2 SGB VI). Anrechenbar ist gemaß § 97 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI das\nEinkommen, das bei Witwenrenten das 26,4fache des aktuellen Rentenwerts\nubersteigt. Von dem danach verbleibenden anrechenbaren Einkommen werden 40 vom\nHundert angerechnet (Satz 3 a.a.O.). \n--- \n| 22 \n--- \n| Nach diesen Regelungen hat die Beklagte im Bescheid vom 21. Juli 1997 fur\ndie - hier nicht mehr umstrittene Zeit vom 1. Februar bis 30. April 1997\n(Sterbevierteljahr) - eine große Witwenrente ungekurzt gezahlt, die\nRentengewahrung ab 1. Mai 1997 indessen zu Recht verweigert. Übergangsrecht (§\n314 SGB VI) kommt der Klagerin nicht zugute. Die Berechnungen der Beklagten\nwirken sich unter Ansatz der Renten von der BfA und aus der AHV, von welchen\nuber § 18b Abs. 5 Satz 2 SGB IV die fiktiven Beitragsanteile zur\nKrankenversicherung (6,70 v.H. ab 1. Mai 1997, 6,65 v.H. ab 1. Juli 1997; vgl.\n§ 247 des Funften Buches Sozialgesetzbuch, ferner „Sozialversicherungswerte"\nabgedruckt in Aichberger 4/11) und zur Pflegeversicherung (0,85 v.H.; vgl. §\n55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) abgezogen worden sind - tatsachlich\ngeleistete hohere Beitrage hat die Klagerin im Übrigen selbst nicht geltend\ngemacht -, nicht zu deren Ungunsten aus, auch wenn, entgegen § 17a Abs. 2 SGB\nIV i.V.m. Abs. 1 a.a.O. (Fassung bis 31. Dezember 1998), fur die\nEinkommensanrechnung ab 1. Mai 1997 der Umrechnungskurs fur den Monat April\n1997 zugrunde gelegt worden ist, denn der Kurswert des CHF zur DM ist in den\nfolgenden Monaten des Jahres 1997 kontinuierlich gestiegen (z.B. im Mai\n1,19046, im Juli 1,20944). Unter Berucksichtigung der Freibetrage des § 97\nAbs. 2 Nr. 1 SGB VI - bei aktuellen Rentenwerten von 46,67 ab 1. Juli 1996\nsowie von 47,44 ab 1. Juli 1997 (vgl. „Sozialversicherungswerte" in Aichberger\na.a.O.) multipliziert mit 26,4 errechnen sich hier DM 1.232,09 bzw. DM\n1.252,42 - und unter Anrechnung des verbleibenden Restes mit einer Quote von\n40 v.H. (§ 97 Abs. 2 Satz 3 SGB VI) ergeben sich, auch mit Blick auf\nRundungsungenauigkeiten, fur die Klagerin gunstigstenfalls anzurechnende\nBetrage von DM 305,82 (ab 1. Mai 1997) und von DM 310,70 (ab 1. Juli 1997).\nDiese ubersteigen jedoch die auf DM 274,14 (Mai und Juni 1997) bzw. DM 278,66\n(ab Juli 1997) errechnete Witwenrente deutlich, so dass sich ein Zahlbetrag\nnicht ergibt. Das Freizugigkeitsabkommen EG/Schweiz (ABl. Nr. L 114 vom 30.\nApril 2002; BGBl. II vom 7. September 2001 S. 810) ist erst am 1. Juni 2002 in\nKraft getreten (vgl. auch Bekanntmachung vom 10. Juni 2002 (BGBl. II S.\n1692)); es kann daher in der streitbefangenen Zeit die die\nEinkommensanrechnung modifizierende - immerhin fur die Klagerin (vgl. auch den\nBescheid vom 6. Februar 2003) gunstigere - Regelung in § 97 Abs. 2 Satz 4 SGB\nVI (in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1983)) noch\nkeine Anwendung finden. \n--- \n| 23 \n--- \n| Entgegen der Auffassung der Klagerin handelt es sich bei der ihr ab 1.\nFebruar 1997 gewahrten ordentlichen Altersrente aus der AHV um anrechenbares\nEinkommen im Sinne des § 97 SGB VI. Heranzuziehen ist insoweit die Vorschrift\ndes § 18a SGB IV, die hier in der zuletzt auf Grund des Gesetzes vom 15.\nDezember 1995 (BGBl. I S. 1809) geanderten Fassung anzuwenden ist. Nach § 18a\nAbs. 1 SGB IV sind bei Renten wegen Todes als Einkommen zu berucksichtigen\n(1.) Erwerbseinkommen und (2.) Leistungen, die auf Grund oder in\nentsprechender Anwendung offentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht werden,\num Erwerbseinkommen zu ersetzen (Erwerbsersatzeinkommen), mit Ausnahmen von\nZusatzleistungen. Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des Abs. 1 Nr. 2 der\nVorschrift sind nach § 18a Abs. 3 Satz 1 1. Halbs. Nr. 2 SGB IV u.a. Renten\nder Rentenversicherung wegen Alters, außerdem nach 2. Halbs. a.a.O.\nvergleichbare Ersatzleistungen, die von einer Stelle außerhalb des\nGeltungsbereichs dieses Gesetzbuchs erbracht werden. Unter Anwendung dieser\nRegelungen hat die Beklagte - was auch die Klagerin nicht angreift - die\ndieser von der BfA gewahrte Altersrente zutreffend als Erwerbsersatzeinkommen\nberucksichtigt. Die Beklagte hat daruber hinaus bei der Einkommensanrechnung\nzu Recht auf die ordentliche Altersrente aus der AHV zuruckgegriffen, denn\ndiese Rente ist eine der inlandischen Altersrente vergleichbare auslandische\nErsatzleistung. \n--- \n| 24 \n--- \n| Die Vergleichbarkeit einer auslandischen Ersatzleistung im Sinne des § 18a\nAbs. 3 Satz 1 2. Halbs. SGB IV ist zu bejahen, wenn die auslandischen\nLeistungen in ihrem Kerngehalt den typischen Merkmalen der inlandischen\nErwerbsersatzeinkommen entsprechen, mithin nach Motivation und Funktion\ngleichwertig sind (vgl. zum Folgenden BSG, Urteile vom 6. Februar 1991 - 13/5\nRJ 16/89 (SozR 3-2400 § 18a Nr. 1) und 13/5 RJ 15/89 (veroffentlicht in\nJURIS); BSGE 68, 184, 186 f. = SozR a.a.O. Nr. 2; jeweils m.w.N.). Nach diesen\nMerkmalen muss die auslandische Geldleistung, um als vergleichbar im\nbezeichneten Sinn bewertet werden zu konnen, eine Leistung aus einem System\nder gesetzlichen Rentenversicherung sein, also auf einer Pflichtzugehorigkeit\nberuhen, wiederkehrende Leistungen etwa fur den Fall des Alters und des Todes\nvorsehen und darf kein reines Zusatzversorgungssystem darstellen. Daruber\nhinaus muss es sich gemaß der Definition in § 18a Abs. 1 Nr. 2 SGB IV um\nErwerbsersatzeinkommen handeln. Ein solches stellen Geldleistungen dar, die\naus eigener Versicherung erworben worden sind (so genannte\nVersichertenrenten); das sind regelmaßig wiederkehrende Geldleistungen an\nVersicherte, bei denen beispielsweise das Alter eingetreten ist und die\nabstrakte Lohnfunktion haben, d.h. die in funktionellem Zusammenhang mit dem\nfruheren Erwerbseinkommen stehen. Davon zu unterscheiden sind die\nHinterbliebenenrenten; das sind auf Beitragen des verstorbenen Versicherten\nberuhende, aus einer versicherungsrechtlichen Position abgeleitete Renten, die\nan dessen Ehegatten und/oder dessen Kinder gezahlt werden. Die\nHinterbliebenenrenten haben nicht Erwerbsersatzfunktion, sondern\nUnterhaltsersatzfunktion, denn sie sollen den Ausfall von familienrechtlichen\nUnterhaltsleistungen ersetzen, die die Hinterbliebenen von dem Verstorbenen\nerhalten haben. \n--- \n| 25 \n--- \n| Beide Voraussetzungen fur die Vergleichbarkeit einer auslandischen\nErsatzleistung sind hier erfullt. Bei der schweizerischen AHV handelt es sich\num ein System der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. BSG, Urteile vom 6.\nFebruar 1991 a.a.O.). In die Versicherung obligatorisch einbezogen sind alle\nnaturlichen Personen, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, dies gilt seit\nder 10. AHV-Revision selbst fur nichterwerbstatige Ehegatten (vgl.\nRahn/Becker, DRV 1997, 662, 686; Stillich, DAngVers 1998, 241; Brombacher-\nSteiner, DRV 1998, 432, 433; Becker, DRV-Schriften 1999 Band 15, 211, 235;\ndies., DRV-Schriften 2003 Band 45, 255, 281 f.). Die AHV sieht\nRentenleistungen fur den Fall des Alters und des Todes vor (vgl. Art. 21 ff.,\n23 ff. AHVG). \n--- \n| 26 \n--- \n| Daruber hinaus handelt es sich bei der der Klagerin unter Berucksichtigung\nder Rechtsanderungen nach der 10. AHV-Revision gewahrten ordentlichen\nAltersrente um „Erwerbsersatzeinkommen" im Sinne des § 18a Abs. 1 Nr. 2 SGB\nIV. Anspruch auf Altersrente haben Frauen und Manner nach Art. 21 Abs. 1 lit.\nb AHVG mit der Vollendung einer bestimmten Altersgrenze, welche sich bei der\nKlagerin auf Grund von Übergangsrecht auf das 62. Lebensjahr belaufen hat\n(vgl. das Rentengutachten des lic. iur. S. vom 26. Marz 2002; Wolf, MittLVA\nWurttemberg 1997, 72, 73; Stillich, a.a.O., S. 243; Brombacher-Steiner,\na.a.O., S. 434; zum Übergangsrecht allgemein Brechbuhl, Soziale Sicherheit\n(CHSS) 1996, 244 ff.); nach Art. 21 Abs. 2 AHVG hatte sie damit zum 1. Februar\n1997 einen Altersrentenanspruch erworben. Einen Anspruch auf Auszahlung einer\nWitwenrente hatte die Klagerin dagegen schon deswegen nicht, weil nach Art.\n24b AHVG nur die hohere Rente - hier also die ordentliche Altersrente -\nausbezahlt wird (vgl. auch das Rentengutachten des lic. iur. S. vom 26. Marz\n2002 und seine Stellungnahme vom 26. September 2003). Die der Klagerin\nbewilligte schweizerische ordentliche Altersrente ist damit - jedenfalls nach\nder 10. AHV-Revision - schon von ihrer wirtschaftlichen Funktion her nicht\nmehr als Ausgleich der durch den Tod des Versicherten entstandenen\nVersorgungslucke anzusehen (vgl. hierzu BSGE 68, 184, 187). Ganz entscheidend\nfur den Lohnersatzcharakter der ordentlichen Altersrente sind jedoch die\nStrukturen dieser Leistung, die ihre Grundlage in der mit Wirkung vom 1.\nJanuar 1997 in Kraft getretenen 10. AHV-Revision haben. Mit dieser Revision\nist eine Rechtsentwicklung eingeleitet worden, die - mit dem Ziel der\nGleichstellung von Frauen und Mannern - zu einer Abkehr vom bisherigen\nRechtszustand hin zu einem Individual-Rentensystem gefuhrt hat. Die in den\nUrteilen des BSG vom 6. Februar 1991 a.a.O. auf der Basis der seinerzeit\nrevisionsrechtlich zugrunde zu legenden Tatsachenfeststellungen gebilligte\nRechtsauffassung zum Unterhaltsersatzcharakter der einfachen Altersrente nach\ndamaligem schweizerischem Recht kann nun nicht mehr aufrechterhalten bleiben. \n--- \n| 27 \n--- \n| Das bis zum Inkrafttreten der 10. AHV-Revision maßgebliche Rentensystem war\nauf das Leitbild gestutzt, dass der Ehemann das Haupt der ehelichen\nGemeinschaft sei. Dies zeigte sich u.a. darin, dass bei\naltersrentenberechtigten verheirateten Paaren eine so genannte Ehepaar-\nAltersrente ausgerichtet wurde, die 150 v.H. der einfachen Altersrente betrug,\ngrundsatzlich dem Mann allein zustand und fur die bei der Rentenberechnung\nausschließlich die Beitragsdauer des Mannes maßgebend war, wahrend die\nversicherten Einkommen der Ehegatten addiert wurden (vgl. die Stellungnahme\ndes lic. iur. S. vom 26. September 2003; ferner Schotz, DAngVers 1987, 113,\n116; Christoffel, CHSS 1996, 236). Die Ehefrau im Rentenalter (damals nach\nVollendung des 62. Lebensjahrs) hatte einen eigenen Rentenanspruch nur\nsolange, wie der Ehemann selbst noch nicht rentenberechtigt war; ihr eigener\nAnspruch erlosch jedoch mit dessen Renteneintritt und der sodann gezahlten\nEhepaar-Altersrente (vgl. Christoffel, a.a.O.; Becker; DRV-Schriften Band 15,\na.a.O.; dies., DRV-Schriften Band 45, a.a.O., S. 282). Nach dem Tode eines\nEhegatten stand dem uberlebenden Partner eine - ebenfalls nach den\nvorstehenden Berechnungsgrundlagen ermittelte - einfache Altersrente zu, wobei\ninsoweit bei der verwitweten Ehefrau freilich wieder ihre eigenen Beitrage und\nihr eigenes Einkommen maßgebend waren, wenn diese hoher waren (vgl. Schotz,\na.a.O.). Der Überholtheit des dargestellten - und in aller Regel die Frau\nbenachteiligenden - Familienbildes sollte durch zahlreiche Rechtsanderungen\nmit der 10. AHV-Revision Rechnung getragen werden (vgl. hierzu grundlegend\nBerger, CHSS 1996, 228 ff.; Stillich, a.a.O., S. 241 ff.; Brombacher-Steiner,\na.a.O., S. 432 ff.). Als hier interessierende Neuerungen seien insbesondere\nder eigenstandige Altersrentenanspruch der Ehefrau (Art. 21 AHVG) mit den\nnunmehr bei der Rentenberechnung zu berucksichtigenden eigenen Beitragsjahren\n(Art. 29bis Abs. 1 und 29ter Abs. 2 AHVG), das Rentensplitting (Art.\n29quinqiues Abs. 3 AHVG) und die Erziehungsgutschriften (Art. 29sexies AHVG)\nangefuhrt. Nach Art. 29quinquies Abs. 3 Satz 1 AHVG werden Einkommen, welche\ndie Ehegatten wahrend der Kalenderjahre der gemeinsamen Ehe erzielt haben,\ngeteilt und je zur Halfte den beiden Ehegatten angerechnet. Die\nEinkommensanrechnung wird nach Satz 2 a.a.O. vorgenommen: (a) wenn beide\nEhegatten rentenberechtigt sind; (b) wenn eine verwitwete Person Anspruch auf\neine Altersrente hat; (c) bei Auflosung der Ehe durch Scheidung. Das auf Grund\nder Einkommensteilung im individuellen Konto eingetragene Erwerbseinkommen\ngilt bei der Berechnung von spater entstehenden Renten als eigenes Einkommen\n(vgl. Art. 29quinquies Abs. 5 AHVG i.V.m. Art 50h der AHV-Verordnung). Gemaß\nArt. 29sexies Abs. 1 Satz 1 AHVG wird Versicherten fur diejenigen Jahre eine\nErziehungsgutschrift angerechnet, in welchen ihnen die elterliche Sorge fur\neines oder mehrere Kinder zusteht, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet\nhaben; die Erziehungsgutschrift entspricht nach Abs. 2 a.a.O. dem Betrag der\ndreifachen minimalen jahrlichen Altersrente (Art. 34 AHVG) im Zeitpunkt der\nEntstehung des Rentenanspruchs. Die Erziehungsgutschriften sind neben den\nBeitragsjahren und dem Erwerbseinkommen Grundlage fur die Rentenberechnung\n(vgl. Art. 29bis ff. AHVG; ferner Rentengutachten des lic. iur. S. vom 26.\nMarz 2002); sie sind bei der Zahl der Beitragsjahre zu berucksichtigen (vgl.\nArt. 29ter Abs. 2 Buchst. c AHVG) und, da auch bei Nichterwerbstatigkeit\ngrundsatzlich Beitragspflicht besteht, als fiktive Zuschlage zum\nErwerbseinkommen ausgestaltet (vgl. Becker, DRV-Schriften Band 15, a.a.O., S.\n235; dies., DRV-Schriften Band 45, a.a.O., S. 282). \n--- \n| 28 \n--- \n| Die dargestellten Rechtsanderungen durch die 10. AHV-Revision konnen im\nRahmen der hier umstrittenen Einkommensanrechnung nicht unbeachtet bleiben.\nDurch diese Revision wurde eine eigenstandige Alterssicherung fur\n(verheiratete) Frauen eingefuhrt, die, neben der Berechnung der Rente nach der\neigenen Beitragsdauer und beispielweise den auch bei der Klagerin in Ansatz\ngebrachten Erziehungsgutschriften, namentlich in dem sie begunstigenden\nRentensplitting ihren besonderen Ausdruck findet. Primarer Zweck der\nSplittings ist es, - so ausdrucklich lic. iur. S. (Stellungnahme vom 26.\nSeptember 2003) - einen sozialen Ausgleich zu schaffen dafur, dass die\nEhefrauen traditionellerweise die unbezahlte Hausarbeit und Kindererziehung\nerledigen; das zu gesplittete Einkommen gilt, wie ausgefuhrt, bei der\nRentenberechnung als eigenes Einkommen. Der vorgenannte Zweck ist indessen mit\ndem Ziel vergleichbar, das der in der Bundesrepublik Deutschland mit der\nScheidungsreform zum 1. Juli 1977 erfolgten Einfuhrung des\nVersorgungsausgleichs (§§ 1587 ff. des Burgerlichen Gesetzbuchs) zugrunde lag;\ndenn mit dem Versorgungsausgleich wollte der Gesetzgeber fur den Berechtigten\n- in der Regel die Ehefrau - eine eigenstandige soziale Sicherung begrunden\n(vgl. Bundestags-Drucksache 7/650 S. 155), wenngleich das Ehegattensplitting\nbislang nur im Scheidungsfall anwendbar ist (vgl. zu Reformbestrebungen\nMaschner, DRV 1997, 690 ff.). Ausgangspunkt war die - vom\nBundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 53, 257, 296; 63, 88, 109; jeweils\nm.w.N.) gebilligte - Sichtweise, dass die unmittelbaren Leistungen der Frau\nbei der Fuhrung des Haushalts und der Pflege und Erziehung der Kinder als\ngleichwertig neben der Barunterhaltsleistung stehen und deshalb auch die\nwahrend der Ehe nach Maßgabe der von den Ehegatten vereinbarten Arbeitsteilung\ngemeinsam erwirtschafteten Versorgungsanrechte nach Scheidung der Ehe\ngleichmaßig auf beide Partner verteilt werden sollen. Auch bei den auf dem\nVersorgungsausgleich beruhenden Renten hat indessen eine Anrechnung im Rahmen\ndes § 97 SGB VI zu erfolgen, weil diese - als Anspruche aus eigenem Recht -\nErwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB IV\ndarstellen (vgl. BSGE 62, 156, 159 = SozR 2200 § 1291 Nr. 31). Nichts anderes\ngilt aber fur die der Klagerin gewahrte ordentliche Altersrente aus der AHV,\ndie einer derartigen Versichertenrente vergleichbar ist. Keiner weiteren\nErorterung bedarf, dass auch die bei der Berechnung der schweizerischen Rente\nzu berucksichtigenden Erziehungsgutschriften - da dem Sinn und Zweck sowie den\nModalitaten der Berucksichtigung der Kindererziehungszeiten (§ 3 Abs. 1 Satz 1\nNr. 1, 56 i.V.m. § 70 Abs. 2 SGB VI) vergleichbar - von der\nEinkommensanrechnung erfasst werden; um kindbezogene Leistungen im Sinne des §\n18a Abs. 3 Satz 2 SGB IV (vgl. hierzu Schotz a.a.O., S. 117; Seewald in\nKasseler Kommentar, SGB IV § 18a Rdnr. 35) handelt es sich hierbei nicht. \n--- \n| 29 \n--- \n| Auch zwischenstaatliches Recht hilft hier nicht weiter; die Abkommen\nzwischen der Bundesrepublik Deutschland und der schweizerischen\nEidgenossenschaft uber Sozialversicherung enthalten keine Einschrankung der\nEinkommensanrechnung im Sinne der §§ 97 SGB VI, 18a SGB IV. Soweit die\nKlagerin rugt, dass einerseits die schweizerische Altersrente auf die große\nWitwenrente anzurechnen und andererseits die AHV-Rente geschmalert sei, weil\ndie in Deutschland erworbenen Rentenanwartschaften dort nicht berucksichtigt\nwurden, ist dies mit den Besonderheiten des Abkommensrechts zu erklaren, das\ndazu fuhrt, dass der inlandische und der auslandische Trager die Renten\njeweils grundsatzlich nur aus den in seinem Rechtssystem zuruckgelegten Zeiten\nzu errechnen und nach den Maßgaben des von ihm anzuwendenden\nRentenversicherungsrechts zu gewahren haben. Hierbei zu Tage tretende\nUnterschiede sind im Hinblick auf die Verwaltungspraktikabilitat hinzunehmen,\nzumal die auslandische Ersatzleistung ohnehin nicht in voller Hohe, sondern\nunter Berucksichtigung von 40% des die Freibetrage ubersteigenden Restes\nangerechnet wird (vgl. BSGE 68, 184, 190). \n--- \n| 30 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. \n--- \n| 31 \n--- \n| Die Voraussetzungen fur die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und\n2 SGG) liegen nicht vor. \n---\n\n |
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135,312 | arbg-karlsruhe-2004-03-09-6-ca-56903 | 119 | Arbeitsgericht Karlsruhe | arbg-karlsruhe | Karlsruhe | Baden-Württemberg | Arbeitsgerichtsbarkeit | 6 Ca 569/03 | 2004-03-09 | 2019-01-07 11:09:36 | 2019-01-17 11:55:19 | Urteil | ## Tenor\n\n1\\. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagerin 98,33 EUR brutto nebst 5\nProzentpunkten Zinsen uber dem Basiszinssatz seit dem 11.09.2003 zu zahlen.\n\n2\\. Im ubrigen wird die Klage abgewiesen.\n\n3\\. Von den Kosten des Rechtsstreits tragt die Klagerin 12/13, die Beklagte\ntragt 1/13.\n\n4\\. Der Streitwert wird auf 1.278,23 EUR festgesetzt.\n\n5\\. Die Berufung wird zugelassen.\n\n## Tatbestand\n\n| \n---|--- \n| 1 \n--- \n| Die Klagerin verfolgt einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im\nKrankheitsfall fur den Monat August 2003. \n--- \n| 2 \n--- \n| Die Klagerin war bei der Beklagten, die mehrere Einzelhandelsgeschafte\nbetreibt und mehr als funf Arbeitnehmer i. S. d. § 23 KSchG beschaftigt, seit\ndem 02.01.2002 in einem Einzelhandelsgeschaft als Verkauferin beschaftigt. Als\nmonatliche Vergutung waren 1.278,23 EUR brutto vereinbart. Die Klagerin\narbeitete in der 6-Tage-Woche. Dem Arbeitsverhaltnis liegt ein nicht datierter\nschriftlicher Arbeitsvertrag zugrunde (Anlage zur Klageschrift, ABL. 7-12).\nDie Beklagte sprach zunachst mit Schreiben vom 17.07.2003 eine ordentliche\nKundigung des Arbeitsverhaltnisses zum 31.08.2003 aus (Anlage zur\nKlageschrift, ABL. 13). Ob der Klagerin daruber hinaus am 02.08.2003 eine\naußerordentliche Kundigung zuging, ist streitig. In dem Haus, in dem die\nKlagerin wohnt, wohnen insgesamt zwei Mietparteien. Der Arzt fur\nAllgemeinmedizin K (Herxheim) stellte der Klagerin am 01.08.2003 eine\nArbeitsunfahigkeitsbescheinigung (Erstbescheinigung) fur die Zeit vom\n01.08.2003 bis zum 15.08.2003 aus (Anlage zum Schriftsatz der Klagerin vom\n21.01.2004, ABL. 42, vgl. auch Erlauterung der Klagerin im Kammertermin vom\n09.03.2004, Seite 1 des Protokolls, ABL. 53). Der Arzt fur Allgemeinmedizin S\n(Karlsruhe) stellte der Klagerin am 18.08.2003 eine\nArbeitsunfahigkeitsbescheinigung fur die Zeit vom 16.08.2003 bis zum\n30.08.2003 (Samstag) aus, ebenfalls als Erstbescheinigung (Anlage zum\nSchriftsatz der Klagerin vom 21.01.2004, ABL. 43). Die Klagerin forderte die\nBeklagte mit Schreiben ihres jetzigen Prozeßbevollmachtigten vom 03.09.2003 u.\na. zur Zahlung der Vergutung fur den Monat August 2003 auf ( Anlage zur\nKlageschrift, ABL. 5 -6). Die jetzigen Prozeßbevollmachtigten der Beklagten\nlehnten diesen Anspruch mit Schreiben vom 04.09.2003 unter Berufung auf eine\naußerordentliche Kundigung der Beklagten vom 01.08.2003 ab (Anlage zur\nKlageschrift, ABL. 14 -15). Mit der vorliegenden Klage vom 27.09.2003, die am\n30.09.2003 beim Arbeitsgericht Karlsruhe einging und der Beklagten am\n11.10.2003 zugestellt wurde, verfolgt die Klagerin den Anspruch gerichtlich. \n--- \n| 3 \n--- \n| Die Klagerin tragt im wesentlichen vor, sie habe das von der Beklagten in\nBezug genommene fristlose Kundigungsschreiben vom 01.08.2003 nicht erhalten.\nSie habe am 02.08.2003 nichts von ihrem Arbeitgeber erhalten, auch keine\nandere Post als eine fristlose Kundigung. Vielmehr habe die Beklagte ihr nur\nnoch ihre Lohnsteuerkarte zugeschickt, dies musse im September gewesen sein\n(Seite 1 des Protokolls uber den Gutetermin vom 27.11.2003, ABL. 35). Der\nBriefkasten der Klagerin sei am 02.08.2003 geleert worden. Bei der Post habe\nsich kein Schreiben der Beklagten befunden, auch an den folgenden Tagen nicht.\nDie Klagerin bestreite deshalb die Richtigkeit der im Auslieferungsbeleg der\nDeutschen Post AG abgegebenen Erklarung. Da die angebliche Zustellung wahrend\nder Ferienzeit erfolgt sei, in der bei der Post Aushilfen als\nUrlaubsvertretung eingesetzt seien, sei von einer noch hoheren als der\nnormalen Fehlerhaufigkeit der Post auszugehen. Die Klagerin sei am 01.09.2003\nbei ihrem jetzigen Prozeßbevollmachtigten vorstellig geworden und habe im\nersten Gesprach nur die ordentliche Kundigung, keine außerordentliche\nKundigung erwahnt. Sie habe auch keine Ahnung, auf welche Grunde die fristlose\nKundigung gestutzt werde. Die Arbeitsunfahigkeitsbescheinigungen vom\n01.08.2003 und vom 18.08.2003 habe jeweils noch am selben Tag der Bruder der\nKlagerin, Herr Ö, bei der Beklagten abgegeben. Er habe sie personlich beim\nMarktleiter Herrn M abgegeben, ohne daß auch nur mit einem Wort eine fristlose\nKundigung erwahnt worden sei. Die Klagerin habe am Morgen des 16.08.2003 Frau\nW telefonisch informiert, sie sei nach wie vor krank. In diesem Gesprach sei\nkeine Rede davon gewesen, daß das Arbeitsverhaltnis fristlos gekundigt worden\nsei. \n--- \n| 4 \n--- \n| Die Klagerin beantragt: \n--- \n| 5 \n--- \n| Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagerin 1.278,23 EUR brutto nebst 5 %\nZinsen uber dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.09.2003 zu bezahlen. \n--- \n| 6 \n--- \n| Die Beklagte hat \n--- \n| 7 \n--- \n| die Klage hinsichtlich eines Teilbetrags in Hohe von 98,33 EUR brutto\n(Vergutung fur den 01.08.2003 und 02.08.2003) anerkannt. \n--- \n| 8 \n--- \n| Im ubrigen beantragt die Beklagte, \n--- \n| 9 \n--- \n| die Klage abzuweisen. \n--- \n| 10 \n--- \n| Die Beklagte tragt im wesentlichen vor, sie habe das Arbeitsverhaltnis mit\nSchreiben vom 01.08.2003 fristlos gekundigt, nachdem die Klagerin gegenuber\nder Mitarbeiterin Frau W im Hinblick auf eine angekundigte Einteilung in eine\nandere Filiale erklart habe, in diesem Fall werde sie ab dem nachsten Tag\nkrank sein. Die Beklagte habe das Kundigungsschreiben vom 01.08.2003 (Anlage B\n2, ABL. 32) noch am selben Tag mittels Einwurf-Einschreiben aufgegeben. Dazu\nbezieht sich die Beklagte auf den Einlieferungsbeleg vom 01.08.2003 (Anlage B\n3, ABL. 33). Das Schreiben sei der Klagerin am 02.08.2003 zugegangen. Dazu\nbezieht sich die Beklagte auf den Auslieferungsbeleg fur Einschreiben vom\n02.08.2003 (Anlage B 4, ABL. 34). Da die Klagerin diese Kundigung nicht\ninnerhalb von drei Wochen nach dem 02.08.2003 durch Klage angegriffen habe,\nsei die fristlose Kundigung wirksam und stehe jeglichen Vergutungsanspruchen\nder Klagerin ab dem 03.08.2003 entgegen. Die Klagerin habe den durch den\nAuslieferungsbeleg erbrachten Anscheinsbeweis nicht erschuttern konnen. Fur\ndie Beklagte sei neu, daß der Bruder der Klagerin am 01.08.2003 und am\n18.08.2003 Arbeitsunfahigkeitsbescheinigungen abgegeben haben solle. Unrichtig\nsei auch, daß die Klagerin Frau W am 16.08.2003 telefonisch uber die Fortdauer\nihrer - von der Beklagten insgesamt bestrittenen - Arbeitsunfahigkeit\ninformiert habe. \n--- \n| 11 \n--- \n| Zu den weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die\ngewechselten Schriftsatze nebst der Anlagen sowie auf die Protokolle uber den\nGutetermin vom 27.11.2003 und uber den Kammertermin vom 09.03.2004 Bezug\ngenommen. \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| \n---|--- \n| 12 \n--- \n| Dem auf Zahlung der Vergutung fur den 01.08.2003 und den 02.08.2003 nebst\nZinsen gerichteten Teil des Klageantrags hat das Gericht durch\nAnerkenntnisteilurteil stattgegeben, denn die Beklagte hat diesen Anspruch im\nSinne des § 307 ZPO anerkannt. \n--- \n| 13 \n--- \n| Im ubrigen hat die Kammer die Klage abgewiesen, weil die Klage insoweit\nzwar zulassig, jedoch unbegrundet ist. \n--- \nA. \n--- \n| 14 \n--- \n| Die Klagerin hat fur den Monat August 2003 keinen Anspruch auf\nEntgeltfortzahlung im Krankheitsfall, der den durch Anerkenntnisteilurteil\nausgeurteilten Betrag von 98,33 EUR brutto ubersteigt. Der letztgenannte\nBetrag ist die Vergutung fur den 01.08.2003 und den 02.08.2003. Die Hohe\nberechnet sich wegen der Tatigkeit der Klagerin in der 6-Tage-Woche\nfolgendermaßen: 1.278,23 EUR brutto geteilt durch 26 und multipliziert mit 2.\nAnspruche fur die Zeit vom 03.08.2003 bis zum 31.08.2003 hat die Klagerin\ndagegen nicht, denn in diesem Zeitraum bestand kein Arbeitsverhaltnis der\nParteien mehr. Das folgt daraus, daß die Klagerin am 02.08.2003 eine\naußerordentliche, fristlose Kundigung der Beklagten erhielt, die gemaß §§ 4, 7\nKSchG (in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung) als wirksam gilt. \n--- \nI. \n--- \n| 15 \n--- \n| Die Kammer geht aufgrund der Wurdigung des wechselseitigen\nParteivorbringens sowie im Hinblick auf den von der Beklagten vorgelegten\nEinlieferungsbeleg und den von der Beklagten vorgelegten Auslieferungsbeleg\ndavon aus, daß das von der Beklagten in Bezug genommene Kundigungsschreiben\nvom 01.08.2003 (Anlage B 2) am 02.08.2003 der Klagerin zuging, da es an diesem\nTag in den Hausbriefkasten der Klagerin gelegt wurde. \n--- \n| 16 \n--- \n| 1\\. Die Klagerin hat zunachst die Existenz des von der Beklagten\nvorgelegten Kundigungsschreibens in der gebotenen schriftlichen Form nicht\nbestritten. Somit ist unstreitig, daß es ein solches Kundigungsschreiben gab.\nInsbesondere hat die Klagerin nicht behauptet, am 02.08.2003 oder in den Tagen\ndanach andere Post von der Beklagten erhalten zu haben. Vielmehr hat sie\nausdrucklich vorgetragen, in diesem Zeitraum nichts von der Beklagten erhalten\nzu haben. \n--- \n| 17 \n--- \n| 2\\. Nach der Überzeugung der Kammer steht fest, daß der Klagerin das\nKundigungsschreiben zuging. \n--- \n| 18 \n--- \n| a) Gemaß § 130 Abs. 1 BGB wird eine Willenserklarung, die einem anderen\ngegenuber abzugeben ist, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie dem anderen\nzugeht, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird. Eine schriftliche\nKundigung geht der anderen Vertragspartei dabei dann zu, wenn die Kundigung\nderartig in den Machtbereich des Empfangers gelangt, daß unter gewohnlichen\nUmstanden mit Kenntnisnahme zu rechnen ist. Da der Hausbriefkasten eines\nEmpfangers regelmaßig zu dessen Machtbereich gehort, geht ein\nKundigungsschreiben regelmaßig mit Einwurf in einen solchen Briefkasten zu\n(allgemeine Auffassung, vgl. LAG Hamm 22.05.2002 3 Sa 847/01 - zitiert nach\nJuris, zu B II 4 a der Grunde). \n--- \n| 19 \n--- \n| b) Darlegungs- und beweisbelastet fur den Zugang der Kundigung ist die\nVertragspartei, die sich auf die Beendigung des Arbeitsverhaltnisses durch\neine Kundigung beruft, hier die Beklagte. \n--- \n| 20 \n--- \n| aa) Die Beklagte hat nicht allein durch die Vorlage des Auslieferungsbelegs\nder Deutschen Post AG vom 02.08.2003 (Anlage B 4) den vollen Beweis erbracht.\nDenn der Auslieferungsbeleg ist keine offentliche Urkunde im Sinne der §§ 415\nAbs. 1, 418 Abs. 1 ZPO. Im Bereich der einfachen Briefzustellung ist die\nDeutsche Post AG nicht sogenannter beliehener Unternehmer (zu den Einzelheiten\nder Begrundung vgl. LAG Hamm 22.05.2002 - 3 Sa 847/01 - a.a.O., zu B II 4 b\nder Grunde m. w. N.). \n--- \n| 21 \n--- \n| bb) Fur den Einwurf des Kundigungsschreibens am 02.08.2003 spricht aber der\nsogenannte Beweis des ersten Anscheins. \n--- \n| 22 \n--- \n| Dazu muß zunachst ein typischer Geschehensablauf feststehen, d. h. ein\nSachverhalt, bei dem nach der Lebenserfahrung auf das Hervorrufen einer\nbestimmten Folge geschlossen werden kann. Dieser Sachverhalt muß entweder\nunstreitig oder mit Vollbeweis bewiesen sein. Die Typizitat beurteilt der\nRichter nach der Lebenserfahrung. Der Vorgang muß zu jenen gehoren, die schon\nauf den ersten Blick nach einem durch Regelmaßigkeit, Üblichkeit und\nHaufigkeit gepragten "Muster" abzulaufen pflegen. \n--- \n| 23 \n--- \n| Das hier die Grundlage fur den Anscheinsbeweis bildende typische Geschehen\nist der Umstand, daß sowohl ein Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG, als\nauch ein Auslieferungsbeleg der Deutschen Post AG existiert. Auf Letzterem hat\nder Postzusteller den Einwurf des Schreibens handschriftlich bestatigt. Der\nKammer ist bekannt und bewußt, daß auch die Deutsche Post AG weit davon\nentfernt ist, fehlerfrei zu arbeiten. Jedoch ist auch nach der Privatisierung\naufgrund der Lebenserfahrung immer noch davon auszugehen, daß bei Existenz\neines Einlieferungsbelegs und eines vom Zusteller unterschriebenen\nAuslieferungsbelegs das betreffende Schriftstuck tatsachlich, wie dort\ndokumentiert, in den Hausbriefkasten des Empfangers eingeworfen wurde. Daß die\nMitarbeiter der Post Briefe zumindest dann, wenn sie die ordnungsgemaße\nZustellung bestatigen, richtig ausliefern, ist immer noch der sehr weit\nuberwiegende Normalfall. Die Zustellungen laufen nach einem durch\nRegelmaßigkeit, Üblichkeit und Haufigkeit gepragten Muster ab. Darauf kann\nauch heute noch vertraut werden, denn die Richtigkeit des Zugangs ist der\neinzige Zweck des Zustellungsvorgangs. Somit ist sowohl dem einzelnen\nZusteller, als auch dessen Arbeitgeber bewußt, daß es sich um eine extrem\nwichtige und unter allen Umstanden exakt durchzufuhrende Verrichtung handelt.\nDafur, daß auch heute noch auf die Zuverlassigkeit der Deutschen Post AG\nvertraut werden kann, spricht erganzend der Umstand, daß die Bundesrepublik\nDeutschland dieses Unternehmen immerhin bei den formlichen Zustellungen mit\nHoheitsbefugnissen "beleiht" und dadurch zur -fingierten -Behorde im Sinne des\n§ 415 ZPO macht. Nach richtiger Auffassung ist deshalb die Grundlage fur den\nBeweis des ersten Anscheins durch den Einlieferungsbeleg in Verbindung mit der\ntechnischen Reproduktion des unterschriebenen Auslieferungsbelegs gegeben (AG\nPaderborn 03.08.2000 -51 C 76/00 -NJW 2000, 3722; Reichert NJW 2001, 2523,\n2524; offengelassen von OLG Dusseldorf 18.12.2001 -4 U 78/01-zitiert nach\nJuris; gegen die Annahme des Anscheinsbeweises [allerdings wohl aufgrund einer\nBesonderheit des konkreten Falles, vgl. dazu die Analyse von Reichert a.a.O.]\nLG Potsdam 27.07.2000 -11 S 233/99 -NJW 2000, 3722 sowie wohl auch LAG Hamm\n22.05.2002 -3 Sa 847/01 -zitiert nach Juris. Bei der letztgenannten\nEntscheidung bestand die Besonderheit, daß der Auslieferungsbeleg zwar\nexistierte, jedoch ein offensichtlich fehlerhaftes Datum auswies). \n--- \n| 24 \n--- \n| Die Klagerin hat den Anschein nicht erschuttert. Fur die Erschutterung\ngenugt es, wenn die ernsthafte Moglichkeit eines anderen als des\nerfahrungsgemaßen Ablaufs besteht. Die Tatsachen, aus denen eine solche\nMoglichkeit abgeleitet werden soll, bedurfen des vollen Beweises (Zoller -\nGreger ZPO 24. Aufl. Vor § 284 Rn. 29 m. w. N.). \n--- \n| 25 \n--- \n| Insoweit hat die Klagerin zwar vorgetragen, bei der Leerung keine Post der\nBeklagten vorgefunden zu haben. Es fehlt aber an dem erforderlichen\nBeweisantritt. Da es sich nicht um einen Vorgang handelt, bei dem auf Seiten\nder Beklagten ein sogenannter "Reprasentant" beteiligt gewesen ware, handelt\nes sich nicht um einen Fall, in welchem auf der Grundlage der Rechtsprechung\ndes Europaischen Gerichtshofs fur Menschenrechte eine Anhorung der Klagerin\nals Partei ausreichend ware (vgl. EGMR 27.10.1993 -37/1992/382/460 -NJW 1995,\n1413; BVerfG 21.02.2001 -2 BvR 140/00 -NJW 2001, 2531). Die Voraussetzungen\neiner Parteivernehmung von Amts wegen gemaß § 448 ZPO liegen ebenfalls nicht\nvor. \n--- \n| 26 \n--- \n| Die Klagerin hat die Vermutungsgrundlage auch nicht durch den - von ihr\nunter Beweis gestellten - Vortrag erschuttert, ihr Bruder habe die\nArbeitsunfahigkeitsbescheinigungen jeweils am Tage ihrer Ausstellung bei dem\nMarktleiter Herrn M abgegeben, ohne daß dieser auf die fristlose Kundigung\nhingewiesen habe. Hinsichtlich der Abgabe der ersten\nArbeitsunfahigkeitsbescheinigung am 01.08.2003 folgt dies schon daraus, daß am\n01.08.2003 auch nach dem Vortrag der Beklagten noch keine fristlose Kundigung\nzugegangen war. Hinsichtlich des 18.08.2003 ist der Anscheinsbeweis durch den\nVortrag der Klagerin ebenfalls nicht erschutterbar. Denn es kann nicht\nausgeschlossen werden, daß Herr M entweder nicht uber die Kundigung informiert\nwar, oder zwar informiert war, die Arbeitsunfahigkeitsbescheinigung aber im\nHinblick auf eine damals noch mogliche Kundigungsschutzklage entgegennahm,\noder daß Herr M schlichtweg keine Diskussionen mit dem Bruder der Klagerin\nfuhren wollte und deshalb zu dem Thema Kundigung schwieg. \n--- \n| 27 \n--- \n| Soweit die Klagerin den Anschein durch den Vortrag bezuglich des Telefonats\nmit Frau W am 16.08.2003 erschuttern will, gelingt dies ebenfalls nicht. \n--- \n| 28 \n--- \n| Es ist auch hier nach der Lebenserfahrung nicht auszuschließen, daß Frau W\nnicht uber die fristlose Kundigung informiert war oder daß sie zwar informiert\nwar, das Thema von sich aus aber nicht ansprechen wollte, weil ein derartiges\nGesprach im Zweifel unerfreulich geworden ware. \n--- \n| 29 \n--- \n| Nach alledem hat die Klagerin den Beweis des ersten Anscheins nicht\nerschuttert. \n--- \nII. \n--- \n| 30 \n--- \n| Da die Klagerin nach dem Zugang der Kundigung am 02.08.2003 bis zum Ablauf\ndes Montags, des 25.08.2003, keine Klage erhoben hatte, mit der sie die\nUnwirksamkeit der fristlosen Kundigung geltend machte, gilt die Kundigung\ngemaß §§ 4, 7 KSchG in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung als wirksam.\nDenn die Klagerin war zum Zeitpunkt der Kundigung bereits langer als sechs\nMonate im Sinne des § 1 Abs. 1 KSchG beschaftigt, und die Beklagte weist die\nerforderliche Betriebsgroße gemaß § 23 KSchG auf. Die Klagerin hat keine\nUnwirksamkeit der Kundigung behauptet, die auf anderen Grunden als des\nfehlenden außerordentlichen Kundigungsgrundes beruhte und die deshalb nach der\nbis zum 31.12.2003 geltenden Fassung des Kundigungsschutzgesetzes noch nach\nAblauf der dreiwochigen Kundigungsfrist erfolgreich geltend gemacht werden\nkonnte. \n--- \nB. \n--- \nI. \n--- \n| 31 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO und entspricht dem Verhaltnis\ndes Obsiegens und Unterliegens der Parteien . \n--- \nII. \n--- \n| 32 \n--- \n| Die Streitwertfestsetzung beruht dem Grunde nach auf § 61 Abs. 1 ArbGG. Die\nHohe entspricht gemaß §§ 3, 4 ZPO dem bezifferten Hauptforderungsbetrag. \n--- \nIII. \n--- \n| 33 \n--- \n| Die Kammer hat die in § 64 Abs. 3 a Satz 1 ArbGG vorgesehene Entscheidung\nuber die Zulassung oder Nichtzulassung der Berufung in den Urteilstenor\naufgenommen. Die Kammer hat die Berufung gemaß § 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG\nzugelassen, da die Rechtssache grundsatzliche Bedeutung hat. Denn das Urteil\nder erkennenden Kammer beruht tragend auf der Annahme, daß ein\nEinlieferungsbeleg und ein Auslieferungsbeleg der Deutschen Post AG beim\nEinwurfeinschreiben die Grundlage fur einen Beweis des ersten Anscheins des\nEinwurfs des zuzustellenden Schriftstucks in den Postbriefkasten des\nEmpfangers bilden. Diese Frage ist, soweit ersichtlich, noch nicht\nhochstrichterlich entschieden. \n--- \n \n## Gründe\n\n| \n---|--- \n| 12 \n--- \n| Dem auf Zahlung der Vergutung fur den 01.08.2003 und den 02.08.2003 nebst\nZinsen gerichteten Teil des Klageantrags hat das Gericht durch\nAnerkenntnisteilurteil stattgegeben, denn die Beklagte hat diesen Anspruch im\nSinne des § 307 ZPO anerkannt. \n--- \n| 13 \n--- \n| Im ubrigen hat die Kammer die Klage abgewiesen, weil die Klage insoweit\nzwar zulassig, jedoch unbegrundet ist. \n--- \nA. \n--- \n| 14 \n--- \n| Die Klagerin hat fur den Monat August 2003 keinen Anspruch auf\nEntgeltfortzahlung im Krankheitsfall, der den durch Anerkenntnisteilurteil\nausgeurteilten Betrag von 98,33 EUR brutto ubersteigt. Der letztgenannte\nBetrag ist die Vergutung fur den 01.08.2003 und den 02.08.2003. Die Hohe\nberechnet sich wegen der Tatigkeit der Klagerin in der 6-Tage-Woche\nfolgendermaßen: 1.278,23 EUR brutto geteilt durch 26 und multipliziert mit 2.\nAnspruche fur die Zeit vom 03.08.2003 bis zum 31.08.2003 hat die Klagerin\ndagegen nicht, denn in diesem Zeitraum bestand kein Arbeitsverhaltnis der\nParteien mehr. Das folgt daraus, daß die Klagerin am 02.08.2003 eine\naußerordentliche, fristlose Kundigung der Beklagten erhielt, die gemaß §§ 4, 7\nKSchG (in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung) als wirksam gilt. \n--- \nI. \n--- \n| 15 \n--- \n| Die Kammer geht aufgrund der Wurdigung des wechselseitigen\nParteivorbringens sowie im Hinblick auf den von der Beklagten vorgelegten\nEinlieferungsbeleg und den von der Beklagten vorgelegten Auslieferungsbeleg\ndavon aus, daß das von der Beklagten in Bezug genommene Kundigungsschreiben\nvom 01.08.2003 (Anlage B 2) am 02.08.2003 der Klagerin zuging, da es an diesem\nTag in den Hausbriefkasten der Klagerin gelegt wurde. \n--- \n| 16 \n--- \n| 1\\. Die Klagerin hat zunachst die Existenz des von der Beklagten\nvorgelegten Kundigungsschreibens in der gebotenen schriftlichen Form nicht\nbestritten. Somit ist unstreitig, daß es ein solches Kundigungsschreiben gab.\nInsbesondere hat die Klagerin nicht behauptet, am 02.08.2003 oder in den Tagen\ndanach andere Post von der Beklagten erhalten zu haben. Vielmehr hat sie\nausdrucklich vorgetragen, in diesem Zeitraum nichts von der Beklagten erhalten\nzu haben. \n--- \n| 17 \n--- \n| 2\\. Nach der Überzeugung der Kammer steht fest, daß der Klagerin das\nKundigungsschreiben zuging. \n--- \n| 18 \n--- \n| a) Gemaß § 130 Abs. 1 BGB wird eine Willenserklarung, die einem anderen\ngegenuber abzugeben ist, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie dem anderen\nzugeht, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird. Eine schriftliche\nKundigung geht der anderen Vertragspartei dabei dann zu, wenn die Kundigung\nderartig in den Machtbereich des Empfangers gelangt, daß unter gewohnlichen\nUmstanden mit Kenntnisnahme zu rechnen ist. Da der Hausbriefkasten eines\nEmpfangers regelmaßig zu dessen Machtbereich gehort, geht ein\nKundigungsschreiben regelmaßig mit Einwurf in einen solchen Briefkasten zu\n(allgemeine Auffassung, vgl. LAG Hamm 22.05.2002 3 Sa 847/01 - zitiert nach\nJuris, zu B II 4 a der Grunde). \n--- \n| 19 \n--- \n| b) Darlegungs- und beweisbelastet fur den Zugang der Kundigung ist die\nVertragspartei, die sich auf die Beendigung des Arbeitsverhaltnisses durch\neine Kundigung beruft, hier die Beklagte. \n--- \n| 20 \n--- \n| aa) Die Beklagte hat nicht allein durch die Vorlage des Auslieferungsbelegs\nder Deutschen Post AG vom 02.08.2003 (Anlage B 4) den vollen Beweis erbracht.\nDenn der Auslieferungsbeleg ist keine offentliche Urkunde im Sinne der §§ 415\nAbs. 1, 418 Abs. 1 ZPO. Im Bereich der einfachen Briefzustellung ist die\nDeutsche Post AG nicht sogenannter beliehener Unternehmer (zu den Einzelheiten\nder Begrundung vgl. LAG Hamm 22.05.2002 - 3 Sa 847/01 - a.a.O., zu B II 4 b\nder Grunde m. w. N.). \n--- \n| 21 \n--- \n| bb) Fur den Einwurf des Kundigungsschreibens am 02.08.2003 spricht aber der\nsogenannte Beweis des ersten Anscheins. \n--- \n| 22 \n--- \n| Dazu muß zunachst ein typischer Geschehensablauf feststehen, d. h. ein\nSachverhalt, bei dem nach der Lebenserfahrung auf das Hervorrufen einer\nbestimmten Folge geschlossen werden kann. Dieser Sachverhalt muß entweder\nunstreitig oder mit Vollbeweis bewiesen sein. Die Typizitat beurteilt der\nRichter nach der Lebenserfahrung. Der Vorgang muß zu jenen gehoren, die schon\nauf den ersten Blick nach einem durch Regelmaßigkeit, Üblichkeit und\nHaufigkeit gepragten "Muster" abzulaufen pflegen. \n--- \n| 23 \n--- \n| Das hier die Grundlage fur den Anscheinsbeweis bildende typische Geschehen\nist der Umstand, daß sowohl ein Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG, als\nauch ein Auslieferungsbeleg der Deutschen Post AG existiert. Auf Letzterem hat\nder Postzusteller den Einwurf des Schreibens handschriftlich bestatigt. Der\nKammer ist bekannt und bewußt, daß auch die Deutsche Post AG weit davon\nentfernt ist, fehlerfrei zu arbeiten. Jedoch ist auch nach der Privatisierung\naufgrund der Lebenserfahrung immer noch davon auszugehen, daß bei Existenz\neines Einlieferungsbelegs und eines vom Zusteller unterschriebenen\nAuslieferungsbelegs das betreffende Schriftstuck tatsachlich, wie dort\ndokumentiert, in den Hausbriefkasten des Empfangers eingeworfen wurde. Daß die\nMitarbeiter der Post Briefe zumindest dann, wenn sie die ordnungsgemaße\nZustellung bestatigen, richtig ausliefern, ist immer noch der sehr weit\nuberwiegende Normalfall. Die Zustellungen laufen nach einem durch\nRegelmaßigkeit, Üblichkeit und Haufigkeit gepragten Muster ab. Darauf kann\nauch heute noch vertraut werden, denn die Richtigkeit des Zugangs ist der\neinzige Zweck des Zustellungsvorgangs. Somit ist sowohl dem einzelnen\nZusteller, als auch dessen Arbeitgeber bewußt, daß es sich um eine extrem\nwichtige und unter allen Umstanden exakt durchzufuhrende Verrichtung handelt.\nDafur, daß auch heute noch auf die Zuverlassigkeit der Deutschen Post AG\nvertraut werden kann, spricht erganzend der Umstand, daß die Bundesrepublik\nDeutschland dieses Unternehmen immerhin bei den formlichen Zustellungen mit\nHoheitsbefugnissen "beleiht" und dadurch zur -fingierten -Behorde im Sinne des\n§ 415 ZPO macht. Nach richtiger Auffassung ist deshalb die Grundlage fur den\nBeweis des ersten Anscheins durch den Einlieferungsbeleg in Verbindung mit der\ntechnischen Reproduktion des unterschriebenen Auslieferungsbelegs gegeben (AG\nPaderborn 03.08.2000 -51 C 76/00 -NJW 2000, 3722; Reichert NJW 2001, 2523,\n2524; offengelassen von OLG Dusseldorf 18.12.2001 -4 U 78/01-zitiert nach\nJuris; gegen die Annahme des Anscheinsbeweises [allerdings wohl aufgrund einer\nBesonderheit des konkreten Falles, vgl. dazu die Analyse von Reichert a.a.O.]\nLG Potsdam 27.07.2000 -11 S 233/99 -NJW 2000, 3722 sowie wohl auch LAG Hamm\n22.05.2002 -3 Sa 847/01 -zitiert nach Juris. Bei der letztgenannten\nEntscheidung bestand die Besonderheit, daß der Auslieferungsbeleg zwar\nexistierte, jedoch ein offensichtlich fehlerhaftes Datum auswies). \n--- \n| 24 \n--- \n| Die Klagerin hat den Anschein nicht erschuttert. Fur die Erschutterung\ngenugt es, wenn die ernsthafte Moglichkeit eines anderen als des\nerfahrungsgemaßen Ablaufs besteht. Die Tatsachen, aus denen eine solche\nMoglichkeit abgeleitet werden soll, bedurfen des vollen Beweises (Zoller -\nGreger ZPO 24. Aufl. Vor § 284 Rn. 29 m. w. N.). \n--- \n| 25 \n--- \n| Insoweit hat die Klagerin zwar vorgetragen, bei der Leerung keine Post der\nBeklagten vorgefunden zu haben. Es fehlt aber an dem erforderlichen\nBeweisantritt. Da es sich nicht um einen Vorgang handelt, bei dem auf Seiten\nder Beklagten ein sogenannter "Reprasentant" beteiligt gewesen ware, handelt\nes sich nicht um einen Fall, in welchem auf der Grundlage der Rechtsprechung\ndes Europaischen Gerichtshofs fur Menschenrechte eine Anhorung der Klagerin\nals Partei ausreichend ware (vgl. EGMR 27.10.1993 -37/1992/382/460 -NJW 1995,\n1413; BVerfG 21.02.2001 -2 BvR 140/00 -NJW 2001, 2531). Die Voraussetzungen\neiner Parteivernehmung von Amts wegen gemaß § 448 ZPO liegen ebenfalls nicht\nvor. \n--- \n| 26 \n--- \n| Die Klagerin hat die Vermutungsgrundlage auch nicht durch den - von ihr\nunter Beweis gestellten - Vortrag erschuttert, ihr Bruder habe die\nArbeitsunfahigkeitsbescheinigungen jeweils am Tage ihrer Ausstellung bei dem\nMarktleiter Herrn M abgegeben, ohne daß dieser auf die fristlose Kundigung\nhingewiesen habe. Hinsichtlich der Abgabe der ersten\nArbeitsunfahigkeitsbescheinigung am 01.08.2003 folgt dies schon daraus, daß am\n01.08.2003 auch nach dem Vortrag der Beklagten noch keine fristlose Kundigung\nzugegangen war. Hinsichtlich des 18.08.2003 ist der Anscheinsbeweis durch den\nVortrag der Klagerin ebenfalls nicht erschutterbar. Denn es kann nicht\nausgeschlossen werden, daß Herr M entweder nicht uber die Kundigung informiert\nwar, oder zwar informiert war, die Arbeitsunfahigkeitsbescheinigung aber im\nHinblick auf eine damals noch mogliche Kundigungsschutzklage entgegennahm,\noder daß Herr M schlichtweg keine Diskussionen mit dem Bruder der Klagerin\nfuhren wollte und deshalb zu dem Thema Kundigung schwieg. \n--- \n| 27 \n--- \n| Soweit die Klagerin den Anschein durch den Vortrag bezuglich des Telefonats\nmit Frau W am 16.08.2003 erschuttern will, gelingt dies ebenfalls nicht. \n--- \n| 28 \n--- \n| Es ist auch hier nach der Lebenserfahrung nicht auszuschließen, daß Frau W\nnicht uber die fristlose Kundigung informiert war oder daß sie zwar informiert\nwar, das Thema von sich aus aber nicht ansprechen wollte, weil ein derartiges\nGesprach im Zweifel unerfreulich geworden ware. \n--- \n| 29 \n--- \n| Nach alledem hat die Klagerin den Beweis des ersten Anscheins nicht\nerschuttert. \n--- \nII. \n--- \n| 30 \n--- \n| Da die Klagerin nach dem Zugang der Kundigung am 02.08.2003 bis zum Ablauf\ndes Montags, des 25.08.2003, keine Klage erhoben hatte, mit der sie die\nUnwirksamkeit der fristlosen Kundigung geltend machte, gilt die Kundigung\ngemaß §§ 4, 7 KSchG in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung als wirksam.\nDenn die Klagerin war zum Zeitpunkt der Kundigung bereits langer als sechs\nMonate im Sinne des § 1 Abs. 1 KSchG beschaftigt, und die Beklagte weist die\nerforderliche Betriebsgroße gemaß § 23 KSchG auf. Die Klagerin hat keine\nUnwirksamkeit der Kundigung behauptet, die auf anderen Grunden als des\nfehlenden außerordentlichen Kundigungsgrundes beruhte und die deshalb nach der\nbis zum 31.12.2003 geltenden Fassung des Kundigungsschutzgesetzes noch nach\nAblauf der dreiwochigen Kundigungsfrist erfolgreich geltend gemacht werden\nkonnte. \n--- \nB. \n--- \nI. \n--- \n| 31 \n--- \n| Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO und entspricht dem Verhaltnis\ndes Obsiegens und Unterliegens der Parteien . \n--- \nII. \n--- \n| 32 \n--- \n| Die Streitwertfestsetzung beruht dem Grunde nach auf § 61 Abs. 1 ArbGG. Die\nHohe entspricht gemaß §§ 3, 4 ZPO dem bezifferten Hauptforderungsbetrag. \n--- \nIII. \n--- \n| 33 \n--- \n| Die Kammer hat die in § 64 Abs. 3 a Satz 1 ArbGG vorgesehene Entscheidung\nuber die Zulassung oder Nichtzulassung der Berufung in den Urteilstenor\naufgenommen. Die Kammer hat die Berufung gemaß § 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG\nzugelassen, da die Rechtssache grundsatzliche Bedeutung hat. Denn das Urteil\nder erkennenden Kammer beruht tragend auf der Annahme, daß ein\nEinlieferungsbeleg und ein Auslieferungsbeleg der Deutschen Post AG beim\nEinwurfeinschreiben die Grundlage fur einen Beweis des ersten Anscheins des\nEinwurfs des zuzustellenden Schriftstucks in den Postbriefkasten des\nEmpfangers bilden. Diese Frage ist, soweit ersichtlich, noch nicht\nhochstrichterlich entschieden. \n---\n\n |
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135,398 | vg-sigmaringen-2005-02-22-4-k-1605 | 159 | Verwaltungsgericht Sigmaringen | vg-sigmaringen | Sigmaringen | Baden-Württemberg | Verwaltungsgerichtsbarkeit | 4 K 16/05 | 2005-02-22 | 2019-01-07 11:10:36 | 2019-01-17 11:55:25 | Urteil | ## Tenor\n\nDas Verfahren wird eingestellt, soweit die Klage zuruckgenommen wurde.\n\nDie Beklagte wird verpflichtet, dem Klager eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck\ndes Aufenthalts aus humanitaren Grunden (§ 25 Abs. 5 AufenthG) zu erteilen.\n\nDer Bescheid des Stadt R. vom 04.06.2003 und der Widerspruchsbescheid des\nRegierungsprasidiums T. vom 17.07.2003 werden aufgehoben, soweit sie dem\nentgegenstehen.\n\nDer Klager und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens je zur Halfte.\n\nDie Hinzuziehung eines Bevollmachtigten im Vorverfahren durch den Klager wird\nfur notwendig erklart.\n\nDie Berufung wird zugelassen.\n\n## Tatbestand\n\n| \n---|--- \n| 1 \n--- \n| Der Klager begehrt mit seiner Klage die Erteilung einer\nAufenthaltserlaubnis. \n--- \n| 2 \n--- \n| Der Klager ist ein 28 Jahre alter turkischer Staatsangehoriger kurdischer\nVolkszugehorigkeit. Er reiste im Januar 1995 in die Bundesrepublik Deutschland\nein. Ein am 10.01.1995 gestellter Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter\nwurde mit Bescheid des Bundesamtes fur die Anerkennung auslandischer\nFluchtlinge vom 06.02.1995 abgelehnt. Auf die hiergegen erhobene Klage wurde\ndie Bundesrepublik Deutschland durch das Verwaltungsgericht S. mit Urteil vom\n17.07.1998 verpflichtet, hinsichtlich der Turkei das Vorliegen der\nVoraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festzustellen (A 5 K 11807/95). Zur\nBegrundung wurde in tatsachlicher Hinsicht im Wesentlichen ausgefuhrt, dass\nder Klager glaubhaft vorgetragen habe, dass er mehrfach verdachtigt worden\nsei, die PKK mit Lebensmitteln zu unterstutzen. Er sei deswegen wiederholt\nfestgenommen worden. Dieser Verpflichtung kam das Bundesamt fur die\nAnerkennung auslandischer Fluchtlinge mit Bescheid vom 07.12.1998 nach. \n--- \n| 3 \n--- \n| Der Klager wurde mit Urteil des Landgerichts R. vom 02.06.1998 - 2 KLs 26/98\nJug. - wegen des unerlaubten Handeltreibens mit Betaubungsmitteln in nicht\ngeringer Menge in drei Fallen zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und drei\nMonaten verurteilt. Der Verurteilung lag im Wesentlichen zugrunde, dass der\nKlager mit einem Mittater zwischen September 1997 und Januar 1998 in drei\nFallen jeweils 80 g Heroin zu Zwecke des Weiterverkaufs erworben hatten. Bei\ndem Verkauf erzielten sie einen Gewinn von ungefahr 12.000,- DM. \n--- \n| 4 \n--- \n| Daraufhin verfugte das Regierungsprasidium T. mit Bescheid vom 05.10.1998\ndie Ausweisung des Klagers. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit\nBescheid des Regierungsprasidiums T. vom 30.11.1998 zuruckgewiesen. Die\nhiergegen vor dem Verwaltungsgericht S. erhobene Klage nahm der Klager am\n12.05.1999 zuruck (4 K 46/99). Über einen am 17.02.2004 gestellten Antrag auf\nBefristung der Wirkungen der Ausweisung ist bisher noch nicht entschieden\nworden. \n--- \n| 5 \n--- \n| Am 15.02.2001 beantragte der Klager erstmals die Erteilung einer\nAufenthaltsbefugnis und eines Fluchtlingsausweises gemaß der Genfer\nFluchtlingskonvention. Dieser wurde mit Bescheid der Stadt W. vom 14.09.2001\nabgelehnt. \n--- \n| 6 \n--- \n| In der Folge ist der Klager noch zweimal strafrechtlich in Erscheinung\ngetreten. Er wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts R. vom 23.11.2001 - 4 Cs\n16 Js 17133/01 - wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer\nGeldstrafe in Hohe von 20 Tagessatzen verurteilt. Ein Strafverfahren wegen\nVerstoßes gegen das Vereinsgesetz wurde durch die Staatsanwaltschaft S. mit\nVerfugung vom 06.05.2003 nach § 153 Abs. 1 Satz 2 StPO eingestellt - 1 Js\n28161/03. Dem lag zugrunde, dass er die „Selbsterklarung: Auch ich bin ein\nPKK\'ler" unterschrieben hatte. Nach der Begrundung der Einstellungsverfugung\nlag nur geringes Verschulden vor, da die Selbsterklarungen zusammen mit vielen\nhundert oder tausend gleich lautender Erklarungen ubergeben wurden. Auf die\neinzelne Erklarung sei es nicht angekommen. Auch sei die publikumswirksame\nÜbergabe gescheitert. \n--- \n| 7 \n--- \n| Am 09.04.2003 beantragte der Klager bei der Beklagten erneut die Erteilung\neines Fluchtlingsausweises und einer Aufenthaltsbefugnis. Mit Bescheid der\nBeklagten vom 04.06.2003 wurde dieser Antrag abgelehnt. Zur Begrundung der\nAblehnung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis wurde im\nWesentlichen ausgefuhrt, dass § 8 Abs. 2 AuslG der Erteilung einer\nAufenthaltsbefugnis entgegenstunde, da der Klager ausgewiesen sei. Auch nach §\n70 AsylVfG stunde dem Klager kein Anspruch auf eine Aufenthaltsbefugnis zu, da\ner aus schwer wiegenden Grunden der offentlichen Sicherheit und Ordnung\nausgewiesen worden sei. \n--- \n| 8 \n--- \n| Gegen diesen Bescheid legte der Klager am 26.06.2003 Widerspruch ein, den er\ndamit begrundete, dass die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis jedenfalls dann\nin Betracht komme, wenn dem Auslander eine auch nur kurzfristige Ausreise zum\nZwecke der Befristung der Sperrwirkung der Ausweisung nicht zumutbar sei. \n--- \n| 9 \n--- \n| Mit Bescheid des Regierungsprasidiums T. vom 17.07.2003, dem Klager\nzugestellt am 23.07.2003, wurde sein Widerspruch zuruckgewiesen. Hinsichtlich\nder Versagung einer Aufenthaltsbefugnis wurde im Wesentlichen ausgefuhrt, dass\nder Tatbestand des § 30 Abs. 4 AuslG zur Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis\nerfullt sei, der Behorde aber dennoch kein Ermessen eroffnet sei. Es lagen\nnamlich Regelversagungsgrunde nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 AuslG vor. Nach dem\nEintritt der Unanfechtbarkeit der Ausweisung habe der Klager Ausweisungsgrunde\nerfullt. Er habe nicht nur vereinzelt und in geringfugiger Wiese gegen\nRechtsvorschriften verstoßen. Er habe sich wegen unerlaubten Entfernens vom\nUnfallort und wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz strafbar gemacht. Zwar\nkonne dieser Verstoß geringfugig sein. Unter Berucksichtigung des\nstrafrechtlichen Gesamtverhaltens liege nicht nur ein vereinzelter Verstoß\ngegen Rechtsvorschriften vor. Die Selbsterklarung in Bezug auf die PKK lasse\ndarauf schließen, dass der Widerspruchsfuhrer die Tatigkeit der PKK\nunterstutze. Da die PKK dem Vereinsverbot unterliege, sei das verbotswidrige\nVerhalten als Beeintrachtigung der Interessen der Bundesrepublik Deutschland\neinzustufen. Anhaltspunkte, die fur atypische Fallgesichtspunkte sprachen und\nzum Abweichen von dem Regelversagungsgrund fuhren konnten, seien weder\nerkennbar noch geltend gemacht. Hinzu komme, dass der Klager mit dem\nabgeurteilten Verstoß gegen das BtMG in schwerwiegender Weise gegen die\noffentliche Sicherheit und Ordnung verstoßen habe. Diesem Verstoß sei\nbesonderes Gewicht mit generalpraventiver Wirkung beizumessen. Auch unter\ndiesen Umstanden sei es ermessensgerecht, nicht von der Sperrwirkung des § 8\nAbs. 2 AuslG abzuweichen. \n--- \n| 10 \n--- \n| Gegen diesen Bescheid hat der Klager am 15.08.2003 Klage erhoben, zunachst\nmit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, ihm eine Aufenthaltsbefugnis und\neinen Reiseausweis fur Fluchtlinge zu erteilen. Zur Begrundung fuhrt er im\nWesentlichen aus, dass bei der Anwendung der Regelversagungsgrunde der sich in\nder Ausweisung niederschlagende Ausweisungsgrund nicht mehr als wesentlicher\nLeitgedanke herangezogen werden durfe. Genau das sei aber durch die Behorde\nerfolgt. Der Klager weise nach der Verurteilung durch das Jugendgericht keine\ntypische Straftaterkarriere auf. Hinsichtlich des Verstoßes gegen das\nVereinsgesetz sei auszufuhren, dass viele der Betroffenen sich gar nicht im\nKlaren gewesen seien, was sie unterschrieben hatten. Auch gelte hier die\nUnschuldsvermutung zugunsten des Klagers. Der Klager sei zwischenzeitlich auch\nintegriert. Er habe am 27.10.2003 eine osterreichische Staatsangehorige\ngeheiratet, die ausweislich ihrer Auslanderakte im Besitz einer befristeten\nAufenthaltserlaubnis-EU ist. Sie befinde sich im zweiten Lehrjahr einer\nBerufsausbildung. \n--- \n| 11 \n--- \n| Zur Rechtslage ab dem 01.01.2005 fuhrt der Klager aus, dass er einen\nAnspruch nach § 25 Abs. 2 AufenthG auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis\nhabe. Jedoch sei noch eine Sperrzeit verhangt. Er habe aber zumindest einen\nAnspruch aufgrund der Regelung des § 60 Abs. 7 AufenthG. Daher sei ihm nach §\n25 Abs. 3 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis zu gewahren. Auch habe er einen\nAnspruch aus § 2 FreizugG/EU. Der Klager konne nicht nach Österreich\nausreisen, da er dort keine eheliche Lebensgemeinschaft mit seiner in\nDeutschland wohnenden Ehefrau leben konne. Der wiederum sei es nicht verwehrt,\nsich in Deutschland aufzuhalten. Nach § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG komme dem\nKlager sogar ein Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu. \n--- \n| 12 \n--- \n| Der Klager beantragt zuletzt, \n--- \n| 13 \n--- \n| die Beklagte zu verpflichten, ihm eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des\nAufenthalts aus humanitaren Grunden (§ 25 Abs. 5 AufenthG) zu erteilen und den\nBescheid der Stadt R. vom 04.06.2003 und den Widerspruchsbescheid des\nRegierungsprasidiums T. vom 17.07.12003 aufzuheben, soweit sie dem\nentgegenstehen sowie die Hinzuziehung eines Bevollmachtigten im Vorverfahren\nfur notwendig zu erklaren. \n--- \n| 14 \n--- \n| Die Beklagte beantragt, \n--- \n| 15 \n--- \n| die Klage abzuweisen. \n--- \n| 16 \n--- \n| Zur Begrundung fuhrt sie im Wesentlichen aus, dass der Erteilung einer\nAufenthaltsbefugnis die Regelversagungsgrunde des § 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 AuslG\nentgegenstunden, wie dies im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgefuhrt worden\nsei. Der Auffassung des Klagers, die Verurteilung wegen des\nBetaubungsmitteldeliktes konne nicht mehr als Leitgedanke fur die Ablehnung\nder Aufenthaltsgenehmigung herangezogen werden, konne nicht gefolgt werden.\nDie regelmaßig wiederkehrenden Rechtsverstoße zeigten, dass der Klager nicht\ngewillt sei, sich zu integrieren und die Rechtsordnung zu akzeptieren. Zur\nRechtslage nach dem Zuwanderungsgesetz wird ausgefuhrt, dass auch hier keine\nAnspruchsgrundlage fur die Erteilung eines Aufenthaltstitels ersichtlich sei.\nDer Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG stehe § 25\nAbs. 1 AufenthG entgegen, da der Klager aus schwerwiegenden Grunden der\noffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen worden sei. Eine\nAufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG konne nicht erteilt werden,\nwenn die Ausreise in einen anderen Staat moglich und zumutbar sei. Es seien\nkeine Grunde vorgetragen, weshalb der Klager nicht in das Heimatland seiner\nosterreichischen Ehefrau reisen konne. Die Beschaftigung des Klagers im\nBundesgebiet stehe der Zumutbarkeit einer Ausreise nicht entgegen. Die\nStaatsanwaltschaft S. schließe aus der Selbsterklarung des Klagers, dass er\ndie PKK unterstutze. Damit konne der Klager eine Gefahr fur die Sicherheit der\nBundesrepublik Deutschland darstellen. Die Sperrwirkungen der Ausweisung\nstunden der Einraumung von Freizugigkeitsrechten nach dem FreizugG/EU\nentgegen. Die Frist einer moglichen Befristung wurde erst mit der Ausreise\nbeginnen, was in § 7 Abs. 2 FreizugG/EU geregelt sei. Hinsichtlich § 25 Abs. 5\nAufenthG sei auszufuhren, dass der Klager nach Österreich ausreisen konne und\ner damit nicht unverschuldet an der Ausreise gehindert sei. Damit sei eine\npositive Bescheidung ausgeschlossen. Auch stunden die Straftaten hier einer\nErteilung eines Aufenthaltstitels entgegen. \n--- \n| 17 \n--- \n| Das Verfahren hat vom 03.02.2004 bis zum 03.01.2005 auf ubereinstimmenden\nAntrag der Beteiligten geruht. \n--- \n| 18 \n--- \n| Dem Gericht lagen die Behordenakten sowie die Akten zu den oben zitierten\nStrafverfahren vor. Weiter lag das Urteil im Asylrechtsstreits des Klagers\nvor. Auf diese Dokumente wird wegen der weiteren Einzelheiten ebenso verwiesen\nwie auf die Gerichtsverfahrensakten. \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| \n---|--- \n| 19 \n--- \n| Soweit die Klage zuruckgenommen worden ist (namlich hinsichtlich des\nFluchtlingsausweises), war die Einstellung des Verfahrens auszusprechen (vgl.\n§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO) und insoweit nur noch eine Kostenentscheidung zu\ntreffen. \n--- \n| 20 \n--- \n| Im Übrigen ist die zulassige Klage begrundet. Der Klager hat einen Anspruch\nauf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Aufenthalts aus\nhumanitaren Grunden nach § 25 Abs. 5 AufenthG, so dass sich die Ablehnung der\nErteilung der ursprunglich beantragten Aufenthaltsbefugnis als rechtswidrig\nerweist; sie verletzt den Klager in eigenen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1\nVwGO). Die Bescheide sind daher aufzuheben, soweit sie dem\nVerpflichtungsausspruch entgegen stehen. \n--- \n| 21 \n--- \n| Das Verpflichtungsbegehren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ist\nhinsichtlich der Frage der Erfullung des Tatbestands und des Vorliegens der\nallgemeinen Erteilungsvoraussetzungen durch das Gericht nach der Sach- und\nRechtslage im Zeitpunkt der letzten mundlichen Verhandlung zu beurteilen (vgl.\nnur BVerwG, Urt. v. 19.03.2002 - 1 C 19/01 -, NVwZ 2003, 104 ff.). Daher\nkommen nur Anspruchsgrundlagen nach dem AufenthG, das am 01.01.2005 in Kraft\ngetreten ist (vgl. § 15 Abs. 3 des Gesetztes zur Steuerung und Begrenzung der\nZuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von\nUnionsburgern und Auslandern - Zuwanderungsgesetzes (ZuwG) (BGBl I, 1950\nff.)), fur den Anspruch des Klagers in Betracht. \n--- \n| 22 \n--- \n| Der Anspruch des Klagers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis folgt aus\n§ 25 Abs. 5 Satz 1 und 2 AufenthG. Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem\nAuslander, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1\nAufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus\nrechtlichen oder tatsachlichen Grunden unmoglich ist und mit dem Wegfall der\nAusreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die\nAufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten\nausgesetzt ist (Satz 2). Der Klager erfullt den Tatbestand dieser Norm, welche\nauf den Klager auch anwendbar ist. \n--- \n| 23 \n--- \n| § 11 FreizugG/EU steht der Anwendung des AufenthG auf den Klager nicht\nentgegen. Auf den Klager findet das AufenthG namlich aufgrund einer analogen\nAnwendung des § 11 Abs. 2 FreizugG/EU Anwendung. \n--- \n| 24 \n--- \n| Grundsatzlich ware der Klager zunachst nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2, 3 Abs. 1\nund 2 Nr. 1 FreizugG/EU freizugigkeitsberechtigt und damit innerhalb des\nAnwendungsbereichs des FreizugG/EU. Er ist als Ehegatte einer\nosterreichischen, sich in der Berufsausbildung befindlichen Staatsangehorigen,\ndie in der Bundesrepublik Deutschland ihren standigen Aufenthalt hat,\nFamilienangehoriger dieser Arbeitnehmerin und als solcher\nfreizugigkeitsberechtigt. Jedoch steht die bestandskraftige und noch nicht\nbefristete Ausweisungsverfugung dem Entstehen dieses Freizugigkeitsrechts\nentgegen. Zwar fehlt dem FreizugG/EU eine Übergangsregelung, welche die\nBedeutung von Ausweisungsverfugungen, die vor Inkrafttreten des FreizugG/EU\nerlassen worden sind, regelt. Insbesondere ist § 102 AufenthG, der eine\nentsprechende Regelung fur den Geltungsbereich des AufenthG trifft, nicht auf\ndas FreizugG/EU anzuwenden, nachdem diese Norm in der enumerativen Auflistung\ndes § 11 Abs. 1 Satz 1 FreizugG/EU, in welchen die Anwendung des AufenthG auf\nFreizugigkeitsberechtigte geregelt wird, fehlt. Auch kann § 102 AufenthG nicht\nselbst und direkt als Übergangsvorschrift fur das FreizugG/EU angewandt\nwerden, nachdem die Regelung im Aufenthaltsgesetz und damit in Art. 1 ZuwG und\ndas FreizugG/EU in Art. 2 ZuwG ergangen ist. Übergangsregelungen trifft das\nZuwG selbst nicht. Jedoch ist in § 11 Abs. 2 FreizugG/EU geregelt, dass das\nAufenthG dann Anwendung auf an sich Freizugigkeitsberechtigte findet, wenn die\nAuslanderbehorde das Nichtbestehen oder den Verlust des Freizugigkeitsrechts\nfestgestellt hat. Eine Feststellungsentscheidung uber den Verlust des\nFreizugigkeitsrechts von drittstaatsangehorigen Familienangehorigen nach § 6\nAbs. 1 FreizugG/EU kann nur aus Grunden der offentlichen Ordnung, Sicherheit\noder Gesundheit ergehen und entspricht damit dem Rechtsinstitut der\nAusweisung, welches bis zum Inkrafttreten des FreizugG/EU in solchen Fallen\nzur Anwendung gekommen ist. Damit ist die Ausweisung einer solchen\nFeststellungsentscheidung wesensgleich. Die Gleichbehandlung von bereits\nbestandkraftigen Ausweisungsentscheidungen, deren Wirkungen noch nicht\nbefristet worden sind (vgl. § 8 Abs. 2 AuslG, 11 Abs. 1 AufenthG), mit\nFeststellungsentscheidungen nach § 6 FreizugG/EU erscheint angemessen und\ninteressengerecht. Wurde man hier mangels gesetzlicher Regelung unter dem\nFreizugG/EU solche Ausweisungsentscheidungen als wirkungslos betrachten, so\nstunden alle Ausweisungen von Unionsburgern und deren drittstaatsangehorigen\nFamilienangehorigen mit Inkrafttreten des FreizugG/EU erneut auf dem\nPrufstand. Es mussten erst Feststellungsentscheidungen, welche die\nAusweisungen zum Jetztzeitpunkt bestatigten, ergehen, um fur die Betroffenen\nzu einem Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 7 Abs. 2 Satz 1 FreizugG/EU zu\ngelangen. Da die Betroffenen aber im Fall ihrer Einreise nach Inkrafttreten\ndes FreizugG/EU aber vor Ergehen einer neuen Feststellungsentscheidung nach §\n6 Abs. 1 FreizugG/EU zunachst ein Aufenthaltsrecht hatten und ihre\nAusreisepflicht erst mit Bestandskraft der Feststellungsentscheidung entstunde\n(vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizugG/EU), musste ihr Aufenthalt im Bundesgebiet\nbis zu diesem Zeitpunkt hingenommen werden, selbst wenn von ihnen weiter ein\nhohes Gefahrdungspotenzial ausginge. Dies ist vom Gesetzgeber offenkundig\nnicht gewollt. Zumindest findet sich hierzu in den Gesetzesmaterialien nichts.\nEs spricht auch nichts dafur, dass eine solche großzugige Regelung vom\nGemeinschaftsrecht oder nationalem Recht gefordert ware. Die Moglichkeit der\nBefristung der Ausweisungs- oder Feststellungsentscheidung nach § 11 Abs. 1\nSatz 3 und 4 AufenthG oder § 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 FreizugG/EU ist hier\nweiterhin ein angemessenes Instrument, um geanderten Umstanden Rechnung zu\ntragen und zu verhindern, dass eine Ausweisung eines grundsatzlich\nFreizugigkeitsberechtigten zu einer andauernden und immerwahrenden\nEinreisesperre wird. Ob hierbei fur den Fristbeginn tatsachlich die Ausreise\nzu fordern ist, wie dies in § 7 Abs. 2 Satz 3 FreizugG/EU geschieht, mag dabei\nzwar zweifelhaft sein (vgl zur Rechtslage unter dem AuslG: BVerwG, Urt. v.\n07.12.1999 - 1 C 13/99 -, BVerwGE 110, 140 ff.). Dies kann aber an der\ngrundsatzlichen Angemessenheit des Instruments der Befristung der Wirkungen\nder Ausweisung nichts andern. Ausweisungen, die vor dem 01.01.2005 ergangen\nsind und deren Wirkungen noch nicht aufgrund einer Befristungsentscheidung\nerloschen sind, fuhren daher in analoger Anwendung des § 11 Abs. 2 FreizugG/EU\nzur Unanwendbarkeit des FreizugG/EU und zur Anwendbarkeit des AufenthG. \n--- \n| 25 \n--- \n| Damit wirkt die Ausweisung des Klagers fort und fuhrt in analoger Anwendung\ndes § 11 Abs. 2 FreizugG/EU zur Anwendung des AufenthG. Der Umstand, dass der\nKlager zwischenzeitlich als Familienangehoriger einer Unionsburgerin wohl\neinen Anspruch auf Befristung der Ausweisungsverfugung in Anwendung von § 7\nAbs. 2 Satz 2 FreizugG/EU hat, ist unbeachtlich, solange diese Entscheidung\nnicht auch tatsachlich ergangen ist. Eine solche herbeizufuhren, notigenfalls\ndurch eine Untatigkeitsklage, ist dem Klager auch zumutbar. \n--- \n| 26 \n--- \n| Der Klager kann aber nach den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes\ngrundsatzlich keinen Aufenthaltstitel erlangen, da ihm gemaß § 11 Abs. 1 Satz\n2 AufenthG aufgrund der Ausweisung auch bei Vorliegen der Voraussetzungen\neines Anspruchs nach dem AufenthG kein Aufenthaltstitel erteilt werden kann.\nAus diesem Grund kommt fur ihn weder die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis\naus humanitaren Grunden nach § 25 Abs. 2 AufenthG noch, wie vom Klager\nvorgetragen, nach § 25 Abs. 3 AufenthG in Betracht, weil in beiden Fallen die\nSperre des § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG greift. \n--- \n| 27 \n--- \n| Die Sperrwirkung greift nach der eindeutigen gesetzlichen Anordnung jedoch\nnicht hinsichtlich der Aufenthaltserlaubnis aus humanitaren Grunden nach § 25\nAbs. 5 AufenthG. Der Klager erfullt auch die weiteren\nTatbestandsvoraussetzungen der Norm. \n--- \n| 28 \n--- \n| Er ist vollziehbar ausreisepflichtig. Die Ausreisepflichtigkeit bestimmt\nsich nach § 50 Abs. 1 AufenthG. Danach ist ausreisepflichtig, wer einen\nerforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt. Der Klager\nbesitzt keinen Aufenthaltstitel. Da er sich nicht rechtmaßig im Bundesgebiet\naufhalt, kann er auch kein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen\nEWG/Turkei beanspruchen. Die Ausreisepflicht des Klagers ist auch vollziehbar\nim Sinne des § 58 Abs. 2 AufenthG, nachdem ihm im September 2001 auf seinen\nAntrag hin keine Aufenthaltsbefugnis erteilt worden ist. Eine solche hatte ihm\nnach der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG\nnach § 70 Abs. 1 AsylVfG a.F. zugestanden. Da er aber aus schwerwiegenden\nGrunde der offentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen worden war, konnte\nihm aufgrund dieser Norm keine Aufenthaltsgenehmigung erteilt werden, vgl. §\n70 Abs. 2 AsylVfG a.F.. Mit der Ablehnung seines Antrags war sein\naufenthaltsrechtlicher Status nach der Entscheidung des Bundesamtes fur die\nAnerkennung auslandischer Fluchtlinge zunachst abschließend geklart. Damit war\nmit Bestandskraft dieser ablehnenden Entscheidung die Ausreisepflicht des\nKlagers aufgrund fehlenden Aufenthaltstitels vollziehbar (vgl. § 42 Abs. 2\nSatz 2 AuslG; § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). \n--- \n| 29 \n--- \n| Die Ausreise des Klagers ist derzeit auch unmoglich. Da er sich\naugenblicklich nicht im Besitz eines fur den Grenzubertritts geeigneten\nAusweisdokuments befindet, kann der Klager nicht aus der Bundesrepublik\nDeutschland aus- und in einen anderen Staat einreisen. Denkbar ware in dieser\nKonstellation nur eine Ausreise in die Turkei. Diese ist dem Klager aber nicht\nzuzumuten, da ihm bezuglich der Turkei nach den Feststellungen des Bundesamtes\nfur die Anerkennung auslandischer Fluchtlinge ein Abschiebungsverbot nach § 60\nAbs. 1 AufenthG zugute kommt. Damit steht bindend (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 5 und\n6 AufenthG) fest, dass dem Klager in diesem Land Verfolgung im Sinne der\nGenfer Fluchtlingskonvention droht, so dass eine Ausreise in sein Heimatland\nunzumutbar und somit unmoglich im Sinne des § 25 Abs. 5 AufenthG ist. \n--- \n| 30 \n--- \n| Eine Ausreise nach Österreich ist dem Klager auch nicht moglich. Seine\nEinreise konnte dort nur dann erlaubt erfolgen, wenn er zusammen mit seiner\nEhefrau einreisen wurde. Nur dann wurde sie namlich dem Erhalt der ehelichen\nLebensgemeinschaft dienen. Von der Ehefrau des Klagers kann aber eine Ruckkehr\nnach Österreich nur deswegen, damit der Klager seiner Ausreisepflicht\nnachkommen kann, nicht verlangt werden. Ein solches Verlangen wurde zu einer\nBenachteiligung der Ehefrau des Klagers aufgrund der Eheschließung bedeuten.\nDies ist mit Art. 6 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren. Im Übrigen widersprache\nein solches Verlangen der Arbeitnehmerfreizugigkeit aus Art. 39 EG und ware\nsomit gemeinschaftsrechtswidrig. \n--- \n| 31 \n--- \n| Der Klager ist auch unverschuldet an der Ausreise gehindert, so dass § 25\nAbs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG der Erfullung des Tatbestands des § 25 Abs. 5\nSatz 1 und 2 AufenthG nicht entgegensteht. Es ist dem Klager aufgrund des\nAbschiebungsverbots hinsichtlich der Turkei nicht zuzumuten, sich einen\nturkischen Nationalpass zu besorgen. Einen Reiseausweis nach der Genfer\nFluchtlingskonvention erhalt der Klager aufgrund der Regelung des dortigen\nArt. 28 nicht, da sein Aufenthalt nicht rechtmaßig im Sinne der Konvention\nist. Er halt sich lediglich geduldet im Bundesgebiet auf. Die Handlungen,\nwelche zu der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1\nAuslG gefuhrt haben, konnen nicht so bewertet werden, dass der Klager aufgrund\nder Handlungen verschuldet an der Ausreise in die Turkei gehindert sei.\nAusweislich des Urteils des VG S. war der Klager in Verdacht geraten, die PKK\nzu unterstutzen und ist in diesem Zusammenhang Maßnahmen politischer\nVerfolgung unterworfen worden. Somit kann ein Verschulden des Klagers an dem\nAusreisehindernis nicht festgestellt werden. Ob dies im Fall einer\nfeststehenden Unterstutzung der PKK in der Turkei als Grund fur das\nAbschiebungsverbot anders zu beurteilen ware, kann hier offen bleiben. \n--- \n| 32 \n--- \n| Mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses ist in nachster Zeit auch nicht zu\nrechnen. Eine Änderung der Sachlage in der Turkei, welche zu einem Widerruf\nder Entscheidung zu § 51 Abs. 1 AuslG fuhren konnte, ist in absehbarer Zeit\nnicht zu erwarten. \n--- \n| 33 \n--- \n| Die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen fur Aufenthaltstitel nach dem\nAufenthG aus § 5 AufenthG sind hier auch gegeben. Insbesondere liegt weder ein\nAusweisungsgrund vor (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) noch beeintrachtigt der\nKlager die Interessen der Bundesrepublik Deutschland (§ 5 Abs. 1 Nr. 3\nAufenthG). Die Erfullung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 1. Halbsatz) kann von dem\nKlager nicht verlangt werden, da es ihm aufgrund der durch das Bundesamt fur\ndie Anerkennung auslandischer Fluchtlinge festgestellten, ihm in der Turkei\ndrohenden Verfolgung, unzumutbar ist, sich unter den Einflussbereich des\nturkischen Staates zu begeben. Ebenso kann von dem Klager die Einhaltung des §\n5 Abs. 2 AufenthG verlangt werden. Diese Norm verlangt regelmaßig, dass der\nAuslander mit dem erforderlichen Visum eingereist ist (Satz 1 Nr. 1). Es ist\naber davon abzusehen (Satz 2), weil es dem Klager nicht zuzumuten ist, das\nVisumverfahren nachzuholen. Die Feststellung des Vorliegens der\nVoraussetzungen nach § 51 Abs. 1 AuslG zeigt namlich, dass der Klager\nberechtigterweise aus der Turkei gefluchtet ist. Dies mag schon zur Folge\nhaben, dass er gar keines Visums bedurfte. Sollte dies aber noch verlangt\nwerden, so ware es dem Klager, der nicht ausreisen kann (vgl. oben), derzeit\nnicht zuzumuten, das Visumverfahren nachzuholen, da es ihm unmoglich ist. \n--- \n| 34 \n--- \n| Aus den beiden Straftaten, welche der Klager nach Erlass der\nAusweisungsverfugung begangen hat, lasst sich ein Ausweisungsgrund nicht\nentnehmen, so dass der Klager die negative allgemeine Erteilungsvoraussetzung\ndes § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erfullt. Bei der Frage, ob ein Ausweisungsgrund\nvorliegt, ist lediglich auf die Erfullung eines Ausweisungstatbestands\nabzustellen. Es ist nicht zu prufen, ob eine Ausweisung tatsachlich verfugt\nwerden konnte oder ob die Vorschriften uber den besonderen Ausweisungsschutz\nnach § 56 AuslG entgegen stehen wurde oder ob eine Ermessensreduzierung\nzugunsten des Auslanders eingetreten ist, welche eine Ausweisung verhindern\nwurde (vgl. Zeitler, HTK-AuslR, § 5 AufenthG / zu § Abs. 1 Nr. 2 Stand:\nFebruar 2005). Ein solcher Ausweisungsgrund besteht nicht. Insbesondere ist\nder Tatbestand des § 55 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AufenthG durch den Klager\nnicht erfullt. Nach dieser Vorschrift kann ausgewiesen werden, wer einen nicht\nnur vereinzelten oder geringfugigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen\nhat. \n--- \n| 35 \n--- \n| Bei der Betrachtung der Frage des Ausweisungsgrundes hat die fruhere\nStraftat, welche zu der Ausweisung gefuhrt hat, zunachst außer Betracht zu\nbleiben. Diese ist namlich durch die ergangene Verfugung verbraucht. § 25 Abs.\n5 AufenthG will es gerade ermoglichen, einen Aufenthaltstitel trotz verfugter\nAusweisung zu erteilen, so dass es systemwidrig ware, die der Ausweisung\nzugrunde liegende Tat erneut im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG zu\nverwerten. In Betracht gezogen werden darf sie allerdings bei der Prufung der\nFrage, ob vom Betroffenen eine Wiederholungsgefahr ausgeht. Insoweit lasst\nsich die Prufung namlich nicht durch die ergangene Ausweisungsverfugung\ntrennen. Eine Zasur findet insoweit nicht statt. Es bedarf einer Betrachtung\naller relevanten Umstande. \n--- \n| 36 \n--- \n| Die spateren Straftaten des Klagers sind sowohl als vereinzelt als auch als\ngeringfugig zu bewerten. Eine vorsatzlich begangene Straftat ist zwar\ngrundsatzlich nicht geringfugig im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (vgl.\nzu § 46 Nr. 2 AuslG: BVerwG, Urt. v. 24.09.1996 - 1 C 9/94 -, BVerwGE 102, 63\nff.; OVG Hamburg, Beschl. v. 06.03.2002 - 3 Bf 205/01 -, AuAs 2002, 139 ff.;\nHailbronner, AuslR, Stand: Juni 2004, § 46 AuslG Rn. 6). Eine Ausnahme von\ndieser Regel ist bei Verurteilung zu Geldstrafen in einer Hohe von weniger als\n30 Tagessatzen aber durchaus denkbar (vgl. VwV Nr. 46.2.3.1 zum AuslG).\nWahrend der Verstoß gegen das Vereinsgesetz zu einer Einstellung des\nStrafverfahrens nach § 153 StPO fuhrte und somit eindeutig als geringfugig\neinzustufen ist, hat das unerlaubte Entfernen vom Unfallort zu einer\nBestrafung in Form einer Geldstrafe in Hohe von 20 Tagessatzen gefuhrt. Damit\nist das Strafgericht am unteren Ende des Strafrahmens verblieben und hat somit\nzu erkennen gegeben, dass es hier von einer geringen Schuld des Klagers\nausgegangen ist. Damit erweist sich auch diese Straftat als geringfugig. Die\nStraftaten sind auch vereinzelt im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG\ngeblieben. Vereinzelt sind mehrere Straftaten dann, wenn sie sich gegen\nverschiedene Rechtsguter richten, diesen Straftaten keine Tendenz, auch nicht\ndergestalt, dass sich der Straftater uber alle ihn storenden Normen\nhinwegsetzt, zu entnehmen ist, und sie nicht gehauft auftreten. Der Klager hat\nmit dem Verstoß gegen das Vereinsgesetz und mit dem unerlaubten Entfernen vom\nUnfallort hier zwei vollig unterschiedliche Straftaten begangen, welche auch\nin ihrem Unrechtsgehalt nur den gemeinsamen Kern aufweisen, dass sie\nStraftaten darstellen. Die beiden Taten lassen auch nicht erkennen, dass sich\nder Klager konsequent gegen strafrechtliche Normen auflehnt und ihnen zuwider\nhandelt. Damit sind die Verstoße auch vereinzelt. \n--- \n| 37 \n--- \n| Selbst wenn man entweder die Geringfugigkeit oder die Vereinzeltheit der\nVerstoße gegen Strafrechtsnormen nicht annehmen mochte, lage kein\nAusweisungsgrund vor, da eine Wiederholungsgefahr zu verneinen ist. Diese ist\nTatbestandsmerkmal. Nur bei der Bejahung der Wiederholungsgefahr liegt eine\nGefahr fur die offentliche Sicherheit vor, welche von § 55 Abs. 1 AufenthG\ngefordert wird. Bei der Heranziehung aller Umstande lasst sich eine\nWiederholungsgefahr, welche eine Ausweisung aufgrund der 2001 begangenen\nStraftaten rechtfertigen wurde, aber nicht bejahen. Weder die Haufigkeit der\nStraftaten noch ihre Zielrichtung lassen den Schluss zu, dass zu befurchten\nstehe, der Klager konnte erneut straffallig werden. Von den Kreisen der\nStraftat, welche zur Verurteilung 1998 gefuhrt hat, durfte sich der Klager\ngelost haben. Den weiteren Straftaten liegen jeweils Umstande zugrunde, welche\nbesonders zu wurdigen sind. Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort setzte\nzunachst die fahrlassige Herbeifuhrung eines Verkehrsunfalls voraus. Eine\ngeringe Schuld des Klagers ist seitens des Strafgerichts offenkundig\nangenommen worden, nachdem nur eine Geldstrafe in Hohe von 20 Tagessatzen\nverhangt worden war. Dem Verstoß gegen das Vereinsgesetz lag die Unterschrift\nunter einen bereits formulierten Text zugrunde. Diese Tat, im Zusammenhang mit\ndem Eintreten gegen das Verbot der PKK begangen, erscheint daher auch als\nsingulares Ereignis, so dass auch auf dieser Tat ebenso wenig wie aufgrund der\nGesamtschau der Taten eine Wiederholungsgefahr bejaht werden konnte. Vielmehr\nliegen zwei singulare Ereignisse vor, die zur jeweiligen Straftat gefuhrt\nhaben. \n--- \n| 38 \n--- \n| Auch die negative allgemeine Erteilungsvoraussetzung, dass von dem Klager\nkeine Beeintrachtigung der Interessen der Bundesrepublik Deutschland ausgehen\ndarf (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG), wird durch den Klager erfullt. Auch das nach\n§ 153 StPO eingestellte Strafverfahren wegen des Verstoßes gegen das\nVereinsgesetz fuhrt hier zu keiner abweichenden Betrachtung. Es liegen keine\nErkenntnisse daruber vor, dass der Klager uber die Unterschrift hinaus aktiv\noder als finanzieller Unterstutzer die PKK fordert. Dies ware aber zumindest\nnotwendig, um von einer Gefahrdung oder einer Beeintrachtigung der Interessen\nder Bundesrepublik Deutschland ausgehen zu konnen. Eine bloße schriftliche\nErklarung, die in hundertfacher oder gar tausendfacher Form auch von anderen\nabgegeben worden ist, erfullt diesen Tatbestand ganz sicher nicht. \n--- \n| 39 \n--- \n| Selbst wenn man das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes bejahen und damit\ndie allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG negieren\nmochte, durfte dem Klager die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG\nnicht versagt werden, da zu seinen Gunsten die Regelung des § 5 Abs. 3 2.\nHalbsatz AufenthG greift. Nach § 5 Abs. 3 AufenthG ist in den Fallen der\nErteilung eines Aufenthaltstitels nach den §§ 24, 25 Abs. 1 bis 3 sowie § 26\nAbs. 3 AufenthG von der Anwendung von § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG abzusehen. In\nden ubrigen Fallen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2\nAbschnitt 5 kann hiervon abgesehen werden. Bei der Erteilung einer\nAufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG handelt es sich um einen\nsolchen ubrigen Fall im Sinne des § 5 Abs. 3 2. Halbsatz AufenthG. Das\nErmessen der Auslanderbehorde ist im vorliegenden Fall zugunsten des Klagers\nauf Null reduziert, so dass sie von der Anwendung der allgemeinen\nErteilungsvoraussetzungen aus § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG absehen muss. Fur die\nAnwendung des 2. Halbsatzes von § 5 Abs. 3 AufenthG sind insbesondere die\nWertungen des 1. Halbsatzes der Norm von Bedeutung. Nach dieser Norm ist\nbeispielsweise dann, wenn zugunsten eines Auslanders ein Abschiebungsverbot\nnach § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegt, weil etwa eine Erkrankung im Heimatland\nnicht behandelbar ist und das Unterlassen der Behandlung zu einer erheblichen\nund konkreten Gesundheitsgefahrdung fuhrt, unabhangig von dem Vorliegen der\nallgemeinen Erteilungsvoraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.\n3 AufenthG zu erteilen. Dies bedeutet, dass Ausweisungsgrunde regelmaßig einer\nErteilung nicht entgegenstehen, es sei denn es handelt sich um eine erhebliche\nStraftat (vgl. § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b) AufenthG). Wenn also ein Auslander,\nder nur wegen einer Erkrankung vorubergehend ein Aufenthaltsrecht im\nBundesgebiet erlangt und ohne diese Erkrankung kein Aufenthaltsrecht genießen\nkonnte, von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen befreit wird, dann muss\ndies in großzugigem Maße auch bei einem anerkannten Fluchtling im Sinne der\nGenfer Fluchtlingskonvention erfolgen. Hat dieser Straftaten im Bereich der\nleichten Kriminalitat begangen, wie dies hier der Fall ist, kann er nicht\nschlechter gestellt werden als ein nach § 60 Abs. 7 AufenthG wegen einer\nErkrankung vor Abschiebung Geschutzter, so dass insoweit eine\nErmessensreduzierung zu seinen Gunsten im Rahmen des § 5 Abs. 3 AufenthG\neintritt. \n--- \n| 40 \n--- \n| Der Klager hat nicht nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie\nBescheidung seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, sondern\naus § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG sogar einen Anspruch auf Erteilung des\nAufenthaltstitels. Nach dieser Vorschrift soll die Aufenthaltserlaubnis\nerteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Dies ist\nbei dem Klager der Fall. Es liegt bei ihm auch kein atypischer Fall vor. Eine\nsolche Atypik kann insbesondere nicht darin gesehen werden, dass gegen den\nKlager eine bestandskraftige Ausweisung verfugt worden ist, nachdem § 25 Abs.\n5 AufenthG gerade die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abweichend von der\nSperrwirkung des § 11 Abs. 1 AufenthG ermoglichen will. Eine Ausnahme von der\nRegel konnte dann angenommen werden, wenn eine Befristung der\nAusweisungsentscheidung abweichend von der Regel des § 11 Abs. 1 Satz 3\nAufenthG noch nicht moglich ware, weil etwa die Wiederholungsgefahr in Person\ndes Klagers weiterhin in hohem Maße gegeben ware und es noch nicht absehbar\nist, wann es aus gefahrenabwehrrechtlicher Sicht zu vertreten sein wird, einen\nAufenthalt des Ausgewiesenen wieder zu erlauben. Da der Klager wohl einen\nAnspruch auf Befristung aus § 7 Abs. 2 FreizugG/EU ableiten kann, ist in\nseiner Person ein solcher Ausnahmefall im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 2\nAufenthG nicht gegeben. Auch andere Grunde fur die Annahme eines Ausnahmefalls\nliegen nicht vor. \n--- \n| 41 \n--- \n| Somit hat die Beklagte dem Klager den beantragten Aufenthaltstitel zu\nerteilen. \n--- \n| 42 \n--- \n| Nachdem die Beklagte unterlegen ist, hat sie insoweit die Kosten des\nVerfahrens zu tragen. Soweit die Klage zuruckgenommen worden ist, hat der\nKlager die Kosten des Verfahrens zu tragen. Da bei beiden Streitgegenstanden\njeweils vom Auffangwert als Streitwert auszugehen ist, sind die Kosten\ninsgesamt von den Beteiligten jeweils zur Halfte zu tragen (vgl. §§ 155 Abs. 1\nSatz 1, 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO). \n--- \n| 43 \n--- \n| Die Hinzuziehung eines Bevollmachtigten fur das Vorverfahren war fur\nnotwendig zu erklaren, da sie von dem Standpunkt eines verstandigen, nicht\nrechtskundigen Beteiligten im Zeitpunkt der Bestellung des Bevollmachtigten\nfur erforderlich gehalten werden durfte und es dem Beteiligten nach seiner\nVorbildung, Erfahrung und seinen sonstigen personlichen Umstanden nicht\nzumutbar war, das Verfahren selbst zu fuhren (vgl. § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO, §\n80 Abs. 3 LVwVfG). \n--- \n| 44 \n--- \n| Die Berufung war in Anwendung der §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3\nVwGO wegen grundsatzlicher Bedeutung des Rechtsstreits zuzulassen. In diesem\nVerfahren kann namlich die Frage, ob eine Ausweisung, die vor dem 31.12.2004\nin Anwendung der §§ 45 ff. AuslG erlassen worden ist, bis zum Eintritt der\nBefristung ihrer Wirkungen dazu fuhrt, dass das FreizugG/EU fur ansonsten\nFreizugigkeitsberechtigte nicht zur Anwendung gelangt, beantwortet werden.\nDamit kann eine Frage mit Auswirkungen uber den Einzelfall hinaus in\nverallgemeinerungsfahiger Form beantwortet werden, so dass die Klarung der\nFrage zur Fortbildung des Rechts im allgemeinen Interesse liegt. Diese Frage\nist, soweit ersichtlich, auch noch nicht obergerichtlich entschieden. Diese\nFrage ist auch entscheidungserheblich, da im Falle der Anwendbarkeit des\nFreizugG/EU ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25\nAufenthG nicht bestehen kann. \n--- \n \n## Gründe\n\n| \n---|--- \n| 19 \n--- \n| Soweit die Klage zuruckgenommen worden ist (namlich hinsichtlich des\nFluchtlingsausweises), war die Einstellung des Verfahrens auszusprechen (vgl.\n§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO) und insoweit nur noch eine Kostenentscheidung zu\ntreffen. \n--- \n| 20 \n--- \n| Im Übrigen ist die zulassige Klage begrundet. Der Klager hat einen Anspruch\nauf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Aufenthalts aus\nhumanitaren Grunden nach § 25 Abs. 5 AufenthG, so dass sich die Ablehnung der\nErteilung der ursprunglich beantragten Aufenthaltsbefugnis als rechtswidrig\nerweist; sie verletzt den Klager in eigenen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1\nVwGO). Die Bescheide sind daher aufzuheben, soweit sie dem\nVerpflichtungsausspruch entgegen stehen. \n--- \n| 21 \n--- \n| Das Verpflichtungsbegehren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ist\nhinsichtlich der Frage der Erfullung des Tatbestands und des Vorliegens der\nallgemeinen Erteilungsvoraussetzungen durch das Gericht nach der Sach- und\nRechtslage im Zeitpunkt der letzten mundlichen Verhandlung zu beurteilen (vgl.\nnur BVerwG, Urt. v. 19.03.2002 - 1 C 19/01 -, NVwZ 2003, 104 ff.). Daher\nkommen nur Anspruchsgrundlagen nach dem AufenthG, das am 01.01.2005 in Kraft\ngetreten ist (vgl. § 15 Abs. 3 des Gesetztes zur Steuerung und Begrenzung der\nZuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von\nUnionsburgern und Auslandern - Zuwanderungsgesetzes (ZuwG) (BGBl I, 1950\nff.)), fur den Anspruch des Klagers in Betracht. \n--- \n| 22 \n--- \n| Der Anspruch des Klagers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis folgt aus\n§ 25 Abs. 5 Satz 1 und 2 AufenthG. Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem\nAuslander, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1\nAufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus\nrechtlichen oder tatsachlichen Grunden unmoglich ist und mit dem Wegfall der\nAusreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die\nAufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten\nausgesetzt ist (Satz 2). Der Klager erfullt den Tatbestand dieser Norm, welche\nauf den Klager auch anwendbar ist. \n--- \n| 23 \n--- \n| § 11 FreizugG/EU steht der Anwendung des AufenthG auf den Klager nicht\nentgegen. Auf den Klager findet das AufenthG namlich aufgrund einer analogen\nAnwendung des § 11 Abs. 2 FreizugG/EU Anwendung. \n--- \n| 24 \n--- \n| Grundsatzlich ware der Klager zunachst nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2, 3 Abs. 1\nund 2 Nr. 1 FreizugG/EU freizugigkeitsberechtigt und damit innerhalb des\nAnwendungsbereichs des FreizugG/EU. Er ist als Ehegatte einer\nosterreichischen, sich in der Berufsausbildung befindlichen Staatsangehorigen,\ndie in der Bundesrepublik Deutschland ihren standigen Aufenthalt hat,\nFamilienangehoriger dieser Arbeitnehmerin und als solcher\nfreizugigkeitsberechtigt. Jedoch steht die bestandskraftige und noch nicht\nbefristete Ausweisungsverfugung dem Entstehen dieses Freizugigkeitsrechts\nentgegen. Zwar fehlt dem FreizugG/EU eine Übergangsregelung, welche die\nBedeutung von Ausweisungsverfugungen, die vor Inkrafttreten des FreizugG/EU\nerlassen worden sind, regelt. Insbesondere ist § 102 AufenthG, der eine\nentsprechende Regelung fur den Geltungsbereich des AufenthG trifft, nicht auf\ndas FreizugG/EU anzuwenden, nachdem diese Norm in der enumerativen Auflistung\ndes § 11 Abs. 1 Satz 1 FreizugG/EU, in welchen die Anwendung des AufenthG auf\nFreizugigkeitsberechtigte geregelt wird, fehlt. Auch kann § 102 AufenthG nicht\nselbst und direkt als Übergangsvorschrift fur das FreizugG/EU angewandt\nwerden, nachdem die Regelung im Aufenthaltsgesetz und damit in Art. 1 ZuwG und\ndas FreizugG/EU in Art. 2 ZuwG ergangen ist. Übergangsregelungen trifft das\nZuwG selbst nicht. Jedoch ist in § 11 Abs. 2 FreizugG/EU geregelt, dass das\nAufenthG dann Anwendung auf an sich Freizugigkeitsberechtigte findet, wenn die\nAuslanderbehorde das Nichtbestehen oder den Verlust des Freizugigkeitsrechts\nfestgestellt hat. Eine Feststellungsentscheidung uber den Verlust des\nFreizugigkeitsrechts von drittstaatsangehorigen Familienangehorigen nach § 6\nAbs. 1 FreizugG/EU kann nur aus Grunden der offentlichen Ordnung, Sicherheit\noder Gesundheit ergehen und entspricht damit dem Rechtsinstitut der\nAusweisung, welches bis zum Inkrafttreten des FreizugG/EU in solchen Fallen\nzur Anwendung gekommen ist. Damit ist die Ausweisung einer solchen\nFeststellungsentscheidung wesensgleich. Die Gleichbehandlung von bereits\nbestandkraftigen Ausweisungsentscheidungen, deren Wirkungen noch nicht\nbefristet worden sind (vgl. § 8 Abs. 2 AuslG, 11 Abs. 1 AufenthG), mit\nFeststellungsentscheidungen nach § 6 FreizugG/EU erscheint angemessen und\ninteressengerecht. Wurde man hier mangels gesetzlicher Regelung unter dem\nFreizugG/EU solche Ausweisungsentscheidungen als wirkungslos betrachten, so\nstunden alle Ausweisungen von Unionsburgern und deren drittstaatsangehorigen\nFamilienangehorigen mit Inkrafttreten des FreizugG/EU erneut auf dem\nPrufstand. Es mussten erst Feststellungsentscheidungen, welche die\nAusweisungen zum Jetztzeitpunkt bestatigten, ergehen, um fur die Betroffenen\nzu einem Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 7 Abs. 2 Satz 1 FreizugG/EU zu\ngelangen. Da die Betroffenen aber im Fall ihrer Einreise nach Inkrafttreten\ndes FreizugG/EU aber vor Ergehen einer neuen Feststellungsentscheidung nach §\n6 Abs. 1 FreizugG/EU zunachst ein Aufenthaltsrecht hatten und ihre\nAusreisepflicht erst mit Bestandskraft der Feststellungsentscheidung entstunde\n(vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizugG/EU), musste ihr Aufenthalt im Bundesgebiet\nbis zu diesem Zeitpunkt hingenommen werden, selbst wenn von ihnen weiter ein\nhohes Gefahrdungspotenzial ausginge. Dies ist vom Gesetzgeber offenkundig\nnicht gewollt. Zumindest findet sich hierzu in den Gesetzesmaterialien nichts.\nEs spricht auch nichts dafur, dass eine solche großzugige Regelung vom\nGemeinschaftsrecht oder nationalem Recht gefordert ware. Die Moglichkeit der\nBefristung der Ausweisungs- oder Feststellungsentscheidung nach § 11 Abs. 1\nSatz 3 und 4 AufenthG oder § 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 FreizugG/EU ist hier\nweiterhin ein angemessenes Instrument, um geanderten Umstanden Rechnung zu\ntragen und zu verhindern, dass eine Ausweisung eines grundsatzlich\nFreizugigkeitsberechtigten zu einer andauernden und immerwahrenden\nEinreisesperre wird. Ob hierbei fur den Fristbeginn tatsachlich die Ausreise\nzu fordern ist, wie dies in § 7 Abs. 2 Satz 3 FreizugG/EU geschieht, mag dabei\nzwar zweifelhaft sein (vgl zur Rechtslage unter dem AuslG: BVerwG, Urt. v.\n07.12.1999 - 1 C 13/99 -, BVerwGE 110, 140 ff.). Dies kann aber an der\ngrundsatzlichen Angemessenheit des Instruments der Befristung der Wirkungen\nder Ausweisung nichts andern. Ausweisungen, die vor dem 01.01.2005 ergangen\nsind und deren Wirkungen noch nicht aufgrund einer Befristungsentscheidung\nerloschen sind, fuhren daher in analoger Anwendung des § 11 Abs. 2 FreizugG/EU\nzur Unanwendbarkeit des FreizugG/EU und zur Anwendbarkeit des AufenthG. \n--- \n| 25 \n--- \n| Damit wirkt die Ausweisung des Klagers fort und fuhrt in analoger Anwendung\ndes § 11 Abs. 2 FreizugG/EU zur Anwendung des AufenthG. Der Umstand, dass der\nKlager zwischenzeitlich als Familienangehoriger einer Unionsburgerin wohl\neinen Anspruch auf Befristung der Ausweisungsverfugung in Anwendung von § 7\nAbs. 2 Satz 2 FreizugG/EU hat, ist unbeachtlich, solange diese Entscheidung\nnicht auch tatsachlich ergangen ist. Eine solche herbeizufuhren, notigenfalls\ndurch eine Untatigkeitsklage, ist dem Klager auch zumutbar. \n--- \n| 26 \n--- \n| Der Klager kann aber nach den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes\ngrundsatzlich keinen Aufenthaltstitel erlangen, da ihm gemaß § 11 Abs. 1 Satz\n2 AufenthG aufgrund der Ausweisung auch bei Vorliegen der Voraussetzungen\neines Anspruchs nach dem AufenthG kein Aufenthaltstitel erteilt werden kann.\nAus diesem Grund kommt fur ihn weder die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis\naus humanitaren Grunden nach § 25 Abs. 2 AufenthG noch, wie vom Klager\nvorgetragen, nach § 25 Abs. 3 AufenthG in Betracht, weil in beiden Fallen die\nSperre des § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG greift. \n--- \n| 27 \n--- \n| Die Sperrwirkung greift nach der eindeutigen gesetzlichen Anordnung jedoch\nnicht hinsichtlich der Aufenthaltserlaubnis aus humanitaren Grunden nach § 25\nAbs. 5 AufenthG. Der Klager erfullt auch die weiteren\nTatbestandsvoraussetzungen der Norm. \n--- \n| 28 \n--- \n| Er ist vollziehbar ausreisepflichtig. Die Ausreisepflichtigkeit bestimmt\nsich nach § 50 Abs. 1 AufenthG. Danach ist ausreisepflichtig, wer einen\nerforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt. Der Klager\nbesitzt keinen Aufenthaltstitel. Da er sich nicht rechtmaßig im Bundesgebiet\naufhalt, kann er auch kein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen\nEWG/Turkei beanspruchen. Die Ausreisepflicht des Klagers ist auch vollziehbar\nim Sinne des § 58 Abs. 2 AufenthG, nachdem ihm im September 2001 auf seinen\nAntrag hin keine Aufenthaltsbefugnis erteilt worden ist. Eine solche hatte ihm\nnach der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG\nnach § 70 Abs. 1 AsylVfG a.F. zugestanden. Da er aber aus schwerwiegenden\nGrunde der offentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen worden war, konnte\nihm aufgrund dieser Norm keine Aufenthaltsgenehmigung erteilt werden, vgl. §\n70 Abs. 2 AsylVfG a.F.. Mit der Ablehnung seines Antrags war sein\naufenthaltsrechtlicher Status nach der Entscheidung des Bundesamtes fur die\nAnerkennung auslandischer Fluchtlinge zunachst abschließend geklart. Damit war\nmit Bestandskraft dieser ablehnenden Entscheidung die Ausreisepflicht des\nKlagers aufgrund fehlenden Aufenthaltstitels vollziehbar (vgl. § 42 Abs. 2\nSatz 2 AuslG; § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). \n--- \n| 29 \n--- \n| Die Ausreise des Klagers ist derzeit auch unmoglich. Da er sich\naugenblicklich nicht im Besitz eines fur den Grenzubertritts geeigneten\nAusweisdokuments befindet, kann der Klager nicht aus der Bundesrepublik\nDeutschland aus- und in einen anderen Staat einreisen. Denkbar ware in dieser\nKonstellation nur eine Ausreise in die Turkei. Diese ist dem Klager aber nicht\nzuzumuten, da ihm bezuglich der Turkei nach den Feststellungen des Bundesamtes\nfur die Anerkennung auslandischer Fluchtlinge ein Abschiebungsverbot nach § 60\nAbs. 1 AufenthG zugute kommt. Damit steht bindend (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 5 und\n6 AufenthG) fest, dass dem Klager in diesem Land Verfolgung im Sinne der\nGenfer Fluchtlingskonvention droht, so dass eine Ausreise in sein Heimatland\nunzumutbar und somit unmoglich im Sinne des § 25 Abs. 5 AufenthG ist. \n--- \n| 30 \n--- \n| Eine Ausreise nach Österreich ist dem Klager auch nicht moglich. Seine\nEinreise konnte dort nur dann erlaubt erfolgen, wenn er zusammen mit seiner\nEhefrau einreisen wurde. Nur dann wurde sie namlich dem Erhalt der ehelichen\nLebensgemeinschaft dienen. Von der Ehefrau des Klagers kann aber eine Ruckkehr\nnach Österreich nur deswegen, damit der Klager seiner Ausreisepflicht\nnachkommen kann, nicht verlangt werden. Ein solches Verlangen wurde zu einer\nBenachteiligung der Ehefrau des Klagers aufgrund der Eheschließung bedeuten.\nDies ist mit Art. 6 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren. Im Übrigen widersprache\nein solches Verlangen der Arbeitnehmerfreizugigkeit aus Art. 39 EG und ware\nsomit gemeinschaftsrechtswidrig. \n--- \n| 31 \n--- \n| Der Klager ist auch unverschuldet an der Ausreise gehindert, so dass § 25\nAbs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG der Erfullung des Tatbestands des § 25 Abs. 5\nSatz 1 und 2 AufenthG nicht entgegensteht. Es ist dem Klager aufgrund des\nAbschiebungsverbots hinsichtlich der Turkei nicht zuzumuten, sich einen\nturkischen Nationalpass zu besorgen. Einen Reiseausweis nach der Genfer\nFluchtlingskonvention erhalt der Klager aufgrund der Regelung des dortigen\nArt. 28 nicht, da sein Aufenthalt nicht rechtmaßig im Sinne der Konvention\nist. Er halt sich lediglich geduldet im Bundesgebiet auf. Die Handlungen,\nwelche zu der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1\nAuslG gefuhrt haben, konnen nicht so bewertet werden, dass der Klager aufgrund\nder Handlungen verschuldet an der Ausreise in die Turkei gehindert sei.\nAusweislich des Urteils des VG S. war der Klager in Verdacht geraten, die PKK\nzu unterstutzen und ist in diesem Zusammenhang Maßnahmen politischer\nVerfolgung unterworfen worden. Somit kann ein Verschulden des Klagers an dem\nAusreisehindernis nicht festgestellt werden. Ob dies im Fall einer\nfeststehenden Unterstutzung der PKK in der Turkei als Grund fur das\nAbschiebungsverbot anders zu beurteilen ware, kann hier offen bleiben. \n--- \n| 32 \n--- \n| Mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses ist in nachster Zeit auch nicht zu\nrechnen. Eine Änderung der Sachlage in der Turkei, welche zu einem Widerruf\nder Entscheidung zu § 51 Abs. 1 AuslG fuhren konnte, ist in absehbarer Zeit\nnicht zu erwarten. \n--- \n| 33 \n--- \n| Die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen fur Aufenthaltstitel nach dem\nAufenthG aus § 5 AufenthG sind hier auch gegeben. Insbesondere liegt weder ein\nAusweisungsgrund vor (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) noch beeintrachtigt der\nKlager die Interessen der Bundesrepublik Deutschland (§ 5 Abs. 1 Nr. 3\nAufenthG). Die Erfullung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 1. Halbsatz) kann von dem\nKlager nicht verlangt werden, da es ihm aufgrund der durch das Bundesamt fur\ndie Anerkennung auslandischer Fluchtlinge festgestellten, ihm in der Turkei\ndrohenden Verfolgung, unzumutbar ist, sich unter den Einflussbereich des\nturkischen Staates zu begeben. Ebenso kann von dem Klager die Einhaltung des §\n5 Abs. 2 AufenthG verlangt werden. Diese Norm verlangt regelmaßig, dass der\nAuslander mit dem erforderlichen Visum eingereist ist (Satz 1 Nr. 1). Es ist\naber davon abzusehen (Satz 2), weil es dem Klager nicht zuzumuten ist, das\nVisumverfahren nachzuholen. Die Feststellung des Vorliegens der\nVoraussetzungen nach § 51 Abs. 1 AuslG zeigt namlich, dass der Klager\nberechtigterweise aus der Turkei gefluchtet ist. Dies mag schon zur Folge\nhaben, dass er gar keines Visums bedurfte. Sollte dies aber noch verlangt\nwerden, so ware es dem Klager, der nicht ausreisen kann (vgl. oben), derzeit\nnicht zuzumuten, das Visumverfahren nachzuholen, da es ihm unmoglich ist. \n--- \n| 34 \n--- \n| Aus den beiden Straftaten, welche der Klager nach Erlass der\nAusweisungsverfugung begangen hat, lasst sich ein Ausweisungsgrund nicht\nentnehmen, so dass der Klager die negative allgemeine Erteilungsvoraussetzung\ndes § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erfullt. Bei der Frage, ob ein Ausweisungsgrund\nvorliegt, ist lediglich auf die Erfullung eines Ausweisungstatbestands\nabzustellen. Es ist nicht zu prufen, ob eine Ausweisung tatsachlich verfugt\nwerden konnte oder ob die Vorschriften uber den besonderen Ausweisungsschutz\nnach § 56 AuslG entgegen stehen wurde oder ob eine Ermessensreduzierung\nzugunsten des Auslanders eingetreten ist, welche eine Ausweisung verhindern\nwurde (vgl. Zeitler, HTK-AuslR, § 5 AufenthG / zu § Abs. 1 Nr. 2 Stand:\nFebruar 2005). Ein solcher Ausweisungsgrund besteht nicht. Insbesondere ist\nder Tatbestand des § 55 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AufenthG durch den Klager\nnicht erfullt. Nach dieser Vorschrift kann ausgewiesen werden, wer einen nicht\nnur vereinzelten oder geringfugigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen\nhat. \n--- \n| 35 \n--- \n| Bei der Betrachtung der Frage des Ausweisungsgrundes hat die fruhere\nStraftat, welche zu der Ausweisung gefuhrt hat, zunachst außer Betracht zu\nbleiben. Diese ist namlich durch die ergangene Verfugung verbraucht. § 25 Abs.\n5 AufenthG will es gerade ermoglichen, einen Aufenthaltstitel trotz verfugter\nAusweisung zu erteilen, so dass es systemwidrig ware, die der Ausweisung\nzugrunde liegende Tat erneut im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG zu\nverwerten. In Betracht gezogen werden darf sie allerdings bei der Prufung der\nFrage, ob vom Betroffenen eine Wiederholungsgefahr ausgeht. Insoweit lasst\nsich die Prufung namlich nicht durch die ergangene Ausweisungsverfugung\ntrennen. Eine Zasur findet insoweit nicht statt. Es bedarf einer Betrachtung\naller relevanten Umstande. \n--- \n| 36 \n--- \n| Die spateren Straftaten des Klagers sind sowohl als vereinzelt als auch als\ngeringfugig zu bewerten. Eine vorsatzlich begangene Straftat ist zwar\ngrundsatzlich nicht geringfugig im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (vgl.\nzu § 46 Nr. 2 AuslG: BVerwG, Urt. v. 24.09.1996 - 1 C 9/94 -, BVerwGE 102, 63\nff.; OVG Hamburg, Beschl. v. 06.03.2002 - 3 Bf 205/01 -, AuAs 2002, 139 ff.;\nHailbronner, AuslR, Stand: Juni 2004, § 46 AuslG Rn. 6). Eine Ausnahme von\ndieser Regel ist bei Verurteilung zu Geldstrafen in einer Hohe von weniger als\n30 Tagessatzen aber durchaus denkbar (vgl. VwV Nr. 46.2.3.1 zum AuslG).\nWahrend der Verstoß gegen das Vereinsgesetz zu einer Einstellung des\nStrafverfahrens nach § 153 StPO fuhrte und somit eindeutig als geringfugig\neinzustufen ist, hat das unerlaubte Entfernen vom Unfallort zu einer\nBestrafung in Form einer Geldstrafe in Hohe von 20 Tagessatzen gefuhrt. Damit\nist das Strafgericht am unteren Ende des Strafrahmens verblieben und hat somit\nzu erkennen gegeben, dass es hier von einer geringen Schuld des Klagers\nausgegangen ist. Damit erweist sich auch diese Straftat als geringfugig. Die\nStraftaten sind auch vereinzelt im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG\ngeblieben. Vereinzelt sind mehrere Straftaten dann, wenn sie sich gegen\nverschiedene Rechtsguter richten, diesen Straftaten keine Tendenz, auch nicht\ndergestalt, dass sich der Straftater uber alle ihn storenden Normen\nhinwegsetzt, zu entnehmen ist, und sie nicht gehauft auftreten. Der Klager hat\nmit dem Verstoß gegen das Vereinsgesetz und mit dem unerlaubten Entfernen vom\nUnfallort hier zwei vollig unterschiedliche Straftaten begangen, welche auch\nin ihrem Unrechtsgehalt nur den gemeinsamen Kern aufweisen, dass sie\nStraftaten darstellen. Die beiden Taten lassen auch nicht erkennen, dass sich\nder Klager konsequent gegen strafrechtliche Normen auflehnt und ihnen zuwider\nhandelt. Damit sind die Verstoße auch vereinzelt. \n--- \n| 37 \n--- \n| Selbst wenn man entweder die Geringfugigkeit oder die Vereinzeltheit der\nVerstoße gegen Strafrechtsnormen nicht annehmen mochte, lage kein\nAusweisungsgrund vor, da eine Wiederholungsgefahr zu verneinen ist. Diese ist\nTatbestandsmerkmal. Nur bei der Bejahung der Wiederholungsgefahr liegt eine\nGefahr fur die offentliche Sicherheit vor, welche von § 55 Abs. 1 AufenthG\ngefordert wird. Bei der Heranziehung aller Umstande lasst sich eine\nWiederholungsgefahr, welche eine Ausweisung aufgrund der 2001 begangenen\nStraftaten rechtfertigen wurde, aber nicht bejahen. Weder die Haufigkeit der\nStraftaten noch ihre Zielrichtung lassen den Schluss zu, dass zu befurchten\nstehe, der Klager konnte erneut straffallig werden. Von den Kreisen der\nStraftat, welche zur Verurteilung 1998 gefuhrt hat, durfte sich der Klager\ngelost haben. Den weiteren Straftaten liegen jeweils Umstande zugrunde, welche\nbesonders zu wurdigen sind. Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort setzte\nzunachst die fahrlassige Herbeifuhrung eines Verkehrsunfalls voraus. Eine\ngeringe Schuld des Klagers ist seitens des Strafgerichts offenkundig\nangenommen worden, nachdem nur eine Geldstrafe in Hohe von 20 Tagessatzen\nverhangt worden war. Dem Verstoß gegen das Vereinsgesetz lag die Unterschrift\nunter einen bereits formulierten Text zugrunde. Diese Tat, im Zusammenhang mit\ndem Eintreten gegen das Verbot der PKK begangen, erscheint daher auch als\nsingulares Ereignis, so dass auch auf dieser Tat ebenso wenig wie aufgrund der\nGesamtschau der Taten eine Wiederholungsgefahr bejaht werden konnte. Vielmehr\nliegen zwei singulare Ereignisse vor, die zur jeweiligen Straftat gefuhrt\nhaben. \n--- \n| 38 \n--- \n| Auch die negative allgemeine Erteilungsvoraussetzung, dass von dem Klager\nkeine Beeintrachtigung der Interessen der Bundesrepublik Deutschland ausgehen\ndarf (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG), wird durch den Klager erfullt. Auch das nach\n§ 153 StPO eingestellte Strafverfahren wegen des Verstoßes gegen das\nVereinsgesetz fuhrt hier zu keiner abweichenden Betrachtung. Es liegen keine\nErkenntnisse daruber vor, dass der Klager uber die Unterschrift hinaus aktiv\noder als finanzieller Unterstutzer die PKK fordert. Dies ware aber zumindest\nnotwendig, um von einer Gefahrdung oder einer Beeintrachtigung der Interessen\nder Bundesrepublik Deutschland ausgehen zu konnen. Eine bloße schriftliche\nErklarung, die in hundertfacher oder gar tausendfacher Form auch von anderen\nabgegeben worden ist, erfullt diesen Tatbestand ganz sicher nicht. \n--- \n| 39 \n--- \n| Selbst wenn man das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes bejahen und damit\ndie allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG negieren\nmochte, durfte dem Klager die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG\nnicht versagt werden, da zu seinen Gunsten die Regelung des § 5 Abs. 3 2.\nHalbsatz AufenthG greift. Nach § 5 Abs. 3 AufenthG ist in den Fallen der\nErteilung eines Aufenthaltstitels nach den §§ 24, 25 Abs. 1 bis 3 sowie § 26\nAbs. 3 AufenthG von der Anwendung von § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG abzusehen. In\nden ubrigen Fallen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2\nAbschnitt 5 kann hiervon abgesehen werden. Bei der Erteilung einer\nAufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG handelt es sich um einen\nsolchen ubrigen Fall im Sinne des § 5 Abs. 3 2. Halbsatz AufenthG. Das\nErmessen der Auslanderbehorde ist im vorliegenden Fall zugunsten des Klagers\nauf Null reduziert, so dass sie von der Anwendung der allgemeinen\nErteilungsvoraussetzungen aus § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG absehen muss. Fur die\nAnwendung des 2. Halbsatzes von § 5 Abs. 3 AufenthG sind insbesondere die\nWertungen des 1. Halbsatzes der Norm von Bedeutung. Nach dieser Norm ist\nbeispielsweise dann, wenn zugunsten eines Auslanders ein Abschiebungsverbot\nnach § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegt, weil etwa eine Erkrankung im Heimatland\nnicht behandelbar ist und das Unterlassen der Behandlung zu einer erheblichen\nund konkreten Gesundheitsgefahrdung fuhrt, unabhangig von dem Vorliegen der\nallgemeinen Erteilungsvoraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.\n3 AufenthG zu erteilen. Dies bedeutet, dass Ausweisungsgrunde regelmaßig einer\nErteilung nicht entgegenstehen, es sei denn es handelt sich um eine erhebliche\nStraftat (vgl. § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b) AufenthG). Wenn also ein Auslander,\nder nur wegen einer Erkrankung vorubergehend ein Aufenthaltsrecht im\nBundesgebiet erlangt und ohne diese Erkrankung kein Aufenthaltsrecht genießen\nkonnte, von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen befreit wird, dann muss\ndies in großzugigem Maße auch bei einem anerkannten Fluchtling im Sinne der\nGenfer Fluchtlingskonvention erfolgen. Hat dieser Straftaten im Bereich der\nleichten Kriminalitat begangen, wie dies hier der Fall ist, kann er nicht\nschlechter gestellt werden als ein nach § 60 Abs. 7 AufenthG wegen einer\nErkrankung vor Abschiebung Geschutzter, so dass insoweit eine\nErmessensreduzierung zu seinen Gunsten im Rahmen des § 5 Abs. 3 AufenthG\neintritt. \n--- \n| 40 \n--- \n| Der Klager hat nicht nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie\nBescheidung seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, sondern\naus § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG sogar einen Anspruch auf Erteilung des\nAufenthaltstitels. Nach dieser Vorschrift soll die Aufenthaltserlaubnis\nerteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Dies ist\nbei dem Klager der Fall. Es liegt bei ihm auch kein atypischer Fall vor. Eine\nsolche Atypik kann insbesondere nicht darin gesehen werden, dass gegen den\nKlager eine bestandskraftige Ausweisung verfugt worden ist, nachdem § 25 Abs.\n5 AufenthG gerade die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abweichend von der\nSperrwirkung des § 11 Abs. 1 AufenthG ermoglichen will. Eine Ausnahme von der\nRegel konnte dann angenommen werden, wenn eine Befristung der\nAusweisungsentscheidung abweichend von der Regel des § 11 Abs. 1 Satz 3\nAufenthG noch nicht moglich ware, weil etwa die Wiederholungsgefahr in Person\ndes Klagers weiterhin in hohem Maße gegeben ware und es noch nicht absehbar\nist, wann es aus gefahrenabwehrrechtlicher Sicht zu vertreten sein wird, einen\nAufenthalt des Ausgewiesenen wieder zu erlauben. Da der Klager wohl einen\nAnspruch auf Befristung aus § 7 Abs. 2 FreizugG/EU ableiten kann, ist in\nseiner Person ein solcher Ausnahmefall im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 2\nAufenthG nicht gegeben. Auch andere Grunde fur die Annahme eines Ausnahmefalls\nliegen nicht vor. \n--- \n| 41 \n--- \n| Somit hat die Beklagte dem Klager den beantragten Aufenthaltstitel zu\nerteilen. \n--- \n| 42 \n--- \n| Nachdem die Beklagte unterlegen ist, hat sie insoweit die Kosten des\nVerfahrens zu tragen. Soweit die Klage zuruckgenommen worden ist, hat der\nKlager die Kosten des Verfahrens zu tragen. Da bei beiden Streitgegenstanden\njeweils vom Auffangwert als Streitwert auszugehen ist, sind die Kosten\ninsgesamt von den Beteiligten jeweils zur Halfte zu tragen (vgl. §§ 155 Abs. 1\nSatz 1, 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO). \n--- \n| 43 \n--- \n| Die Hinzuziehung eines Bevollmachtigten fur das Vorverfahren war fur\nnotwendig zu erklaren, da sie von dem Standpunkt eines verstandigen, nicht\nrechtskundigen Beteiligten im Zeitpunkt der Bestellung des Bevollmachtigten\nfur erforderlich gehalten werden durfte und es dem Beteiligten nach seiner\nVorbildung, Erfahrung und seinen sonstigen personlichen Umstanden nicht\nzumutbar war, das Verfahren selbst zu fuhren (vgl. § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO, §\n80 Abs. 3 LVwVfG). \n--- \n| 44 \n--- \n| Die Berufung war in Anwendung der §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3\nVwGO wegen grundsatzlicher Bedeutung des Rechtsstreits zuzulassen. In diesem\nVerfahren kann namlich die Frage, ob eine Ausweisung, die vor dem 31.12.2004\nin Anwendung der §§ 45 ff. AuslG erlassen worden ist, bis zum Eintritt der\nBefristung ihrer Wirkungen dazu fuhrt, dass das FreizugG/EU fur ansonsten\nFreizugigkeitsberechtigte nicht zur Anwendung gelangt, beantwortet werden.\nDamit kann eine Frage mit Auswirkungen uber den Einzelfall hinaus in\nverallgemeinerungsfahiger Form beantwortet werden, so dass die Klarung der\nFrage zur Fortbildung des Rechts im allgemeinen Interesse liegt. Diese Frage\nist, soweit ersichtlich, auch noch nicht obergerichtlich entschieden. Diese\nFrage ist auch entscheidungserheblich, da im Falle der Anwendbarkeit des\nFreizugG/EU ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25\nAufenthG nicht bestehen kann. \n---\n\n |
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136,647 | lg-tubingen-2003-06-30-5-t-5503 | 143 | Landgericht Tübingen | lg-tubingen | Tübingen | Baden-Württemberg | Ordentliche Gerichtsbarkeit | Landgericht | 5 T 55/03 | 2003-06-30 | 2019-01-07 12:01:10 | 2019-01-17 11:56:49 | Beschluss | ## Tenor\n\n1\\. Auf die sofortige Beschwerde der Glaubigerin wird der Beschluss des\nAmtsgerichts Calw vom 23.1.2003 abgeandert:\n\nDer Gerichtsvollzieher wird angewiesen, einen Termin zur Erganzung der\neidesstattlichen Versicherung des Schuldners vom 17.11.2000 zu bestimmen und\ndiesen uber die Einkommensverhaltnisse seiner Ehefrau zu befragen, die Angaben\ndes Schuldners aufzunehmen und die Richtigkeit an Eides Statt versichern zu\nlassen.\n\n2\\. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebuhrenfrei. Die außergerichtlichen\nKosten des Beschwerdeverfahrens tragt der Schuldner.\n\nBeschwerdewert: bis 300,00 Euro.\n\n## Gründe\n\n| | **I.** \n--- \n--- \n| 1 \n--- \n| Die Glaubigerin beantragte mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmachtigten\nvom 6.11.2002 beim zustandigen Gerichtsvollzieher, den Schuldner zur\nNachbesserung seines am 17.11.2000 eidesstattlich versicherten\nVermogensverzeichnisses zu laden. Zur Begrundung bringt sie vor, der Schuldner\nsei verpflichtet, das bereits eidesstattlich versicherte Vermogensverzeichnis\ndurch nahere Angaben daruber zu erganzen, ob und in welcher Hohe seine Ehefrau\nuber ein eigenes Einkommen verfugt, weil es bei der Berechnung des pfandbaren\nBetrages von entscheidender Bedeutung sei, ob der Ehegatte ein eigenes\nEinkommen habe und demzufolge bei der Berucksichtigung der\nunterhaltsberechtigten Personen außer Betracht bleiben konne. Dieser Antrag\nwurde vom zustandigen Gerichtsvollzieher mit Schreiben vom 8.11.2002\nabgelehnt. Die dagegen eingelegte Erinnerung wurde durch Beschluss des\nAmtsgerichts Calw vom 23.01.2003, auf dessen Grunde Bezug genommen wird (Bl.\n22 f. d. A.), zuruckgewiesen. Dieser Beschluss wurde den\nVerfahrensbevollmachtigten der Glaubigerin ausweislich der Zustellungsurkunde\nBl. 28 d. A. am 28.01.2003 zugestellt. Gegen diesen Beschluss wendet sich die\nGlaubigerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 31.01.2003, die noch am selben\nTag per Telefax beim Amtsgericht Calw eingegangen ist. Sie wiederholt und\nvertieft darin ihren bisherigen Vortrag und verweist insbesondere auf § 850 c\nIV ZPO. \n--- \n--- \n**II.** \n--- \n--- \n| 2 \n--- \n| Die sofortige Beschwerde ist zulassig (§§ 793, 567 ZPO), insbesondere wurde\nsie form- und fristgerecht (§ 569 Abs. 1 ZPO) eingelegt. Sie hat in der Sache\nErfolg. Das Vermogensverzeichnis vom 17.11.2000 ist unvollstandig und muss\ndaher vom Schuldner erganzt werden. \n--- \n--- \n| 3 \n--- \n| 1\\. Ob wegen eines Taschengeldanspruches eines Schuldners das Einkommen des\nEhegatten anzugeben ist, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten (vgl.\ndazu OLG Munchen, JurBuro 1999, 605 mit Nachweisen zur divergierenden\nRechtsprechung und Literatur). Die Kammer neigt zu der Ansicht, dass wegen der\nbedingten Pfandbarkeit eines Taschengeldanspruches gem. § 850 b Abs. 2 ZPO\ngrundsatzlich vom Schuldner Angaben zu den Einkommensverhaltnissen des\nEhegatten zu machen sind. Diese Streitfrage braucht hier jedoch nicht\nentschieden zu werden, weil ein Taschengeldanspruch des Schuldners gem. §§\n1360, 1360 a BGB nicht in Betracht kommt. Wie aus der eidesstattlichen\nVermogensversicherung vom 17.11.2000 hervorgeht, verfugt der Schuldner uber\nein Monatseinkommen in Hohe von 5.680,00 DM netto. Unter diesen Umstanden\nscheidet ein Taschengeldanspruch aus, der ublicherweise nur dem erwerbslosen\nEhegatten zusteht (KG, NJW 2000, 149). Die Glaubigerin bringt selbst auch\nnicht vor, dass dem Schuldner ein derartiger Taschengeldanspruch zustehen\nkonnte. \n--- \n--- \n| 4 \n--- \n| 2\\. Der Schuldner ist jedoch deswegen zur Erganzung des vorerwahnten\nVermogensverzeichnisses verpflichtet, weil seine Ehefrau als\nUnterhaltsberechtigte in Betracht kommt. Es ist streitig, ob wegen § 850 c\nAbs. 4 ZPO der Schuldner Angaben zum Arbeitseinkommen des Ehegatten machen\nmuss (ablehnend: LG Bonn MDR 1992, 901; LG Hildesheim EGVZ 1994, 88; LG Cleve\nJurBuro 1992, 269; LG Neuruppin JurBuro 1998, 434; Zoller-Stober, 23. Auflage,\nRN 27 zu § 807 ZPO; Schilken in Munchener Kommentar, 2. Aufl., RN 50 zu § 807\nZPO; zuruckhaltend auch Munzberg in Stein/Jonas, 21. Aufl., RN 33 a zu § 807\nZPO; bejahend: LG Oldenburg JurBuro 1996, 328; LG Ravensburg JurBuro 1996,\n492; LG Erfurt JurBuro 1999, 159). Die Kammer schließt sich insoweit der\nbejahenden Auffassung an. \n--- \n--- \n| 5 \n--- \n| Zwar ist der Schuldner nach § 807 ZPO nur gehalten, ein Verzeichnis seines\nVermogens vorzulegen. Sinn und Zweck der Offenbarungspflicht ist es jedoch,\ndem Glaubiger die Kenntnisse zu verschaffen, die er fur erfolgversprechende\nVollstreckungsmaßnahmen benotigt (Zoller-Stober, 23. Aufl., RN 1 zu § 807\nZPO). Hierzu gehoren im vorliegenden Fall auch die fur § 850 c Abs. 4 ZPO\nmaßgeblichen Tatsachen. § 850 c Abs. 4 ZPO sieht vor, dass eine\nunterhaltsberechtigte Person, der vom Schuldner Unterhalt gewahrt wird, bei\nder Berechnung des unpfandbaren Teils des Arbeitseinkommens des Schuldners\nganz oder teilweise unberucksichtigt bleiben kann, wenn diese uber ein eigenes\nEinkommen verfugt. Ohne nahere Angaben zur Unterhaltsberechtigung und zum\nEinkommen seines Ehegatten durch den Schuldner ist es dem Glaubiger unmoglich,\nim nachfolgenden Pfandungsverfahren naher zu prufen, ob der Ehegatte bei der\nBerechnung des unpfandbaren Betrages uberhaupt zu berucksichtigen ist. Fur\neinen Antrag gem. § 850 c Abs. 4 ZPO hat der Schuldner namlich die\nVoraussetzungen durch substantiierten Vortrag auch zur Hohe der Einkunfte des\nEhegatten schlussig darzustellen, allgemeine Formulierungen sind nicht\ngenugend (Zoller-Stober, aaO., RN 13 zu § 850 c ZPO). Deswegen ist es geboten,\ndem Schuldner die Pflicht aufzuerlegen, die notwendigen Tatsachen, aus denen\nsich die Berucksichtigung von Unterhaltsberechtigten bzw. deren etwaige\nEinkunfte ergeben, im Vermogensverzeichnis - soweit ihm dies moglich ist - zu\noffenbaren. Andernfalls ware der Glaubiger gezwungen, zur Art und zur Hohe des\nEinkommens des Ehegatten im Pfandungsverfahren Behauptungen ins Blaue hinein\naufzustellen (so zutreffend LG Erfurt, JurBuro 1999, 159), was weder zumutbar\nnoch verfahrensokonomisch erscheint. \n--- \n--- \n| 6 \n--- \n| 3\\. Rechtliches Gehor war dem Schuldner im Beschwerdeverfahren nicht zu\ngewahren. Im einseitigen Erinnerungsverfahren nach § 766 Abs. 2 ZPO hat eine\nAnhorung des nicht beteiligten Schuldners zu unterbleiben (Zoller-Stober,\naaO., RN 27 zu § 766 ZPO). Das gleiche gilt im nachfolgenden Verfahren gem. §\n793 ZPO. \n--- \n--- \n| 7 \n--- \n| 4\\. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO in Verbindung mit Nummer\n1957 KV. Der Beschwerdewert wurde gem. § 57 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 ZPO\nfestgesetzt. \n--- \n--- \n| 8 \n--- \n| 5\\. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 574 Abs. 2 ZPO scheidet aus,\nnachdem der Schuldner am Verfahren nicht beteiligt worden ist. \n---\n\n |
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136,703 | vg-stuttgart-2004-03-23-13-k-531902 | 160 | Verwaltungsgericht Stuttgart | vg-stuttgart | Stuttgart | Baden-Württemberg | Verwaltungsgerichtsbarkeit | 13 K 5319/02 | 2004-03-23 | 2019-01-07 12:01:50 | 2019-01-17 11:56:51 | Urteil | ## Tenor\n\nDie Beklagte wird verpflichtet, uber den Antrag des Klagers auf Absehen von\nder Beitragserhebung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut\nzu entscheiden. Der Bescheid der Beklagten vom 05.12.2001 sowie deren\nWiderspruchsbescheide vom 25.10.2002 werden aufgehoben, soweit sie dem\nentgegenstehen.\n\nDie Beklagte tragt die Kosten des Verfahrens.\n\n## Tatbestand\n\n| \n---|--- \n| 1 \n--- \n| Der Klager ist bzw. war Eigentumer mehrerer Grundstucke im Sanierungsgebiet\nStuttgart-..., fur die er nach Abschluss der Sanierung zur Entrichtung eines\nsanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrages herangezogen wurde. Mit der\nvorliegenden Klage begehrt der Klager, dass die Beklagte von der Erhebung von\nAusgleichsbetragen absieht. \n--- \n| 2 \n--- \n| Der Klager ist ein als gemeinnutzig anerkannter Verein im Bereich der\nAltenpflege und -versorgung tatig. Er unterhalt unter anderem in den Gebauden\n... und ... in ... ein Seniorenwohnheim mit betreuten Wohneinheiten und einer\noffentlichen Begegnungsstatte. Außerdem war er Eigentumer des ebenfalls in\ndiesem Sanierungsgebiet gelegenen Grundstucks Flurstuck ..., in dem er\nebenfalls Altenwohnungen mit betreuten Wohneinheiten unterhalten hat. Dieses\nGebaude hat der Klager am 24.05.2000 an einen anderen gemeinnutzigen Verein,\ndie ...stiftung Stuttgart, veraußert. \n--- \n| 3 \n--- \n| Die genannten Grundstucke liegen alle im Sanierungsgebiet Stuttgart-...,\ndas durch Satzung vom 19.06.1986 formlich als Sanierungsgebiet festgelegt\nwurde; diese Satzung wurde am 05.02.1987 offentlich bekannt gemacht. Nach\nAbschluss der Sanierung wurde diese Satzung durch Beschluss des Gemeinderats\nvom 23.10.1997, offentlich bekannt gemacht am 08.01.1998, aufgehoben. \n--- \n| 4 \n--- \n| Im Auftrag der Beklagten erstattete das Stadtmessungsamt unter dem\n02.07.1999 fur die oben genannten Grundstucke Gutachten zur Ermittlung der\nsanierungsbedingten Bodenwerterhohung. Fur das Grundstuck Flurstuck Nr. ...\nwurde aufgrund gebietsbezogener und nachbarschaftsbezogener\nSanierungseinflusse eine Bodenwerterhohung um 4.050 DM ermittelt. Fur das\nGrundstuck Flurstuck Nr. ... gelangte das Gutachten aufgrund gebietsbezogener\nSanierungseinflusse zu einer Bodenwerterhohung von 5.300 DM und fur das\nGrundstuck Flurstuck Nr. ... sowie einem Anteil an Flurstuck ... ebenfalls\naufgrund gebietsbezogener Sanierungseinflusse zu einem Sanierungsvorteil von\n5.880 DM. \n--- \n| 5 \n--- \n| Bereits bei der am 29.05.2000 durchgefuhrten Erorterungsverhandlung\nbeantragte der Klager, von der Erhebung von Ausgleichsbetragen abzusehen.\nDiese Bitte wiederholte er mit Schreiben vom 30.05.2000 unter Hinweis auf §\n155 Abs. 4 BauGB. Daraufhin teilte die Beklagte mit Schreiben vom 05.12.2001\ndem Klager mit, dass dem Antrag auf Erlass der Ausgleichsbetrage nicht\nstattgegeben werden konne. \n--- \n| 6 \n--- \n| Am 22.01.2002 hat die Beklagte unter Zugrundelegung der in den\nWertermittlungsgutachten vom 02.07.1999 ausgewiesenen Sanierungsvorteile den\nKlager zur Entrichtung von Sanierungsbetragen herangezogen. Fur das Grundstuck\nFlurstuck Nr. ... wird ein Sanierungsbetrag in Hohe von 4.050 DM (= 2.070,73\nEUR) festgesetzt. Fur das Grundstuck ... betragt der Ausgleichsbetrag 5.300 DM\n(= 2.709,85 EUR) und fur das Grundstuck Flurstuck Nr. ... sowie dem Anteil an\nFlurstuck ... insgesamt 5.880 DM (= 3.006,40 EUR). \n--- \n| 7 \n--- \n| Mit Schreiben vom 21.02.2002 legte der Klager „gegen die Zuschrift vom\n05.12.2001" sowie gegen die Bescheide vom 22.01.2002 Widerspruch ein. Zur\nBegrundung wies er im Wesentlichen darauf hin, dass er in den zum\nSanierungsbetrag herangezogenen Gebauden Einrichtungen der Altenpflege und\n-versorgung im offentlichen Interesse unterhalte. Außerdem konne er einen\nSanierungsvorteil aller Voraussicht nach zu keinem Zeitpunkt realisieren, und\nselbst wenn, dann ausschließlich zu gemeinnutzigen Zwecken. \n--- \n| 8 \n--- \n| Die Beklagte hat jeweils mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2002 die\nWiderspruche zuruckgewiesen. In diesen Widerspruchsbescheiden wird jeweils\nausgefuhrt, dass aufgrund der Gutachten des Stadtmessungsamts die\nsanierungsbedingte Bodenwerterhohung zutreffend ermittelt worden sei. Auf\ndieser Grundlage sei der Klager zur Leistung der angeforderten\nAusgleichsbetrage verpflichtet. Ein Absehen von der Erhebung des\nAusgleichsbetrages nach § 155 Abs. 4 BauGB komme vorliegend nicht in Betracht.\nDenn hierfur reiche ein allgemeines offentliches Interesse an der Tatigkeit\ndes Beitragsschuldners nicht aus. Vielmehr musse sich das offentliche\nInteresse gerade auf die stadtebauliche Maßnahme beziehen. Dies sei vorliegend\njedoch nicht der Fall, weil durch die Erhebung der Ausgleichsbetrage die\nErreichung der stadtebaulichen Zielsetzung nicht verhindert oder erheblich\ngefahrdet wurde. Auch komme ein Erlass nach § 155 Abs. 4 BauGB unter dem\nGesichtspunkt einer etwaigen unbilligen Harte vorliegend nicht in Betracht. -\nDiese Widerspruchsbescheide wurden jeweils am 31.10.2002 dem Klager\nzugestellt. \n--- \n| 9 \n--- \n| Am 02.12.2002, einem Montag, hat der Klager Klage erhoben. Zur Begrundung\nbringt er im Wesentlichen vor, er nutze die Gebaude ... und ... als\nSeniorenwohnheim mit betreuten Wohneinheiten und einer\nSeniorenbegegnungsstatte. Damit erfulle er eine Aufgabe, die im offentlichen\nInteresse liege. Auch im Hinblick auf die Ziele der Sanierung sei ein Erlass\nder Sanierungsbetrage geboten, weil mit einer Sanierung regelmaßig der Erhalt\nbzw. die Schaffung einer ausgewogenen sozialen Zusammensetzung der Bevolkerung\nbeabsichtigt sei. Es sei außerdem widerspruchlich, wenn der Klager zur\nErfullung seiner Aufgaben einerseits offentliche Subventionen erhalte und\nandererseits Ausgleichsbetrage bezahlen musse. Die Beklagte habe im Übrigen\nkeine Ermessensentscheidung uber das Absehen von der Erhebung dieser\nAusgleichsbetrage getroffen. All diese Gesichtspunkte seien auch fur das\nGebaude ... maßgeblich, in dem der Klager ebenfalls Altenwohnungen fur\nbetreutes Wohnen unterhalten habe. \n--- \n| 10 \n--- \n| Der Klager beantragt, \n--- \n| 11 \n--- \n| die Beklagte zu verpflichten, uber den Antrag auf Absehen von der Erhebung\neines Ausgleichsbetrages unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts\nerneut zu entscheiden sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.12.2001 und die\nWiderspruchsbescheide vom 25.10.2002 aufzuheben, soweit sie dem\nentgegenstehen. \n--- \n| 12 \n--- \n| Die Beklagte beantragt, \n--- \n| 13 \n--- \n| die Klage abzuweisen. \n--- \n| 14 \n--- \n| Zur Begrundung bezieht sie sich im Wesentlichen auf den Inhalt der\nangefochtenen Bescheide. \n--- \n| 15 \n--- \n| Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die dem\nGericht vorliegenden Behordenakten verwiesen. \n--- \n \n## Entscheidungsgründe\n\n| \n---|--- \n| 16 \n--- \n| Die erhobene Verpflichtungsklage in Form einer Bescheidungsklage ist\nzulassig. Insbesondere ist das erforderliche Vorverfahren (§§ 68 ff. VwGO)\ndurchgefuhrt worden. Der Klager hat spatestens mit Schreiben vom 30.05.2000\nausdrucklich beantragt, ihm die sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrage fur\ndie im Sanierungsgebiet gelegenen Grundstucke in Stuttgart-..., in denen er\njeweils Altenwohnungen mit betreutem Wohnen sowie eine offentliche\nBegegnungsstatte betreibt bzw. betrieben hat, zu erlassen. Die Beklagte hat\ndiesen Antrag bereits vor Festsetzung der Ausgleichsbetrage (vgl. § 155 Abs. 4\nS. 2 BauGB) mit Schreiben vom 05.12.2001, das keine Rechtsbehelfsbelehrung\nenthalt, abgelehnt. Der gegen diese Ablehnung ausdrucklich erhobene\nWiderspruch mit Schreiben vom 21.02.2002 wurde von der Beklagten in deren\nWiderspruchsbescheiden vom 25.10.2002 sachlich zuruckgewiesen. Der Klager hat\ndagegen auch innerhalb der Monatsfrist des § 74 VwGO Klage erhoben. \n--- \n| 17 \n--- \n| Diese Klage ist auch begrundet. Denn der Klager hat einen Anspruch darauf,\ndass die Beklagte uber den Antrag auf ein Absehen von der Erhebung der\nsanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrage unter Beachtung der Rechtsauffassung\ndes Gerichts erneut entscheidet (§ 113 Abs. 5 VwGO). \n--- \n--- \n| 18 \n--- \n| Da der Klager zum maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses der Sanierung\nEigentumer von drei bebauten Grundstucken (..., ... und ...) im\nSanierungsgebiet ... war, hat er gemaß § 154 BauGB einen Ausgleichsbetrag in\nHohe der durch die Sanierung bedingten Bodenwerterhohung zu leisten. Von der\nErhebung dieses Ausgleichsbetrages kann die Gemeinde nach § 155 Abs. 4 BauGB\nim Einzelfall ganz oder teilweise absehen, wenn dies im offentlichen Interesse\noder zur Vermeidung unbilliger Harten geboten ist. Diese Vorschrift stellt\neine so genannte Kopplungsvorschrift dar, d. h. eine Vorschrift, die durch\neinen unbestimmten Rechtsbegriff (offentliches Interesse bzw. unbillige Harte)\nund ein Rechtsfolgeermessen gekennzeichnet ist. Deshalb eroffnet erst das\nVorliegen eines offentlichen Interesses bzw. einer unbilligen Harte den Weg zu\neiner Ermessensentscheidung durch die Gemeinde (vgl. Berliner Kommentar zum\nBauGB, RdNr. 34 zu der inhaltsgleichen Vorschrift des § 135 Abs. 5). Im\nvorliegenden Falle liegt nach Auffassung des Gerichts ein das Absehen von der\nErhebung des Ausgleichsbetrages rechtfertigendes offentliches Interesse vor,\nso dass die Beklagte eine Ermessensentscheidung daruber zu treffen hat, ob sie\nganz oder teilweise auf die Erhebung dieser Ausgleichsbetrage verzichtet. \n--- \n--- \n| 19 \n--- \n| Fur die Frage, wann im offentlichen Interesse der (teilweise oder\nvollstandige) Erlass eines Ausgleichsbetrages geboten ist, kann auf die zu §\n135 Abs. 5 BauGB ergangene Rechtsprechung zuruckgegriffen werden. Denn auf die\ninhaltsgleiche Vorschrift des § 135 Abs. 5 BBauG ist in der\nVorgangervorschrift des § 41 StBauFG verwiesen worden, bevor diese\nsanierungsrechtlichen Regelungen in das BauGB eingegliedert wurden.\nGleichzeitig wurde zur Klarstellung die § 135 Abs. 5 BBauG bzw. BauGB\nentsprechende Regelung als § 155 Abs. 4 in das BauGB aufgenommen (vgl. dazu\nBrugelmann, BauGB, § 155 RdNr. 21). Nach der Rechtsprechung des\nBundesverwaltungsgerichts ist fur das Vorliegen eines den Erlass einer\nBeitragsschuld rechtfertigenden offentlichen Interesses erforderlich, dass es\nzum einen um die Erfullung von offentlichen Interessen gerade der Gemeinde\ngeht, die den Erlass gewahren soll und zum anderen, dass der begehrte Erlass\netwas zu bewirken verspricht, was wegen dieses Effektes geeignet ist, das als\ngesetzliches Gebot ausgestattete Interesse an der Erhebung des Beitrags\nzurucktreten zu lassen. So ausgestaltet kommt dem (teilweisen) Verzicht auf\ndie Erhebung der Beitrage die Funktion eines Anreiz- und Lenkungsmittels zu,\nd. h. es stellt sich als eine Moglichkeit zur Einwirkung auf den\nGrundstuckseigentumer, ein erwunschtes oder gar fur erforderlich gehaltenes\nVorhaben durchzufuhren oder weiterzufuhren, dar (vgl. BVerwG, Urt. v.\n22.05.1992 - 8 C 50/90 -). \n--- \n--- \n| 20 \n--- \n| Hiervon ausgehend ist zunachst festzustellen, dass - wie der Vertreter des\nKlagers in der mundlichen Verhandlung ausfuhrlich geschildert hat - auf allen\ndrei Grundstucken im Sanierungsgebiet, fur die Ausgleichsbetrage festgesetzt\nwurden, Einrichtungen der Altenhilfe bzw. -pflege durch den Klager unterhalten\nwurden. So hat der Klager das inzwischen veraußerte Gebaude ... fur\nAltenwohnungen mit betreutem Wohnen genutzt. Die Gebaude ... und ... enthalten\n- neben 5 Mitarbeiterwohnungen - insgesamt 31 Altenwohnungen fur betreutes\nWohnen, einen Begegnungsraum und eine offentliche Begegnungsstatte. Mit dem\nBetrieb dieser Alteneinrichtungen nimmt der - als gemeinnutziger Verein\nanerkannte - Klager eine Aufgabe wahr, die ansonsten im Rahmen der\nDaseinsvorsorge der Beklagten obliegen wurde. Damit „entlastet\' der Klager\ndurch den Betrieb dieser Einrichtungen die Beklagte, die ansonsten\nvergleichbare Einrichtungen schaffen oder deren Schaffung durch andere Trager\nfordern musste. Die „Entlastung" der Beklagten erfolgt nicht zuletzt auch\ndadurch, dass der Klager fur diese Einrichtungen der Altenhilfe die Beitrage\nseiner etwa 450 Mitglieder einsetzt. Dass der Klager insoweit auch eine\noffentliche Aufgabe wahrnimmt, wird auch daran deutlich, dass er - wie sein\nVertreter in der mundlichen Verhandlung anhand eines aktuellen Falles eines\nObdachlosen geschildert hat - Personen in dem Gebaude ... und ... aufnimmt,\ndie ihm von der Beklagten - mangels eigener Unterbringungsmoglichkeiten -\n„zugewiesen" werden. Nach Auffassung der Kammer bestehen demnach keine Zweifel\ndaran, dass der Klager durch den Betrieb der genannten Alteneinrichtungen die\nBeklagte von eigenen Aufgaben freistellt (vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. vom\n04.05.1979 - 4 C 25.76 -, BRS 37 Nr. 160). \n--- \n| 21 \n--- \n| Des Weiteren verspricht der begehrte Erlass der Ausgleichsbetrage etwas zu\nbewirken, was geeignet ist, das vom Gesetz gebotene Interesse (vgl. § 154 Abs.\n1 BauGB) an der Erhebung des Ausgleichsbetrages zurucktreten zu lassen. Mit\nder in § 154 BauGB geregelten Verpflichtung zur Erhebung eines\nAusgleichsbetrages verfolgt der Gesetzgeber den Zweck, den\nGrundstuckseigentumer an den Kosten der Sanierung in der Hohe zu beteiligen\ndie der durch die Sanierung bedingten Bodenwerterhohung entspricht (vgl.\nBattis/Krautzberger/Lohr, BauGB, 08. Aufl., § 154 RdNr. 1). Bei einer strikten\nAnwendung dieser Vorschrift wurde der Klager mit Kosten belastet, die die von\nihm betriebenen Einrichtungen der Altenhilfe im Sanierungsgebiet gefahrden\nwurde. Der Klagervertreter hat hierzu in der mundlichen Verhandlung\nuberzeugend dargelegt, dass der Klager nicht in der Lage ist, die\nangeforderten Ausgleichsbetrage aus eigenen Mitteln zu begleichen. Er hat\nbereits das Gebaude ... veraußert, um mit dem Erlos seine Alteneinrichtungen\nfinanzieren zu konnen. Deshalb verbleibt ihm lediglich die Moglichkeit, die\nangeforderten Ausgleichsbetrage auf die Mieter bzw. Nutzer der\nAlteneinrichtung abzuwalzen mit der Folge, dass die Bewohner diese\nAlteneinrichtung aus finanziellen Grunden u. U. nicht mehr in Anspruch nehmen\nkonnen oder dass gegebenenfalls auch offentliche Mittel im Wege der\nSozialhilfe (von der Beklagten) eingesetzt werden mussen, um diese\nAlteneinrichtung weiter betreiben zu konnen. Bei dieser Sachlage ist ein\nAbsehen von der Erhebung der Ausgleichsbetrage zweifellos geeignet, die\nWeiterfuhrung der im offentlichen Interesse der Beklagten liegenden und diese\nentlastenden Altenbetreuung durch den Klager auf der bisherigen Grundlage zu\nfordern, mit der Folge, dass einem solchen Erlass auch die von der\nRechtsprechung (vgl. BVerwG , Urt. vom 22.05.1992 - 8 C 44/90) geforderte\nFunktion eines „Anreiz- und Lenkungsmittels" zukommt. \n--- \n--- \n| 22 \n--- \n| Das (vollstandige oder teilweise) Absehen von der Erhebung der von dem\nKlager angeforderten Sanierungsbetrage ist im vorliegenden Falle auch geboten.\nHierfur genugt es nach der Rechtsprechung, dass es einleuchtende Grunde fur\neinen (gegebenenfalls teilweisen) Verzicht auf die Anforderung der\nAusgleichsbetrage gibt, die dies auch als angemessene Losung erscheinen lassen\n(vgl. dazu BVerwG, Uff. v. 22.05.1992 - 8 C 50/90). Dies ist vorliegend ohne\nWeiteres der Fall, so dass es im pflichtgemaßen Ermessen der Beklagten steht,\neine Entscheidung daruber zu treffen, ob sie ganz oder teilweise von der\nErhebung der hier angeforderten Ausgleichsbetrage absieht. Da die Beklagte\neine solche Ermessensentscheidung noch nicht getroffen hat, war der Klage in\ndem sich aus dem Tenor er-sichtlichen Umfang stattzugeben. \n--- \n \n## Gründe\n\n| \n---|--- \n| 16 \n--- \n| Die erhobene Verpflichtungsklage in Form einer Bescheidungsklage ist\nzulassig. Insbesondere ist das erforderliche Vorverfahren (§§ 68 ff. VwGO)\ndurchgefuhrt worden. Der Klager hat spatestens mit Schreiben vom 30.05.2000\nausdrucklich beantragt, ihm die sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrage fur\ndie im Sanierungsgebiet gelegenen Grundstucke in Stuttgart-..., in denen er\njeweils Altenwohnungen mit betreutem Wohnen sowie eine offentliche\nBegegnungsstatte betreibt bzw. betrieben hat, zu erlassen. Die Beklagte hat\ndiesen Antrag bereits vor Festsetzung der Ausgleichsbetrage (vgl. § 155 Abs. 4\nS. 2 BauGB) mit Schreiben vom 05.12.2001, das keine Rechtsbehelfsbelehrung\nenthalt, abgelehnt. Der gegen diese Ablehnung ausdrucklich erhobene\nWiderspruch mit Schreiben vom 21.02.2002 wurde von der Beklagten in deren\nWiderspruchsbescheiden vom 25.10.2002 sachlich zuruckgewiesen. Der Klager hat\ndagegen auch innerhalb der Monatsfrist des § 74 VwGO Klage erhoben. \n--- \n| 17 \n--- \n| Diese Klage ist auch begrundet. Denn der Klager hat einen Anspruch darauf,\ndass die Beklagte uber den Antrag auf ein Absehen von der Erhebung der\nsanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrage unter Beachtung der Rechtsauffassung\ndes Gerichts erneut entscheidet (§ 113 Abs. 5 VwGO). \n--- \n--- \n| 18 \n--- \n| Da der Klager zum maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses der Sanierung\nEigentumer von drei bebauten Grundstucken (..., ... und ...) im\nSanierungsgebiet ... war, hat er gemaß § 154 BauGB einen Ausgleichsbetrag in\nHohe der durch die Sanierung bedingten Bodenwerterhohung zu leisten. Von der\nErhebung dieses Ausgleichsbetrages kann die Gemeinde nach § 155 Abs. 4 BauGB\nim Einzelfall ganz oder teilweise absehen, wenn dies im offentlichen Interesse\noder zur Vermeidung unbilliger Harten geboten ist. Diese Vorschrift stellt\neine so genannte Kopplungsvorschrift dar, d. h. eine Vorschrift, die durch\neinen unbestimmten Rechtsbegriff (offentliches Interesse bzw. unbillige Harte)\nund ein Rechtsfolgeermessen gekennzeichnet ist. Deshalb eroffnet erst das\nVorliegen eines offentlichen Interesses bzw. einer unbilligen Harte den Weg zu\neiner Ermessensentscheidung durch die Gemeinde (vgl. Berliner Kommentar zum\nBauGB, RdNr. 34 zu der inhaltsgleichen Vorschrift des § 135 Abs. 5). Im\nvorliegenden Falle liegt nach Auffassung des Gerichts ein das Absehen von der\nErhebung des Ausgleichsbetrages rechtfertigendes offentliches Interesse vor,\nso dass die Beklagte eine Ermessensentscheidung daruber zu treffen hat, ob sie\nganz oder teilweise auf die Erhebung dieser Ausgleichsbetrage verzichtet. \n--- \n--- \n| 19 \n--- \n| Fur die Frage, wann im offentlichen Interesse der (teilweise oder\nvollstandige) Erlass eines Ausgleichsbetrages geboten ist, kann auf die zu §\n135 Abs. 5 BauGB ergangene Rechtsprechung zuruckgegriffen werden. Denn auf die\ninhaltsgleiche Vorschrift des § 135 Abs. 5 BBauG ist in der\nVorgangervorschrift des § 41 StBauFG verwiesen worden, bevor diese\nsanierungsrechtlichen Regelungen in das BauGB eingegliedert wurden.\nGleichzeitig wurde zur Klarstellung die § 135 Abs. 5 BBauG bzw. BauGB\nentsprechende Regelung als § 155 Abs. 4 in das BauGB aufgenommen (vgl. dazu\nBrugelmann, BauGB, § 155 RdNr. 21). Nach der Rechtsprechung des\nBundesverwaltungsgerichts ist fur das Vorliegen eines den Erlass einer\nBeitragsschuld rechtfertigenden offentlichen Interesses erforderlich, dass es\nzum einen um die Erfullung von offentlichen Interessen gerade der Gemeinde\ngeht, die den Erlass gewahren soll und zum anderen, dass der begehrte Erlass\netwas zu bewirken verspricht, was wegen dieses Effektes geeignet ist, das als\ngesetzliches Gebot ausgestattete Interesse an der Erhebung des Beitrags\nzurucktreten zu lassen. So ausgestaltet kommt dem (teilweisen) Verzicht auf\ndie Erhebung der Beitrage die Funktion eines Anreiz- und Lenkungsmittels zu,\nd. h. es stellt sich als eine Moglichkeit zur Einwirkung auf den\nGrundstuckseigentumer, ein erwunschtes oder gar fur erforderlich gehaltenes\nVorhaben durchzufuhren oder weiterzufuhren, dar (vgl. BVerwG, Urt. v.\n22.05.1992 - 8 C 50/90 -). \n--- \n--- \n| 20 \n--- \n| Hiervon ausgehend ist zunachst festzustellen, dass - wie der Vertreter des\nKlagers in der mundlichen Verhandlung ausfuhrlich geschildert hat - auf allen\ndrei Grundstucken im Sanierungsgebiet, fur die Ausgleichsbetrage festgesetzt\nwurden, Einrichtungen der Altenhilfe bzw. -pflege durch den Klager unterhalten\nwurden. So hat der Klager das inzwischen veraußerte Gebaude ... fur\nAltenwohnungen mit betreutem Wohnen genutzt. Die Gebaude ... und ... enthalten\n- neben 5 Mitarbeiterwohnungen - insgesamt 31 Altenwohnungen fur betreutes\nWohnen, einen Begegnungsraum und eine offentliche Begegnungsstatte. Mit dem\nBetrieb dieser Alteneinrichtungen nimmt der - als gemeinnutziger Verein\nanerkannte - Klager eine Aufgabe wahr, die ansonsten im Rahmen der\nDaseinsvorsorge der Beklagten obliegen wurde. Damit „entlastet\' der Klager\ndurch den Betrieb dieser Einrichtungen die Beklagte, die ansonsten\nvergleichbare Einrichtungen schaffen oder deren Schaffung durch andere Trager\nfordern musste. Die „Entlastung" der Beklagten erfolgt nicht zuletzt auch\ndadurch, dass der Klager fur diese Einrichtungen der Altenhilfe die Beitrage\nseiner etwa 450 Mitglieder einsetzt. Dass der Klager insoweit auch eine\noffentliche Aufgabe wahrnimmt, wird auch daran deutlich, dass er - wie sein\nVertreter in der mundlichen Verhandlung anhand eines aktuellen Falles eines\nObdachlosen geschildert hat - Personen in dem Gebaude ... und ... aufnimmt,\ndie ihm von der Beklagten - mangels eigener Unterbringungsmoglichkeiten -\n„zugewiesen" werden. Nach Auffassung der Kammer bestehen demnach keine Zweifel\ndaran, dass der Klager durch den Betrieb der genannten Alteneinrichtungen die\nBeklagte von eigenen Aufgaben freistellt (vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. vom\n04.05.1979 - 4 C 25.76 -, BRS 37 Nr. 160). \n--- \n| 21 \n--- \n| Des Weiteren verspricht der begehrte Erlass der Ausgleichsbetrage etwas zu\nbewirken, was geeignet ist, das vom Gesetz gebotene Interesse (vgl. § 154 Abs.\n1 BauGB) an der Erhebung des Ausgleichsbetrages zurucktreten zu lassen. Mit\nder in § 154 BauGB geregelten Verpflichtung zur Erhebung eines\nAusgleichsbetrages verfolgt der Gesetzgeber den Zweck, den\nGrundstuckseigentumer an den Kosten der Sanierung in der Hohe zu beteiligen\ndie der durch die Sanierung bedingten Bodenwerterhohung entspricht (vgl.\nBattis/Krautzberger/Lohr, BauGB, 08. Aufl., § 154 RdNr. 1). Bei einer strikten\nAnwendung dieser Vorschrift wurde der Klager mit Kosten belastet, die die von\nihm betriebenen Einrichtungen der Altenhilfe im Sanierungsgebiet gefahrden\nwurde. Der Klagervertreter hat hierzu in der mundlichen Verhandlung\nuberzeugend dargelegt, dass der Klager nicht in der Lage ist, die\nangeforderten Ausgleichsbetrage aus eigenen Mitteln zu begleichen. Er hat\nbereits das Gebaude ... veraußert, um mit dem Erlos seine Alteneinrichtungen\nfinanzieren zu konnen. Deshalb verbleibt ihm lediglich die Moglichkeit, die\nangeforderten Ausgleichsbetrage auf die Mieter bzw. Nutzer der\nAlteneinrichtung abzuwalzen mit der Folge, dass die Bewohner diese\nAlteneinrichtung aus finanziellen Grunden u. U. nicht mehr in Anspruch nehmen\nkonnen oder dass gegebenenfalls auch offentliche Mittel im Wege der\nSozialhilfe (von der Beklagten) eingesetzt werden mussen, um diese\nAlteneinrichtung weiter betreiben zu konnen. Bei dieser Sachlage ist ein\nAbsehen von der Erhebung der Ausgleichsbetrage zweifellos geeignet, die\nWeiterfuhrung der im offentlichen Interesse der Beklagten liegenden und diese\nentlastenden Altenbetreuung durch den Klager auf der bisherigen Grundlage zu\nfordern, mit der Folge, dass einem solchen Erlass auch die von der\nRechtsprechung (vgl. BVerwG , Urt. vom 22.05.1992 - 8 C 44/90) geforderte\nFunktion eines „Anreiz- und Lenkungsmittels" zukommt. \n--- \n--- \n| 22 \n--- \n| Das (vollstandige oder teilweise) Absehen von der Erhebung der von dem\nKlager angeforderten Sanierungsbetrage ist im vorliegenden Falle auch geboten.\nHierfur genugt es nach der Rechtsprechung, dass es einleuchtende Grunde fur\neinen (gegebenenfalls teilweisen) Verzicht auf die Anforderung der\nAusgleichsbetrage gibt, die dies auch als angemessene Losung erscheinen lassen\n(vgl. dazu BVerwG, Uff. v. 22.05.1992 - 8 C 50/90). Dies ist vorliegend ohne\nWeiteres der Fall, so dass es im pflichtgemaßen Ermessen der Beklagten steht,\neine Entscheidung daruber zu treffen, ob sie ganz oder teilweise von der\nErhebung der hier angeforderten Ausgleichsbetrage absieht. Da die Beklagte\neine solche Ermessensentscheidung noch nicht getroffen hat, war der Klage in\ndem sich aus dem Tenor er-sichtlichen Umfang stattzugeben. \n---\n\n |